Musikergesundheit in der Praxis
Musikergesundheit
in der Praxis
Grundlagen
Prävention
Übungen
unter Mitarbeit von
Bernhard Richter und
Alexandra Türk-Espitalier
HENSCHEL
www.henschel-verlag.de
www.seemann-henschel.de
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detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
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E-Book ISBN 978-3-89487-819-1
© 2015, 2018 Henschel Verlag in der E. A. Seemann Henschel GmbH & Co. KG, Leipzig
2. Auflage 2018
Die Verwertung der Texte und Bilder, auch auszugsweise,
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Umschlaggestaltung: Carolin Scheffler, Berlin
Titelbild: Valentin Radutiu, Berlin 2014. © Felix Broede
Lektorat: Dr. Sabine Bayerl, Heidelberg, Paula Eisler, Leipzig
Gestaltung und Satz: Grafikstudio Scheffler, Berlin
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
Inhalt
Vorwort
I. Grundlagen
Einführung
1. Körperliche Grundlagen des Musizierens
1.1 Aufbau und Funktionsweise des Bewegungssystems
Knochen
Gelenke
Muskeln
Faszien
Sehnen und Sehnenscheiden
1.2 Funktionelle Bewegungseinheiten beim Musizieren
Systematische Beschreibung von Bewegung
Wirbelsäule, Becken und untere Extremität – Stehen und Sitzen
Schultergürtel, Schultergelenk, Arm und Hand – Spielbewegungen
Brustkorb, Kehlkopf und Vokaltrakt – Ansatz- und Stimmbildung
1.3 Atmung
Physiologische Grundlagen
Atmung beim Musizieren
Atemfunktion bei Bläsern und Sängern
Unterformen der Atmung bei Bläsern und Sängern
1.4 Aufbau und Funktionsweise des Nervensystems
Neurone und Synapsen
Zentrales und peripheres Nervensystem
Vegetatives Nervensystem
1.5 Sinneswahrnehmung
Hören
Tastsinn
Kinästhetischer Sinn
Sehen
1.6 Steuerung und Lernen von Bewegung
Bewegungssteuerung im Nervensystem
Bewegungslernen und Sensomotorik
Automatisieren von Bewegungen
Gedächtnis
Bewegungslernen beim Musizieren
2. Psychologische Grundlagen des Musizierens
2.1 Psyche und Körper
2.2 Beziehung und Kommunikation
Beziehung
Bindung und Erziehung
Personale Kompetenzen
Kommunikation
Sozialkompetenzen
Führung
2.3 Persönlichkeit
2.4 Selbstkonzept
2.5 Lampenfieber
Lampenfieber und Auftrittsangst
Erscheinungsformen
Erklärungsmodelle
3. Körperliche und psychische Veränderungen in der Lebenszeitperspektive
3.1 Die menschliche Entwicklung in der Lebenszeitperspektive
3.2 Veränderungen in der Lebensspanne
Motorische Entwicklung
Psychosoziale Entwicklung
3.3 Alterungsprozesse im höheren Lebensalter
Herz-Kreislauf-System
Atmungs- und Bewegungssystem
Sinnesorgane
Nervensystem
Gedächtnis und Intelligenz
3.4 Entwicklungsverläufe von Musikern in der Lebensspanne
4. Musizieren im gesellschaftlichen Kontext
4.1 Beschäftigungsmöglichkeiten und ökonomische Bedingungen für Musiker
4.2 Soziale Resonanz und Anerkennung
4.3 Gesellschaftliche Wertvorstellungen
II. Prävention und Gesundheitsförderung
1. Musizieren und Gesundheit – Ressourcen und Risiken
2. Gesundheit, Prävention und Gesundheitsförderung
2.1 Gesundheit
Definition
Gesundheit als Balance
Gesundheit und Stress
Stressoren und Schutzfaktoren
Gesundheitsförderliche und gesundheitsgefährdende Einstellungen zum Beruf
Musikerspezifische Risiko- und Schutzfaktoren
2.2 Prävention und Gesundheitsförderung
Definition der Begriffe
Motivation für Gesundheitsförderung und Prävention
Prävention als Weg
3. Musizieren und Gesundheit in der Lebensspanne
3.1 Überblick
3.2 Kindes- und Jugendalter
Gesundheits- und Entwicklungsförderung durch Musizieren
Prävention musikerspezifischer gesundheitlicher Probleme
3.3 Ausbildung zum professionellen Musiker
Gesundheit von Musikstudierenden
Gesundheitsrelevante Einstellungen von Musikstudierenden
Risikofaktoren im Musikstudium
Prävention im Musikstudium
3.4 Freizeitmusik im Erwachsenenalter
Zahlen und Strukturen der Freizeitmusik in Deutschland
Musizieren als Gesundheitsressource
3.5 Höheres und hohes Erwachsenenalter
Besonderheiten des Musizierens im höheren Lebensalter
Geistige und körperliche Gesunderhaltung durch Musizieren
4. Prävention im professionellen Musikbereich
4.1 Orchestermusiker
Spezifische Aspekte von Prävention
Arbeitszufriedenheit als Voraussetzung für Gesundheit
Systemische versus individuelle Prävention
Hörgefährdung und Gehörschutz
Probespiel
4.2 Musikpädagogen
Instrumental- und Gesangspädagogen
Musiklehrer am Gymnasium
4.3 Freiberufliche Musiker
4.4 Kirchenmusiker
4.5 Sänger
Opernsolisten
Choristen in Oper und Rundfunk
Konzert-, Oratorien- und Liedsänger
4.6 Solisten
4.7 Dirigenten
Gesundheit von Dirigenten
Einflüsse auf die Gesundheit der Orchestermusiker
4.8 Orchestermanager
Gesundheitliche Schutzfaktoren und Risiken
Individuelle und systemische Gesundheitsförderung
4.9 Musiker im Bereich popularer Musik
Popular und klassisch ausgebildete Musiker im Vergleich
Hörgefährdung und Gehörschutz
5. Prävention und Gesundheitsförderung für den einzelnen Musiker
5.1 Gesundheitsförderliche Einstellungen
Gesundheitsressourcen
Einstellung im Musikerberuf
Stressbewältigung
Perfektionismus und Leistungsansprüche
5.2 Körperwahrnehmung und Bewegung
Körperwahrnehmung
Musizierbewegungen
Maßnahmen rund ums Musizieren
Körperliche Fitness als Basis
5.3 Üben
Einstellung zum Üben
Organisation
Qualität
Quantität
5.4 Lampenfieber
Grundlegende Strategien
Einzelne Maßnahmen
5.5 Spezifische Schutzmaßnahmen
5.6 Früherkennung und Reaktion bei Beschwerden
6. Instrumenten- und gesangsspezifische Prävention
Einführung
6.1. Tasteninstrumentalisten
Pianisten
Organisten
Historische Tasteninstrumentalisten
E-Piano- und Keyboard-Spieler
Akkordeonisten
Übungen für Tasteninstrumentalisten
6.2 Streicher
6.3 Hohe Streicher
Violinisten
Bratschisten
Übungen für Hohe Streicher
6.4 Tiefe Streicher
Violoncellisten
Kontrabassisten
Übungen für Tiefe Streicher
6.5 Bläser
6.6 Blechbläser
Trompeter
Posaunisten
Hornisten
Tubisten
Übungen für Blechbläser
6.7 Holzbläser
Blockflötisten
Saxophonisten
Klarinettisten
Oboisten
Fagottisten
Querflötisten
Übungen für Holzbläser
6.8 Zupfinstrumentalisten
Gitarristen und Historische Zupfinstrumentalisten
Harfenisten
Übungen für Zupfinstrumentalisten
6.9 Schlagzeuger
Übungen für Schlagzeuger
6.10 Dirigenten
Übungen für Dirigenten
6.11 Sänger
Übung für Sänger
III. Übungen
Einführung
1. Körperliche Fitness
1.1 Beweglichkeit
1.2 Dehnung
1.3 Koordination
2. Aufwärmen vor dem Spielen
3. Abschalten und Erholen
3.1 Abwärmen direkt nach dem Üben und Konzert
3.2 Erholen nach dem Konzert und zwischendurch
4. Übungen für spezifische Anforderungen
4.1 Stehen und Sitzen – Tiefenstabilisation
4.2 Während Pausen beim Üben, Proben und Unterrichten
4.3 Während der Probe
4.4 Vor dem Auftritt
4.5 Stressbewältigung
5. Übungen zu zweit oder in der Gruppe
Anhang
Über die Autoren
Literaturverzeichnis
Sachregister
Abbildungsnachweis
Vorwort
Dieses Buch ist dem Thema der Gesundheit von Musikern gewidmet. Mein Anliegen in der Konzeption war es von Anfang an, Grundlagenwissen mit praktischen Empfehlungen und Übungen zur Gesundheitsförderung und Prävention zu verknüpfen. Hieraus ist dieses Buch mit umfangreichem Material entstanden, von dem ich hoffe, dass es Musikern1 interessante Anregungen und Hilfestellungen für die musikalische Praxis geben kann.
In Kapitel I werden die Grundlagen der körperlichen und psychologischen Vorgänge des Musizierens, ihre Veränderungen im Laufe des Lebens und die sozialen Rahmenbedingungen des Musizierens dargestellt. Dieses Wissen bildet die Voraussetzung für Ansatzpunkte der Prävention im Hauptteil des Buches und soll Musiker in die Lage versetzen, die dort vorgestellten Empfehlungen selbst nachzuvollziehen.
Kapitel II enthält Themen, Vorgehensweisen und praktische Vorschläge für Prävention und Gesundheitsförderung bei Musikern. Dabei werden zunächst aktuelle Erkenntnisse aus den Gesundheitswissenschaften berichtet, die für Musiker besonders relevant sind. Die musikerspezifischen Inhalte der Prävention und Gesundheitsförderung werden hinsichtlich der verschiedenen Lebensalter, der Berufsfelder und des jeweiligen Instruments – einschließlich konkreter Übungen – differenziert dargestellt. Gesundheitsförderliche Einstellungen und Maßnahmen für den einzelnen Musiker sind in einem eigenen Kapitel zusammengefasst.
Kapitel III enthält Basisübungen und Übungen für spezifische Situationen im Musikeralltag. Diese bilden inhaltlich eine Einheit mit den instrumentenspezifischen Übungen in Kapitel II.
Die Konzeption des Buches legt es nahe, die Querverweise zwischen den Kapiteln intensiv zu nutzen und sich als Leser – sowohl hinsichtlich der inhaltlichen Zusammenhänge als auch der praktischen Maßnahmen – ein eigenes Bild zu machen. In diesem Sinne wäre es wünschenswert, wenn das Buch nicht ausschließlich als Übungsrepetitorium wahrgenommen würde. Vielmehr bietet es darüber hinaus die Möglichkeit, Einstellungen und Herangehensweisen an das Musizieren und an den Beruf des Musikers zu hinterfragen und neu zu überdenken.
Beim Schreiben habe ich an viele Begegnungen mit Musikern und an die Erfahrungen aus unterschiedlichen Bereichen – im Unterricht, in der Sprechstunde, in Forschungszusammenhängen, in Fortbildungsveranstaltungen und auf Tagungen, in Zusammenarbeit mit Institutionen und Verbänden, in Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern und nicht zuletzt im Austausch mit Kollegen und Freunden – gedacht, die ich in den letzten zehn Jahren seit Bestehen des Freiburger Instituts für Musikermedizin erleben konnte. Aus der Fülle dieser Wahrnehmungen ist der Eindruck entstanden, dass sich im Thema Musikergesundheit Positives bewegt hat. So werden Musikstudierende heute im Fach Musikphysiologie und Musikermedizin vermehrt ausgebildet und sind selbst sowie für ihre Schüler besser als frühere Musikergenerationen auf das Berufsleben vorbereitet. Aber auch die im Beruf bereits Tätigen frequentieren die Musikermedizin nicht nur als Patienten, sondern viele von ihnen denken und verhalten sich zunehmend gesundheitsbewusst. Die unter Orchestermusikern früher herrschende Meinung, dass chronische Schmerzen zum Beruf dazugehören, ist glücklicherweise weitgehend revidiert. Auch Lampenfieber scheint weniger tabuisiert, wenn auch noch immer zu viele Musiker deswegen in Eigenregie Medikamente einnehmen. In der musikermedizinischen Sprechstunde bringen viele Patienten zum Ausdruck, wie froh sie sind, dass es heute spezifische Behandlungsmöglichkeiten für Musiker gibt. Diese positiven Entwicklungen sollten weiter differenziert und stabilisiert werden.
Das zentrale Thema der nächsten Jahre liegt aus meiner Sicht jedoch darin, die Kommunikation unter Musikern zu verbessern und zu professionalisieren. In der Entwicklung einer gesundheitsförderlichen Kommunikationskultur liegen große Chancen für die Gesundheit des einzelnen Musikers und insgesamt für die Vermittlung der klassischen Musikkultur. Dies betrifft insbesondere die Orchester, in gleicher Weise jedoch auch die Musikpädagogik, die sich zunehmend die Frage stellt, welche Art von Musiker sie eigentlich ausbilden möchte. Besonders im Orchester jedoch sind Musiker für die berufliche Aufgabe, mit Kollegen auf engstem Raum zusammenzuarbeiten und untereinander und mit dem Dirigenten zu kommunizieren, nicht entsprechend vorbereitet. Auch wenn es viele positive Beispiele gibt, in denen Kommunikation gelingt, so fehlt doch gerade in diesem Bereich eine Professionalisierung, die dem künstlerischen Niveau gleichgestellt ist. Hier sind auch wir als Musikermedizinerinnen und Musikermediziner gefragt und sollten uns in unterstützender Weise des Themas bereits in der Ausbildung annehmen.
An der Entstehung des Buches waren viele Personen beteiligt, denen ich danken möchte. Mein erster Dank gilt meinen beiden Mitautoren. Herr Prof. Dr. Bernhard Richter, mit dem ich das Freiburger Institut für Musikermedizin seit zehn Jahren mit Freude und Erfolg gemeinsam leite, hat durch die Erstellung der Kapitel zu den Themen Atmung, Gehörschutz und Sängerstimme und die Durchsicht des gesamten Textes wesentlich zum Gelingen des Buches beigetragen. Ganz besonders danken möchte ich ebenfalls Frau Alexandra Türk-Espitalier MSc, mit der mich seit Jahren eine hervorragende Zusammenarbeit im Bereich der Fortbildung und in der Vorstandstätigkeit der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin (DGfMM) verbindet. Sie hat den allergrößten Teil der Übungen in diesem Buch konzipiert und ist an den inhaltlichen Grundlagen der Texte in den Kapiteln I.1 und II.6 maßgeblich beteiligt. Auch bei der Erstellung der Fotos in einer gemeinsamen umfangreichen Fotosession hat sie entscheidend mitgewirkt.
Das wunderbare Fotomaterial wäre ohne die gekonnte und geduldige Kameraführung von Herrn Gocke nicht entstanden; hier gilt mein Dank auch Aischa Ibrahim, die als Modell für die Übungen mit viel Bewegungstalent bereitstand. Besonders danken möchte ich auch den einzelnen Musikern, die sich sehr spontan und motiviert für die Fotoaufnahmen zur Verfügung gestellt haben.
Von Frau Korina Kaisershot sind die vielen illustrativen und schönen Zeichnungen in diesem Buch, von denen sie einige neu angefertigt hat. Für die Möglichkeit, bereits vorhandene Zeichnungen aus dem Buch TANZMEDIZIN verwenden zu können, danke ich der Autorenkollegin Liane Simmel sehr herzlich.
Zuletzt gilt mein Dank Frau Dr. Bayerl und Frau Eisler, den Lektorinnnen, für die kompetente und gute Zusammenarbeit sowie Herrn Scheffler dafür, Text und Bildmaterial optisch gekonnt »in Szene« gesetzt zu haben. Auch dem Verleger des Henschel Verlags, Herrn Dr. Bach, und seinen Mitarbeitern gilt mein Dank für die Realisierung des Buches.
Ohne die finanziellen Zuschüsse der Hochschule für Musik Freiburg – vertreten durch das Rektorat mit den Herren Rektor Dr. Nolte, Prorektor Prof. Dr. Holtmeier und Kanzler Probst – und der Deutschen Orchestervereinigung – vertreten durch ihren Geschäftsführer Herrn Mertens – wäre dieses Buch nicht realisierbar gewesen. Auch Ihnen herzlichen Dank.
Zuletzt danke ich allen Musikerinnen und Musikern für die gute Zusammenarbeit der vergangenen Jahre und wünsche nun allen Leserinnen und Lesern gute Anregungen und viel Spaß bei der Umsetzung!
Claudia Spahn im Juli 2015
1 Immer, wenn im Text aus Gründen der besseren Lesbarkeit sprachlich nur die männliche Form verwendet wird, ist selbstverständlich auch die weibliche Form mit gemeint.
I. Grundlagen
Einführung
Musizieren besteht immer aus einem komplexen Zusammenspiel mehrerer Dimensionen, die untrennbar miteinander verbunden sind (Doerne 2010). Körper, Gefühl und Geist spielen gleichermaßen eine wichtige Rolle. Zudem findet Musizieren nicht im luftleeren Raum statt, sondern steht in einem kommunikativen und sozialen Kontext. So ist ein Musiker zuallererst Künstler, aber auch (Kunst-)Handwerker, Memotechniker, Kommunikator und Leistungssportler in einem. Angesichts dieser Vielseitigkeit erscheint jede isolierte Betrachtung lediglich einer Dimension des Musizierens als unzulässige Reduktion. Wenn im Folgenden trotzdem Teilaspekte des Musizierens getrennt betrachtet werden, so geschieht dies aus rein didaktischen Gründen.
In diesem Kapitel werden die körperlichen, psychologischen und sozialen Grundlagen erklärt, die für das Verständnis der Vorgänge beim Singen und Musizieren als Musiker wichtig sind. Dieses Wissen bildet den Ausgangspunkt für die Überlegungen im zweiten Teil des Buches, wie Prävention und Gesundheitsförderung in der jeweiligen Tätigkeit als Musiker sinnvoll zu gestalten sind.
Mit Blick auf die körperlichen Grundlagen des Musizierens stellt sich die Frage, welche Elemente des menschlichen Körpers an den Spielbewegungen beteiligt sind und wie sie funktionell zusammenwirken. Um die Funktionszusammenhänge besser verstehen zu können, ist es sinnvoll, den Bau des menschlichen Körpers mit seinen Strukturen – wie Knochen, Gelenken, Muskeln und Nerven – in Grundzügen zu kennen. Bei Bläsern und Sängern ist die Atmung einer der Funktionskreise, die im Mittelpunkt des Interesses stehen. Für alle Musiker und Sänger sind Steuerung und Lernen von Bewegungen weitere zentrale Bestandteile des Musizierens, an denen die Sinneswahrnehmung – besonders Hören, Bewegungssinn, Tasten und Sehen – zusammen mit den Gedächtnis- und Konzentrationsleistungen beteiligt sind. Zum besseren Verständnis dieser Vorgänge werden die anatomischen und physiologischen Grundlagen der jeweiligen Organsysteme anschaulich und in Bezug auf die Musikausübung beschrieben.
Psychologische Vorgänge spielen beim Musizieren in verschiedener Hinsicht eine ebenso wichtige Rolle. Gerade Körper und Psyche gehen hierbei eine sehr enge Verbindung ein. Kommunikation ist für die Verständigung von Musikern untereinander, insbesondere im professionellen Bereich, ein wichtiges Thema. Die Persönlichkeit und das Selbstkonzept eines Musikers wirken sich ebenfalls auf das Musizieren aus. Darüber hinaus ist das Lampenfieber in Auftrittssituationen ein spezifisches Thema für Musiker.
Hinsichtlich der körperlichen und psychischen Vorgänge muss bedacht werden, dass sie bei jedem Menschen im Laufe des Lebens Wandlungen unterworfen sind. Für die musikalische Entwicklung in Kindheit und Adoleszenz, für die Berufsspanne von Musikern und für das Musizieren im höheren Lebensalter stellt die Kenntnis dieser natürlichen Veränderungen eine wichtige Voraussetzung dar.
Im letzten Abschnitt dieses Kapitels werden die soziokulturellen Rahmenbedingungen beleuchtet, unter denen Musizieren im professionellen Bereich und im Bereich der Freizeitmusik heute stattfindet.