Meine geschätzten Augen, es steht nicht zum Besten mit euch.
Ihr liefert mir unscharfe Zeichnung,
Und wenn Farbe, dann vernebelt.
Doch wart ihr die Koppel königlicher Spürhunde,
Mit der ich seinerzeit früh morgens aufbrach.
Meine begierigen Augen, ihr habt viele
Länder und Städte, Inseln und Meere geschaut.
Gemeinsam begrüßten wir großartige Sonnenaufgänge,
Als der weite Atem uns zum Lauf
Über Wege mit verdunstendem Tau rief.
Nun habt ihr etwas gesehen, das in mir verborgen ist,
In Rückblick oder Traum verwandelt.
(…)
Czesław Miłosz
Die Nacht wäscht das Meer.
Am Morgen ist das Wasser neu.
Auf der Netzhaut wird Licht
mit Gischt bezahlt.
Ich bürste Salz vom Tisch.
Ich küsse die Augen der Echse.
Ich schneide das Brot.
Ungemein hell wird der Tag.
Später nimmt dir die See
die Münzen ab
und ritzt in eine jede
den Namen einer Nymphe
für das lange Glück,
am Leben zu sein.
für (und nach) Vincenzo Consolo
Vor uns das Meer, so hoch wie unsere Augen,
Fischerboote im leichten Seegang, morgen wird es
Sardinen geben, Rotbarsch oder den großen Schwertfisch.
Er, nur er, wird am Markt zwei Nelken in den Augen haben,
mit Zitronenmelisse gefüllt das Maul, die Kiemen mit Basilikum,
und der Händler wird schneiden, oho – ho! mit dem breiten Messer
den Schwertfisch schneiden, bis nur noch Kopf und Schwert
mit dem blutigen Haken übrig bleiben. Dabei denke ich
an die bunten Raketen, die gestern bei der Hochzeit
in San Giovanello in den Himmel geschossen wurden
und ins Meer fielen, brutzelnd wie Fische, brutzelnd
wie der Schwertfisch in unserer Küche – morgen.
Morgen, beim Gelage, bei den Düften von Myrrhe und Melisse,
werden wir an Mytilene denken, gegenüber Kleinasiens Küste,
die Hauptstadt von Lesbos. Stimmt es, was Cicero sagte,
dass eine Statue von Sappho in der Stadthalle von Syrakus
errichtet wurde? Aus Porphyr? Wenig ist gewiss, die Fragmente
nicht zu ergänzen, die Stimmen von den Booten in Stücken.