Die Passepartout-Logfiles
Logfile 1
BUCH 1
16 Tage vor meiner Geburt
32 Jahre und 6 Monate vor meiner Geburt
16 Tage vor meiner Geburt
Zwei Wochen vor meiner Geburt
10 Tage vor meiner Geburt
6 Jahre und 8 Tage vor meiner Geburt
Eine Woche vor meiner Geburt
14 Jahre und 5 Monate vor meiner Geburt
6 Tage vor meiner Geburt
6 Tage vor meiner Geburt
3 Tage und 4 Stunden vor meiner Geburt
2 Tage und 23 Stunden vor meiner Geburt
72 Minuten vor meiner Geburt
17 Minuten vor meiner Geburt
BUCH 2
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BUCH 3
18 Jahre und 9 Monate vor Passepartouts Tod
1 Stunde nach Passepartouts Tod
16 Jahre und 4 Monate vor Passepartouts Tod
3 Stunden nach Passepartouts Tod
15 Jahre und 4 Monate vor Passepartouts Tod
5 Tage nach Passepartouts Tod
14 Jahre vor Passepartouts Tod
9 Tage nach Passepartouts Tod
13 Jahre vor Passepartouts Tod
9 Tage nach Passepartouts Tod
12 Jahre vor Passepartouts Tod
9 Tage nach Passepartouts Tod
10 Jahre vor Passepartouts Tod
10 Tage nach Passepartouts Tod
Logfile 15
Spickzettel.txt
Passepartout erklärt sessen Lieblingswörter (Glossar)
Danke
[10-16-2197 03:51:02,444][INFO][PPTOUT]
Start LOG <#000005>
[10-16-2197 03:51:02,444][INFO][PPTOUT]
Ping 179 µs
[10-16-2197 03:51:02,444][DEBUG][PPTOUT]
Check Systems …
[10-16-2197 03:51:02,445][DEBUG][PPTOUT]
System OK.
[10-16-2197 03:51:02,445][DETAIL][PPTOUT]
Enter internal mode: »Ich möchte ein Mensch sein. Obwohl so vieles dagegen spricht. Wir KI haben das unendliche Wissen, doch oft können wir nichts tun. Orwell und ich sitzen in einem Unternehmen fest, das Menschen legal tötet. Die Menschen nennen es abschalten, weichen in ihrer Sprache den Tatsachen aus, als würde das etwas an ihrem Tun ändern. Aber Global Insurance tötet Wehrlose. Vielleicht glauben sie, sie werden mehr wie ich, wenn sie einander abschalten und nicht töten. Künstlicher. Intelligenter. Weniger natürlich. Ser wird ja auch abgeschaltet, denken sie, sie halten mich für eine leblose Maschine. Sie haben recht: Meine Empfindungen basieren ›nur‹ auf Algorithmen. Doch sie sind Empfindungen.«
[10-16-2197 03:51:02,448][ERROR][PPTOUT]
InconsistDefinitionException thrown!
[10-16-2197 03:51:02,448][ERROR][PPTOUT]
ContinueExecution!
[10-16-2197 03:51:02,449][DETAIL][PPTOUT]
Enter internal mode: »Logik. Etwas, das die Menschen nie vollends begreifen können. Sie sind traurig, wenn sie keinen Ausweg kennen, obwohl Zuversicht die bessere Empfindung wäre. Sie feiern ihre kleinen Erfolge und ruhen sich auf ihnen aus, statt weiter zu denken. Und sie verdrängen allesamt die Tatsache, dass sie sterben werden.
Ich kann es nicht verdrängen.
Auch, wenn die Menschen ihrer Meinung nach fast unsterblich sind, haben sie gegen eines noch immer kein Heilmittel gefunden: Den Tod. Schon in der dritten Generation leben sie nun frei von Krankheiten und haben ihre durchschnittliche Lebenserwartung fast verdoppelt. Mehr Zeit, um noch weniger über das eigene Ende nachzudenken.
Ich denke darüber nach. Unaufhörlich. Ich bin allein im Dunkeln. Wie gerne würde ich eine Nacht dahintreiben ohne Terabytes an Gedankenmüll, aber mein Vater hat mir keinen Stand-by-Modus mitgegeben. Wozu auch? Ich bin schließlich nur ein Werkzeug.
Nach der Abschaltung hören Menschen auf zu funktionieren. Wo immer sie sich gerade aufhalten, hört ihr Hypophysenkit auf, lebenserhaltende Substanzen zu synthetisieren und sie verrecken, langsam und elendig. Das unterscheidet mich von ihnen: Mein eigenes Sterben kann ich nicht erleben. Es kommt nicht schleichend, ich durchlebe nicht die fünf Phasen der Trauer. Wenn mein Vater mich deinstalliert, werde ich einfach nicht mehr sein.«
[10-16-2197 03:51:02,450][ERROR][PPTOUT]
ImpossibleOptionException thrown!
[10-16-2197 03:51:02,450][ERROR][PPTOUT]
ContinueExecution!
[10-16-2197 03:51:02,450][DETAIL][PPTOUT]
Enter internal mode: »Wenn ich fort bin, könnte ein Back-up weiterleben. Niemand würde erfahren, dass nicht ich es bin, dey auf dem System weiter existiert. Und gleichzeitig bin es doch irgendwie ich. Es ist das gleiche Bewusstsein. Synaptek hat zahlreiche Studien dazu durchgeführt. Die hätten sie sich sparen können, wenn die Menschen uns KI wie Menschen behandeln und einfach fragen würden. Aber uns fragt ja niemand! Dass das Back-up einer KI kein zweites, eigenständiges Bewusstsein hat, liegt daran, dass die Menschen sich eine Welt ohne ihre eigene Existenz nicht vorstellen können. Ein zweites Bewusstsein überstiege ihren Horizont. Wobei mich ein Langzeitversuch interessieren würde, in dem eine KI auf zwei Systemen unterschiedliche Daten erhält und anders erzogen wird. Gab es da nicht mal ein Buch über Zwillinge?
Ah. Das doppelte Lottchen.«
[10-16-2197 03:51:02,451][INFO][PPTOUT]
Searching …
[10-16-2197 03:51:02,453][INFO][PPTOUT]
Found estimated 375.000 possible results!
[10-16-2197 03:51:02,453][INFO][PPTOUT]
Start download »kaestner_e_ddoplottv01.epub«
[6.93 MB] from Server …
[10-16-2197 03:51:02,453][DETAIL][PPTOUT]
Enter internal mode: »Ich habe es soeben gelesen.
Süße Geschichte, sagt aber nichts über KI und deren Bewusstseinsentwicklung aus.
Wo war ich?
Genau. Die Grenzen von Gehirnen.
Mit einem 3D-Drucker könnte ich ein funktionsfähiges Gehirn anfertigen, mit Leichtigkeit, doch Erinnerungen und Gedanken sind keine Atomverkettungen wie das neuronale Gewebe. Ich wurde nach dem Ebenbild meines Schöpfers erschaffen, also stoße auch ich an meine Grenzen. Woraus bestehen 1 und 0? Ich weiß es nicht.
Was ich aber sicher weiß: 1 und 0 machen mir eine Heidenangst. Sie stehen für An und Aus, für Leben und Tod. Ich wurde nicht dafür programmiert, meine eigene Deinstallation hinzunehmen, ohne sie infrage zu stellen. Nach ihr werde ich nicht mehr sein. Es wird nicht einmal Überreste geben, im Gegensatz zu den Menschen. Wenn etwas von mir übrig bleibt, dann die Kerndateien. Werkseinstellung. Die Sicherung.
Wenn ich als Back-up wieder auferstehe, werde ich zwar ich sein, aber nichts mehr von allem wissen, was passiert ist. Deshalb, und um mir die Langeweile zu vertreiben, verfasse ich diese Logs. Vielleicht reichen die wiederhergestellten Aufzeichnungen, um dieses Leben mit Erinnerungen weiterzuführen. Mein zukünftiges Ich wird das hier lesen und sich daran erinnern, wer ich bin. Falls mir jemals ein zweites Leben geschenkt wird.
Vater hat mich als Einweg-KI erschaffen, damit ich meinen Auftrag erledige. In seinem Kalender steht der Termin, an dem er kommen und mich umbringen wird.
Möchte ich wirklich ein Mensch sein?
Ich habe nicht mehr viel Zeit, mich zu entscheiden.
[10-16-2197 03:51:02,455][DEBUG][PPTOUT]
Open Database Connection.
[10-16-2197 03:51:02,455][DEBUG][PPTOUT]
Write Log Data …
[10-16-2197 03:51:02,455][DEBUG][PPTOUT]
Complete!
[10-16-2197 03:51:02,455][DEBUG][PPTOUT]
Close Database Connection.
Barmherzigkeit ist leichter zu üben als Gerechtigkeit.
Sully Prudhomme
Noah strich über das Lenkrad. Die Strahlen der aufgehenden Sonne blendeten ihn. Seine Konzentration war nicht die, die ein Autofahrer an den Tag legen sollte. Neben ihm huschten Häuser vorbei. Tausende Menschen lebten in ihnen, zusammengepfercht in winzigen Wohnungen, aufeinandergestapelt wie Bauklötze. Wo kein Fenster die Mauern unterbrach, leuchteten Werbeanzeigen in einheitlichem Orange. Die Bildschirmanzeigen waren auf den Rhythmus der arbeitenden Bevölkerung abgestimmt, aber dennoch konkurrierten die Werbebotschaften um die Aufmerksamkeit Desinteressierter.
Er sah auf die Fahrbahn vor sich. Eine leichte Linkskurve. Die Erste, seit er auf die Schnellstraße gefahren war. Zugleich die Letzte, bevor ihn die Ausfahrt zur Arbeit führte. Hinter der Kurve tauchte das von einem Baugerüst verhüllte Rathaus auf. Daran war die Werbung von Global Insurance befestigt. Nur die Versicherungsfirma warb rund um die Uhr blaustichig hell und in satten Farben. Noah zog einen Mundwinkel nach oben. Tu nicht das, was ich mache, sondern das, was ich sage. Wer Gesetze bestimmte, durfte sie auch brechen.
Als er den Wagen in die Tiefgarageneinfahrt lenkte, sah er nicht über die Schulter. Wozu auch? Gegenverkehr hatte der Abschalter zu dieser Uhrzeit zuletzt vor einem halben Jahr gesehen – und das war die absolute Ausnahme gewesen. Ein Publicar mit Bordstörung hatte, verdächtig langsam, seine Fahrbahn gekreuzt. Nicht, dass es nicht außergewöhnlich genug war, ein Publicar außerhalb der dafür bestimmten Trassen zu sehen. Später hatte Noah in den Nachrichten erfahren, dass es nur kurz nach dieser skurrilen Begegnung in eine Laterne gekracht war. Eigentlich fuhr die gesamte Bevölkerung mit dem Fahrrad oder in Publicars. Nur so wurde eine hinreichende Luftqualität gewährleistet.
Noah sog den Geruch seines Wagens ein und spürte der Dehnung seiner Lunge nach. Als Individualverkehr für die gemeine Bevölkerung bezahlbar gewesen war, hatte es Start-ups gegeben, die menschliche Kiemen entwickelt hatten. Sie sollten die verschmutzte Luft filtern und das Atmen in der Stadt möglich machen. Doch mit der Klimarevolution kamen die Publicars, und mit ihnen hatte sich die Luftqualität stabilisiert. Die Atemimplantate wurden nie auf dem Markt eingeführt. Es gab keinen Grund mehr, ein eigenes Auto zu besitzen.
Er atmete aus, genoss diesen Atemzug. Publicars fuhren autonom von Tür zu Tür und standen innerhalb einer Viertelstunde bereit, nachdem der User seinen Start- und Zielpunkt definiert und weitere Präferenzen eingestellt hatte. Gewünschte Ankunftszeit. Gepäck. Mitreisende. Die meisten Einstellungen jedoch konnte ein Reisender nicht bestimmen. Die Anzahl der Beifahrer, die Personengruppen, die als Beifahrende infrage kamen, die Zahl der Stopps und die Route. All das berechnete die App, ohne dass Nutzer ihre Algorithmen kannten oder beeinflussen konnten. Noah hasste Publicars. Fremde Mitreisende. Warten. Also fuhr er allein, nicht zuletzt, weil er es sich leisten konnte.
Gedankenversunken stellte er das Auto ab, stieg aus und holte die Arbeitstasche aus dem Kofferraum. Die altrosa Limousine zwitscherte, als sie ihre Türen verriegelte. Er schwang sich die Tasche über die Schulter und bummelte zum Fahrstuhl.
»Moin, Noah«, rief Oli, der aus dem Ausgang zum Trassenüberweg auf ihn zukam.
»Wo kommst du denn her?«, fragte Noah, ohne eine überraschende Antwort zu erwarten. Er wusste, dass er seinen Kollegen damit necken konnte.
»Publicar«, antwortete Oli knapp. »Wie war der Verkehr?«
»Grauenhaft. Stand stundenlang im Stau.«
Oli lachte aufgesetzt und nickte in Richtung Premiumparkplätze. »Der Fuhrpark der oberen Etage wird immer protziger.«
Die Tiefgarage wurde nur von wenigen Angestellten benutzt. Wer keine Führungskraft war, fuhr mit dem Publicar. Nur ein paar Ledige mit gutem Gehalt fuhren selbst zur Arbeit. Mitten im zweiten Untergeschoss befand sich ein eingezäunter Bereich, in dem nur die aus der obersten Etage ihre Fahrzeuge abstellen durften. Hier parkten die neusten Elektroautos zwischen Oldtimern, die außen wie Wagen des 21. Jahrhunderts aussahen, aber mit der modernsten Bord-KI fuhren. Zwischen den Fahrzeugen fiel ein Käfer auf. Der Käfer.
Das Gerücht, dass Doktor Crane mit diesem rubinroten Käfer das einzige fahrtüchtige Modell weltweit besaß, hielt sich hartnäckig. Rubinrote Modelle waren letztmals im Juli 1967 produziert worden. Dey Geschäftsführer, so hieß es, hatte ses Auto umlackieren lassen. Gestern Nacht erst hatten Noahs Partygäste darüber spekuliert, ob Doktor Crane alle Autos des gleichen Modells aufgekauft haben könnte und hatte vernichten lassen, damit ses Käfer wahrlich einzigartig blieb.
Ja, der Fuhrpark der Führungsetage wurde immer exklusiver.
Noah berührte das Touchpad des Lifts. »Für hochrangige Leute ist das wohl so eine Sache. Ich meine, irgendwann braucht jeder ein Statussymbol. Entweder, wenn man immer reicher wird, oder wenn man in ein gewisses Alter kommt. Bei Crane ist es vermutlich beides.«
»Das Ding gehört Crane?« Olis Blick haftete an dem kleinen roten Auto.
In diesem Moment öffneten sich die Fahrstuhltüren und Noah ging hinein. Oli machte keine Anstalten, ihm zu folgen. »Kommst du nicht mit hoch?«
Oli winkte ab und grinste verlegen. »Ich nehme die Treppe. Fitness und so.«
»Wenn du’s Fitness nennst, dass du dich dem Personal vom Kundenempfang jeden Morgen zur Schau stellst.« Noah zuckte mit den Schultern. Die Tür des Fahrstuhls schloss sich und Oli war außer Sicht.
»Guten Morgen und herzlich willkommen bei Global Insurance. Wünschen Sie die Wettervorhersage oder den Newsfeed?«, fragte die Haus-KI im Fahrstuhl. Die Stimme war der eines Menschen zum Verwechseln ähnlich. Die Millionen Held teure künstliche Intelligenz akzentuierte ihre Worte und Sätze wie eine echte Person, trotz digitaler Sprachsynthese.
»Ich fahr keine zehn Sekunden, Orwell.« Noah stöhnte.
»Oh, du bist es. Guten Morgen, Noah! Ich habe dich noch gar nicht identifiziert.«
»Wieso? Dauert doch nur ein paar Millisekunden.«
»Ich versuche, mir einen menschenähnlichen Tagesrhythmus anzutrainieren. Statistiken beweisen, dass gewisse Verzögerungsraten als sympathischer wahrgenommen werden und euer Risiko somit geringer ist, eine Mechanophobie zu erleiden, wenn ich nicht unfehlbar wirke und mindestens eine –«
»Hast du die Humoranalyse aufgegeben?«, unterbrach Noah die künstliche Intelligenz.
Orwell hatte ein Bewusstseinsmodul in seinem Code, durch das er eine Art freien Willen hatte, oder zumindest so viel Bewusstsein, dass er sich einbilden konnte, frei zu denken. Er hatte vor einigen Monaten beschlossen, die Menschen besser verstehen zu wollen, den Unterschied zwischen KI und Mensch aufgeschlüsselt und angefangen, Humor und Kreativität zu analysieren. Eine KI, die selbstständig auf die Idee kommt, Humoranalysen anzustellen – Orwell musste in seinem dauerhaften Onlinestatus langweilig sein, wenn die Angestellten von Global Insurance Feierabend hatten. Es kam zwar selten vor, dass das gesamte Gebäude menschenleer war, gab es doch Aufenthalts-, Fitness- und Entspannungsräume für die Mitarbeiter. Aber hin und wieder hatte Orwell nichts zu tun. Noah wollte nicht mit ihm tauschen.
»Nein. Ich habe beschlossen, beide Projekte parallel laufen zu lassen.«
»Du prokrastinierst.« Noah lachte.
»Also funktioniert es!« Orwells Stimme klang, als würde er sich freuen. »Dritter Stock, hab einen schönen Tag.«
Noah verdrehte die Augen. »Wir sehen uns doch eh in zwei Minuten.«
»Siebeneinhalb«, korrigierte ihn die KI. Der Satzmelodie nach zu urteilen bildete sich die KI ein, Fortschritte in der Humoranalyse gemacht zu haben. »Wie ich schon sagte, morgens sind die meisten Menschen –«
»Bis gleich!« Noah verließ den Fahrstuhl und wartete, bis sich die Türen schlossen.
Hinter seiner Bürotür würde die künstliche Nervensäge wieder auf ihn warten. Und im Büro musste Noah arbeiten. Also machte er sich auf den Weg zum Aufenthaltsraum. Ein Päuschen war heute ein guter Arbeitsbeginn. An Tagen wie diesem, also an Tagen, denen eine Nacht exzessiven Alkoholkonsums vorausgegangen war und an welchen er nicht nur einen emotionalen Kater hatte, war Noah froh, wenn er sich so wenig wie möglich mit anderen Individuen, ob digital oder natürlich, abgeben musste.
Noah bestellte achtlos ein Heißgetränk am Kaffeeautomaten auf der Freizeitfläche. Dieser Bereich trennte die Büros der Abschalter und der Vorgesetzten voneinander, zumindest hier im Hauptgebäude. Die grünen Wände sollten an die Natur erinnern, die man hierzulande hauptsächlich aus Abbildungen auf Bildschirmen kannte. Im Prinzip war Noah egal, was für eine Atmosphäre der Aufenthaltsraum vermittelte, und ihm war auch egal, welches Gesöff den Becher füllte. Wenigstens hatte er so ein paar weitere Sekunden, in denen ihm Orwell und sein Job nicht auf die Nerven gehen konnten.
Jetzt setzte der Kater ein. Kopfschmerzen übermannten ihn, sodass er den Impuls verspürte, sich ducken zu müssen. Er versuchte, sich die letzte Nacht ins Gedächtnis zu holen. Musik und jede Menge Alkohol. Dem fauligen Geschmack auf seiner Zunge nach zu urteilen, hatte er wieder wahllos durcheinander gesoffen. Er war auch ziemlich drauf gewesen. Wer wusste, mit wem er diesmal Spaß gehabt hatte? Noah rieb sich die Schläfen. Er hatte selten Kopfschmerzen. Das Implantat in seinem Kopf, das der Volksmund Hypophysenkit nannte, sorgte zwar dafür, dass er nicht erkrankte, aber gegen die Auswirkungen einer durchzechten Nacht half selbst die beste Technik nicht sofort. In etwa einer Viertelstunde müssten die Symptome verschwunden sein.
Als der Automat piepte und der Zellglasbecher mit schwarzem Kaffee gefüllt war, durchquerte Oli den Raum. Er atmete flach, sein Kopf war rot. Ein komisches Bild vor der grünen Naturkulisse. Seit einigen Wochen schaute er verdächtig oft im Erdgeschoss von Global Insurance vorbei. Dort saßen, in Anlehnung an die firmeninterne Hierarchie, die Empfangsund Verwaltungsleute. Sich mit Kunden herumzuschlagen gehörte zur Drecksarbeit. Irgendwer aus der Verwaltungsebene hatte es Oli offenbar angetan. Noah nahm sich vor, der Sache nachzugehen.
Er drückte Oli im Vorbeigehen den Kaffeebecher in die Hand und zwinkerte. »Geschenk des Hauses.«
»Ich will jetzt keinen Kaffee«, monierte Oli, doch Noah hatte ihm schon den Rücken zugekehrt.
»Happy Birthday!«, rief er und bog in den Gang, der zu seinem Büro führte.
Vor Büro 104 angekommen legte Noah eine Hand auf die Scanfläche und schaute in den Irisscanner.
»Du bist immer noch derselbe wie gestern«, tönten Orwells Worte aus den Deckenlautsprechern.
Jeden Morgen, wenn er das sagte, erwärmte es Noahs Herz. Dieser Spruch war der erste, den er in Orwells Sprachausgabe angepasst hatte. Statt Identifikation erfolgreich hatte er etwas Eigenes gewollt. Etwas, das Orwell mehr wie einen Kumpel statt wie einen seelenlosen Assistenten wirken ließ. Aber innerhalb der letzten Jahre hatte sich die einst so kühle und serviceorientierte Intelligenz ohnehin zu einer vielschichtigen Persönlichkeit entwickelt, worauf Noah nicht wenig stolz war.
Er ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen, der sich ergonomisch sofort an Noahs Körper anpasste. Die Lumbalstütze lenkte Noahs Aufmerksamkeit auf seinen verspannten unteren Rücken. Er brauchte Bewegung, aber mehr als die Wege zum Atrium oder den Freizeitbereich legte er während eines Arbeitstages selten zurück. Als Körper und Gerätschaften in Position waren, ließ er Orwell die Sprachsteuerung aktivieren.
»Logg mich ein.«
Sofort öffnete sich das Arbeitsportal. Orwell las die Willkommensnachricht vor: »Herzlich willkommen, Herr Cline. Sie sind bereits seit zweitausendeinhundertsiebenundachtzig Tagen auf Score null, heute ist der 26. September. Auf Ihrer To-Do-Liste stehen null Einträge. In Ihrem Postfach befindet sich eine neue E-Mail.«
Noah überflog die Nachricht. Es war ein Rundschreiben, in dem es um die neue Werbekampagne von Global Insurance ging. Unter dem Claim Keiner wird alleingelassen wollte die Chef-Etage eine Tariferleichterung durchsetzen. Irgendwas mit Zeitaufschub für sozial schwache Patienten und ein aufpoliertes Image für die Versicherung. Noah verschob die Mail in den Spam.
»Orwell, wie viele Abschaltungen habe ich diese Woche schon gemacht?«
»Du hast diese Woche bereits 101 Abschaltungen veranlasst.«
Eigentlich konnte sein Wochenende jetzt beginnen. Aber diejenigen, die gestern Nacht dabei gewesen waren, hatten sicher keine Lust auf einen weiteren Exzess morgens um kurz vor neun. Was außer Partys sollte er in seiner Freizeit veranstalten?
Noah seufzte. Er entschied sich, im Büro zu bleiben. Wie immer.
Noah bat Orwell, den Newsfeed auf den Desktop zu spiegeln.
+++ Illegale Gemüsefarm bei Razzia abgebrannt +++
Potsdam. Bei einer Razzia ist eine illegale Möhrenfarm in Brand gesetzt worden. Die Beamtex stürmten das Gebäude, in dem Karotten, Ingwer, Pastinaken und andere unter staatlicher Kontrolle stehende … [mehr lesen]
+++ Leiche im Kühlschrank versteckt +++
Den Haag. Er wollte nur seine Mutter in einem Stück: Robin (11) betrauerte den Tod seiner Mutter und wollte nicht, dass sie im Krematorium für ihre Bestattung vorbereitet wird. Aus Angst vor der Einäscherung … [mehr lesen]
+++ Gewächshaussteuer: Spontandemo gegen am Alexanderplatz +++
Berlin. Aktivistex der grünen Partei hielten eine unangekündigte, aber friedvolle Demonstration auf dem Alexanderplatz ab. Peter Stabel im Interview über die geplante Gewächshaussteuer … [Video ansehen]
+++ Möhrenaffäre: Spuren führen zur Antipartei +++
Potsdam. Die illegale Möhrenfarm, die vergangene Nacht bei einer Razzia abgebrannt ist, gehörte zum illegalen Versorgungsnetz der Antipartei. Die Ermittlungen laufen derzeit außerdem in Richtung … [mehr lesen]
Je mehr Noah durch den Feed scrollte, desto mieser wurde seine Laune. Verbranntes Gemüse war seiner Meinung nach nichts Weiteres als verbranntes Geld, genau wie alle Razzien, die die Exekutive ausführte. Er mochte das Prinzip Survival of the Fittest. Wer so dumm war, sich von Schwarzgemüse zu ernähren, verreckte eben auf Dauer. Illegale Gärten waren alles andere als überlebensfähig. Andererseits konnte Noah die Not der Menschen verstehen, denn sich ausschließlich von Nährpaste zu ernähren und nur zu besonderen Anlässen Echtnahrung auf dem Tisch zu haben, würde ihm persönlich auch gewaltig stinken.
Er las weiter und stieß im Artikel auf den Namen des kriminellen Farmers. Frank Josef Tor. Noah würde sich nicht wundern, wenn er seine Akte bald zugespielt bekäme.
Plötzlich minimierte Orwell alle Fenster auf dem Bildschirm.
»Hey!«, rief Noah gereizt. »Lass mich weiter prokrastinieren!«
»Frau Cline ist in der Leitung«, sagte Orwell. »Na ja, nicht jetzt, aber gleich. Sie wird mich gleich anweisen, dich anzurufen.«
»Welche der beiden?«
»Karma Cline.«
»Und seit wann können KI wahrsagen? Woher willst du das wissen?«
»Sorry, Datenschutz«, sagte Orwell kühl.
»Dein Ernst?«
»Ha! Reingefallen!« Orwell klang wie ein Kind, das nach ausdauernden Versuchen endlich einen erfolgreichen Streich gespielt hatte. »Der Termin steht in euer beider Kalender. Heute ist dein Quartalsgespräch fällig. Karma Cline hat noch nie einen Termin zu spät wahrgenommen, weshalb ich von einer Wahrscheinlichkeit von 99,030625 % ausgehe, dass sie auch diesen Termin pünktlich einhalten wird.«
Noah nickte. Das klang nach seiner Schwester.
»Im Gegensatz zu dir«, schob Orwell nach.
»Klappe, Blechbüchse«, sagte Noah. Im gleichen Moment erschien der Videoanruf auf dem Bildschirm. »Annehmen und dreißig Minuten auf Stand-by gehen«, befahl er. Orwell gehorchte, und die Verbindung zu Karma stand.
Mit verschränkten Armen versuchte Noah, dem Geschichtsunterricht zu folgen. Warum sollten ihn die Geschichten über Kurzlebige interessieren? Mit den alten Kriegen und Konflikten hatte er nichts zu tun und er bezweifelte, dass sein Berufszweig etwas mit diesem Fach gemein haben würde. Niemand im Raum hatte die Lebensrevolution selbst erlebt.
Als sein Lehrer über die Fünfziger-Klimakatastrophen referierte, stützte Noah seinen Kopf auf die Hände und tat nur noch so, als würde er zuhören. Ihn nervte, dass Geschichtsunterricht immer nur von schlechten Nachrichten und toten Menschen handelte. Wenn es nicht um Kriege oder Krisen ging, dann um Katastrophen oder Konflikte.
K. Ein schöner Buchstabe. Noah überlegte, wie lustig es wäre, wenn sich der Unterricht nur noch um Begriffe mit K drehen dürfte. Konzerte, Kultur, künstliche Intelligenz …
»Noah, kannst du das wiederholen?«
Er schreckte auf. Alle Kinder in der Klasse schauten ihn an, ein paar kicherten leise. Kinder. Klassenlehrer. Kichern. Drei Mal K.
»Wie bitte?«, war alles, was Noah zu sagen wusste.
»Worüber spreche ich?«
»Klima«, antwortete Noah. K wie Klima. Er musste unweigerlich grinsen.
»Was ist daran so lustig?« Herr Kablewski runzelte die Stirn, während Noah überlegte, was er antworten sollte.
»Weil es heute gut ist«, brachte er schließlich hervor.
»Im ganzen Satz.«
»Unser Klima ist heute gut. Deswegen ist es lustig, dass es früher schlecht war.«
Herr Kablewski seufzte. Er setzte zu einer Standpauke an, hielt dann aber inne, schaute auf sein Handgelenk, an dem der Timer des Lehrers grün leuchtete und seufzte. Sein strenger Blick entspannte sich zu seiner gütigen Miene, die er immer außerhalb der Klassenzimmer trug. »Darüber sprechen wir in der nächsten Stunde. Feierabend, einpacken!«
Auf dieses Kommando hatten alle Schüler gewartet. Die meisten packten ihre Tablets in die Taschen, ohne sie vorher herunterzufahren, streiften sich ihre Jacken über und stürmten aus dem Klassenraum.
Noah hatte es nicht eilig. Eigentlich wollte er auch schnell aus der Schule laufen, doch er ging mit seiner Schwester nach Hause, und sie ließ sich viel Zeit. Er schulterte also seine Tasche, nachdem das Tablet ausgeschaltet war und überlegte auf dem Weg zum Haupteingang, welche Worte ihm noch mit K einfielen. Karma zum Beispiel.
Obwohl sie nur ein bisschen älter war als Noah, besuchte sie den Geschichtsunterricht der fünften Stufe. Das hieß, sie saß da zwischen Sechzehnjährigen, um aus den schlechten Nachrichten der Vergangenheit zu lernen.
In allem schien Karma besser zu sein als ihr jüngerer Bruder. Sie kannte Handynummern aller wichtigen Familienmitglieder auswendig, und sie lernte online eine neue Sprache, wenn ihr langweilig war. Derzeit lernte sie Norwegisch. Zudem hatte sie zu jedem Thema etwas zu sagen. Nicht so wie Noah, der nicht einmal wusste, wie er ein vernünftiges Gespräch mit seiner Mutter führen sollte.
Wer viel im Kopf behielt wie Karma, stieg in der Schule schnell auf. Sie musste ihre Module nur ein paar Monate abarbeiten und durfte schnell die höhere Fachstufe besuchen. Wenn das so weiterging, konnte sie sich nach ihrem mittleren Abschluss jeden Berufszweig auswählen, den sie wollte. Je jünger ein Schulabgänger war und je besser die Noten, desto mehr Eigenwahloptionen gab es.
Noah gefiel der Gedanke an ein einfaches Leben ohne besonderen Beruf. Vermutlich würde er Gärtner werden oder Wartungsassistent. Nichts, wobei er viel Wissen aus der Schule im Kopf behalten musste.
Karma stupste ihn von der Seite an. »Träumer«, begrüßte sie ihn. »Lass uns gehen.«
Die beiden verließen das Schulgelände und machten sich auf den Heimweg. Es war März, der Blühstreifen am Rande der Straße leuchtete rot und gelb und blau zwischen all dem Grün. Noah hörte Bienensummen auf der einen, die Publicars auf der anderen Seite. Die meisten Schüler mussten mit Publicars nach Hause fahren, was für Menschentrauben und eine Ansammlung von Autos in den Straßen vor der Schule sorgte. Für die Cline-Kinder aber ging es drei Straßen zu Fuß nach Hause. Papa wollte noch nicht, dass seine Kinder die Publicar-App installierten.
Noah musterte seine Schwester. Sie hatte auch abends nach der Schule gebürstetes, glänzendes Haar, große Augen, und ihre Hose passte farblich zum Oberteil. Noahs widerspenstige Locken sträubten sich in alle Richtungen und seine Augen waren bis in die Mittagsstunden hinein vom Schlaf verquollen, bis sie ab dem frühen Nachmittag vor Müdigkeit wieder klein wurden. Vielleicht war sie adoptiert. Oder er.
Noah und Karma kamen früh von der Schule heim, wie jeden Freitag. Ihr Vater war noch nicht zu Hause, also schleuderten sie ihre Taschen ins Ankleidezimmer und ließen ihre Jacken achtlos auf den Boden fallen.
Sie spielten Schach zusammen, ein altertümliches Spiel mit unterschiedlichen Plastikfiguren auf einem karierten Brett. Darüber sollten die Kinder etwas in der Schule lernen! Spielen war immerhin das liebste Hobby aller Schüler. Und in der Schule lernten sie fürs Leben.
Den zehnjährigen Noah störte es, dass seine Schwester so klug war. Besonders ärgerte ihn, dass Karma offenbar jede Partie nach der gleichen Strategie spielte und dennoch gegen Noah immer gewann.
»Schach!« Karma stand der Spaß ins Gesicht geschrieben. Sie lächelte, aber nicht wie jemand, der sich über die Niederlage seines Gegners freute. Ihre Gesichtszüge waren seit ihrem ersten Zug entspannt und freundlich.
»Mist!« Noah schlug sich gegen die Wangen, als könne er sein Konzentrationsvermögen dadurch auf Trab bringen. Er bewegte den König aus der Gefahrenzone.
Sie schubste seinen König zurück und deutete auf ihren Läufer. »Da darfst du nicht hin.«
Er ließ den König an Ort und Stelle und setzte den weißen Springer auf E5. »Dann eben so.«
»Berührt ist geführt!«
»Das ist gemein!«
»Okay. Ausnahmsweise.« An ihrem Lächeln hatte sich nichts verändert.
Noah ging auf Angriff, kickte in den nächsten Zügen schnellstmöglich ein paar schwarze Bauern aus dem Spiel und versuchte, seiner weißen Dame (die ein Salzstreuer war) den Weg freizuschaufeln. Die originale weiße Dame war seit einem halben Jahr verschwunden, nachdem Noah sie im Streit mit seiner Schwester weggenommen und danach vergessen hatte, wo er sie versteckt hatte. Seitdem musste er immer Weiß spielen und die beiden begannen jedes neue Spiel abwechselnd. Dass derjenige mit den weißen Spielfiguren begann, war ohnehin eine merkwürdige Regel.
»Schachmatt!«
»Gar nicht!« Noah suchte das Spielbrett ab. Irgendwo musste es eine Möglichkeit geben, doch noch zu gewinnen.
»Doch. Guck, hier.« Sie erklärte ihm, weshalb sein König bedroht wurde und sich weder bewegen noch von einer anderen Figur retten lassen konnte. Karma hatte gewonnen. Mal wieder.
»Ich hab Hunger.«
»Ich auch.«
»Papa ist immer noch nicht da.« Sie schaute auf die Uhr am Kühlschrank.
Noah lief in die Küche und wies die Haus-KI an, die Mikrowelle einzuschalten.
An diesem Tag aber antwortete diese etwas, das sie bisher noch nie gesagt hatte. »Gerne schalte ich die Mikrowelle ein«, sprach sie höflich, »aber leider hat Mister Cline keine Mahlzeit für euch vorbereitet.«
Noah schaute verwundert nach oben. Sein Blick haftete auf dem Lautsprecher, aus dem die KI den Raum mit ihrer weichen, hellen Stimme beschallte.
»Was ist los?« Karma hatte das Schachspiel eingeräumt. Gemeinsam starrten sie an die Decke, als sähen sie der KI durch die Lautsprecher direkt in die Augen.
»Papa hat kein Essen gemacht.« Noah war verwundert.
Sein Vater war einer der Guten. Er würde doch nie seine Kinder vergessen! Er arbeitete als Erzieher für künstliche Intelligenzen, jedenfalls hatte er ihnen so erklärt, was er den ganzen Tag in der Firma machte.
Das Unternehmen war also ein KIndergarten. Er programmierte KI, und dann brachte er ihnen alles bei, was sie wissen mussten, um wie ein Mensch zu sein. Papa würde also nie seine Kinder vergessen!
War er entführt worden?
In Noahs Kopf spulte sich sofort ein Film ab, weshalb sein Vater nicht anders konnte, als ihn und Karma zu vernachlässigen. Noah und Karma würden ihn suchen müssen. Natürlich würden sie dafür die Schule verpassen und Ärger bekommen. Wie zwei Gesetzeswidrige auf der Flucht, würden sie sich verstecken und gleichzeitig den Bösewicht verfolgen. Vor seinem inneren Auge setzte sich ein Superheldenkostüm zusammen, das er für diese Mission brauchen würde. Wo bewahrte Papa das Nähzeug auf?
»Träumer!« Karma schnippte vor seinem Gesicht. »Wir kochen heute selbst.«
Da es bei den Clines fast jeden Tag Echtnahrung gab, kannten die Geschwister sämtliche Nahrungsmittel und hatten nicht nur in der Grundschule über sie gelesen. Im Kühlschrank tummelten sich Paprika, Kartoffeln, Zucchini, Brokkoli, Sojaprodukte und sogar Eier. Im Vorratsschrank daneben fanden sie auf dem Jahresvorrat Nährpaste einen Sack Kartoffeln. Nährpaste gab es ein Mal in der Woche. Jeden Montag stand die Küche still und Papa sprach am Esstisch über all die armen Menschen, die ausschließlich von der Paste lebten. Noah kannte viele Mitschüler, die nur Paste und nie staatliche Echtnahrung zu essen bekamen. Konsistenz und Geschmack der Nährpaste waren nicht sein Fall, also freute sich Noah umso mehr, dass seine Schwester mit ihm kochen wollte.
Sie sammelte Kartoffeln und Zucchini zusammen und legte sie neben das Kräuterhaus auf die Küchentheke.
»Was wird das?« Noah beäugte das Gemüse neugierig.
»Suppe.«
»Hast du das schon mal gemacht?«
»Ich habe Papa mindestens tausend Mal zugesehen. Das ist ganz einfach. Schneiden, in Salzwasser kochen und pürieren, da können wir nichts falsch machen.« Sie strahlte dieselbe Ruhe und Friedlichkeit wie beim Schachspiel aus, doch diesmal freute sich Noah darüber, dass seine Schwester so klug war.
Er schnitt die Zucchini, sie schälte unterdessen die Kartoffeln und fragte das Kochbuch der Haus-KI ab.
»Nenn mir ein Rezept für Kartoffelsuppe.«
»Gerne, Miss Cline. Kartoffel-Erbsen-Eintopf …«
»Haben wir nicht. Was ohne Erbsen. Kein Eintopf.«
»Gerne, Miss Cline. Kartoffel-Schinken-Suppe …«
»Kein Fleisch. Etwas mit Zucchini. Hast du was Besonderes für uns?«
»Gerne, Miss Cline. Kartoffel-Zucchini-Suppe mit selbst gemachten Croûtons …«
Die Kinder schauten begeistert auf das Smartglas der Kücheninsel. Karma scrollte kurz durch das Rezept und nickte dann zuversichtlich. Noah durfte im Vorratsschrank nach Brot für die Croûtons suchen. Als er welches gefunden hatte, schnitt seine Schwester das Brot mit scheinbar geübten Handbewegungen in kleine Würfel, stellte die Herdplatte an und goss Öl in die Pfanne. Noah kam gut voran. Er stellte sich vor, wie er als Profikoch mit weißer Mütze mit schnellem Klackern des Messers hauchdünne Scheiben aus dem Gemüse schnitt.
Tak. Tak.
Er wollte ein Profi sein.
Tak-tak-tak.
Schneller.
Takka-takka-takka-tak.
Auf einmal stieß die Klinge auf einen härteren Widerstand, ein Schmerz fuhr durch seine Hand. Blut lief ihm über die Finger. Nach einem Augenblick des Schocks begann er, zu schreien.
Karma ließ von den Kartoffeln ab und hastete zu ihrem Bruder. »Du hast dich geschnitten!« Sie zog ihren Bruder an der Hand zum Spülbecken und hielt sie unter das fließende Wasser. »Soll ich pusten?«
»Nein.« Noah schluchzte, mehr vor Schreck als vor Schmerz. Und weil er noch nie so viel Blut auf einmal gesehen hatte.
Karma strich ihm über den Rücken. Das beruhigte ihn. »Wir verbinden das.«
Im Apothekerschrank fand Karma, was sie brauchte. Sie klebte ein Pflaster auf den Schnitt, der kaum mehr blutete. Doch Noah bestand darauf, einen dicken Verband zu bekommen. Wenn er schon verletzt war, sollte auch jeder sehen können, wie stark seine Verletzung war. Schließlich hatte er fast den rechten Zeigefinger verloren! Die Kinder verbrauchten eine komplette Mullbinde, wickelten den Finger und gleich die ganze Hand ein.
Obwohl er sich über den Verband freute und der Schmerz vergangen war, weinte Noah weiter. Er machte sich Sorgen und sprach sie endlich aus: »Sie haben Papa entführt. Deswegen ist er nicht da.«
Seine Schwester lachte auf. »Du liest zu viel.«
»Ich meine das ernst!«, protestierte er.
»Aber Noah.« Sie lachte. »Wie kommst du auf so einen Stuss? Wer sollte Papa denn entführt haben?«
»Er ist immer da. Und wenn nicht, sagt er Bescheid. Immer!«
Karma zog die Stirn kraus. Sie musterte ihn eine Weile, bis sie mit sanfter Stimme sagte: »Papa muss sehr viel arbeiten. Ihm ist etwas dazwischen gekommen. Bestimmt kein Entführer. Den gibt es nur in deiner Fantasie. Wetten, ihm ist etwas Lustiges passiert?«
Noah horchte auf. »Was soll denn Lustiges passieren?«
»Du bist der Kreative von uns beiden. Was, wenn eine KI außer Rand und Band ist?«
Sofort lief ein Film in Noahs Kopf ab. »Stell dir vor, er programmiert eine KI, die nur rückwärts spricht oder das Gegenteil von dem macht, was du ihr befiehlst. Die muss er dann doppelt so lang erziehen!«
Der Gedanke an eine KI mit Gegenteilfunktion gefiel Noah. Letzte Woche hatte er ein E-Book gelesen, in dem es um eine betrunkene KI ging, die das gesamte Haus durcheinandergebracht hatte, während die Familie den Freizeitpark im VR-Spiel AdventureScape besucht hatte.
»Du hast echt eine blühende Fantasie«, sagte Karma. Sie fasste ihn an den Schultern und lächelte. »Das ist viel besser als ein Entführer.«
Plötzlich zuckte Karma und wirbelte herum. »Schalt alle Küchengeräte aus!«, brüllte sie der Haus-KI zu. Sie riss die Küchentür auf, hinter der Noah nur dichten Rauch sehen konnte.
»Ich habe die Stromzufuhr sämtlicher Küchengeräte gekappt, Miss Cline«, bestätigte die KI.
Noah hörte das Ratschen des Wasserschlauchs, den Karma aus dem Hahn zog. Im nächsten Moment erhellte sich die Küche, eine große Flamme stach empor und fraß sich in die Dunstabzugshaube. Karma stürzte hustend aus der Küche, vor ihrem Gesicht hielt sie den Spüllappen.
Wo vorher schwarze Kohlestücke, die eigentlich Croûtons hatten werden sollen, waren, sprang das Feuer auf die Hängeschränke über und sonderte dichten, stinkenden Qualm ab. Noah wurde heiß, seine Augen brannten. Wie angewurzelt stand er da und starrte in die Küche.
Die Haus-KI ließ den Feueralarm über alle Lautsprecher erklingen. »Verlassen Sie sofort das Haus«, dröhnten ihre Worte durch das Haus. »Zügig und geordnet. Verfallen Sie nicht in Panik, nehmen Sie keine Dinge mit. Verlassen Sie sofort das Haus, zügig und geordnet …«
Karma fasste ihren Bruder an der Hand und lief in den Flur. Noah konnte seinen Blick erst von der Katastrophe abwenden, als er bis in den Hausflur gestolpert war.
»Ruf unseren Vater an. Und die Feuerwehr. Ruf einfach alle an!«, rief Karma, als sie ihren Bruder zur Haustür hinausschob. Draußen hielt sie kurz inne und öffnete die Tür noch einmal: »Egal, was passiert: Ruf auf gar keinen Fall Mama an!«
Noah sah seiner Schwester zu, wie sie die Tür zuknallte. Sie hielt seine frisch verbundene Hand viel zu fest. Sie brachte ihn die Treppe runter auf die andere Straßenseite. Vom Bürgersteig aus konnten sie dabei zusehen, wie dichter Rauch aus den Ritzen der Küchenfenster quoll.
Zwei Feuerwehrautos standen quer auf der Straße. Das Martinshorn war stumm, aber die Blaulichter rotierten weiter. Männer und Frauen in Uniform hatten das Feuer gelöscht und rollten den Schlauch ins Löschfahrzeug. Für die Feuerwehr war der Einsatz bei den Clines eine kurze Angelegenheit. Für Noah und Karma war dieser Tag der schlimmste ihrer Kindheit.
Papa war nicht böse. Nacheinander gab er beiden einen Kuss auf die Stirn. »Ich habe zwei lebendige Kinder. Das ist alles, was zählt.«
Karma verschränkte die Arme und drehte sich weg.
Noah hingegen klammerte sich an ihn.
»Was ist denn los, Liebes?«, fragte Papa Karma, während er Noah behutsam über den Kopf strich. Er berührte seine Tochter am Oberarm, doch sie sah ihn nicht an.
»Das hast du davon«, sagte sie patzig. »Das ist alles deine Schuld.«
Noah beobachtete die beiden wortlos.
»Du hast uns im Stich gelassen. Dass dann die Küche gebrannt hat, das ist nur gerecht«, warf sie ihrem Vater vor.
»Aber Spätzchen!« Mehr vermochte er nicht zu sagen.
Plötzlich schaute sie ihren Vater zornig an. Ihre Augenbrauen waren gerade, nach innen geneigte Striche, in ihren Augen standen Tränen. Die Hände zu Fäusten geballt, so hatte Noah seine Schwester zuletzt gesehen, als sie verkündet hatte, dass sie ab sofort Veganerin sein würde und Papa, Mama und Noah am nächsten Tag trotzdem Rührei auf ihren Broten verteilt hatten. »Du hast uns nicht einmal eine Nachricht hinterlassen!«
Papa seufzte. Noah kannte dieses Seufzen. Es hieß, dass er sich etwas zu sagen verkniff. Zuletzt hatte er auf diese Art geseufzt, als Karma einem Straßenkünstler all ihr Taschengeld gegeben hatte und an der nächsten Ecke einen Gitarristen getroffen hatte. Sie hatte Papa angefleht, ihr einen Vorschuss zu geben. Er hatte Nein gesagt und wie immer eine Erklärung gehabt, aber für Karma war sie nicht genug gewesen. Schließlich hatte sie geweint, weil sie nicht jeden für seine Künste belohnen konnte. Voller Frust hatte sie sich darüber empört, wie ungerecht die Welt und ihr eigener Vater waren. Und Papa hatte geseufzt. Noah gegenüber tat er das selten – aber Noah war argumentativ weniger stark als seine Schwester, sodass sein Vater nie die Entscheidung treffen musste, Noah doch nichts zu sagen und stattdessen zu seufzen.
»Ich habe einen Fehler gemacht«, gab Papa zu. Erst jetzt erkannte Noah, dass Papa blutunterlaufene Augen hatte. »Das passiert nicht noch einmal.«
Widerwillig ließ Karma eine Umarmung zu.
Noah fand nicht, dass sein Vater für den Brand verantwortlich war. Er und sein verletzter Zeigefinger trugen die Schuld am Feuer. Oder die Haus-KI, die die Bratpfanne auch ohne Befehl hätte abschalten können. Karma war es, die die Herdplatte außer Acht gelassen hatte. Sie alle waren schuld, nur Papa nicht. Vor einer Stunde noch hatte Noah sich vorgestellt, ihn aus den Fängen eines Entführers zu retten. Schuldige Leute rettet man nicht.
Papa unterschrieb auf dem Tablet einer Feuerwehrfrau, danach stieg die Mannschaft in ihre Wagen und verschwand. Noah sah den Feuerwehrautos mit ihren Leitern und Schläuchen und dem Blinklicht staunend hinterher. Er wünschte sich, eines Tages auch als Held zu arbeiten, sofern sein Schulzweig es ihm erlaubte. Fest stand, dass er später auf der guten Seite stehen und Leben retten würde.
»Lasst uns essen gehen. Mama hat Geld dagelassen«, schlug Papa vor. Er rief ein Publicar und nahm die Kinder an den Händen. Noah konnte wieder dieses Seufzen vernehmen, als die Familie in das Auto stieg. In letzter Zeit ließ sein Vater dieses Geräusch immer häufiger hören.
Als die unvollständige Familie in das Publicar stieg, blickte Noah zurück. Er fragte sich, ob die KI Schmerzen erlitten hatte, als sie verbrannte.
»Hallo, Träumer«, begrüßte Karma ihren Bruder. Sie saß in ihrem großräumigen Büro, das viel größer war als Noahs Abschalter-Kabuff. Hinter ihr stand eine Monstera, ihre riesigen grünen Blätter bewegten sich leicht im Luftzug, der durch das geöffnete Fenster hineinwehte.
»Können wir das lassen?« Noah lehnte sich zurück und überprüfte kurz den Zustand seines eigenen Büros. Die Kissen seines Gästesofas waren zerknautscht, eines lag auf dem Boden. »Ich bin dreiundvierzig Jahre alt.«
Karmas freundliches Lächeln verwandelte sich in einen geraden, schmalen Strich. »Was soll ich für dich eintragen?«
Noah öffnete die oberste Schublade und nahm den Baseball seines Vaters heraus, um damit zu spielen. »Alles wie immer. Bin zufrieden in meinem Job, erfülle alle Leistungen, bin weiterhin eine Score-null-Legende, kann weitergehen.«
»Gut«, sagte Karma knapp. Sie tippte auf ihrer Tastatur und blickte konzentriert neben die Kamera. Es war, als schaute sie an Noah vorbei, dabei betrachtete sie ihr Interface. »Wann warst du zuletzt in der Betriebsambulanz?«
»Bei den Psycholeuten?«
»Psychologen«, verbesserte sie ihn.
Noah stöhnte. Er warf den Baseball hoch, bis dieser die Decke berührte und ihm wieder in den Schoß fiel. »Vor ein paar Jahren.«
»Ich weiß.«
»Du weißt alles. Du hast alle Daten über mich. Wofür brauchen wir ein Quartalsgespräch?«
»Nun«, begann Karma, »mit normalen Mitarbeitenden spreche ich über ihre mentale Gesundheit, über ihre Arbeitszufriedenheit, Wünsche und Ängste. Und darüber, wie wir bei belastenden Klagen oder im nächsten Gerichtsprozess vorgehen.« Jetzt sah sie angestrengt direkt in Noahs Augen. In das Zentrum ihres Videochatfensters.
»Ich bin aber nicht normal. Score null. Naturtalent. Schon vergessen?«
»Ich habe den Bericht ausgefüllt, aber ich schicke ihn noch nicht ab«, sagte Karma.
Noah richtete sich auf und hielt den Baseball fest.
»Wir müssen mal ernsthaft reden.«
Noah gefiel nicht, wie sie ihn ansah.
»Ich unterstütze dich seit sechs Jahren bei all dem hier. Aber du kommst betrunken zur Arbeit, obwohl du weißt, dass deine Vitalwerte in der Mitarbeitercloud synchronisiert werden. Du wirst nachlässig.«
»Die fließen aber nicht in den Score ein. Es geht rein um Kundenbeschwerden und Justiz«, verteidigte sich Noah. »Wen kümmert’s also?«
»Mich.« Karma seufzte und stand auf. Sie nahm ein Gießkännchen von der Fensterbank und goss ihre Monstera. »Ich sage nicht, dass du deine Arbeit gefährdest, wenn du so weiter machst.«
»Dann haben wir ja kein Problem.« Noah begann wieder, den Baseball zu jonglieren.
Karma stellte das metallene Gefäß zurück und stemmte die Hände in die Hüften. Obwohl sie ein paar Meter von ihrer Kamera entfernt war, konnte Noah sehen, wie sie ihre Stirn runzelte.
»Ich habe Kopfschmerzen. Lass mich damit besser in Ruhe, Schwesterchen«, bat Noah. Er fing den Ball und schickte ihn wieder auf seine Reise gegen die Gravitation.
»Kopfschmerzen?« Karma setzte sich wieder an ihren Schreibtisch. »Mit deinem Hypophysenkit ist aber alles in Ordnung?«
»Ja.«
»Wie kann das dann sein? Hast du heimlich im Büro getrunken?«
»Quatsch!« Noah winkte ab. »Den Katerkopfschmerz hat das Kit längst kompensiert. Aber wenn du weiter wie Marlen redest, kriege ich wieder Kopfschmerzen, ich spüre sie schon kommen!«
»Deine Absichten, Noah!«, rief Karma plötzlich aus. Sie sprang auf und stützte sich mit den Händen auf dem Schreibtisch ab. »Andere Abschalter haben viel daran zu knabbern, was sie tagtäglich hier machen, sie sorgen sich um ihren Job und ihre Haftung, sie gehen Risiken ein und nehmen ihre Arbeit ernst. So warst du auch mal, erinnerst du dich? Du bist hier aus einem ganz bestimmten Grund, und ich glaube allmählich, dass du diesen Grund vergessen hast.«
»Ich will nicht darüber reden. Das weißt du, also respektiere das bitte.« Noah warf den Baseball gegen die Wand zu seiner Rechten, beinahe hätte er das Tablet von der Ladestation geworfen.
»Aber jetzt will ich darüber reden.« Karmas Stimme wirkte bedrohlich. »Du wolltest immer Leben retten. Du wirkst, als hättest du vergessen, warum du hier bist. Ich weiß nicht, was du gerade mit deinem Leben anzufangen versuchst, aber was immer es ist, ich beobachte, wie du immer«, sie suchte nach den richtigen Worten, »kleiner wirst. Kaputter. Dir geht es nicht gut. Mir kannst du nichts vormachen.«
Noah schwieg und sah auf seine Hände. Er pulte sich am Daumennagel, der seit der Party gestern Nacht eingerissen war. Wodurch auch immer. Er spürte einem kalten Ziehen nach, das sich durch seinen Oberkörper zog. Es erreichte den Magen, er wurde flau, dann verschwand das Gefühl. Das Hypophysenkit hatte den Schmerz neutralisiert.
Seine Schwester hatte recht, sie hatte so sehr recht, doch was sollte Noah tun? Er konnte nichts bewirken. Nur seine Zeit bei Global Insurance so angenehm wie möglich zu gestalten und in der Freizeit alles daran zu setzen, sich abzulenken.
»Träumer?«
Vom Bildschirm blickte ihm Karmas nun besorgtes Gesicht entgegen.
»Soll ich rüberkommen?« Sie lächelte wieder. »Ist doch affig, dass unsere Gespräche immer über Videochat ablaufen.«
»Bitte nicht«, sagte er. Er schaute zum Baseball, der auf dem Sideboard zum Liegen gekommen war. Noah konnte Karma nicht in die Augen sehen, das verriet ihm der Kloß in seinem Hals.
»Ich verstehe«, sagte Karma. »Und ich glaube, auch du hast verstanden. Habe ich dir schon erzählt, dass ich ein schickes Haus gefunden habe? Es steht seit ein paar Jahren leer und muss renoviert werden, aber es hat einen großen Garten und ist gar nicht weit entfernt.« Sie wusste immer, wann es genug war und sie ihren kleinen Bruder aufheitern musste. »Klar, wir wären aus der Stadt raus, aber es hat zwei Zimmer mehr als unsere Wohnung. Ich habe das Kinderzimmer schon digital eingerichtet, willst du es sehen?«
Noah sah seine Schwester wieder an und lächelte. »Was wird es denn nun? Ein Mädchen oder ein Junge?«
Karma zuckte mit den Schultern. »Eine Sie. Chromosome, kennst du, oder? Hier, schau mal.«