Vorwort

Das Erscheinen der vorliegenden Neuauflage des für die tägliche Praxis beliebten Lehrbuchs stellt wiederum die aktuellen Entwicklungen des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder dar. Damit bietet es die erforderliche Unterstützung bei der laufenden Personalarbeit.

Zwar hat die große Tarifrechtsreform erhebliche Vereinfachungen mit sich gebracht, wie auch die Gemeinsamkeiten von TVöD und TV-L breiter aufgestellt worden sind. Von einem einheitlichen Tarifrecht kann indes noch nicht die Rede sein.

Um gleichwohl dem Nutzer des Lehrbuchs den Einstieg und zugleich die nötige Vertiefung in die anspruchsvolle Materie zu erleichtern, wurden nach intensiver Auswertung der Gesetzes- und Tarifänderungen, der Rechtsprechung auch unter Einbeziehung der Rundschreiben des BMI die praxisrelevanten Kernaspekte prägnant dargestellt. Prüfschemata, Checklisten, Beispielsfälle sowie Praxishinweise bieten hierzu einen wertvollen Beitrag und sollen es dem Leser erleichtern, die behandelten Themen mit möglichst geringem Aufwand verstehen zu lernen, um damit die verschiedenen Rechtsgrundlagen selbständig anwenden zu können.

Die eingearbeiteten Übersichten wollen hierzu in vereinfachter Form bestehende Zusammenhänge und Differenzierungen zwischen den verschiedenen Rechtsgrundlagen verdeutlichen.

Der vorliegende erste Band will zunächst einen Überblick über die Rechtsnatur, Rechtsgebiete und Rechtsquellen des Arbeits- und Tarifrechts vermitteln. Neben den allgemeinen Grundlagen, werden die Begründung des Arbeitsverhältnisses, deren Inhalt mit den entsprechenden Rechten und Pflichten sowie die Beendigung dargestellt. Hervorzuheben sind insoweit die Neuerungen zum Befristungsrecht.

Dass dieses Buch in seiner jetzigen Form entstanden ist, verdankt es ganz wesentlich dem bekannten und geschätzten Verfasser der Vorauflage, Herrn Peter Linde, ehemals Dozent an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung – Fachbereich Bundeswehrverwaltung. Ihm gebührt der besondere Dank der Autoren.

Wir wünschen, dass dieses Buch eine zuverlässige Hilfe bei der Bewältigung im täglichen Umgang mit der Personalarbeit liefern wird.

Brühl/Mannheim, im August 2019


Dr. Beatrix Jansen
Dr. Michael Kawik
Dr. Alexander Block

Autoren

Dr. Beatrix Jansen lehrt und forscht seit 2006 an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung am Fachbereich Bundeswehrverwaltung. Ihre Lehrtätigkeit umfasst das öffentliche Dienstrecht.

Bereits 1994 nahm Frau Dr. Jansen beratende Funktionen bei der Deutschen Postgewerkschaft wahr, gefolgt von Lehrtätigkeiten für den Deutschen Gewerkschaftsbund sowie die Handwerkskammer Trier. Für die AOK, Direktion Rheinland-Pfalz, war sie Verhandlungsführerin im Referat Krankenhäuser/Stationäre Pflege, von wo aus sie in das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung wechselte. Neben Stationen im Beschaffungsbereich und Vergaberechtsgrundsatz war sie zuletzt im Leitungsstab tätig. Neben zahlreichen Veröffentlichungen ist sie als ständige Ansprechpartnerin zu Fragen des öffentlichen Dienstrechts in den verschiedenen Ressorts der Bundesverwaltung gefragt.

Prof. Dr. Michael Kawik war viele Jahre als Jurist in der Bundesverwaltung in den unterschiedlichsten Bereichen tätig. Dabei hat er insbesondere praktische Erfahrungen im Bereich des Personalrechts gesammelt, welche auch seine Tätigkeit an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung prägen. Seit 2014 lehrt und forscht er nunmehr an der Hochschule des Bundes. Dabei legt er ein besonderes Augenmerk auf die Verbindung zur Praxis. Aus diesem Grund ist er auch stark in der Fortbildung von Mitarbeitern der unterschiedlichen Behörden engagiert, führt Fortbildungsveranstaltungen für Rechtanwälte durch und bekommt einen weiteren Blick auf die Praxis über seine Kooperation mit einer Rechtsanwaltskanzlei.

Regierungsdirektor Dr. Alexander Block, LL.M ist seit 2011 Hochschullehrer für Bürgerliches Recht und Recht des öffentlichen Dienstes (Arbeits- und Tarifrecht) an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung am Fachbereich Allgemeine Innere Verwaltung in Brühl. Vor dieser Beschäftigung war er zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Peter Winkler von Mohrenfels an der Universität Rostock und anschließend am Lehrstuhl von Prof. Dr. Ralph Weber an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald tätig. In dieser Zeit fertigte er seine Dissertation zum Internationalen Arbeitsrecht an und leitete Kolloquien und Vorlesungen zum Bürgerlichen Recht und zum Arbeitsrecht. Neben Veröffentlichungen vor allem im Bereich des Arbeitsrechts führt er personalrechtliche Seminare zum Tarif- und Arbeitsrecht für die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung durch.

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Kapitel AAllgemeine Grundlagen

I.Der Arbeitnehmer

1.Allgemeines

Ein Großteil der im öffentlichen Dienst insgesamt wahrzunehmenden Aufgaben obliegt gleichermaßen Beamten wie auch Arbeitnehmern.

Beide Statusgruppen arbeiten in der Regel eng und vielfach unter gleichen Bedingungen zusammen. Häufig erledigen sie einzeln für sich oder in Teamwork gleiche Aufgabengebiete, so dass aus rein natürlichem Blickfeld die jeweils anders gearteten Rechtsgrundlagen unterliegenden verschiedenen Beschäftigungsverhältnisse als solche, ohne hiermit Art. 33 Abs. 4 GG einschränken zu wollen, zunächst nicht zu unterscheiden sind.

Die anfallenden Arbeiten sind nach Art und Inhalt vielfältig. Sie erstrecken sich von einfachen Tätigkeiten ohne Ausbildungserfordernis bis hin zu einer Vielzahl von Berufen, deren Ausübung im Regelfall einen erfolgreichen Hochschulabschluss, zumindest aber gleichwertige Kenntnisse erforderlich machen. Angefangen von den verschiedensten Tätigkeiten im „reinen“ Verwaltungsdienst über die große Vielzahl technischer bis u.a. zu den medizinischen Berufen, sind im öffentlichen Dienst nahezu alle Berufsbilder in mannigfaltigen Erscheinungsformen unter teilweise unterschiedlichsten praktischen Arbeitsbedingungen vertreten.

Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers unterscheidet sich jedoch schon vom Zustandekommen her wesentlich vom Dienstverhältnis des Beamten.

Während der Beamte durch Ernennung – Verwaltungsakt auf Unterwerfung – in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis berufen wird, kommt das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers durch Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages – Arbeitsvertrag – zustande.

Trotz der enormen praktischen Bedeutung definieren die arbeitsrechtlichen Gesetze den Begriff des Arbeitnehmers nicht, sondern unterteilen ihn allenfalls in weitere Kategorien (Arbeiter, Angestellte, leitende Angestellte, Auszubildende), um den Anwendungsbereich des jeweiligen Gesetzes festzulegen. Die Rechtsprechung[1] und ganz herrschende Lehre[2] greifen auf die von Hueck[3] entwickelte, heute allgemein übliche Begriffsbestimmung zurück.

Danach ist Arbeitnehmer, „wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags zur Leistung von Diensten für einen anderen in persönlicher Abhängigkeit (Unselbstständigkeit) verpflichtet ist“. Beim Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Sonderfall des Dienstvertrags nach § 611 BGB. Abs. 1 der Vorschrift regelt die Verpflichtungen der Vertragsparteien eines Dienstvertrags. Diese bestehen für den Dienstverpflichteten in der Leistung der versprochenen Dienste, für den Dienstberechtigten in der Gewährung der vereinbarten Vergütung. Kennzeichnend für den Dienstvertrag ist also die Leistung von Diensten gegen Entgelt. § 611 Abs. 2 BGB bestimmt, dass Gegenstand des Dienstvertrags jede Art von Diensten sein kann. Das Arbeitsverhältnis unterscheidet sich vom unabhängigen Dienstvertrag durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, also der Fremdbestimmtheit der Dienstleistung. Der Arbeitsvertrag zeichnet sich durch die persönliche Abhängigkeit des Dienstverpflichteten gegenüber seinem Vertragspartner aus. Als weiteres Merkmal der persönlichen Abhängigkeit (Fremdbestimmtheit) ist die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation heranzuziehen.[4] Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass ein Beschäftigter hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht (§ 106 S. 2 GewO) des Arbeitgebers unterliegt.[5]

Die 2016 in § 611a BGB eingefügte gesetzliche Definition des Arbeitnehmers schreibt lediglich die höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG fest und greift die bisherigen Abgrenzungskriterien auf. Ob damit die missbräuchliche Gestaltung des Fremdpersonaleinsatzes durch Beschäftigung in vermeintlich selbstständigen Dienst- und Werkverträgen verhindert werden kann, muss die praktische Anwendung dieser Vorschrift zeigen.

2.Arbeiter und Angestellte/Beschäftigte im ö.D.

Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten ist in der geschichtlichen Entwicklung begründet und reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück.

Die kleine Gruppe der Angestellten leistete überwiegend geistige, die Arbeiter überwiegend körperliche Arbeit. Wer schreiben können musste, wurde bereits den Angestellten zugeordnet.

Aufgrund der zunehmenden technisch anspruchsvollen Arbeitswelt und dem Übergang von der Industrieproduktion zur Dienstleistungsgesellschaft verlor die Unterscheidung zunehmend an Bedeutung. So hat denn auch der Gesetzgeber beginnend mit dem Jahr 1993 die Unterschiede beseitigt, indem er etwa einheitliche Kündigungsfristen eingeführt hat. Soweit heute – etwa in § 5 ArbGG – noch eine Differenzierung nach Arbeitern und Angestellten erfolgt, handelt es sich lediglich um eine Beschreibung, die an keine differenzierenden Rechtsfolgen mehr geknüpft ist.

3.Spezielle Statusbezeichnung nach TVöD/TV-L

Dieser Entwicklung hat auch der am 1.10.2005 in Kraft getretene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst – TVöD – Rechnung getragen, indem die bis dahin tarifrechtliche Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern aufgehoben und eine einzige Statusgruppe, nunmehr als Beschäftigte bezeichnet, geschaffen wurde. Die bis dahin maßgebenden unterschiedlichen Tarifverträge für Angestellte – BAT/BAT-O – bzw. für Arbeiter – MTArb/MTArb-O – sowie der Arbeiter im Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände – VKA – BMTG/BMTG-O – traten mit Ablauf des 30.9.2005 außer Kraft. Ergänzend sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder – TdL – mit Wirkung zum 12.10.2006 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vereinbart worden ist, der überwiegend mit dem TVöD identisch ist.

Soweit im Folgenden rein tarifrechtliche Grundlagen betroffen sind, findet der durch den TVöD/TVL neu geprägte Statusbegriff „Beschäftigte(r)“ Verwendung.

Wie auch immer die zweifelsohne unglücklich gewählte redaktionelle begriffliche Darstellung ausfällt, gemeint sind in jedem Falle Arbeitnehmer. Es ist ohnehin weder ersichtlich noch erklärbar, warum die Tarifvertragsparteien diesbezüglich wortschöpferisch tätig geworden sind. Insbesondere deswegen nicht, weil das allgemeine Arbeitsrecht mit der Bezeichnung Arbeitnehmer eine verständliche und umfassende Bezeichnung für den Personenkreis der aufgrund eines Arbeitsvertrages Beschäftigten entwickelt hat.

II.Struktur des Arbeitsrechts

1.Allgemeines

Das Arbeitsrecht ist ein weitgefächertes in sich selbstständiges Rechtsgebiet mit eigener Gerichtsbarkeit. Zwar hat es noch keine lange geschichtliche Entwicklung hinter sich. Der weitaus größte Teil der diesem Gebiet zuzuordnenden Normen ist erst in den zurückliegenden 60 Jahren entwickelt worden. Dennoch hat die in der Gesamtbetrachtung rasche Entwicklung zu einer nahezu unüberschaubaren Rechtszersplitterung dieser Materie geführt. Bereits in den 70er Jahren wie auch in neuerer Zeit bestand und besteht die Absicht, das individuelle Arbeitsrecht in Form eines „Deutschen Arbeitsgesetzbuches“ zusammenzufassen und zu vereinheitlichen. Dieses Vorhaben hat sich jedoch bislang aufgrund fehlender politischer Entscheidungsfindung nicht weiter durchsetzen können.

2.Rechtsnatur

Unsere Rechtsordnung unterscheidet zwischen Normen des öffentlichen und des privaten Rechts. Nach der (herrschenden) modifizierten Subjektstheorie gehören dem öffentlichen Recht diejenigen Rechtssätze an, die nur den Staat oder einen sonstigen Träger hoheitlicher Gewalt zum Zuordnungssubjekt haben, die sich folglich ausschließlich an den Staat oder einen sonstigen Träger hoheitlicher Gewalt wenden.

Dem Privatrecht sind demgegenüber die für jedermann geltenden Rechtssätze zuzurechnen. Das öffentliche Recht ist somit das Sonderrecht des Staates, das Privatrecht das Jedermannsrecht, wobei zu dem „jedermann“ auch der Staat gehören kann.

Das Arbeitsrecht besteht sowohl aus Normen des öffentlichen als auch privaten Rechts. Überwiegend sind diese jedoch privater Natur. Während der Betriebs-, Gefahren- und Arbeitsschutz öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist, sind die Arbeitnehmerschutzrechte – insbesondere der Kündigungsschutz – rein privatrechtlicher Natur.

3.Gliederung des Arbeitsrechts

In sich ist das Arbeitsrecht nach Rechtsgebieten gegliedert, denen im Einzelnen wiederum die Vielzahl der wesentlichsten Rechtsquellen zugeordnet werden. Im Verhältnis zueinander lassen sie sich übersichtsmäßig wie folgt abgrenzen:

a)Individualarbeitsrecht

Unter Individualarbeitsrecht versteht man das Recht, Arbeitsverträge abzuschließen, deren Inhalt zu gestalten und bestehende Arbeitsverhältnisse zu beenden. Diesen Teilbereich des Arbeitsrechts bezeichnet man auch als Arbeitsvertrags- und Arbeitsverhältnisrecht. Seine Normen sind teils öffentlich-rechtlicher, im Wesentlichen allerdings privatrechtlicher Natur.

b)Arbeitnehmerschutzrecht

Das Arbeitnehmerschutzrecht umfasst alle öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, die den Arbeitnehmer vor Schäden, Benachteiligungen und Gefahren aller Art im Arbeitsleben bewahren bzw. schützen sollen. Hierbei handelt es sich insbesondere um Arbeitgeberpflichten zum Staat, die der Arbeitgeber jedoch konkret unmittelbar dem Arbeitnehmer gegenüber zu erfüllen hat. Die öffentlich-rechtliche Natur dieser Materie verdeutlicht darüber hinaus die Beziehung zwischen Staat und Bürger in einer nach Art. 20 (1) GG sozial verpflichteten Demokratie. Im Übrigen dient es der Verwirklichung des durch Art. 3 GG bestimmten Gleichbehandlungsgebotes.

c)Kollektives Arbeitsrecht

Das kollektive Arbeitsrecht ist das Recht der Gewerkschaften und Arbeitgebern/Arbeitgeberverbände, Tarifverträge frei und gleichberechtigt auszuhandeln und abzuschließen. Auch die zwischen den Dienststellen und den zuständigen Personalvertretungen im Rahmen des Personalvertretungsrechts bzw. Betriebsverfassungsrechts abgeschlossenen Dienstvereinbarungen/Betriebsvereinbarungen gehören zu diesem Gebiet. Gleiches gilt für die Vereinbarungen zwischen den Gewerkschaften und Arbeitgebern/Arbeitgeberverbänden über den Ablauf von Arbeitskämpfen. Im Einzelnen gehören zu diesem Rechtsgebiet das:

  • Koalitionsrecht

  • Tarifvertragsrecht

  • Arbeitskampfrecht

  • Schlichtungsrecht

  • Personalvertretungsrecht

  • Betriebsverfassungsrecht

d)Arbeitsverfahrensrecht

Das Arbeitsverfahrensrecht gestaltet die allgemeinen und besonderen Verfahrensregelungen bei Arbeitsrechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen (Arbeits-, Landesarbeitsgerichte, Bundesarbeitsgericht). Grundsätzlich gelten für diese Verfahren die Regelungen der Zivilprozessordnung. Im Interesse des im Verhältnis zum Arbeitgeber schwächeren Arbeitnehmers hat der Gesetzgeber durch das Arbeitsgerichtsgesetz einige Ausnahmen hiervon zugelassen. Durch sie sollen im Wesentlichen folgende Ziele hinsichtlich des arbeitsgerichtlichen Verfahrens erreicht werden:

Folgende Besonderheiten sollen dem Arbeitnehmerschutzgedanken Rechnung tragen: Die Kammern des Arbeitsgerichts und Landesarbeitsgerichts sowie die Senate des Bundesarbeitsgerichts sind auch mit ehrenamtlichen Richtern besetzt (aus Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber). Die Parteien können sich vor dem ArbG und LAG nicht nur von Rechtsanwälten, sondern auch von Vertretern der Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände als Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Kosten im Urteilsverfahren der ersten Instanz für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten trägt jede Partei selbst – unabhängig davon, ob sie obsiegt oder unterliegt. Das arbeitsgerichtliche Verfahren zielt darüber hinaus stärker auf die gütliche Einigung der Parteien ab.

III.Rechtsquellen

1.Allgemeines

a)Rechtsquellenlehre

Das Arbeitsrecht wird von einer Vielzahl verschiedener Rechtsquellen beherrscht. Auf der obersten Ebene dieser Rechtsquellen steht das unmittelbar geltende Recht der Europäischen Union als supranationales Recht, gefolgt vom nationalen Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland. Dieses wiederum entfaltet Bindungswirkung für den Gesetzgeber beim Erlass des (einfachen) Gesetzes. Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber im Arbeitsrecht jedoch keine einheitliche und große Kodifikation umzusetzen vermocht; vielmehr hat er eine unübersichtliche und zugleich hinreichende Systematik entbehrende Fülle von Einzelgesetzen erlassen.

Um die Konkurrenz zwischen mehreren Gestaltungsfaktoren lösen zu können, haben sich folgende Rangregeln herausgebildet:

b)Stufentheorie

Sofern Rechtsquellen gleiche Sachverhalte zueinander widersprüchlich regeln, geht die im Stufenaufbau jeweils höher angesiedelte der in diesem Sinne niederen Regelung vor. Folglich müssen nachrangige Regelungen, um Rechtswirksamkeit zu erlangen, mit denen zu ihnen jeweils höherrangigen Normen harmonieren, sogenanntes Rangprinzip bzw. Hierarchieprinzip. Danach würde eine Regelung zur Länge des Erholungsurlaubes im Gesetz oder im Tarifvertrag einer hiervon abweichenden Regelung im Arbeitsvertrag vorgehen, gleichgültig, welchen Inhalt die verschiedenen Regelungen haben. Im Verhältnis der Rechtsquellen des Arbeitsrechts – bei Konkurrenz auf verschiedenen Rangstufen – gilt jedoch nicht das Rangprinzip, sondern das Günstigkeitsprinzip.[6]