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Die Bibel ist das Buch, das die Christen der Welt miteinander verbindet. Für alle christlichen Kirchen ist sie die Grundlage des Glaubens und der Maßstab für das Handeln der Menschen. Denn die Bibel erzählt von Gott: von seiner Zuwendung zu der Welt und den Menschen, davon, wie er sie erschaffen hat, sie durch die Geschichte begleitet und sie zuletzt zu ihrem Ziel führen wird. Die Geschichte von Gott und seiner Schöpfung lässt sich auch als eine Liebesgeschichte verstehen, bei der Gott unbeirrbar an seinem Gegenüber festhält. Das gilt selbst dann, wenn dieses Gegenüber sich immer wieder gegen Gott auflehnt, seine Liebe missachtet und nicht merkt, dass es ohne sie gar nicht leben kann.
Wer sich auf die Botschaft der Bibel einlässt, erfährt, dass durch ihre Worte hindurch Gott selbst zu ihm spricht. Von ihm weiß sich ein Mensch im Leid getröstet, in Angst und Zweifel ermutigt oder gewarnt und ermahnt, wenn das Ziel des Lebens aus dem Blick zu geraten droht. Hier findet er Halt und Sinn für das eigene Leben. So gesehen, ist die Bibel Gottes Wort. Niedergeschrieben wurde dieses Wort von Menschen, die in ihrem Leben selbst Gutes und Befreiendes von Gott erfahren haben. Gottes Wort begegnet in der Bibel in menschlichen Worten.
Die Bibel ist ein sehr umfangreiches Buch. Das hat seinen Grund darin, dass sie genau genommen aus einer ganzen Anzahl von Büchern besteht. Diese sind in einem Zeitraum von ca. 1000 Jahren entstanden – zwischen 800 v. Chr. und 200 n. Chr. Insgesamt sind es 66 einzelne Schriften. Sie gliedern sich in zwei große Teile: das Alte Testament mit 39 Schriften und das Neue Testament mit 27 Schriften.
Die Bibel ist auch ein Stück Weltliteratur, und ihre einzelnen Schriften gehören verschiedenen Literaturgattungen an. Weite Teile der Bibel sind als Prosatexte geschrieben: Erzählungen, Novellen und Geschichtsdarstellungen. Es gibt aber auch zahlreiche poetische Texte: Gebete, Lieder und die entsprechenden Sammlungen, dazu weisheitliche Sinnsprüche und Lehrreden, die das Wissen ihrer Zeit ebenfalls in poetische Form kleiden. Die dritte große Literaturgattung umfasst die prophetischen Texte mit den besonderen Formen der prophetischen Rede, in der Menschen ihren Zeitgenossen Botschaften von Gott ausrichten.
Das Alte Testament ist zugleich die Heilige Schrift des Judentums, die in diesem Zusammenhang nach der Sprache, in der sie verfasst ist, »Hebräische Bibel« genannt wird. Dass sie in unserer Bibel vor dem Neuen Testament steht, zeigt auch, dass das Neue Testament auf ihr als Grundlage aufbaut.
Das Alte Testament lässt sich in drei Teile gliedern, die den verschiedenen Literaturgattungen entsprechen: Die erzählenden Bücher handeln von der Geschichte Gottes mit Israel, die sie in den Rahmen der Geschichte Gottes mit der Welt und der Menschheit stellen. Sie werden deshalb auch »geschichtliche Bücher« genannt. Unter ihnen haben die fünf Mosebücher (1. Mose/Genesis bis 5. Mose/Deuteronomium) einen besonderen Platz. Da dort Gesetze einen breiten Raum einnehmen, bezeichnet man sie auch als »Gesetz« (Hebräisch: Tora, das bedeutet »Weisung«). Die sich anschließenden Darstellungen der Geschichte Israels reichen bis ins 5. Jahrhundert v. Chr.
In den poetischen Büchern tritt der Mensch in das Gespräch mit Gott ein: Im Buch Hiob ringt er um das Verstehen von Gottes oft unbegreiflichem Willen. Im Buch der Psalmen sind Gebete zusammengestellt, die aus allen erdenklichen Lebenssituationen heraus an Gott gerichtet werden. Dazu kommen die weisheitlichen Sammlungen der Sprichwörter und des Buchs Kohelet.
Den letzten Teil des Alten Testaments bilden die prophetischen Bücher. Die Propheten sollen in Gottes Auftrag Israel daran erinnern, dass es zu Gott gehört und deshalb zum Gehorsam gegenüber seinen Geboten verpflichtet ist. Oft sehen die Propheten sich zur Kritik an den bestehenden ungerechten Verhältnissen gezwungen. Aber sie tun dies, um die Menschen zur Umkehr zu bewegen, damit Gott ihnen seine Gnade erweisen kann.
Die Botschaft von der Gnade Gottes steht auch im Zentrum des Neuen Testaments. In Jesus Christus hat Gottes Liebe zu seiner Schöpfung die Gestalt eines Menschen angenommen, der sich selbst nun der Welt und den Menschen in Liebe zuwendet. Mit seinem Kommen beginnt Gott, sein Reich in dieser Welt zu errichten. Der Weg der Liebe, den Jesus geht, führt ihn bis in den Tod – und darüber hinaus: Seine Auferstehung vom Tod ist die Grundlage für die Hoffnung, dass alle, die zu ihm gehören, auferweckt werden und in einer Welt leben dürfen, in der es kein Leid und keinen Schmerz mehr gibt.
Wie das Alte Testament gliedert sich das Neue Testament in drei Teile. Auch hier gibt es wieder geschichtliche Bücher: die vier Evangelien und die Apostelgeschichte. Sie erzählen die Geschichte von Jesus Christus, seinem Tod am Kreuz und seiner Auferstehung sowie von der Entstehung der ersten christlichen Gemeinden in Kleinasien und Europa.
Es folgen 21 Briefe, die teils von Jüngern von Jesus, teils unter ihrem Namen an verschiedene christliche Gemeinden geschrieben wurden. Die größte und wichtigste Gruppe unter ihnen ist die Sammlung von Briefen des Paulus, in denen er die Bedeutung von Jesus, seinem Tod und seiner Auferstehung für die Menschen entfaltet. Daran schließt sich eine Reihe von Briefen an, die an die Kirche insgesamt gerichtet sind und ihr helfen sollen, die Probleme und grundsätzlichen Fragen zu bewältigen, mit denen sie sich auseinandersetzen musste.
Das letzte Buch des Neuen Testaments schaut in die Zukunft: die Offenbarung an Johannes. In einer Zeit, als die Gemeinde sich schweren Bedrohungen und Verfolgung ausgesetzt sah, tröstet sie der Seher Johannes und zeigt ihr das Bild von einem neuen Himmel und einer neuen Erde, wo Gott bei den Menschen wohnen und allem Leid ein Ende bereiten wird.
Auch im Neuen Testament gibt es Lieder und Gebete, darunter so bekannte wie der Lobgesang der Maria, der untrennbar zur Weihnachtszeit gehört, oder das Vaterunser, das Jesus seinen Jüngern gab und das heute von Christen überall auf der Welt gebetet wird. Das Neue Testament enthält jedoch keine eigene Sammlung von poetischen Texten, sondern sie finden sich immer wieder in den erzählenden Schriften und auch in der Offenbarung.
Es kann anstrengend sein, die Bibel zu lesen. Es ist aber auch sehr lohnend. Die Bibel erzählt von Ereignissen, die lange vor unserer Zeit stattgefunden haben. Aber wer sich darauf einlässt, merkt schnell, dass ihre Botschaft auch heute gilt: Auch wir sind von Gott angesprochen, herausgerufen aus unserem Alltag, gefragt, wer wir sind und wie wir das Leben bestehen und gestalten wollen. Die Bibel will dabei ein verlässlicher Begleiter sein, das Fundament, auf dessen Grundlage das Leben gelingt.
Deshalb heißt diese Bibelübersetzung BasisBibel. Sie erschließt die Botschaft der Bibel durch ihre besondere Sprache, die leicht zu lesen und im Schriftbild unmittelbar umgesetzt ist. Es erinnert an ein Gedicht, bei dem jede Zeile eine eigene Sinneinheit bildet und in sich selbst steht. Wenn ein Begriff eine Erklärung braucht, findet sich diese direkt auf dem Rand der Seite. Wer mehr wissen will, kann in der BasisBibel im Internet (www.basisbibel.de) weiterführende Informationen und Lesehilfen bekommen. So ist dieses Buch eine einzige Einladung zum Lesen, zum Sich-Einlassen auf das lebendige Wort Gottes.
Die geschichtlichen Bücher erzählen die Geschichte von Gottes Wirken in der Welt. Die Darstellung beginnt mit einem weiten Horizont: der Erschaffung der Welt (1. Mose/Genesis 1,1–3,24) und den Geschichten vom Anfang der Menschheit (1. Mose/Genesis 4,1–11,32). Sie konzentriert sich jedoch bald auf die Geschichte der Israeliten. Die letzten Ereignisse, die erzählt werden, hängen mit der Rückkehr aus Babylonien zusammen, wo ein Teil der Israeliten in der Verbannung lebte.
Die geschichtlichen Bücher lassen sich in drei Gruppen einteilen. Die erste Gruppe sind die »fünf Bücher Mose« (1. Mose/Genesis bis 5. Mose/Deuteronomium). Sie sind über weite Strecken als Mitteilung Gottes an Mose gestaltet, der lange Zeit als Verfasser dieser Bücher galt. Daher kommt ihre Bezeichnung als »Bücher Mose«. Die zweite Gruppe der geschichtlichen Bücher (Josua bis 2. Könige) erzählt von den Israeliten im Land Kanaan, das ihnen von Gott zugesagt wurde. Sie verwendet das 5. Buch Mose/Deuteronomium als Maßstab für die Bewertung des Verhaltens der Israeliten im Land. Die dritte Gruppe (1. Chronik bis Ester) erzählt ebenfalls vor allem von den Israeliten in ihrem Land. Sie setzt aber einen anderen Schwerpunkt: Hier rückt das Verhältnis einzelner Herrscher zu Gott in den Blick, und die Darstellung reicht geschichtlich weiter als die der zweiten Gruppe.
Die geschichtlichen Bücher sind im Alten Testament zunächst chronologisch angeordnet, nach dem Zeitraum, von dem sie erzählen. Dazu kommt ein zweites, inhaltliches Ordnungsprinzip, das sich aus ihrer »Gattung« ergibt: Die fünf Bücher Mose heißen im Judentum »Tora«. Das bedeutet »Weisung« und meint die schriftliche und mündliche Mitteilung von Gottes Willen. Diese fünf Bücher enthalten grundlegende Inhalte, die in der gesamten Bibel aufgegriffen werden. In ihren Darstellungen wechseln sich Erzählungen mit Gesetzestexten ab. Die Gesetzestexte bieten eine Orientierung, wie Menschen mit Gott in Kontakt treten und auf sein Handeln reagieren können. Sie werden von Gott zuerst den Israeliten gegeben, aber durch die Erzählungen wird auch deutlich, dass sie zur Orientierung für alle Menschen dienen können. Sie lassen sich als »Gebot der Liebe zu Gott« (5. Mose/Deuteronomium 6,4-5) und »Gebot der Liebe zum Nächsten« (3. Mose/Levitikus 19,18; vgl. Markus 12,28-31) zusammenfassen. Es ist Mose, der nach diesen Texten den Willen Gottes an die Israeliten übermittelt. Die Figur des Mose ist innerhalb des Alten Testaments einzigartig. 5. Mose/Deuteronomium 34,10 sagt, dass seine Nähe zu Gott von niemandem übertroffen wird. Selbst die Propheten, die verkünden, was Gott in bestimmten Situationen zu sagen hat, begegnen Gott nicht so direkt wie Mose. Propheten wie Elija und Elischa (beispielsweise 1. Könige 17–18) spielen dann in der Darstellung der zweiten Buchgruppe eine wichtige Rolle. Dort zeigt sich an der Geschichte des Volkes Israel, wie das Leben mit der grundlegenden »Weisung« aus den fünf Büchern Mose, gelingt – oder misslingt. So machen diese Bücher bis heute anschaulich, wie Gott in der Welt wirkt. Das gilt, mit etwas anderen Akzentsetzungen, auch für die dritte Gruppe von Büchern (1. Chronik bis Ester).
Wenn es darin um eine Bewertung der Geschichte geht, wird die Vorstellung von einem »Bund« zwischen Gott und Menschen wichtig. Dieser »Bund« ist am Anfang eine Zusage, ein Versprechen Gottes. Er gibt es Noah (1. Mose/Genesis 9,1-17), Abraham und Sara (1. Mose/Genesis 15) und Jakob (1. Mose/Genesis 32,23-33). Das 5. Buch Mose/Deuteronomium beschreibt den »Bund« dann als eine wechselseitige Verpflichtung zwischen Gott und den Israeliten (5. Mose/Deuteronomium 7,6-10). Von da an gilt: Wenn die Israeliten die Regeln des Bundes befolgen, geht es ihnen gut. Wenn sie davon abweichen, geht es ihnen schlecht. Am Ende bleibt Gott seinem Volk Israel aber selbst dann noch zugewandt, wenn es den Bund immer wieder bricht: Nachdem ihr Königreich, ihre Hauptstadt und der von Salomo gebaute Tempel zerstört worden sind, müssen viele Israeliten zwar in die Verbannung nach Babylonien. Aber nach einiger Zeit dürfen sie in ihre Heimat zurückkehren und neu beginnen.
Den verschiedenen Erzählbögen, die die geschichtlichen Bücher miteinander verbinden, entsprechen unterschiedliche Schwerpunkte. Im Zusammenhang mit diesen Schwerpunkten ändert sich die Bezeichnung für die Israeliten: Durch die Befreiung aus Ägypten (2. Mose/Exodus 7,8–15,21) werden sie zum »Volk Gottes«. Mit der Gründung eines Königreichs (1. Samuel und 2. Samuel) wird die politische Abgrenzung relevant, und die Israeliten erscheinen als »Volk Israel« inmitten ihrer Nachbarn. Dieses Königreich wird geteilt, und die beiden Teile erhalten die Namen »Israel« (Nordreich) und »Juda« (Südreich). Als König Nebukadnezzar II. von Babylonien die Stadt Jerusalem im Südreich Juda und den Tempel zerstört und einen Teil der Bewohner, die nach dem Namen des Landes »Judäer« heißen, in die Verbannung verschleppt, wird ihr religiöser Zusammenhalt wichtiger: Die Menschen, die aus Babylonien nach Jerusalem zurückkehren, sind von nun an die Glaubensgemeinschaft der »Juden«. Aus dieser Gemeinschaft kommen im Neuen Testament dann auch Jesus Christus und die ersten Menschen, die an ihn glauben.
Von der Erschaffung der Welt und der Menschen 1. Mose/Genesis 1,1–3,24
Jenseits vom Garten Eden 1. Mose/Genesis 4,1–6,4
Noah und die Sintflut 1. Mose/Genesis 6,5–9,29
Die Völker in der Welt 1. Mose/Genesis 10,1–11,32
Abraham zieht in das Land Kanaan 1. Mose/Genesis 12,1–14,24
Gottes Bund und Verheißung 1. Mose/Genesis 15,1–18,15
Die Rettung Lots, Abraham und Sara in Gerar 1. Mose/Genesis 18,16–20,18
Isaak und Ismael, Kauf einer Grabstätte für Sara 1. Mose/Genesis 21,1–23,20
Isaaks Hochzeit und Abrahams Tod 1. Mose/Genesis 24,1–25,34
Isaak im Land der Philister 1. Mose/Genesis 26,1-35
Jakob erschleicht sich den Segen seines Vaters 1. Mose/Genesis 27,1-46
Jakob auf der Flucht 1. Mose/Genesis 28,1-22
Jakob bei seinem Onkel Laban 1. Mose/Genesis 29,1–31,54
Jakob versöhnt sich mit Esau 1. Mose/Genesis 32,1–33,20
Jakobs Tochter wird vergewaltigt 1. Mose/Genesis 34,1-31
Jakob kehrt zu seinem Vater zurück 1. Mose/Genesis 35,1-29
Esaus Familie und Nachkommen 1. Mose/Genesis 36,1-43
Josefs Träume und die Folgen 1. Mose/Genesis 37,1-36
Die Familiengeschichte von Juda 1. Mose/Genesis 38,1-30
Vom Gefangenen zum königlichen Beamten 1. Mose/Genesis 39,1–41,57
Josefs Brüder kommen nach Ägypten 1. Mose/Genesis 42,1–47,26
Jakobs letzter Wille und sein Tod 1. Mose/Genesis 47,27–50,26
In der griechischen und lateinischen Übersetzung der Bibel trägt das 1. Buch Mose den Namen »Genesis«. Das Wort bedeutet »Ursprung« oder »Entstehung«. Die ersten Worte des Buches, zugleich die ersten Worte der Bibel, sind Programm: »am Anfang« (1,1). Denn das 1. Buch Mose/Genesis erzählt von zwei Anfängen: von der Entstehung der ganzen Welt als Schöpfung Gottes und von der Herkunft des Volkes Israel.
Das 1. Buch Mose/Genesis gliedert sich nach seinen großen Themen. In den Kapiteln 1–11 ist von der Schöpfung und der »Urgeschichte« der Menschheit die Rede. Ab Kapitel 12 geht es um die Vorfahren der Israeliten: Kapitel 12–26 erzählen die Geschichte von Abraham, Sara und ihren Kindern. Kapitel 27–36 handeln von Jakob, der dann den Namen »Israel« erhält (32,23-33), und die Kapitel 37–50 erzählen die Geschichte von Jakobs Söhnen: Josef und seinen Brüdern.
Die Erzählungen von der Schöpfung beschreiben die Anfänge der Welt und der Menschheit. Sie vermitteln ein grundlegendes Bekenntnis des Glaubens: Die ganze Welt, so wie sie ist, ist Gottes Werk. Gott hat die Welt in einer bestimmten Ordnung geschaffen, und ohne diese Ordnung ist kein Leben möglich. Besonders deutlich wird das in der ersten Schöpfungserzählung (1,1–2,4). Gott schafft durch sein Wort die Ordnung von Zeit (Tag und Nacht) und Raum (Land und Meer). Entsprechend sind auch die vielen Namenslisten zu verstehen, die neben den Erzählungen im 1. Buch Mose/Genesis enthalten sind (beispielsweise 1. Mose/Genesis 10): Die Listen gliedern und ordnen die Geschichte der Menschen und führen sie so auf Gott zurück. Schon in der zweiten Schöpfungserzählung (2,4–3,24) zeigt sich aber auch ein anderer Gesichtspunkt: eine grundlegende Spannung zwischen der von Gott geschaffenen Ordnung und der Freiheit des Menschen, diese Ordnung zu missachten. Die übrigen Geschichten im ersten Teil des Buches erzählen vom Leben in dieser Spannung und davon, dass Gott den Menschen trotzdem beisteht. Gott gibt den Menschen selbst dann nicht auf, wenn er seine Ordnung verlässt. Die Geschichte von Noah und der Sintflut (6,5–9,29) enthält Gottes Versprechen: »Nie wieder will ich alles Lebendige so schwer bestrafen« (1. Mose/Genesis 8,21).
»Versprechen« (oder Verheißung) ist dann das große Thema der Erzeltern-Geschichten. »Erzeltern« werden die Vorfahren der Israeliten genannt. Verschiedene Erzählungen von den Anfängen des Volkes Israel sind darin zu einer »Familiengeschichte« zusammengestellt. Ihnen gemeinsam ist die Erfahrung, dass Gott Zusagen macht und diese erfüllt. Abraham und Sara erhalten von Gott das Versprechen, Vorfahren eines großen Volkes zu werden, das ein eigenes Land besitzt. Wegen dieses Versprechens verlassen sie ihre Heimat (12,1-9). Gott weitet das Versprechen zu einem Bund aus: Er verpflichtet sich selbst dazu, den Nachkommen von Abraham und Sara Sicherheit zu verschaffen (15). Abraham und Sara müssen nichts dafür tun, außer den Zusagen Gottes zu vertrauen. In den Geschichten um Jakob, den Enkel von Abraham, kommt der Gedanke hinzu, dass Gottes Schutz und Beistand, sein »Segen«, als materieller Wohlstand, Gesundheit und Fruchtbarkeit sichtbar werden. Jakob fordert diesen »Segen« aktiv ein und erhält auch deswegen den neuen Namen »Israel« (32,23-33). Schließlich wird Jakob oder »Israel« Vater von zwölf Söhnen, die als »Stammväter« des Volkes Israel gelten (35,21-26), das sich als Verband aus zwölf Stämmen versteht.
Der Gegensatz zwischen menschlichen Plänen und göttlichem Willen bestimmt wiederum die Geschichte von Josef, einem von Jakobs Söhnen. Seine Geschichte beginnt mit dem Neid seiner Brüder (37,12-36), der dazu führt, dass Jakob und seine Familie nach Ägypten gelangen (46). Dort wird die Erzählung des 2. Buch Mose/Exodus ihren Anfang nehmen. Josef rettet seine Familie durch seine Klugheit vor einer Hungersnot (41,47-57). Das 1. Buch Mose/Genesis endet mit der Einsicht, dass Gott das Geschehen nach seinem Willen zum Guten führt: »Ihr hattet Böses für mich geplant. Aber Gott hat es zum Guten gewendet«, sagt Josef am Schluss des Buches zu seinen Brüdern (50,20).
Wann und wie genau das Buch entstanden ist, lässt sich nicht feststellen. Sicher scheint nur, dass der Text nicht am Stück geschrieben, sondern aus verschiedenen Geschichten und Beiträgen zu einer Erzählfolge zusammengestellt wurde. An einigen Stellen ist das noch gut erkennbar: Die Schöpfung durch Gott wird zwei Mal erzählt (1,1–2,4 und 2,4–3,24), ebenso der Bundesschluss zwischen Gott und Abraham (15 und 17).
Die Themen des 1. Buch Mose/Genesis sind so grundlegend, dass sie immer wieder aufgegriffen und verarbeitet wurden, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Bibel. Die Versprechen (oder Verheißungen), die Gott Abraham, Sara und später ihren Nachkommen gibt, werden im Verlauf der Erzählungen der geschichtlichen Bücher schrittweise eingelöst: Die Israeliten als »Nachkommen« Abrahams und Jakobs werden ein großes Volk (2. Mose/Exodus) und erobern ein Land, in dem sie leben können (Josua). Im Neuen Testament sieht Paulus in Abraham ein Vorbild im Glauben (Römer 4).
6 Gott sprach:
9 Gott sprach:
11 Gott sprach:
14 Gott sprach:
20 Gott sprach:
24 Gott sprach:
26 Gott sprach:
29 Gott sprach:
8 Dann legte Gott der HERR einen Garten an –
10 In Eden entspringt ein Strom,
15 Gott der HERR nahm den Menschen
18 Gott der HERR sprach:
21 Da versetzte Gott der HERR
8 Als am Abend ein kühler Wind blies,
14 Da sagte Gott der HERR zur Schlange:
16 Zur Frau sagte er:
20 Der Mensch, Adam, gab seiner Frau den Namen Eva,
3 Eines Tages brachte Kain dem HERRN
8 Kain sagte zu seinem Bruder Abel:
»Ada und Zilla, hört mir gut zu!
Ihr Frauen Lamechs, merkt euch meine Worte!
Ich erschlage den Mann, der mich verwundet.
Ich erschlage das Kind, das mich schlägt.
24 Wird Kain siebenmal gerächt,
soll Lamech siebenundsiebzigmal gerächt werden.«