1. Auflage 2020
Herstellung und Verlag
BoD-Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783750490352
Am besten
wirft man sie klammheimlich
bei Wahlen
in aufgestellte Urnen
Ein toller Trick
von Isländern erfunden
So werden sie
als Beipackzettel
gelesen und bejubelt
von Hand zu Hand gereicht
die Runde machen
Und am Abend
nach dem Zählen
feiert man in den Lokalen
die anonymen Schöpfer
ihre mündigen Kritiken
die beweisen
dass Leben bunter ist
als eingängige Parolen
der sogenannten Volksvertreter
die blutlos
von Plakaten lächeln
gebunden an Laternenpfähle
oder Bäume
Ratten sind nicht schuld
am Unheil in der Welt
wenn sie aus ihren Löchern kriechen
nach prallen Speichern fahnden
und ihren Teil vom Kuchen wollen
Auch Flöhe sind nicht schuld
am Unheil in der Welt
Blutsauger gibt es unter allen Völkern
die in blinder Lebensgier
nur an sich selber denken
Schuld ist allein die Pest
resistent gegen Wahrheit
ein Wechselbalg
der sich als Engel tarnt
Wohlergehn verspricht
und Katastrophen bringt
mit populistischen Parolen
schamlos lügt
Schuld ist allein die Pest
die uns verführt
ihr süßes Gift zu schlucken
um dann gedopt und infiziert
Hurra und Heil zu schreien
als wären wir geheilt
weben überall ihre Netze
als wollten sie
die ganze Welt
in Fesseln legen
aber sie sind Künstler
keine Bösewichter
die von ihren Werken
sogar leben können
Wenn Altweibersommer
Diamantentau
in ihre Netze hängt
und sie im Frühlicht
wie Geschmeide funkeln
laden sie uns
als auserwählte Gäste
zur Vernissage
um ihre Webkunst
zu bewundern
Und manche glauben
dass sie nächtens
sogar Träume fangen
und uns an Stirn
und Wimpern heften
wenn wir schlafen
auf meinen Rasenknecht
Bald wird er
Gras Moos und Kräutern
Façon verleihn im Garten
klaglos und autonom
sogar wenn ich verreise
Ich werde mir ein Beispiel nehmen
an seiner Gründlichkeit
die Hast nicht kennt
Ladepausen gestattet
um dann stoisch
auch bei schlechtem Wetter
selbstverständlich seinen Dienst zu tun
Am Fenster werd ich
seine Wege kontrollieren
genüsslich in der Stube
meinen Kaffee schlürfen
ohne schlechtes Gewissen
dass er ein Knecht ist
und ich sein Herr
der ihn allerdings
zugegebnermaßen
von Zeit zu Zeit im Rollentausch
gründlich putzt
und seine Klingen wechselt
tauft diesen Tag
bevor Sonne
Nebelschleier lüftet
schenkt Hoffnung
und Vertrauen
dass nicht aufhören wird
Tag und Nacht
Saat und Ernte
Damals versprochen
einsichtig und gnädig
Sangesbruder Rabe
Lass lauthals deine
Stimme erschallen
als Weckruf
der in die Glieder fährt
Ich applaudiere
wenn du das Schweigen
im Walde brichst
schon zu früher Stunde
denn von dir
lerne ich gern
großer Meister
wie Protestlieder klingen
Als wären Sterne
vom Himmel gefallen
liegen Blätter im Moos
wie Abschied
und Fersengeld
wenn der Wald
Nacht
aus den Wipfeln schüttelt
und Tau
von den Zweigen
Weck mich
wenn Wildgänse
hier bin ich
wo bist du rufen
und Perlenketten
in den Himmel spannen
Weck mich
unbedingt
damit ich
keines dieser Wunder
versäume
und mundtot
von Novemberdunkelgrau
süchtig
nach Licht und Farbe
warte ich auf Erleuchtung
auf ein Wecksignal
zum Ausbruch
aus Einzelhaft
und Schweigen
auf einen Troubadour
vielleicht
bunt gewandet
der mir Lieder singt
von Menschen
die trotz Nacht und Nebel
Wege suchen
ins Sonnenland
überall auf unsern Wegen
Kieselsteine
die übers Wasser hüpfen können
Stolpersteine
die wir fatalerweise übersehen
Felsgestein
auf dem wir sicher Häuser bauen
Wurfgeschosse kollektiver Wut
Mahnmahle gegen das Vergessen
Grabsteine
Beweise unsrer Endlichkeit
Und als ständiger Begleiter
der Eckstein
den Bauleute verwarfen
der unsre Schuld trägt
Wege ebnet
in die goldne Stadt
die herabkommt
geschmückt wie eine Braut
mit Edelsteinen
strahlend schön
Wiederkunft und Gericht
bleiben bis auf weiteres
vertagt
Bis dato
keine besonderen Vorkommnisse
weiterhin Krieg und Kriegsgeschrei
falsche Propheten
Scharlatane
Hungersnöte
Sonne strahlt
Mond nimmt ab und wieder zu
Sterne stürzen nicht
vom Himmel
Ungewissheit bleibt
ob in der Nacht
des Weltenendes
der Ölvorrat reicht