Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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© 2014 Fritz Richter
Umschlagdesign, Satz, Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-7357-1598-2
Für Annegret
Liebe Leserin, lieber Leser!
Seit 2000 Jahren wird im Abendland aus der Frucht der Kulturrebe Vitis vinifera Wein gemacht. In Deutschland gibt es rund 70000 Winzer, die auf etwa 100000 Hektar Wein anbauen und durchschnittlich 10 Millionen Hektoliter jährlich ernten. Das müsste doch ausreichen. Was aber bringt in unseren Tagen ganz normale Menschen – darunter Prinzen, Malermeister, Steinbildhauer, Mediziner oder aufmüpfige Winzersöhne – dazu, ihren eigenen Wein zu machen? Ich habe sie einfach persönlich gefragt, auf Reisen durch die deutschen Weinregionen. Entstanden ist ein Buch über außergewöhnliche Winzerkarrieren, über Seiteneinsteiger und Spätberufene, die häufig Bio-Winzer sind. Die so entstandenen Portraits sind textbasiert, also kein »Häppchen-Journalismus«. Überdies wurden die Fakten mit manchen Assoziationen verknüpft. Bilder ergänzen die Texte.
Die Auswahl der Kandidaten erfolgte höchst subjektiv. Allerdings habe ich als Korrespondent des »Badischen Weinmagazins« manche Anregung bekommen. In den allermeisten Fällen wird deutlich, dass die Verwirklichung des Traumberufs Winzer mit erheblichen Anstrengungen verbunden ist. Wenn kein Vermögen oder Sponsor zur Verfügung steht, heißt das gelegentlich Selbstausbeutung. Oft sind auch eine bezahlte Nebentätigkeit und die Hilfe der Familie nötig.
Ein Kapitel ergänzt die Winzerportraits: Wer nicht Winzer werden will, könnte einen anderen weinnahen Beruf anstreben: Sommelier bzw. Sommelière. Die Voraussetzungen dafür werden im abschließenden Bericht mit dem Titel »Keine Animateure für Trinker« dargestellt.
Viel Spaß beim Lesen!
Blauer Spätburgunder
Ein Sparkassenlehrling wird zweitgrößter Privatwinzer Badens
Es ist kein Märchen, dass aus einem Sparkassenlehrling der zweitgrößte private Winzer Badens wurde. »Das war Zufall«, sagt der Unternehmer Heinz Heiler aus dem nördlich von Karlsruhe liegenden Kirrlach, das heute zur Stadt Waghäusel gehört. Wir trafen ihn zum Gespräch auf der Terrasse seines Weingutes Heitlinger in Östringen-Tiefenbach. Zu seiner GmbH gehört weiterhin das Weingut Burg Ravensburg in Sulzfeld und das Restaurant im Weingut Heitlinger. Als Weißer Ritter hat er das – im Kraichgau berühmte – insolvente Weingut Heitlinger vor dem Abstieg in die Bedeutungslosigkeit bewahrt.
Überhaupt sei sein ganzer Werdegang eine Folge von Zufällen gewesen. Auch seine Winzerkarriere. Im Jahr 1992 wurde er bei einem Empfang des Lionsclub Waghäusel vom Östringer Bürgermeister gefragt, ob er sich am Golfplatz in Tiefenbach beteiligen wolle. Als Golfer ein Spätberufener (von englischen Touristen bei einem Urlaub in Spanien in die Geheimnisse der edlen Sportart eingeweiht), stieg er zunächst mit 50 Prozent, 1995 zu 100 Prozent ein. Und das Weingut?
Heinz Heiler und Katharina Zimmer, Badische Weinkönigin 2013.
Heitlingers Wein trank der Golfer und erfolgreiche Bauunternehmer damals im »Restaurant Heitlinger« gegenüber dem Golfplatz. Seine Geschäftskunden erhielten zu Weihnachten Präsente aus dem überregional bekannten Weingut. Andere Verbindungen gab es nicht, außer, dass seine Baufirma den Neubau des Weingutes Heitlinger errichtet hatte. Gegründet wurde es im Jahr 1960 von Albert Heitlinger. Der Metzgermeister betrieb in Tiefenbach die Gastwirtschaft »Zum Ochsen«.
Einen rasanten Aufstieg erlebte das Weingut ab 1972 in zweiter Generation mit Sohn Erhard. 1989 hat er im Kraichgau das Barrique-Zeitalter eingeläutet. In der Weinbranche wegen seiner Experimentierfreude als Enfant terrible bekannt, fanden seine Weine aber bundesweit selbst in der Spitzengastronomie Anerkennung. Am Ende drehte er jedoch geschäftlich ein zu großes Rad. Aus der Besenwirtschaft in Tiefenbach war 1997 durch eine Acht-Millionen-Euro-Investition von SAP-Mitgründer Klaus Tschira in neue Produktionsanlagen und in ein Weinforum (Restaurant und Kulturbühne) ein Gebilde entstanden, das sich finanziell nicht trug. Nach dem Ausstieg Tschiras musste Erhard Heitlinger 2003 den Gang zum Amtsgericht antreten und Insolvenz anmelden.
Nun dümpelte das Weingut unter den Insolvenzverwaltern Peter Depré und Dr. Heinrike Maier, Mannheim, dahin. Heitlinger-Weine wurden von Weinkennern nicht mehr wahrgenommen. Die Unternehmer Barry Green (Wirtschaftsprüfer) und Klaus Vogel (Anwalt), unter anderem in ihrer Zuger Heimat mit dem Halten und Verwalten von Beteiligungen beschäftigt, bedeuteten den Neuanfang. Zufällig spielten sie mit Heinz Heiler Golf und dienten ihm eine Drittel-Beteiligung an, allerdings ohne operative Verantwortung.
Aber ohne Seele funktioniert noch nicht einmal Milchgeschäft und schon gar nicht ein Weingut. Heiler merkt schnell, dass mit Geschäftsführung und demotivierter Mannschaft kein Blumentopf zu gewinnen ist – und dass er selbst das Sagen haben müsse. So übernimmt er das Weingut Heitlinger zu 100 Prozent.
Die erste Maßnahme war die Installierung eines kompetenten Geschäftsführers. Er fragt 2008 den damaligen Vorsitzenden des VDP Baden, Claus Burmeister, nach geeigneten Kandidaten. Der ist Verwalter des dem Freiherren von Göler gehörenden Weingutes Burg Ravensburg im nahen Sulzfeld. Der Angesprochene zeigt selbst Interesse. Heiler spricht mit den von Gölers und es gelingt ihm außerdem, das Sulzfelder Weingut zu pachten. So übernimmt der 40-jährige Weinbetriebswirt Burmeister am 1. Januar 2009 die Geschäftsführung der Weingut Heitlinger GmbH. Unter deren Dach entsteht mit 85 Hektar Rebfläche das zweitgrößte private Weingut Badens. Nummer eins ist der Markgraf von Baden in Salem. Aber der hat seinen Besitz ererbt.
Wer ist dieser Heinz Heiler, der einen Golfplatz und Weingüter kauft (inzwischen auch das Weingut Burg Ravensburg, allerdings ohne das alte Gemäuer), Bauunternehmer und Hotelketten-Miteigentümer ist und sich ehrenamtlich in zahlreichen berufsständigen und wissenschaftlichen Gremien engagiert?
Für den jungen Heinz stellt sich in den Nachkriegsjahren nach der Schulzeit die Frage: Was tun? Der Vater ist in Russland gefallen, die Mutter betreibt das Damen- und Herrenfriseurgeschäft weiter und die Zeiten sind 1954 schwer. Der grandiose Sieg der deutschen Fußballer im Berner Wankdorfstadion schafft etwas Selbstbewusstsein. Durch Zufall hört der 14-Jährige von der Möglichkeit, an der Höheren Handelsschule in Schwetzingen eine Aufnahmeprüfung für Nachzügler zu machen. Von sechs Aspiranten besteht er als Einziger die Zulassungsprüfung. Nach zwei Jahren folgt ein guter Abschluss. Der Junge muss fleißig gewesen sein: In Stenografie beherrschte er 150 Silben pro Minute.
Damit hätte er Parlamentsstenograf werden können – theoretisch. Er wird aber Sparkassenlehrling. In Mannheim unter 200 Bewerbern ausgewählt, ist er nicht nur fleißig, sondern auch karrierebewusst. Das Ziel des Bankkaufmanns nach drei Jahren Lehrzeit: Sparkassendirektor. Das Zeug dazu hätte er gehabt – auf einer langen Ochsentour. Nicht Heilers Sache, schade! Er hätte bei der Sparkasse Mannheim später ein Desaster verhindern können. In den Jahren 1993 bis 1996 blähte sich deren Kreditvolumen (für Luxushotelpläne und eine marode Puddingfabrikation) derartig auf, dass der Feuerwehrfonds des Deutschen Sparkassenverbandes (der regionale Badische Verband konnte es nicht mehr allein stemmen) und die Stadt Mannheim mit Millionenbürgschaften einspringen mussten.
Weingut Heitlinger — Geschäftsgebäude in Östringen-Tiefenbach.
Heiler arbeitet von 1956 bis 1959 bei der Sparkasse. Mündelsichere Einlagen auf einer Zweigstelle entgegenzunehmen oder Sparkassenbriefe zu verkaufen, ist nicht sehr aufregend. Er geht. Schon 1963, mit 23, ist er Leiter der Wertpapierabteilung bei der Bank für Gemeinwirtschaft, Filiale Mannheim. Ihm wird Prokura versprochen. Mit 26 Bankprokurist, das geht über die Vorstellungskraft seiner Oberen. Das Versprechen wird gebrochen. Heiler kündigt auf der Stelle.
Mitte der 60er Jahre macht er sich – inzwischen IHK-geprüfter Bilanzbuchhalter und mit dem Abschlussdiplom der Bankakademie Wiesbaden versehen – mit einer Vermögensberatungsfirma selbstständig. Die Rahmenbedingungen sind nicht die besten nach der Wirtschaftswunderzeit: Ludwig Erhard als Bundeskanzler zurückgetreten, 68er-Revolte, Notstandsgesetze, Bretton-Woods-System perdu, DM-Aufwertung, Ölschock – kein gutes Klima für Geldanleger.
Aber da ist auch noch die 1963 gegründete Betonbau Waghäusel – Spezialist für die Fabrikation von Trafostationen. 1975 steigt Heiler zunächst zu einem Drittel, später zu 100 Prozent ein. Die Firma hatte damals 200 Mitarbeiter und beschäftigt heute in fünf Werken über 1000 Mitarbeiter, weil Heiler konsequent eine Marktlücke ausbaut. Die Betonbau Gruppe ist heute Partner aller Energieversorger und fungiert als Systemlieferant für Schalthäuser, Trafostationen, Kompaktstationen und Schachtbauwerke bis hin zu komplett anschlussfertigen Technikgebäuden.
Im Jahr 2006 beteiligt sich die Schwenk Zement KG an der Betonbau und übernimmt 2008 75 Prozent. Der Erlös muss angelegt werden. Heiler verstärkt sein Engagement bei der Motel One AG.
Motel One positioniert sich mit Low-Budget-Hotels im Zwei-Sterne-Segment. Heiler sitzt im Aufsichtsrat der schnell wachsenden Gruppe, er erläutert zufrieden das Konzept des Unternehmens:
16 Quadratmeter misst ein Zimmer. Es gibt keinen Schrank, keinen Safe, keine Minibar, keinen Zimmerservice und kein Telefon. Frühstück wird extra berechnet, wer eincheckt, muss gleich bezahlen. Es funktioniere gut, weil der Betrieb straff organisiert sei und nur wenige Mitarbeiter brauche. Kleinere Betriebe könnten das nicht leisten, vor allem private Zwei-Sterne-Hotels sähen in Motel One eine Gefahr für ihre Existenz. Heiler betont die Auszeichnung als »Bestes Budget Hotel 2012«, also das »Triple A« für die gegenwärtig 40 Häuser. In nur zehn Jahren wuchs die Belegschaft auf über 1000 Mitarbeiter an. Die Zimmerauslastung liegt bei gut 70 Prozent. 23 weitere Hotels sind in Planung. Motel One will die europäischen Hauptstädte erobern, wie Wien, London, Edinburgh. Bis 2016 soll die Kette 120 Hotels mit 26000 Zimmern haben, 40 Prozent davon im Ausland. »Ein nationaler Player hat in diesem Gewerbe keine Chance«, sagt das Aufsichtsratsmitglied.
Heinz Heiler bei der Grundsteinlegung seines Hotels.
Heinz Heiler ist im Schumpeter’schen Sinn ein dynamischer Unternehmer, kein Investor, dem es nur um Gewinnmaximierung geht. Dafür stehen seine Ehrenämter. Er ist Inhaber des Ehrenringes des Deutschen Baugewerbes und Ehrensenator der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft. Die sich dahinter verbergenden Mitgliedschaften sowie Vorsitzenden- und Präsidentenposten in Ehrenämtern der Bauwirtschaft und an Hochschulen kann man gar nicht alle aufzählen. Dass so ein Mann bei der Sanierung eines Weingutes nicht nur das Scheckbuch zückt, sondern sich auch genauer fürs Geschäft interessiert, ist selbstverständlich.
Das ist auch ratsam, weil die Wende in Tiefenbach im Kraichgau in der Weingüter Heitlinger & Burg Ravensburg GmbH einen Betrag kostet, für den »eine niedrige zweistellige Millionensumme nicht ausreicht«. Mit der Übernahme der beiden Weingüter Heitlinger und Burg Ravensburg ist es ja nicht getan. Die Betriebsphilosophie: Höchste Qualität der Weine beider Güter. Heiler: »Wir wollen die Bedingungen, die die Natur vorgibt, so perfekt wie möglich nutzen.« Mit dem Jahrgang 2010 wurden beide Betriebe auf ökologischen Weinbau umgestellt. Damit ist der Betrieb mit seinen knapp 90 Hektar Rebfläche das größte ökologisch arbeitende Weingut in Deutschland.
Das erfordert optimale Voraussetzungen für die Verarbeitung der Trauben. Die Firma Sauter-Bau, Mannheim und Philippsburg, hat 2012 mit Hochdruck den 1 600 Quadratmeter großen Neubau einer Produktions- und Lagerhalle im rückwärtigen Hof des Weinguts in Tiefenbach errichtet. Hier sind die Traubenverarbeitung mit Pressen sowie das Flaschenlager entstanden. Das Bestandsgebäude wurde zu einem modernen Gär- und Lagerkeller mit 480 Quadratmeter Grundfläche und einer Kapazität von einer Million Liter umgebaut. Die Verdoppelung des Holzfass- und Barriquefasskellers auf 550 Quadratmeter Grundfläche schaffte Raum für 600 Barriques und 20 Holzfässer. »Bis zum Herbst muss alles fertig sein, wenn nicht, dann wird Tag und Nacht gearbeitet«, hatte seinerzeit der ansonsten umgänglich-humorvolle (»Ich bin Winzerlehrling im dritten Lehrjahr.«) Weingutsbesitzer knallhart formuliert. Der Neu- und Ausbau ermöglichte den Auszug aus den alten Räumlichkeiten in Sulzfeld. Mit den deutlich vergrößerten Kapazitäten konnte nun der gesamte Betrieb in Tiefenbach zusammengelegt werden. Neben den Rationalisierungseffekten bedeutete das auch die Chance zu weiteren Qualitätsverbesserungen.
Zahlreiche Weine der Weingüter Heitlinger und Burg Ravensburg sind national und international prämiert worden. Die erdgeschichtlich jüngeren Böden im Weingut Heitlinger bringen fruchtige Weine hervor und repräsentieren so den modernen Weinstil. Hier gibt die Natur bunten Mergel (was sonst nur noch im Jura, in Burgund und im Rôhnetal vorkommt) und Lösboden vor. Auf buntem Mergel wachsen bei Heitlinger fruchtig-mineralische Weine, besonders in den großen Lagen Spiegelberg, Kapelle, Königsbecher und Schellenbrunnen. Bei den Rebsorten dominieren die Burgundersorten Spätburgunder, Weißburgunder, Grauburgunder und Auxerrois mit einem Anteil von 70 Prozent. Bei einem Durchschnittsertrag von 55 Hektolitern, geerntet in Handlese, umfasst die Jahresproduktion 300000 Flaschen, bei beiden Weingütern mehr als 500000 Flaschen.
Die Weine sprechen eher junge, genussorientierte Menschen sowie an außergewöhlichen Cuvées interessierte Kenner an. Dem »weltläufigen« Publikum wird der Wein in farblich abgestimmten Flaschen mit moderner Ausstattung verkauft. So befindet sich auf den von der Stuttgarter Werbeagentur Beaufort 8 entwickelten Etiketten ein variiertes »H«. Dafür wurde das Weingut 2010 vom Deutschen Weininstitut (DWI ) mit dem »iF-Design Award« und dem ersten Preis für das Corporate Design ausgezeichnet. Für die Rebsorten werden die französischen Bezeichnungen verwendet. Den Pinot Gris, den der Verfasser mit größtem Genuss getrunken hat, ziert zusätzlich die Bezeichnung »Spicy Stone«, um die herrliche mineralische Note anzudeuten. Der 2009er Königsbecher Pinot Noir Große Lage wurde bei einer Verkostung von 380 erstklassigen Spätburgundern aus zehn Ländern, die 2011 auf Initiative des DWI in London stattfand, unter die zehn besten eingereiht.
Das Weingut Burg Ravensburg produziert auf mineralstoffreichen Gipskeuperböden primär traditionelle Terroir-betonte Spitzenweine. Die Liebhaber der Große-Gewächs-Lagen Dicker Franz, Husarenkappe und Löchle vom Weingut Burg Ravensburg beeindrucken den klassischen Weintrinker. Man trinkt ihn in dem Gedanken, dass unterhalb der Ravensburg schon seit dem Jahr 1251 Weinbau betrieben wird. Hier wachsen zu 50 Prozent Riesling, zu 30 Prozent Lemberger und zu 15 Prozent Spätburgunder. Der Rest: Trollinger, Weißburgunder und Grauburgunder. Seit Jahren wird das international bekannte Traditionsweingut mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht. Der 2008er Burg Ravensburg Lemberger wurde 2010 von der Zeitschrift »Weinwirtschaft« unter die drei besten Rotweine im Bereich Fachhandel / Gastronomie eingestuft. Für den »Gault Millau« ist die 2010er Husarenkappe Riesling Große Lage mit 91 Punkten jahrgangsbester Riesling in Baden.
Das Restaurant des Weingutes Heitlinger bewertet der »Gault Millau« mit 13 Punkten für Neueinsteiger. Küchenchef Jürgen Hanser bietet zu den Weinen beider Weingüter eine an regionalen Produkten ausgerichtete, gehobene Landhausküche. Sie können auch in der angeschlossenen Weinstube und Lounge probiert werden. Zum modernen Ambiente passt das jugendliche Personal im »Restaurant Heitlinger«, das außerhalb der Essenszeiten eine Vesperkarte vorhält. Es bietet auch den Golfspielern von gegenüber Stärkungsmöglichkei-ten und steht für verschiedene Events zur Verfügung.
Meisterkoch Eckart Witzigmann mit Mannschaft kochte das Ehrendinner für Prinz Charles
Ehrendinner für Prinz Charles: 2009er Corvus Lemberger vom Weingut Burg Ravensburg zum „Duo vom Boeuf de Hohenlohe“
Eine doppelte Ehre wurde dem Weingut und dem Küchenchef Anfang 2013 zuteil. Im Anschluss an eine Konferenz über Ökolandbau und regionale Lebensmittel im Hohenlohischen, der Prinz Charles mit seiner Teilnahme höchste Aufmerksamkeit verschaffte, war der britische Thronfolger Gast seiner Verwandten auf Schloss Langenburg. Starkoch Eckart Witzigmann, für das Ehrendinner verantwortlich, unterstützt von mehreren Sterneköchen und auch von Jürgen Hanser, wählte beim regional orientierten Menü zum »Duo vom Boeuf de Hohenlohe mit Filderkraut und Bubenspitzle« einen 2009er Corvus Lemberger des Weinguts Burg Ravensburg aus.
Seit Januar 2012 sind die beiden Weingüter Heitlinger und Burg Ravensburg wieder in den erlauchten Kreis der VDP-Weingüter zurückgekehrt. Der VDP begründet das mit der seit Jahren steigenden Weinqualität und mit dem großen Engagement für die Erhaltung aufwändig zu bewirtschaftender Lagen sowie der Förderung des Berufsstandes. Nach den Eigentümerwechseln war nach den Verbandsstatuten 2003 beim Weingut Heitlinger und 2009 beim Weingut Ravensburg die Mitgliedschaft erloschen.
Die Dynamik des Unternehmers Heinz Heiler ist nicht zu bremsen. Somit war der Weg nicht weit, auch bei der Stromerzeugung künftig auf Nachhaltigkeit zu setzen. Die Dächer des oben erwähnten neuen Premium-Kellers und des großen Gär- und Lagerkellers boten optimale Voraussetzungen für ein Sonnenkraftwerk. Es wurde im Sommer 2013 in Betrieb genommen. Die Kosten: rund 300000 Euro. Die Photovoltaik-Anlage der WIRSOL SOLAR AG aus Waghäusel ist mit 224 kWp eine der größten auf den Dächern eines deutschen Weinguts. 918 Solarmodule sind nach Osten, Westen und Süden ausgerichtet. So wird die Stromproduktion gleichmäßig auf den ganzen Tag verteilt. Heinz Heiler: »Mit einem Jahresertrag von 196000 kWh werden wir ab jetzt noch enger mit der Sonne zusammenarbeiten, denn nicht nur unsere Trauben, sondern auch der Stromverbrauch für Weingut, Restaurant und das zukünftige Hotel werden von der badischen Sonne verwöhnt.«
Der Solarstrom-Eigenverbrauch wird bei rund 40 Prozent liegen, der Rest wird ins Netz eingespeist. Wohl nicht ewig, denn ein neuer Stromverbraucher ist in Sicht: Im September 2013 wurde gleich neben dem Weingut mit dem Bau eines 65-Betten-Hotels begonnen. Die Kombination Weingut, Restaurant, Hotel und Golfplatz gibt es in Deutschland bisher kein zweites Mal!
Weingüter Heitlinger & Burg Ravensburg
Am Mühlberg 3
76684 Östrigen-Tiefenbach
Tel.: 07259 - 91 12 - 0
Fax: 07259 - 91 12 - 99
info@weingut-heitlinger.de
www.weingut-heitlinger.de
www.burg-ravensburg.de
Große Weine alter Schule nach der reinen Lehre
Er kommt uns im grünen Overall entgegen, aber ausnahmsweise ist Frank John nicht – wie seit zehn Jahren – mit letzten Restaurierungsarbeiten an seinem Rotsandsteinhaus in schönster Lage von Königsbach tätig, sondern mit Kaminholzmachen. Sohn Sebastian hilft dabei. Das Haus, man könnte es auch Palais nennen, heißt Hirschhorner Hof und liegt in der Nähe von Neustadt an der Weinstraße. Es hat eine bewegte Geschichte. So etwas zu renovieren, davon träumen viele. Sie leben dabei häufig zugleich ihre Leidenschaft aus, eigenen Wein zu machen. Die ganz Konsequenten arbeiten biodynamisch nach Rudolf Steiner. Frank John ist so einer. Ja, ja, da meinen manche lächeln zu müssen. Aber seine Argumente, noch dazu in bildhafter Sprache vorgetragen, überzeugen.
Wir fragen, was er von der im Weinbau anbrandenden Bio-Welle hält? John: »Die Begriffe bio, ökologisch, naturnah, kontrolliert und umweltschonend haben juristisch Bestand, sind aber nur gewisse Zwischenstufen. Heute ist der kontrolliert umweltschonende Weinbau, der noch vor 20 Jahren als eine Entdeckung der konventionellen Winzer galt, Standard, das heißt verpflichtend für alle Betriebe geworden. Es gibt diesen kontrolliert umweltschonenden Weinbau de facto gar nicht mehr, weil die Regelungen für die Anwendung der Pflanzenschutzmittel äußerst rigoros geworden sind. Was vor 20 Jahren noch die Ausnahme war, ist heute die Regel. Die Gesetzesregelungen haben Hand und Fuß. Weitaus problematischer ist der Versuch vieler Winzer, sich mit dem Begriff bio, zunehmend auch biodynamisch, größere Marktanteile zu sichern. Betriebe, die in ihren Spritzplänen möglicherweise noch bis vor wenigen Jahren mit Insektiziden und Herbiziden gearbeitet haben und teilweise auch nach Frankreich gefahren sind, um sich Mittel zu besorgen, die hier schon nicht mehr erlaubt waren, arbeiten jetzt mit diesen Begriffen, um am Markt bestehen zu können.
Frank John
Die Methode des biodynamischen Landbaus geht auf Rudolf Steiner zurück. Er stellt einen Zusammenhang zwischen kosmischen und biologischen Einflüssen her. Das Dynamische bezieht sich auf Einflüsse, die außerhalb unserer belebten Welt liegen, zum Beispiel das Sonnenlicht, die Gezeiten oder die Mondphasen. Das sind Kräfte, die erst mit modernsten naturwissenschaftlichen Kenntnissen erkundet werden konnten. Die Symbiose von unbelebter und belebter Natur hat Steiner in seiner biodynamischen Lehre zusammengefasst. Daraus resultieren besondere Kräfte, die sich der Landwirt oder Winzer nutzbar machen kann.«
John: