Der Autor praktiziert als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Zürich und berät und vertritt vornehmlich Unternehmen – unter anderem auch im Werberecht. Bevor er 2000 das Anwaltspatent erlangt hat, war er als Gerichtsschreiber an einem zürcherischen Bezirksgericht tätig und studierte in Zürich und Chicago Rechtswissenschaft.
Ihre Anregungen und Kritik an diesem Buch sind herzlich willkommen und werden bei einer Neuauflage gerne berücksichtigt: Anwaltskanzlei Schwarz, Kreuzplatz 1, Postfach 2016, 8032 Zürich oder info@anwaltskanzlei-schwarz.ch.
Dieses Buch ist als gedrucktes Buch und als E-Book erhältlich.
In der Schweiz gibt es kein eigentliches Werbegesetz. Werberecht ist eine typische Querschnittmaterie, d.h. verschiedene Rechtsgebiete sind betroffen. Die für die Werbetreibenden relevanten Bestimmungen ergeben sich aus einer Vielzahl verschiedener Gesetze und Verordnungen, der Rechtsprechung von Gerichten und der Praxis von Verwaltungsbehörden. Dem juristischen Laien präsentiert sich die Situation daher etwas unübersichtlich. Mit diesem Buch möchte ich Abhilfe schaffen.
Dieses Buch soll insbesondere Personen, die mit der Konzeption und Gestaltung von Werbemassnahmen betraut sind, für rechtliche Fragestellungen sensibilisieren. Ziel ist es, dass Sie nach der Lektüre über ein Grundwissen verfügen, welches Ihnen hilft, mögliche Gefahren und Probleme bei der Umsetzung kreativer Ideen frühzeitig zu erkennen, damit Sie gegebenenfalls weitere Abklärungen treffen oder in Auftrag geben können. Dadurch kann vermieden werden, dass Sie viel Herzblut und Kreativität in ein Projekt stecken, welches dann aber schlussendlich aus rechtlichen Gründen nicht umgesetzt werden kann.
Im Moment lesen Sie gerade das erste Kapitel mit der Einführung. Die weitere Materie habe ich in fünf Kapitel aufgegliedert, wie sie auch im untenstehenden Schema dargestellt sind:
Im zweiten Kapitel erkläre ich, in welchen Fällen Werbung als unlauter qualifiziert wird. In dieses Kapitel gehört auch die vergleichende Werbung und die Vorschriften über die Preisbekanntgabe.
Im dritten Kapitel lege ich dar, was Sie in Bezug auf den Persönlichkeitsschutz wissen müssen.
Im vierten Kapitel stelle ich medienspezifische Einschränkungen dar, d.h. Werbevorschriften, welche nur für einzelne Werbemedien gelten:
Im fünften Kapitel präsentiere ich produkt- oder branchenspezifische Werbebeschränkungen. Es gibt Produkte, bei denen die Regeldichte besonders hoch ist. Die wichtigsten Beispiele sind Alkohol, Tabak, Lebens- und Heilmittel.
Im sechsten Kapitel kommen schliesslich Vorschriften zur Sprache, welche mit Werbeargumenten und -motiven zu tun haben: Preisausschreiben, Umweltargumente, Testimonials, Banknoten oder Swissness etc.
Im Anhang finden Sie
Ich habe mich auf die klassischen Bereiche einer Werbeagentur beschränkt. Nicht zum Umfang dieses Buches gehören:
Bitte beachten Sie auch, dass sich sämtliche Aussagen nur auf das Gebiet der Schweiz beziehen. Bei grenzüberschreitender bzw. transnationaler Werbung ergeben sich komplexe Zuständigkeits- und Abgrenzungsfragen, die hier nicht behandelt werden. In diesem Zusammenhang gebe ich jedoch den Grundsatz Nr. 1.7 der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) wieder. Was es mit diesen Grundsätzen auf sich hat, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.
Entsprechend behandelt die SLK keine Beschwerden betreffend so genannte Cross-Border Complaints (Werbung von Schweizer Unternehmen im Ausland).
> SLK-Grundsatz Nr. 1.7: Transnationale kommerzielle Kommunikation
Für die Beurteilung einer Massnahme der kommerziellen Kommunikation ist das Recht des Staates massgeblich, auf dessen Markt die Massnahme ihre Wirkung entfaltet.
Dieses Buch wurde 2013 geschrieben und im Herbst 2015 umfassend überarbeitet. Rechtsvorschriften können natürlich ändern. In der Politik werden immer wieder Werbeverbote und -beschränkungen diskutiert. Häufig werden Bestimmungen an die EU-Gesetzgebung angepasst. Weiter können Gerichtsentscheide wichtige Impulse geben bzw. offene oder streitige Fragen klären. Dieses Buch stellt somit zwangsläufig eine Momentaufnahme dar.
Disclaimer: Alle Informationen in diesem Buch dienen nur zu Ihrer vorläufigen Orientierung. Sie können eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Die Benutzung dieses Buches und die Umsetzung der darin enthaltenen Informationen erfolgt ausdrücklich auf eigenes Risiko. Dieses Buch wurde unter grosser Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Druckfehler, Falschinformationen und veraltete Informationen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Der Autor übernimmt keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte des Buches, ebenso nicht für Druckfehler. Ich bin Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir Fehler, Anregungen und Hinweise mitteilen.
Die Werbebranche unterhält seit 1966 eine Selbstkontrolle in der Form der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK). Die SLK ist paritätisch mit Konsumenten, Medienschaffenden und Werbern besetzt.
Jedermann ist befugt, Werbung bei der SLK zu beanstanden. In der Praxis sind dies überwiegend Konsumenten, aber auch Konkurrenten. Auf das Beschwerdeverfahren komme ich in Abschnitt 7 zurück.
Die SLK hat Grundsätze über die Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation erarbeitet und legt diese Grundsätze ihren Entscheiden zugrunde. Die aktuelle Ausgabe der Grundsätze stammt vom April 2008. Die Grundsätze können auf der Webseite der SLK heruntergeladen werden.
Die SLK-Grundsätze sind somit kein Gesetz, sondern von einer privaten Organisation erlassene Regeln. Sie spielen aber in der Praxis eine herausragende Rolle. Dies hat dazu geführt, dass es im Werberecht relativ wenig Urteile von staatlichen Gerichten gibt, da dem Beschwerdeverfahren der SLK in vielen Fällen der Vorzug gegeben wird. Es ist daher für jeden Werbetreibenden in der Schweiz ein Muss, sich an den SLK-Grundsätzen zu orientieren.
Im vorliegenden Buch sind praktisch alle SLK-Grundsätze abgedruckt und zwar jeweils kursiv gesetzt. Das Urheberrecht an den Grundsätzen steht der SLK zu. Achtung: Der besseren Übersicht und Lesbarkeit wegen habe ich einzelne Zwischentitel und Stichworte in den SLK-Grundsätzen fett gesetzt. Bitte beachten Sie, dass diese Hervorhebungen nicht zum offiziellen Text gehören.
Nachfolgend finden Sie die allgemeinen Grundsätze, welche sich mit der Geltung und Anwendung befassen. Die spezifischen Grundsätze finden Sie in den einzelnen Kapiteln – jeweils im Kontext mit dem gerade behandelten Thema.
> SLK-Grundsatz 1.1: Geltungsbereich und Anwendungsregeln
1. Geltungsbereich
Diese Grundsätze bezwecken die Beachtung fairer Geschäftspraktiken in der kommerziellen Kommunikation; sie dienen damit der Vertrauensbildung der Öffentlichkeit in die kommerzielle Kommunikation.
Kommerzielle Kommunikation soll rechtmässig, wahrheitsgemäss und nicht diskriminierend sein sowie den Grundsätzen von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr entsprechen.
2. Anwendungsregeln
Für die Beurteilung einer kommerziellen Kommunikation sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:
1. Geltungs- und Anwendungsbereiche
1.1 Geltungsbereich und Anwendungsregeln
1.2 Begriff der kommerziellen Kommunikation
1.3 Formen der kommerziellen Kommunikation
1.4 Politische Propaganda
1.5 Gemeinnützige und religiöse Propaganda
1.6 Direktwerbung/Direktmarketing
1.7 Transnationale kommerzielle Kommunikation
1.8 Verantwortlichkeit für die Werbeaussage
1.9 Beweislast
2. Unzulässige Aussagen
2.1 Verwendung des Begriffs „Schweiz“
2.2 Verwendung akademischer Titel
2.3 Verwendung des Begriffs „Invalid“
2.4 Verwendung von Medizinalpersonen
3. Grundlagen
3.1 Firmengebrauchspflicht in der Werbung
3.2 Persönlichkeits- und Datenschutz
3.3 Durchführung und Kommunikation von Tests
3.4 Ausländische Gutachten und dergleichen
3.5 Vergleichende Werbung
3.6 Werbung mit Selbstverständlichkeiten
3.7 Nachahmung werblicher Gestaltungen
3.8 Gratis-Gutscheine zu Werbezwecken
3.9 Gewinnspiele oder Publikumswettbewerbe
3.10 Garantierte Rückgabemöglichkeit
3.11 Geschlechterdiskriminierende Werbung
3.12 Trennung zwischen redaktioneller Information und kommerzieller Kommunikation
4. Vorschriften für Direktmarketing
4.1 Fernabsatz
4.2 Informationspflichten beim Fernabsatz
4.3 Bestätigung und Widerruf beim Fernabsatz
4.4 Aggressive Verkaufsmethoden im Fernabsatz
4.5 Geschäftsabschluss ohne Bestellung
4.6 Werbung mit Rechnungen
5. Vorschriften für einzelne Branchen
5.1 Carfahrten zu Werbezwecken
5.2 Werbung für Finanzinstitute
5.3 Werbung für Heimarbeit
5.4 Werbung von Lehrinstituten
5.5 Promotionen von Medien im Werbemarkt
5.6 Werbung für Registereintragungen
5.7 Werbung für quasikosmetische/-medizinische Erzeugnisse und Methoden
5.8 Werbung für Schmuck und Edelmetalle
5.9 Werbung für Tabakwaren und alkoholische Getränke
5.10 Werbung für konzessionspflichtige Erzeugnisse
5.11 Werbung für Versicherungen
5.12 Werbung für Heirat
Es gibt in der Schweiz noch weitere Branchengrundsätze, Richtlinien und Vereinbarungen. Nachstehend finden Sie eine Auswahl der wichtigsten:
Auf publizistische Kommunikation – etwa redaktionelle Beiträge in Radio und Fernsehen und in Zeitungen und Zeitschriften – finden teilweise andere rechtliche Bestimmungen Anwendung als auf kommerzielle Kommunikation (Werbung). Wie wir im III. Kapitel zum Persönlichkeitsschutz sehen werden, geniessen Medienschaffende (Journalisten) mehr Freiheiten als Werbetreibende.
Ausserdem finden unter Umständen verschiedene Verfahren Anwendung (publizistische Kommunikation: Presserat, kommerzielle Kommunikation: SLK).
Die Abgrenzung zwischen kommerzieller und publizistischer Kommunikation ist daher wichtig, leider aber nicht immer ganz einfach. Denken Sie etwa an Publireportagen und Kundenzeitschriften.
Grundsätzlich darf sich Werbung nicht als publizistische Kommunikation tarnen. Werbung muss als solche erkennbar sein. Daher müssen Publireportagen klar als „Reklame“ oder „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Product Placement muss ebenfalls deklariert werden.
Die SLK hat daher in ihren Grundsätzen verschiedene Bestimmungen aufgenommen, welche die Abgrenzung zwischen redaktioneller und kommerzieller Kommunikation erleichtern sollen. Nicht zur kommerziellen Kommunikation gehört etwa gemeinnützige, religiöse und (mit wenigen Ausnahmen) politische Werbung.
Soweit religiöse oder gemeinnützige Organisationen aber eine kommerzielle Tätigkeit betreiben, haben diese die Grundsätze der SLK zu beachten. Die SLK hatte 2012 einen Fall zu beurteilen, in welchem eine religiöse Organisation kostenpflichtige Dienstleistungen (Abholdienst und Wohnungsauflösung) in einem Flyer beworben hatte. Die SLK entschied, dass sich der fragliche Verein nicht auf seine Gemeinnützigkeit berufen könne. Es handelte sich demnach um kommerzielle Kommunikation, welche den SLK-Grundsätzen zu entsprechen hatte (Fall Nr. 460/11, Quelle: SLK-Tätigkeitsbericht 2012).