Franziska Baumann, Dieter Seibert

Zugspitze

mit Ammergauer Alpen und Werdenfelser Land

Mieminger Gebirge
Mieminger Gebirge

Vorwort

In den Bayerischen Alpen gibt es kaum einen Berg, der bekannter ist als die Zugspitze. Ihr fehlen wenige Meter zum Dreitausender und ihr Gipfel mit Seilbahnstationen und Aussichtsplattformen hat keinen Schönheitspreis verdient, dennoch ist sie ein Wunschziel vieler Bergsteiger und Wanderer. Vier Anstiegswege führen durch großartige Berglandschaft. Die fantastische Fernsicht ist es auf jeden Fall wert, einmal dort oben zu stehen. Rund um Deutschlands höchsten Berg wartet eine vielseitige Region darauf, erkundet zu werden. Zwischen Seefeld und Ehrwald, Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen sind es vor allem die Felsgebirge von Karwendel, Wetterstein und Mieminger Bergen, die die Blicke auf sich ziehen. Zu Füßen der Zugspitze schäumt die Partnach laut tosend durch eine enge Klamm. Im Drachensee, einem blaugrünen Bergsee im Mieminger Gebirge, spiegeln sich zerfurchte Felswände. Einen luftigen, gesicherten Gratgang über felsige Karwendel­gipfel bietet der Mittenwalder Höhenweg. Lang, aber lohnend ist der Weg zur Meilerhütte, die wie ein Adlerhorst in einer Scharte thront. Rund um Oberammergau und das Graswangtal erstreckt sich mit den Ammergauer Alpen eine weitgehend ursprünglich gebliebene Bergregion. Gutmütige Voralpengipfel sind dort ebenso zu finden wie anspruchsvolle Felsberge und spannende Gratüberschreitungen. Die Bayerischen Voralpen zwischen Loisachtal und Walchensee schließlich begeistern mit Blicken weit hinaus ins Alpenvorland und hinein ins hohe Gebirge. Oft liegen gastfreundliche Hütten und Almen am Weg. Im Tal gibt es manchen Ort mit interessanter Geschichte: In Mittenwald sind die Geigenbauer beheimatet, Oberammergau ist für seine Passionsspiele bekannt und Murnau war einst ein Künstlertreffpunkt. Immer wieder »begegnet« der Wanderer dem bayerischen König Ludwig II. – im Ammergebirge auf ehe­maligen königlichen Jagdhäusern oder beim herrlich gelegenen Königshaus am Schachen im Wetterstein.
Erlebnisreiche Tourentage in dieser vielfältigen Bergregion wünschen Ihnen

Franziska Baumann und Dieter Seibert

Oberammergau und Sonthofen, im Winter 2020

Touristische Hinweise

Anforderungen

Die Schwierigkeit der Touren ist in drei Kategorien unterteilt. Dies kann jedoch nur ein erster Anhaltspunkt sein, um die Auswahl einer Wanderung zu erleichtern. Jeder Wanderer empfindet den Anspruch, den eine Tour an ihn stellt, unterschiedlich. Was der eine noch mühelos meistert, bringt einen anderen bereits an seine Grenzen. Nähere Informationen zu den Anforderungen sind in der Kurzinfo bei jeder Tour aufgeführt. Die drei Kategorien auf einen Blick:

Leicht: Die Wanderungen verlaufen auf gut angelegten Wegen, die überwiegend nur mäßig steil sind und keine Gefahrenstellen aufweisen. Sie können auch von Wanderern mit wenig Bergerfahrung und bei schlechtem Wetter unternommen werden.

Mittel: Bei diesen Touren ist man auf schmalen, teils steinigen und felsigen Wegen und Steigen unterwegs, die auch über steiles Gelände führen können. Trittsicherheit und festes Schuhwerk sind Voraussetzung. Kurze Passagen können ausgesetzt und mit Drahtseilen gesichert sein. Deshalb ist bei manchen Wanderungen Schwindelfreiheit notwendig. Größere Höhenunterschiede sind möglich und erfordern Ausdauer.

Schwierig: Diese anspruchsvolleren Touren setzen sicheres Gehen in felsigem und schrofigem Gelände voraus. Sie führen über längere gesicherte, teils ausgesetzte Felspassagen und erfordern Schwindelfreiheit, entsprechende alpine Erfahrung und an leichten Felsstellen auch etwas Kletterkönnen. Für die Alpspitzüberschreitung (Tour 30), die Besteigung der Zugspitze über die Wiener-Neustädter-Hütte (Tour 34) und den Mittenwalder Höhenweg (Tour 45) ist zudem Klettersteigerfahrung, für die Zugspitztour durch das Höllental (Tour 28) neben Klettersteigerfahrung auch ein sicherer Umgang mit Steigeisen erforderlich.

Im Gamskar bei Ehrwald: Trittsicherheit ist gefragt.

Gefahren

Vorausschauendes Planen ist bei jeder Tour im Gebirge Voraussetzung. Dazu gehört, die eigenen Fähigkeiten einzuschätzen und die Unternehmung entsprechend auszuwählen. Wichtig ist auch, sich über die Verhältnisse vor Ort zu informieren. Regenfälle können manche Wege in unangenehme Rutschbahnen verwandeln. Altschneefelder und vereiste Passagen erhöhen die Schwierigkeit einer Tour erheblich oder machen sie unmöglich. Vor jeder Wanderung oder Bergtour ist der Wetterbericht zu beachten. Selbst im Sommer kann es in höheren Bergregionen zu Wetterstürzen und Schneefällen kommen. Bei Nebel kann die Orientierung schwierig werden. Ein frühzeitiger Aufbruch ist bei Gewitterneigung zu empfehlen. Naht ein Gewitter, sind exponierte Stellen wie Grate, Gipfel oder Hochflächen schnellstmöglich zu verlassen. Von Drahtseilen und anderen metallischen Gegenständen sowie Wasserläufen sollte man sich bei Gewitter fernhalten.

Ausrüstung

Bei der Kleidung hat sich das Zwiebelschalenprinzip bewährt: mehrere Schichten, die sich je nach Verhältnissen kombinieren lassen. Empfehlenswert sind atmungsaktive Funktionsmaterialien. Ein Regen- und Windschutz sollte immer dabei sein, da sich das Wetter im Gebirge schnell ändern kann. Bei höheren Gipfeln ist der Temperaturunterschied zum Tal oft groß, sodass die Mitnahme von Mütze und Handschuhen auch im Sommer ratsam ist. Zu empfehlen ist außerdem ein ausreichender Schutz gegen die erhöhte Sonneneinstrahlung. Bei gemütlichen Talwanderungen mögen Freizeitschuhe noch ausreichen, doch sobald die Wanderung auf holprigen Bergwegen oder felsigen Steigen verläuft, sind stabile Bergschuhe mit gutem Profil Voraussetzung. Teleskopstöcke entlasten bei längeren Abstiegen die Kniegelenke. Im vorliegenden Guide sind einige Klettersteige beschrieben (Tour 28, Tour 30, Tour 34 und Tour 45 sowie die Variante von Tour 10 und Tour 49). Für diese Touren sind Klettersteigset und Helm erforderlich. Bei Tour 31 wird dies wenig Erfahrenen ebenfalls empfohlen.

Gehzeiten

Die angegebenen Gehzeiten können nur ein ungefährer Richtwert sein. Zu unterschiedlich ist das Tempo eines jeden Wanderers. Dazu beeinflussen Faktoren wie Wetter, Wegbeschaffenheit, Tagesform oder Rucksackgewicht die Gehgeschwindigkeit. Die Angaben beinhalten die reine Gehzeit ohne Pausen.

Wie hier am Kranzberg sind die Wege meist gut ausgeschildert.

Mit Kindern unterwegs

Kinder haben am meisten Spaß, wenn viel Abwechslung geboten ist. Lange »Forstweghatscher« können ihnen die Wanderlust schnell verderben. Geht es auf Steigen über Stock und Stein, laden Seen und Bäche zum Planschen oder Felsblöcke zum Kraxeln ein und winkt nach dem Anstieg eine zünftige Einkehr, vergeht die Zeit für junge Wanderer wie im Flug. Ein Symbol weist darauf hin, welche Wanderungen für Kinder empfehlenswert sind. Als Kriterium dienen dabei weniger Gehzeit oder Schwierigkeit einer Tour – da können Eltern ihre Kinder selbst am besten einschätzen –, sondern ob es am Wegrand Interessantes zu entdecken gibt. Dies können spannende Felsschluchten wie die Partnachklamm sein (Tour 24), Wege entlang von Bächen wie der Ammerrundweg (Tour 1) oder ins Kühalpenbachtal (Tour 14) oder zu schön gelegenen Almen wie die Stepbergalm (Tour 23) oder die Elmauer Alm (Tour 25). Auf manchen Touren sind Erlebniswege angelegt, bei denen Kinder auf spielerische Weise Interessantes über die Natur erfahren, beispielsweise der Wasserfall-Rundweg bei Ehrwald (Tour 36) oder der Walderlebnispfad am Lautersee bei Mittenwald (Tour 42).

Die Top-Touren

Ammerrundweg
Abwechslungsreiche Voralpenwanderung mit Einblicken in die Ammerschlucht und Ausblicken auf das Ammergebirge (Tour 1, 4.10 Std.).

Auf dem Maximiliansweg
Zwei Hütten in »königlicher Lage« und ein aussichtsreicher Höhenweg hoch über dem idyllischen Graswangtal (Tour 15, 6.30 Std.).

Hochplatte
Urwüchsige Berglandschaft und großartige Überschreitung eines felsigen Ammergauer Gipfels (Tour 16, 5.30 Std.).

Herzogstand und Heimgarten
»Himmelhohe« Grattour über Walchen- und Kochelsee mit weiten Fernblicken (Tour 18, 4.45 Std.).

Partnachklamm und Eckbauer
Spektakuläre Felsschlucht und Aussichtswarte mit Blick auf die großen Wettersteingipfel (Tour 24, 3.30 Std.).

Zugspitze durch das Höllental
Felsklamm, Höllentalferner und luftiger Klettersteig sind die Highlights des anspruchsvollsten Zugspitzanstiegs (Tour 28, 2 Tage).

Hupfleitenjoch und Höllental
Faszinierende Felslandschaft unter der Zugspitze, die neu erbaute Höllentalangerhütte und wild tosende Klamm (Tour 29, 4.00 Std.).

Coburger Hütte und Hinteres Tajatörl
Blaugrüne Bergseen in rauer Felslandschaft und ein beliebtes Schutzhaus mit tollem Zugspitzblick (Tour 37, 5.30 Std.).

Wörnerkopf
Stille Wege zu einer Aussichtsloge mit Blick auf die Felsburgen des Karwendels (Tour 43, 5.40 Std.).

Rotmoosalm und Predigtstuhl
Gemütliche Alm und stiller Gipfel vor großartiger Felskulisse (Tour 50, 6.30 Std.).

Hütten und Almen

Für viele gehört die gemütliche Einkehr zu einer gelungenen Wanderung dazu. Bei den meisten der vorgeschlagenen Touren liegen Hütten, Almen oder Berggasthäuser am Weg. Manche sind fast ganzjährig geöffnet, andere nur wenige Monate im Sommer. Im Frühjahr und Herbst hängen die Öffnungszeiten oft von den Witterungsbedingungen ab. Kleine Almen, bei denen die Viehwirtschaft im Vordergrund steht, sind oft nur während der Weidezeit von Juni bis September bewirtschaftet. Bei längeren Touren, beispielsweise den Anstiegen auf die Zugspitze, ist eine Hüttenübernachtung zu empfehlen. Eine Nacht am Berg bietet zudem das Erlebnis der Abend- und Morgenstimmung. Übernachtungsmöglichkeiten mit Telefonnummer und Internetadresse sind in der Kurzinfo angegeben. Eine Reservierung ist ratsam und erfolgt auf vielen Hütten über ein Online-Buchungsportal (Hinweis auf der jeweiligen Hütten-Homepage).

Panoramaplatz auf der Hochlandhütte im Karwendel.

GPS-Daten

Zu diesem Guide stehen auf der Internetseite des Bergverlag Rother (gps.rother.de) GPS-Daten zum kostenlosen Download bereit.

Passwort: 426412gek
2. Auflage E-Book

Sämtliche GPS-Daten wurden von der Autorin anhand einer digitalen Karte erstellt. Verlag und Autoren haben die Tracks und Wegpunkte nach bestem Wissen und Gewissen überprüft. Dennoch können wir Fehler oder Abweichungen nicht ausschließen, außerdem können sich die Gegebenheiten vor Ort zwischenzeitlich verändert haben. GPS-Daten sind zwar eine gute Planungs- und Navigationshilfe, erfordern aber nach wie vor sorgfältige Vorbereitung, eigene Orientierungsfähigkeit sowie Sachverstand in der Beurteilung der jeweiligen (Gelände-)Situation. Man sollte sich für die Orientierung auch niemals ausschließlich auf GPS-Gerät und -Daten verlassen.

Bademöglichkeiten

Ob in einer kühlen Bachgumpe, in einem klaren Bergsee oder in der Gischt eines Wasserfalls – an einem warmen Sommertag ist ein erfrischendes Bad eine Wohltat. Die Region rund um die Zugspitze ist reich an größeren und kleineren Seen, vom Moorsee, der sich schnell erwärmt, bis zum eisig kalten Gebirgssee. Wanderungen, bei denen die Badesachen im Rucksack nicht fehlen sollten, sind Tour 2 (Staffelsee), Tour 3 (Riegsee), Tour 19 (Walchensee), Tour 31 (Stuibensee), Tour 26 (Eibsee), Tour 37 (Seebensee und Drachensee), Tour 41 (Grubsee, Barmsee und Geroldsee), Tour 42 (Ferchensee und Lautersee).

Weißensee
Weißensee am Fernpass, hinten Alpeleskopf und Heiterwand

Karten

Die Touren verlaufen in der Regel auf markierten Wegen und Steigen. Empfohlen wird für einen besseren Überblick zusätzlich die Mitnahme einer Karte. Geeignet sind die Karten von Freytag & Berndt im Maßstab 1:50.000, für das Gebiet dieses Guides vor allem die Wanderkarte 322 »Wetterstein – Karwendel – Seefeld – Leutasch – Garmisch-Partenkirchen«, sowie die Blätter der Alpenvereinskarten im Maßstab 1:25.000 oder die Karten des Bayerischen Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung.

Wichtige Telefonnummern und Internetadressen

Notruf
Europäische Notrufnummer 112
Bergrettung Österreich 140

Alpine Wetterberichte
Alpenvereinswetterbericht, www.alpenverein.de
Deutscher Wetterdienst, www.dwd.de
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, www.zamg.ac.at (für Österreich)

Fahrplanauskunft
DB, Tel. 0180/6996633 (gebührenpflichtig), www.bahn.de
RVO (Regionalverkehr Oberbayern / Oberbayernbus), +49/89/55164-0, www.rvo-bus.de
VVT (Verkehrsverbund Tirol), +43/512/561616, www.vvt.at

Tourismusverbände
Tourist Information Garmisch-Partenkirchen, Tel. +49/8821/180700, www.gapa.de
Das Blaue Land, Tel. +49/8841/476240, www.dasblaueland.de
Ammergauer Alpen, Tel. +49/8822/922740, www.ammergauer-alpen.de
Alpenwelt Karwendel, Tel. +49/8823/33981, www.alpenwelt-karwendel.de
Tiroler Zugspitz Arena, Tel. +43/5673/20000, www.zugspitzarena.com

Das Gebiet

Die Zugspitze: Bergriese mit Zugkraft

Es ist ein Anblick, der viele staunen lässt: Über tausend Meter türmen sich die Felsfluchten der Zugspitze über dem blaugrünen Wasser des Eibsees südwestlich von Garmisch-Partenkirchen auf. Der höchste Berg Deutschlands ist eine imposante Erscheinung und zieht seit Langem die Aufmerksamkeit auf sich. 1820 gelang Leutnant Joseph Naus für einen Vermessungsauftrag, gemeinsam mit einem Messgehilfen und einem Bergführer, offiziell die Erstbesteigung des 2962 Meter hohen Gipfels. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren die Anstiege auf die Zugspitze mit Wegen, Steiganlagen und Hütten erschlossen. 1926 wurde auf österreichischer Seite eine erste Seilbahn eröffnet. 1930 ging die Zahnradbahn zum Schneefernerhaus unterhalb des Zugspitzgipfels in Betrieb, ein Meisterstück der damaligen Ingenieurbaukunst. Bis heute hat die Zugspitze nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Der Weg durch das Höllental, der interessanteste, aber auch anspruchsvollste Anstieg, steht bei vielen Bergsteigern auf der Wunschliste ganz oben. Auf dem Gipfel ist ein eigener Mikrokosmos mit Panoramarestaurants, Aussichtsplattformen, Souvenirläden, einer Alpenvereinshütte und einer Wetterstation entstanden. Deutschlands höchste Bergspitze ist Touristenattraktion und Wintersportdestination, Tagungsort und Forschungsstation, Wettkampfstätte für Extremsportler und Plattform für Rekordversuche.
Auch auf Tiroler Seite ist das Zugspitzmassiv ein felsiger Blickfang. Der weite, sonnige Talkessel mit den Ortschaften Ehrwald, Lermoos und Biberwier, ein Teil der Region, die von Touristikern Zugspitzarena getauft wurde, besticht durch seine Felskulisse. Die Mieminger Kette, ein kleines Gebirge mit einsamen Geröllkaren und wild zerfurchten Felsgipfeln, konkurriert mit dem nördlich gelegenen Wettersteingebirge. Die Ehrwalder Sonnenspitze, ein markant geformtes Felshorn, würde einen Schönheitspreis verdienen. Ihr zu Füßen leuchten kleine Seen als fotogene Farbtupfer aus den Bergkesseln.

Garmisch-Partenkirchen am Fuß von Alp- und Zugspitze (Blick vom Wank, Tour 21).

Das Goldene Landl zu Füßen von Wetterstein und Karwendel

Nördlich des Wettersteins, auf bayerischem Boden, nimmt die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen das weite Tal zwischen Kramer, Wank und Alpspitze ein. Wer sich dem Ort von Norden, durch das Loisachtal, nähert, hat den besten Blick auf seine Bergkulisse. Wie ein felsiger Wall wächst das Wettersteingebirge aus den flachen Talböden. Die Gemeinde mit ihren knapp 28.000 Einwohnern ist Ausgangspunkt für eine Vielzahl von Touren. Vier Bergbahnen verkürzen die An- oder Abstiege. Wilde Felsschluchten wie die Partnach- oder die Höllentalklamm bieten ein faszinierendes Naturschauspiel, der Wank, südlichster Gipfel des Estergebirges, ist als Panoramaberg bekannt und auf der Stepbergalm gibt es Kaiserschmarrn mit Zugspitzblick. Garmisch-Partenkirchen ist das Zentrum des Werdenfelser Landes, einer Region, die sich von Mittenwald im Süden bis nach Farchant im Loisachtal erstreckt. Die 1294 gegründete Grafschaft Werdenfels war im Besitz des Hochstifts Freising, bis sie 1803 an das Königreich Bayern fiel. Durch die Region führte bereits zur Zeit der Römer ein wichtiger Handelsweg nach Italien, der bis ins Mittelalter von Bedeutung war. Dies verhalf den Ortschaften entlang der Straße zu einem gewissen Wohlstand. Die Grafschaft Werdenfels erhielt in dieser Zeit ihren Beinamen »Goldenes Landl«.
Auch Mittenwald profitierte von den Handelsbeziehungen nach Italien. 1487 verlegten die venezianischen Kaufleute den bedeutenden Bozner Markt in den Ort am Fuß des Karwendels. Fast zweihundert Jahre lang war Mittenwald ein wichtiger Handelsplatz. Im 17. Jahrhundert brachte der Mittenwalder Matthias Klotz die Kunst des Geigenbaus von Italien in seinen Heimatort. Ein Geigenbaumuseum gibt Einblicke in dieses alte Handwerk. Das historische Ortszentrum lohnt einen Dorfbummel. Hausfassaden mit farbenfroher Lüftlmalerei, Plätze mit Wirtshäusern und eine Fußgängerzone laden nach der Tour zum Schauen und Genießen ein. Über Mittenwald ragt das Karwendel mit eindrucksvollen Kalkwänden auf, ein Gebirge, in dem es noch viele abgelegene und unerschlossene Gebiete gibt. Es gehört überwiegend zu Tirol und ist als Naturpark Karwendel unter Schutz gestellt. Dort konnte die größte Steinadlerdichte in den Alpen nachgewiesen werden. Von Mittenwald bringt die Karwendelbahn Wanderer auf über 2200 Meter Höhe hinauf und mitten hinein in die Felslandschaft des Karwendels. Die Bergstation ist Ausgangspunkt für den Mittenwalder Höhenweg, einen beliebten Klettersteig, der neben kurzweiliger Kletterei herrliche Ausblicke bietet.
Das Karwendel ist der Geburtsort der Isar. Hat sie das Gebirge verlassen, fließt sie durch Mittenwald und weiter nach Krün und Wallgau. Die Landschaft des Isartals wird vielerorts von den sanft gewellten Buckelwiesen geprägt. Ihre Erhaltung ist mit viel Arbeit verbunden, da sie von Hand gemäht werden müssen. Überragt von den felsigen Gebirgszügen des Karwendels und des Wettersteins sind die sonnendurchfluteten Talböden des Isartals, aus denen mehrere kleine Seen leuchten, ein landschaftliches Kleinod.

Rund um das Ammertal: geschützte Natur- und Kulturlandschaft

An das Werdenfelser Land schließen sich im Nordwesten die Ammergauer Alpen an, eine weitgehend ursprünglich gebliebene Bergregion, die nur dünn besiedelt und wenig erschlossen ist. Das waldreiche Gebiet diente einst den bayerischen Königen als Jagdrevier. König Maximilian II. ließ am Pürschling und am Brunnenkopf jeweils ein Jagdhaus errichten. Sein Sohn Ludwig II. hielt sich ebenfalls immer wieder dort oben auf, gab sich aber mit den Hütten nicht zufrieden. Mitten in die einsamen Bergwälder baute er das verspielte Rokoko-Schlösschen Linderhof, heute eine Attraktion für Touristen aus aller Welt.
Seit 1963 besteht das Naturschutzgebiet Ammergebirge, mit 288 km² das größte in Bayern. Bergbahnen, Lifte und Hütten sind nur am Nordrand des Gebirges zu finden. Einen besonderen Reiz hat das Graswangtal mit der gleichnamigen kleinen Ortschaft, einem bayerischen Bilderbuchdorf. Besucher finden dort viele ruhige Ecken, eingerahmt von einer naturbelassenen Bergwelt. Durch das Tal führt die einzige Straße, die die Ammergauer Alpen durchzieht. Auf ihr gelangt man mitten hinein ins Herz des einsamen Gebirges und weiter zum Tiroler Plansee. Wanderer haben eine reiche Auswahl an Tourenmöglichkeiten: anspruchsvolle Felsgipfel wie die Hochplatte, aussichtsreiche Höhenwege rund um Pürschling und Brunnenkopf, eine kurze Klettersteigeinlage am Ettaler Manndl und gutmütige Wald- und Wiesengipfel wie das Hörnle. In den Tälern gibt es vielseitige Natur- und Kulturlandschaften zu entdecken, etwa die eindrucksvolle Ammerschlucht, die Wiesmahd über dem Ammertal und das geschützte Ettaler Weidmoos. Gleich nebenan befindet sich eine weitere viel besuchte Sehenswürdigkeit. Das Benediktinerkloster Ettal mit seiner 68 Meter hohen Kirchenkuppel wurde 1327 von Kaiser Ludwig dem Bayern gestiftet.
Oberammergau, der Hauptort der Region, ist durch seine Passionsspiele bekannt, die aufgrund eines Gelübdes im Pestjahr 1633 alle zehn Jahre aufgeführt werden. Über 2000 Laienschauspieler stehen dabei auf der Bühne. Auch die Kunstfertigkeit der Oberammergauer »Herrgottsschnitzer« sprach sich bereits vor Jahrhunderten herum. Das Ortsbild ist von farbenprächtig bemalten Hausfassaden geprägt. Viele der Lüftlmalereien stammen von Franz Seraph Zwinck. Auf ihn soll der Begriff »Lüftlmalerei« zurückgehen, da er in Oberammergau im Haus »Zum Lüftl« wohnte. 2017 wurde der Naturpark Ammergauer Alpen ins Leben gerufen. Damit sollen Natur- und Kulturlandschaft der Region geschützt und erhalten werden.
Das Gebirge lässt hinter sich, wer die Gegend um Murnau erkundet – und doch hat man es immer im Blick, als gezackte Silhouette am Horizont. Es ist leicht zu verstehen, was Künstler wie Gabriele Münter und Wassily Kandinsky in diese Gegend zog. Das »Blaue Land« ist eine Voralpenlandschaft wie aus dem Bilderbuch: sanft gewellte Wiesen, idyllische Seen, Bauernhöfe rund um Zwiebelkirchtürme. Das Naturschutzgebiet Murnauer Moos, das sich südlich von Murnau erstreckt, ist das größte Alpenrandmoos Mitteleuropas und Heimat für viele vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Ob am Ufer des Staffelsees oder auf den Hügeln über dem Riegsee – Wetterstein und Zugspitze ziehen auch dort, aus der Ferne, die Blicke auf sich.

Schloss Linderhof im Graswangtal: märchenhaftes Domizil von König Ludwig II.

Impressum


Zugspitze
Autoren: Dieter Seibert, Franziska Baumann

Fotos:
Alle Fotos in diesem Guide stammen von Franziska Baumann, außer:

Foto »Heimgarten« in Tour 18,
Foto »Alpspitze« in Tour 30,
Foto »Unter dem Gipfel des Schellschlichts« in Tour 33,
Foto »Talstation Kranzberg-Sessellift« in Tour 42,
Foto »Westliche Karwendelspitze« in Tour 44,
Foto »Sulzleklammspitze« in Tour 45,
Foto »Pleisenspitze« in Tour 46: Dieter Seibert
Eines der Fotos in Tour 30: Margit Hiller
Foto »Großartiger Gipfelblick« in Tour 48: Natascha Gräf.

Kartografie:
Wanderkärtchen der Touren 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 10, 17, 18 und 19: © Bergverlag Rother GmbH, München (gezeichnet von Gerhard Tourneau, Haar)
Alle übrigen Wanderkärtchen sowie Übersichtskärtchen: © Freytag & Berndt, Wien

Die Ausarbeitung aller in diesem E-Book beschriebenen Wanderungen erfolgte nach bestem Wissen und Gewissen der Autoren. Die Benützung dieses E-Books geschieht auf eigenes Risiko. Soweit gesetzlich zulässig, wird eine Haftung für etwaige Unfälle und Schäden jeder Art aus keinem Rechtsgrund übernommen.

2. Auflage 2020
© Bergverlag Rother GmbH, München
ISBN 978-3-7633-0333-5


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