»Es geht bei gedämpfter Trommel Klang;
Wie weit noch die Stätte! Der Weg wie lang!
O wär er zur Ruh und alles vorbei!
Ich glaub, es bricht mir das Herz entzwei!
Ich hab in der Welt nur ihn geliebt,
Nur ihn, dem jetzt man den Tod doch gibt.
Bei klingendem Spiele wird paradiert,
Dazu bin auch ich kommandiert.
Nun schaut er auf zum letzten Mal
In Gottes Sonne freudigen Strahl,
- Nun binden sie ihm die Augen zu, -
Dir schenke Gott die ewige Ruh.
Es haben die neun wohl angelegt,
Acht Kugeln haben vorbeigefegt;
Sie zitterten alle vor Jammer und Schmerz –
Ich aber, ich traf ihn mitten ins Herz.«
Adelbert von Chamisso
Was ist Ehre? Ein Wort. Was steckt in dem Wort Ehre?
Luft. Eine feine Rechnung! – Wer hat sie?
Er, der gegangenen Mittwoch starb. Fühlt er sie? Nein.
Hört er sie? Nein. Ist sie also nicht fühlbar?
Für die Toten nicht.
William Shakespeare, »Heinrich IV«
John war in den ersten Tagen wie betäubt, so als wäre etwas in seinem Inneren verschwunden, nicht zerbrochen oder zerstört, sondern einfach nicht mehr da. Als Armand ihn an die Front geschickt hatte, da hatte er keinen Schrecken empfunden, ja, in gewisser Weise hatte er die Entscheidung sogar begrüßt.
Es war vorbei. Seit seiner ersten Nacht mit Margaret hatte er gewusst, dass es eines Tages so kommen würde, und doch traf es ihn mit unerwarteter Brutalität. Vielleicht gab es Dinge, auf die man niemals vorbereitet sein konnte.
Nun war ihm von ihr nichts mehr geblieben, nichts außer dem Haarband, das er für sie aus dem Baum geholt hatte. Das und seine Erinnerung an sie. Und er hatte viel Zeit, sich zu erinnern, als er Stunde um Stunde im Sattel saß, denn es war ein weiter Weg nach Mirnà, ein allzu weiter Weg.
Während der ersten Tage dachte er jede Sekunde an sie. Jede Nacht träumte er von ihr, mit offenen und mit geschlossenen Augen, während er auf seinem harten Feldbett lag, mit schmerzenden Muskeln, frierend und erschöpft. Zuerst glaubte er, es würde ihn umbringen, später wünschte er es sich fast. Dann, ganz langsam, begann er zu begreifen, dass dies das Einzige war, was er noch besaß. Er hatte alles verloren: seinen Freund, seinen Posten, seine Ehre.
Aber nicht seine Liebe.
Diese Erkenntnis machte den Schmerz nicht leichter, doch es machte ihn leichter zu ertragen. Er würde Margaret niemals wiedersehen, doch lieben würde er sie immer. Sie hatte ihm etwas geschenkt, etwas Neues, Wunderbares, das er zuvor nicht gekannt hatte, und das war etwas, was ihm niemand mehr nehmen konnte, egal, was noch geschehen würde.
Und auch wenn diese Liebe schmerzte wie eine glühende Nadel in seinem Herzen, so war sie doch ein Gewinn. Denn den Verlust eines geliebten Menschen zu betrauern, war stets besser, als nie die Wonnen der Liebe gekostet zu haben. So wie Armand, der keine Liebe zu kennen meinte.
Armand ...
Auch ihn hatte John nicht noch einmal wiedergesehen, und auch er verfolgte ihn in seinen Träumen, schmerzlicher noch als Margaret. Ja, fast war es, als habe die Prinzessin beschlossen, ihn freizugeben, um ihn nicht weiter zu quälen, die Erinnerung an den Freund jedoch war vergiftet von Schmerz und Reue und Scham, die wie Eiswasser durch seine Adern pulsierten. Es hätte viele Dinge gegeben, die John ihm hätte sagen wollen, und doch wusste er, alle Worte der Welt hätten nicht mehr zusammenfügen können, was er zerrissen hatte. John hatte seinem Freund und seinem König gegenüber große Schuld auf sich geladen.
Auch deshalb war er froh um den Feldzug. So waghalsig er sein mochte, der Kampf würde ihm Gelegenheit geben, zumindest dem König gegenüber einen Teil seiner Schuld abzubüßen, seine Ehre wiederherzustellen. Der Freund würde ihm vielleicht eines Tages Vergebung schenken, vielleicht würde John Armands Hass auch mit in ein einsames Grab nehmen, er wusste es nicht.
Er wusste nur, er hatte geschworen, seinen König zu schützen, und sei es mit seinem Leben. Und er würde diesen Eid erfüllen, wenn nicht in Mirabeaux, so wenigstens auf dem Schlachtfeld.
***
Währenddessen versuchte Armand, seinen Schmerz in Alkohol zu ertränken. Glas um Glas goss er sich aus der Karaffe in seinen Gemächern ein, bis er spät am Abend feststellte, dass sie leer geworden war. Unwillig schleuderte er den unnütz gewordenen Krug gegen die Wand, wo er in tausend Scherben zersprang.
Armand war es gleichgültig.
Es war bereits Nacht, und er mochte keinen Diener mehr rufen, nicht aus Rücksicht, sondern weil er niemanden sehen wollte. Armand de la Fèvre wollte vergessen, sonst nichts. Und er wollte sich betrinken.
Also machte er sich selbst auf den Weg hinunter in die Küche, schnappte sich eine halbvolle Weinflasche, entkorkte sie mit den Zähnen und nahm einen tiefen Schluck. Sein Magen reagierte bereits mit leichter Übelkeit auf den Alkohol, sein Kopf jedoch hatte noch lange nicht genug. Seine Sinne waren betäubt und er spürte genau, wie betrunken er war, doch seine Gedanken wollten einfach nicht stillstehen. Sie waren immer noch da, John, Margaret, John ... John. John ...
Er legte den Kopf in den Nacken und trank gierig.
Als er die Flasche absetzte, bemerkte er, dass er nicht mehr allein in der Küche war. Vor ihm stand ein Mädchen, eine Magd vielleicht, und sie trug nichts außer einem weißen Leinennachthemd am Leib.
Armand blickte verwirrt. Was tat das Mädchen hier um diese Zeit? War sie ihm gefolgt oder war sie einfach nur in die Küche geschlichen, um Essen zu stehlen? Vermutlich Letzteres. So verhungert, wie sie aussah, konnte sie es gebrauchen. Die Bediensteten im Schloss wurden offenbar schlechter versorgt, als er geahnt hatte. Er betrachtete sie genauer, während der Gedanke ihm bereits wieder entglitt. Sie war mager, aber nicht unansehnlich. Langes, glattes Haar, dunkel, ohne einen Schimmer von Rot, nicht wie bei diesem Teufelsweib. Ihre Augen blickten zurückhaltend, doch keineswegs ängstlich.
Behutsam winkte er sie näher heran. »Komm her, keine Angst. Wie heißt du?«
Das Mädchen knickste mit unvermuteter Anmut. »Marie, Sire.«
»Du weißt, wer ich bin?«
Scheu sah sie ihn an. »Ja, Sire.«
Armand nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche. Im schwachen Licht des Herdfeuers zeichnete sich der Körper des Mädchens deutlich unter dem dünnen Nachtgewand ab. Sie war barfuß, und er konnte sehen, wie sie vor Kälte zitterte.
Einem Impuls folgend reichte er ihr die Weinflasche. »Möchtest du? Es wird dich wärmen ...«
Sie nickte, griff zögernd nach der Flasche und trank. »Danke, Majestät. Ihr seid sehr freundlich.«
Armand zuckte mit den Schultern, nahm die Flasche zurück und setzte sich auf den Fußboden. Langsam begann er, die Wirkung des Weins doch zu spüren. Mit nicht ganz klarem Blick sah er wieder zu dem Mädchen hoch. Sie rührte sich nicht, kam nicht näher, aber sie ging auch nicht. Stattdessen musterte sie ihn neugierig, offen, fast erwartungsvoll.
Armand hob die Hand zu einer einladenden Geste. »Komm her, setz dich zu mir, wenn du willst.«
Langsam kam sie heran, ließ sich neben ihm nieder, dichter als unbedingt notwendig gewesen wäre. Suchte sie nur die Wärme seines Körpers oder vielleicht absichtlich seine Nähe? Hoffte sie etwa insgeheim, er würde sie zu seiner Mätresse machen?
Es wäre nicht ungewöhnlich. Für die einfachen Mädchen aus dem Volk war dies oft die einzige Möglichkeit, an Geld zu kommen. Es gab viele Dienstmädchen, die sich auf diese Art einen reichen Gönner suchten.
Aber gleich einen König?
Ein schallendes Lachen entfloh seiner Kehle. Das Mädchen erschrak, wich aber nicht von ihm.
Armand trank die Flasche leer, und plötzlich war es ihm egal. Egal, wer das Mädchen war, egal, was sie wollte. Begehrlich streckte er die Hand aus und berührte ihr Haar. Sie ließ es geschehen, auch als seine Hand tiefer glitt, über ihr Gesicht, ihren Hals, ihre Brüste. Er konnte sehen, wie sie erschauerte, und da küsste er sie, zuerst sanft, dann hart, gierig, ohne Zurückhaltung.
Es war normalerweise nicht Armands Art, einfache Dienstmädchen zu verführen, doch in dieser Nacht war ihm alles gleichgültig geworden. Er hatte lange keine Frau mehr gehabt, nicht seit der rothaarige Teufel hierhergekommen war.
Der Gedanke schmerzte noch immer, doch Armand konnte bereits spüren, wie der Schmerz in den Armen des fremden Mädchens dahinschmolz, sich auflöste wie Nebel in der Morgensonne. Zumindest für eine Weile.
Und dann nahm er sie, und das Vergessen, nach dem er sich so sehr gesehnt hatte, kam. Für einen Augenblick, nur einen Augenblick, schaltete das Verlangen seine Gedanken aus. Er ließ der Begierde freien Lauf, schloss seine Finger um ihre schmalen Handgelenke und drückte den mageren Körper zu Boden. Grob hielt er sie fest, obwohl sie sich ohnehin nicht wehrte. Er wusste, er war zu brutal, wusste, dass er ihr wehtat, doch auch das war ihm egal, und sie ließ es geschehen, gab sich ihm widerstandslos hin, natürlich, denn er war ja der König.
Es dauerte nicht lange. Ein paar wenige Stöße, dann ließ er sie frei, zog sich hastig wieder an und rang keuchend nach Atem.
Doch Armand spürte keine Befriedigung. Im Gegenteil.
Was hatte John gesagt?
Du hast nie eine Frau geliebt, du benutzt sie nur, wie es dir gefällt!
Plötzlich war ihm speiübel, ob vom Wein oder vor Scham, er wusste es nicht. Er zitterte. Mühsam richtete er sich auf, taumelte nach draußen und erbrach sich noch in der Tür. Angewidert fuhr er sich mit dem Handrücken über den Mund, presste die Hand gegen den Leib und rannte nach oben in seine Gemächer, so schnell er nur konnte.
Krachend schlug die Tür hinter ihm ins Schloss, für einen Moment lehnte er sich dagegen, schloss die Augen und öffnete sie gleich darauf wieder. In seinem Kopf drehte sich alles, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn, und er spürte, wie ihm schon wieder übel wurde.
Kraftlos schleppte er sich zum Abort, würgte krampfhaft und sank erschöpft auf dem Fußboden zusammen. Aber es war noch nicht vorbei. Immer und immer wieder musste er sich in dieser Nacht übergeben, so als könne er mit dem Inhalt seines Magens auch seinen Selbsthass loswerden, sich befreien von all dem Elend in seinem Inneren. Und doch verachtete er sich selbst mit jedem Augenblick mehr.
Irgendwann aber, als schon der Morgen graute, hörte es endlich auf. Am ganzen Körper zitternd vor Erschöpfung kroch Armand ins Bett, rollte sich unter der Decke zusammen und überließ sein gequältes Bewusstsein der wohltuenden Dunkelheit des Schlafs.
***
Zu Beginn ihres weiten Weges nach Mirnà war John viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um besonders auf seine neuen Männer zu achten. Er ritt an ihrer Spitze, düster vor sich hin brütend, und wenn sie abends am Feuer zusammen saßen, würfelten, redeten, lachten, dann kauerte er sich abseits zusammen, starrte in die Flammen und hing seinen Gedanken nach.
Doch die Tage und Nächte waren lang, und selbst John konnte nicht ewig seine Einsamkeit pflegen. Irgendwann ließ er sich in ihrer Mitte nieder, begann erstmals, sie wahrzunehmen, und fing an, ihren Geschichten zu lauschen.
Sie erzählten viele Geschichten. Zum Beispiel die, wie Armand de la Fèvre mitten in ihr Lager spaziert war, als sie für mehr Sold protestiert hatten, und wie sie ihn bekommen hatten. Armand war so etwas wie ein Held für sie.
Es machte John froh zu hören, wie beliebt Armand bei seinem Volk war, und doch schämte er sich auch, denn er hatte diesen König verraten, den sie so liebten. Aber auch in diesem Punkt belehrten ihn die Männer eines Besseren. Auf eine merkwürdige Art und Weise schienen sie John für seine Verbindung zu der Prinzessin sogar zu bewundern. Er war einer von ihnen und er hatte die Liebe einer Königstochter gewonnen. Das war etwas Besonderes, etwas, das ihn in ihren Augen ebenso zum Helden machte wie Armand. Nur auf eine andere Weise.
Zuerst war John darüber verärgert. Er hatte seinen Freund betrogen und er wollte sich deswegen schuldig fühlen.
Doch dann begann er zu begreifen, was es wirklich zu bedeuten hatte. Er war einer von ihnen. Kein Adeliger, keine Hofschranze, ein einfacher Mann. Und mit einem Mal tat es unendlich gut, ein einfacher Mann zu sein. Die ganze Zeit über, die er an Armands Seite in Mirabeaux verbracht hatte, hatte er das Gefühl gehabt, nicht wirklich dazuzugehören. Vielleicht hatte er auch nie dazugehört. Er war der beste Freund des Königs gewesen, ja, vielleicht hatte er damit sogar die meiste Macht am Hof besessen. Aber er hatte diese Macht nicht gewollt. Er war kein Adeliger und deshalb hatten sie ihn nie wirklich akzeptiert. Seine Männer schon, aber nicht die Höflinge. Er war immer ein Außenseiter gewesen. Es hatte ihn nicht gestört, damals, er hatte ja Armand zum Freund gehabt.
Nun aber war Armand fort und John hatte keinen Freund mehr. Doch er gehörte zum ersten Mal dazu. Diese Männer waren wie er, ohne Titel, ohne Herkunft. Zum ersten Mal seit Jahren musste sich John nicht für seine Abstammung rechtfertigen. Er war zwar ihr Anführer, doch er war einer von ihnen.
Und das war gut so. Gut, nichts als ein einfacher Mann zu sein. Ein bisschen war es wie damals, bei seinem ersten Feldzug. Dennoch ... Damals war für ihn alles wie ein schillerndes, glitzerndes Abenteuer gewesen. Manchmal schien es ihm wie eine Ewigkeit her zu sein, so vieles hatte sich verändert seitdem.
Er selbst war nicht mehr derselbe naive junge Bursche wie damals. Damals war sein Kopf voll von Begriffen wie Ruhm und Ehre gewesen. Er hatte nicht gewusst, was Krieg wirklich bedeutete. Vielleicht wusste er es auch heute noch nicht, doch er wusste jetzt, dass Kampf und Ehre nicht dasselbe waren. Und dass es manchmal nicht genügte, eine schöne Uniform zu tragen, um Ehre zu erlangen.
Dies wurde ihm auch während ihrer Reise klar vor Augen geführt.
Sie zogen durch eine kleine, verschlafene Stadt, deren Namen John nicht einmal kannte. Er hatte den Männern erlaubt, für eine Stunde zu rasten und war mit einigen seiner Offiziere selbst auf dem Weg zur Schenke, um etwas zu trinken. Sie ritten gerade über den Marktplatz, als plötzlich Tumult entstand. Zwei Soldaten kamen aus der Schenke, einen offenbar völlig betrunkenen Mann hinter sich her schleifend.
John runzelte die Stirn. Es waren Soldaten des Königs, daran bestand kein Zweifel, doch sie waren nicht von seinem Regiment. Einer der Soldaten begann, den Mann zu schlagen, und als dieser torkelnd zu Boden ging, trat er brutal mit dem Stiefel nach.
John gab seinem Pferd die Sporen, war mit einem Satz auf der anderen Seite des Platzes und sprang aus dem Sattel, noch ehe das Pferd vollends zum Stehen gekommen war.
»Was tut ihr da?«, herrschte er die Soldaten an. »Wer ist dieser Mann und was hat er getan?«
Die Soldaten hielten inne, der eine, der gerade noch die Hand zum Schlag erhoben hatte, setzte zu einer scharfen Entgegnung an, überlegte es sich aber anders, als er das Majorsabzeichen auf Johns Uniform erblickte. Er selbst war nur Leutnant, wie John rasch erkannte.
Unsicher, wie er reagieren sollte, salutierte der Fremde, ließ den Betrunkenen, der mit blutender Nase am Boden lag, jedoch nicht aus den Augen. »Commandant, wir sind die Werber des Königs«, erklärte er. »Wir rekrutieren neue Soldaten für die Armee.«
»Die Werber des Königs?« John musste sich beherrschen, um sich seine Fassungslosigkeit nicht anmerken zu lassen. Was hatte Armand nur getan? Wollte er jetzt Bauern und Handwerker in den Krieg schicken, um Michaels Kanonen zu füttern?
Offenbar ja.
Und doch: Armand mochte vom Krieg gegen Mirnà besessen sein, aber John konnte sich nicht vorstellen, dass Armand das hier wirklich befohlen hatte. Betroffen musterte er den Betrunkenen. Die Soldaten hatten ihn übel zugerichtet, sein linkes Auge war fast ganz zugeschwollen, sein Hemd war zerrissen, und er blutete. Trotzdem schien er die Gelegenheit nutzen zu wollen, denn er rappelte sich mühsam auf, um zu fliehen, wurde aber von dem zweiten Soldaten grob zurückgestoßen.
»Lasst ihn!«, befahl John scharf.
Der Soldat funkelte ihn herausfordernd an. »Was soll das? Wir machen hier nur unsere Arbeit!«
John schnaubte. »Ist es eure Arbeit, die Bürger von Tarennes zu verprügeln? Was hat dieser Mann getan?«
»Nichts«, entgegnete nun wieder der Leutnant. »Er weigert sich, seinem Vaterland in der Armee zu dienen. Er soll den Vertrag unterzeichnen, dann ist alles gut.«
John spürte heißen Zorn in sich aufsteigen. »Seit wann werden einfache Bürger mit Gewalt in die Armee gezwungen? Ihr könnt doch nicht …«
»Mit Verlaub, Commandant«, unterbrach ihn der Leutnant. Auch in seiner Stimme schwang Zorn. »Aber das geht Euch gar nichts an. Wir führen hier nur einen Befehl aus, und Ihr werdet uns nicht daran hindern.«
John kniff die Augen zusammen. Er beherrschte sich nur noch mühsam. »Wessen Befehl?«, fragte er gepresst.
Der Soldat erwiderte seinen Blick ungerührt. »Den Befehl des Königs, wenn es Euch beliebt«, entgegnete er spöttisch.
John trat in einer herausfordernden Geste einen Schritt näher. »Zufällig kenne ich den König sehr genau«, erklärte er drohend. »Und ich bin sicher, er würde eine derartige Misshandlung seiner Untertanen niemals dulden.«
Wütend starrte ihn der Leutnant an, aber er schien doch verunsichert durch Johns Worte, denn er sagte nichts mehr.
»Zu welchem Regiment gehört Ihr?«, erkundigte sich John barsch. »Wer ist Euer Befehlshaber?«
Der Mann zögerte, hin- und hergerissen zwischen Zorn und vorsichtigem Respekt. »Marschall Lambert«, antwortete er schließlich.
John presste die Zähne aufeinander. Lambert! Wieder einmal Lambert! Nur mit äußerster Anstrengung beherrschte er seine Wut.
»Lasst diesen Mann frei«, meinte er und deutete auf den Betrunkenen. »Nur ein Soldat, der freiwillig dient, ist ein guter Soldat. Der König kann keine Männer gebrauchen, die bei der ersten sich bietenden Gelegenheit desertieren.«
Der Leutnant wirkte verwirrt, regte sich jedoch nicht. Und John spielte einen Trumpf aus, den er eigentlich gar nicht mehr in der Hand hatte. »Ich kenne den König«, wiederholte er. »Soll ich ihm wirklich einen derart negativen Bericht erstatten müssen? Wollt Ihr das? Wollt Ihr wirklich dafür verantwortlich sein, wenn der König sich auf eine Armee von Säufern verlassen muss?«
Er deutete auf den Betrunkenen, der gar nicht wirklich zu begreifen schien, was um ihn geschah. Der Leutnant senkte den Blick. »Na schön.« Grob stieß er dem Mann den Gewehrkolben in die Seite. »Hau ab! Du kannst gehen!«
Widerwillig wandte er sich an John. »Commandant.« Er salutierte knapp, und John nickte. Dann wandte er sich ab, winkte seine Männer heran und stapfte grimmig zur Schenke. Er konnte jetzt wirklich einen Becher Wein gebrauchen! Oder besser gleich zwei.
Sie wurden jedoch recht rüde empfangen. »Verschwindet!«, rief ihnen der Wirt entgegen, kaum dass sie die Schenke betreten hatten. »Wir wollen hier keine Werber haben! Ihr habt genug von meinen Gästen geschlagen!«
John ballte die Hände zu Fäusten. Er war dicht davor, seinen kaum bezähmten Zorn nun an dem Wirt auszulassen, doch er beherrschte sich auch diesmal. »Wir sind keine Werber«, erklärte er kühl. »Wir sind einfach nur Soldaten, die gerne etwas trinken möchten.« Unwirsch knallte er eine Münze auf den Tisch. »Also?« Herausfordernd blickte er den Wirt an, und dieser verschwand knurrend hinter der Theke, um zwei Weinkrüge zu holen.
John entspannte sich langsam.
»Meint Ihr, das war klug?«, fragte einer seiner Männer und deutete nach draußen, zum Marktplatz hin. »Der König ist im Augenblick ohnehin nicht besonders gut auf Euch zu sprechen, Commandant. Was, wenn er die Zwangsrekrutierungen tatsächlich befohlen hat?«
»Das hat er nicht«, entgegnete John überzeugt. »Ganz bestimmt nicht.«
***
»Lambert, wie steht es mit den Werbern?« Armand saß in seinem Arbeitszimmer hinter dem Schreibtisch. Er hatte Lambert extra rufen lassen, um ihm diese Frage zu stellen. »Haben wir schon viele Rekruten zusammen?«
Lambert nickte. »Sehr viele, Sire.«
»Und sie alle sind gekommen, um Tarennes aus freien Stücken zu verteidigen?«
Lambert verneigte sich. »Tarennes und Euch, Sire.«
Die Augen des Königs leuchteten. »Ich wusste, mein Volk würde mich nicht im Stich lassen!« Überschwänglich sprang er auf. »Das habt Ihr gut gemacht, Lambert!«
Der Marschall verneigte sich erneut. »Euer Diener, Sire.«
Der König trat ans Fensterbrett, seine Fingerspitzen trommelten nachdenklich darauf herum.
»Meint Ihr, es war die richtige Entscheidung?«, fragte er plötzlich. »Vielleicht hattet Ihr Recht. Vielleicht ist es falsch, das Volk in den Krieg zu schicken.«
Lambert wich seinem Blick aus. »Wir haben keine andere Wahl, Majestät.«
»Aber was werden die Menschen von mir denken, wenn ich ihre Söhne opfere? Wird das Volk mich hassen?« Hilfesuchend sah er Lambert, seinen ehemaligen Lehrer, an. »Was meint Ihr, Maréchal?«
Er wirkte sehr jung in diesem Moment, allzu jung.
»Mein König, alle Soldaten sind die Söhne von irgendwem«, entgegnete Lambert ernst. »Es ist Krieg. Und im Krieg müssen eben Opfer gebracht werden.«
Der König schwieg.
Da trat der Marschall näher und wagte etwas, das ihm üblicherweise nicht zustand: Er legte dem König in einer ungewöhnlich vertrauten Geste die Hand auf die Schulter. »Sire, Ihr macht Euch zu viele Sorgen.«
Armand seufzte leise. »Ja, vielleicht. Es ist einfach zu viel geschehen in letzter Zeit ...« Sein Blick ging ins Leere. Er wirkte erschöpft und ausgelaugt.
Lambert lächelte. »Nun, vielleicht habe ich etwas für Euch, das Euch aufheitern könnte«, versprach er geheimnisvoll.
Armand hatte sich nur widerwillig auf Lamberts Aufmunterungsversuch eingelassen. Eigentlich war er viel zu beschäftigt, um seinen Schreibtisch zu verlassen, und seine Gedanken viel zu verworren, um ihn davon ablenken zu können. Die Verletzung war zu tief, er würde niemals Vergessen finden können, das hatte er selbst allzu schmerzhaft erfahren müssen. Und so ließ er sich missmutig von Lamberts Kutsche in die Stadt fahren, allmählich einen sanften Ärger verspürend, da der Marschall ihm einfach nicht sagen wollte, wohin die Reise gehen sollte.
»Das ist albern, Lambert«, bemerkte Armand gereizt. »Wollt Ihr mich etwa entführen?«
»Ihr seid zu ungeduldig, Sire«, versetzte der Marschall ungerührt. »Und außerdem –«, flüchtig blickte er durch das Fenster der Kutsche hinaus, »sind wir ohnehin gleich da.«
Er gab dem Kutscher ein Zeichen und sie hielten vor einem kleinen, aber vornehmen Stadtpalais. Armand runzelte die Stirn. Halbwegs hatte er vermutet, Lambert würde ihn in ein Bordell oder Ähnliches verschleppen, doch das Gebäude war eindeutig zu vornehm für ein solches Etablissement. Armand atmete erleichtert auf. Eine Aktion in dieser Art hätte dem Marschall, der selbst die eine oder andere zwielichtige Liebschaft zu unterhalten pflegte, ähnlich gesehen. Nach seinem eigenen unglücklichen Erlebnis mit der Küchenmagd war dies jedoch das Letzte, was Armand gebrauchen konnte.
Sie stiegen aus der Kutsche, und Armand betrachtete das Palais genauer. Er kannte es nicht, wusste nicht, wem es gehörte, und es war ihm auch egal. Lambert sollte endlich mit diesem Spielchen aufhören. Er war jetzt der König und nicht mehr Lamberts junger Schüler!
Dennoch … Armand hätte es nicht zugegeben, doch die Geheimnistuerei des Marschalls begann ihn allmählich neugierig zu machen. Und so fragte er nicht noch einmal, was das Ganze zu bedeuten hatte.
Als sie das Palais betraten, war er dann allerdings doch überrascht. Zumindest in einem Punkt hatte er Recht gehabt: Es war kein Bordell. In dem schlichten Salon, in den ihn der Marschall führte, gab es überhaupt keine Frauen, nur Männer waren anwesend. Männer – und Spieltische.
Fragend blickte Armand zu Lambert. »Glücksspiel?«, bemerkte er zweifelnd. »Ihr wollt mich zum Glücksspiel verführen?«
Lambert machte eine einladende Handbewegung. »Versucht es.«
Armand zögerte. Im Hintergrund spielten die Anwesenden Billard, Karten und Roulett oder würfelten auf mit Samt bezogenen Tischchen. Sie alle schienen von Adel, nicht wenige davon kannte Armand sogar, aber nicht einer blickte auch nur zu ihnen hin.
Armand runzelte die Stirn. »Erkennen sie mich gar nicht?«, wunderte er sich.
Lambert lächelte. »Natürlich erkennen sie Euch, Sire«, entgegnete er gelassen. »Aber würde der König von Tarennes jemals zum Glücksspiel gehen? Also seid Ihr nicht der König von Tarennes, nicht jetzt. Versteht Ihr?«
Armand war noch immer skeptisch. »Nein«, versetzte er geradeheraus.
Die Augen des Marschalls funkelten amüsiert. »Nun, Sire, es ist eine Frage der Diskretion.«
Armand seufzte. »Wenn das alles hier so verwerflich ist, warum habt Ihr mich dann hergebracht?« Seine Neugierde begann allmählich zu verfliegen und machte der alten Gereiztheit Platz.
Der Marschall neigte sich zu ihm, als wolle er ihm ein Geheimnis mitteilen. »Sire, es war doch eine Frau, die Euch diesen ... Kummer verursacht hat«, meinte er mit gesenkter Stimme. »Und seht Ihr hier irgendwelche Frauen?« Seine Hand schloss in einer weitläufigen Geste den gesamten Raum ein. »Nein. Es ist etwas, was ein Mann tun kann, wenn er ungestört seine Sorgen vergessen möchte. Ein Ort, um sich zu amüsieren. Deshalb habe ich Euch hierher gebracht, Sire.«
Armand schwieg. Niemals würde er vergessen, was ihm Margaret Ashton angetan hatte. Niemals würde er John vergessen. Er hatte es versucht. Bei Gott, mit jeder Sekunde, jedem Atemzug hatte er es versucht. Und nun sollte ausgerechnet Glücksspiel den Schmerz in seiner Brust lindern? Er konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen, aber Lambert ließ nicht locker. »Na los, probiert es!« Sanft schubste er Armand an einen der Spieltische.
Sofort eilte ein Bediensteter in roter Livree herbei, um ihm ein Glas Wein anzubieten, doch Armand lehnte ab. Stattdessen griff er nach den elfenbeinernen Würfeln.
Drei Würfelspiele, vier Runden Roulett und einige Gläser Wein später begann er, sich tatsächlich widerwillig zu amüsieren. Lambert hatte Recht gehabt: Das Glücksspiel, hier an diesem seltsamen Ort, wo niemand mit Titel angesprochen wurde, so dass keine Schande auf einen ehrwürdigen Namen fallen konnte, wenn man verlor, hatte tatsächlich seinen Reiz.
Eine dünne, schwarze Zigarre aus Alméria und einige Kartenspiele später begann eine Art fiebriger Erregung, ein angespannter Nervenkitzel, von Armand Besitz zu ergreifen, und er wollte mehr davon.
Einige Stunden später hatte er das Geld, das Lambert mitgebracht hatte, bereits verspielt, doch der Marschall versicherte ihm, dem König würde man immer und überall Kredit gewähren. Also machte er weiter. Lange nach Mitternacht stellte er fest, dass er bereits seit Stunden nicht mehr an Margaret und John gedacht hatte, nicht an den Krieg, nicht an Mirnà.
Und erst als der Morgen bereits graute, verließen sie das Palais und fuhren zurück nach Mirabeaux. Armand war todmüde und schlief noch in der Kutsche ein, und der Marschall musste ihn wie ein Kind in seine Gemächer bringen.
Auf dem Weg in sein Schlafzimmer und bereits halb im Reich der Träume gefangen, wandte er sich jedoch noch einmal zu Lambert um. »Ihr seid verrückt, Lambert, aber eines muss man Euch lassen«, bemerkte er schlaftrunken. »Ihr wisst wirklich, Euch zu amüsieren.«
Der Marschall lächelte still.
Von nun an wurde in Mirabeaux jeden Tag ein Fest gegeben, eines rauschender als das andere. Armand de la Fèvre machte die Nacht zum Tag, Hunderte von Kerzen erleuchteten das Schloss, und es schien niemals mehr dunkel zu werden in Mirabeaux. Ein Maskenball folgte dem anderen, ein Bankett dem nächsten, und an den Tagen dazwischen lud der König zum Tanz, in die Oper, ins Theater. Er besuchte noch öfters jenes Palais, spielte Karten, Roulett, gewann – und verlor. Vor Morgengrauen ging er niemals zu Bett, ja, er schien überhaupt keinen Schlaf mehr zu brauchen, denn sein ganzes Leben war wie ein Traum, den er selbst erschaffen hatte, ein bunter, schillernder Traum.
Der König war wie in einer schimmernden Seifenblase gefangen, doch es kümmerte ihn nicht. Er war wie im Rausch, trunken von Schönheit, Pracht und Prunk. War es nicht in Ordnung so? Er war der König von Tarennes, oder nicht? Und Lambert war stets an seiner Seite, folgte dem König wie ein Schatten. Lambert war überhaupt der Einzige seiner Berater, den Armand noch um sich ertragen konnte. Brissot und Lorient, die beiden Minister, hatten von Anfang an nur an ihm herumgenörgelt, und Lorient hatte ihm zudem dieses rothaarige Weibsbild an den Hals gejagt, nein, er konnte ihnen nicht vertrauen. Er war der König, es stand ihnen nicht zu, seine Entscheidungen in Frage zu stellen. Er hatte die Unkenrufe satt. Er wusste schon, was er tat. Das Volk liebte ihn, und der Hochadel fraß ihm aus der Hand, seit er jeden Abend ein neues Spektakel für ihn inszenierte, was wollten sie mehr?
Und General Fourier hatte Armand zwar immer gemocht, doch er war zu steif, zu trocken, zu sehr Soldat, um zu begreifen, was der König tat. Wie konnte ein Mann, der stets eiserne Disziplin gewahrt hatte, verstehen, in welchem Taumel sich Armand befand?
Lambert schien es zu verstehen und er schien auch zu verstehen, weshalb Armand diesen Taumel brauchte. Stumm begleitete er den König auf jedes Fest, jeden Ball, und während der ganze Hof hinter vorgehaltener Hand über Margaret Ashton und Jonathan Blackwood tuschelte, erwähnte er keinen der beiden auch nur ein einziges Mal.
Vielleicht war das der Grund, aus dem Armand ihm mit einem Mal so sehr vertraute. Lambert hatte ihm damals die Augen über die beiden geöffnet, jetzt war er es, der ihm half, sie fest verschlossen zu halten.
Tief in seinem Inneren spürte Armand genau, dass ihm etwas fehlte, etwas oder jemand, und der Glanz, die Feste, der Wein, all das war das Einzige, was noch zwischen ihm und der gähnenden Leere stand. Armand schwamm in einem Strom aus Eitelkeiten dahin, und all dieser Tand war das Einzige, was ihn daran hinderte zu ertrinken.
***
Für John hingegen wurde das Leben zunehmend härter. Sie trafen keine Werber mehr, doch sie kamen auch in keine größere Stadt mehr. Nach Wochen im Sattel hatten sie das Hinterland Tarennes’ erreicht, und dieses Land war nur spärlich besiedelt. Die Straßen wurden schlechter und sie kamen langsamer voran. Zudem wurden ihre Vorräte knapp. Sie hatten eine ganze Wagenladung mit Proviant verloren, als sie versucht hatten, einen über die Ufer getretenen Fluss zu überqueren, und ein Teil ihrer Ausrüstung war beschädigt worden.
Die Versorgung mit neuen Vorräten funktionierte nur schlecht, der Nachschub aus den Städten kam spät oder gar nicht. Viele der Lebensmittel verdarben auf dem Weg, denn es war feucht und klamm dieser Tage. Die Dörfer und Gehöfte, an denen sie vorbeizogen, hatten nur wenig Nahrungsmittel anzubieten, und da John das Plündern im eigenen Land streng verboten hatte, legten sich die Soldaten meist hungrig schlafen.
Die Stimmung wurde schlechter, aber nicht zu schlecht. John bemerkte nach wie vor einen Zusammenhalt unter den Männern, den er bei Hofe stets vermisst hatte, doch auch er selbst begann die Entbehrungen nach und nach zu spüren. Irrte er sich, oder war es leichter gewesen bei seinem ersten Feldzug? Sicher, er hatte keinerlei Verantwortung getragen damals, doch da war noch etwas anderes. John hatte es selbst nicht erkannt, doch vielleicht hatte er zu lange den Luxus von Mirabeaux genossen, hatte zu lange in Seidenbetten geschlafen, zu lange die süßesten Speisen gekostet. Beinahe hatte er vergessen, wie es war, auf der Erde zu schlafen, den Wind und den Regen auf dem Gesicht zu spüren, tagelang, nächtelang. Das Leben in Mirabeaux hatte ihn weich gemacht, hatte einen Adeligen aus ihm gemacht. Jetzt war es, als tauche er aus klebrigem Sirup wieder auf, befreiend und schmerzhaft zugleich. Er war wieder Soldat, sonst nichts.
Und während John sich seine karge Ration mit seinen Männern teilte, tischte Armand in Mirabeaux seinen Gästen die erlesensten Speisen auf, kredenzte exotische Früchte und den süßesten Wein. Er selbst jedoch rührte meist keines der edlen Gerichte an, ließ feinste Pasteten und kunstvollste Desserts unbeachtet stehen, als wäre er von einer unsichtbaren Krankheit verzehrt. Dafür trank er umso mehr Wein, und während John sich abends mit seinen Männern am Feuer den Alkohol aus der Feldflasche teilte, um ein wenig Wärme in kalten Nächten zu spüren, leerte der König Glas um Glas aus glitzerndem Kristall.
Und während John, erschöpft von den langen Tagen im Sattel, von Mattigkeit gezeichnet, auf seinem harten Feldbett jeden Abend sofort in traumlosen Schlaf sank, schien Armand dem Schlaf entfliehen zu wollen, lag, in Decken von Brokat gebettet, stundenlang wach und fand keine Ruhe.
Und während die lange, harte Reise und ein ungewisses Schicksal die Männer des Lafière-Regiments zusammenschweißten, umgab sich der König mit Schmeichlern und Hofschranzen, die vorgaben, seine Freunde zu sein, und doch den Einen, den Verräter, nicht ersetzen konnten.
Und während John jeden Morgen, jeden Tag, jede Nacht nur an die Eine denken konnte, an Margaret, die er niemals wiedersehen würde, umgarnten die schönsten Frauen des Landes den jungen König – und doch gewann keine sein zersplittertes Herz.
***
»Sire«, begann Finanzminister Brissot die nur mit Mühe erlangte Audienz beim König untertänigst und reichte Armand eine Mappe mit sorgsam ausgearbeiteten Dokumenten. »Wenn Ihr euch dies einmal ansehen würdet ...« Er verneigte sich.
Armand zog die Stirn in Falten. »Was ist das?«
»Sire, eine Auflistung der Staatsausgaben, und –«
»Ach so.« Achtlos legte der König die Mappe zur Seite. »Ich werde es mir später ansehen. Gibt es sonst noch etwas?«
»Aber Majestät!« Der Minister war bestürzt. »Diese Dinge sind sehr wichtig!«
»Ja, natürlich.« Der König seufzte. »So wie alles andere.« Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, und als Brissot nicht reagierte, sondern ihn nur brüskiert anstarrte, fügte er resigniert hinzu: »Hört zu, Brissot. Ich bin sehr beschäftigt. Also, warum sagt Ihr mir nicht einfach, worum es geht?«
Brissot errötete, was den König zu belustigen schien. Der Minister blickte zu Boden. »Sire, was ich versuchte, Euch mitzuteilen, ist ... nun ja ...«
Seine Finger bewegten sich nervös. »Der Krieg gegen Mirnà verschlingt einen Großteil des Staatshaushaltes, und Ihr ... nun Ihr ...« Er schien am liebsten im Boden versinken zu wollen. Dem König eine Liste neutraler Zahlen zu präsentieren, war eine Sache, ihm die Finanzlage des Landes konkret ins Gesicht zu sagen, eine völlig andere.
»Ihr habt Spielschulden«, erklärte er endlich. »Eure Festivitäten verschlingen Unsummen, allein die Kosten für die kandierten Früchte aus Alméria letzte Woche haben das Budget für diesen Monat schon überschritten, und die Bilanzen sind, mit Verlaub gesagt, desaströs.«
Der König starrte ihn an. »Wollt Ihr ... wollt Ihr damit sagen, der Staat sei ... bankrott?« Er betonte die Worte in eigenartiger Weise, so als hätte er in keiner Weise verstanden, worum es ging. Überhaupt schien er nicht recht bei der Sache. Wie meist in letzter Zeit.
Brissot wand sich. »Ich will damit sagen, Sire«, wagte er es endlich zu sprechen, »dass Eure Ausgaben für Feste, Garderobe und Vergnügungen das Budget sprengen. Vergebt mir, Majestät, doch angesichts der finanziellen Lage des gesamten Landes, wäre es da nicht angemessener, ein wenig ... nun ... Maß zu halten?«
Der König blinzelte. Brissot wartete ängstlich auf einen Wutausbruch, doch dieser kam nicht. Stattdessen begann der König, schallend zu lachen. Es war beleidigend, selbst wenn es von einem König kam.
»Sire, diese Dinge sind durchaus nicht erheiternd«, bemerkte Brissot ernst, doch der König schien den Affront gar nicht zu bemerken. »Ihr seid erheiternd«, entgegnete er, nur mühsam beherrscht. »Ihr denkt, ich verschwende zu viel Geld, wie? Ich bin der König von Tarennes, soll ich etwa in Lumpen herumlaufen?«
»Nein, Sire, aber –«
Armand de la Fèvre ließ ihn gar nicht zu Wort kommen. »Oder soll ich meinen Gästen vielleicht irgendeinen Fraß auftischen?« Heftig schüttelte er den Kopf. »Das ist absurd, Brissot, also wirklich!« Wieder sprudelte das Lachen aus seiner Kehle empor.
Brissot war verwirrt. Er war sich nicht sicher, doch er wurde das Gefühl nicht los, der König hielte das alles tatsächlich für einen dummen Scherz, den er, Brissot, sich erlaubt hatte.
»Der Krieg verschlingt Millionen!«, erklärte er erneut. »Sire, ich bitte Euch, jeden Abend Maskenbälle, Theater, Glücksspiel und Bankette. Ihr könnt Euch das alles nicht leisten.« Und mit Nachdruck fügte er hinzu: »Tarennes kann es sich nicht leisten.«
Der König zuckte nur mit den Schultern. »Lasst Euch etwas einfallen«, entgegnete er ungerührt. »Ihr seid der Finanzminister, oder nicht?« Beiläufig griff er nach dem Becher auf seinem Schreibtisch und trank einen Schluck Wein. »Eine neue Steuer, vielleicht«, schlug er vor.
Brissot sah ihn direkt an. »Noch mehr Steuern und Ihr habt den Aufruhr im ganzen Land«, meinte er unheilvoll.
»Unsinn!« Der König lachte erneut. »Aber gut, dann eben etwas anderes. Wie gesagt, Ihr seid der Finanzminister.«
Brissot war noch nicht bereit aufzugeben. Der König konnte doch nicht so blind sein! »Sire, ich bitte Euch, versucht die Ausgaben für den Hof zu reduzieren«, drang er in den König. »Die Lage ist sehr ernst. Ihr stürzt das Land in den Ruin, wenn Ihr so weitermacht.«
Tatsächlich schien der König einen Moment lang nachzudenken. »Ja, Ihr habt Recht, die Lage ist wirklich ernst«, meinte er dann, in verändertem Tonfall, was Brissot aufhorchen ließ.
»Der Krieg, das angespannte Verhältnis zu Dorton ... Aber gerade deshalb sind die Feste wichtig, versteht Ihr? Ich muss meinem Volk zeigen, dass alles in Ordnung ist. Und ich muss den Hochadel bei Laune halten. Das ist wichtig, wichtiger als Eure Zahlen.«
Brissot blickte den König an. Die meergrauen Augen Armand de la Fèvres wirkten ernst, zum ersten Mal während des ganzen Gespräches. Er glaubte tatsächlich, was er sagte, er war fest davon überzeugt, im Recht zu sein.
Und trotzdem, Brissot wusste selbst nicht, welcher Teufel ihn in diesem Moment ritt, entgegnete der Finanzminister: »Den Adel, Sire, oder Euch selbst?«
Ein Schatten glitt über das Gesicht des Königs, aber er beherrschte sich. Noch. »Ihr meint, ich soll sparen?«, fragte er, gefährlich leise. »Wie wäre es dann, Brissot, wenn ich bei Eurem Salär anfangen würde?«
Der Minister erstarrte. Schweigend, mit nichts als einer knappen Verbeugung, verließ er den Raum.
General Fourier wartete vor den Gemächern des Königs, als der völlig aufgelöste Minister Brissot herausgestürmt kam und den General beinahe über den Haufen rannte. »Verzeiht«, murmelte der Minister bestürzt. »Ich ...«
Fourier blickte ihn an. »Alles in Ordnung, Exzellenz?«
Brissot seufzte. »Ja, natürlich. Es ist nur ...«
Er schüttelte den Kopf. »Es ist der König«, gab er dann zu. »Er denkt nur noch an Bälle und Feste! Er gibt Unsummen dafür aus! Wohin soll das noch führen? Aber er hört ja nie zu. Es interessiert ihn gar nicht.« Nervös verfiel er in Schweigen, erschrocken über seine eigenen Worte. »Versteht mich nicht falsch«, fügte er hastig hinzu. »Er ist der König, aber ... er ist so ... verändert.«
Fourier nickte nur. »Ja, das ist mir bereits aufgefallen.«
Man hätte schon blind sein müssen, um nicht zu bemerken, in welch desaströsem Zustand sich der König befand, seit der junge Blackwood fort war. Fourier wusste nur zu gut, warum. In der Tat wog der Verrat schwer, und sie alle durften nicht vergessen, wie jung dieser König war. Doch Brissot hatte Recht: Er war nun einmal der König. Er musste lernen, seinen persönlichen Schmerz zugunsten der Staatsgeschäfte zu ignorieren.
Fourier seufzte. Er hatte schon lange den Eindruck, der König sei auf einem falschen Weg. Doch einzig Lambert kam noch an ihn heran. Und Lambert hatte offenkundig einen schlechten Einfluss auf ihn!
Der General wandte sich wieder an Brissot. »Macht Euch keine Sorgen«, meinte er tröstend. »Ich werde mit ihm sprechen.«
Er war sich ganz und gar nicht sicher, ob er etwas erreichen würde, als er die Gemächer des Königs betrat, doch er musste es zumindest versuchen.
Der König wirkte jedoch überraschend aufgeräumt, als er den General bemerkte. »Nicolas!«, begrüßte er ihn mit Vornamen. »Was kann ich für Euch tun?«
Nicolas Fourier zog die Brauen hoch und musterte den König einen Moment lang direkt. Er war sehr blass, nur über den Wangen lag eine unnatürlich Röte, als hätte er Fieber. Die stählernen Augen glänzten, doch die Pupillen waren seltsam geweitet wie tiefschwarze Abgründe.
Plötzlich erschien ihm die Fröhlichkeit des Königs in einem anderen Licht. Fouriers Blick fiel auf den Weinbecher auf dem Tisch. »Mein Gott«, bemerkte er, ohne sich mit Förmlichkeiten aufzuhalten. »Es ist noch nicht einmal Mittag und Ihr seid schon betrunken!«
Armand fuhr auf. »Ich bin nicht –«
Der General schnappte sich den Becher, noch bevor der König auch nur reagieren konnte. Es waren noch einige Tropfen Wein darin, doch der Geruch, der ihm aus dem Gefäß entgegenströmte, war nicht der von Wein. »Laudanum!«, stellte er überrascht fest.
Der König verzog das Gesicht. »Na und?«, bemerkte er gereizt. »Ich habe Kopfschmerzen!«
Fourier schnaubte verächtlich. »Ja, vom Wein, den Ihr gestern Abend getrunken habt!« Er schüttelte den Kopf. »Wie lange wollt Ihr noch so weitermachen? Ich verstehe ja Euren Schmerz. Was die Prinzessin und der Major getan haben, hat Euch tief gekränkt, aber –«
»Was wisst Ihr schon davon?«, unterbrach ihn der König wütend. »Ihr habt kein Recht, so mit mir zu reden!«
Fourier lachte. »Sire, Ihr seid der König, doch ich kenne Euch schon Euer Leben lang! Ich habe Euch auf den Knien geschaukelt, als Ihr noch ganz klein wart. Ja, vielleicht habe ich kein Recht, so mit Euch zu reden. Doch ich war einst Euer Lehrer und einst habe ich Eurem Vater versprochen, auf Euch aufzupassen.«
Der König senkte den Blick. »Ich brauche aber niemanden, der auf mich aufpasst.« Doch es klang schon weniger zornig.
Der General zögerte. Dann nahm er den Becher und warf ihm den König zu.
Armand schrak zusammen und fing ihn auf, wenn auch ganz knapp, kurz bevor er zu Boden fiel. »Was soll das?«, zischte er ärgerlich.
Nicolas Fourier sah ihn durchdringend an. »Eure Reflexe sind schlecht«, erklärte er scharf. »Seid Ihr sicher, dass alles in Ordnung ist mit Euch? Wann wart Ihr das letzte Mal wirklich nüchtern?«
In Armands Augen blitzte es auf. »Das geht Euch überhaupt nichts an!«
»Ihr irrt Euch, Sire.« Der General blieb ruhig. »Es geht mich sehr wohl etwas an. Mich – und ganz Tarennes.« Er wartete Armands Antwort nicht ab, sondern wandte sich stattdessen zur Tür. »Kommt mit!« Es war die Aufforderung eines Mannes, der es gewohnt war, Befehle zu ereilten – und dass man sie befolgte.
Armand de la Fèvre kochte vor Zorn, Nicolas Fourier sah es aus den Augenwinkeln des einen, verbliebenen Auges.
»Ihr seid unverschämt«, bemerkte Armand säuerlich.
Der General zuckte nur mit den Schultern. »Ja, ich weiß. Kommt Ihr?«
Die Augen des Königs bohrten sich in seinen Blick, doch am Ende war es der König, nicht der General, der nachgab. »Na schön.« Der König seufzte.
Fourier hatte Recht gehabt. Tief in seinem Inneren war dieser König immer noch ein Kind. Er war beunruhigend leicht zu beeinflussen. Schweigend folgte er dem General nach draußen und blieb erst stehen, als sie den Übungsplatz, Fouriers heimliches Ziel, erreicht hatten.
»Was soll das?«, bemerkte Armand gereizt.
»Nur ein paar kleine Übungen.« Der General nahm zwei abgestumpfte Degen aus der dafür vorgesehenen Halterung. »Ich war schließlich Euer Fechtlehrer, nicht wahr? Und es wird Euch guttun, den Wein aus Eurem Blut heraus zu schwitzen.«
Armand wollte protestieren, Fourier aber ignorierte es und warf ihm einen Degen zu. Ohne zu zögern, griff er an, der König konnte gar nicht anders als zu parieren. Er wehrte Fouriers Schläge zielsicher ab, routiniert – aber nicht mehr.
»Was denn, mehr habt Ihr nicht zu bieten?«, spottete Fourier und trieb den König seinerseits zurück. »Selbst Lamberts neue Rekruten fechten besser!«
Er hatte den König provozieren wollen und es gelang ihm. In Armands Augen blitzte es auf. Seine Klinge züngelte vor, doch er wählte ein klassisches Angriffsmanöver, das Fourier schnell durchschaute. Spielerisch wehrte er die Schläge ab. Die Klingen kreuzten sich, Schlag auf Schlag. Fourier beobachtete den König genau, selbst mit einem Auge konnte er seinen Gegner noch im Blick behalten, ihm entging nicht die kleinste Bewegung. Armand de la Fèvre war einst ein hervorragender Fechter gewesen und er war immer noch gut, doch es mangelte ihm an Spannkraft, an Leidenschaft. Jedem Einzelnen seiner Schläge war anzumerken, dass er im Grunde gar keine Lust hatte, sich zu duellieren. Der Kampf war ihm gleichgültig – so wie alles andere auch.
Fourier musste ihn irgendwie aus der Reserve locken. Er wusste selbst nicht genau, warum, doch er spürte, wie wichtig es war, diese Mauer aus Gleichgültigkeit um den jungen König herum zu durchbrechen. Und sei es nur für einen Moment.
»Wollt Ihr wirklich gegen einen Krüppel verlieren?«, spottete er weiter. »Stellt Euch vor, Michael Koschmail könnte Euch jetzt sehen! Mirnà hätte leichtes Spiel mit solch einem Gegner!«
Das war es. Die grauen Augen des Königs flammten auf. Dann, so schnell, dass selbst die geübten Reflexe des Generals nicht rasch genug reagieren konnten, griff er an, drehte die Klinge geschickt in der Luft und schlug Fourier die Waffe aus der Hand.
Der General lächelte. »Na also, es geht doch!« Gelassen bückte er sich nach seinem Degen. »Ihr lasst Euch zu schnell aus der Ruhe bringen«, bemerkte er sanft. »Aber Ihr seid immer noch gut, Respekt, Sire.«
Armand starrte ihn an. Feiner Schweiß stand auf seiner Stirn, und sein Atem ging keuchend. »Was zum Teufel sollte das?«, fragte er ärgerlich.
Fourier erwiderte ruhig seinen Blick. »Man sagt, wenn man beim Kämpfen einen Menschen über die Klinge des Degens beobachtet, dann sieht man direkt in sein Herz«, entgegnete er geheimnisvoll.
Armand schnaubte. Atemlos winkte er einen Pagen auf dem Platz heran und befahl grob, ihm einen Becher Wein zu bringen. »Und was seht Ihr in meinem Herzen?«
»Ich sehe, dass Ihr wohl besser auf Euch aufpassen solltet«, meinte Fourier. »Ihr seid in schlechter Verfassung.«
»Das ist keine große Erkenntnis!« Armand lachte hart. »Ich habe einen Krieg zu führen, ein Land zu regieren, was erwartet Ihr?«
Der Page kam mit dem Wein zurück, und der König leerte den Becher in einem Zug.
Fourier beobachtete es mit Besorgnis. Einmal mehr an diesem Morgen blieb sein Blick an der schlanken Gestalt des Königs heften, an der bleichen Stirn, von unsichtbaren Schatten umwölkt, dem wirren schwarzen Haar und den sturmgrauen Augen, in deren Tiefen ein verborgener Schmerz brannte.
Es war nicht so, als würde er den König nicht verstehen. Ja, in seiner rauen Art liebte Fourier ihn sogar, liebte ihn, als wäre er sein eigener Sohn. Doch gerade deshalb machte ihm das Verhalten des Königs Sorgen. Armand de la Fèvre war dabei, jeden Halt zu verlieren, er brauchte eine starke Hand, die ihn führte, einen Freund, ja, einen Vater vielleicht. Den Vater, den er viel zu früh verloren hatte.
»Ja, Ihr habt Recht, Ihr habt einen Krieg zu führen«, sagte er endlich. »Doch nicht gegen Mirnà. Ihr selbst seid es, gegen den Ihr kämpft, Sire.«
Armand antwortete nicht. Stattdessen griff er erneut zum Wein, stürzte auch den zweiten Becher hinunter und schickte den Pagen dann weg.
»Hört mit dem Trinken auf, ich bitte Euch«, meinte Fourier eindringlich. »Es wird die Wunde in Eurem Herzen nicht heilen, glaubt mir.«
Armand schüttelte den Kopf. »Nein, aber es macht es leichter, versteht Ihr?« Plötzlich schien er ganz ruhig, nach innen gekehrt. Sein Blick ging ins Leere, doch Fourier konnte plötzlich Tränen in seinen Augen glitzern sehen.
»Warum hat er das getan, Fourier, warum?« Seine Stimme war leise, fast nur ein Flüstern. »Er war mein Freund, ich habe ihm vertraut.«
»Ja, und wenn Ihr wirklich sein Freund seid, dann werdet Ihr ihm vergeben. Irgendwann.«
Auch Margaret Ashton hatte von Vergebung gesprochen, doch das wusste der General nicht. Armand schüttelte den Kopf. »Ich kann ihm nicht vergeben, niemals!«
»Dann werden Eure Wunden niemals heilen.« Der General blickte ernst. »Aber Ihr könnt es Euch nicht leisten, diese Wunde zu pflegen! Ihr seid der König. Und wenn der König leidet, dann leidet auch das Land. Ihr habt eine Verantwortung zu tragen!«
»Aber ich will sie doch gar nicht, diese Verantwortung!« Der König schrie jetzt fast. »Habe ich nicht ein Recht auf ein wenig privates Glück?«
»Seid Ihr das denn, glücklich?« Fourier blickte ihn durchdringend an. »Die Feste, die Bälle, der Wein ... Macht Euch das wirklich glücklich?«