Wir widmen dieses Buch unseren Kindern: Daniel, Jeron und Leoni.
Sie haben uns gezeigt, was es heißt bedingungslos zu lieben und geliebt zu werden. Sie haben uns gelehrt, dass man auf vieles verzichten und oft nachgeben muss, und trotzdem uneingeschränkt glücklich sein kann. Sie haben uns erfahren lassen, dass wir an unsere persönlichen Grenzen stoßen und sich daraus immer auch wieder neue Wege und Lösungen ergeben.
Liebe Kinder, wir danken euch, dass ihr uns mit dem Aufzeigen unserer Beschränkung das uneingeschränkte Potential des Zusammenlebens und des Liebens habt spüren lassen.
Wir möchten uns auch bei allen Eltern bedanken, die an unserer Onlineumfrage teilgenommen, und uns offen und ehrlich Einblick in ihr Leben ermöglicht haben. Diese Offenheit hat uns überrascht und uns deutlich gemacht, welches Potenzial in den Erfahrungen der Eltern liegt. Danke, ohne Sie wäre dieses Buch nicht möglich gewesen.
Dieses Buch ist ein Projekt, das sich weiterentwickelt. Die Onlineumfrage ist noch nicht abgeschlossen. Auch Sie haben die Möglichkeit, daran teilzunehmen und so anderen Eltern einen Einblick in Ihre persönlichen Herausforderungen zu ermöglichen und Ihre gewonnenen Erfahrungen zu teilen. Wir werden Ihre Antworten in weitere Auflagen dieses Buches einfließen lassen.
Zur Umfrage:
www.eltern-raten-eltern-forum.de/umfrage
Umfrage | Registrierung |
Für Buch-Updates hier kostenlos registrieren
www.eltern-raten-eltern-forum.de/update
Als Dankeschön erhalten Sie:
Zuletzt noch eine Warnung:
Dieses Buch basiert auf realen und subjektiv berichteten Erfahrungen von Eltern. Es entspricht nicht den zumeist idealisierten Vorstellungen, wie wir normalerweise das Familienleben, zum Beispiel in den Medien und insbesondere in der Werbung präsentiert bekommen. Und es entspricht wohl auch nicht der eher romantischen Vorstellung von werdenden Eltern.
Eine junge Leserin, die gerne in den nächsten Monaten Mutter werden möchte, wandte berechtigterweise ein: „Das will ich doch eigentlich alles gar nicht so genau wissen“.
Es ist bestimmt nicht unser Ziel, werdende Eltern zu entmutigen oder ihnen ihre Vorfreude auf ihr Kind zu nehmen. Wir möchten hiermit nochmals betonen, dass Kinder zu bekommen, und die Erfahrung Mutter bzw. Vater zu sein, unbeschreiblich glücklich macht.
Dieses erlebbare Glück schließen wir mit diesem Buch nicht aus. Wir setzen jedoch einen etwas anderen Fokus: Wir werfen den Blick auf die Herausforderungen, mit der tiefen Überzeugung, dass sich diese mehrheitlich bewältigen lassen. Und wir sind der Meinung, dass eine allzu idealisierte, romantisierte Vorstellung letztlich hinderlich sein kann, die Herausforderungen, die das Elternwerden und der Familienalltag mit sich bringen, zu meistern. Gehen wir mit realistischen Erwartungen in diese Lebensphase, so sind wir besser vorbereitet und letztlich zufriedener.
Wir haben lange überlegt, ob es dieses Buch überhaupt braucht und was es wem bringen könnte. Da Sie es jetzt in den Händen halten, wissen Sie wie unsere Entscheidung ausgefallen ist. Bei unserer Entscheidung haben uns vor allem Aussagen von Eltern bestärkt, die auf unsere Frage, was werdende Eltern denn unbedingt wissen sollten, wie folgt geantwortet haben: „Es kommt alles anders als man denkt!“
Diese Aussage ist natürlich auf den ersten Blick nicht weltbewegend, doch sie ist absolut berechtigt. Jedes Kind, jede Familie ist ganz individuell und einmalig. Zudem trifft einen das Unerwartete ja meistens genau da, wo man nicht darauf vorbereitet war.
Da stellt sich natürlich die Frage: Auf was sollen werdende Eltern überhaupt vorbereitet werden? Was brauchen sie? Was ist das Unerwartete, das ein Kind mit sich bringt? Was ist das Andere, an das man nicht denkt?
In Gesprächen mit Eltern hören wir immer wieder den Satz: „Niemand erzählt, wie es ‚wirklich’ ist“. Oder: „Das hat mir niemand gesagt“. Auch das war ein Grund, dieses Buch zu schreiben! Man kriegt ein gesundes Baby und hofft, dass jetzt alles perfekt und schön sei, „von Glücksgefühlen überflutet“. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit, denn man fühlt sich in den ersten Wochen auch erschöpft, übermüdet und fremdgesteuert! Wie viel leichter fühlt es sich an, wenn man wenigstens mal hört, dass es anderen auch so geht?
Oder man hat ein Kind, das einem im Moment gerade viele Sorgen bereitet und denkt, dies sei nun eben das persönliche Schicksal, die eigene persönliche Herausforderung. Sehr oft hören wir von Eltern Aussagen wie: „Unser Kind hat eben ein besonders harter Kopf!“ Oder noch deutlicher: „Es hat halt einen etwas schwierigen Charakter.“ Gut, solche Erklärungen scheinen etwas zu entlasten. Aber viel interessanter ist doch, dass die meisten Eltern bei ihrem Kind schwierige Charaktereigenschaften und (kürzere oder längere) Phasen erleben, in denen das Kind mit dem Kopf durch die Wand will und Kämpfe an der Tagesordnung sind. Das gehört dazu!
Ein Vater brachte es auf den Punkt: „Alle haben nur bis zur Geburt erzählt und dann war Schluss mit Vorbereitungsinformationen“. Und eine Mutter sprach aus, was wohl jedem von uns mal durch den Kopf ging: „Für alles, für jeden Beruf, fürs Autofahren, selbst für den Hund muss man heute eine Ausbildung besuchen, aber Kinder kriegen und erziehen kann jeder“.
Bald stellte sich uns also nicht mehr die Frage, ob wir ein Buch schreiben, sondern vielmehr, was für ein Buch es werden soll. Eines wurde uns schnell klar, es soll nicht der tausendste Ratgeber auf dem Markt sein; nicht ein weiteres Buch voller Ratschläge von sogenannten Fachleuten. Es soll ein Buch von Eltern für Eltern werden, denn die eigentlichen Experten sind die Eltern. Der Weg dazu schien uns klar: Wir befragen Eltern.
Über 150 Eltern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben an unserer Umfrage teilgenommen und uns ihre persönlichen und subjektiven Meinungen geschrieben. Wir waren überwältigt von der Offenheit und Persönlichkeit dieser Aussagen. Eigentlich schien uns nur Weniges wirklich zu überraschen, das Meiste war uns, selber Eltern von drei Kindern, sehr bekannt und vertraut. Aber heute, rückblickend, denken wir, dass wir das eine oder andere gerne vorher gehört bzw. gewusst hätten.
Aber nun ja, vielleicht will man das alles, bevor man ein Kind hat oder gar noch bevor man sich dafür oder dagegen entscheidet, auch gar nicht wirklich lesen. Wir sind davon überzeugt, dass in der heutigen Zeit die Entscheidung für ein Kind sowieso eine überwiegend emotionale Entscheidung ist, denn rational gesehen, spricht unendlich Vieles gegen ein Kind (beginnen wir nur mal mit den Kosten bei gleichzeitigem Verlust von Erwerbseinkommen, Schlafmangel, Verlust an Freizeit,….). Also besser gar nicht darüber sprechen bzw. schreiben? Ist das vielleicht der Grund, warum es niemand macht?
Bestärkt durch die vielen Rückmeldungen aus unserer Onlineumfrage tun wir es trotzdem. Warum? Kaum etwas in unseren persönlichen und beruflichen Erfahrungen als Therapeutin und Eheberater hat uns und unsere Arbeit so sehr geprägt wie die Erkenntnis, dass wir Menschen mehr und vor allem offener miteinander sprechen sollten. Damit meinen wir nicht höfliche Floskeln wie „Bei uns läuft alles bestens!“, „Es kommt schon gut“ oder „Es ist nur eine Phase“, sondern wir meinen offene Ich-Aussagen, persönliche Botschaften, in denen wir unsere Gefühle, Ängste und Wünsche aussprechen. Wir sind der Meinung, dass Eltern wissen sollten, dass sie nicht alleine sind und dass andere Eltern sehr häufig das gleiche erleben wie sie. Elternschaft wird zu oft idealisiert und romantisiert, insbesondere in den Medien. Das hilft aber wenig, im Gegenteil, gerade junge Eltern können sich dadurch umso mehr belastet und alleingelassen fühlen. Oder noch schlimmer, sie denken bei ihnen läuft etwas verkehrt. Aber anstatt mit anderen Eltern über ihre Sorgen zu sprechen und sich so gegenseitig zu unterstützen, suchen sie lieber Fachpersonen auf oder lesen einen Ratgeber nach dem anderen. So werden normale kindliche Verhaltensweisen zu „Problemfällen“ und normale Erziehungsaufgaben zu Schwierigkeiten, die scheinbar nur Fachpersonen lösen können. Die Verunsicherung bei vielen Eltern ist enorm. Es ist sicherlich wertvoll, wenn man sich Hilfe holt, aber wir sind der Meinung, dass es bereits sehr entlastend sein kann, wenn man von anderen hört, dass sie die gleichen Themen kennen und zumeist einen guten Weg gefunden haben, damit umzugehen.
Immer wieder sagen uns Eltern, dass ihnen ein offenes Gespräch mit anderen Eltern am meisten gebracht hat, da man so erkennen kann, dass es anderen ganz ähnlich geht und alle mit ähnlichen Themen „zu kämpfen“ haben.
„Nein, es ist nicht alles gut bei uns im Moment. Wir haben grad den Überblick verloren vor lauter neuen Schulterminen. Die Kleine schläft schlecht seit dem Schuleintritt vor lauter Überreizung und Aufregung, und ich bin gerade selber sehr gestresst, was sich natürlich auch wieder auf die Kinder auswirkt…“.
Wir sind davon überzeugt, dass wenn wir alle offener über Herausforderungen und Schwierigkeiten sprechen, besser einordnen können, was einen erwarten könnte, man sich aber auch generell besser vorbereitet und entlastet fühlt. Offene Gespräche fördern auch das gegenseitige Verständnis.
Diese Einstellung wurde durch einige Umfrageteilnehmer/innen genauso bestätigt. Denn die Erfahrungen von anderen helfen weiter. Niemand wird als Elternteil geborgen. Elternschaft ist ein Erfahrungs- und Lernprozess. Wie bei allen anderen Bereichen im Leben, macht es doch gerade auch hier Sinn, von anderen erfahrenen Eltern zu lernen. Vielleicht erscheint dieses Buch auf den ersten Blick wie eine Auflistung aller möglichen Problemfälle, die uns als Eltern begegnen werden. Es ist in der Tat wohl etwas einseitig auf die schwierigen Aspekte der Elternschaft ausgerichtet. Interessant ist jedoch die Tatsache, dass das Buch aus folgenden Fragestellungen entstand:
Das also viele schöne Seiten der Elternschaft ausgeklammert bleiben, hat möglicherweise damit zu tun, dass die befragten Eltern der Meinung sind, darüber weiß man genug. Sie haben aus ihrer subjektiven Sicht beschrieben, worüber sie selbst zu wenig gewusst oder nicht so erwartet hatten.
Durch die Fragestellung „Was sollten werdende Eltern Ihrer Meinung nach unbedingt wissen?“ haben wir sehr wertvolle Hinweise für mögliche Unterstützungen erhalten. Diese elterlichen Ratschläge und persönlichen Erfahrungen haben uns dazu bewegt, diese ebenfalls in dieses Buch aufzunehmen und mit unserer professionellen Erfahrung zu ergänzen. Einer der wichtigsten Aussagen, welche wir sehr unterstützen, nehmen wir gleich hier vorweg: „Verlassen Sie sich als erstes auf ihr Bauchgefühl als auf die vielen Ratschläge von überall her“.
In diesem Buch haben wir die Aussagen der Eltern thematisch zusammengefasst und durch unsere Erfahrungen aus der Praxis ergänzt. Die Aussagen der Eltern sind im Buch stets unverändert und in Kursivschrift gehalten damit sie als solche wahrgenommen werden.
Jedes Kapitel dieses Buches ist gleich aufgebaut. Nach einer kurzen Einleitung und Erläuterung zum Thema, folgt das was Eltern in ihrem Alltag mit ihren Kindern erleben. Abgeschlossen wird jedes Kapitel mit einer Zusammenfassung der Tipps, die Eltern und Fachpersonen zu dem jeweiligen Thema geben. Jedes Kapitel ist in sich abgeschlossen, daher kann das Buch kapitelweise oder als Ganzes gelesen werden.
Die Zeit der Schwangerschaft ist mit vielen Veränderungen verbunden. Die körperlichen Veränderungen sind ein sehr wichtiger Aspekt in dieser Phase, aber nicht der einzige, der erwähnt wurde. Für den Mann, ist die Zeit der Schwangerschaft genauso eine Zeit der Veränderungen. Diese sind meistens nicht körperlicher Natur, zumindest was den eigenen Körper anbelangt, wobei man doch hin und wieder Männer sieht, die sich während der Schwangerschaft der Frau auch körperlich verändern (sozusagen mit ihrer Partnerin schwanger werden; in Fachkreisen auch alsCouvade-Syndrom bezeichnet).
Die ersten Tage und Wochen nach der Geburt sind oft anders als geplant oder gedacht. Als frischgebackene Eltern wird man fast vollständig von diesem neuen Wesen und dem Hormoncocktail, der durch das erlebte, unfassbare Ereignis, in unserem Körper ausgeschüttet wird, beeinflusst und absorbiert. Darum braucht es besonders viel Zeit für den Austausch als Paar über die neue Situation, die neuen Herausforderungen und der täglichen Frage „Wie geht es uns?“. Wobei die Frage „Wie geht es uns?“ auch mehrmals am Tag ihre Berechtigung haben kann. Genauso wichtig wie der Austausch in der Partnerschaft, ist der Austausch mit anderen Eltern. Allerdings sollte dieser Austausch über die üblichen Höflichkeitsfloskeln hinausgehen; hier sind eher offene Gespräche mit vertrauensvollen Freunden gefragt.
„Die Zeit nach der Geburt des ersten Kindes war die schwierigste“.
In wohl kaum einem Lebensabschnitt verändert sich so viel auf einmal wie durch die Geburt des ersten Kindes. Neben äußeren Veränderungen laufen auch viele Prozesse im Inneren der beiden Elternpaare ab. Ist das Kind gesund? Wie schaffe ich es als Mutter alleine mit dem Kind zu Hause? Wie kann ich meine Frau am besten unterstützten? Was ist meine Rolle als Mann? Was für ein Vater oder Mutter möchte ich sein?
Dazu kommen Schlafmangel, die körperliche Verarbeitung der Geburt, das Gewöhnen an diesen neuen Menschen und einige weitere „unvorhergesehene Überraschungen“, wie Befragte erwähnten. Man ist gerade in den ersten Lebensmonaten häufig gestresster und hat aufgrund des Schlafmangels auch eine geringere Frustrationstoleranz. „Ich hätte nicht erwartet, dass es zu großen Spannungen kommen kann, wenn alle zu wenig schlafen“. Oder: „Schlaflose Nächte bringen einen an den Rand des Wahnsinns“. Andere hätten nicht erwartet, „dass Schlafmangel zermürben kann und Menschen verändert!“ und „dass Schlafmangel aggressiv macht und dass man dann Dinge sagt, die nicht so gemeint sind“. Es ist daher klar: „Schlaf wird zu Lebensqualität“. Man sollte daher „Schlaf unbedingt dann einfordern, wenn es machbar ist – auch wenn es mitten am Tag ist“. Ein weiterer Hinweis für die Partner findet sich hier: „Der Partner sollte nach einer weiteren schlaflosen Nacht der Mama viel Verständnis haben“.
Wichtig ist, dass man von Beginn an sehr gut auf die eigenen Ressourcen und Bedürfnisse achtet und gut prüft, was für einem selber stimmt. „Viele werden euch nach der Geburt besuchen wollen und ganz viele Ratschläge geben wollen. Mein Tipp: Empfangt so lange wie ihr wollt keinen Besuch, nehmt keine Rücksicht auf die anderen. Es ist euer Baby, eure neue Familie und euer Leben, für das ihr verantwortlich seid und all eure Kraft und Aufmerksamkeit braucht. Das Baby und ihr beide seid momentan das Einzige was zählt!“
Sehr frappant erleben einige Frauen die körperlichen Veränderungen und die Ansprüche des Kindes. „Mein Körper gehörte auf einmal nicht mehr mir allein“. Bereits während der Schwangerschaft sorge ich nicht mehr nur für mich selber, sondern immer auch für das ungeborene Kind. Soll ich mit dem Rauchen aufhören oder nicht? Soll ich hochschwanger noch Auto fahren oder nicht? Viele Entscheidungen müssen gefällt werden und zum ersten Mal nicht nur für sich selber, sondern für das Kind, dessen Gesundheit sich plötzlich über meine Bedürfnisse stellt (vgl. auch Kapitel 14 Verantwortung und Sicherheit werden wichtiger). Einige Frauen beschreiben aber gerade auch die innige körperliche Bindung nach der Geburt als einschneidendes Erlebnis. Manche Frauen genießen das Stillen, andere leiden darunter, dass sie nicht stillen können. Wieder andere merken, dass es sie stark belastet, unter anderem auch, weil sie sich selber unter einen gewissen Druck stellten: „Ich wünschte mir so sehr, dass das mit dem Stillen klappt, aber dies war die erste Erfahrung, die mich lehrte, dass mit einem Kind oft einiges anders kommt als man sich wünscht und hofft“.
Durch das Stillen des Babys bekommt die weibliche Brust auf einmal eine andere, neue Funktion. Dies erleben teilweise auch Männer als einschneidende Veränderung. Nicht nur die Frau entscheidet über ihren Körper, sondern auch das Baby meldet Bedürfnisse an. „Ich habe die körperlichen Veränderungen nach der Geburt und Schwangerschaft so nicht erwartet, die natürlich auch Auswirkungen auf die leibliche Dimension der Partnerschaft, also die Sexualität, haben“.
Die erlebten Veränderungen in Bezug auf die Sexualität werden im nachfolgenden Kapitel beschrieben. Ein Mann hat auf einen weiteren Aspekt hingewiesen, den er und evtl. auch andere Männer bzw. Paare einschneidend erlebte: Wie viel Geburt verträgt der Mann? „In der heutigen Zeit scheint es fast sowas wie die Pflicht eines ‚richtigen Vaters’, dass er bei der Geburt die ganze Zeit dabei ist und die Frau in allen Belangen unterstützt. Doch ich fühlte mich eher hilflos als unterstützend. Bei der Geburt des zweiten Kindes haben wir im Vorfeld offener und intensiv darüber gesprochen, ob ich überhaupt dabei sein soll, was mir gut tut, was sich meine Frau wünscht und wie wir als Paar uns das vorstellen und weniger was von mir als Mann erwartet wird“. Auch ein anderer Mann berichtet offen: „Meine Frau hat die Geburt wunderbar gemeistert, für mich war es aber recht belastend und das hat mich länger beschäftigt – auch später, als wir wieder Sex miteinander hatten“.
Es ist sicherlich nicht einfach vorwegzunehmen, wie man sich bei einer Geburt fühlen könnte und ob die positiven oder negativen Erfahrungen überwiegen werden. Aber es zeigt sich bereits hier, dass es wichtig ist als Paar offen über mögliche Befürchtungen und Wünsche zu sprechen. Nicht nur als Frau! Und Vorsicht mit möglichen gesellschaftlichen Vorstellungen und Erwartungen: Die Qualität als Partner oder Elternteil hängt sicherlich nicht davon ab, was andere von uns erwarten oder über uns denken.
Auch beim folgenden Thema zeigt sich, dass man ohne eigene Kinder, ohne die eigene Erfahrung, die Situation wohl anders bewerten würde: „Ich hätte nie erwartet, dass die Frau tatsächlich vier Monate braucht um sich von der Geburt zu erholen und einen gewissen Rhythmus zu finden“. Weil man sich das alles gar nicht richtig vorstellen kann, besteht eine gewisse Gefahr, dass man die Situation im Voraus unterschätzt und dass auch Außenstehende sich teilweise wenig in die jungen Eltern einfühlen können. Wenn man es selber nicht erlebt, hält man gerne etwas für einen Mythos oder eine Übertreibung. So gesteht beispielsweise eine Mutter, dass sie nicht erwartet hätte, „dass es ‚Schreikinder’ wirklich gibt und dass man daran fast zerbrechen kann“.
„Die ersten Monate als Mutter waren rasend schnell um, und ich habe anfangs das Wochenbett gar nicht genossen, weil ich froh war, wieder so fit zu sein. Das mir das irgendwann nachhängt, weil ich diese Zeit einfach körperlich und seelisch gebraucht hätte, damit hätte ich nicht gerechnet“. Wie schnell diese Zeit vergeht, obwohl oder gerade weil sie so intensiv ist, darüber staunen einige Eltern. Manchmal kann man all das, was man erlebt, gar nicht richtig verarbeiten. Interessant ist, dass man sehr schnell auch einiges wieder vergisst und die dazugewonnene Erfahrung Menschen dazu bringen Situationen wieder anders einzuschätzen als in der früheren Situation. Darum ist es besonders wichtig mit anderen Eltern zu sprechen, die gerade in der gleichen oder einer ähnlichen Lebenssituation stecken. Natürlich kann es hilfreich sein, zu hören, dass alles vorbeigehen wird, besser und einfacher wird: „Werdende Eltern sollten wissen, dass die erste Zeit mit Kind nicht die Zeit ist, sich selbst als Person oder die Partnerschaft in den Vordergrund zu stellen. Es ist o.k., dass jetzt erst einmal das Kind und das Elternsein dran sind. Man muss sich nicht noch unter Druck setzen, weil die Partnerschaft nicht so gepflegt wird“ und „es wird auch besser mit dem Alter des Kindes“. Manchmal ist es auch einfach sehr „nervend immer grad gute Ratschläge zu hören“, man möchte vielleicht auch einfach gehört und verstanden werden. Und eine gewisse Gelassenheit, es so hinzunehmen wie es gerade ist, kann sehr hilfreich sein.
Trotzdem ist es gerade in der ersten Zeit besonders wichtig auf persönliche Ressourcen zu achten: „Auf genügend Schlaf und gesundes Essen achten“. Soweit das halt geht. Einige Eltern sagen ganz direkt: „Es ist völlig normal am Anfang überfordert zu sein“. Aber man wird auch in alles „hineinwachsen“.
Mit dieser ersten Zeit beginnt das Familienleben erst. Viele Eltern haben sich durch Fachliteratur, Geburtsvorbereitungskurs, Gespräche mit Hebammen usw. gut auf diese erste Zeit vorbereitet, aber was „danach“ kommt, läuft häufig „im Stillen“ ab. Dabei betont jemand durchaus zu Recht: „Es ist wichtiger, sich auf die Zeit als Familie vorzubereiten, als auf Schwangerschaft und Geburt“.