Cover

Darryl Cheng

GRÜNES
ZUHAUSE

Der Survial-Guide
für Zimmerpflanzen

Aus dem Amerikanischen
von Imke Brodersen

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »The New Plant Parent« bei Abrams Image, einem Imprint von Harry N. Abrams, Incorporated, New York.

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.


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Deutsche Erstausgabe April 2021

Copyright © 2019 der Originalausgabe (Text und Fotos): Darryl Cheng

Copyright © 2021 der deutschsprachigen Ausgabe: Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Illustrationen: © 2019 Jeannie Phan

Umschlag: UNO Werbeagentur GmbH

Umschlagmotiv: © Darryl Cheng

Redaktion: Andrea Kalbe

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

KW ∙ IH

ISBN 978-3-641-27250-0
V002

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Inhalt

Teil I
Pflanzenpflege: Die Grundlagen

1. Der grüne Blick

2. Die passende Umgebung

3. Zimmerpflanzen verstehen

4. Zimmerpflanzen umsorgen

5. Licht

6. Substrat

7. Wasser

8. Zurückschneiden, Vermehren und Umtopfen

9. Schädlinge

10. Zimmerpflanzen kaufen

11. Nützliche Hilfsmittel

Teil II
Erfahrungen aus der Praxis

Drachenbaum (Dracaena)

Geldbaum (Crassula ovata)

Känguru-Farn (Microsorum diversifolium)

Mooskugel (Aegagropila linnaei)

Glückskastanie (Pachira aquatica)

Fensterblatt (Monstera deliciosa)

Brutblatt (Kalanchoe daigremontiana)

Glücksklee (Oxalis triangularis)

Einblatt (Spathiphyllum)

Philodendron

Ufopflanze (Pilea peperomioides)

Elefantenfuß (Beaucarnea recurvata)

Efeutute (Epipremnum aureum)

Pfeilwurz (Maranta)

Fidschi-Davallie (Davallia fejeensis)

Bogenhanf (Sansevieria)

Geweihfarn (Platycerium)

Leuchterblume (Ceropegia woodii)

Glücksfeder (Zamioculcas zamiifolia)

Danksagung

Register



Teil I
Pflanzenpflege: Die Grundlagen

1. Der grüne Blick

Die allererste Tagline für mein Blog House Plant Journal lautete: »A journal for my house plants« (Ein Tagebuch für meine Zimmerpflanzen). Diese Beschreibung war definitiv redundant, aber ich wollte hervorheben, dass es mir um persönliche Erfahrungen mit meinen Zimmerpflanzen ging. Zuzusehen, wie sie wuchsen und sich veränderten, machte mir Freude. Anfangs beschaffte ich mir Bücher und las im Internet nach. Doch bei den Hinweisen zur Pflanzenpflege ging es meist nur um den optischen Eindruck. Die Pflege der Zimmerpflanzen galt als Pflichtprogramm, bei dem das Erkennen und Lösen von Problemen im Vordergrund stand. Wie bereichernd ein Leben mit Zimmerpflanzen langfristig sein kann, wurde kaum thematisiert. Ich fand haufenweise Pflegetipps, die zu der Überzeugung verleiten mussten, Zimmerpflanzen seien entweder ohne jede Rücksicht auf die Umgebung kinderleicht zu pflegen oder aber empfindsame Diven, die jederzeit abzusterben drohen, wenn man sie nicht alle fünf Minuten sorgfältig mit Wasser besprüht.

Ältere Blätter an diesem Drachenbaum fallen von Natur aus ab, sobald an der Spitze neue sprießen. Jeder Ring an diesem Stamm zeugt von einem alten Blatt. Achten Sie also auf Ihre Wachstumsbedingungen und lassen Sie der Natur ihren Lauf: Alte Blätter fallen ab.

Pflegeanweisungen beziehen sich in der Regel auf eine individuelle Pflanzenart. Solche Hinweise klingen wie ein Backrezept, das perfekte Ergebnisse verspricht. Ergänzend werden die angeblichen Schwächen einer Pflanze hervorgehoben, und es erfolgen Schuldzuschreibungen wie »zu viel gegossen« oder »zu wenig gegossen«, falls man diese nicht berücksichtigt. Solche Ratschläge fördern die unrealistische Vorstellung, dass eine Pflanze eigentlich immer gleich aussehen beziehungsweise zu einem Prachtexemplar heranwachsen sollte. Der Satz »Diese Pflanze ist robust« nährt das Gefühl, versagt zu haben, wenn ein paar Blätter gelb werden und abfallen.

In meinen Augen ist bei der Pflanzenpflege ein Umdenken erforderlich. Als ich meine Erfahrungen mit Zimmerpflanzen dokumentierte, wollte ich in erster Linie verstehen, welche Umweltfaktoren für ein Erfolgserlebnis am wichtigsten sind. Es ging mir nicht um Perfektion. Ich wollte einfach sichergehen, dass ich alles tat, was in meiner Macht stand – und meine Pflanze ebenfalls. Deshalb ging ich mein Hobby ingenieursmäßig an: Ich wollte meine Pflegemaßnahmen so optimieren, dass die Pflanzen richtig zufrieden sein konnten. Mit diesem Buch möchte ich andere ermuntern, die Umgebungsbedingungen in ihrem Zuhause zu verstehen, genau zu beobachten und zu akzeptieren, was die Natur daraus macht. Neben Wissen geht es auch um die Frage, was angesichts der persönlichen Umgebung zu erwarten ist, wenn man sich nach Kräften bemüht. Und ich möchte meinen Lesern und Leserinnen helfen, sich von überholten Gewohnheiten und Denkweisen zu lösen, damit sie sich unbeschwert an ihren Pflanzen erfreuen können.

Bogenhanf gilt als »genügsam«, weil er seine breiten Blätter selbst mehrere Meter vom Fenster entfernt über Jahre erhalten kann. Zugleich muss man ihn an solchen Stellen, wie Sie bald sehen werden, auch seltener gießen.

Genügsam oder anspruchsvoll: Was erwarten Sie?

Pflanzenkenner behaupten gern, mit manchen Pflanzen könne man nichts falsch machen. Aber wann gedeiht eine spezielle Pflanze tatsächlich? Natürlich spielt es eine Rolle, wie geduldig und akribisch man sich der Pflanzenpflege widmet, aber ebenso wichtig sind Ihre Erwartungen an die Pflanze.

Manche Pflanzen brauchen viel Beachtung, um nicht dauerhaft Schaden zu nehmen, weil sie leicht welken. Insbesondere Blattpflanzen wie das Einblatt oder der Frauenhaarfarn reagieren sehr empfindlich, sobald ihr Substrat vollständig austrocknet. Durch ein ausgiebiges Tauchbad kann das Einblatt sich wieder erholen, der Frauenhaarfarn hingegen nicht unbedingt. Daher gelten Pflanzen, die leicht umzubringen sind, als eher anspruchsvoll, und manche Arten muss man aufmerksamer im Blick behalten als andere. Glücklicherweise verzeihen uns die meisten gängigen Zimmerpflanzen eine ganze Menge.

Wenn ein Palmwedel trotz aller Mühe gelb wird – ist diese Palme dann anspruchsvoll? Ist ein gelegentliches Absterben von Blättern wirklich inakzeptabel?

Wer nicht bereit ist, etwas Zeit und Energie auf die Pflanzenpflege zu verwenden, dürfte es mit gewissen Pflanzen schwer haben. Aber auch wenn man sich sehr viele (und große!) Pflanzen anschafft, kann es arbeitsintensiv und damit anstrengend werden, wenn einem die Pflege keinen Spaß macht. Spätestens, wenn man allein fürs Gießen eine Stunde lang Töpfe umherträgt, wird einem die Pflanzenpflege aufwändig vorkommen. Dieses Buch zeigt, wie man Pflanzen so unterbringt, dass sie sich ohne großen Aufwand gießen und pflegen lassen.

Sie möchten, dass jede Pflanze ständig »schön« aussieht und nie ein Blatt verliert? Dann erscheint wohl jede Pflanze anspruchsvoll. Das liegt allerdings an einer unerfüllbaren Erwartungshaltung – stellen Sie sich einfach darauf ein, hin und wieder alte Blätter zu entfernen. Nur wenn alte Blätter absterben, kann die Pflanze sich auf die Bildung neuer Blätter konzentrieren. Die meisten Pflanzen entwickeln sich aller Bemühungen zum Trotz nicht absolut perfekt, und sobald sie sich auf Ihre häusliche Umgebung einstellen, verändern sie sich. Wer von vornherein damit rechnet, weiß die Findigkeit und den Charakter des eigenen Exemplars mehr zu schätzen.

Zudem erscheint jede Pflanze anspruchsvoll, deren Bedürfnisse wir nicht verstehen. Bekommt sie genug Licht, um zu gedeihen (oder auch nur zu überleben)? Können Sie die Bodenfeuchtigkeit beurteilen? Wissen Sie, wie man eine Pflanze richtig gießt? Mit diesem Buch möchte ich Ihnen Zuversicht vermitteln – nach der Lektüre tappen Sie nicht mehr im Dunkeln. Mit einem besseren Verständnis für Ihre Standortbedingungen und Pflegemethoden erscheinen viele Erlebnisse mit Zimmerpflanzen plötzlich als harmlos und nicht lebensbedrohlich: Nicht die Pflanze hat ein Problem, sondern ihr Besitzer oder ihre Besitzerin. Wer die eigenen Erwartungen verändert und akzeptiert, was die Natur bereithält, kann sich viele Jahre an seinen Pflanzen erfreuen.

Ein Fensterblatt macht bei ausreichend Platz viele Jahre lang Freude!

Die Anpassungsphase

Die meisten Zimmerpflanzen werden vor dem Kauf unter Bedingungen herangezogen, die sich zu Hause kaum imitieren lassen. Daher muss sich jede Pflanze in der häuslichen Umgebung zunächst anpassen. Je stärker der Unterschied zwischen den Zuchtbedingungen und dem späteren Standort, desto mehr beeinflusst dieser Zeitraum die Pflanze. Den größten Einfluss auf die Anpassungsphase hat das Licht. Bei ausreichender Wasserversorgung und Belüftung ist es der ausschlaggebende Faktor für Wachstumstempo und Wachstumsrichtung. Und dabei geht es nicht bloß um »wenig Sonne«, sondern darum, dass Wände und Decke eines Gebäudes das Himmelslicht blockieren.

Während der Anpassungsphase besteht das Risiko, dass ältere Blätter gelb werden, die Blattspitzen sich braun verfärben und absterben, aber auch, dass sich lange dünne Triebe oder einseitige Wachstumsmuster entwickeln. Nach ein paar Wochen oder Monaten stellt sich ein neues Gleichgewicht zwischen absterbenden und neuen Blättern ein – die Pflanze hat sich vorläufig stabilisiert. Danach nimmt sie in der Regel eine neue Form an, die perfekt zum neuen Standort passt. Die nächste Anpassung erfolgt, sobald ein Umtopfen ansteht oder neue Erde nachgefüllt wird. Sie haben die Wahl: Entweder lassen Sie sich von den Veränderungen Ihrer Pflanzen frustrieren, oder Sie begleiten die Anpassungsphase aufmerksam, indem Sie tote Blätter entfernen und auf die gewünschte Form hinarbeiten.

Subjektive Lebensspanne

Der Zeitraum, in dem man sich an einer Pflanze erfreuen kann, ist nicht dasselbe wie ihre maximale Lebenserwartung. Deshalb spreche ich gern von der subjektiven Lebensspanne. So wie sehr junge Pflänzchen noch nicht verkaufsreif sind, weil sie zu klein und wenig ansprechend wirken, kann eine gesund gewachsene Pflanze irgendwann ein Stadium erreichen, in dem sie ästhetisch nicht mehr überzeugt oder nur noch schwer zu versorgen ist. Manche Pflanzen sind nach einer Weile einfach nicht mehr »schön«, obwohl sie durchaus noch am Leben sind. Wie alles Lebendige unterliegen auch Pflanzen Veränderungen. Mit ein wenig Glück hat man viele Jahre Freude am Wachsen und Blühen einer Pflanze oder kann sie gar vermehren. Irgendwann jedoch braucht sie Hilfe. Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, darunter ein Rückschnitt oder das Vermehren über Triebspitzen oder Seitentriebe (»Kindel«). Mit dem Wissen, wie eine Pflanze wächst und sich vermehrt, kann man ihr Leben verlängern. Gartenfreunde kennen den Unterschied zwischen einjährigen und mehrjährigen Pflanzen. Ähnliche Prinzipien gelten auch für Zimmerpflanzen. Auch sie durchlaufen unterschiedliche Lebenszyklen, die man kennen sollte – denn sie sind keine Skulpturen, sondern Lebewesen.

Es gibt wunderbar langlebige Zimmerpflanzen, die im Einzelfall sogar über Generationen weitervererbt werden. Diese scheinbare Unsterblichkeit wird auf zweierlei Weise erreicht: Zum einen lassen sich die ästhetischen Aspekte solcher Pflanzen über ihre gesamte Lebensspanne hin erhalten (mal mit, mal ohne Rückschnitt), zum anderen bilden sie Ableger, bei denen es sich letztlich um Klone handelt. Einige dieser Arten werde ich hier vorstellen, aber ich erkläre auch, wie sich nicht mehr so ansprechende Pflanzen regenerieren lassen.

Bloß nicht »ertränken«?

Bei meinen ersten Zimmerpflanzen begegnete mir immer wieder die Warnung, »sparsam« zu gießen. Dieser Hinweis suggeriert, dass weniger Wasser im Zweifelsfall besser ist. Doch was bedeutet das konkret? Geht es darum, regelmäßig nur ein bisschen zu gießen? Oder darf die Erde nie richtig nass sein? Weil dieser Rat selten von genaueren Hinweisen begleitet wird, gießen die meisten Leute solche Pflanzen nur sehr zurückhaltend. Außerdem neigen viele zu der Annahme, dass Gießen als Pflegemaßnahme ausreichen sollte. In diesem Buch werden Sie erfahren, dass der Wasserbedarf einer Pflanze von der Lichtmenge abhängig ist und inwiefern eine gute Belüftung die Bodenstruktur verbessert. Mit dem passenden Licht und glücklichen Wurzeln kann die Pflanze arbeiten. Und wenn die Pflanze arbeitet, kann sie auch ihr Wasser sinnvoll einsetzen.

Schattig oder lichtlos?

Das Wichtigste, was ich mit diesem Buch vermitteln möchte, ist ein Gefühl für die Lichtintensität, die bei einer Pflanze ankommt. Denn Pflanzen leben in erster Linie nicht von Dünger, sondern von Licht – aus dem Nährstoff Licht bilden sie Kohlenhydrate. In Blogartikeln geht es gern um »Die zehn besten Zimmerpflanzen für schattige Standorte«, oder man liest »gedeiht auch bei wenig Licht«, aber die Definition von »wenig Licht« (und von Gedeihen!) bleibt recht nebulös. Ein schattiger Standort ist zumeist heller, als man denkt. Wenn ein Gärtner sagt, eine Pflanze wäre schattentauglich, bezieht er sich auf eine Tageshöchstdosis von 500 bis 1000 Lux. Die künstliche Beleuchtung in Ihrem fensterlosen Büro mag Ihnen hell erscheinen, liefert aber vielleicht nur 300 Lux. Eine Schattenpflanze kann unter derartigen Bedingungen vielleicht überleben, aber gedeihen wird sie kaum. Wer die erschütternde Anpassungsphase einer solchen Pflanze miterlebt, in der 80 bis 90 Prozent der Blätter absterben, erklärt sie danach in der Regel für tot.

Hinzu kommt, dass eine Pflanze bei schlechten Lichtverhältnissen meist deutlich weniger Wasser benötigt als bei hellem Licht. Sobald Sie einen Blick dafür entwickeln, wie man die eigenen Pflegemaßnahmen auf die standortangepassten, individuellen Bedürfnisse einer Pflanze abstimmt, sind Sie deutlich unabhängiger von den jeweiligen Anleitungen, die im Internet kursieren.

Dünger hilft der Pflanze in der Wachstumsphase. Sie wächst aber nicht vom Dünger, sondern durch das Licht.

Wozu überhaupt mit Pflanzen zusammenwohnen?

In der Natur herrscht ein Gleichgewicht zwischen Leben und Sterben, Schönheit und Verrotten, Wachstum und Welken. Eine geschickt platzierte Pflanze bietet nicht nur einen schönen Anblick, sondern vermittelt auch Zufriedenheit, weil man ihre Bedürfnisse befriedigt, ihr beim Wachsen zusieht und sogar, weil man ihren Verlust betrauert. Mit dem nötigen Verständnis für die Anpassungsphase und die subjektive Lebensspanne von Zimmerpflanzen reagiert man nicht gleich enttäuscht, wenn eine Pflanze sich verändert. Deshalb hoffe ich, dass Sie den individuellen Charakter, den eine Pflanze nach jahrelanger Pflege ausprägt, bald besser zu schätzen wissen. Und wenn Sie nach einer Weile das Interesse an der einen oder anderen Pflanze verlieren, können Sie diese immer noch verschenken oder Ableger ziehen. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Umgebung, unterstützen Sie Ihre Hausgäste nach Kräften und lassen Sie der Natur ihren Lauf. Genau darin liegt das Geheimnis eines grünen Daumens.

Sobald wir uns mehr auf das Wachstum der Pflanze konzentrieren als auf ihr aktuelles Aussehen, entsteht eine erfüllendere Verbindung.

2. Die passende Umgebung

Wenn Sie sich auf Instagram auf den größten kuratierten Zimmerpflanzen-Accounts, @urbanjungleblog und @houseplantclub, umsehen, ist die Wirkung vitaler Pflanzen in der häuslichen Umgebung augenfällig. Ein solcher Ort erscheint uns gesund und einladend. Und für mich ist auf Anhieb zu spüren, ob man bei echten Pflanzenliebhabern gelandet ist oder ob jemand beschlossen hat, eine dunkle Ecke mit einer Pflanze »aufzuhellen«.

Wieso? Weil das Erscheinungsbild einer Pflanze eine unmittelbare Folge der Umgebung ist, die man ihr zugesteht. Deshalb tut es mir geradezu körperlich weh, wenn ich an einem Kübel hübscher Pflanzen vorbeigehe, der im Einkaufszentrum unter der Rolltreppe steht. »Die erleiden hier einen Tod auf Raten«, sagt eine befreundete Zierpflanzengärtnerin dazu. Damit eine Pflanze sich an einem Ort wohlfühlt, braucht sie das richtige Licht.

Zimmerpflanzen werden häufig in dunkle Ecken gestellt, weil jemand »Schatten« mit »lichtfrei« verwechselt. Dieser Efeutute steht ein klägliches Leben bevor.

Ich habe die Efeutute gerettet, indem ich einen neuen Platz für sie suchte. Durch das Dachfenster bekommt sie nun helles, indirektes Licht.

Pflanzen sehen meist besser aus, wenn man sie dort fotografiert, wo sie tatsächlich wachsen. Sie signalisieren: »Hier gehören wir hin!« Der entscheidende Faktor ist das Licht.

Das Fensterblatt ist ein Dauerbrenner.

Holz und Terrakotta harmonieren immer mit Pflanzen.

Wie Pflanzen Räume erobern

Das Konzept der Sukzession beschreibt in der Biologie, wie verschiedene Pflanzenarten schrittweise brachliegende Lebensräume besiedeln, bis eine Wiese oder ein Wald entstehen. Ähnliche Zyklen lassen sich auch im häuslichen Umfeld beobachten, wenn Pflanzenliebhaber ein Gefühl für die Natur entwickeln.

Phase 1

Die Zimmerpflanzensukzession beginnt vielleicht mit einer einzigen Pflanze, deren Form und Blattwerk einen Hingucker im Raum darstellen. Dabei kann das Pflanzgefäß die Wirkung harmonisch unterstreichen oder aber unscheinbar bleiben (weil die Pflanze im Zentrum steht). Ein klassisches Beispiel ist eine große Bodenpflanze mit strukturiertem Blattwerk wie eine Dracaena fragrans. Doch auch eine kleinere Efeutute kann am passenden Ort sehr apart sein. So ein einzelnes Exemplar muss sich stets von der besten Seite zeigen, sodass man hier etwas wählen sollte, was bei minimalem Aufwand präsentabel bleibt. Der Lichtbedarf erfordert häufig Kompromisse beim Dekor, doch Sie werden bald in der Lage sein, einer Pflanze den passenden Ort zuzugestehen.

Phase 2

Wer dann weitere Pflanzen kauft, muss notwendigerweise bestimmte Bereiche reservieren, um sie gruppenweise zu präsentieren, ob auf einem Pflanzregal oder auf der Fensterbank. Achten Sie darauf, dass jede Pflanze zumindest indirektes, helles Licht bekommt, also irgendwie Kontakt zum Himmel hat. Aufeinander abgestimmte Übertöpfe erzeugen ein einheitlicheres Bild. Scheuen Sie sich aber nicht vor einzelnen Akzenten. Bei der Einbeziehung von Wandflächen sind Kompromisse zwischen dekorativen Aspekten, Wachstumsbedingungen und Erreichbarkeit (für die Pflege) erforderlich.

Phase 3

Inzwischen leben Sie in einem wahren Blätterwald. In diesem Stadium sind die Töpfe zweitrangig und werden eher danach gewählt, ob man sie praktisch gießen oder Pflanzen darin in Gruppen arrangieren kann. So wie ein Wald von der Form seiner Bäume geprägt ist, verleihen auch ausgewachsene Zimmerpflanzen einem Raum seine Ausstrahlung. In Bezug auf die Innenarchitektur teilen sich die Meinungen jetzt zwischen »überwuchert« und »hinreißend«. Ein derart grünes, vor Vitalität strotzendes Zimmer vermittelt die Botschaft: »Wir wachsen hier seit vielen Jahren glücklich vor uns hin!«

Manchmal zählt Altersweisheit mehr als Fülle. Diese Treppe beherbergt nur ein Dutzend Pflanzen. Das Besondere daran ist, wie sie sich an ihren Standort angepasst haben.

Der ausgewachsene Dschungel ist mehr als ein Zimmer voller Pflanzen. Es handelt sich um einen tropischen Innengarten, in dem sich die Pflanzen ihre Umgebung erobern dürfen.

Ein Wintergarten, randvoll mit Pflanzen, akzentuiert von einzelnen älteren Exemplaren.

Stilfragen

Das sind nicht meine Sukkulenten, aber gut gepflegte Pflanzen weiß ich zu schätzen.

Bei Pflanzen sind die Geschmäcker so unterschiedlich wie bei Musik. Ich habe eine Vorliebe für das Blattwerk tropischer Pflanzen. Deshalb stelle ich in Teil II

Mir kommt es mehr auf die Vielfalt an Farben, Formen und Mustern tropischen Blattwerks an.