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Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH

[4]Berabeiterübersicht:

Birgit Köhler: Kapitel 1, 2 (außer 2.3), 3 (außer 3.2.3.2.6), 4 (außer 4.3.10.2.2.), 5-13

Franz Schober: Kapitel 2.3, 3.2.3.2.6, 4.3.10.2.2, 14

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ePub: ISBN 978-3-7910-5209-0 Bestell-Nr. 17017-0101
ePDF: ISBN 978-3-7910-5210-6 Bestell-Nr. 17017-0151

Birgit Köhler/Franz Schober

Praxisleitfaden Investmentsteuerrecht

2. Auflage, Mai 2022

© 2022 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH

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Lektorat: Petra Bandl

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[5]Vorwort

Investmentfonds sind ein wichtiger Bestandteil des modernen Finanzmanagements. Sie ermöglichen es dem Anleger, das Know-how eines erfahrenen Asset-Managements und die Vorteile einer professionellen Vermögensanlage zu nutzen, ohne sich selbst um Kapitalmarktentwicklungen kümmern zu müssen. Darüber hinaus kann der Anleger bei der Kapitalanlage über Investmentfonds von der Risikostreuung innerhalb des Fonds profitieren, denn durch die Mischung zahlreicher Wertpapiere und anderer Vermögensanlagen werden die mit der Anlage verbundenen Risiken grundsätzlich begrenzt. Die mit der Vermögensanlage verbundenen Verwaltungsarbeiten wie insbesondere die handels- und steuerrechtliche Buchhaltung einschließlich der Erfüllung zunehmender Reportingpflichten werden weit überwiegend von der Ebene des Anlegers auf die Fondsebene verlagert und durch die Kapitalanlagegesellschaften übernommen. Für den bilanzierenden Anleger ergibt sich bei Fondsinvestitionen der große Vorteil, dass er handels- und steuerrechtlich lediglich die Anteile am Fonds zu bilanzieren hat, nicht dagegen die zahlreichen Einzelwerte, in die das Fondsvermögen investiert ist. Dennoch ist die steuerliche Behandlung von Anteilen an (Spezial-) Investmentfonds gerade beim bilanzierenden Anleger komplex.

Das grundsätzlich ab dem 1.1.2018 geltende neue Recht brachte für die Besteuerung von (Publikums-)Investmentfonds eine grundlegende Neukonzeption der Besteuerung unter Abkehr vom Transparenzprinzip. Unter bestimmten Voraussetzungen ist zwar für Spezial-Investmentfonds eine Besteuerung nach dem modifizierten transparenten System weiterhin möglich, doch auch für Spezial-Investmentfonds ergaben sich einschneidende Änderungen: die Möglichkeit, die neu eingeführte Besteuerung auf Fondsebene im Bereich der Spezial-Investmentfonds durch Ausübung einer Transparenzoption entfallen zu lassen, und die Möglichkeit des Anlegers, unter bestimmten Voraussetzungen zwischen verschiedenen Besteuerungsregimen zu wählen und damit auf seine steuerliche Belastung einzuwirken. Zudem ist der Übergang auf das ab dem 1.1.2018 geltende Recht mit zahlreichen Sonderfragen und Übergangsvorschriften verbunden, die dem Anleger zusätzliche steuerliche Besonderheiten auferlegen und einige steuerliche Fallstricke bereithalten. Die Reform des Investmentsteuergesetzes hatte sich auf die Fahnen geschrieben, die Materie der Fondsbesteuerung zum Teil drastisch zu vereinfachen. Aus verschiedenen Gründen ist dies jedoch nicht in vollem Umfang gelungen und es verblieben insbesondere jenseits des wissenschaftlichen Diskurses in der Praxis verschiedene offene Anwendungsfragen.

Unser Leitfaden soll sich insbesondere praxisrelevanten Fragestellungen jenseits der wissenschaftlichen Diskussionen widmen und die Fragestellungen des Anlegers in den Fokus rücken. Aufgrund der sich stetig weiterentwickelnden Materie und des Zugewinns an Erkenntnissen aus der praktischen Umsetzung der ersten Veranlagungs[6]zeiträume nach der Investmentsteuerreform wie auch der sich vervollständigenden Kommentierung durch die Finanzverwaltung in Form von BMF-Schreiben war es uns daher ein persönliches Anliegen, dem privaten und insbesondere dem bilanzierenden bzw. institutionellen Anleger einen Leitfaden an die Hand zu geben, der ihn in die Lage versetzt, die hochkomplexe Materie des Investmentsteuerrechts in eine Steuerbilanz und in eine Steuererklärung zu transformieren und die wesentlichen Fragen zur Besteuerung von Anteilen an (Spezial-)Investmentfonds beantworten zu können. Für den bilanzierenden Anleger werden zudem ausführlich die steuerbilanziellen Folgen dargestellt, die sich zum einen durch den Ansatz und die Bewertung der Investmentanteile selbst und zum anderen durch die bilanzielle Berücksichtigung der Besteuerungsgrundlagen ergeben, wie zum Beispiel Vorabpauschalen, ausschüttungsgleiche Erträge, Zurechnungsbeträge oder ausländische Quellensteuern. Dabei wird auch auf die Besonderheiten verschiedener Anlegergruppen eingegangen, wie zum Beispiel Anleger, die im Rahmen von Zusagen der betrieblichen Altersversorgung investieren. Eine ausführliche Darstellung der Besonderheiten im Zusammenhang mit den Übergangsregelungen, die Behandlung der (Spezial-)Investmentfonds bei der Ermittlung der latenten Steuern sowie Überlegungen zur Vorteilhaftigkeit der verschiedenen möglichen Besteuerungsregime runden das Werk ab.

Dieses Werk richtet sich primär an die Anleger von Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds. Es ist aus der Praxis heraus entstanden und geht daher besonders auf die Fragestellungen und Zweifelsfragen ein, die sich für den Anleger bei der »Verarbeitung« der Besteuerungsgrundlagen ergeben. Zahlreiche Praxisbeispiele veranschaulichen die gesetzlichen Regelungen.

München, im April 2022

Birgit Köhler/Franz Schober

[17]Abkürzungsverzeichnis

a. F. alte Fassung
Abs. Absatz
abzgl. abzüglich
ADR American Depositary Receipts
AfA Absetzung für Abnutzung
AfS Absetzung für Substanzverringerung
AG Aktiengesellschaft
AIF Alternativer Investmentfonds
AktG Aktiengesetz
AO Abgabenordnung
BetrAVG Betriebsrentengesetz
BGBl. Bundesgesetzblatt
BilMoG Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
BMF Bundesministerium der Finanzen
BR-Drs. Bundesrats-Drucksache
BStBl. Bundessteuerblatt
BT-Drs. Bundestags-Drucksache
Buchst. Buchstabe
BZSt Bundeszentralamt für Steuern
bzw. beziehungsweise
CTA Contractual Trust Arrangements
DBA Doppelbesteuerungsabkommen
DB Der Betrieb (Zeitschrift)
DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
EDR European Depositary Receipts
EStG Einkommensteuergesetz
ETC Exchange Traded Commodities/Currencies
ETF Exchange Traded Funds
ETN Exchange Traded Notes
EuGH Europäischer Gerichtshof
f./ff. fortfolgend/fortfolgende
FG Finanzgericht
FR Finanzrundschau (Zeitschrift)
GDR Global Depositary Receipts
GewStG Gewerbesteuergesetz
ggf. gegebenenfalls
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GrS Großer Senat
HGB Handelsgesetzbuch
HS Halbsatz
[18]i. d. R. in der Regel
i. H. v. in Höhe von
i. S. d. im Sinne der/des
i. V. m. in Verbindung mit
IAS International Accounting Standards
IFRS International Financial Reporting Standards
InvStRefG Investmentsteuerreformgesetz
IRZ Zeitschrift für internationale Rechnungslegung
KAGB Kapitalanlagegesetzbuch
KoR Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung
KStG Körperschaftsteuergesetz
KWG Gesetz über das Kreditwesen
MindZV Mindestzuführungsverordnung
Mio. Million
NAV Net Asset Value
OFD Oberfinanzdirektion
OGAW Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren i. S. d. Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren
REITG Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen
Rn. Randnummer
Rz. Randziffer
S. Satz/Seite
sog. sogenannte/r/s
SolZ Solidaritätszuschlag
SPE Special Purpose Entity
Tz. Textziffer
Ubg Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift)
vgl. vergleiche
WPg Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
zzgl. zuzüglich

[19]1 Investmentsteuerreformgesetz

1.1 Hintergründe der Investmentsteuerreform

Ab dem 1.1.2018 findet grundsätzlich auf sämtliche Investmentfonds und deren Anleger das Investmentsteuergesetz (InvStG) in der am 26.7.2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Fassung1 Anwendung, § 1 und § 56 Abs. 1 S. 1 InvStG. Die Investmentsteuerreform verfolgte insbesondere folgende Ziele2:

Angesichts der geschilderten Defizite der alten Rechtslage war eine grundlegende Reform erforderlich.

1.2 Wesentliche Änderungen durch das Investmentsteuerreformgesetz

Nach der bis zum 31.12.2017 geltenden Rechtslage folgte sowohl die Besteuerung von Publikumsfonds als auch die Besteuerung von Spezialfonds dem Transparenzprinzip. Das Transparenzprinzip besagt, dass der Inhaber von Fondsanteilen grundsätzlich so zu behandeln ist, als hätte er die jeweiligen im Fonds enthaltenen Wertpapiere direkt gehalten. Nach dem bis zum 31.12.2017 geltenden Investmentsteuerrecht vermittelte ein Investmentfonds dem Anleger daher auch keine Investmenterträge als solche, sondern diejenigen Ertragskomponenten, die der Fonds erzielt hat, d. h. Dividendenerträge, Zinserträge, Veräußerungsgewinne, Termingeschäftsgewinne etc. Wie bei der Direktanlage konnten auf der Fondseingangsseite von diesen Erträgen abgeführte Kapitalertragsteuern mit der Steuerschuld des Anlegers verrechnet werden, da es sich um eine Vorauszahlung auf die Steuerschuld der Anleger handelte. Auch die Anrechnungsansprüche auf im Fonds angefallene ausländische Quellensteuer reichte der inländische Fonds nach der alten Rechtslage an seinen Anteilsinhaber weiter oder berücksichtigte sie bereits als Werbungskosten auf Fondsebene. Die Zwischenschaltung eines Fonds sollte somit beim Anleger grundsätzlich keine höhere oder niedrigere Besteuerung auslösen als eine direkte Beteiligung an den Vermögensgegenständen des Fonds.

Die Reform des InvStG brachte eine grundlegende Neukonzeption der Investmentbesteuerung unter Abkehr einer Besteuerung nach dem Transparenzprinzip für Investmentfonds. Unter bestimmten engen Voraussetzungen sollen künftig allein [22]Spezial-Investmentfonds nach einem modifizierten transparenten System besteuert werden. Das InvStG unterscheidet ab 1.1.2018 damit zwischen zwei voneinander unabhängigen Besteuerungssystemen, nämlich einem intransparenten Besteuerungssystem für Investmentfonds und einer Besteuerung nach dem eingeschränkten Transparenzprinzip für Spezial-Investmentfonds.

Für Investmentfonds wird die bisher transparente Besteuerung durch eine stärker am Trennungsprinzip orientierte Besteuerung ersetzt. Während nach der bis zum 31.12.2017 geltenden Rechtslage die Besteuerung ausschließlich auf Anlegerebene vorgenommen wurde, verlagert sich die Besteuerung auf die Ebene des Investmentfonds. Allerdings werden nur bestimmte inländische Einkünfte auf Fondsebene besteuert. Die Besteuerung der Anleger ändert sich dergestalt, dass die steuerliche Vorbelastung auf Ebene des Investmentfonds auf Ebene des Anlegers durch pauschale Teilfreistellungen von Erträgen berücksichtigt wird. Die Höhe der Teilfreistellung hängt wiederum von der Fondskategorie und bei Immobilienfonds auch von dessen Anlageschwerpunkt im In- oder Ausland ab. Das Konzept der ausschüttungsgleichen Erträge entfällt. Eine gewisse Mindestbesteuerung wird durch die sog. Vorabpauschale in Höhe einer risikolosen Marktverzinsung sichergestellt.

Für die Spezial-Investmentfonds bleibt es im Wesentlichen bei der bisher bekannten semi-transparenten Besteuerung. Der Spezial-Investmentfonds vermittelt den Anlegern auch weiterhin die jeweiligen Besteuerungsgrundlagen, wie nach DBA steuerfreie Einkünfte, dem Teileinkünfteverfahren bzw. dem Beteiligungsprivileg für Körperschaften unterliegende Beteiligungseinnahmen und Veräußerungsgewinne bzw. -verluste, ausländische Quellensteuern sowie Zinserträge für Zwecke der Zinsschranke. Auch das bisherige Konzept der Zurechnung von auf Fondsebene thesaurierten Erträgen als ausschüttungsgleiche Erträge – unter (zukünftig allerdings zeitlich beschränkter) Beibehaltung des sog. Fondsprivilegs – bleibt erhalten. Neu ist allerdings, auch bei Spezial-Investmentfonds bestimmte inländische Einnahmen, Erträge bzw. Einkünfte auf Fondsebene der Besteuerung zu unterwerfen und im Gegenzug hierzu auf Anlegerebene eine entsprechende Freistellung zu berücksichtigten, oder aber dazu zu optieren, die Besteuerung komplett auf die Anlegerebene zu verlagern. Neu ist auch, dass es – unter Wegfall des steuerlichen Ertragsausgleichs – zu einer taggenauen besitzzeitanteiligen Ermittlung und Zurechnung von Erträgen kommt, und zwar unabhängig von etwaigen vorherigen Anteilsveräußerungen. Das Besteuerungskonzept nähert sich dadurch dem Besteuerungsprinzip bei Personengesellschaften an.

Die unterschiedlichen Besteuerungssysteme lassen sich wie folgt darstellen:

[23]Abbildung

Abb. 1: Besteuerung nach dem Trennprinzip und dem Transparenzprinzip


1 Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz – InvStRefG; im Folgenden InvStG), BGBl. I 2016, 1730, geändert durch Gesetz v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000.

2 Vgl. BT-Drs. 18/8045, 49 ff.

3 EuGH v. 10.5.2012, Santander, BFH/NV 2012, 1293.

4 EuGH v. 10.4.2014, Emerging Markets, BB 2014, 981.

5 Vgl. FG Hessen v. 21.8.2019 – 4 K 2079/16, Rev. eingelegt, BFH I R 2/20.

6 Die Aufarbeitung der Thematik dauert bis heute an, vgl. BMF v. 17.11.2020, BStBl. I 2020, 1225; ausführlich dazu Köhler/Grosjean, RdF 2021, 114 ff.

7 EuGH v. 9.10.2014 – C-326/12, van Caster und van Caster, BFH/NV 2014, 2029.

8 Die Finanzgerichte sind weiterhin mit den Folgefragen des genannten Urteils befasst, vgl. u. a. FG Rheinland-Pfalz v. 22.10.2019 – 3 K 1264/16, Rev. eingelegt, BFH VIII R 13/20; BB 2021, 2080 (Anm. Schober).