© 2019 ISBN: 978-3-749-444946
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Da stehen wir nun mitten drin, in der digitalen Revolution. Alte Märkte brechen weg, bekannte Regeln gelten nicht mehr und neue Akteure (Stichwort AirBnB, Uber, Alibaba, Etsy) decken Problemstellungen ab, welche doch immer von traditionellen Branchen abgedeckt wurden.
Was der Kuckuck ist hier passiert, dass plötzlich alles auf den Kopf gestellt ist. Die Erklärung dazu ist einfach.
Erstens, sich Rechnerleistung und andere - früher teure - Technologien zu besorgen, ist heute kein Hexenwerk. Das bedeutet, jeder kann seine Ideen technologisch ausprobieren, testen und vermarkten. Zudem gewinnen die internen User innerhalb der Unternehmen an Selbständigkeit (Stichwort: Schatten-Informatik) und das Geschäft dadurch an Tempo. Es wird schneller angeboten, es wird mehr angeboten und es wird immer wechselhafter angeboten, um im Geschäft zu bleiben.
Zweitens, ist nun auch der letzte User mit Smartphone, Tablet und PC ausgestattet und kann an seinen ehemaligen Lieferanten vorbei, notwendige Referenzauskünfte, alternative Lieferantendaten und andere Infos zu seinen Beschaffungsvorhaben einholen. Sprich wo früher eine enge Auswahl der Fall war, gibt’s heute unendlich viele Möglichkeiten ans Ziel zu kommen.
Zeitgleich stellte sich mir aber die Frage, wieso einige Unternehmen diesen Sturm und den damit verbundenen Kampf um die Kundenbeziehungen überstehen, und andere nicht. Ein gutes Beispiel für mich ist just eine Website-Agency, die mich betreut. Was macht diese, was andere nicht können? Eine Agentur, die sich sogar gegen «Do-it-yourself-Seiten» durchsetzen muss.
Nach Auskunft des Inhabers war das Rezept ein Einfaches: Nachhaltige Orientierung auf die Lebenswelt der Kunden. Im Grunde bin ich der Wolf in der sibirischen Tundra, der einen Deal mit den Rentierherden in seinem Revier eingegangen ist.
Ich halte die Rentierherden im Gesamten stark, während die Rentierherden zwischen mir und anderen Rudeln, «lonely wolves» und anderen Gefahren herumziehen und dadurch mein Revier schützen.
Das Schlüsselwort für die digitale Zukunft müsste daher «Beziehungsaufbau», «Beziehungserhalt» und die nachhaltige Gestaltung von Austauschbeziehungen sein. Was aber bedeutet Beziehung in einem Umfeld, in dem sich die Spielregeln schneller ändern, als das Wetter im April?
Betrachten wir das Verhalten von Kunden, so sind folgende Muster immer wieder erkennbar. Je nach Entscheidungssituation und Entscheidungsumfeld ergeben sich heute - wie früher -, die Bedürfnisse des Kunden. Wer also das Entscheidungs- oder Geschäftsumfeld des Kunden immer im Auge hat (so wie ein Wolf sein Revier), dürfte mit höherer Wahrscheinlichkeit eher erkennen, was und wo es für den Kunden etwas zu tun gibt.
Der Grund warum Kunden bei spezifischen Lieferanten oder Dienstleistern bleiben (sprich im Revier des Wolfs) ist der, dass schneller auf die angefallenen Bedürfnisse und Problemstellungen in der Interaktion mit den Lieferanten reagiert wird. Ein positiv besetztes Konsumerlebnis entsteht, wenn der Kunde keine Energie für die Suche nach Alternativen mehr einsetzen muss. Somit wird das aufgebaut, was man «Vertrauen» nennen kann.
Oder umgekehrt, die Kosten für den Wechsel in ein anderes Revier sind so hoch, dass es belastend und nicht zielführend ist, sich alternative Informationen einzuholen oder sich bei der neuen Alternative nasse Füsse zu holen.
Es ist also das Zusammenwirken von Bereitsteller einerseits und Konsumenten anderseits, verbunden mit einem werthaltigen Konsumerlebnis, welches zum Verweilen im angestammten Umfeld (Habitat oder Ökosystem) motiviert. Marketing- und Digitalisierungs-Gurus von der Columbia University oder dem MIT haben dies schon vor Jahren mit den Begrifflichkeiten "Value Co-Creation" und "Service Dominant Logic" beschrieben.
Nun stellt sich aber darob der Banalität dieses Zusammenhanges eine Frage:
Warum haben wir diese Tatsache nicht realisiert?
Nun, das dürfte damit zu tun haben, dass wir noch zu sehr der Nabelschau rund um die Einhaltung der «Best Practice», der Huldigung von «Effektivität und Effizienz» und dem Kult um die Eroberung von Märkten verfallen sind.
Es wird auch daran liegen, dass wir im Verkauf noch immer der alten «Hunter-Logik» verfallen sind, die besagt, dass man mit einer «Unique Selling Proposition», eindeutigen Kosten- und Leistungsvorteilen und durchschlagender Markmacht den Deal holt (das Wild erlegt), einen Markt dominiert und ausbeutet (von Beziehung zum Kunden - keine Rede).
Durch Skalenvorteile kann der Markt solange gehalten werden, bis er als «gesättigt» durch andere neue Märkte ersetzt werden kann.
Dieses Verständnis kommt aus einer Zeit in der man der Meinung war, dass für Kunden Informationen nicht unbeschränkt zur Verfügung stehen, dass man sich Märkte schaffen, und erobern kann.
Kurz es handelte sich um die Denke der typischen Verkäufermärkte, die so weit ging, dass man sogar das Entscheiden und Handeln der Kunden mit entsprechenden Mechanismen steuern wollte und eingeschränkt auch konnte. Das ist nun aber in vielen Fällen einfach nicht mehr möglich.
Zwei Dinge gingen verloren. Erstens das Bewusstsein, dass man nun mehr und mehr mit Szenarien eines Käufermarktes arbeiten musste, und dass für diesen Käufermarkt die Analyse des Kunden-Umfelds wettbewerbskritisch ist.
Das eigentlich selbstverständliche Streben nach einem wiederkehrenden positiven Erlebnis zwischen Kunden und Lieferanten oder Dienstleistern kommt (mit dem Kunden eine Beziehung wie in einem Ökosystem bilden) wird heute als Innovation schlechthin verkauft, obwohl es eigentlich ein alter Hut sein sollte.
Fast schon revolutionär mutet es heute schon an, dass Verlässlichkeit und Vertrauen dafür sorgen, dass Kunden in neu geschaffenen Habitaten oder einer Geschäftsbeziehung bleiben.
Kunden ticken in einem «Käufermarkt» anders. Sie kaufen nicht, was angeboten wird, nein sie gehen mit jenen eine Beziehung ein, die Ihnen helfen in Ihrem Umfeld vorwärtszukommen.
Sie betrachten nicht das Gut oder die Dienstleistung an sich, sondern den gesamten «Beziehungsweg». Von der Suche bis hin zur Nachbetreuung (ergo das Konsumerlebnis im weiteren Sinne) bleiben sie bei jenen, denen Sie vertrauen; ansonsten suchen sie einfach weiter.
Wer also das Umfeld des Kunden kennt, die geeigneten Interaktionskanäle und Aktivitäten etabliert, die zu einem Konsumerlebnis führen (Value Streams) und mehr und mehr nachweisen kann, dass er das Vertrauen des Kunden auch verdient, bleibt im Ökosystem des Kunden. Ansonsten ist er draussen.
Dass sich hier der Wind gedreht hat, spiegelt sich in den Posts von Kaderportalen, Headhuntern und Talent-Foren wieder.
Wenn heute Produktverantwortliche im digitalen Bereich, Chief Digital Officers, CIOs oder Marktentwickler gesucht werden, so finden sich folgende Wortschnipsel immer wieder:
Für all die «Best-Practice» gestählten Führungskräfte, auf Effizienz, Business und IT-Alignment und Compliance getrimmten Führungskräfte, aber auch für alle Jäger, Sammler, Eroberer und Unternehmenskapitäne sind nun aber schlimme Zeiten angebrochen.
Nichts von dem, was heute gefordert wird, wurde in den letzten Jahren an die Führer und Lenker der Unternehmenswelt herangetragen, konnte von ihnen erlernt, kultiviert oder internalisiert werden.
Dummerweise wird es Ihnen in stürmischen Zeiten wie diesen nicht immer möglich mit einem neuen «Master», einem «Advanced Programme» oder was auch immer sich das Wissen rund um diese neue Thematik anzueignen und damit diese Lücken schnell zu schliessen.
Doch reicht anfangs schon eine Übersicht über das Thema, ein roter Faden, an dem man erkennen kann, was da auf einen zukommt.
Dies aber sollte in seinen Quellen abgesichert und in klaren Bildern und verständlichen Worten möglich sein. Womit wir beim Zweck dieses Ratgebers sind.
Er soll Ihnen folgende Fragen beantworten:
Die Frage lässt sich relativ einfach beantworten, wenn man den Begriff des Ökosystems etwas genauer unter die Lupe nimmt.
Ein Ökosystem ist ein «dynamischer Komplex von Gemeinschaften aus Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen sowie derer nicht lebenden Umwelt, die als funktionelle Einheit in Wechselwirkung stehen».
Kennzeichnend für Ökosysteme sind:
Ökosysteme ändern je nach Umfeldfaktoren und Ein- bzw. Austritt neuer Akteure sowohl deren Beziehungsgefüge, genauso wie deren Austauschsysteme.
Die Austauschbeziehungen innerhalb eines solchen «Biotops» wären demnach durch die Fragen geprägt: