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4. Auflage
© 2021 Christoph Conrad Henke
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783753447148
Diese Zusammenstellung versucht, einen Überblick über die Rechtsprechung der Zivilgerichte zum Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags zu geben. Sie richtet sich an Praktiker (vornehmlich Richter, Rechtsanwälte und Rechtsreferendare in einer Kammer mit Sonderzuständigkeit für Banksachen), die einschlägige Urteilspassagen griffbereit zur Hand haben möchten, z.B. um sie in Urteilen oder Schriftsätzen zu zitieren. Sie setzt gewisse Rechtskenntnis voraus, insbesondere zum jeweils anwendbaren Recht, damit die zitierten Entscheidungspassagen zutreffend eingeordnet werden können und ggf. geprüft werden kann, ob sie auf neues Recht übertragbar sind.
Der Aufbau entspricht der Reihenfolge, in der ein Zivilrichter die einschlägigen Rechtsprobleme prüfen kann. Insoweit knüpft die Zusammenstellung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, namentlich des XI. Zivilsenats, an. Soweit höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vorhanden ist, wird auf Entscheidungen der Instanzgerichte zurückgegriffen.
Münster-Hiltrup, Januar 2021
Der Verfasser
§ 7 VerbrKrG aF, gültig bis 31.12.2001, sah ein Widerrufsrecht nach § 361a BGB aF für Verbraucherdarlehensverträge vor.
Wurde der Verbraucher nicht entsprechend § 361a Abs. 1 BGB belehrt, erlosch das Widerrufsrecht „nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung, spätestens jedoch ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des Kreditvertrags gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers“ (§ 7 Abs. 2 VerbrKrG aF).
Das in § 7 VerbrKrG aF geregelte Widerrufsrecht galt gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG aF nicht für Kreditverträge, nach denen der Kredit von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht und zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite und deren Zwischenfinanzierung üblichen Bedingungen gewährt wurde; der Sicherung durch ein Grundpfandrecht stand es gleich, wenn von einer solchen Sicherung gemäß § 7 Abs. 3 bis 5 des Gesetzes über Bausparkassen abgesehen wurde.
§ 1 HWiG aF, gültig bis zum 31.12.2001, sah für Verträge, die in Haustürsituationen abgeschlossen wurden, ebenfalls ein Widerrufsrecht nach § 361a BGB aF vor. Gem. § 5 Abs. 2 HWiG aF war die Anwendbarkeit des HWiG aF ausgeschlossen, wenn ein Haustürgeschäft „zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz“ erfüllte.
§ 2 HWiG aF sah eine andere Erlöschensregelung als § 7 Abs. 2 VerbrKrG aF vor: „Unterbleibt die Belehrung nach § 361a Abs. 1 Satz 3 und 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, so erlischt das Widerrufsrecht des Verbrauchers erst einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung.“
Für Fernabsatzverträge, die ab dem 30.6.2000 abgeschlossen wurden, galt das Fernabsatzgesetz.1 § 3 FernAbsG aF, gültig bis zum 31.12.2001, sah für Fernabsatzverträge ebenfalls ein Widerrufsrecht nach § 361a BGB aF vor. Doch fand das Gesetz gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 FernAbsG aF keine Anwendung auf „Finanzgeschäfte, insbesondere Bankgeschäfte, Finanz- und Wertpapierdienstleistungen und Versicherungen sowie deren Vermittlung“.
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat mit Urteil vom 13. Dezember 2001 entschieden:
„1. Die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ist dahin auszulegen, dass sie auf einen Realkreditvertrag wie den im Ausgangsverfahren fraglichen anwendbar ist, so dass der Verbraucher, der einen derartigen Vertrag in einem der in Artikel 1 dieser Richtlinie genannten Fälle geschlossen hat, über das Widerrufsrecht nach Artikel 5 der Richtlinie verfügt.
2. Der nationale Gesetzgeber ist durch die Richtlinie 85/577 daran gehindert, das Widerrufsrecht nach Artikel 5 dieser Richtlinie für den Fall, dass der Verbraucher nicht gemäß Artikel 4 dieser Richtlinie belehrt wurde, auf ein Jahr nach Vertragsabschluss zu befristen.“2
In Reaktion auf die Heininger-Entscheidung urteilte der BGH, dass § 5 Abs. 2 HWiG richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auf Real- und Personalkreditverträge anwendbar sind, wenn das Verbraucherkreditgesetz keinen gleich weit reichenden Widerruf ermöglicht, d.h. ein Widerruf nach diesem Gesetz ausgeschlossen oder erloschen ist:
„§ 5 Abs. 2 HWiG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auf Real- und Personalkreditverträge anwendbar sind, wenn das Verbraucherkreditgesetz keinen gleich weit reichenden Widerruf ermöglicht, d.h. ein Widerruf nach diesem Gesetz ausgeschlossen oder erloschen ist… An einem gleich weit reichenden Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz fehlte es, weil das Widerrufsrecht gemäß § 7 Abs. 2 VerbrKrG in der zwischen dem 1. Oktober 2000 und dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB spätestens ein Jahr nach Abgabe der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers und damit bereits im November 2002 erloschen war.“3
Am 1.1.2002 traten die Regelungen zur Schuldrechtsreform in Kraft. Durch diese wurden Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG), Haustürwiderrufsgesetz (HWiG) und Fernabsatzgesetz (FernAbsG) ins BGB integriert.
Gem. § 495 BGB, gültig ab dem 1.1.2002, stand dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Ausgenommen blieben gem. § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB, gültig vom 1.1.2002 bis zum 31.7.2002, insbesondere „Verbraucherdarlehensverträge, bei denen die Gewährung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wird und zu Bedingungen erfolgt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehensverträge und deren Zwischenfinanzierung üblich sind“. Gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB, gültig vom 1.1.2002 bis zum 31.7.2002, erlosch das Widerrufsrecht spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Nach § 495 Abs. 2 Satz 1 BGB, gültig vom 1.1.2002 bis zum 31.7.2002, galt der Widerruf ggf. als nicht erfolgt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht binnen zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt.
Der Gesetzgeber überführte die Fernabsatzregelungen zum 1.1.2002 ins BGB (vgl. § 312b BGB aF). Auch für diese galt die Erlöschensregelung des § 355 Abs. 3 BGB.4
§ 312 BGB beinhaltete das Widerrufsrecht für Haustürgeschäfte. Gem. § 312a BGB, gültig vom 1.1.2002 bis zum 31.7.2002, war die Anwendbarkeit der Haustürvorschriften ausgeschlossen, wenn ein Haustürgeschäft zugleich den Regelungen über Verbraucherdarlehensverträge unterfiel. Die europarechtliche Problematik bestand damit – auch nach späterer Einschätzung des Gesetzgebers5 – fort.
Zu den Überleitungsvorschriften sieht Art. 229 § 5 EGBGB vor:
„Auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, sind das Bürgerliche Gesetzbuch, das AGB-Gesetz, das Handelsgesetzbuch, das Verbraucherkreditgesetz, das Fernabsatzgesetz, das Fernunterrichtsschutzgesetz, das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften…, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden… Satz 1 gilt für Dauerschuldverhältnisse mit der Maßgabe, dass anstelle der in Satz 1 bezeichneten Gesetze vom 1. Januar 2003 an nur das Bürgerliche Gesetzbuch, das Handelsgesetzbuch, das Fernunterrichtsschutzgesetz und die Verordnung über Informationspflichten nach bürgerlichem Recht in der dann geltenden Fassung anzuwenden sind.“
Mit dem Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten (OLG-Vertretungsänderungsgesetz) vom 23.7.20026 reagierte der Gesetzgeber auf die Heiniger-Entscheidung des EuGH.
Er traf die Grundsatzentscheidung, dass der Widerruf eines Verbraucher-Immobiliardarlehens7 nach § 495 BGB erfolgt, nicht nach den Regelungen zu Haustürgeschäften. Durch eine schärfere Formulierung des § 312a BGB und einen neuen § 312d Abs. 5 BGB sollte einer „Doppelung von Widerrufsbzw. Rückgaberechten“ vorgebeugt werden.8
Zur Behebung der europarechtlichen Bedenken strich der Gesetzgeber die Erlöschensvorschrift in § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB sowie § 495 Abs. 2 Satz 1 BGB und stellte durch Streichung § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB sicher, dass auch Immobiliardarlehensverträge widerrufen werden können.9 Anstelle von § 495 Abs. 2 Satz 1 BGB regelte der neue § 506 Abs. 2 BGB, gültig vom 1.8.2002 bis zum 30.6.2005, dass durch besondere schriftliche Vereinbarung bestimmt werden kann, dass der Widerruf als nicht erfolgt gilt, wenn der Verbraucher das empfangene Darlehen nicht binnen zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt, sofern kein verbundenes Geschäft und kein Haustürgeschäft vorliegt.10 Bei Immobiliardarlehensverträgen, die keine Haustürgeschäfte sind, konnte das Widerrufsrecht gem. § 506 Abs. 3 BGB durch besondere schriftliche Vereinbarung ausgeschlossen werden. Beide Regelungen galten befristet.11
Aufgrund der Widerrufsmöglichkeit für Immobiliardarlehensverträge änderte der Gesetzgeber auch die Regelungen für verbundene Geschäfte (§ 358 BGB) dahingehend, dass ein verbundenes Geschäft nicht bereits dann anzunehmen ist, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder beim Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Immobilienverkäufers bedient.12
Der Gesetzgeber führte auf diese Weise ein einheitliches, unbefristetes Widerrufsrecht ein; zum Schutz der Unternehmen wurde ergänzend von einer bereits bestehenden Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht, eine Muster-Widerrufsbelehrung zu erlassen13 (vgl. Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV).
Zu den Überleitungsvorschriften sieht Art 229 § 9 EGBGB vor:
„Die §§ 312a, 312d, 346, 355, 358, 491, 492, 494, 495, 497, 498, 502, 505 und 506 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, nur anzuwenden auf
1. Haustürgeschäfte, die nach dem 1. August 2002 abgeschlossen worden sind, einschließlich ihrer Rückabwicklung und
2. andere Schuldverhältnisse, die nach dem 1. November 2002 entstanden sind.
§ 355 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der in Satz 1 genannten Fassung ist jedoch auch auf Haustürgeschäfte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2001 abgeschlossen worden sind, einschließlich ihrer Rückabwicklung.“
Wurde ein Darlehensvertrag beispielsweise 2001 abgeschlossen und 2014 widerrufen, gilt hinsichtlich der Anwendbarkeit von Haustür-Regelungen:
„Maßgebend für die rechtliche Bewertung des im Juni 2014 erklärten Widerrufs ist das im November 2001 geltende Recht, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 2, 9 Abs. 3 HWiG und § 361a BGB jeweils in der zwischen dem 1. Oktober 2000 und dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, Art. 229 § 5 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, 3 und 4, § 38 EGBGB. Aus Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ergibt sich nichts anderes. Vielmehr blieb das im Zeitpunkt des Entstehens des Schuldverhältnisses geltende und die Widerruflichkeit der Verbrauchervertragserklärung regelnde Recht unbeschadet dieser Vorschrift über den 31. Dezember 2002 hinaus maßgeblich…“14
„Ein unterstelltes Widerrufsrecht des Klägers war im Juni 2014 auch nicht nach § 2 HWiG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung erloschen. § 2 HWiG verknüpft das Widerrufsrecht mit der beiderseits vollständigen Erbringung der Leistung, wobei insoweit auch bei einem verbundenen Geschäft allein auf das Rechtsgeschäft – hier den Darlehensvertrag – abzustellen ist, in dem ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz begründet ist, und nicht auf das verbundene Geschäft, hier die Fondsbeteiligung… Zum Zeitpunkt der vollständigen Ablösung des Darlehens im Januar 2007 war § 2 HWiG nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, der nicht durch Art. 229 § 9 EGBGB verdrängt wird, nicht mehr anwendbar…“15
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie, sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29.7.2009 wurden das Darlehens- und das Widerrufsrecht teilweise neu konzipiert.16
So wurde § 492 Abs. 2 BGB, gültig ab 11.6.2010, dahin geändert, dass der Darlehensvertrag Pflichtangaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) enthalten muss. Durch diese Änderung wurden die Regelungen zu den Pflichtangaben wesentlich erweitert und in das EGBGB ausgelagert.17
Das Widerrufsrecht für Verbraucherdarlehensverträge wurde in § 495 BGB neu geregelt und an die Vorgaben der Verbraucherkreditrichtlinie angepasst:
„Wegen des Charakters der Vorgaben als vollharmonisierte Vorschriften kann nicht mehr auf die allgemeinen Regeln zum Widerrufsrecht verwiesen werden. Die Unterschiede sollen im Darlehensvertragsrecht verortet und nicht im Rahmen des § 355 ff. verallgemeinert werden.“18
„Nummer 1 bestimmt, dass an die Stelle der nach § 355 Abs. 2 erforderlichen Belehrung die von der Verbraucherkreditrichtlinie vorgegebene Pflichtangabe zum Widerrufsrecht im Vertrag tritt, vgl. Artikel 10 Abs. 2 Buchstabe p der Verbraucherkreditrichtlinie und die Umsetzungsvorschrift in Artikel 247 § 6 Abs. 2 EGBGB-E. Die nach § 355 Abs. 2 erforderliche Belehrung ist in der Verbraucherkreditrichtlinie nicht vorgesehen und kann wegen der Vollharmonisierung auch nicht zusätzlich verlangt werden. Somit ist es sachgerecht, die entsprechende Information im Vertrag an ihre Stelle treten zu lassen. Voraussetzung ist, dass der Vertrag die Anforderungen nach Artikel 247 § 6 Abs. 1 und 2 EGBGB-E erfüllt.“19
„Aus Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 der Verbraucherkreditrichtlinie ergeben sich zwei Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit die Widerrufsfrist zu laufen beginnt: Vertragsabschluss (Buchstabe a) und Erhalt des Vertragsinhalts durch den Darlehensnehmer (Buchstabe b).“20
Der Gesetzgeber hat zudem in § 312 Abs. 2 BGB (Haustürgeschäfte) unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (Schulte, Crailsheimer Volksbank) „ausdrücklich klargestellt, dass der Unternehmer zur Belehrung verpflichtet ist. Die neue Formulierung stellt auch klar, dass im Fall fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Belehrung ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 in Betracht kommt.“21
Zu den Überleitungsvorschriften sieht Art. 229 § 22 Abs. 2 und 3 EGBGB vor:
„…Soweit andere als die in Absatz 1 geregelten Schuldverhältnisse vor dem 11. Juni 2010 entstanden sind, sind auf sie das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung jeweils in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.
Abweichend von Absatz 2 sind § 492 Abs. 5, § 493 Abs. 3, die §§ 499, 500 Abs. 1 sowie § 504 Abs. 1 und § 505 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf unbefristete Schuldverhältnisse anzuwenden, die vor dem 11. Juni 2010 entstanden sind; § 505 Abs. 1 ist auf solche Schuldverhältnisse in Ansehung der Mitteilungen nach Vertragsschluss anzuwenden.“
Mit dem Gesetz zur Einführung einer Muster-Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24.7.201022 erhob der Gesetzgeber die Muster-Widerrufsbelehrungen vom Verordnungsrang in den Gesetzesrang (vgl. zur Bedeutung das Kapitel Vertrauensschutz).
Daneben kam es zu „Anpassungen und Klarstellungen“ beim Widerrufsrecht.23 Der Gesetzgeber hat § 495 BGB dahin ergänzt, dass der Lauf der Frist vom Erhalt der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB, Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) abhängt:
„Eine weitere Voraussetzung für den Lauf der Widerrufsfrist enthält der neu eingefügte Buchstabe b, wonach die Widerrufsfrist auch nicht beginnt, bevor der Darlehensnehmer die Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB-E erhält… Eine eigenständige Bedeutung erlangt der neue Buchstabe b erst dann, wenn im Verbraucherdarlehensvertrag abweichend von den gesetzlichen Vorschriften Pflichtangaben fehlen.“24
Der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, dass unterbliebene Pflichtangaben zur Folge haben, dass die Widerrufsfrist unabhängig von der Frage, ob der Informationsmangel zur Nichtigkeit führt oder durch Inanspruchnahme des Darlehens geheilt wird, ggf. nicht beginnt.25 Dies gilt selbst dann, wenn versehentlich die Aufnahme weniger bedeutender Pflichtangaben unterbleibt.26
Der Gesetzgeber hat zudem die Anwendung der sechsmonatigen Erlöschensfrist des § 355 Abs. 4 BGB durch § 495 Abs. 2 S. 2 BGB aF (gültig ab 30.7.2010) ausgeschlossen, insbesondere hinsichtlich nicht erteilter Pflichtangaben:
„Schließlich wird mit dem neuen Satz 2 die sechsmonatige Höchstfrist nach § 355 Absatz 4 BGB – neu – für das Erlöschen des Widerrufsrechts, die über § 495 Absatz 1 BGB – neu – mangels Modifikation in § 495 Absatz 2 BGB-E sonst zum Tragen käme, ausgeschlossen. Auch dies beruht auf dem vollharmonisierenden Charakter der Verbraucherkreditrichtlinie, die ein Erlöschen des Widerrufsrechts nicht vorsieht.“27
Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 13.6.201428 wurde
„das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen neu strukturiert und ebenfalls grundlegend neu gefasst. Der Titel enthält die grundsätzlich abschließenden Regelungen zur Rückabwicklung des widerrufenen Vertrags; eine Bezugnahme auf die Rücktrittsregelungen entfällt. Normiert werden zunächst für alle Verbraucherverträge geltende Regelungen über das Widerrufsrecht und daran anschließend Sonderregelungen für die Widerrufsfrist bzw. die Rechtsfolgen nach Widerruf im Hinblick auf einzelne Verbraucherverträge. Die bislang bei den einzelnen Vertragstypen normierten Regelungen werden nun an einer zentralen Stelle zusammengefasst. Schließlich werden die Regelungen über verbundene Verträge neu gefasst. Insbesondere wird eine einheitliche Vorschrift über zusammenhängende Verträge aufgenommen.“29
Die Rechtsfolgen des Widerrufs wurden in § 357a BGB neu geregelt. Insbesondere entfällt der Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers.30 Besonderheiten gelten bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen oder Fernabsatzverträgen (§ 357a Abs. 2 BGB). Bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehen31 kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war als der vereinbarte Sollzins (§ 357a Abs. 3 Satz 2 BGB). Darüber hinaus hat der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber (nur) die Aufwendungen zu ersetzen, die der Darlehensgeber gegenüber öffentlichen Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann (§ 357a Abs. 3 Satz 5 BGB).
Zu den Überleitungsvorschriften sieht Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB vor:
„Auf einen vor dem 13. Juni 2014 abgeschlossenen Verbrauchervertrag sind die Vorschriften dieses Gesetzes, des Bürgerlichen Gesetzbuchs… in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden.“
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11.3.201632 hat der Gesetzgeber insbesondere eine Erlöschensfrist für die Ausübung des Widerrufsrecht bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen eingeführt (§ 356b Abs. 2 Satz 4 BGB). Hintergrund war:
„Unabhängig von dem Beginn der Widerrufsfrist sollen Widerrufsrechte bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen künftig nach einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsschluss bzw. Aushändigung der Vertragsurkunde an den Darlehensnehmer erlöschen. Maßgeblich ist der spätere der genannten Zeitpunkte. Damit ist sichergestellt, dass auch eine nicht erfolgte oder als nicht erfolgt zu wertende Widerrufsinformation künftig nicht zu dem Entstehen möglicher ‚ewiger Widerrufsrechte‘ führen kann.“33
Zu den Überleitungsvorschriften sieht Art. 229 § 38 EGBGB insbesondere vor:
„Dieses Gesetz und das Bürgerliche Gesetzbuch jeweils in der bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung sind vorbehaltlich des Absatzes 2 auf folgende Verträge anzuwenden, wenn sie vor dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden: Verbraucherdarlehensverträge und Verträge über entgeltliche Finanzierungshilfen…
Bei Immobiliardarlehensverträgen gemäß § 492 Absatz 1a Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vom 1. August 2002 bis einschließlich 10. Juni 2010 geltenden Fassung, die zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden, erlischt ein fortbestehendes Widerrufsrecht spätestens drei Monate nach dem 21. März 2016, wenn das Fortbestehen des Widerrufsrechts darauf beruht, dass die dem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entsprochen hat…“
Daraus folgt, dass die Widerrufserklärung zu einem zwischen dem 1.9.2002 und dem 10.6.2010 abgeschlossenen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag bis zum Ablauf des 21.6.2016 abgesandt werden musste, wenn dieser wirksam widerrufen werden sollte:
„Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. Juni 2017 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das gilt auch, soweit das Berufungsgericht Art. 229 § 38 Abs. 3 Satz 1 EGBGB so verstanden hat, ein von dieser Vorschrift erfasstes Widerrufsrecht habe bis zum Ablauf des 21. Juni 2016 ausgeübt werden können, wobei zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung bis zum Ablauf des 21. Juni 2016 genügte (§ 355 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung). Sowohl der Wortlaut der Vorschrift (‚drei Monate nach dem 21. März 2016‘) als auch eine systematische Zusammenschau mit Art. 229 § 38 Abs. 3 Satz 2 EGBGB, demzufolge der Ablauf des dort genannten Tages entscheidet, als auch die Gesetzgebungsgeschichte (BT-Drucks. 18/7584, S. 146: ‚also mit Ablauf des 21. Juni 2016‘) führen zu diesem Ergebnis…“34
Nachdem der EuGH 2020 den sog. „Kaskadenverweis“ in der Muster-Widerrufsinformation für europarechtswidrig erkannt hatte, legte das Bundesjustizministerium den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Musters für eine Widerrufsinformation für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge vor. Hierüber hat der Bundestag zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Buches noch nicht entschieden.
Bei Verbraucherdarlehensverträgen ist ein zusätzliches Widerrufsrecht nach den Regelung zu Haustürgeschäften gem. § 312a BGB aF und § 312g Abs. 3 BGB nF weitgehend ausgeschlossen.
§ 312a BGB in den vom 23.7.2002 bis zum 12.6.2014 gültigen Fassungen lautet:
„Steht dem Verbraucher zugleich nach Maßgabe anderer Vorschriften ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 355 oder § 356 dieses Gesetzes… zu, ist das Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 312 ausgeschlossen.“
Für das Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen sieht § 312g Abs. 3 BGB in der seit dem 13.6.2014 geltenden Fassung vor:
„Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 506 bis 513 ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht…“
Ein Widerrufsrecht nach den Regeln zu Haustürgeschäften kommt gleichwohl in Betracht, soweit kein Widerrufsrecht nach Verbraucherdarlehensrecht besteht (vgl. zu Ausnahmen §§ 495 Abs. 2, 514 Abs. 2 Satz 1 BGB). Insoweit greift die Sperrwirkung der §§ 312a aF, 312g BGB nicht.
Wie ausgeführt hat der Gesetzgeber das FernAbsG zum 1.1.2002 ins BGB überführt und ist mit § 312d Abs. 5 BGB in der vom 1.8.2002 bis zum 7.12.2004 gültigen Fassung einer Doppelung von Widerrufsrechten begegnet:
„Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Fernabsatzverträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 499 bis 507 ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 355 oder § 356 zusteht.“
§ 312d Abs. 5 BGB, gültig vom 8.12.2004 bis zum 10.6.2010, sah (ohne inhaltliche Änderung35) ebenfalls vor, dass das Widerrufsrecht nicht bei Fernabsatzverträgen besteht, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 499 bis 507 ein Widerrufsrecht zusteht. Auch wenn so eine „Doppelung“ von Widerrufsrechten verhindert wurde, gelten bei Fernabsatzgeschäften Besonderheiten. § 312d Abs. 5 BGB aF verwies auf § 312d Abs. 2 BGB aF, der folgende Regelung enthält:
„Die Widerrufsfrist beginnt abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2, …bei Dienstleistungen nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses.“
Daraus ergeben sich Besonderheiten insbesondere hinsichtlich der Belehrung über den Fristbeginn.36 Die Regelung zum Erlöschen des Widerrufsrechts nach § 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB aF findet keine Anwendung (siehe unten zur europarechtlichen Problematik).37
Hinsichtlich der Belehrung über die Widerrufsfolgen galt:
„Weil die Verbraucherdarlehensverträge zwischen den Parteien als Fernabsatzverträge zustande kamen, traf die Beklagte trotz des Vorrangs des Widerrufsrechts nach § 495 Abs. 1 BGB vor dem Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB aF gemäß § 312d Abs. 2 und 5 Satz 2, § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB aF und § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV aF die damals noch geltende fernabsatzrechtliche Verpflichtung, ihre Vertragspartner auch über die Rechtsfolgen des Widerrufs zu belehren. Dazu gehörten auch die – systematisch § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF zugehörigen – Modifikationen bei der Wertersatzpflicht nach § 312d Abs. 6 BGB aF.“38
Demgegenüber brauchte nach § 312d BGB in der ab dem 11.06.2010 bis zum 3.8.2011 gültigen Fassung eine Widerrufsinformation keine besonderen Regelungen zum Fristbeginn zu enthalten, selbst wenn ein Fernabsatzgeschäft vorlag. Den zuvor in § 312d Abs. 5 enthaltene Zusatz „Bei solchen Verträgen gilt Absatz 2 entsprechend“ hatte der Gesetzgeber zum 11.6.2010 gestrichen:
„Eine § 312d Abs. 5 S. 2 BGB (in der ab dem 08.12.2004 bis zum 03.08.2009 geltenden Fassung – s. dazu oben) entsprechende Regelung gibt es in § 312d BGB in der ab dem 11.06.2010 bis zum 03.08.2011 geltenden Fassung nicht mehr.“39
Gleiches trifft auf die vom 4.8.2011 bis zum 12.6.2014 geltende Fassung zu. Für das Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen sieht § 312g Abs. 3 BGB in der seit dem 13.6.2014 geltenden Fassung vor:
„Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 506 bis 513 ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht…“
1 § 6 Abs. 1 FernAbsG iVm. Art. 229 § 2 EGBGB.
2 EuGH, Urteil vom 13.12.2001, C-481/99.
3 BGH, Urteil vom 12.7.2016, XI ZR 501/15, Rn. 12.
4 Vgl. BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 46.
5 Vgl. BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 44.
6 BGBl. Teil 1 2002 vom 31.7.2002, S. 2850 ff; vgl. zur Begründung der Vorschriften zum Widerrufsrecht BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002.
7 Vgl. zu dessen Voraussetzungen BGH, Urteil vom 17.9.2019, XI ZR 662/18, Rn. 13.
8 BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 36.
9 BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 44 ff.
10 Vgl. zur möglichen Fehlerhaftigkeit eines diesbezüglichen Zusatzes in der Widerrufsbelehrung BGH, Urteil vom 24.7.2018, XI ZR 139/16, Rn. 18.
11 Vgl. BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 49.
12 BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 46.
13 BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 45.
14 BGH, Urteil vom 12.7.2016, XI ZR 501/15, Rn. 11.
15 BGH, Urteil vom 12.7.2016, XI ZR 501/15, Rn. 13.
16 BGBl. Teil I 2009 vom 3.8.2009, S. 2355 ff; vgl. zur Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/11643 vom 21.1.2009.
17 BT-Drucks. 16/11643 vom 21.1.2009, S. 79.
18 BT-Drucks. 16/11643 vom 21.1.2009, S. 83.
19 BT-Drucks. 16/11643 vom 21.1.2009, S. 83.
20 BT-Drucks. 16/11643 vom 21.1.2009, S. 83.
21 BT-Drucks. 16/11643 vom 21.1.2009, S. 69.
22 BGBl. Teil I 2010 vom 29.7.2010, S. 977 ff; vgl. zur Gesetzesbegründung BT-Drucks. 17/1394 vom 16.4.2010.
23 BT-Drucks. 17/1394 vom 16.4.2010, S. 1.
24 BT-Drucks. 17/1394 vom 19.4.2010, S. 19.
25 BT-Drucks. 17/1394 vom 19.4.2010, S. 14.
26 BT-Drucks. 17/1394 vom 19.4.2010, S. 15.
27 BT-Drucks. 17/1394 vom 16.4.2010, S. 20.
28 BGBl. Teil I 2013 vom 27.9.2013, S. 3642 ff; vgl. zur Gesetzesbegründung BT-Drucks. 17/12637 vom 6.3.2013.
29 BT-Drucks. 17/12637 vom 6.3.2013, S. 2.
30 BT-Drucks. 17/12637 vom 6.3.2013, S. 65.
31 Vgl. zu dessen Voraussetzungen BGH, Urteil vom 17.9.2019, XI ZR 662/18, Rn. 13.
32 BGBl. Teil I 2016 vom 16.3.2016, S. 396 ff; vgl. zur Gesetzesbegründung BT-Drucks. 18/5922 vom 7.9.2015.
33 BT-Drucks. 18/5922 vom 7.9.2015, S. 74.
34 BGH, Beschluss vom 16.1.2018, XI ZR 477/17.
35 Auch die vom 1.8.2002 bis zum 7.12.2004 gültige Fassung galt für § 495 BGB; vgl. BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 44 f.
36 Vgl. BGH, Urteil vom 24.1.2017, 183/15.
37 BGH, Urteil vom 22.10.2019, XI ZR 203/18, Rn. 12.
38 BGH, Urteil vom 24.1.2017, XI ZR 183/15, Rn. 29.
39 OLG Brandenburg, Urteil vom 2.11.2016, 4 U 18/15, Rn. 56.
Erfolg haben können insbesondere ein Klageantrag auf Zahlung (wenn ein Saldo zu Gunsten des Darlehensnehmers besteht), ein Antrag auf Feststellung, dass die Bank keinen Anspruch auf Zins- und Tilgungsleistungen hat, und eine Klage auf Rückgewähr einer Sicherheit (Grundschuld) nach Zahlung eines Ablösebetrages. Andere Klageanträge sind zumeist unzulässig oder unbegründet. Bei den aktuell relevanten Verbraucherdarlehen zur Finanzierung eines Kfz-Kaufs ist ggf. zu berücksichtigen, dass der Verbraucher in Bezug auf die Rückgabe des Kfz vorleistungspflichtig ist.40
In einem Antrag auf Feststellung, dass sich ein Darlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, ist zugleich diejenige Widerrufserklärung zu nennen, auf die sich das Begehren maßgeblich stützt. Andernfalls ist der Antrag ggf. nicht hinreichend bestimmt,41 wenn sich sein Inhalt nicht durch Auslegung ermitteln lässt, und zu präzisieren. Im Antrag kann der Kläger ggf. mehrere Widerrufserklärungen angeben:
„Der Umstand, dass der Kläger in seinem Feststellungsantrag mehrere Widerrufserklärungen zitiert, führt nicht zur Unzulässigkeit wegen mangelnder Bestimmtheit. Vielmehr ist der Klageantrag so auszulegen, die Widerrufserklärungen seien in ihrer zeitlichen Abfolge in ein Eventualverhältnis gestellt…“42
Die Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rückgewährschuldverhältnisses scheitert regelmäßig am Vorrang der Leistungsklage, solange die Parteien keine Aufrechnung erklärt haben:
„Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert aber am Vorrang der Leistungsklage. Ist dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar und erschöpft sie das Rechtsschutzziel, fehlt ihm das Feststellungsinteresse, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann. Die auf Feststellung des Anspruchsgrundes gerichtete Feststellungsklage ist dann unzulässig… Eine Leistungsklage ist der Klägerin möglich. Sie kann die Beklagte auf Zahlung aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB in Anspruch nehmen.“43
„Grundsätzlich gilt allerdings, dass ein Kläger, der die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis geltend macht, vorrangig mit der Leistungsklage auf der Grundlage der § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF) in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB gegen die Beklagte vorgehen muss. Ist dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar und erschöpft sie das Rechtsschutzziel, fehlt ihm, was auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist…, das Feststellungsinteresse, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann.“44
„Der Kläger kann und muss vielmehr vorrangig insgesamt (und nicht nur die Vorfälligkeitsentschädigung betreffend) mit der Leistungsklage gegen die Beklagte vorgehen…“45