Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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© Susanne Wyss,
Illustration: Susanne Wyss
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-75265-432-5
Für alle die mich immer und immer wieder unterstützen:
«Changemanagement» ist das Kernthema in Organisationen und hat in den vergangenen zehn Jahren weiter erheblich an Bedeutung gewonnen. Und das aus gutem Grund:
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts befinden sich Organisationen in einem äußerst dynamischen und immer komplexer werdenden Umfeld. Die weltweite Vernetzung, der rasante Informationsfluss und die hierdurch steigende Komplexität bedingt durch das Internet führen dazu, dass Wandel sich immer schneller vollzieht. Zu-gleich haben zwei Ereignisse in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts relativ stabile Weltordnungen und -anschauungen plötzlich labilisiert: die Anschläge auf das World Trade Center in New York und die Finanzkrise. Die zweite Dekade klingt mit einer Pandemie aus, die weltweit das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben auf noch unabsehbare Zeit in Schach hält.
Gleichzeitig nimmt die digitale Revolution zunehmend Gestalt an. Diese Umwälzung verändert die Arbeitswelt, Kultur und Gesellschaft in einem nicht vorhersehbaren Ausmaß. Durch die Einführung neuer Technologien sind wir Menschen und auch zunehmend Maschinen oder Gegenstände miteinander digital vernetzt. Bedingt durch die allumfassende digitale Vernetzung verläuft diese Dynamik mehr und mehr global. Lokal ausgerichtete Unternehmen stehen plötzlich in einem weltweiten Wettbewerb für die Erbringung ihrer Dienstleistungen oder Produkte. Wesentlicher Bestandteil dieser digitalen Transformation ist das Entstehen der sogenannten «Plattform-Ökonomie», wie in Form von sozialen Netzwerken, Online-Handelsplätzen, Reise- und Mobilitätsplattformen. Diese Plattformen schieben sich zwischen Kunden und Lieferanten, gewinnen Marktmacht und sind auf einmal marktbeherrschend und -bestimmend. Soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Spielregeln verändern sich massiv.
Prognosen über die Auswirkungen der Digitalisierung sind sehr unterschiedlich und teilweise polarisierend, so dass in allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen die Zukunft vielmehr als früher im Ungewissen bleibt. Oder wie es Karl Va-lentin gesagt haben soll: „Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie mal war!"
Vor diesem Gesamthintergrund ist für viele Organisationen die Umwelt unüber-schaubar und unberechenbar und somit unsicher. Nicht wenige Organisationen sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Die Vergangenheit hat uns durch zahlreiche Beispiele vor Augen geführt, dass auch traditionsreiche und über Jahrzehnte erfolgreiche Unternehmen wie Grundig, Agfa, Quelle, Nokia oder Thomas Cook in kurzer Zeit vom Markt verschwinden oder sich neu erfinden, wenn sie bestimmte Signale aus der Umwelt nicht aufnehmen und entsprechende Veränderungen einleiten.
Heute versuchen Unternehmen vermehrt, ihre Organisation und Arbeitsformen so auszurichten, dass durch Selbstorganisation die Geschwindigkeit, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gesteigert wird. Organisationen stehen in immer kürzeren Intervallen vor der Fragestellung, wie sie auf die rasanten Entwicklungen im Umfeld angemessen reagieren können.
Für das Reagieren oder proaktive Agieren brauchen Unternehmensleitende, Führungskräfte und Beratende Modelle, Werkzeuge und Techniken, die ihrer Orientierung und Zielführung dienen. In diesem Zusammenhang lautet das Zauberwort: „Changemanagement".
In der Praxis wird jedoch eher selten strukturiert und begründet im Sinne von Changemanagement vorgegangen. Eher mutet das Vorgehen einem klassischen Projektmanagement an mit einer «Dosis» Changemanagement oder mit Pseudo-Partizipation als Beruhigungsmittel. Changemanagement bedarf anderer Vorgehensweisen als herkömmlich linear-monokausal gedachter Umsetzungspläne. Hiermit verknüpft ist eine Veränderung im Denken und Handeln erforderlich – ein «Mindchange».
Über «Changemanagement» sind unzählige Bücher herausgegeben worden, die allerdings zum grossen Teil ein «selbstgeschustertes» eingleisiges Konzept «verkaufen» und somit zu mehr Unübersichtlichkeit und Verwirrung anstatt zu mehr Klarheit beitragen. An dieser Stelle setzt das vorliegende Buch von Susanne Wyss in hervor-ragender Weise an.
Das Buch gibt einerseits einen sehr verständlichen Überblick über aktuell angewandte theoretische Modelle und andererseits viele wertvolle Hinweise für die Praxis des Changemanagements. Dabei wird der Einzigartigkeit und Eigenlogik von Menschen und Organisationen Rechnung getragen. Susanne Wyss stellt deutlich heraus, dass bei komplexen Systemen die vereinfachte Anwendung von allgemeingültigen „Checklisten" oder „Tipps und Tricks" häufig ins Leere läuft. Es geht vielmehr darum, vor dem Hintergrund der eigenen Wahrnehmungen, Annahmen und Überzeugungen das erworbene Wissen kontextbezogen und situativ zur Geltung bringen zu lassen. Hier wird Change-Management ganzheitlich betrachtet, das im Idealfall die bewusst geplante und gesteuerte Veränderung der Organisation unter konsequentem Einbezug der betroffenen Menschen meint. Das Rüstzeug wird über dieses Buch nachvollziehbar, anschaulich und praxisnah und gleichzeitig theoretisch fundiert vermittelt.
In diesem Sinne ist diese Lektüre sehr lesenswert und sowohl für Theoretiker als auch für Praktiker äusserst bereichernd.
Prof. Dr. Volker Kiel
Studienleiter, Berater und Dozent
Institut für Angewandte Psychologie (IAP) der ZHAW, Zürich
Liebe Leserin, lieber Leser
Die My Book Familie wächst. Sie halten mein viertes Buch in den Händen. Es behandelt eines meiner Herzensthemen – Changemanagement. Besonders freue ich mich, dass Prof. Volker Kiel das Vorwort zu diesem My Book schrieb, weil er im Rahmen des CAS Changemanagement und Organisationsentwicklung mein Interesse an Changemanagement weckte. Speziell beeindruckt hat mich, dass Volker Kiel Managementwissen mit einer systemischen und wertschätzenden Haltung verbindet. Der Funke sprang über und ich habe mich nach den Unterrichtstagen weiter mit diesem Thema beschäftigt.
Wandel begleitet mich ständig in meinem Arbeitsalltag. Aber auch im Unterricht werde ich häufig von Studentinnen und Studenten nach Werkzeugen zur Begleitung von Wandel gefragt. Häufig spüre ich dabei eine gewisse Ratlosigkeit bei den Teilnehmenden. Einen Grund dafür sehe ich darin, dass Changemanagement viel mit Softfaktoren zu tun hat und wir uns lieber auf harte Fakten stützen.
Durch meine intensive Beschäftigung mit Wandel verfalle ich bei anstehenden Veränderungen nicht mehr in Angststarre. Im Gegenteil – Change verursacht bei mir ein angenehmes Kribbeln im Bauch und in meinem Kopf entstehen Lösungsideen. Ich freue mich auf das An packen des Vorhabens. Genau dieses Gefühl möchte ich Ihnen auch vermitteln. Einfach? Nein, einfach ist es nicht, aber machbar. Sie können nie sicher sein, dass Sie nun die richtigen Schritte planen und angehen. Auch ich habe kein sicheres Betty Bossy Rezept für Sie bereit. Aber Achtsamkeit und regelmässige Reflexion werden Ihnen helfen. Ich möchte Ihnen vermitteln, dass Sie es wagen sollen, dürfen, können und wollen. Mein Ziel mit diesem My Book ist, dass Sie auf die Frage „Wandel ... und jetzt?" antworten: „Ja und? Legen wir los!" Eines kann ich Ihnen versichern: Nichts tun, ist immer die schlechtere Variante.
Der Inhalt dieses My Book ist ein Angebot. Lassen Sie es mich wissen, wenn ich etwas verbessern kann, damit es einfacher, logischer oder praktischer für Sie wird. Ich schätze Ihr Feedback: www.bene.ch.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihre aktuellen und zukünftigen Vorhaben!
Susanne Wyss
Abbildung 1: Susanne mit einer grossen Tasse Kaffee und einem Buch. Das hingegen wird sich nie ändern!
Changemanagement ist ein relevantes Thema. Sie finden unzählige Bücher und umfassende Literatur zu diesem Thema. Weshalb hat also dieses My Book trotzdem noch seine Berechtigung? Es wird Ihnen die Recherchearbeit abnehmen und Ihnen Changemanagement auf eine praktische Weise näherbringen. Dieses Buch stützt sich auf die gängige Literatur und fasst relevante Aspekte zu Changemanagement für Sie zusammen. Sie müssen nicht viele Bücher lesen, das habe bereits ich für Sie getan. Die Literaturhinweise ermöglichen Ihnen jedoch jederzeit gewisse Themen nach Lust und Laune anhand der Originalliteratur zu vertiefen.
Ein Schwerpunkt in diesem My Book bilden die gängigsten Theorien, Modelle und Werkzeuge. Den Themen Emotionen, Widerstand und Kommunikation wird ein extra Platz eingeräumt. Sie lernen hilfreiche Werkzeuge kennen, wie die acht Schritte von Kotter oder die fünf Phasen von Krüger. Nutzen Sie, was Ihnen einleuchtet und dienlich ist.
Weshalb Sie dieses Buch lesen sollen!
Ja weshalb sollen Sie diesen Aufwand auf sich nehmen und die folgenden 200 Seiten lesen? Lohnt es ich wirklich? Haben Sie einen Vorteil davon?
Genau diese Fragen stellen sich Ihre Mitarbeitenden, wenn Wandel ansteht. Lohnt es sich? Was ist nachher? Habe ich etwas davon? Ich kann Ihnen nichts versprechen, aber ich stelle mir vor, dass folgende Menschen am Ende des Buches die beiden letzten Fragen mit einem Ja beantworten:
In dem Moment, in dem die Raupe dachte,
die Welt geht unter, wurde sie zum Schmetterling.
Laotse
Wie ist das Buch aufgebaut?
Beni, Nina und ihr Team nehmen Sie mit auf die Reise des Wandels. Sie zeigen Ihnen Ausprägungen, Hindernisse und Chancen. Die beiden haben vor einigen Jahren eine Geschäftsidee entwickelt (Wyss, 2019) und sind nun erfolgreiche Unternehmer. Sie wenden agile Methoden (Wyss & Spaetig, 2020) an und pflegen die ständige Verbesserung (Wyss, 2020). Doch nichts bleibt wie es war und es stehen Veränderungen in ihrem Unternehmen an. Deshalb beschäftigen sich die beiden mit dem Thema Changemanagement.
Abbildung 2: Das Team von Nina und Beni
Alle Teammitglieder erscheinen immer wieder in den Illustrationen. Aber nur Beni und Nina werden Sie durch das Buch führen. Ihre Gespräche erkennen Sie an den grauen Balken, die auch diesen Abschnitt einrahmen.
Theorie, Werkzeuge, theoretische Zwischenbemerkung, Zitate
Nina und Beni erklären Ihnen übergreifende Theorien und Modelle aus dem Changemanagement. Sie lernen relevante Autoren wie Kurt Lewin, John Kotter, Klaus Doppler und Christoph Lauterburg oder Wilfried Krüger kennen.
Nina als Leseratte bringt die Theorie ein. Diese Kapitel bringen Ihnen bewährte Modelle, Theorien und Aussagen näher. Sie können von einem breiten und bunten Sammelsurium verschiedenster anerkannter Autoren profitieren. Diese Ausführungen bilden die Grundlage für ein ausgewogenes Changemanagement. Sie werden wenn möglich kurz gehalten und mit Literaturhinweisen ergänzt. Damit Sie auch von den Theorien in Ihrem Alltag profitieren können, wird das Kapitel immer mit einigen Bemerkungen unter „Erkenntnisse für die Praxis" abgeschlossen.
Das Ziel aller Theorien ist es, grundlegende Elemente so zu vereinfachen und
ihre Anzahl dabei so klein wie möglich zu halten,
ohne dabei auf die angemessene Wirkung von Erfahrung zu verzichten.
Albert Einstein
Beni als der Praktiker, stellt Ihnen Werkzeuge für Ihren Alltag vor. Diese beinhalten nebst einer Einleitung ein Kapitel, das Ihnen das Werkzeug Schritt für Schritt erklärt.
Ergänzt wird alles durch theoretische Zwischenbemerkungen und passende Zitate in grauen und weissen Kästen.
Sie entscheiden, wie und was Sie lesen. Vielleicht lesen Sie alles, vielleicht überspringen Sie ein Unterkapitel. Ihre Wahl! Wichtig ist, dass Sie versuchen, den Inhalt auf die Herausforderungen in Ihrem Arbeitsalltag anzuwenden. Es gibt kein fixes Rezept! Sie müssen entscheiden, welche Instrumente oder Werkzeuge für Sie in Ihrer Organisation und für den aktuellen Wandel passend sind. Vielleicht nutzen Sie ein Instrument nicht oder sie ändern es ab.
Übrigens haben Sie das Buch wahrscheinlich gerade zur rechten Zeit zur Hand. Das 21. Jahrhundert gilt als Jahrhundert der Transformation.
Transformation 21: „Durch diese Transformation wird sich fast alles ändern:
Was wir tun, wie wir es tun und warum wir es tun – und auch wer wir sind."
(Malik, 2015)
Aber ich lasse nun Nina und Beni übernehmen.
Beni Nina, findest Du nicht auch, dass Wandel in Unternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten stark an Bedeutung gewonnen hat (Vahs, 2015)?
Nina Ja sicher! Changemanagement wird gar als Kernkompetenz des 21. Jahrhunderts genannt (Loebbert, 2015).
Beni Aber sind wir ehrlich. Es hat auch früher immer wieder Veränderungen gegeben. Denke zum Beispiel an die Industrialisierung. Sagte nicht bereits der Grieche Epheus vor dem Jahr Null: „Nichts ist so beständig wie der Wandel."
Nina Das stimmt, aber es werden Stimmen laut, welche behaupten, dass die Komplexität und die Dynamik immer höher werden, während sich die Anpassungszeit verkürzt oder der Zeitdruck steigt (Vahs, 2015). Die Veränderungen werden immer schneller. Ich frage mich ...
... ist Wandel der heutige Normalfall?
Beni Man kann sich wirklich die Frage stellen, ob Wandel ein zeitlich befristeter Sonderfall oder der Normalfall ist? Das Verhältnis von Stabilität und Wandel hat sich umgekehrt und Change-Initiativen sind Bestandteil unternehmerischen Alltags und nicht mehr unternehmerischer Ausnahmezustand (Starker & Peschke, 2017). IBM geht gar soweit und sagt: „Change ist the new normal." Wir können uns also nicht vor der Veränderung verstecken oder uns drücken. Wandel begleitet uns fortwährend. Changemanagement ist ein Teil der heutigen Arbeitswelt und unseres Ma-nagementalltags.
Nina Ja und es ist sehr wichtig, dass wir mitgehen. Jack Welch meinte, wenn die Veränderungsrate ausserhalb des Unternehmens grösser ist als die Veränderungsrate im Innern, ist das Ende nicht mehr weit.
Beni Ich finde, dass wir Veränderungen nicht der Veränderung willen durchführen sollten, nur damit wir als coole Manager gelten. Sobald es für das Unternehmen nicht überlebensnotwendig ist, sollte man sich hüten, Wandel zu initiieren. Das Verhältnis von Aufwand zu Nutzen könnte bei solchen Veränderungen sehr ungünstig ausfallen (Simon, 2009).
Nina Da hast du recht. Wir sind gute Führungskräfte, wenn wir relevante Veränderungen anstossen und unnötige sein lassen. Es gibt Leute die sprechen bereits von einem schleichenden Change-Burn-Out oder Change Fatigue wegen des Tempos und der vielen gleichzeitigen Veränderungen (Kuhrcke, Jahn, & Rusinek, 2020) (Lippmann, 2012). Verschonen wir unsere Mitarbeitenden und uns vor dieser Gefahr.
Beni Ich möchte damit aber nicht sagen, dass wir warten, bis uns das Wasser zum Hals steht. Wir gestalten unsere Organisation und gestalten unsere Zukunft auch einmal proaktiv.
Nina Gute Idee! Wir pflegen die dynamische Stabilität! Die drei Autoren vom Change-Burn-Out empfehlen, durch ein übergeordnetes sinnhaftes Ziel oder eine Daseinsberechtigung Stabilität zu schaffen, damit Veränderungen überhaupt andauernd möglich werden.
Das Werte- und Entwicklungsquadrat von Schulz von Thun (Schulz von Thun, 2019) kann auf Veränderungen übertragen werden. Zuviel der Tugend Veränderung endet in Aktivismus, zu viel Erhaltung in Erstarrung. Keines von beidem ist ideal.
Abbildung 3: Wertequadrat3
Wilder Aktionismus überfordert Menschen. Die Erhaltung kann so stark werden, dass die Organisation erstarrt und oder in den Dornröschenschlaf fällt. Es geht gar nichts mehr. Es braucht also beides. Die dynamische Stabilität kombiniert sowohl Wandel als auch Erhaltung und bringt die beiden Pole in ein Gleichgewicht.
Häufig wird auch die Metapher mit dem Stand- und Spielbein genutzt. Gute Fuss-ballspieler nutzen ein Stand- und ein Spielbein. Sie können nur wenige Augenblicke auf das Standbein verzichten, ohne auch das Spielbein zu verlieren. Denken Sie zum Beispiel an spektakuläre Fallrückzieher vor dem Tor, die üblicherweise mit einem Sturz enden. Auch Ihre Organisation braucht ein Stand- und Spielbein für den Wandel. Das entspricht der dynamischen Stabilität. Setzen Sie über längere Zeit gleichzeitig beide Beine ihrer Organisation als Spielbeine ein, fallen auch Sie, vielleicht aber nicht auf eine weiche Wiese. Auf der anderen Seite werden Sie kaum Tore schiessen, wenn Sie nur auf Standbeine setzten und das Spielbein nicht kraftvoll und gezielt in Bewegung bringen. Schaffen Sie dynamische Stabilität.
Abbildung 4: Auf zum Kontinent der dynamischen Stabilität
Nina Und es gibt ja auch viele Arten von Veränderungen. Erinnerst du dich noch an die grosse Veränderung, als wir unser Geschäftsmodell entwickelt und unser Unternehmen aufgebaut haben und die vielen kleinen Veränderungen welche wir im Rahmen der kontinuierlichen Verbesserung angegangen sind?
Beni Als ob ich das vergessen könnte!
1 Die Begriffe Wandel, Veränderung und Change werden als gleichwertig genutzt.
2 Die Begriffe Organisation und Unternehmen werden gleichbedeutend verwendet.
3 angelehnt an (Kiel, 2019, S. 818)
Changemanagement ist breit und zeigt sich in verschiedensten Varianten. Es gibt grosse und kleine Vorhaben, erwünschte und unerwünschte Veränderungen oder langandauernden oder kurzfristigen Wandel.
Sie fragen sich vielleicht, was denn genau Changemanagement ist. Dieses My Book stützt sich auf folgende Definition:
„Change-Management ist eine zielgerichtete Analyse, Planung, Realisierung, Evaluierung und laufende Weiterentwicklung von ganzheitlichen Veränderungs-massnahmen in Unternehmen." (Vahs, 2015, S. 278)
Das bedeutet, dass Changemanagement eine von der Organisation eingeleitete Aktivität ist. Es geht um Wandel, den wir durch unser Handeln hervorbringen und steuern. Diese Definition bezieht sich auf grosse sowie kleine Wandelvorhaben. Sie schliesst jedoch natürliche Veränderungen aus. Die geschehen sowieso und haben teilweise Aus- und Nebenwirkungen, die uns nicht immer gefallen, wie zum Beispiel das Altern. Sie spielen für jedes Unternehmen eine Rolle und beeinflussen es. Zu Changemanagement wird es jedoch erst, wenn die Organisation aktiv wird. Somit gilt für Organisationen die obige Definition.
„Wir verändern uns, weil und so viel wir es wollen."4
Changemanagement ist kein Selbstzweck, sondern immer ein Mittel, um Ziele zu erreichen. Organisationen verändern sich, um ihren Zweck optimal zu erfüllen oder um ihre Zukunft zu sichern. Changemanagement beinhaltet alles rund um die Themen Veränderung und Wandel. Es ist umfassend und vielschichtig. Einige Arten werden Ihnen auf den folgenden Seiten aufgezeigt.
Change-Projekte – organisationales Lernen
Wie bereits oben beschrieben, sind Organisationen einem permanenten Wandel ausgesetzt. Dies kann nicht immer nur durch Changeprojekte abgefangen werden, sondern Veränderungen werden teils direkt in Organisationen eingebaut, wie dies zum Beispiel im Rahmen des organisationalen Lernens beschrieben wird. Lernen verlangt immer eine Veränderung. Bereits Peter Drucker hat verlangt: „Die Fähigkeit Neues zu kreieren, muss in die Organisation selbst eingebaut sein." Lernende Organisationen haben das geschafft.
Konventioneller organisatorischer Wandel | Organisationales Lernen |
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Tabelle 1: Organisatorischer Wandel – Organisationales Lernen5
Dennoch ist es wichtig nicht zu vergessen, dass Wandel sowie organisationales Lernen immer einen Grund haben und einen Zweck erfüllen müssen.
geplant – ungeplant
Ob ein Wandel eher geplant oder ungeplant durchgeführt werden muss, hängt von den Umständen und Haltungen ab. Es gibt zwei Arten von ungeplantem organisatorischem Wandel. Der emergente 6 Wandel ist ein selbstverständliches Verändern aus der Organisation heraus und wird auch natürliche Veränderung genannt. Es geschieht einfach. Niemand plant ihn oder ist in der Rolle des Changemanagers verantwortlich. In der Systemtheorie spricht man auch von autopoietischem Verhalten oder Selbstorganisation. In diesem My Book entspricht dies nicht der Definition von Changemanagement. Dem eigendynamischen Wandel steht der ungeplante Wandel gegenüber, welcher durch passiv-abwartende Haltung oder reaktiv-han-delndes Verhalten entsteht.
Der geplante Wandel bezieht sich auf alle absichtlichen, kontrollierten Aktivitäten. Die Haltung ist eher antizipativ und die Veränderung zielgerichtet. Häufig stehen Effektivitäts- oder Effizienzsteigerungen im Vordergrund. Dies dient der langfristigen Erfolgssicherung (Vahs, 2015).
ungeplant | ungeplant emergent | geplant | |
Grundidee |
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Art des Wandels |
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Zielvorgaben |
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Rolle des Managements |
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Rolle der Mit-arbeitenden |
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Vorteil |
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Nachteil |
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Tabelle 2: Zusammenfassung Ausprägungen geplanter und ungeplanter Wandel
Evolution – Revolution
Vahs hat zwei Veränderungsarten beschrieben (Vahs, 2015). Der evolutionäre Wandel ist durch bottom-up Vorgehensweisen geprägt. Das Wissen der Basis wird genutzt und die Mitarbeitenden werden intensiv beteiligt. Das System entwickelt sich permanent. In diesem Zusammenhang hört man häufig das Wort organische Entwicklung oder Evolution. Damit dies möglich ist, braucht es entsprechende Strukturen in einer Organisation.
Der revolutionäre Wandel erfolgt top-down. Die Führung entscheidet und stellt das notwendige Wissen zur Verfügung. Das Denken scheint logisch und rational, dies zeigt sich auch in der Planung. Dabei geht häufig vergessen, dass nicht alles planbar ist. Die Mitarbeitenden werden nur beschränkt miteinbezogen. Dieser Wandel erfolgt häufig schubweise.
Evolution | Revolution | |
Grundidee |
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Art des Wandels |
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Zielvorgaben |
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Rolle des Managements |
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Rolle der MA |
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Vorteil |
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Nachteil |
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Tabelle 3: Zusammenfassung Ausprägungen Evolution und Revolution
Wandel erster (transaktional) – zweiter Ordnung (transformativ)
Der Wandel erster Ordnung (gradual change) entspricht kleinen, adaptiven Schritten mit wenig Komplexität und Intensität, welche meistens geplant werden. Dies entspricht zum Beispiel Funktionsänderungen ohne die eigentlichen Strukturen anzugehen.
Der Wandel zweiter Ordnung (radical change) beschreibt einen umstürzenden, ra-dikalen Wandel mit vielen Betroffenen, hoher Komplexität und starker Intensität. Es werden auch tiefer liegende Strukturen wie Unternehmenswerte, strategische Ausrichtung oder Verhaltensnormen verändert. Das hat weitreichende Auswirkungen. Die Veränderung wird oft als gravierend und komplex empfunden. Es wird auch von einem Musterwechsel gesprochen.
transaktional Wandel 1. Ordnung |
transformativ Wandel 2. Ordnung |
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Grundidee |
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Art des Wandels |
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Zielvorgaben |
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Rolle des Managements |
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Rolle der Mit-arbeitenden |
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Vorteil |
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Nachteil |
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Tabelle 4: Zusammenfassung Ausprägungen transaktionaler und transformativer Wandel
In der Literatur findet man verschiedene Schichtenmodelle, die genutzt werden können, um die Tiefe des Wandels zu bestimmen. Häfele unterscheidet im MCV Modell zwischen Oberflächen- und Tiefenstruktur mit je zwei Ebenen (Häfele, 2007). Die Oberflächenstruktur stellt die Struktur der Organisation dar und die Tiefenstruktur den Wesenskern. Die Struktur der Organisation können Sie verändern, die Wesensstruktur jedoch nur entwickeln. Anpassungen in der Oberflächenstruktur werden eher transaktionalen Wandel und solche in der Tiefenstruktur eher trans-formalen Wandel bedingen.
Abbildung 5: Oberflächen und Tiefenstruktur im MCV Modell
Organisationelle Ambidextrie
Laut O'Reilly und Tushmann agieren Organisationen beidhändig (O'Reilly III & Tushmann, 2004). Die rechte Hand betreibt das Tagesgeschäft, welches wohl operative Verbesserungen beinhaltet, aber keine grösseren Veränderungen anstösst. Es geht darum, Bestehendes zu optimieren und besser zu nutzen. Die rechte Hand dient somit der Exploition und nutzt kontinuierliche, inkrementelle Veränderungs-weisen. Die linke Hand strebt nach strategischen Erneuerungen. Neues wird erforscht oder entwickelt, um langfristig erfolgreich oder überlebensfähig zu sein. Die linke Hand deckt damit die Exploration ab und stützt sich auf geplante, sporadische Vorhaben. Krüger nennt diese beiden Vorgehen Advantage Seeking und Opportunity Seeking (Krüger, 2014).
Die Tätigkeiten der beiden Hände müssen aufeinander abgestimmt sein. Auch ver-laufen sie parallel. Man könnte sagen: Sowohl als auch oder eben beidhändig! Die rechte Hand macht nie Pause, auch nicht, wenn grösser Veränderungsprojekte durch die linke Hand anstehen. Sie ist immer tätig (Vahs, 2015).
Rechte Hand | Linke Hand | |
Grundidee |
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Art des Wandels |
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Zielsetzung |
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Tabelle 5: Zusammenfassung Ambidextrie
Jeder der sagt, dass es einfach ist, die Art und Weise wie Menschen etwas tun, zu verändern, ist ein Lügner oder ein Management-Berater, oder beides. Reiss Michael