Theodor Gottlieb von Hippel: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber

 

 

Theodor Gottlieb von Hippel

Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber

 

 

 

Theodor Gottlieb von Hippel: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber

 

Neuausgabe.

Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2017.

 

Umschlaggestaltung unter Verwendung des Bildes:

Pietro Longhi, Nähende Frauen, 1760

 

ISBN 978-3-7437-0437-4

 

Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:

ISBN 978-3-7437-0252-3 (Broschiert)

ISBN 978-3-7437-0253-0 (Gebunden)

 

Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.

 

Erstdruck: Berlin, Voßische Buchhandlung, 1792

 

Dieses Buch folgt in Rechtschreibung und Zeichensetzung obiger Textgrundlage.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind über http://www.dnb.de abrufbar.

 

I. Formale und Materiale der gegenwärtigen Schrift

Man sagt: der strengste Beweis der Wahrheit sei, wenn gewisse Dinge jeder Bemühung sie lächerlich zu machen und zu travestiren, widerstehen, und wenn sie trotz allem Lächerlichen, womit wir sie behängen, doch ehrwürdig bleiben. Wenn die krumme Linie die Schönheits-Linie ist; so wird man es schwerlich bedenklich finden, dem Lachen die Schlüssel zum Himmelreiche der Wahrheit anzuvertrauen. Ein mißlicher Umstand! der mich bei der gegenwärtigen Schrift in eine nicht geringe Verlegenheit verwickelt, da ich einen Gegenstand vorhabe, worin bei weitem der größte Theil des Ernsthaften mit dem Lächerlichen, nicht von Anbeginn und von Natur, sondern durch Verjährung, so im Gemenge liegt, daß hierbei nicht so leicht ein Divisions-Exempel auf eine Auseinandersetzung gewagt werden kann. Wenn ein Ritter von ächtlustiger Gestalt den Kampf beginnt – wer und was kann vor ihm bestehen? welche Festung von System und Dogmatik sich halten? Sokrates, der Weiseste, nicht unter den Königen, sondern unter den Weisen, dieser Erzkern in einer häßlichen Schale, dieser (wiewohl nicht mit sonderlichem Geschmacke gekleidete) Engel unter den Menschen, ward in den Wolken zur Farce; und welch ein Autor kann auf einen heitern Recensenten- und Leser-Himmel sicher rechnen? – Selten gab es einen, der nicht aus dem Regen unter die Traufe gerieth, und noch nie ging ein Licht in der Welt auf, ohne seinen Aristophanes zu finden, der es, mir nichts, dir nichts, geradezu ausblies, oder – unter dem Scheine des Rechts, als wollt' er es schneutzen – es neckte und verdunkelte. Fast scheint auf diese Weise das Lächerliche das tägliche Brodt der Menschen zu seyn, und man wird sich ohne Zweifel am besten befinden, wenn man in Züchten und Ehren mitlacht, oder seine Schrift, des Bildes und der Überschrift des Ernstes ungeachtet, zu einem Tone stimmt, der nicht ernsthafte Blößen (die lächerlichsten von allen) giebt. – »Ihr werdet lange nicht so viel über mich weinen, wie ihr über mich gelacht habt«, sagte Scarron, der Ehevorfahr Ludwigs des XIV., zu denen, die sein Sterbelager umringten und weinten. Diese Vorstellung war im Stande, ihn im Sterben aufzuheitern – und warum auch nicht? – Jetzt, da selbst die heilige Moral nicht mehr im Klosteranzuge ihr Glück machen kann und will, vielmehr fröhlich und guter Dinge einhertritt, und die Becher, welche sie mit ihrem herzerfreuenden Wein anfüllet, zu bekränzen gebeut; jetzt, da sogar jede widerliche Außenseite des Menschen eher seines Herzens Härtigkeit als dessen Reinheit zu verrathen scheint: jetzt ist Fröhlichkeit ein lebensartiges Ingredienz geworden, und Lachen und Weinen leben in einer so glücklichen Ehe, daß jene philosophischen Gaukler, von denen der eine nicht aus dem Lachen und der andere nicht aus dem Weinen kommen konnte, schwerlich Professuren auf unsern Akademieen erhalten würden. Kinder, die der Natur am nächsten sind, lachen und weinen über eine und dieselbe Sache, und eine liebenswürdige Braut reißt sich weinend aus den Armen ihrer verwaiseten Mutter, um in eben dem Augenblicke sich lachend in die Arme ihres Vielgeliebten zu stürzen. – Unser Leben ist Ebbe und Fluth, immerwährender Wechsel von Freude und Leid; und sollten nicht alle Gegenstände des gemeinen Lebens Spuren und Eindrücke von der comédie larmoyante des verwünschten Schlosses von Planeten zeigen, auf dem uns eine Menschen-Rolle angewiesen ist? – die schwerste vielleicht in Gottes weitem und breitem Weltall! – vielleicht auch die leichteste, je nachdem sie gespielt wird. – Aller unvergeßlichen Bemühungen so mancher edlen Ritter ungeachtet, welche die Menschheit und durch sie die Erde entzaubern wollten, ist das Abentheuer noch nicht bestanden – O der verdammten Hexe, der Sünde, die das Verderben so braver Leute ist! – Wenn wir gleich durch die Erinnerung des Todes nicht unseres ganzen Lebens Knechte sind; so sind doch die Gedanken an den Tod und an Gott die, welche uns in jedem Falle zu einem Memento! bringen. Wahrlich! es war Philosophie, wenn des Königes Xerxes Majestät über sein Heer sich freute und traurig ward. – Jeder Schmerz hat seine Wollust; und wie schal ist nicht das Vergnügen, das nicht durch etwas Bitterkeit gewürzt wird! Vom Glück ist dem Weisen nur zu träumen erlaubt; das Unglück, als das gewöhnliche Loos der Menschheit, mit Fassung zu ertragen, bleibt ihm unabläßliche Pflicht: und es giebt in der That überall eine Mittelstraße, eine gemäßigte Fröhlichkeit und ein Lächeln, das bei warmen Thränen im Auge Statt finden kann. Alle vier und zwanzig Stunden giebt es Nacht und Tag, ein Licht, das den Tag regiert, und eins, das die Nacht regiert. – Noch näher kann ich dieses Exordium legen, wenn ich bemerke, daß das schöne Geschlecht, der Natur getreu, die gute und vollkommene Gabe von oben herab besitzt, alle seine Bitterkeiten, deren es sich zu seinen Wehr und Waffen zu bedienen pflegt, so zu bezuckern, und ihren Ernst, vermittelst eines ihn lindernden Lächelns, so zu ermäßigen, daß ich keinen Augenblick Bedenkzeit nehmen darf, diesem liebenswürdigen Beispiele zu huldigen und mich der beiden Gesichter des Janus mit patriotischer Freiheit zu erinnern. Auch scheint die Last, welche das schöne Geschlecht trägt, einem und bei weitem dem größeren Theile desselben so sanft und sein Joch so leicht zu seyn, daß es vielleicht im Diensthause Egyptens und bei den Fleischtöpfen eines gemächlichen wirklichen Alltags-Lebens zu verbleiben wünschen wird, ohne die beschwerliche Reise nach Kanaan, wo Milch und Honig der Natur fließt, antreten zu wollen. Selbst Damen von Bedeutung scheinen oft nicht zu wissen, daß sie in ihrem Prunk von Purpur und köstlicher Leinwand Leid tragen, und daß ihr Leben in Herrlichkeit und Freude eine Leibes- und Lebensstrafe ist, die man ihnen im heimlichen Gericht zuerkannt hat. – Wo viel Glanz ist, da ist wenig Geschmack – so wie gemeiniglich Bigotterie und Sittenlosigkeit getreue Nachbarn und desgleichen zu seyn pflegen. Wahrlich! es ist der höchste Gipfel der Krankheit, wenn Patienten Fieberhitze für blühende Gesundheit halten und jede Arznei von der Hand weisen; und so übersteigt es auch den gewöhnlichen Grad des menschlichen Verderbens, wenn Sklaven auf alle Rechte Verzicht thun und ihre Verfassung auf das gute Glück der Denkungsart ihrer Gebieter gründen. – Und wer ist Schuld an diesem Gerichte der Verstockung? das andere Geschlecht? wird man diesen Stab brechen, da selbst der Naturverkündiger Rousseau, der alle Welt, und besonders die schönere Hälfte derselben, zur Natur bekehren wollte, trotz dieser gewaltigen Predigt von Buße und Glauben am liebsten mit vornehmen Damen umging? Wie konnte seine Eitelkeit sich gütlich thun, wenn Standespersonen ihn hervorzogen, ob er gleich über das Verderben der höheren Stände bei aller Gelegenheit außer Athem kam! – – Doch ich will dem zweiten Theile dieses Kapitels nicht vorgreifen. Mag sich meine Schrift in die Zeit schicken, und von allen Seiten ihr Heil versuchen –! Mit der Anrufung der heiligen Zahl der drei mal drei Schwestern soll sie sich nicht brüsten, da ein dergleichen Oremus bloß poëtischen Arbeiten die Bahn zu brechen gewohnt ist; aber um alles in der Welt wünschte ich nicht, daß ihr die Ehre erwiesen würde, die Bibliothek der erlauchten Republik des Plato zu zieren. – Zur Sache.

Als Ludwig den Vierzehnten wegen der neuen Lasten, die er seinem schon gedrückten Volke zugedacht hatte, wirklich eine Art von Gewissens-Schauer anwandelte, fand er in dem leidigen Troste seines Beichtvaters Tellier, »daß das Vermögen seiner Unterthanen sein Eigenthum sei«, ein so sanftes Küssen für dieses aufgewachte Gewissen, daß er sich kein Bedenken gemacht haben würde, die Auflage, die ihn beunruhiget hatte, aus dem Stegreife zu verdoppeln; und ohne Zweifel ist dieser Köhlerglaube der Grund zu jener Behauptung: ich bin der Staat.

Die Gewohnheit wird so leicht zur andern Natur, daß die Franzosen, welche die Plackereien eines Terray, und die Härte eines Meaupou ertrugen, sich hinreichend glücklich schätzten, wenn nur ein kleiner, vielleicht der unwürdigste, Theil die durch die Zehnten der Wittwen und die Sparpfennige der Elenden gefüllten Freudenbecher des Staats in unmäßigen Zügen leeren konnte, während der andere größere und arbeitende Theil, unter dem Joche der Willkühr der Despotie und der Dürftigkeit schmachtend, doch noch immer das Glück hatte, so gut es sich thun ließ', zu springen und zu singen, zu hüpfen und zu pfeifen. – Bei einem so leichten, über Alles sich wegsetzenden und mit einem Chanson sich aus aller Noth helfenden Völkchen, war diese Zuchtruthe, theils mit Peitschen, theils mit Skorpionen, um so weniger fühlbar, da es an den Gallatagen und Staatsfesten der Ausgezeichneten unter ihm, durch ein Freibillet vermittelst der Augen Theil nahm – und dieses Völkchen lernte es je länger je mehr ertragen, daß jene den Freudenkelch für sich allein behielten und es für sie alle thaten. Die Brocken, die etwa dem Künstler und der Putzmacherin von den Tischen dieser reichen Männer fielen – waren ihnen eine Segenserndte, und die Hunde der Großen leckten ihnen ihre Schwären – Dies Jammer und Elend ist kommen zu einem seligen End, und Laternenpfähle scheinen über Frankreich das Licht der Natur und einer Gleichheit aller Menschen so stark verbreitet zu haben, daß man vor lauter Licht das Licht zuweilen nicht zu erblicken scheint. Es giebt Menschen, die den Wald nicht vor den Bäumen sehen, und gar zu hell macht dunkel: auch giebt es moralische Blendlinge, die das Glück oder Unglück haben, da etwas flittern zu sehen, wo das gesunde Auge des Verstandes nichts wahrnimmt. Wie wär' es, wenn ich ohne Feldgeschrei und Sturmglocke, wie weiland Diogenes, laternisirte und mit einer Handleuchte in der schönen Welt, wo so viel Überfluss von tausend und abermal tausend Dingen für Geld oder für gute Worte zu haben ist – Menschen suchte? – Ob ich finden würde? – Einige Auflösungen sind mit Brausen verbunden; bei einigen entstehet eine Hitze, bei einigen eine Kälte. – Daß Ew. Excellenz sich nur ja nicht ereifern, vielmehr Hochdero Galle für Ihren ungetreuen Liebhaber Num. 30. besparen! – Eine Schwalbe macht keinen Sommer, und meine Laterne ist mit einem Hauch Ihres Eifers ausgeblasen. Wollten Ew. Excellenz in aller Zucht und Ehrbarkeit Sich in einen wohlgemeinten Wortwechsel mit mir einzulassen geruhen; Sie würden, wie ich nach der Liebe hoffe, Sich eines andern besinnen, und vielleicht überzeugt werden, daß ich weniger Vorwürfe verdiene, als alle Ihre Liebhaber bis auf den sub Num. 30., der es freilich außer der Weise macht, woran indeß ich und meine Schrift auch nicht auf die entferntste Weise Schuld sind – Bin ich gleich kein galanter, so bin ich doch ein treuer Verehrer eines Geschlechtes, unter welchem Sie und viele andere Ihres Gleichen so unrichtig Excellenz heißen, wogegen andere trefliche Weiber, welche diesen Ehrennamen zehnfach verdienen, aus Hof-Etiquette nicht so genannt werden.

Keinem anderen als einem Deutschen konnte wohl ein solches Buch einfallen!

Auch unter den Franzosen gab es Sonderlinge, die, wenn sie gleich freilich nicht mit der Thür ins Haus fielen, und an keine bürgerliche Verbesserung des schönen Geschlechtes dachten, ihm doch ein anderes Verhältniß anwiesen. Ich habe geglaubt, man müsse dem Übel die Wurzel nehmen und den Staat nicht aus dem Spiele lassen.

Frankreich, wo jetzt alles gleich ist, ließ unser Geschlecht unangetastet.

Unverzeihlich! wie konnte ein Volk, das (wie weiland Voltaire par et pour die Komödianten lebte) par et pour das schöne Geschlecht existirt, bei der weltgepriesenen allgemeinen Gleichheit ein Geschlecht vernachlässigen, das eine Königin hat, derengleichen es gewiß wenige in der Welt gab. –

Wenn ich nur selbst wüßte, wie ich mich hier ins Mittel legen könnte, um aus diesem excellenten Handel mit Ehren herauszukommen! – Wohlan! ich will den gegenwärtigen Weltlauf der Damen copiren, die in Einem Athem trotzen und bitten, fluchen und segnen – –

Vielleicht war das menschliche Geschlecht bloß darum so vielem Wechsel von Licht und Finsterniß, von Veredlung und Herabwürdigung, von Paradies und Fall ausgesetzt, weil man die Rechnung ohne die schöne Welt machte. Es ebbte und fluthete, je nachdem man von dieser andern Hälfte Notiz nahm und je nachdem man sie als etwas Wesentliches in der Menschheit oder als etwas Beiläufiges ansah, das schon die Ehre haben würde, der Principalsache zu folgen. Man sah das schöne Geschlecht, wie den Reim, kaum für etwas mehr, als für eine Krücke an, wodurch sich der Gedanke forthilft; und bei Messiaden und andern Werken der Dichtkunst, wo man ohne Krücken ging – mußte das andere Geschlecht sich gefallen lassen, zu kurz zu kommen. Jener Römische Rechtsspruch: Mit dem Rechtsmaß, mit dem man Andere mißt, muß man sich selbst messen; schien hier völlig seine Kraft verloren zu haben, wenn er gleich zu jenen ins Herz geschriebenen gehört, die zu übertreten eine Sünde wider den heiligen Geist ist. – Wie ist ein Stoff zu organisiren, wenn es nicht auf die Vereinfachung des Vielfachen angelegt wird? Wie ist dem menschlichen Geschlechte zu rathen und zu helfen, wenn man so entsetzlich einseitig verfährt? Der Himmel der alten Welt hatte seine Göttinnen so gut wie seine Götter; nur unter den Menschen soll es keine anderen Götter geben neben den Männern von Gottes Gnaden! – Ist es ein Seelenfest, wenn entfernte, einander völlig fremd gewordene Gegenstände in der Geisterwelt sich zusammen finden; wenn sich oft das Allerverschiedenste in einem Berührungspunkte des Denkens trifft, wo seine ursprüngliche Verwandtschaft wieder einleuchtend wird; wenn sich dergleichen von einander abgekommene Gegenstände Hände und Trauringe geben und eine Himmelsstimme sich hören läßt: was Gott zusammen fügt, soll der Mensch nicht scheiden; ist es unaussprechliche Wonne, wenn Freunde nach langen See- und Landreisen sich wieder an Stell' und Ort umarmen und sich an die paradiesischen Jahre ihrer Jugend erinnern, wo sie Ein Herz und Eine Seele waren: wie weit herrlicher wird es seyn, wenn das andere Geschlecht sich wieder zu dem unsrigen verhält, wie Eva zu Adam, und nicht wie Ew. Excellenz zu Num. 30! – Laßt uns dies Werk der Zeit überlassen, die bisweilen aus unbegreiflicher Güte Combinationen zusammen bringt, auf welche, nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge, weder zu rechnen, noch Jagd zu machen war – Laßt uns auf den Zeitpunkt uns freuen, wo der Tag der Erlösung für das schöne Geschlecht anbrechen wird, wenn man Menschen, die zu gleichen Rechten berufen sind, nicht mehr in der Ausübung derselben behindert – und wenn man das, was so augenscheinlich gleich ist, nicht so willkührlich unterscheidet. – Ich würd' ein Frauenknecht in bester Form seyn, wenn ich behaupten wollte, daß diese goldene Zeit vom Himmel fallen werde. Verdienst und Würdigkeit sind die Bedingungen menschlicher Glückseligkeit, und der Mensch, sein eigener Bildner, kann aus dem Marmorwürfel, den die Natur ihm zuwarf, einen Gott und ein Thier machen – nach Belieben. Bloß auf die Behauptung schränk' ich mich ein, daß der Stoff, woraus eine Venus ward, sich eben so gut zu einem Merkur verarbeiten läßt; daß den Weibern das Recht der Gerade gebührt; und daß, wenn die Natur das menschliche Geschlecht zu schaffen anfing, sie den größeren Theil uns selbst überließ, um die Ehre der Schöpfung mit uns zu theilen. Thätigkeit ist die Würze des Genusses, und Genuß die Würze der Thätigkeit. – Es ist dem Menschen angeboren, sagt Cicero (mit andern Worten), daß, wenn er sich Gott denkt, die menschliche Natur vor ihm schwebt. – Man definire den Menschen, wie weiland der göttliche Plato, als ein zweifüßiges Thier ohne Federn, oder als ein Geschöpf, das sich wie ein Tanzmeister gerade hält, als Gott, als Thier: nirgends sind Weiber ausgeschlossen; nur müssen sie auch nicht sich selbst ausschließen – und wollen und werden sie das? Wesley, der Stifter des Methodismus, hatte die Maxime, daß es ohne Fasten und Frühaufstehen unmöglich sei, in der Gnade zu wachsen – Was gilt das beste Recht, wenn man sich desselben unwürdig macht! Das fräuliche Geschlecht soll in der Gerechtigkeit, und nicht in der Gnade, wachsen; indeß kann ich ihm kein anderes als dies Methodisten-Recept verschreiben: Wachsamkeit und Enthaltsamkeit – Welch ein Fürst, und wär' es der reichste und mächtigste, ist glücklich ohne persönliches Verdienst –? Thomas Payne, der den Vorwurf, ein Fürstenfeind zu seyn, höchlich von sich ablehnt, und protestirend versichert, daß Niemand treuer als Er wünschen könne, die regierenden Herren zu der glücklichen Lage der Privatmänner zu erheben, bedachte nicht, daß jeder Fürst nicht nur ein politisches, sondern auch ein Privatleben führt – daß Fürsten mehr persönliche Verdienste zeigen müssen, als andere, wenn sie geliebt und bewundert werden wollen, und daß sie Fürsten bleiben und doch sich persönlich auszeichnen können. Das ist, mit Ewr. Excellenz gnädiger Erlaubniß, der Fall mit Ihrem Geschlechte. – Quand le bon ton paroît, le bon sens se retire. – –

Eine Gardefou, eine Warnungstafel, den Blöden zum Besten: daß ich hier mit keiner wirklichen Excellenz wirklich colloquirt habe; denn außerdem, daß ich alsdann gewiß weniger zum Wort gekommen wäre, würd' ich auch meine wenigeren Worte unschwer zu verzuckern nicht ermangelt haben. – Wenn der Künstler auf bloße Portraite eingeschränkt ist und keine Ideale mehr wagen darf, so agonisirt seine Kunst, und auch sein Genie liegt in den letzten Zügen; doch muß man in seinen Idealen eine auserlesene Sammlung von Portraiten finden, falls sie den Namen Ideale verdienen sollen. In einer Venus lag ein Extrakt von fünfhundert schönen Mädchen – Meine Excellenz ist in der Ideenwelt; sie wird indeß hoffentlich kenntlich genug geblieben seyn, und man kann ihren Widerschein gewiß mehr als fünfhundert mal finden. Die eigentliche Absicht war, vermittelst dieses magischen Spiegels mein Müthlein an der gefälligen Ungerechtigkeit zu kühlen, die unser Geschlecht dem schönen beweiset – ohne daß das letztere es dazu anlegen will, sich von seinen Königen zu befreien, wie weiland Rom, nachdem der stolze Tarquin wegen seiner Tyrannei vom Throne gestoßen und diese Handlung mit dem Grundgesetze bezeichnet ward: die königliche Regierung auf immer und ewig abzustellen. Sehr viel mehr als ein Balken-Königreich, das man aus einer alten Fabel kennt, war und ist unsere Herrschaft doch nicht – und es giebt ein moralisches Nestelknüpfen, kraft dessen (zum wahren Glück des Ganzen) nur wenige Männer zur eigentlichen Herrschaft gelangen. – Damit ich indeß dieses erste Kapitel, welches einer Parlements- oder gar National-Versammlungs-Rede nicht unähnlich ist, einlenke, so glaub' ich, dem Buche über die Ehe, diesem belobten und betadelten Ehe-Katechismus, mit dem ich es weder halten noch verderben mag, nicht zu nahe zu treten, wenn ich zur Zerstörung der galanten Bastillen, der häuslichen Zwinger und bürgerlichen Verließe, worin sich das schöne Geschlecht befindet, mit einem einzigen Operations-Plan Markt halte, und die bürgerliche Verbesserung der Weiber als ein diensames Mittel diesen Zweck zu beschleichen, empfehle, anbei aber glaubensvoll versichere, daß dieser weniger im Schweiß des Angesichts zu erringende, als so zu erhaltende Stand im Staate, beiden Hemisphären des menschlichen Geschlechtes heilsam seyn werde, zeitlich und ewiglich. – Ruhig und überzeugend gehet die Vernunft, und nur da, wo man sie mit ungleichen Waffen unrühmlich bekämpfen will, wo das Vorurtheil den Handschuh wirft, und Gewalt ihr den Weg vertritt, pflegt auch sie ihren eigentlichen wohlüberdachten Plan aufzugeben, und ihm einen andern unterzulegen, wodurch nicht das Bessere befördert, sondern Schlechtes mit Schlechterem verwechselt wird: etwas Blindes mit etwas Lahmen; man verändert, ohne zu verbessern. Ein untrügliches Merkmahl aller Schwachköpfe, vom Thron bis auf den letzten Officianten-Sessel. – Es gab, Gottlob! von je her Weiber, und es giebt ihrer noch, denen ihr Stand der Erniedrigung eine zu starke Probe ist; Weiberköpfe, die nicht ihre Weiblichkeit, sondern die willkührliche Behandlung derselben von Seiten unseres Geschlechtes beseufzten, und die ihrer Erlösung entgegen sahen – meine Schrift soll ihnen keine Heerführerdienste leisten. – Man kann durch Lehren lernen, und durch Gehorchen sich im Befehlen unterrichten. Ich leg' es so wenig darauf an, das andere Geschlecht Knall und Fall von seiner Sklaverei zu befreien, daß ich mich vielmehr begnüge es aufzumuntern, diese Erlösung zu verdienen. Des Himmels würdig werden, heißt nicht viel weniger, als ein activer Himmelsbürger seyn. – – Findet auch selbst diese bescheidene Absicht steinichte Äcker und steinerne Herzen – immerhin! – es ist ja nichts weiter als ein Buch, das ich verbreche; wahrlich eine Kleinigkeit. Wirkte je eins? auf frischer That? an Stell' und Ort? u. s. w. Erfahrungen, Empfindungen solcher positiven Übel, welche der menschlichen Natur widersprechen, wirken; und wenn gleich die Mehrheit der Hände vielfältig entschieden hat, und noch entscheiden kann, so gilt doch dieser Vorzug der Thäter nicht von der Pluralität der Leser, die sich zu Denkern etwa wie Eins zu Hundert verhalten. Und du lieber Gott! selbst die Denker! sind sie nicht eine so unsichtbare Kirche, daß nur der Herr die Seinen kennet? Wahrlich! es hat auf die Wirkung keinen Einfluß, ob ein Buch zehn, fünf oder nur Eine Auflage erlebt; und der Autor, der nach der Anzahl der verkauften Exemplare ein angeworbenes Heer mit ihm gleich denkender Menschen, die vermittelst seines Buches Handgeld genommen, berechnen will, scheint weder Bücher noch Menschen zu kennen – man muß ihn in die Schule schicken. Einer jeden Schrift, sie sey weß Standes oder Ehren sie wolle, stehet das gewöhnliche Schicksal aller Schriften bevor: gelesen und vergessen zu werden; falls sie sich bloß auf Meinungen einschränkt (die unschädlichsten, unwirksamsten Dinge in der Welt, wenn anders der Censor ihnen nicht einen Schein von Bedeutung beizulegen die ungütige Güte hat.) – Gelingt es mir indeß, Leben und Erfahrung in mein Büchlein zu legen und einen Geist in die todten Buchstaben zu hauchen; so werd' ich wenigstens auf einen Theil der Ehre rechnen können, welche sich der mündliche Vortrag gegen den schriftlichen herausnimmt, indem es von ihm heißt: der Glaube kommt durch die Predigt. –

Bei solchen Umständen ist mein Zweck freilich eine Reise um die Welt, ohne daß ich mein Zimmer verlasse. Ob dies gerade die gemächlichste Art zu reisen sei, mag unentschieden bleiben; die unfruchtbarste ist sie wenigstens nicht. Newton maß in seinem Lehnsessel die Erde, und bestimmte, ohne den Chimborasso bestiegen und in Tornea gefroren zu haben, ihre Figur, Jahre lang früher, als die Herren Condamine und Maupertuis; auch bin ich nicht der Erste, der so reiset. –

Wie, wenn ich die gegenwärtige passive Existenz des schönen Geschlechtes in ihrer wahren Blöße zu zeigen glücklich genug wäre, um den Vorzug verdächtig zu machen, im Nichtthun stark zu seyn! wenn ich einem genußgierigen Volke, das für den sinnlichen Luxus oft selbst den moralischen verschwendet, indem es für die Nothwendigkeit knickert, ökonomischere Grundsätze beibrächte, und es bewegen könnte, über Leib und Seele Credit und Debet zu verzeichnen und Buch zu halten! wenn meine wohlgemeinten Vorstellungen bewirkten, daß die Weiber nicht in dem Grade männlich würden, wie die Männer weiblich, sondern daß Mann und Weib sich Mühe gäben, wirklich Mann und Weib zu seyn, da jetzt, aus verjährter Unordnung, in Hinsicht der Geschlechter Niemand recht weiß, wer Koch oder Kellner ist! wenn ich, frei von jeder Explosion, bloß jenes Ziel näher brächte, welches die Natur in eigner hoher Person angewiesen hat! wenn mich das gewöhnliche Schicksal der Reformatoren nicht träfe, die Alles außer der Jahreszeit hervorbringen wollen, denen es an Geist und Nachdruck gebricht, den Zeitpunkt schneller herbei zu führen, und die, was noch ärger ist, sich auf die Pulsschläge der Zeit so wenig verstehen, daß sie gemeiniglich zu früh, und, wenn das Glück gut ist, zu spät zu kommen die Ehre haben! – Des hoffnungstrunkenen Schriftstellers! Man hat in unserer Zeit so sehr die bürgerliche Verbesserung der Juden empfohlen; sollte ein wirkliches Volk Gottes (das andere Geschlecht) weniger diese Sorgfalt verdienen, als das so genannte? – Liegt der Same der Erbsünde nicht in den Müttern? und lagen die Verhinderungen einer moralischen Verbesserung des menschlichen Geschlechtes – welche Verbesserung die besten Menschen in der Welt, und unter diesen Friedrich der Zweite, anfänglich so thätig bezweckten, nachher aber betrübt aufgaben – nicht vorzüglich darin, daß man das schöne Geschlecht in seinen Ruinen ließ und diesen Tempel bloß aus unserm Geschlecht errichten wollte? Ist es nicht unverzeihlich, die Hälfte der menschlichen Kräfte ungekannt, ungeschätzt und ungebraucht schlummern zu lassen –? Gesellschaft setzt unter den Verbundenen eine Gleichheit voraus, wozu es der Urheber der Menschen auch angelegt hat, der die Menschen aufrichtig machte; nur leider! suchen sie viele Künste. In allen Gesellschaften, woran Weiber Theil nehmen, verbreitet sich Anstand; und sollte dies nicht auch der Fall beim Staate seyn, in dessen Geschäfte ein andres Licht und Leben kommen würde, wenn Weiber den Zutritt hätten, in ihnen ihr Licht leuchten zu lassen und ihnen einen anderen Schwung beizulegen? – Wir haben für unsere Gesellschaften noch keine Pflichtvorschriften; und doch führt man sich hier ohne Gesetzbuch so exemplarisch, daß oft Ungezogene, die der Staat aufgab, mit augenscheinlichem Vortheile in diese Schule gingen, und aus ihr als gebesserte Menschen zur Universität des Staates gebracht wurden. – Ich getraue mir (den Gegenbeweis unverschnitten) außer Zweifel zu setzen, daß in allen weiblichen Regierungen gewisse feine Züge des Anstandes aufzuspüren seyn würden, welche bei einem großen Theile der Menschen mehr bewirken, als ein wohlbestallter Codex voll kunstgerechter Strafflüche. Dieser süße Geruch der Empfehlung, dieses Gewürz des Wohlgefallens – wie liebenswürdig! Die Gesetzgebung der Grossen Katharina der II. hat davon laute Spuren. – Schon die Gegenwart der Frau vom Hause, die doch das Hausrecht gewiß nicht in aller Strenge handhaben kann, macht den Männern die Sprache der Bescheidenheit nothwendig – und will man einwenden, daß die Ohren alsdann gerade nur so viel keuscher geworden wären, als das Herz unkeusch; so vergißt man, daß ein gewisser Schein, eine gewisse Heuchelei, die man Lebensart nennt, unter den Menschen so nothwendig ist, daß die Menschen ohne diese Lebensart nicht, wie ein Paar Augures der alten Zeit, wenn sie einander begegneten, oder ein Paar der neuern, wenn sie ein Consilium wegen der letzten Öhlung eines Patienten halten, über einander lachen, sondern sich verabscheuen würden. – Die Reinheit der Zunge wirkt zurück; und wessen das Herz voll ist, geht der Mund über. –

 

II. Giebt es ausser dem Unterschiede des Geschlechtes noch andere zwischen Mann und Weib?

Als nach dem Rathe, den Gott über das Schöpfungswerk gehalten hatte, dieser Plan ausgeführt werden sollte; schuf Er das erste und beste Paar von Menschen gleich im männlichen und mannbaren Alter, so daß ihre Hochzeit keine Stunde ausgesetzt werden durfte. Sie kamen mit den erforderlichen Jahren zur Welt, wie regierende Herren ihrem neuen Adel Ahnen verehren – Das Männlein Adam hatte zwar die Ehre der Erstgeburt; indeß ward Fräulein Eva vollkommen dadurch entschädigt, daß sie aus einer Rippe Adams, dieser dagegen nur aus einem Erdenkloß zur Welt gebracht wurde –! »Eine Schöpfung also aus der zweiten Hand?« Warum nicht gar aus der dritten –! Schuf nicht eben die Schöpferhand, welche Adam geschaffen hatte, auch Eva? und gereichet diese Rippen-Hieroglyphe nicht in mehr als Einer Rücksicht zum Vorzuge des Weibes? Keins erzog das andere; Keinem fiel es ein, sich über das andere zu erheben und Vaterrechte zu behaupten. – Elternrecht, das schönste und ehrwürdigste, das die Menschheit kennt, der Urquell der liebenswürdigsten Tugenden, hat (wer sollt' es denken!) die Ungleichheit unter den Menschen erzeugt. Gute Eltern, solch eine ungerathene, ausgeartete Tochter! Sind indeß viele Laster nichts anders als ungezogene Tugenden; sind, nach dem Ausspruch eines Heiligen, unsere Tugenden bloß schöne Sünden: so würde man ein Verbrechen an der Menschheit begehen, wenn man nicht auch dem Bösen und dem Ideal desselben, dem Teufel, Gerechtigkeit erweisen wollte. – Wenn man ja, nach der ältesten Urkunde das menschliche Geschlecht betreffend, einem Theile dieses ersten Menschenpaares einen Vorzug vor dem andern beilegen wollte; so würde Eva den Zankapfel von jedem Paris erhalten – »weil sie schöner als Helena war? und weil jeder Paris bei aller Sinneseinfalt eine Mannsperson bleibt?« Nein! sondern weil Adam durch sie zum Falle gebracht ward, oder (wie diese hohe und tiefe, erhabene und schöne Hieroglyphe nicht unrichtig gedeutet werden kann) weil er sich durch sie zum Gebrauch und zur Anwendung, zum Durchbruch der Vernunft hinaufstimmen ließ. Der seligen Stimmung! – Eva war das Pupillen-Amt, welches die Majorennitäts-Erklärung über den unmündigen Adam aussprach, nachdem er zeither vielleicht unter der Vormundschafts-Direktion der braven Eva gestanden zu haben scheint, die sich schon zuvor in einigen Stücken manumittirt haben mochte – Sie zerbrach die Ketten des Instinkts, der die Vernunft nicht aufkommen ließ, und triumphirte – Eva sollte die Vernunft, ihr zum Andenken, heißen. Die erste Hauptrevolution konnte, wie jede Revolution, nicht ohne Drangsale und Unruhe seyn. Diese sind nach der Natur des Menschen so nothwendig, daß ich nichts weiß, es sey etwas Theoretisches oder Praktisches, was, wenn es sich anders auszeichnet, nicht durch Zerrüttung und Leidenschaft empfangen und geboren wäre – Nur immerwährend kann dieser Braus und Saus nicht seyn und bleiben. Die Wellen müssen sich legen und die Vernunft muß endlich obsiegen – So ging es bei der ersten Revolution, und so muß es bei einer jeden andern gehen, wenn sie anders diesen Namen verdienen soll. Diese Lobrede auf Eva, welche ihr von wegen der Vernunft-Revolution so wohl gebührt, würde vielleicht zu einer theologischen, juristischen, medicinischen oder philosophischen Disputation, oder zu einem Aufsatze für irgend ein zeitverkürzendes Journal, hinreichende Gelegenheit an Hand und Kopf geben, wenn man nur wüßte, wie man den ungebetenen Gast von Assistenzräthin, die Schlange, aus dem Spiel bringen könnte. – Mit diesem Eheteufel ist leider! nichts anzufangen – Kurz und gut, sagt der gläubige Thomas Payne, ich bin dem ganzen Teufel von Monarchie feind. – Da es aber, mit Herrn Payne's Erlaubniß, auch gar häßliche Republikteufel geben kann und giebt; so ist es am Besten, alle Teufel zum Teufel zu jagen. Vielleicht die beste Gerechtigkeit, die man ihnen erweisen kann. –

Die Schöpfungsgeschichte erwähnet, nach dem klaren Inhalt derselben, keines andern als des Geschlechtsunterschiedes. Lasset uns Menschen machenund er schuf sie ein Männlein und ein Fräulein – – Es ist eine weit spätere Epoche, wenn es heißt: Dein Wille soll deinem Manne unterworfen seyn und er soll dein Herr seyn! Und denkt man sich unter der Geschichte des Falles ein Bild von der Befreiung des Menschen von dem paradiesischen Joche des Instinkts, und vom Ursprunge des gesellschaftlichen Zustandes, zu welchem die weise Eva die Gelegenheitsmacherin und Heroldin war; so scheinen diese prophetischen Worte den traurigen Zustand zu verkündigen, den Eva ihrem Geschlechte durch diese Heldenthat zuzog. – Ob indeß die Natur der Sache jene allererste Urkunde und ihre Auslegung bestätigen wird? Zu übersiebnen sind dergleichen alte und wohlbetagte Dinge nicht; und wozu auch diese gefährliche Beweisart –? wozu, da wir Vernunft und Erfahrung als Zeugen zum ewigen Gedächtniß anrufen können. Aus dieser zweier Zeugen Munde bestehet alle Wahrheit. –

Die Natur scheint bei Bildung der beiden Menschengeschlechter nicht beabsichtiget zu haben, weder einen merklichen Unterschied unter ihnen festzustellen, noch eins auf Kosten des andern zu begünstigen – Der Geschlechtsunterschied kann nicht zur Antwort dienen, wenn die Frage ist: ob das männliche Geschlecht mit wesentlichen körperlichen und geistigen Vorzügen vor dem weiblichen ausgestattet worden sei? Andere Unterschiede, als die welche auf die Geschlechtsbestimmung gehen, zu entdecken, hat dem anatomischen Messer bis jetzt noch nicht gelingen wollen; und doch behauptet dies Instrument bei der goldnen Regel: Erkenne dich selbst, einen unleugbaren Einfluß; und überhaupt hat das brave Eisen dem menschlichen Geschlechte weit mehr Dienste geleistet, als das prahlerische Gold – Wer zuerst den Magneten die Eisenbraut nannte, bewies für Magnet und Eisen eine Achtung, die beiden gebührt. – Was hätte die Natur veranlassen können, die Eine Hälfte ihres höchsten Meisterstücks zu beglücken und zu ehren, die andere dagegen zu verkümmern und zu vernachlässigen, und zwar gerade in umgekehrtem Verhältnisse? Bei Erreichung jenes großen Naturzwecks, wo Menschen das göttliche Ebenbild des Schöpfers darstellen, hat das weibliche Geschlecht einen ungleich wesentlicheren Antheil als das männliche, und zwar sowohl in Hinsicht der Substanz als der Form. Dieser Absicht recht weise vorzuarbeiten, sollte die Natur die Weiber haben schwächer bilden oder unvollendet lassen wollen? »Nicht eben schwächer«, sagte ein Weiberfeind, als er diese Stelle im Manuskripte las, »aber weniger gang und gebe. Mögen Weiber Stahl seyn, die Männer Eisen –«. Nicht also; und warum ein Vergleich auf Schrauben, da das schnurgerade Recht auf der Weiberseite ist! Wir, glaubt man, wären Gottlob! völlig ausgeschaffen; und nun zerbrach der Meister die Form von Thon, und das andere Geschlecht, in der Repräsentantin Eva, war ein Unternehmen auf gutes Glück, auf den Kauf, eher hingeworfen als zu Stande gebracht, angefangen und nicht vollendet –! Das Weib, dem das eigentliche Geschäft bei der Vermenschlichung der göttlichen Schöpfung anvertrauet ward, sollte die Merkzeichen der Ohnmacht und der Dürftigkeit an sich tragen? Die allmächtige Natur sollte ihre Stellvertreterin schwach gelassen haben, um nicht nur schwache Personen ihres eigenen Geschlechtes, sondern auch starke des unsrigen zur Welt zu bringen? Doch scheint es so; und freilich, wenn Erfahrung spricht, muß Vernünftelei schweigen, knieen und anbeten – Der einzige Winkelzug, der ihr übrig bleibt – Erfahrung! und was lehrt sie? Das andere Geschlecht sey im Ganzen kleiner, schwächlicher angelegt, besitze weniger körperliche Kräfte, und sey mehrern Krankheiten unterworfen. Bedarf es weiteres Zeugnisses, um die Vernunft zu der Schlußfolge zu bequemen: dies wären Geschlechtsunvollkommenheiten, von welchen die Weiber bei der Ordnung der Dinge nicht entbunden werden konnten? Alles ist gut, was nicht anders seyn kann, und im Muß liegt eine Schatzkammer von Beruhigungsgründen, vermittelst deren man bei ein wenig Philosophie das: ich Muß, mit dem: ich Will, so auszusöhnen weiß, daß hier jeder Fluch sich in Segen, und die arge böse Welt sich in die beste verwandelt. Friede mit der Natur und mit dem schönen Geschlechte; und Friede mit uns Allen! Wie aber, wenn es so gut Trugerfahrungen als Trugschlüsse gäbe? wenn der Schein betröge? Die Vernunft fürchtet sich vor den Sinnen; und wenn wir die Operation an uns vollziehen zu lassen völlig entschlossen sind, wenden wir doch in der Stunde der Anfechtung das Auge weg – Vernunft, Herz und Sinne arbeiten sich in die Hand; und nicht nur das Herz des Menschen, sondern auch seine Vernunft und seine Sinne sind trotzig und verzagt: wer kann's ergründen? Bald dünkt der Mensch sich, ein Gott, bald weniger als ein Thier zu seyn – Nackt und bloß kommt er zur Welt, und wenn andere Thiere bewaffnet und bedeckt sind, können Se. Majestät der Mensch sich nicht entbrechen, das königliche Recht an Thieren auszuüben, um sich zu ernähren und zu bekleiden – Diese Finanzregierung wird oft so sehr mit dem Stabe Wehe! geführt, daß die Thiere bei der Natur die bittersten Klagen gegen ihre Allerdurchlauchtigsten Beherrscher führen könnten – und auch ohne Zweifel führen, wenn anders der Apostel Paulus recht beobachtet hat. Denn in der That die Natur hält ein schreckliches heimliches Gericht, das schrecklichste, das gedacht werden kann! Noth lehrt beten, bitten und nehmen; allein sie ist auch eine weise Lehrerin der Mäßigkeit – und wer diese ihre Stimme verkennt, in dem ist nicht die Liebe des Allvaters, dessen Kind Alles ist, was Leben und Athem hat. Nichts mehr als weinen kann der Mensch ohne Lehrmeister, zum Zeichen, daß er bei weitem nicht das höchste Loos zog; – denn da er sich nicht zu berechnen versteht, so ist der Gewinn oft schädlicher als eine Niete. Lieber! dergleichen Klagen sind durch das Machtwort: Vernunft, überwunden. Ohne Schwäche hört der Mensch auf, Mensch zu seyn – und wer es in diesem Erdenleben auf etwas Höheres anlegt, begiebt sich in Gefahr, weniger zu werden und den Zweck des Schöpfers zu verrücken. Kennen wir ein edleres Geschöpf außer ihm, in welchem die Kraft liegt, sich Gott und eine reine Tugend zu denken? – und diesen Vorzug hat auch der Verworfenste nicht aufgegeben – Einen Augenblick, nicht aber immer, kann der Mensch auf das Ebenbild Gottes Verzicht thun – Ist die Vernunft nicht mehr als Alles? und verdient sie diesen Namen, wenn sie nicht Begierden einschränken kann? Kann man nicht das Thier am Menschen fast vergöttlichen und seine Leidenschaften, wie die Meereswoge, bedrohen –? Wo sie ist, da wohnt Menschheit, und bei den Strahlen ihrer Gottheit diese Würde im andern Geschlechte verkennen wollen, heißt: keine Regel übrig lassen, seinen eigenen Werth zu bestimmen. Nicht steinerne Gesetztafeln würde man zerbrechen, sondern am göttlichen Geiste, der in uns ist, sich versündigen – – Kann etwas Sache Gottes seyn, was der Vernunft widerspricht? oder will Gott seine Sache je durch solche Mittel geführt wissen? Durch die Vernunft, den Widerhall seines Mundes, ist Er nicht fern von einem Jeglichen, der mittelst ihrer Ihm ähnlich ward und in Ihm lebet, webet und ist. – – Mein Feldzeichen ist keine nichtswürdige Präconisirung, sondern Wahrheit und Gerechtigkeit. Ist das weibliche Geschlecht in der Regel wirklich kleiner, als das männliche? ist nicht die Größe überhaupt etwas sehr Relatives, welches in Klima, Nahrungsmitteln und andern uns unbekannten Ursachen wesentlichere Bestimmungsgründe findet, als in dem Geschlechtsunterschiede? Jenseits der Wendecirkel und unter der Linie ist die Menschenart weit kleiner, als innerhalb derselben. Über den zwanzigsten und sechzigsten Grad der Breite hinaus würden unsere Werbehäuser ungefähr so viel Glück machen, wie ein Besuch der Boucaniers auf Tierra del Fuego in den Höhlen der Pescherühs. Reisende behaupten, daß Männer und Weiber dort gleichen Strich halten, und daß, wenn ihnen nicht der Unterschied der Kleidung und etwa der Bart aushülfen, die beiden Geschlechter von einander nicht unterschieden werden könnten. Oder sollten diese Klimate hier etwa der Entwickelung des weiblichen Körpers günstiger seyn? Mit nichten; ihr frühes Dahinwelken widerspricht dieser Muthmaßung: schon das dreißigste Jahr bedeckt sie mit Runzeln. Auch in gemäßigtern Himmelsstrichen giebt es Verschiedenheiten in Rücksicht der Größe, und unter ihnen Racen, die sich von den übrigen auszeichnen, so wie die Bewohner der Marschländer in der Regel größer sind, als die Bergbewohner, als ob die Natur diesen Menschen den Berg mit in Anschlag gebracht hätte – und am Ende, was thut die Größe?

Aber die Schwächlichkeit gegen den nervigen, eckigen, männlichen Körperbau gehalten! Freilich würde sie mehr beweisen; doch fürcht' ich, die Erfahrung sagt auch hier weniger, als wir sie sagen lassen – Ehe wir die Fehde beginnen, ist die Musterung der Heere nothwendig. Verabschieden wir unser elegantes, luftiges Völkchen, läßt das andere Geschlecht seine Damen der höheren Klassen sammt ihren Zofen zu den lieben Ihrigen heimkehren – was gilt die Wette? Selbst wenn unsere eleganten Damen mit unsern eleganten jungen Herren sich in Fehde einließen – auf welcher Seite wäre Hoffnung zu gewinnen? – Bei Völkern, die auf der ersten Stufe der Cultur stehen, ist das Schicksal des weiblichen Geschlechtes hart: bei Jägernationen, denen Hausthiere unbekannt sind, ist das Weib das lastbare Thier, welches den Mann zur Jagd begleitet und das erbeutete Wild nach der Hütte trägt; bei den Hirten- und Ackervölkern ist ihr Schicksal, wo möglich, noch schwerer: sie bauen das Feld, treiben Fabriken und Manufakturarbeiten, indem sie das, was ihnen der Acker und die Heerden zur Nahrung und Bekleidung darbieten, zum Gebrauch bereiten oder veredlen, und auch noch das (freilich sehr einfache) Hauswesen besorgen, während der Ehrenmann sich dem Müßiggange überläßt – Auch unter Nationen, wo die Cultur schon Fortschritte macht, ist, bei der arbeitenden Klasse des Volkes, der Antheil des andern Geschlechtes an den Geschäften gewiß nicht von derderWeiberMännervor DirMateria medicain gradum doctoris utriusque medicincaeMinusSumma SummarumPlusGeister-LinnéRorariusHelvetiusCartesiusAuthenticaMankokapakJaphetswirunsPharisäer neuerer ZeitThereseZenobienAnna KomnenaElisabethMarien TheresienVoltaireVoltaireConstantinopelTaganrokPetersburgalten Eremiten von FerneyChinacostiges Handlungshaus assignirtVoltaire'nFriedrich Wilhelm der Erstein tormentis pinxitVoltaireVoltaireSeineVoltaireunermeßliche MonarchieOttmannliPugatschefein Gesetzbuchgroßenkleinen RegierungsdienstePrinzen HeinrichVoltaireMargaretha von DänemarkChristina von SchwedenSophia Charlotta von PreußenCorneliaArriaJohanna von ArcunserUlyssesÄneasGöttin der GerechtigkeitGott ApollHomerPenelopeAndromacheNausikaeAretedamaligen ÜbelPeregrinus Proteusdaß es die Schwachheit eines Menschen und zugleich die Zufriedenheit eines Gottes besitztPrivilegiaRechteEinen GerichtshofRaisons d'ÉtatDivus JustinianusGerechtigkeit!er