Impressum
Ein Azimut durchs Leben
ISBN: 9783753486864
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2021 Bernd A. Kühnapfel
Herstellung und Verlag
Books on Demand GmbH Norderstedt
Hallo! Ich bin Bernd A. Kühnapfel. Ich schreibe hier mal ein bisschen über meine Lebensgeschichte, über Ereignisse, die mich in meinen 60 Jahren geprägt haben. Um anderen Menschen dabei nicht in die Quere zu kommen, habe ich bei einigen die Namen verändert, oder nur die Vornamen erwähnt. Bei wieder Anderen habe ich mich abgesichert, bevor ich den kompletten Namen nehmen durfte. Keiner soll sich hier vorgeführt fühlen. Maximal kann man sich über die erzählten Geschichten wiedererkennen, was sich leider nicht immer vermeiden lässt. Zum Leidwesen mancher, schreibe ich dieses Buch mit einer gewissen Bissigkeit. Liegt sicherlich an den Höhen und Tiefen, die das Leben so mit sich bringt und daran, weil mein Leben über die langen Jahre eben oft sehr bissig war. Allerdings waren daran nicht immer nur die Anderen schuld, sondern ganz viel ich selbst. Blauäugigkeit und meine große manchmal haltlose Klappe haben mich oft in die Bredouille gebracht. Für viele von euch werden hier oder da vielleicht Ähnlichkeiten zum eigenen Leben da sein, aber dieser kurze Auszug aus meinen Lebensjahren ist vielleicht doch für den ein oder Anderen interessant. Leider kann ich nicht alle Stationen in meinem Leben erwähnen. Jeder der mir wichtig ist, ist auch nicht erwähnt. Es sind eben nur Auszüge aus meinem Leben.
Viel Spaß beim Lesen euer Bernd A. Kühnapfel
Ich bin 1960 in Letmathe, Westfalen geboren. Der liebe Gott hatte es mit der Wahl meiner Eltern wirklich gut mit mir gemeint. Ich hatte eine erstklassige Mutter, die Gott sei Dank noch lebt und einen erstklassigen Vater, der leider schon verstorben ist. Sie schafften es meinen Geschwistern und mir ein warmes Zuhause zu schaffen. Wenn wir irgendwelche Probleme hatten, gab es grundsätzlich immer eine Anlaufstelle. Sie zeigten uns immer, dass sie uns liebten...
Meine Mutter ist eine verständnisvolle und warmherzige Frau. Zu jeder Zeit konnte ich doch mit allen Problemen, die ein kleiner Junge bis zum Erwachsenen Alter so plagten, zu ihr kommen. Auch stand sie mit aller Konsequenz als Mutter hinter uns Kindern. Wenn es sein musste verteidigte sie uns wie eine Löwin. Aus dieser Tatsache konnten meine Schwester, mein Bruder und ich sicherlich viel für unser späteres Leben lernen. In vielen Lebenslagen war sie nicht nur eine Mutter sondern auch eine sehr gute und enge Freundin für uns.
Mein Vater war mein allerbester Freund. Seit meiner Kindheit bis zum Ende seines Lebens konnte ich zu ihm aufschauen. Auch wenn ich als heranwachsender junger Mann seine Körpergröße längst übertroffen hatte. Er erbrachte große Leistungen in seinem Leben, auch wenn er oft vom Pech verfolgt war. Immer konnte ich auch mit meinem Vater über alles reden. In späteren Jahren besonders über den Bereich Technik. Er unterstützte mich bei meiner Berufswahl.
Ende der 60er, Anfang der 70er zogen Wir, die Familie Kühnapfel aus arbeitstechnischen Gründen in den Westerwald. In den Städten Hachenburg, Bad Marienberg und Bad Ems sahen wir eine gewisse Zeit unser zu Hause. Der ständige Ortswechsel war für mich persönlich nicht so wahnsinnig toll. Freundschaften, die ich in den einzelnen Städten geschlossen hatte, musste ich immer wieder beenden. Das zweite große Problem war die Schule. Dort traten gewaltige Probleme auf, die ich dann wohl weitgehend in den Griff bekam, einen pubertären Jungen aber nicht gerade mental förderte. Allerdings war für mich klar meine Eltern hatten das so entschieden, und so war es richtig. Also fügte ich mich in den Lebensablauf meiner Familie ein.
Ich meine es wäre 1973 gewesen, als wir auf Wunsch meiner Großmutter wieder zurück in das schöne Letmathe/Oestrich bei Iserlohn zogen.
Meine Großeltern hatten in ihrem Haus eine Wohnung für uns fünf eingerichtet. Drei Jahre später hatte meine Familie sich dazu entschieden dieses komplette Haus umzubauen. Mein Vater und meine Mutter die von ihrer Natur aus grundsätzlich fleißige Menschen waren und das meine ich ganz ernst, hatten sich dann dazu entschlossen auf Bitten meiner Großeltern das durchzuziehen.
So kamen die ganzen Umbaumaßnahmen ins Rollen. Es wurden Fenster erneuert, Wände herausgerissen, andere Wände neu hochgezogen, es wurde gemauert und ein 16-jähriger junger Mann namens Bernd A. Kühnapfel musste sich dann an das Schlagen eines Bohrhammer gewöhnen und ihn bedienen. Zwischendurch eine heftige Geschichte die mich für mein komplettes Leben geprägt hatte.
Mein Vater brauchte einen Maurer, den er auch in seinem großen Freundeskreis fand (Name wird aus Rücksicht zu dieser Person nicht genannt). Ich verstand mich sehr gut mit ihm, vielleicht auch aufgrund der Tatsache, dass sein Sohn mit mir in einer Schulklasse gewesen war. Während der Renovierungsarbeiten, legten wir drei eine kleine Pause ein, um uns zu stärken. Wir saßen in einer Ecke und der Mann erzählte uns, als er mich beim Trinken einer Flasche Bier beobachtete, dass er zehn Jahre zuvor im Alkoholrausch ein Kind tot gefahren hatte. Als ich ihn ansah entdeckte ich Tränen in seinen Augen. Ich war irritiert, und wusste nicht wie ich nun reagieren sollte. Mein Vater klopfte mir dann auf die Schulter und schüttelte langsam den Kopf, er signalisierte mir, dass ich nicht weiter darauf eingehen sollte. Dieser Mann war sichtlich genug gebeutelt von diesem Lebensereignis. Nichtsdestotrotz hat dieses Erlebnis mich dazu gebracht, dass ich niemals Alkohol trinken werde wenn ich Auto fahren muss. Dieses Versprechen habe ich bis zum heutigen Tag eingehalten.
Ups, ich habe jetzt gelogen, ich bin im Streit mit meiner Freundin einmal 500 m strunkelich (westfälisch für ziemlich betrunken) mit meinem Lieferwagen gefahren, bis ich gepeilt hatte was ich da tat. Ich stieg aus und ließ das Fahrzeug an Ort und Stelle stehen. Des Weiteren bin ich einmal von meinem späteren Kampfsport Studio nach einem Gespräch ohne nachzudenken nach einer halben Dose Bier bis Hagen Innenstadt gefahren, wo ich einen Fahrerwechsel mit meiner nun genervten Ehefrau eilig durchführte. Auch wenn ich selbst gerne mal ein Bier trinke, bin ich ein militanter Gegner von Alkohol am Steuer. Auch wenn dieses Döschen nur zur Hälfte von mir getrunken wurde, es ging mir ums Prinzip.
Es war wohl meine impulsive Art, und sein introvertierter Charakter, der Andreas und mich zwar nicht brüderlich trennte, aber auch nicht gerade zusammenkommen ließ. Außerdem wollte ich als verwöhnter Bengel doch ein Schwesterchen.
Erst etwas später wurde mir bewusst, dass ich ihn als großen Bruder doch sehr lieb hatte. Meine Schwester Bärbel kam einige Jahre später zur Welt. Und es kam, wie es kommen musste, als großer Bruder war ich ihr Beschützer. Andreas stand nun unbeabsichtigt immer mehr außen vor. In den langen Jahren verloren wir uns aber nie aus den Augen. Ich weiß auch, dass es er es nicht anders sah und sieht. Es gibt sicherlich viele Anekdoten, die mein Bruder und ich zu berichten haben. Vieles zum Schmunzeln, anderes vielleicht aber auch nicht, wie das so unter Brüdern üblich ist. Andy war auch kein Chorknäblein, der sich feige in einer Notsituation zurückgezogen hätte. Bis heute haben wir drei, Bärbel, Andreas und ich den Ruf, wenn du einen angreifst hast du gleich alle am Hals.
Mein Schwesterchen, wurde von mir sehr beschützt. Bei Gewitter kam sie zu mir, verkroch sich und suchte Schutz Sie wusste sehr gut, wie sie es anstellen konnte, dass ihre Brüder alles für sie taten. Verstand sie doch Ihren introvertierten großen Bruder gegen ihren polternden großen Bruder auszuspielen wenn sie etwas wollte.
Brüderchen saß in unserem gemeinsamen Zimmer, welches durch einen Türbogen, von dem Zimmer unserer Schwester, getrennt war. Ich saß auf meinem Bett, hatte ich doch nach erledigten Hausaufgaben meine Kopfhörer auf und war wieder mal im „Status Quo Rausch“. Aber irgendetwas ließ mich trotz der geilen „Mucke“ etwas aufhorchen. Ich hörte meine kleine Schwester noch im Satzausklang sagen, „...dann sage ich es dem Langen, dann gibt‘s wieder Ärger“. Wobei ich jetzt begriff, dass mein Beschützerinstinkt gnadenlos „ausgenutzt“ wurde, Grins. Hört sich jetzt hart an, war es aber nicht. Der Streit mit meinem Bruder blieb zum Erstaunen meiner Schwester aus. Mit einem “nun ja Brüderchen“, machte ich ihm klar, dass ich jetzt sogar eher auf seiner Seite stand. Total verdutzt verzichtete sie in Zukunft auf solche Aktionen. Nichtsdestotrotz beeinflussten solche Handlungen unsere geschwisterliche Liebe nicht negativ. Es war vielmehr eine Anekdote unseres geschwisterlichen Lebens. Nun hatte Bärbel mal verloren. Grins...
Aufgrund der Altersunterschiede zwischen mir und meinen Geschwistern gab es immer mal wieder Interessensunterschiede. Ich persönlich meine, dass diese Tatsache aufgrund der Wärme und Zuneigung in unserem Elternhaus entschärft wurde.
Mein Motto ist: Geschwister halten zusammen und beschützen sich. Als man Brüderchen, ich meine es war sein Taschengeld gewesen abnahm, sah ich mich als großer Bruder in der Pflicht, ihm sein Eigentum wieder zu holen. Diese Dummköpfe machten es mir leicht, denn sie liefen blöderweise direkt vor unserer Haustür vorbei. Ein Griff in den Nacken und ein böser Blick sowie die Aufforderung das Geld meines Bruders herauszurücken ließ diese Minikriminellen ganz schnell in meinem Sinne handeln.
Meine „kleine“ Schwester kam dann in ein Alter, wo wir Brüder uns daran gewöhnen mussten, dass auch sie sich für das andere Geschlecht interessierte und auch sie hatte ihre Sturm und Rangzeiten, die speziell meine Eltern mit „Grauen“ erlebten. Als sie in Letmathe in der Wohnung eines jungen Mannes festgehalten wurde. Dieser hatte sich allerdings dann mit dem falschen Clan angelegt. Wir suchten meine Schwester und fanden sie in einem Haus in Letmathe. Es waren erst nur ihre wimmernde Laute aus einem Fenster zu hören. Die Haustür lag Gott sei Dank nicht mehr weit entfernt, dennoch kam uns der Weg sehr lang vor. Keine Minute später standen meine Mutter, mein Bruder, ebenso wie ich dort und klingelten Sturm an der Wohnungstür dieses „großen Helden“. Unseren Vater hatten wir sicherheitshalber zu Hause gelassen. Aus gesundheitlichen Gründen war das einfach das Beste. Offiziell wartete er darauf, dass unsere Schwester nach Hause kommt. An der Wohnungstür stand ich mit steigendem Adrenalinspiegel. Dieser Vorgang ließ sich auch nicht stoppen als die Tür aufging und ich das kleine Kerlchen mit seinen "breiten“ Schultern sah. Folgende Handlungen geschahen innerhalb von Sekunden und teilweise gleichzeitig. Diverse Utensilien übergab ich meiner Mutter die mit den Worten: „Wo ist mein Kind?“, diesen kleinen Möchtegern Liebhaber schon fast zur Aufgabe zwang. Mein Bruder war kaum zu bremsen, stürmte in die Wohnung und suchte unsere Schwester. Ich weiß gar nicht, ob er sich nicht strafbar gemacht hat. Rechtlich gesehen lag in dieser Situation "Gefahr in Verzug" vor. Wir packten uns den Kerl, schoben ihn zur Seite und nahmen unsere Schwester unversehrt mit nach Hause.
Andreas las sehr viel und war weiter in sich gekehrt (es war sein Hobby). Später wurde Brüderchen aktiver und wir hatten schon wieder einen Schutzeinsatz für unser Schwesterchen. Bärbel hatte sich in einen jungen Mann verliebt, der uns irgendwie unsympathisch war. Soll heißen, dass „Rostie“, so wurde er wegen seines rötlich glänzenden Haarschopfs genannt, ein kühler berechnender Kerl war, der nicht nur versuchte meine Schwester auszunutzen, sondern auch noch sehr schlecht behandelt hatte. Mit der Sicht durch die rosaroten Brille, bemerkte meine Schwester auch nicht, dass sich ihr Freund jedes Wochenende von uns aushalten ließ und sich selbst zum Essen einlud. Da wir eine gastfreundliche Familie sind, haben wir dieses dreiste Verhalten erst viel zu spät wahrgenommen.. Sein schlechter Atem und sein seltsames „Deo“ trugen nicht gerade dazu bei ihn zu mögen.
Wir verstanden unsere Schwesterherz nicht mehr. Bis wir feststellten dass unsere sie nicht glücklich war. Sie, die immer sehr gepflegt und ordentlich war, war wohl mit diesem Stinkfisch, nicht nur aufgrund seiner Körperpflege unglücklich. Irgendetwas war mit ihr und ich konnte mir schon denken wo der „Hase im Pfeffer“ lag. Ich konnte ihm allerdings nichts nachweisen. Dann kam der Tag der Wendung. Es war ein Sonntag an dem uns unsere Schwester zu Hilfe rief. Brüderchen und ich machten uns umgehend auf den Weg und erreichten wohl gerade noch rechtzeitig die Wohnung dieses seltsamen Herrn. Dieser hatte in der Zwischenzeit den Kriegsgott Thor beschworen, oder sollte ich besser sagen er war hackendudeldicht. Als wir mit Nachdruck die Wohnung betraten, fiel uns unsere Bärbel in die Arme und weinte.. Dass meine Schwester wegen so eines Mannes weint, machte mich wütend. Ich bat meinen Bruder meine sie mit zum Auto zu nehmen, da ich mir vorgenommen hatte, dem Kerl die Meinung zu sagen. Meine Geschwister verließen die Wohnung und „Rostie“ verzog sein Heldengesicht. Thor hatte ihm dann doch nicht geholfen und ich machte ihm „schlagartig klar“, dass wir solche Aktionen überhaupt nicht mögen und dulden. Da ich so voller Zorn war, konnte ich sogar die Lautstärke meiner handfesten „Streicheleinheiten“ auf seiner Stirn hören. Meine ebenso wütenden Worte, kommentierte dieser „red Lover“ mit Tränen. Ich ging dann ein paar Schritte rückwärts und musste mich erst einmal wieder beruhigen bevor ich zum Auto zurück ging. Gewalt an Frauen passt bis heute nicht in mein Weltbild. Diese Werte gaben uns auch unsere Eltern mit. So bot uns unser Vater immer das Bild eines lieben und gutmütigen Vater und Ehemann. und wir als seine Kinder waren eher seinem unbändigen Humor ausgesetzt.
Als ich dann wieder unser Fahrzeug erreichte und mich ans Steuer setzte kam „Stinkfisch“ aus seiner Wohnung und ging hoch erhobenen Hauptes an uns vorbei die Straße runter.
Ich habe meinen Geschwistern nie erzählt was in der Wohnung noch geschehen ist, weil ich (auch wenn es hier manchmal so klingt) Gewalt immer verachtet habe. Ich wollte nicht, dass sie mich in so einer Situation erlebten. Diese Einstellung begleitet mich mein Leben lang, speziell heute als Kampfkunst Großmeister. Denn einer meiner Lebensmottos ist:
„Der beste Kampf ist der Kampf, den man nie gekämpft hat“ ( Zitat von Bruce Lee)
Meine Schwester hatte aus diesem Erlebten gelernt und die Wahl ihrer Lebenspartner wurde deutlich besser. Nach ihrem Frank, kam dann mein heutiger Schwager Reiner, den ich wie einen Bruder liebe und sehe. Dazu aber später mehr.
Wichtige Anmerkung:
Ich möchte es hier noch einmal betonen! Ich bin in meinem Leben von erstklassigen und liebenswerten Geschwistern beschenkt worden, die ich von Herzen liebe.
Meine Schwester ist eine sehr warmherzige Frau geworden, die sich mit ihrem Ehemann Rainer ein schönes Leben verdient aufgebaut hat.
Mein Bruder der mit viel Cleverness und Güte auch fest mit beiden Beinen im Leben steht und vieles auf die Beine gestellt hat.
Ich liebe beide sehr!
Es war so um 1975 – 76, als mein Schuldirektor mir eindringlich sagte: „Bernd du musst ein Instrument erlernen“. Er erkannte, dass ich Interesse an der Musik hatte. Im Musikunterricht musste er bei mir eine gewisse Begabung festgestellt haben. Mir persönlich gefiel die Tatsache immer mehr, dass ich Gitarre spielen lernte. Bis zum Weihnachtsfest war es nicht mehr weit und so wünschte ich mir meine erste Gitarre. In der Vorweihnachtszeit wurde ich dann von meinen Eltern mit dem Thema natürlich aufgezogen. Ich hatte allerdings keinen Zweifel, dass das "Christkind" meinen Wunsch erfüllen würde. So geschah es, dass an Weihnachten dann tatsächlich eine Gitarre unter dem Baum lag.
Ich saß im Wohnzimmer in einem unserer Sessel und zupfte etwas belanglos an den Nylonsaiten. Denn einen gravierenden Punkt hatte ich noch gar nicht bedacht, dass ich mit Mühe nun lernen musste, dieses Ding auch zu spielen. Meine Eltern waren die "Leidtragenden“. Ich möchte nicht wissen wie oft meine Mutter dieses Geschenk verflucht hat. Da ich nun mal nicht gerade geduldig war, und dazu sehr impulsiv, stand dieses arme Instrument wegen Ruhestörung oft kurz vor der Entsorgung. Die Reichweite und die Lautstärke meiner Flüche muss immens gewesen sein.
Mein Schulkamerad Volker zeigte mir dann wie man mit einer Gitarre eigentlich umgeht und sie stimmte. Er war der Erste, der mir eine Akordabfolge auf der Gitarre beibrachte. Was aus ihm geworden ist, weiß ich leider nicht.
Nach beständigem Üben, gründete ich mit ein paar Kumpels die Band „Soundwave“. Wir coverten einige bekannte Songs, komponierten aber auch unsere eigenen Stücke. Wir spielten mal hier und da, auf einer Schulfeier und einer sogenannten „Discofete“. Dort konnte ich auch meine neue E-Gitarre ausprobieren und präsentieren. Es war eine nicht ganz billige Kopie einer Gibson Les Paul. Aus bestimmten Gründen nannte ich sie „Bertha“. Diesen Namen trägt sie bis heute, denn sie steht in meinem privaten Tonstudio zu Hause.
Meine Einberufung zum Wehrdienst 1979 im Oktober stoppte zunächst mein Band Leben… aber dazu etwas später.
Die Jahre vergingen und ich spielte mal hier und mal da. Auf meiner Reise mit meiner damaligen Freundin Manuela nach London, kaufte ich mir dann eine teure akustische Gitarre die sich heute nach so vielen Jahren noch in meinem Besitz befindet.
Auf vielen Feiern, Partys und vielen anderen Veranstaltungen kam diese sehr gut klingende Gitarre zum Einsatz. Auch bei vielen Lagerfeuern kam sie zur Anwendung. Sie war viele Jahre eine ständige Begleiterin.
Auch wenn ich viel übte und meine Gitarre hier und dahin mitnahm, sollte ich erst viele Jahre später durch die Hilfe meines Freundes Martin Bestgen in den Genuss kommen, Noten besser lesen zu können. Ich spielte grundsätzlich immer nach Gehör. Wir gründeten vor ein paar Jahren die Band "Fridays Meeting". Aus Zeitgründen musste ich aus dieser Band dann leider wieder aussteigen.
Mein guter Freund Ralf und ich gingen samstags oder sonntags gerne ins Kino. Vorwiegend schauten wir in dem kleinen Kino in Letmathe gerne die gängigen Actionfilme. Neben Bud Spencer und Terence Hill waren Kung-Fu Filme, aus heutiger Sicht billig gemachte Unterhaltung, die Filme, die wir am liebsten sahen. David Chiang und Ti Lung waren unsere asiatischen Helden. Natürlich fehlte auch der große Jun Fan, oder besser bekannt unter dem Namen Bruce Lee nicht, in unserer Fanrunde. Damals, im Alter von 13 – 14 Jahren, nahm man an, dass nur Asiaten zu solchen Leistungen in der Lage waren. Bis eines Tages in der Wohnung eines Freundes der erste Videorecorder mit einem Film von Chuck Norris lief. Fasziniert von den Techniken die der gute Chuck zeigte, suchte ich mir ebenfalls einen Verein (Schulen wie meine gab es damals noch nicht), die Kampfkunst/Kampfsport vermittelte. Verzweifelt hatte ich versucht meinen alten besten Kumpel Ralf davon zu überzeugen, sich mir anzuschließen und zum Training mitzukommen. Es gelang mir nicht und so hatten wir uns eine Zeit lang aus den Augen verloren. Erst einige Jahre später sollte es dann zu einem Wiedersehen zwischen Ralf und mir kommen.
Meine damalige Ehefrau Manuela und ich waren in seiner Clique herzlich willkommen. Bis zu meinem Berufswechsel hatten wir alle zusammen sehr viel Spaß. Spaß den ich bis heute nicht missen will.
Auch heute noch schreiben wir uns über ein bekanntes soziales Netzwerk und pflegen unsere alte Freundschaft.
Ich begann mein Training im Taekwondo in meiner Heimatstadt Letmathe. Dort hatte jemand kürzlich eine Gruppe eröffnet, die, die koreanische Kampfkunst Taekwondo lehrte. Damit ich dort nicht alleine hinlaufen musste, hatte ich einen Schulkollegen motiviert mit mir zusammen zu trainieren. Der liebe Uwe konnte dieses Training auch gut gebrauchen, da er von anderen Schulkameraden des öfteren gemobbt wurde. Obwohl ich nur ca. 3 Jahre in diesem Verein blieb, hatte mich diese Zeit absolut inspiriert, infiziert und motiviert der Kampfkunst treu zu bleiben.
Dass diese Tatsache später einmal ganz stark mein Leben bestimmen würde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen. In einem Turnverein in meiner Heimatstadt Letmathe/ Oestrich begann genau genommen meine Ära in der Kampfkunst, die nun lange Jahrzehnte mein zu Hause war. Damals standen noch mindestens 40 Schüler in mehreren Reihen hintereinander und übten die Grundschule des Taekwondo. Und so wurde ich durch meinen Trainer Gilbert langsam auf den Weg in diese Kampfkunst geführt.
Diese Gruppe trainierte an verschiedenen Orten und Turnhallen in unserer Stadt. Denn zu dieser Zeit gab es, wie schon gesagt noch keine Kampfkunstschulen so wie heutzutage. Ich denke, dass mein Meister Ben, mit einer der ersten war, der so ein Studio eröffnete.
Ich wollte das erlernen, was mein großes Vorbild Chuck Norris konnte. Mit meinem Kumpel, der zugegeben etwas seltsam war, ging ich zweimal manchmal sogar dreimal in der Woche zum Taekwondo. Mein Interesse lag nie sonderlich in Kämpfen auf der Matte. Ich wollte die asiatische Selbstverteidigung (koreanisch Hosinsul) erlernen und erledigte lediglich meine Pflichtkämpfe auf der Matte. Auch wenn das Taekwondo ein schöner Kampfsport ist und mir gefallen hatte, war ich nicht davon überzeugt, dass dies langfristig mein Weg war. Eine Zeit lang trainierte ich noch im Letmather Turnverein.
Da ich eingestehen muss manchmal eine große Klappe zu haben und es eine erneute Konfliktsituation im Verein gab, beendete ich meine Taekwondo Karriere und suchte nach weiteren Möglichkeiten meiner Leidenschaft nachzugehen. Man mag es glauben, oder auch nicht, aber es gab tatsächlich einige Meister, oder angehende Meister bei denen ich lernen konnte. Das tat ich auch trotz beruflicher Einschränkungen. Sogar bei der Bundeswehr … dazu später. Bis zu meinem Meister Ben sollte es noch einige Jahre dauern...
Mein Schulpraktikum begann ich bei einem ortsansässigen Elektriker. Der Chef und Meister war weder für mich, noch ich für ihn eine Bereicherung. Dieser selbstherrlichende Kettenraucher dachte gar nicht daran mir eventuell mal etwas zu zeigen. Meine Aufgaben bestanden darin seine geliebten Zigaretten zu kaufen, oder Baustellen, sowie andere Einsatzorte zu fegen. Da ich mir auch in diesem Alter nichts gefallen ließ, suchte ich mir sehr schnell eine neue Praktikumsstelle und landete im Familienbetrieb einer erstklassigen Bauschlosserei.
Geleitet wurde dieser Betrieb von Vater Helmut, der von seinem Sohn Harald unterstützt wurde. Mit diesen Menschen verstand ich mich super und wir gingen stets respektvoll miteinander um.
Dort begann ich glücklicherweise meine knallharte, jedoch auch sehr schöne Lehrzeit. Ich erinnere mich noch oft an sehr viele Ereignisse, die uns oft zusammen lachen ließen. Auch über den Tod hinaus, habe ich heute immer noch großen Respekt vor diesem fantastischen, warmherzigen und sympathischen Mann, meinem Schlossermeister Helmut. Die verlangte Härte die er von seiner Mannschaft in der Schlosserei erwartete, setzte er auch gegen sich selbst ein. Der gebürtige Schlesier, der nach dem Krieg quer durch Deutschland freiwillig aber auch teilweise gezwungener Maßen lief, ließ sich dann in unserem schönen Oestrich bei Letmathe nieder.
Meine Ausbildung begann ich voller freudiger Erwartung. Denn als 16-jähriger Knabe hatte ich keinerlei Ahnung von diesem Beruf. Dies änderte sich allerdings schnell durch die gute Ausbildung. Ich hatte immer den Eindruck als vollwertiges Mitglied im Betrieb aufgenommen worden zu sein. Außerdem waren meine ersten Tage als Schlosserlehrling, waren für mich schon viel Routine. Ich hatte ja schließlich schon als Schüler mein Praktikum in unserer Schlosserei beendet und mir dadurch eine Reise nach Berlin verdient.
Man hatte mir in diesem kleinen Betrieb relativ schnell das Schweißen beigebracht. Im Gegensatz zu meinen Ausbildungskollegen (in anderen Firmen), brauchte ich nicht an einem Metallklotz zu feilen. Ich war ziemlich schnell eine vollwertige Arbeitskraft und sehr fair bezahlt. So verdiente ich mit Überstunden viel Geld. Mit meinen jungen Jahren, konnte ich auch schon sehr gut den Schmiedehammer schwingen, so habe ich in der Kunstschmiede unserer Werkstatt auch noch zusätzliches Geld verdienen können.
Harald und ich waren oft zusammen auf Montage. Er war ein sehr guter Lehrer. Wir verstanden uns prima und ich war gerne mit ihm auf Montage. So ging es im Behälterbau oft nach Sundern und Menden. Dort bauten wir Spritzkabinen für Lackierereien auf.
Meinen zweifelhaften “Einstand“ gab ich allerdings gleich in den ersten Monaten meiner Lehre. Auf einer Baustelle in meiner Heimatstadt Letmathe sollten Werksfenster eingebaut werden. Der Architekt hatte aber noch ein paar Beanstandungen. Es sollte eine kleine Mauer entfernt werden, die ursprünglich stehenbleiben sollte. Harald stand auf der Leiter und quälte den Trennschleifer durch den Stahl. Seine Aufforderung das abgetrennte Stück festzuhalten, nahm ich jedoch ein wenig zu Ernst, da hatte sich der Schleifer schon verhakt. Ich sehe noch im seitlichen Augenwinkel, wie der gelbe Trennschleifer an mir vorbei herunterfiel. Als ich meinen Ärmel ansah, dachte ich noch so, “oh ein bisschen gekratzt?“. Allerdings war dem nicht so. Der Daumen war fast abgetrennt und als ich meinen Arm anhob, fiel er zur Seite weg. Erst lag bei mir die Vermutung nahe, dass er komplett amputiert war. Zum Glück hing er noch an ein paar Muskeln und Sehnen fest. Geschockt bin ich durch den gesamten Bau gelaufen, bis mich Harald und ein paar Elektriker auffingen. Der herbeigerufene RTW brachte mich ins nächste Krankenhaus. Dort wurde mir in einer 2-stündigen Operation mein Daumen wieder angenäht. 3 Monate musste ich pausieren und ich fürchtete um meine Stelle. Meine Sorgen war zum Glück unbegründet, denn mein Meister Helmut und sein Sohn Harald freuten sich mich wieder zu sehen. Die Beiden, hatten mich unterstützt und weiter ausgebildet.
Dann kam der Aufbau der neuen Halle. Da mein tapferer und fleißiger Meister sehr viel Eigenleistung erbringen konnte, waren wir sehr oft beim Aufbau dabei und übernahmen natürlich den kompletten Stahlbau. Ich bin in schwindelnder Höhe auf schmalen Stahlträgern gelaufen und habe vieles festgehalten, befestigt, abgemessen und sogar geschweißt. So ging es kontinuierlich weiter. Ich bestieg Dächer um Schornsteine aus Blech anzubringen, stellte mit Harald und Meister Helmut Spritzkabinen zum lackieren auf. Ich lernte Geländer zu schmieden und zusammenzusetzen, sowie an und in Balkonen und Treppenhäusern zu installieren. Der Behälterbau, egal welche Stärke, war mir dann nach einiger Zeit, dank meiner Ausbilder auch nicht mehr fremd. Wie gesagt, ich war voll integriert und so hatte ich natürlich auch die gleiche Härte an den Tag zu legen, wie meine Ausbilder es mir vorgelebt hatten. Da begab es sich, dass ich an einem kalten Wintertag mit dünnen Hemdchen bekleidet beim ausladen eines Geländers, am Träger mit meinem Hemdchen hängen blieb und mir dieses aufriss. Meister Helmut konnte nun deswegen nicht extra in die Werkstatt zurück, um mir zumindest mein blaues Blaumannjäckchen zu holen. Also musste ich bei Eiseskälte meinen Aufgaben als Schlosserlehrling nachkommen. Als wir wieder in der Werkstatt waren, hatte ich kaum Gelegenheit mich von der Kälte zu erholen. Meine Blaumannjacke „zeigte kein Mitleid“ mit einem durchgefrorenen Lehrling. Erst als ich zu Hause war, konnte mein ausgekühlter Körper an der Heizung meines Zimmers erste Wärme spüren. Aus dieser „Panne“ hatte ich gelernt, meine Oberbekleidung bestand ab sofort aus dem Wetter angepassten Pullis, Pullover und entsprechenden T-Shirts.
Ich vergesse auch nicht das ich mir mein Wohnmobil an unserer neuen Halle reparieren durfte. Dieses hatte ich mir mit Manuela zusammen von einem Zigarettenvertrieb, ich meine aus Mönchengladbach besorgt. Ein netter Arbeitskollege von Manuela hatte zu dieser Firma Connections. Als er mitbekam, dass wir so ein Fahrzeug suchten, setzte er sich für uns ein. Dieses „Prachtstück“ musste allerdings erst einmal an vielen Stellen repariert und erneuert werden.
Auf der Heimfahrt von Mönchengladbach schaute an einer Ampel ein Motorradpolizist skeptisch auf den Aufbau. Aus der herunter gekurbelten Seitenscheibe, teilte ich ihm mit, dass der Wohnaufbau natürlich repariert wird. Mit einem Schmunzeln im Gesicht rief er „das will ich auch hoffen!“ und fuhr dann weiter.
Nach Feierabend steckte ich viel Arbeit in den VW Pritschenwagen mit Wohnaufbau. Auch mein Vater und mein Schwiegervater engagierten sich bei diesem Projekt.
Mein Meister allerdings berechnete mir nicht einmal die Teile die ich für mein „Prachtstück“ brauchte.
Meister Helmut war ein Perfektionist, er wollte alles genau haben. Handläufe durften nicht kreuz und quer verlaufen. Er zeigt mir, wie man es richtig macht. Wenn es einer konnte dann dieser geschickte Mann.
Ein Geselle war im Betrieb, den ich sehr mochte. Ich hatte den Eindruck, dass es auf Gegenseitigkeit beruhte. Er nahm mich immer gerne mit in seinem braunen Ford Taunus GXL auf den Heimweg und wir sprachen stundenlang. Er erzählte sehr viel aus seiner Sturm und Rangzeit. Eines Tages lud er mich zu sich nach Hause ein.
Sein Wohnzimmer war ein gemütlicher Raum und seine Frau, das war zu spüren, brachte eine ganze Menge Geborgenheit dort hin. Was er mir dann auf der Orgel vorgespielt hatte, war zwar nicht so ganz meine Musikrichtung, doch fand ich es sehr rührend. Schließlich vertraute mir Fritz ein Geheimnis an. Fritz hatte in der Fremdenlegion gedient. Im Gegensatz zu Zeitgenossen, die hier im weiteren Verlauf des Buches noch benannt werden, konnte Fritz alles belegen und er zeigte mir Fotos. Er hatte sich dort auch eine Magenkrankheit und Malaria geholt, wie er mir beichtete. „Ich vertraue dir Junge“, sagte mir Fritz mit Nachdruck, „unser Arbeitgeber muss das nicht wissen, auch das mit meiner Malaria nicht“. Ich versprach es ihm hoch und heilig. Zu der Zeit war ein Mann, der in die Fremdenlegion ging, meist mit irgendwelchen kriminellen Problemen belastet. Um an einer Strafverfolgung vorbeizukommen, ging man in die Legion. So war jedenfalls der Mythos. Was die Männer in Indochina allerdings mitmachen mussten, war unmenschlich. Er zeigte mir Bilder, die mich wirklich lange belastet haben und die man als junger Kerl nicht schnell wieder aus dem Kopf bekam.
Nach diesem schönen Abend, trafen wir uns den nächsten Tag wieder. So ging das auch noch einige Zeit gut. Das einzige was mich beim Fritz störte, waren seine “Frühstücksbrotattacken“. Seine Wangen waren prall gefüllt und diese Wangen waren seeehhhr groß…, und Fritz sprach dann auch noch! Seine angekauten Brotkrummen zischten wie Geschosse aus seinem Mund. Leider auch in Richtung meines Frühstücks. Ich warf mich wieder mal schützend auf mein Frühstück, was meine anderen Kollegen zum schmunzeln brachte.
Ich war auf dem Heimweg und sang so vor mich hin, als Fritz an mir mit seinem Ford vorbeiraste. Ohne mich eines Blickes zu würdigen. Ich verstand irgendwie nicht, was nun passiert sein sollte. Als ich an der Bushaltestelle stand, hielt er kurz an, aber nur um seiner Frau etwas zu sagen. Die Tür war wieder zu. Er fuhr weiter und seine Frau meinte zu mir, dass er mich nie wieder mitnehmen würde. Für mich einfach unverständlich. Ich bekam auch hier keine Antwort mehr, doch war ich mir keiner Schuld bewusst.
Den nächsten Tag, sah ich Fritz schon nicht mehr. Mein Meister fragte mich, ob ich beim ihm zu Hause gewesen war. Ich konnte das nicht verneinen. Bis hierhin durfte ich ja auch noch erzählen. „Wir haben uns heute von Fritz getrennt“, sagte mir mein Chef. „Hat er denn gedacht, dass ich nicht rausbekomme, dass er in der Fremdenlegion war?“. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich hatte Fritz gedacht, dass ich ihn verraten habe. Leider konnte ich dieses Missverständnis nie mehr aufklären, denn wenig später verstarb er plötzlich und unerwartet. Diese Geschichte bewegt mich bis heute und oft denke ich an Fritz, dem Fremdenlegionär.
Meinen Chef und Meister folgte ich bis zum Ende meiner Lehre. Auch er erzählte mir seine Lebensgeschichte. Er war bei der Kriegsmarine und kam weit herum. Vor Norwegen wurde er verwundet. Oft habe ich so gedacht, wie heftig sind denn ihre seelischen Wunden. Das habe ich allerdings nur gedacht und nicht gesagt. Ich denke, er hätte es mir persönlich übel genommen, wenn ich seine Härte in Frage gestellt hätte, denn viele seiner Äußerungen waren sehr hart. Denn Härte, zeigte er allerdings auch gegen sich selbst. Seine Aussage war mal, in einer Debatte, die wir hatten „Ich weiß nicht, wann ich mal krank war, vielleicht habe ich es gar nicht gemerkt!“. Nichtsdestotrotz war er ein faszinierender Mann, der in seinem Herzen auch ein sehr guter Mensch war. Ich erinnere mich, dass wir eines Tages Arbeiten am Letmather Dom zu erledigen hatten und zu diesem Zweck auf das Gerüst steigen mussten, welches den gesamten Dom “einkleidete“. Am Glockenturm angekommen, sagte er mir: „weißt du was, ich habe gar keinen Bock heute. Wir fangen mit einer Pause an.“ In meinen inzwischen drei Jahren Lehrzeit, hatte ich das noch nie so von ihm gehört. Wir setzten uns auf das Gerüst und in großer Höhe begann er zu erzählen. Ich hörte ihm gerne zu. Er erzählte von seinen Zeiten im Krieg und wie er als Schlesier sich dann durchschlagen musste. Ich denke dass ihn sein Leben so hart gemacht hatte, denn was ich so aus seinen Erzählungen heraushören konnte war schon sicher für einen Menschen sehr prägend. Auch nach so vielen Jahren muss ich oft an ihn denken. Viele seiner Weißheiten haben auch mein Leben stark beeinflusst und ich bin heute froh dass er mir so viele Dinge, auch aus dem Leben beigebracht hatte.
Irgendwann war auch meine Ausbildungszeit mal zu Ende, nach drei Jahren Lehre, hatte ich einiges gelernt, um in die erste wichtige Prüfung meines Lebens zu gehen.
Wir befanden uns mit einigen Klassenkameraden der Berufsschule im Prüfungsstress. Ich denke die Hälfte derjenigen die an der Prüfung teilnahmen, mussten bis dato noch ihre Berichtshefte nachschreiben. Zu diesen Leuten gehörte auch ich. Mein Vorteil war allerdings das ich sehr viel in meiner Lehre praktisch selber machen durfte. So konnte ich von einigen Montagen berichten und Zeichnungen von den jeweiligen Geländer etc. anfertigen.
Der Tag X kam und da ich kein Prüfungsmensch war und bin, saß ich mit einem mulmigen Gefühl vor den Prüfern der Handwerkskammer.
Es wurden Werkstücke erstellt, Stahl geschweißt, in Theorie und Praxis auf „Herz und Lunge“ geprüft. Das Resultat war wichtig und am Ende der Prüfung war ich ein Bauschlossergeselle. Mit großem Stolz ging ich mit meinem Gesellenbrief dann in die Werkstatt. Das dann mein Meister Helmut mich mit so viel Freude empfing, hätte ich nicht gedacht das musste erst einmal gefeiert werden. Auch in meiner Familie, war man definitiv erleichtert, weil ich in den letzten Wochen wohl auch wegen meiner Unsicherheit ziemlich nervig war. Fakt war meine erste große wichtige Prüfung, war dann auf Anhieb bestanden. Nun stand für einen neunzehnjährigen jungen Mann die nächste Herausforderung bevor. Denn meine Bundeswehrerfassung hatte ich schon bekommen...
Die Grundausbildung