Mutter Courage und ihre Kinder

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Fußnoten

  1. Bertolt Brecht, »Die Courage lernt nichts«, in: B. B., Werke. Große Kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe,
    Bd. 24: Schriften 4, bearb. von Peter Kraft unter Mitarb.
    von Marianne Conrad u. a., Berlin / Frankfurt a. M. 1991, S. 271–274, hier S. 271.

  2. Reinhold Grimm, »Der katholische Einstein: Grundzüge von Brechts Dramen- und Theatertheorie«, in: Interpretationen: Brechts Dramen, hrsg. von Walter Hinderer, Stuttgart 2011, S. 11–33, hier S. 17.

  3. Grimm (s. Anm. 2), S. 16.

  4. Bertolt Brecht, »Die Strassenszene. Grundmodell einer Szene des epischen Theaters (1940)«, in: B. B., Werke. Große Kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Bd. 22: Schriften 2, bearb. von Inge Gellert und Werner Hecht, Berlin/Weimar 1993, S. 370–381, hier S. 377, zit. nach: Brecht-Lexikon, hrsg. von Ana Kugli und Michael Opitz, Stuttgart/Weimar 2006, S. 253.

  5. Bertolt Brecht, »Anmerkungen zum Volksstück«, in: B. B. (s. Anm. 1), S. 293–299, hier S. 293.

  6. Brecht (s. Anm. 1), S. 271.

  7. Bertolt Brecht, Versuche 20/21, Heft 9, Berlin 1949, S. 5, zit. nach: Jan Knopf, »Mutter Courage und ihre Kinder«, in: J. K., Brecht-Handbuch. Theater: Eine Ästhetik der Widersprüche, Stuttgart 1986, S. 181–195, hier S. 181.

  8. Klaus-Detlef Müller (Hrsg.), Brechts »Mutter Courage und ihre Kinder« (suhrkamp taschenbuch materialien), Frankfurt a. M. 1982, S. 11.

  9. Daniel Hohrath, »Soldatenfrau, Marketenderin, Lagerdirne. Frauen in den Heeren der frühen Neuzeit«, in: Damals. Das Magazin für Geschichte, 20. 9. 2002, www.wissenschaft.de/magazin/weitere-themen/soldatenfrau-marketenderin-
    lagerdirne/ (Stand: 7. 1. 2021).

  10. Hans Jacob Christoph von Grimmelshausen, Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerin Courasche, hrsg. von Klaus Haberkamm und Günther Weydt, Stuttgart 2010, S. 53.

  11. Bertolt Brecht, Einführungsessay in »Politiken«, 7. 10. 1953, zit. nach: Harald Engberg, »Mutter Courage und Dänemark«, in: Müller (s. Anm. 8), S. 259–273, hier S. 272.

  12. Bertolt Brecht, »Modellbuch Mutter Courage und ihre Kinder. Anmerkungen zur Aufführung 1949«, in B. B., Schriften zum Theater, Bd. 6: 1947–1956, Frankfurt a. M. 1964, S. 47–153, hier: S. 152.

  13. Zit. nach: Knopf (s. Anm. 7), S. 189.

  14. Notate Brechts zur Aufführung Berlin 1949, zit. nach: Müller (s. Anm. 8), S. 68.

  15. Bertolt Brecht, »Neue Technik der Schauspielkunst«, in: Gesammelte Werke in 20 Bänden (edition suhrkamp Werkausgabe), hrsg. vom Suhrkamp Verlag in Zusammenarbeit mit Elisabeth Hauptmann, Bd. 15, Frankfurt a. M. 1967, S. 337–388, hier S. 360, zit. nach: Grimm (Anm. 2), S. 21.

  16. Ana Kugli, »Mutter Courage und ihre Kinder«, in: Brecht-Handbuch in fünf Bänden, hrsg. von Jan Knopf, Bd. 1: Stücke, Stuttgart 2001, S. 383–401, hier S. 389.

  17. Brecht (s. Anm. 12), S. 133.

  18. Elisabeth Thommen, »Eine Uraufführung von Bertolt Brecht«, zit. nach: Müller (s. Anm. 8), S. 59.

  19. Siehe dazu Knopf (s. Anm. 7), S. 188.

  20. Die ursprüngliche Version findet sich u. a. in Bertolt Brecht, Gesammelte Werke in 20 Bänden, hrsg. vom Suhrkamp Verlag in Zusammenarbeit mit Elisabeth Hauptmann, Bd. 2: Stücke 2, Frankfurt a. M. 1967, Anmerkungen zu Mutter Courage und ihre Kinder, S. 1440–1442.

  21. Ebd.

  22. Jörg-Wilhelm Joost, zit. nach Kugli (s. Anm. 16), S. 395.

  23. Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Erster Band, 4. Aufl, hrsg. von Friedrich Engels (1890), in: MEGA2, Bd. II/10. Berlin: 1991, S. 83.

  24. So Karl Marx im Vorwort der ersten Auflage von: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Erster Band (1867), in: MEGA2, Bd. II/5, Berlin 1983, S. 14.

  25. Grimm (s. Anm. 2), S. 16.

  26. Zit. nach: Kugli (s. Anm. 16), S. 396.

  27. Pia Kleber, zit. nach Kugli (s. Anm. 16), S. 396.

  28. Brecht (s. Anm. 12), S. 139.

  29. Brecht (s. Anm. 12), S. 124.

  30. Siehe dazu Knopf (s. Anm. 7), S. 192.

  31. Il’ja Fradkin, Bertolt Brecht. Weg und Methode, 2., überarb. Aufl., Frankfurt a. M. 1977, S. 182.

  32. So Luthardt in einem Aufsatz von 1957/58, zit. ebd.

  33. Brecht (s. Anm. 12), S. 52.

  34. Zit. nach Kugli (s. Anm. 16), S. 396.

  35. Zeitungsausschnitt aus der Sammlung Brechts, zit. nach: Werner Mittenzwei, Das Leben des Bertolt Brecht oder Der Umgang mit den Welträtseln, Berlin 1997, Bd. 1, S. 679.

  36. Bernhard Kissel, Artikel im Tages-Anzeiger, 21. 04.1941, zit. nach: Bertolt Brecht: Werke. Große Kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Bd. 6: Stücke 6, bearb. von Klaus-Detlef Müller, Berlin / Frankfurt a. M. 1989, S. 393.

  37. Knopf (s. Anm. 7), S. 190.

  38. Siehe zu diesen Zusammenhängen Kugli (s. Anm. 16), S. 397.

  39. Brecht (s. Anm. 12), S. 64.

  40. Brecht (s. Anm. 12), S. 55.

  41. Ebd., S. 136.

  42. Ebd., S. 57.

  43. Karl-Heinz Ludwig, »Die Kontroverse über die Berliner Erstaufführung von Mutter Courage und ihre Kinder«, in: Müller (s. Anm. 8), S. 292–305, hier S. 299.

  44. Abgedruckt ist der Wortlaut des Streitgesprächs am Ende des Couragemodells von 1949 (s. Anm. 12), S. 144; daraus auch die Zitate.

  45. Brecht (s. Anm. 12), S. 146.

  46. Die Details zu den Dreharbeiten sind nachzulesen in: Anonym, »Mutter Blamage«, in: Der Spiegel, 23. 11. 1955, www.spiegel.de/spiegel/print/d-31971541.html
    (Stand: 7. 1. 2021).

  47. Ein Auszug aus dem Programmheft findet sich unter: https://www.gyle.de/faecher/theater-2/inszenierungen-am-gymnasium-lerchenfeld/mutter-courage-nur-der-tod-ist-umsonst/ (Stand: 7. 1. 2021).

Mutter Courage und ihre Kinder – ein KriegsdramaDrama des Krieges, entstanden im Jahrhundert der Kriege. Die ersten Entwürfe entstanden 1938/39 »unter dem fünischen Strohdach«,1 wie sich Bertolt Brecht später erinnerte. Doch die Idylle trügt: Die deutschen Truppen standen hochgerüstet bereit, den Zweiten Weltkrieg zu entfesseln und in Dänemark, dem Gastland des Dichters, einzumarschieren. Brecht war schon seit Februar 1933 vor den Nationalsozialisten auf der Flucht; im April 1939 entzog er sich ihrem drohenden Zugriff nach Schweden, wo er das Manuskript vollendete.

Es ist kein Kriegsdrama des nationalen Heldentums wie Shakespeares Königsdramen oder des

Gezeigt wird die Geschichte der Anna Fierling, wegen ihres Mutes allgemein als Mutter Courage bekannt, die zwölf Jahre lang durch die vom Dreißigjährigen Krieg zugerichteten Lande zieht. Den Lebensunterhalt für sich und ihre drei Kinder will sie erwirtschaften, sagt sie, doch Brecht zeigt uns, dass sie sich verrechnet hat, den Krieg für sich beherrschbar machen zu wollen. Die Zerstörung einer Familie …Familie zerbricht. Gleich am Anfang wird der älteste Sohn, der starke und kluge Eilif, vom Militär weggefangen, und im Laufe des Krieges verliert sie die weiteren Kinder: den einfältigen Schweizerkas und die stumme und herzensgute Kattrin.

Der Krieg ist ein Marktplatz, doch Mutter Courage macht dort letztlich keinen Gewinn, sondern nur Verlust, denn sie gehört, so gibt uns Brecht zu verstehen, nicht zu den mächtigen Betreibern des Krieges im Hintergrund, welche die einfachen Menschen verheizen. Mutter Courage leidet zwar am Krieg, lernt aber

Abb. 1: Mutter Courage, ihre Kinder und ihr Wagen, Szenenbild aus dem Theaterfilm von 1961 – © akg images / Ruth Berlau

Die negativen Seiten der Courage-Figur, die zwischen Mutter und Geschäftsfrau nicht einmal zerrissen ist, weil Letztere immer gewinnt, wurden im Laufe der Jahrzehnte häufig missverstanden. Die Ikone der Mutter CourageMutter Courage wurde zum geflügelten Wort nicht für die

Das Stück Erfolgsrezept des Stückessticht aus den Höhepunkten von Brechts Theaterschaffen der Jahre um 1940 – etwa Der gute Mensch von Sezuan und Leben des Galilei – auch durch seine Musikalität und seinen Humor heraus. Die zündenden Songs und die ironischen (Rede-)Wendungen sorgen bei aller Schwere des Themas für gute Unterhaltung. Mutter Courage hält mit Leichtigkeit die perfekte Mitte zwischen dem populärkulturellen Brecht der Dreigroschenoper und dem formal strengen Brecht des Kaukasischen Kreidekreises.

Die Handlung, speziell das Schicksal der stummen Kattrin, ist derart aufwühlend, dass das Stück eine für Brecht ganz einzigartige dramatische Qualität gewinnt. So wird Mutter Courage und ihre Kinder auch heute noch gern und viel inszeniert. Die zentrale künstlerische Aussage gilt über den Dreißigjährigen Krieg und den Zweiten Weltkrieg Sinnhorizonthinaus: Krieg ist immer ein grausames Unheil, der Mensch wird von ihm stets fortgerissen und entmenschlicht. Das Ende

Bild

(Seitenzahl)

Ort und Zeit

Hauptsächlich handeln-de Personen

Überblick über den Inhalt

1

(7–19)

Dalarne/Schweden, 1624

Familie Courage, Feldwebel, Werber

Bekanntschaft mit der Familie der Courage, Eilif wird für die schwedischen Truppen geworben.

2

(20–28)

vor der Festung Wallhof/Polen, 1626

Feldhauptmann, Eilif, Feldprediger, Courage, Koch

Eilif sitzt an der Seite des Feldhauptmannes, Wiedersehen mit seiner Mutter

3 †

(29–54)

Feldlager eines finnischen Regiments, 1629

Familie Courage, Yvette, Feldprediger, Koch

Lager wird vom katholischen Kriegsgegner eingenommen, Schweizerkas wird hingerichtet.

4

(55–60)

(jetzt katholisches) Feldlager

Mutter Courage, älterer und junger Soldat

Mutter Courage will sich beim Rittmeister beschweren, kapituliert aber.

5

(61–63)

zerschossenes Dorf (bei Mag-de-burg), 1631

Mutter Courage, Kattrin, Feldprediger

Kattrin rettet ein Kleinkind aus einem einsturzgefährdeten Bauernhaus.

6

(64–74)

vor Ingol-stadt, 1632

Mutter Courage, Kattrin, Feldprediger

Diskurs über den Krieg, Heiratsantrag des Feldpredigers, Misshandlung Kattrins

7

(75–76)

Landstraße, 1632

Mutter Courage, Kattrin

Die Courage singt auf dem Höhepunkt ihres geschäftlichen Erfolges ihr Lied.

8 †

(77–89)

Feldlager (bei Lützen?), 1632

Familie Courage, Koch, Feldprediger, Yvette

Der Frieden wird zurückgenommen, Streit vom Koch und Feldprediger, Eilif wird zur Hinrichtung abgeführt.

9

(90–97)

Fichtelgebirge, vor einem Pfarrhaus, 1634

Mutter Courage, Kattrin, Koch

Courage und der Koch erbetteln sich eine Mahlzeit, sie entscheidet sich für ihre Tochter.

10

(98)

Mitteldeutschland, Landstraße

Mutter Courage, Kattrin

Im Vorüberziehen hören sie ein ergreifendes Lied.

11 †

(99–105)

vor der Stadt Halle

Kattrin, kaiserliche Soldaten/Offiziere, Bauern-familie

Kattrin warnt die Bewohner Halles vor der drohenden Erstürmung durch die Kaiserlichen und stirbt dabei.

12

(106–10)

vor der Stadt Halle

Courage, Bauernfamilie

Mutter Courage trauert um ihre Tochter und will wieder in den Handel kommen.

Im ersten Bild werden die Marketenderin Exposition: Mutter Courage und ihre KinderCourage und ihre drei Kinder in Dalarne in Mittelschweden von einem schwedischen Werber und einem Feldwebel gestoppt, die ihre Geschäftslizenz sehen wollen. Die Courage weissagt dem Feldwebel und ihren eigenen Kindern, im Krieg umzukommen. Der Feldwebel kauft der Marketenderin eine silberne Schnalle ab. Der Werber wirbt währenddessen Eilif, den älteren Sohn, für das schwedische Heer, und die beiden entfernen sich. Daraufhin müssen die verbleibenden Kinder der Courage, Schweizerkas und die stumme Kattrin, den Marketenderwagen weiterziehen.

Im zweiten Bild, zwei Jahre später, Mutter Courage und ihre Kinder ziehen mittlerweile im Tross der schwedischen Heere durch Polen, belagern die Schweden die Festung Wallhof. Die Courage will einen Kapaun (einen Speisevogel) verkaufen und feilscht mit dem Koch. Parallel treten auf einem anderen Teil der Bühne der Eilif beim Feldhauptmann

dritten BildSeitenwechsel und Tod des Schweizerkas

vierten BildBeschwerde der Courage

fünften BildKriegsgräuel auf dem Bauernhof

sechste BildDiskurs über den Krieg und Schändung Kattrins

Im ziehen Mutter Courage, Kattrin und der Feldprediger den Wagen über eine Landstraße. Dass die Courage jetzt die Höhe ihrer geschäftlichen Laufbahn erreicht hat, wird an den neuen Waren im Planwagen und an einer Kette mit Silbertalern, die sie trägt, deutlich. Sie singt ein Lied, in dem sie ihre Lebensweise, dem Krieg hinterherzuziehen und so Geschäfte zu machen, gutheißt.

achte BildZurückgenommener Friedensschluss und Tod Eilifs

neunten Bild

zehnten Bild»Uns hat eine Ros ergetzet«

elften Bild

zwölften BildDie Courage zieht dem Krieg weiter hinterher