Verena Steiner
EXPLORATIVES LERNEN
Zu diesem Buch Die Fähigkeit, sich eigenständig und in kürzester Zeit neues Wissen anzueignen, wird die entscheidende Grundkompetenz der Zukunft sein. Doch der Lernstil ist etwas sehr Individuelles, und es gilt, herauszufinden, welche Strategien für das eigene Lernen besonders erfolgreich sind. Hier greift Verena Steiners Ansatz: Der Schlüssel zum explorativen Lernen sind die Neugier und die Lust, sich selbst und die Prozesse rund ums Lernen zu beobachten und damit zu experimentieren. Denn nur durch Selbstbeobachtung können wir unseren Lernstil weiterentwickeln.
Die Autorin zeigt wirkungsvolle Strategien auf, wie Sie Ihren Lernerfolg verbessern können, und vermittelt zudem grundlegendes Wissen über die Prozesse des Lernens, über Denkstile, Konzentration und Gedächtnis. Auf inspirierende Weise verknüpft Verena Steiner dabei Erkenntnisse aus der Wissenschaft und Einsichten von Studierenden mit ihren eigenen Erfahrungen. Ein Buch, das auf anregende und fundierte Weise einen neuen und lustvolleren Zugang zum Lernen eröffnet.
Dr. Verena Steiner ist durch den vorliegenden Erstling «Exploratives Lernen», sowie durch ihre weiteren Bestseller «Lernpower» und «Energiekompetenz» bekannt geworden. Die auf Lernprozesse spezialisierte Biochemikerin hat ihre breite Erfahrung in Management, Forschung und Lehre ab 1994 an der ETH Zürich eingesetzt, um Programme wie «Lernen mit Lust!» für bessere Lern- und Arbeitsstrategien aufzubauen. Nach einer Gastprofessur an der BOKU in Wien ist sie heute als freischaffende Autorin tätig. Für ihr Wirken wurde sie 2006 zur Ehrenrätin der ETH Zürich ernannt. www.explorative.ch
Bisher als Printausgabe erschienen: Exploratives Lernen (2000; erweiterte Neuauflage 2013), Erfolgreich lernen heißt … (2002), Energiekompetenz (2005), Sich besser konzentrieren heißt … (2006), Lernpower (2011); alle bei Pendo. Konzentration leicht gemacht (Piper 2013). Sprachen lernen mit Power (Beobachter Edition 2014).
Verena Steiner
EXPLORATIVES LERNEN
Der persönliche Weg zum Erfolg
Eine Anleitung für Studium, Beruf und Weiterbildung
vdf Hochscuulverlag AG an der ETH Zürich
ISBN 978-3-7281-4064-7 (PDF)
ISBN 978-3-7281-4065-4 (epub)
DOI-Nr. 10.3218/40 64-7
DOI Nr. 10.3218/4065-4
Aktualisierte und erweiterte Neuausgabe 2013
© Verena Steineu und vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich
Umschlaggestaltung: Mediabureau Di Stefano, Berlin
Umschlagabildung: whitewish/iStockphoto
Satz, Layout: a.visus, Michael Hempel, München
Illustrationen: Gaby Klaey
eBook-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Verena Steiner
Vorwort von Richard R. Ernst
Teil I
AUF INS ABENTEUER
1 Das Konzept des explorativen Lernens
2 Exploratives Lernen beginnt mit Neugier
Der Sinn der Neugier aus verhaltensbiologischer Sicht
Neugier und geistige Offenheit Kultivieren Sie Ihre Neugier
3 Beobachten und Reflektieren
Achten Sie auf Ihr Selbstwertgefühl Beobachten und Entdecken
Reflektieren und Dazulernen Führen Sie Tagebuch
4 Den Lernstil verbessern
Unterschiedliche Tiefen des Lernens und Verstehens
Unterschiedliche Denkstile Von den Denkstilen zum eigenen Lernstil
Teil II
KONZENTRATION
5 Was bedeutet Konzentration?
Konzentration beim Lernen Was tut unser Geist, wenn wir uns konzentrieren?
6 Die Konzentration verbessern
Was drei Minuten Vorarbeit bringen Sich gegen Störungen wappnen Sich einstimmen und beginnen Dranbleiben Rechtzeitig pausieren Die Wahrnehmung für die kleinen Freuden schärfen
Teil III
LERN- UND SPEICHERPROZESSE
7 Das Wesen von Prozessen
Grundstruktur von Prozessen Der Prozesszyklus Der Prozessverlauf Arbeit oder Spiel?
8 Geistige Flexibilität
Ein kleines Experiment Eine andere Sichtweise einnehmen Auf die Metaebene wechseln
9 Prozesse und Teilprozesse beim Lernen
Lernen als aktiver Konstruktionsprozess Die Teilprozesse des Lernens
10 Das Ziel des Lernens
Unterschiedliche Erinnerungen Faktoren für gutes Erinnern
11 Vom Wissen zum Können
Wissen als dynamisches Netz Die Wissenspyramide
Vom deklarativen Wissen zum Können: Der Automatisierungsprozess
12 Gedächtnismodelle und Speicherprozesse
Von der kurzzeitigen zur langzeitigen Speicherung Das Arbeitsgedächtnis
Teil IV
INHALTE ERARBEITEN
13 Nicht jeder Inhalt ist gleich gut erschließbar
Verschiedene Texte – verschiedene Lesemodi Analyse der textlichen und inhaltlichen Struktur Die Stofffülle meistern
14 Denkpause vor dem Start
Den Lernprozess aufteilen Nie ohne klare Absicht beginnen!
15 Der richtige Einstieg ist entscheidend
Verschiedene Einstiegsrouten Den Mut haben, sich genügend Zeit zu nehmen
16 Beim Elaborieren das Spielen nicht vergessen
Innere Gespräche führen Nach Analogien suchen Bezüge zum Alltagswissen schaffen
17 Reduzieren und Strukturieren
Das Wesentliche herausarbeiten Die Struktur sichtbar machen
18 Mehr Lust dank guter Strategie
Was ist eine Strategie? Mehr Lust: Wer sucht, der findet
Teil V
DAS VERGESSEN NICHT VERGESSEN
19 Vom Sinn des Auswendiglernens
20 Vergessen ist besser als sein Ruf
Vergessen ist nicht immer Vergessen
Warum Vergessen sinnvoll ist Vergessen im Laufe der Zeit
21 Memorieren mit Phantasie und Gedächtnisstützen
Memorieren von Zahlen Memorieren von chemischen Formeln Sich Überblick über ein komplettes Sachbuch verschaffen
22 Repetieren und Festigen
Worauf es beim Festigen ankommt Der richtige Zeitabstand Die modifizierte Lernkartei
Dank
Literaturhinweise und Anmerkungen
Sachwortregister
Vorwort
Von Verena Steiner
Möchten Sie das Lernen neu entdecken? Die Aneignung von Wissen mit mehr Lust angehen? Ihre Konzentration und den Lernerfolg steigern und dabei Ihrer Experimentierlust frönen und überraschende Entdeckungen machen?
Dann wird Ihnen das Konzept des explorativen Lernens zusagen. Die Voraussetzungen bringen Sie wahrscheinlich mit, sonst hätten Sie dieses Buch gar nicht erst aufgeschlagen: Die Schlüssel zum explorativen Lernen sind Neugier sowie die Lust, sich selbst und die Prozesse rund ums Lernen zu beobachten, zu analysieren und die Wahrnehmungen zu reflektieren.
Beim explorativen Lernen sind Sie selbst die Hauptakteurin oder der Hauptakteur. Sie lernen, sich besser zu beobachten und sich bewusst zu machen, wie Sie lernen. Dann geht es darum, mit Ihren Vorgehensweisen zu experimentieren und sie laufend zu optimieren. Sie sollen fortan nicht nur besser lernen, sondern auch Ihr lernerisches Können auf eine höhere Stufe bringen und methodisches Know-how dazugewinnen.
Sie werden
Ein Geist, einmal durch eine neue Idee weit geworden, schrumpft nie wieder auf seine ursprüngliche Größe.
OLIVER WENDELL HOLMES
Interessantes über Ihre bevorzugten Denkstile sowie Ihren eigenen Lernstil erfahren
mehr über die Konzentration und deren Verbesserung lernen
entdecken, wie Sie Lernstoff effizienter und erfolgreicher erarbeiten können
eine bessere Vorstellung vom Speicherprozess bekommen und wissen, worauf es für gutes Behalten ankommt
ein Gespür für die Prozesse des Lernens entwickeln und sie beobachten und reflektieren können
lernen, wie Sie aus den eigenen Beobachtungen und Erfahrungen dazulernen und Ihre Lernkompetenzen kontinuierlich weiterentwickeln können
erleben, wie dadurch Ihr Spaß und Interesse am Lernen laufend größer werden.
Das vorliegende Buch ist eine komplett überarbeitete und aktualisierte Neuausgabe des »Explorativen Lernens«. Denn seit dessen Erscheinen im Jahr 2000 hat sich das Lernumfeld rasant verändert. Damals verfügten noch längst nicht alle Studierenden über einen Internetanschluss. Sich online Information zu holen, sich im Netz mit anderen auszutauschen oder auch bloß mobil zu telefonieren gehörte noch nicht zum Lernalltag.
Der heutige, unendlich einfachere Zugang zum Wissen sowie die vielfältigen Möglichkeiten zur Kommunikation erleichtern manches im Lernprozess – zumindest dann, wenn man die Verlockungen der modernen Medien und die Flut an Information zu meistern weiß. Dies ist der Knackpunkt. Gut entwickeltes Lern- und Selbstmanagement ist heute nötiger denn je. In meinem Buch »Lernpower« habe ich mich dieser Thematik angenommen.1 Bei der Überarbeitung des vorliegenden Werkes habe ich unter anderem das Kapitel über die Verbesserung der Konzentration ausgebaut. Außerdem thematisiere ich den effizienteren Umgang mit der stets zunehmenden Stofffülle sowie Maßnahmen gegen die Verzettelung, zu der Lernende im heutigen hektischeren Umfeld häufiger neigen.
Doch nicht nur das Lernumfeld hat sich im letzten Jahrzehnt verändert. Auch meine eigenen Erfahrungen rund ums Lernen haben sich weiter vertieft. Dazu gibt es neue Befunde aus der Forschung, deren Kenntnis nützlich ist. Aus diesen Gründen habe ich manche Abschnitte sowie die beiden Kapitel über die Neugier und über die geistige Flexibilität umgeschrieben und erweitert. Gänzlich neu sind zudem die Kapitel über gute Strategien sowie über Gedächtnismodelle und den Speicherprozess.
Was unverändert geblieben ist, ist das zeitlose Konzept des explorativen Lernens. Explorative Lernerinnen und Lerner gehen das Lernen mit derselben Haltung an wie Snowboarder, die aus eigenem Antrieb stets neue Tricks einüben: neugierig, lustvoll, und darauf erpicht, die Abläufe am Ende virtuos zu können. So lernen sie Tag für Tag dazu und verbessern sich konstant. Und wer das Snowboarden, das Lernen oder andere Künste besser kann, hat auch mehr Freude daran!
Das »Explorative Lernen« hat sich nach seinem Erscheinen vom Bestseller zum Longseller entwickelt. Nach wie vor erhalte ich Mails von begeisterten Leserinnen und Lesern, die durch die Lektüre des Buches das Lernen völlig neu entdeckten. Bloß eines bedauern manche unter ihnen: dass sie nicht schon früher auf das Buch gestoßen sind. Vielen Leserinnen und Lesern ist bewusst geworden, dass die explorative Lernhaltung auch sonst im Leben mit all seinen raschen Veränderungen eine unentbehrliche Hilfe ist.
Ich hoffe, dass dieses Buch auch Sie anregt und dass Sie bald eine Menge explorativen Spirits verspüren. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen und natürlich auch viel Erfolg dabei!
Zürich, im Winter 2012/13 |
Verena Steiner |
Vorwort
Von Richard R. Ernst
Nobelpreisträger für Chemie
Das Lernen erlernen! Was gibt es Wichtigeres im Leben, besonders heute, wo das Wissen so rasant sich vermehrt, sich verwandelt und veraltet? Wer nicht lernt, bleibt stehen und wird früher oder später seinen Arbeitsplatz verlieren. Das bisherige Wissen regelmäßig durch aktuelles zu ersetzen ist entscheidend für das Überleben in der heutigen Wissensgesellschaft. Burrhus Frederic Skinner (1901–1990), der berühmte amerikanische Psychologe, hat gesagt: »Education is what survives when what has been learned has been forgotten.«
Das Lernen zu erlernen ist das Ziel dieses Arbeitsbuches von Verena Steiner, ein außergewöhnlich nützliches Buch, das dazu anregt, sich einen persönlichen Weg zum Erfolg zu erarbeiten; ein höchst erfrischender und amüsanter Text, der leicht zugänglich ist und trotzdem Spuren fürs ganze Leben hinterlässt. Schade, dass ich ein Buch dieser Art nicht schon in meiner Jugend zur Verfügung hatte! Das Erlernen der fast uferlosen chemischen Phänomenologie wäre mir viel leichter gefallen.
Das Buch ist nicht für Didakten im Elfenbeinturm geschrieben, sondern für die Lernpraxis in der Schule und im Beruf. Die Sprache ist einfach, prägnant und verständlich und vermeidet unnötigen Fachjargon und ein Übermaß an Referenzen. Das Arbeitsbuch dient wohl eher der täglichen Morgengymnastik, als dass es sich als abendliche Schlafhilfe eignen würde.
Ich wünsche dem Werk einen breiten Eingang in das Notgepäck möglichst vieler vom Lernen geplagter Studierenden und gestresster Menschen in der Praxis. Ich hoffe, dass es die Freude am Lernen fördert und so mithilft, den Bildungsstand und die Lernfähigkeit der kommenden Generation zu stärken. Dies ist ja von großer Wichtigkeit, wollen wir in der Lage sein, die uns erwartenden zukünftigen Probleme zu meistern. Wehe dem, der zur Karikatur von Molière passt: »Les gens de qualité savent tout sans avoir jamais rien appris!« Ganz ohne Anstrengung geht das Lernen nicht, aber mit Verena Steiner macht es Spaß.
Ich bin sehr froh, dass sich Verena Steiner die Zeit genommen hat, ihre reiche Erfahrung und ihren einmaligen Instinkt für das Wesentliche in dieser Form allen Lernwilligen zugänglich zu machen.
Zürich, im Dezember 1999 |
Richard R. Ernst |
Teil I
AUF INS ABENTEUER
1 Das Konzept des explorativen Lernens
2 Exploratives Lernen beginnt mit Neugier
3 Beobachten und Reflektieren
4 Den Lernstil verbessern
In jungen Jahren, im Sommer 1969, erlebte ich während den Ferien in Norwegen ein grandioses historisches Ereignis. Ich erinnere mich noch gut, wie wir mit klopfenden Herzen im überfüllten Restaurant saßen und gebannt auf das Fernsehgerät schauten: Die Mondlandung wurde übertragen.
Vielleicht haben Sie die Faszination solcher Unternehmungen auch schon gespürt. Auch wenn Sie zur Zeit der Mondlandung noch nicht auf der Welt waren, erinnern Sie sich möglicherweise, wie Bertrand Piccard und Alan Jones im Jahr 1999 in knapp zwanzig Tagen die Erde mit ihrem Ballon Orbiter III umrundeten. Oder Sie haben während der Schulzeit mit Begeisterung über Scott und Amundsen und ihren Wettlauf am Südpol gelesen oder haben sich von den Geschichten über die Seefahrer oder Afrikaforscher mitreißen lassen.
Diese Abenteurer nennt man im Englischen Explorer. Ihre wagemutigen Expeditionen faszinieren immer wieder neue Generationen. Worin besteht diese Faszination? Ist es das erreichte Ziel, der Südpol, der Mond, die Umrundung der ganzen Erde? Ist es der spannende Ablauf, unser Mitfiebern: »Erreichen sie heute den Jet-Stream? Was passiert, wenn sie nach China abdriften?« Oder ist es gar das Überschreiten der menschlichen Grenzen? Mitzuerleben, wie diese Vorkämpfer trotz großer Mühsal über sich selbst hinauswachsen, Horizonte überschreiten und sich selbst und uns allen neue Welten auftun?
Wahrscheinlich ist es vor allem der letzte Punkt, der zutiefst in unserem Inneren etwas anklingen lässt. Jeder Mensch will entdecken, erkunden, seine Grenzen erleben und diese immer wieder ausweiten. Auf diesem Grundbedürfnis beruht das Konzept des explorativen Lernens.
1
Das Konzept des explorativen Lernens
Was ist Lernen anderes als eine ganz persönliche Abenteuerreise durch Wissensgebiete, die einem noch wenig bekannt sind, und durch Speicherprozesse, bei denen es noch viel zu entdecken gibt? Auch bei einem geistigen Abenteuer können Sie Überraschungen erleben, Neues erfahren und Geheimnisse lüften. Es gibt zwar manchmal mühsame oder öde Stecken zu überwinden. Doch gerade in solchen Momenten können Sie Ihre Grenzen neu ausloten und über sich selbst hinauswachsen. Und das ist es, was das explorative Lernen zum spannenden Abenteuer macht!
Auf der Landkarte des Lernens gibt es nämlich noch viele weiße Flecken zu erforschen. Diese liegen nicht nur auf der Ebene der Inhalte und der Wissensgebiete. Wenn Sie tiefer graben, gelangen Sie auf die Ebene der Prozesse, und auch die gilt es zu erkunden (siehe Abbildung 1).
Im Studium stehen oft die Inhalte im Vordergrund. In diesem Buch befassen wir uns vor allem mit den Prozessen, die beim Lernen ablaufen. Sie werden sich angewöhnen, sich beim Erarbeiten des Studienstoffs häufiger zu beobachten und Ihre Wahrnehmungen zu analysieren und zu reflektieren.
Abb.1 Verschiedene Inhalte – dieselben Prozesse.
Denn ich möchte Sie bei Ihren eigenen Erfahrungen packen und Sie zum explorativen Lernen ermuntern: Sie sollen öfter mit Ihren Vorgehensweisen experimentieren, neue Methoden ausprobieren und so auf spielerische Weise die Aneignung von Wissen optimieren. Sie werden dabei Vorgehensinteresse entwickeln und mehr Spaß am Lernen finden. Und Sie werden effizienter sein, besser lernen und zu guter Letzt noch an Lernkompetenz gewinnen.
Das so entwickelte Können wird Ihnen auch später im Leben nützlich sein. Wie sagte doch der Universalgelehrte Georg Christoph Lichtenberg vor über 200 Jahren so schön: »Was man sich selbst erfinden muss, lässt im Verstand eine Bahn zurück, die auch bei anderer Gelegenheit gebraucht werden kann.«
Die fünf Elemente des explorativen Lernens
Explorieren heißt erforschen, auskundschaften und ausprobieren. Explorative Lernerinnen und Lerner gleichen den großen Abenteurern, die in unbekannte Gebiete vorstoßen. Sie sind voller Entdeckungslust, haben ein ausgeprägtes Interesse, fragen und hinterfragen und möchten den Dingen auf den Grund gehen.
Ihre Grundhaltung ist durch Neugier geprägt. Die Neugier bildet den Rahmen, den frame of mind, die Grundeinstellung für das Erforschen der Lernlandschaft (siehe Abbildung 2).
Abb.2 Die fünf Elemente des explorativen Lernens.
Das Brennendste: nicht Resultate, sondern Weg! Wer würde es der Jugend sagen können, dass das Lernen – und das Lernen lernen! – alles ist, – nicht das Gelernte?
LUDWIG HOHL
Der Forschungstrieb gilt nicht nur den konkreten Inhalten, die im Bild durch das Schilfdickicht der Uferlandschaft dargestellt sind. Vielmehr ist die etwas abstraktere Ebene der Prozesse rund ums Lernen für explorative Lernerinnen und Lerner von besonderem Interesse.
Der Begriff Beobachtung umfasst ganz Unterschiedliches, vom Wahrnehmen der Stimmungen und der mentalen Verfassung über das Verfolgen der Gedanken bis hin zur Betrachtung des eigenen Verhaltens.
Explorative Lernerinnen und Lerner nehmen sich Zeit, um über ihre Beobachtungen nachzudenken, denn sie wollen die Prozesse und deren Steuerung verbessern und sich persönlich weiterentwickeln. Diese Reflexion ist auf dem Bild durch die Spiegelung der Lernlandschaft dargestellt.
Neugier, Beobachtung und Reflexion sowie Inhalte und Prozesse bilden die fünf Elemente des explorativen Lernens. Im Folgenden gehe ich ausführlicher auf die Neugier, die Beobachtung und die Reflexion ein. Dabei werden Sie auch einiges über das Selbstwertgefühl und den persönlichen Lernstil erfahren. In Teil II des Buches können Sie dann das explorative Vorgehen einüben und Ihrer Experimentierlust frönen; es geht um die Verbesserung der Konzentration. Über das Wesen der Prozesse werden Sie in Teil III mehr erfahren, und wie Sie die Inhalte besser angehen können, wird in Teil IV erläutert. Schließlich darf das Vergessen nicht vergessen gehen. Darum geht es im Teil V.
2
Exploratives Lernen beginnt mit Neugier
Es macht Freude, einem Baby beim Erkunden seiner kleinen Welt zuzuschauen. Wie es voller Tatendrang zur Zimmerlinde krabbelt und mit offenem Mund das Blätterwerk bestaunt. Wie es sich dann dem Pflanzentopf zuwendet und eifrig die braune Erde untersucht. Und wie es am Ende vor Freude jauchzt, wenn es die dunklen Spuren sieht, die seine Händchen auf dem Teppich hinterlassen.
Doch jäh wird die Entdeckungslust von der Mutter unterbrochen, das Krabbelkind wird gepackt und ins Bad getragen. Ein paar Augenblicke später ist es etwas konsterniert und mit sauberen Händchen zurück auf seiner Decke. Leise Erinnerungen steigen in einem auf, und man ahnt die Sehnsucht des Kleinen, die große Welt außerhalb der eigenen Spielecke zu entdecken.
Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig.
ALBERT EINSTEIN
Später, wenn das Kind längst sprechen gelernt hat, zeigt sich diese Sehnsucht in seinen Fragen. Doch irgendwann nimmt bei vielen Menschen die kindliche Neugier ab. Allerdings verlieren nicht alle den Drang nach Erkenntnis, manche bewahren sich die Fähigkeit zum Staunen. Mihaly Csikszentmihalyi, der durch seine Flow-Theorie bekannt geworden ist (siehe Seite 79) untersuchte anfangs der 1990er-Jahre in einem mehrjährigen Projekt die menschliche Kreativität.2 Insgesamt 91 hoch kreative Persönlichkeiten wurden dabei interviewt, darunter zahlreiche Nobelpreisträger, bekannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Poeten, Musiker, Historiker sowie Künstlerinnen und Künstler. Csikszentmihalyi fand unter den Merkmalen, die solcherart kreativen Menschen zugeschrieben werden können, zwei Tendenzen: leidenschaftliche, beinahe besessene Ausdauer und stark ausgeprägte Neugier und Offenheit.
Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch die Aussage, die ein Freund von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg über diesen machte: »He is a sponge in terms of learning. He has a higher ask-to-talk ratio than anyone I know– Er ist ein Schwamm, was das Lernen anbelangt. Er hat ein höheres Fragen-zu-Sprechen-Verhältnis als irgendjemand, den ich kenne.«3
Geistesgrößen aus früheren Zeiten wie Leonardo da Vinci, Isaac Newton, Georg Christoph Lichtenberg, Johann Wolfgang von Goethe, Louis Pasteur oder Marie Curie zeichneten sich ebenfalls durch Leidenschaft und eine ausgeprägte Neugier aus. Nicht allen gelang es indes, die Neugier im Zaum zu halten. Goethe mit seinem unbändigen Forschungsdrang zum Beispiel beschreibt seine Neugier in der »Italienischen Reise« gar als Gespenst.`4 Seinem Eintrag vom 16. April 1787 lässt sich entnehmen, dass er im öffentlichen Garten von Palermo sein Pensum in der »Odyssee« gelesen und anschließend den Plan für »Nausikaa« weiter durchdacht hat. Doch tags darauf hat ihn das Gespenst wieder einmal gepackt:
Heute früh ging ich mit dem festen, ruhigen Vorsatz, meine dichterischen Träume fortzusetzen, nach dem öffentlichen Garten, allein eh’ ich mich’s versah, erhaschte mich ein anderes Gespenst, das mir schon diese Tage nachgeschlichen.
Die vielen Pflanzen, die ich sonst nur in Kübeln und Töpfen, ja die größte Zeit des Jahres nur hinter Glasfenstern zu sehen gewohnt war, stehen hier froh und frisch unter freiem Himmel, und indem sie ihre Bestimmung vollkommen erfüllen, werden sie uns deutlicher. Im Angesicht so vielerlei neuen und erneuten Gebildes fiel mir die alte Grille wieder ein, ob ich nicht unter dieser Schar die Urpflanze entdecken konnte. Eine solche muss es denn doch geben! Woran würde ich sonst erkennen, dass dieses oder jenes Gebilde eine Pflanze sei, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet wären?
Kennen Sie dieses Gespenst ebenfalls? Können auch Sie Ihre Neugier manchmal nur schwer bändigen? Kommen Sie allzu oft vom Thema ab? Neigen Sie zur Verzettelung? Nach einem Abstecher in die Verhaltensbiologie werde ich auf diese Problematik zurückkommen.
Der Sinn der Neugier aus verhaltensbiologischer Sicht
Aus verhaltensbiologischer Sicht ist Neugier ein Trieb, der bei allen höheren Tieren beobachtbar ist.5 Obwohl die junge Katze der Nachbarin noch sehr scheu ist, versucht sie trotzdem immer wieder, in meine Wohnung einzudringen, um sie zu erkunden.
Beim Menschen ist das Neugierverhalten, das heißt das Erkunden, Erforschen und Ausprobieren – das Explorieren –, besonders ausgeprägt. Befriedigt wird der Trieb durch Aha-Erlebnisse, Entdeckungen und neue Erkenntnisse.
Doch warum sind solche erhellenden Augenblicke so befriedigend? Die Verhaltensbiologie erklärt es mit einem Zugewinn an Sicherheit. Oder andersherum gesagt: Neugier hilft, Unsicherheiten und Ängste abzubauen. Nicht nur die scheue junge Katze kann dank der Neugier ihre Ängstlichkeit überwinden. Auch wir können unsere Neugier nutzen, um Unsicherheiten, Befürchtungen und andere Hemmnisse anzugehen und uns am Ende sicherer zu fühlen.
Situationen, die uns ängstigen oder hemmen, gibt es zuhauf: der erste Tag an der Uni, Prüfungen, Vorstellungsgespräche, das Ansprechen einer Person, die uns interessiert, oder die erste Lektion im Yoga-Kurs. Oft sind wir im Hinblick auf solche Situationen befangen. Wir sehen nicht über den eigenen Tellerrand hinaus und sind von Befürchtungen oder gar Versagensängsten geplagt. Statt uns Mut zu machen, reagieren wir mit Zaghaftigkeit.
In einer solchen Situation können Sie versuchen, Ihren Blickwinkel von den Befürchtungen wegzunehmen und sich zu öffnen – sich neugierig auf das Kommende zu machen. Fragen Sie sich: »Wie verändern sich wohl meine Gefühle im Verlaufe der Prüfung? Wie verhält sich der Puls? Die Atmung? Die Konzentration? Welche positiven und negativen Überraschungen kommen auf mich zu? Wie meistere ich diese? Gibt es Erfolgserlebnisse? Wie fühle ich mich am Ende der Prüfungsstunde? Welche neuen Erfahrungen, die mir später nützlich sein können, kann ich machen?«
Mit solchen Fragen verschieben Sie den Fokus automatisch weg von den Befürchtungen hin zu den Erwartungen. Sie öffnen damit Geist und Gemüt, sorgen für eine positive Einstellung und machen sich neugierig auf die neuen Erkenntnisse, die am Ende unweigerlich herauskommen werden.
Zur Illustration eine kleine Geschichte. Mein Mann ist jeweils der Erste, der meine Texte kritisch liest und mir Rückmeldung gibt. Nachdem er dieses Kapitel über den verhaltensbiologischen Sinn der Neugier gelesen hatte, wollte er einkaufen gehen. Dazu hatte er sich bereits am Vortag vorgenommen, statt des bequemeren Autos lieber wieder einmal das Fahrrad zu nehmen. Doch dieser Vorsatz geriet ins Wanken, und er kam in Versuchung, mit dem Auto hinzufahren. Er besann sich dann auf die Fragen im Text und übertrug diese auf die Fahrt mit dem Fahrrad: »Wie wird sich die Temperatur draußen anfühlen? Werde ich den blühenden Holunder an der Ecke riechen? Wie wird es bei der kurzen Steigung mit dem Treten gehen?« Seine Neugier war geweckt, er nahm das Fahrrad und kam ganz begeistert nach Hause zurück. Seine Fragen haben ihn nicht nur die bequemere Auto-Variante vergessen lassen; sie haben ihm auch die Sinne geöffnet, und er hat die Eindrücke auf der Fahrt bewusster wahrgenommen und genossen.
Neugier und geistige Offenheit
Die Neugier der explorativen Lernerinnen und Lerner hat wenig mit Sensationslust oder der Gier nach Neuigkeiten zu tun. Es ist vielmehr ein Entdeckungs- und Erkenntnisdrang, ein tiefes Bedürfnis, sich selbst und die Welt besser zu verstehen, dazuzulernen und den Lernprozess kreativer anzugehen.
Diese Neugier erfordert geistige Offenheit, was für manche Menschen schwierig ist. Sie sind zwar neugierig, doch wenn sie von einer Idee hören, die nicht ganz in ihr Denkschema passt, wird sie abgelehnt. Wer in einer Sitzung einen neuen Vorschlag bringt, kann ein Liedchen davon singen: Man sieht sich sogleich einem Dutzend Argumente ausgesetzt, warum die Idee nicht funktionieren kann. Wie kommt das? Neue Ideen können anstrengend sein, weil man seine geistige Bequemlichkeitszone verlassen, sich in etwas Neues hineindenken und umdenken muss. Für manche Menschen sind neue Ideen oder andere Ansichten wie schlechte Träume: Sie rufen Ängste hervor und sind schwierig zu verstehen.
Ganz egal, woher eine Idee stammt: Versuchen Sie, Neuem und Anderem gegenüber möglichst unvoreingenommen zu sein. Wenn Sie geistig offen sind, kann Neues und Andersartiges unglaublich inspirierend sein. Es ist kein Zufall, dass Mihaly Csikszentmihalyi bei seiner Untersuchung hoch kreativer Persönlichkeiten neben der Neugier auch die Offenheit als wichtiges Charakteristikum erwähnt. Kreative Menschen haben einen offenen Geist. Sie beherrschen die Kunst, gute Ideen als solche zu erkennen, und können sich dadurch auch Erfahrungen anderer Menschen zunutze machen.
Geistig offen zu sein heißt indes nicht, gleich jede Idee willkommen zu heißen und Neuerungen unkritisch zu übernehmen. Es muss längst nicht alles Neue besser sein. Man darf Neues ruhig verwerfen und eine andere Meinung haben. Wichtig ist jedoch der Respekt vor Andersartigem. Lassen Sie andere Ideen gelten, auch wenn sie Ihnen persönlich nicht gefallen.
Geistige Offenheit gilt im Übrigen nicht nur für Neues, sondern genauso für Altbekanntes. Versuchen Sie, längst Vertrautes so zu betrachten, als wäre es das erste Mal. Selbst wenn Sie ein Kapitel schon mehrere Male gelesen haben, werden Sie beim Wiederlesen versteckte Anhaltspunkte finden und Neues entdecken, sofern Sie ganz bewusst danach Ausschau halten. Und für ein altes Problem lässt sich oft durch eine offenere Betrachtungsweise ganz unvermittelt doch noch eine Lösung finden.
Kultivieren Sie Ihre Neugier
Neugier ist der Motor für explorative Geister. Sie hilft, Befürchtungen und Unlust zu überwinden und eine Menge kreativer Energie freizusetzen. Dank der Neugier können Dinge, die einem zunächst uninteressant erscheinen, plötzlich interessant und spannend werden. Denn man gräbt tiefer und erfährt dadurch mehr.
Dazu kommt, dass wir mit einer neugierigen Explorerhaltung auch Probleme und Fehler anders sehen: Es sind nicht Katastrophen, die das Ego bedrohen, sondern Herausforderungen, mithilfe derer wir dazulernen und klüger werden können.
Die Neugier wirkt als universelle Antriebskraft, die uns das Tor zum Lernen, zur Selbsterkenntnis und zum besseren Verständnis der Welt auftut. Wenn Sie mehr über sich und die Welt wissen wollen, lohnt es sich, diese forschende Geisteshaltung wie ein kostbares Pflänzchen zu hegen und zu pflegen – Ihre Neugier zu kultivieren.
Dass ich verloren habe, hat keinen Einfluss auf die Anlässe, die nun folgen.
ROGER FEDERER
Erlauben Sie sich, neugierig zu sein
Dazu müssen Sie sich zunächst erlauben, neugierig zu sein. Vielleicht wurde Ihr Wissensdrang irgendwann unterbunden, vielleicht wurde der Zugang zur Neugier durch sinnloses Faktenbüffeln verstopft. Möglicherweise möchten Sie auch nicht als neugierig gelten und zu viele Fragen stellen. Denn dies könnte einen dumm erscheinen lassen, oder man könnte wie ein Streber wirken. Bedenken Sie: Es geht um Sie und Ihre persönliche Entwicklung. Legen Sie verschüttete Zugänge zur Neugier wieder frei und pflegen Sie diese Kräftequelle, wann immer es geht.
Um die Neugier zu wecken, bedarf es zu Beginn der Inspiration. Machen Sie, was viele kreative Menschen tun: Führen Sie ein Ideenheft. Achten Sie auf gute Ideen und auf Dinge, die Ihr Interesse wecken, und nehmen Sie diese darin auf. Ich sammle zum Beispiel seit geraumer Zeit Ausschnitte aus Zeitungen, Zeitschriften und Büchern und auch Aphorismen und Bilder, die mich aus irgendwelchen Gründen faszinieren. Ich klebe sie in ein Ringheft und versehe sie jeweils noch mit Bemerkungen und dem Datum. Diese Hefte sind mittlerweile zu Schatztruhen geworden. Es ist äußerst anregend, darin zu blättern, und ich merke jeweils beim Durchstöbern der Seiten, wie sich manche dieser Ideen bereits in meinem Kopf weiterentwickeln und verändern.
Fangen Sie zudem an, sich häufiger Fragen zu stellen: Wann? Wer? Wie? Was? Wie viel? Wo? Was wäre, wenn …? Was bedeutet …? Und vor allem: Warum? Warum? Warum?, um den Dingen auf den Grund zu gehen. Versuchen Sie, für auftauchende Fragen befriedigende Antworten zu finden. Suchen Sie in Lehrwerken und im Internet und diskutieren Sie mit Kollegen.
Wenn Sie tiefer graben, kann sich aus der anfänglichen Neugier bald Interesse entwickeln. Das heißt, dass Sie eine geistige und gefühlsmäßige Verbindung zu den Dingen aufbauen.
Niemand ist so uninteressant wie ein Mensch ohne Interesse.
JOHN MASON BROWN
Für Fokus statt Verzettelung sorgen
Die Neugier kultivieren heißt nicht nur, diese stärker zu pflegen. Es bedeutet auch, selektiv zu sein und Auswüchse wieder wegzukappen. Denn allzu vielen Dingen nachzugehen kann rasch zur Verzettelung führen. Und wenn Sie sich zu stark verzetteln, verlieren Sie bald sich selbst. Es ist deshalb wichtig, sich immer wieder auf seine Ziele zu besinnen, sich klarzumachen, in welcher Richtung man sich entwickeln will, und diesen Fokus zu verinnerlichen (siehe auch Seite 233).
Während der Arbeit an diesem Kapitel stieß ich in der Zeitung auf ein wunderbares Beispiel von Fokussierung, und zwar in einem Interview mit dem ehemaligen Zürcher Regierungsrat Markus Notter.6 Er versucht, in seiner Freizeit ein meisterhafter Koch und Bäcker zu werden, und versteht es, seinen Erkenntnisdrang zu fokussieren. Mittlerweile zum Gugelhopf-Experten geworden, geht er folgendermaßen vor:
Es läuft immer gleich: Ich suche mir ein Thema und beschäftige mich so lange damit, bis ich alles darüber weiß und das Gefühl habe, dass ich es kann. Richtig gut kann, meine ich. Das war schon so mit selbst gemachter Pasta. Nudelholz, verschiedene Mehlsorten, Eier oder nur »Grano duro«– ich habe zwei Jahre lang alle Varianten und Tricks ausprobiert, bis ich den Eindruck hatte, nun hab ich die Pasta-Produktion im Griff. Und dann folgte dieselbe Geschichte mit dem Gugelhopf (…). Auf den Gugelhopf gekommen bin ich in einer Konditorei in Straßburg, deren Namen ich leider nicht mehr weiß. Und dieser »Elsässer«, der war eine Offenbarung.
Zwar kann man im Studium längst nicht immer auf vergleichbare Weise in die Tiefe gehen. Ich habe Ihnen dieses Beispiel vor allem geschildert, um zu illustrieren, was Fokus im Gegensatz zu Verzettelung bringt – wie befriedigend es sein kann, voll auf ein Thema zu setzen und die Neugier und Explorerlust zu bündeln.
Sobald jemand in einer Sache Meister geworden ist, sollte er in einer neuen Sache Schüler werden.
GERHART HAUPTMANN
Was hat dieses Kapitel über die Neugier bei Ihnen bewirkt? Möchten Sie Ihre Neugier kultivieren? Wenn ja, schreiben Sie Ihre Vorsätze auf. Und packen Sie es gleich an!