I. Arbeitsrecht in Zeiten von Corona – Einführung
1. Finanzielle Folgen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
2. Arbeiten in Zeiten der Pandemie
II. Lohnrisiko, Entgeltfortzahlung und die Hoffnung auf staatliche Entschädigung
1. Die Klassiker: Wirtschafts-, Wege- und Betriebsrisiko
2. Persönliche Verhinderung
3. Staatliche Entschädigung
4. Fazit und praktische Erwägungen
III. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld – Voraussetzungen und Problemfelder
1. Zweck und Zielsetzung von Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld
2. Einführung von Kurzarbeit
3. Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld
4. Fazit
IV. Praktische Schritte zur Einführung von Kurzarbeit im Betrieb und zur Bewilligung von Kurzarbeitergeld
1. Rechtsgrundlage zur Einführung von Kurzarbeit im Betrieb
2. Anzeige des Arbeitsausfalls bei der Agentur für Arbeit
3. Beantragung von Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit
4. Abrechnungsverfahren
V. Bezugsdauer und Bemessung der Höhe des Kurzarbeitergeldes
1. Dauer des Bezugs von Kurzarbeitergeld
2. Bemessung der Höhe des Kurzarbeitergeldes
VI. Kurzarbeit und Lohnfortzahlung
1. Kurzarbeitergeld und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
2. Kurzarbeitergeld und Entgeltfortzahlung am Feiertag
5 3. Kurzarbeitergeld und Urlaubsentgelt
4. Kurzarbeitergeld und die Lohnfortzahlungspflicht nach § 616 BGB
5. Zum Erstattungsanspruch nach § 56 IfSG
6. Fazit
VII. Urlaub und Beurlaubung in Zeiten der Krise
1. Anpassung von Urlaub in der Krise
2. Urlaub im Verhältnis zur Kurzarbeit
VIII. Arbeitsschutz in Zeiten der Pandemie – Corona-Verordnungen der Länder, Arbeitsschutzstandard, Arbeitsschutzregel und rechtliche Risiken bei fehlerhafter Umsetzung
1. Die arbeitsvertragliche Fürsorge- und Schutzpflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitern
2. Öffentlich-rechtliche Schutzpflichten des Arbeitgebers in Zeiten der Pandemie
3. Arbeitsrechtliche Folgen eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen seine Fürsorge- und Schutzpflicht
4. Straf- und ordnungsrechtliche Folgen eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen die Fürsorge- und Schutzpflicht
IX. Arbeitsschutz durch die Corona-Warn-App? − Praxishinweise für Arbeitgeber
1. Hintergrund und Funktionsweise der Corona-Warn-App
2. Keine Installations- bzw. Nutzungspflicht im Wege des Direktionsrechts
3. Individualrechtliche Folgefragen
4. Kollektivrechtliche Folgefragen
5. Fazit
X. Home Office in Zeiten von Corona: Was Arbeitgeber jetzt berücksichtigen sollten
1. Kein gesetzlicher Anspruch auf Home Office
2. Datenschutz und Datensicherheit
3. Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte des Betriebsrats
4. Fazit
6 XI. Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat in der Covid-19-Krise
1. Handlungsoptionen der Betriebspartner
2. Beschlussfassung per Telefon oder Videokonferenz?
3. Fazit: Zurückhaltung beim Ruf nach dem Gesetzgeber!
XII. Formerfordernisse für Kündigungen in Zeiten von Corona
1. Beendigung eines Arbeitsvertrags
2. Besonderheiten bei Dienstverträgen von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern
3. Fazit
XIII. Von der Kurzarbeit in die Restrukturierung – Identifizierung und Vermeidung von Stolpersteinen für den Personalabbau
1. Unternehmerische Entscheidung: Vorübergehender oder dauerhafter Arbeitsausfall
2. Auswirkungen betriebsbedingter Kündigungen auf den Bezug des Kurzarbeitergelds
3. Übergang in die Transfergesellschaft
4. Fazit
XIV. Unternehmensmitbestimmung während der Covid-19-Krise
1. Umgang mit laufenden Wahlverfahren
2. Zur Überbrückung: Gerichtliche Ersatzbestellung
3. Probleme bei laufenden SE-Umwandlungen
4. Fazit
Anmerkungen
Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt, Hamburg und Rechtsanwalt Dr. Ulrich Sittard, Düsseldorf, München
Die nun schon über ein Jahr andauernde Corona-Pandemie und die Folgen der damit verbundenen „(Teil-)Stilllegung“ des öffentlichen Lebens führen zu einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Herausforderungen.
Auch die 2. Auflage dieses Sonderhefts beginnt mit Beiträgen zum Themenkomplex der finanziellen Folgen der Pandemie und des sog. Shutdowns. Am Anfang steht eine Darstellung zu Fragen des Lohnrisikos und der Entgeltfortzahlung in unterschiedlichen Konstellationen. Hohenstatt/Krois beschäftigen sich mit der grundlegenden Frage, wer in Zeiten von behördlichen Betriebsschließungen, Kontaktverboten und Ausgangsbeschränkungen das wirtschaftliche Risiko trägt, das mit den daraus resultierenden Arbeitsausfällen einhergeht. Zudem beleuchtet der Beitrag die arbeitsrechtlichen Folgen von Berufsausübungsverboten bzw. einer Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) sowie der – im Laufe des Jahres 2020 schon wieder angepassten – Neuregelung des § 56a IfSG zur Verdienstausfallentschädigung bei Arbeitsausfall wegen nicht vermeidbarer Kinderbetreuung.
In vielen Konstellationen bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Arbeitgeber das Wirtschaftsrisiko trägt und deshalb verpflichtet ist, die Vergütung fortzuzahlen, auch wenn er die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer in der Krise nicht „verwerten“ kann. Statt auf Kündigungen setzen viele deutsche Unternehmen in der Corona-Krise auf das Mittel der Kurzarbeit, das schon in der Finanzkrise 2008/2009 ein starkes Ansteigen der Arbeitslosigkeit vermieden hat. Bundesweit haben in der Corona-Krise von Januar bis April 2020 im Schnitt 268.570 Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Das waren fast fünfmal so viele wie im Jahr der Finanzkrise 2009. Dabei ist „Kurzarbeit Null“, also die Reduzierung der Arbeitszeit auf „null“, in vielen Bereichen immer noch Realität, wie zB in der Veranstaltungsbranche oder – wieder – in der Gastronomie. Deshalb setzen sich Eckert, Kammann, Szigetvari und Schwarzer in ihren Beiträgen mit praktischen Fragen der Kurzarbeit und des Kurzarbeitergeldes (KUG) und den jüngsten gesetzlichen Änderungen in diesem Bereich auseinander. So werden nicht nur die Folgen des „Gesetzes zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ und des „Sozialschutz-Pakets II“ dargestellt, sondern auch die Folgen der auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen erläutert. Zudem sind alle aktuellen Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zum KUG berücksichtigt, die für die praktische Handhabung des zweistufigen Verfahrens (Anzeige des Arbeitsausfalls und anschließende Beantragung von KUG) bei der Agentur für Arbeit von großer Bedeutung sind. Das beginnt bei der zentralen Frage, bei welcher Agentur für Arbeit betroffene Arbeitgeber die Anzeige und später den Antrag auf Erstattung einreichen, reicht über die Berechnung von Sonderzahlungen bis hin zu Fragen des Zusammenhangs von Urlaub und Kurzarbeit.
Häufig werden in der Praxis Kurzarbeit und KUG nicht streng getrennt. Kurzarbeit ist als rein arbeitsrechtliche Maßnahme die Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit. Dabei muss die regelmäßige Arbeitszeit wirksam reduziert werden, was durch Tarifvertrag oder Änderung des Individualarbeitsvertrags erfolgen kann; eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Stuttgart lässt in diesem Zusammenhang „aufhorchen“: Die außerordentliche Änderungskündigung zur Einführung der Kurzarbeit wird von der 11. Kammer für zulässig gehalten (Urteil vom 22.10.2020 – 11 Ca 2950/20). Wenn auch rechtsdogmatisch nicht unproblematisch, ist es gängige und auch in der Corona-Krise gelebte Praxis, die Arbeitszeitreduzierung mit dem Betriebsrat zu vereinbaren, dem jedenfalls das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zusteht. Die reduzierte Arbeitszeit ist wiederum Grundlage für das staatliche KUG, das einen Entgeltausfall zur zwingenden Voraussetzung hat. Eckert und Kammann stellen deshalb die Voraussetzungen für Kurzarbeit und KUG in zwei Beiträgen dar. Szigetvari erörtert in seinem Beitrag die Bezugsdauer und praktische Fragen der Bemessung des KUG. Auch die Erhöhung des KUG durch das sog. „Sozialschutz-Paket II“ vom 28.5.2020 bei Kurzarbeit ab dem vierten bzw. siebten Monat wird hier dargestellt. Ausgangspunkt für die Bemessung des KUG ist dabei weiterhin die sog. Nettoentgeltdifferenz nach § 106 SGB III. Zur deren Ermittlung bedarf es der Festlegung des Soll-Entgelts, also des Entgelts, das der Arbeitnehmer ohne Kurzarbeit erhalten hätte, und des Ist-Entgelts, dh des Entgeltanspruchs 8bei Kurzarbeit. Zwar gibt es auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit einen Online-Rechner zur Ermittlung des KUG. Aber schon die erste Eingabe, nämlich die des regulären Bruttoentgelts, bereitet in der Praxis Schwierigkeiten. Wie werden zB Provisionen in das Bruttoentgelt eingerechnet? Welche Folgen haben Einmalzahlungen? Hier liefert der Beitrag von Szigetvari praktische Antworten. Anschließend zeigt Schwarzer auf, welche Konstellationen in Zusammenhang mit KUG und Entgeltfortzahlung sowie Urlaub denkbar sind – eher kontraintuitiv führt der Zeitpunkt der Erkrankung bspw. zu grundlegend anderen Ergebnissen.
Knoll/Bier beantworten in ihrem Beitrag die sich gerade jetzt zum Beginn des Urlaubsjahres 2021 häufig stellende Frage, ob Arbeitgeber einseitig Urlaub anordnen dürfen – die Frage ist sowohl bei Arbeitgebern, die Kurzarbeit einführen wollen, als auch bei solchen relevant, die genau das durch (kollektive) Urlaubsgewährung vermeiden wollen. § 7 Abs. 1 BUrlG und die dort angeführten „dringenden betrieblichen Belange“ können dem Arbeitgeber durchaus einen gewissen Handlungsspielraum verschaffen. Zudem werden die Zusammenhänge zwischen Urlaub und Kurzarbeit dargestellt, die sich durch die Fachliche Weisung der Agentur für Arbeit vom 23.12.2020 nochmals geändert haben.
Im zweiten Teil dieses Sonderhefts beschäftigen sich die Autoren mit der Frage der Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Betriebsrat in der aktuellen Krisensituation. Bertke/Reinbach stellen die Bedeutung der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht einschließlich der arbeitsschutzrechtlichen Aspekte dar – dabei geht es im Wesentlichen um den Schutz der Arbeitnehmer vor Infektion mit dem Coronavirus und konkrete Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber, um ihren Schutzpflichten nachzukommen. Zugleich werden die Risiken für Arbeitgeber, die bis ins Strafrecht reichen können, dargestellt.
Die Pandemie hat ganze Unternehmen ins Home Office gezwungen. Der Beitrag von Granetzny/Markworth behandelt sowohl die insoweit bestehenden Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten als auch datenschutzrechtliche Aspekte. Zwar haben viele Unternehmen die Umstellung auf die mobile Arbeit gut gemeistert; gerade die datenschutzrechtlichen Fragen werden aber umso wichtiger, je länger die Arbeit außerhalb des Betriebs dauert.
Der Umstand, dass in vielen Unternehmen die Betriebe leer sind, sei es wegen „Kurzarbeit Null“ oder kollektivem Home Office, erschwert auch die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Inzwischen ist die „virtuelle Betriebsratsarbeit“ aufgrund der Kontaktbeschränkungen und vieler geschlossenen Betriebe und Büros genauso Realität wie Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat per „Skype“, „Teams“ oder „Zoom“. Nachdem die „Ministererklärung“ von Arbeitsminister Hubertus Heil, der die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Sitzungen „online“ „für zulässig erklärt“ hat, den Anfang machte, zog der allein zuständige Gesetzgeber nach und schuf § 129 BetrVG, der aber zunächst bis Ende 2020 befristet war. Nach dieser Sonderregelung darf der Betriebsrat virtuell tagen und beschließen. Am 27.11.2020 hat nach dem Bundestag auch der Bundesrat das Beschäftigungssicherungsgesetz verabschiedet. Darin enthalten ist auch die Regelung zur Verlängerung des § 129 BetrVG, der nun bis zum 30.06.2021 gilt. Krois behandelt die gesetzliche Neuregelung und zeigt die praktischen Folgen auf.
Kündigungen von Arbeits- und Dienstverträgen sind auch während des pandemiebedingten „Ausnahmezustands“ erforderlich. Mit den praktischen Fragen hinsichtlich der formellen Wirksamkeit von Kündigungen, die aufgrund der eingeschränkten persönlichen Erreichbarkeit von Kündigungsberechtigten besondere Relevanz haben, beschäftigen sich Monz/Wendler in ihrem Beitrag.
In einem neuen Beitrag setzen sich Sittard/Müller mit Restrukturierungen und dem Personalabbau in Zeiten der Corona-Pandemie auseinander. Dabei wird insbesondere dargestellt, welche Herausforderungen beim Wechsel von der Kurzarbeit in die Restrukturierung bestehen und was Arbeitgeber in diesem rechtlich anspruchsvollen Umfeld bedenken sollten.
Krois/Wendler setzen sich damit auseinander, wie trotz der Corona-Krise bei mitbestimmten Gesellschaften auch Arbeitnehmervertreter neu gewählt werden können. Die aktuell geltenden Einschränkungen beeinträchtigen auch die hierfür vorgesehenen Wahlverfahren und werfen die Frage auf, wie die Besetzung der Aufsichtsräte sichergestellt werden kann.
Last but not least zeigen Burmeister/Fuchs im zweiten komplett neuen Beitrag die arbeitsrechtlichen Aspekte der Corona-Warn-App auf. Ua beschäftigt sich dieser Beitrag mit Fragen der Nutzungspflicht für Arbeitnehmer und der notwendigen Einbindung des Betriebsrats.