Die Verfluchten von White Peak

Die Verfluchten von White Peak

Königreiche von Haven

Mila Young

Contents

Danke

Landkarte

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Kapitel Einundzwanzig

Kapitel Zweiundzwanzig

Kapitel Dreiundzwanzig

Kapitel Vierundzwanzig

Kapitel Fünfundzwanzig

Kapitel Sechsundzwanzig

Kapitel Siebenundzwanzig

Kapitel Achtundzwanzig

Über Mila Young

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Bücher der Königreiche von Haven Serie

Die Gejagte Von Terra - Rotkäppchen

Die Verfluchten von White Peak - Die Schöne und das Biest

Die Diebestochter von Wildfire - Rapunzel

Die Verfluchten von White Peak

Ein Buch der Königreiche von Haven Serie


Die Schöne und die vier Biester. Ein tödlicher Fluch. Ein gefallenes Königreich.

Da die Magie im menschlichen Königreich verbannt wurde musste Bee, eine mächtige Hexe ihre Dienste im Geheimen anbieten. Als die Bitte, einen Fluch in den gefährlichen Bergen bei den adligen Bärenwandlern zu brechen Bee erreicht, zögert sie erst aber da es Winter ist und das Geld knapp wird, sagt sie zu.


Im Schloss stellt Bee fest, dass die Dinge nicht so sind, wie man sie glauben ließ. Der Fluch, den Bee brechen soll hat seinen Höhepunkt erreicht und entzog dem Prinzen die Lebenskraft während er ihn davon abhielt, seine Gestaltenwandlerfähigkeiten zu kontrollieren. Er ist unberechenbar, wütend und weit stärker, als sie erwartet hatte. Seine Brüder, die sie beauftragt hatten, stellen sie vor eine Herausforderung - es in Ordnung zu bringen oder alles zu verlieren.


Schon bald breitet sich der Fluch im Schloss aus, befällt auch die Brüder. Es ist ein Rennen gegen die Zeit, angerichtet mit dunkler Magie, Intrigen und einer seltsamen Anziehungskraft, die sie die vier Brüder in einem anderen Licht betrachten lässt.

~

  

Jedes neu erzählte Märchen ist ein eigenständiges Buch mit einem glücklichen Ende!

Königreiche von Haven

Die Königreiche von Haven lagen über Jahre hinweg im Krieg. Verzweiflung herrschte über das Land sowie auch seine Bewohner. Um dem Töten und der Zerstörung ein Ende zu bereiten wurde das Reich in sieben Königreiche aufgeteilt, eines für jede Rasse, beherrscht vom Adel, der damit betraut wurde die Waffenruhe zu wahren. Über Jahrhunderte hinweg erhoben sich Königreiche und fielen, die Mächte der Regierenden nahmen zu und schwanden. Und der Frieden zwischen den Ländern bestand. Aber die Korruption wuchs, brachte Dunkelheit über die Königreiche und es drohte die Rückkehr von Krieg und Leiden nach Haven.

Kapitel Eins

„Ist dies eine versaute Geschichte?“, flüsterte Ariella, als sie sich gegen mich lehnte, während sie nach links und nach rechts blickte, und Kunden beobachtete, die zwischen den geöffneten Marktständen umher schlenderten. Sie zog ihre Wollmütze nach unten um ihre Feenohren zu verstecken und ihre weißen Haare wehten über ihren Schultern im Wind. Nicht-Menschen war es verboten nach Terra zu kommen, aber das hielt Ariella nicht davon ab, gefährlich zu leben und dorthin zu reisen, um ihre Bücher zu verkaufen. Und das liebte ich an ihr. Naja, es gab einen Grund dafür, dass sie gefährlich lebte—sie konnte von ihren Verkäufen gut leben. Aber trotzdem liebte ich sie für ihre Kühnheit.

Sie grinste und ihre blassen blauen Augen mit einem Hauch von Lavendel wurden schmäler, während sie sich über mich lustig machte.

Ich rollte mit den Augen. Wieso nahmen alle meine Freunde an, dass ich schmutzige Liebesgeschichten schrieb? Erst Scarlet, dann Hans im Kaffeeladen und jetzt Ariella. Ich gab zu, manchmal hatte ich mir solche Szenen ausgedacht, da wenn sich zwei Menschen verliebten, das nun mal zu einer verruchten Nacht voller Leidenschaft führte.

„Es ist eine Romanze“, korrigierte ich sie. Sex war nichts Neues für mich aber wahre Liebe war nichts, was ich schon am eigenen Leib erfahren hatte. Ich hatte gesehen, wie meine Eltern miteinander umgegangen sind. Sich gegenseitig in schweren Zeiten unterstützen, über die dummen Witze des anderen lachen und sich küssen, wenn sie dachten, ich würde nicht hinsehen. Dies war die Art Beziehung nach der ich mich sehnte… eines Tages. „Es geht um die Abenteuer meiner Heldin in einer neuen Welt und sie trifft zufällig die richtige Person, mit der sie ihr Leben verbringen möchte. Mensch, Mädchen. Hör mit den schmutzigen Gedanken auf.“

Ariella lachte. Ihr Gesicht strahlte dieses pure Gefühl des Glücks aus und sie schubste mich mit einem Stoß gegen meine Schulter. „Du musste mich zu den Drachenmärkten im Wildfire Königreich begleiten. Einige Händler verkaufen dort perverses Spielzeug. Die sind dein Publikum und du kannst dort sogar persönlich deine Bücher signieren. Sie würden dich lieben.“

„Machst du Scherze? Was, wenn mich jemand erkennt und es meinem Vater erzählt?“ Allein der Gedanke daran bereitete mir Schweißausbrüche. „Und ich habe davon gehört, wie verrückt diese Märkte sind. Dort gibt es Meuchelmörder und Voodoo Hexen. Nein Danke. Obwohl ich dein Angebot, die Gegend zu besuchen, aber annehmen würde.“

Ariella reiste durch die Königreiche von Haven auf der Suche nach Aufträgen um Geld zu verdienen, aber ich würde meine Welt nicht gegen ihre eintauschen wollen. Sie war eine Prinzessin im Exil und wurde zu Unrecht beschuldigt, ihre ganze Familie abgeschlachtet zu haben. Es schien ganz gleich, dass sie von einem Zauber besessen war, der sie in einen tiefen Schlaf fallen ließ, während der wahre Angreifer ihre Angehörigen umgebracht hatte.

Meine Nackenhaare stellten sich auf, als würde ich beobachtet werden, und ich wandte meinen Kopf herum, um ein altes Pärchen nahe dem Bäckerstand zu entdecken, die in unsere Richtung starrten. Hatten sie unsere Unterhaltung belauscht? Ins Gefängnis geworfen zu werden wegen dem Verbreiten von Geschichten, die sie als ‚verhexte Unsittlichkeit‘ einstuften, stand heute nicht auf meiner Agenda.

Ariella zog mich näher an sich und ihr Vanilleduft stieg mir in die Nase. „Ich erinnere mich an die Szene, die du mir vor einiger Zeit zum Lesen gegeben hast.“ Ihre Stimme wurde tiefer und sie spielte mit ihren Fingern. „Sie brennt noch immer in mir. Du hast eine wilde Vorstellungskraft, aber ich bin mir sicher, dass Männer noch nicht mal die Hälfte der Dinge, von denen du schreibst, anstellen.“

Ich drehte den Spannern meinen Rücken zu. „Komm schon. Tu nicht so unschuldig. Die meisten Männer sind scharfe Bastarde. Und Frauen werden meine Geschichte lieben.“ Ich steckte ihr die fünf in Leder gebundenen Bücher zu. Vater hatte eine kleine Druckmaschine erfunden um seine niedergeschriebenen Erfindungen zu reproduzieren, die ich heimlich benutzte um Kopien meiner Bücher anzufertigen. „Du sagtest, dass es potenzielle Kunden in Wildfire gibt. Wenn ihnen diese gefallen, kann ich weitere Kopien anfertigen. Wir teilen den Gewinn durch zwei.“ Ich hielt den Atem an und sah zu, wie sie auf die Bücher hinabschaute, an denen ich Monate geschrieben hatte. Da Vater seit Wochen keine seiner Erfindungen verkaufen konnte, wollte ich verzweifelt dabei helfen, die Schulden für unser Haus zu bezahlen, bevor es verloren.

Sie rümpfte die Nase als sie sich den Bucheinband ansah. „Wer ist Mila Young?“

Ich kicherte. „Das ist mein Künstlername. Mein Vater darf nie herausfinden, dass ich sie geschrieben habe. Ich würde mich zu Tode schämen.“

Der süße Duft von gegrilltem Mais stieg mir in die Nase und mein Magen knurrte, aber ich hatte noch Proviant im Rucksack, den ich verspeisen würde, nachdem wir den Markt verlassen hatten. Ich richtete die Träger auf meinen Schultern. Alle möglichen Stimmen drangen aus den Geschäften im Innenhof, die alle voller Leute waren. Meine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf Ariella. Ich hatte sie hier vor ein paar Monaten kennengelernt und natürlich fühlte ich mich von ihrem Verkaufsstand angezogen. Die meisten ihrer Bücher hatte ich gelesen, aber sie trafen nicht so ganz meinen Geschmack. Also schrieb ich stattdessen selbst Märchen, die auch ich gerne lesen würde.

„Die meisten Leute interessieren sich für Reisen in andere Königreiche, das Drama der königlichen Familien, und wie man sich um einheimische Tiere kümmert.“

„Langweilig.“ Ich nahm ihre Hand. „Bitte versuche es wenigstens. Mehr verlange ich gar nicht.“

Eine Brise wirbelte mir durchs Haar, ließ meine kastanienbraunen Strähnchen durchs Gesicht tanzen und ein Schauer lief mir den Rücken hinunter, so wie jedes Mal, wenn die Göttin mir eine Warnung zukommen ließ. Ich beobachtete die Reihen der Händler, die Nahrungsmittel, Bekleidung, Pflanzen und sogar handgemachtes Spielzeug verkauften. An der Ecke des Markts war mein Vater. Seine Fäuste ruhten auf seinem Bauch und er war zwei Wachmännern zugewandt. Mein Magen sank mir in die Kniekehlen. Wieso sprachen sie mit ihm? Hatte jemand von meinen Büchern erfahren?

Die Wachmänner unterstanden der Priesterin und sprachen mit den Leuten aus zwei Gründen: entweder wollten sie die Waren, die die Händler anboten, umsonst haben, oder sie verhafteten jemanden.

„Ich muss gehen.“ Ich drückte die Bücher zurück in Ariellas Arm. „Für mich, probiere es einfach. Bitte. Und wenn du heute Nacht einen Ort zum Schlafen brauchst, mein Zimmer ist frei. Für die nächsten paar Tage werde ich unterwegs sein.“ Und ich musste mich allmählich in Bewegung setzen. Ich hatte schon einige Tage Verspätung um eine Freundin, Elliana, in der Taverne zum Goldenen Schloss im White Peak Königreich zu treffen. Es beschäftigte mich, dass sie wahrscheinlich schon die Hoffnung, mich anzutreffen, verloren hatte. Ich betete, dass dem nicht so war.

Ich warf einen Blick über meine Schulter und sah wie der Wachmann mit einer von Vaters Erfindungen hantierte: seinem gepanzerten Nachttisch mit einer abnehmbaren Tischplatte, die sich zu einem Schild umfunktionieren ließ, komplett mit einem Armriemen und einer Schnalle auf der Unterseite. Das einzige Tischbein diente gleichzeitig als Schläger. Der perfekte Schutz falls jemand mitten in der Nacht in dein Haus einbrach, so argumentierte er. Was auch der Grund dafür war, warum ich einen in meinem Schlafzimmer hatte.

„Aber nur für dich.“ Ariellas Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Ich lese sie zuerst und zeige sie dann einigen meiner Kunden, die interessiert sein könnten. In Ordnung?“ Sie verstaute sie unter ihrem Marktstand.

„Dankeschön.“ Ich umarmte Ariella. „Du bist die Beste.“

„Jeder Zeit, und vielleicht nehme ich Dein Angebot bezüglich heute Nacht an.“

„Gute Idee. Vater genießt deine Gesellschaft und liebt es, deinen Geschichten über Darkwoods zu lauschen.“ Meine Eltern hatten mich dazu erzogen, jeden in unserem Haus willkommen zu heißen, der Hilfe brauchte, unabhängig von der Rasse. Flüchtling oder nicht. Und Ariella schlich sich immer in den frühen Morgenstunden nach Terra, wenn die Wachleute noch nicht auf Patrouille waren.

Sie löste sich aus unserer Umarmung und wandte sich einer Frau mit einem kleinen Kind zu, die auf den Stand zusteuerte. Ariella zog ihren Hut tiefer.

Ich zog mir den Träger meiner Tasche wieder hoch, der mir die Schulter hinuntergerutscht war, und eilte durch die Menge. Drei Männer ließen sich nicht davon abbringen, mir den Weg zu blockieren, also raste ich um sie herum. Jemand trat mir auf den Fuß und ich zuckte zusammen. Dies war der Grund warum ich die Märkte hasste. Die Leute verhielten sich, als ob die Welt zu Ende ging, schubsten und stritten sich um Waren. Was würde ich dafür geben in der Sonne zu liegen, die Ruhe zu genießen und zu schreiben.

Ich drängte mich durch die Menge am Süßigkeitenstand, stolperte vorwärts und fiel meinem Vater in die Augen. Hinter ihm stand Santos, sein neuester Rekrut. Santos hatte für meine Freundin Scarlet in ihrem Kräuterladen am Rande des Dorfs gearbeitet, aber seit Kurzem hatte sie Probleme mit den Wachmännern und das Dorf auf unbestimmte Zeit verlassen. Bis Scarlet ihre Angelegenheiten wieder geordnet hatte, assistierte Santos meinem Vater mit seinen Erfindungen gegen eine kleine Beteiligung an allem, was er verkaufte.

Der Wachmann, der kein einzelnes Haar mehr hatte, ließ Vaters Kreation auf den Boden fallen und das Bein brach entzwei. „Entspricht nicht unseren Qualitätsstandards.“

„Was geht hier vor?“ Ich knirschte mit den Zähnen und schob mich an dem Wachmann vorbei. In mir kochte es, wie konnten sie es nur wagen, uns zu belästigen? Dies war auch nicht das erste Mal.

Schnell ging ich in die Hocke um die zerbrochenen Stücke aufzusammeln. Ich hatte es leid vorzutäuschen, dass es in Ordnung war, dass diese Trottel die Leute umherschubsten. Hatte es leid nachzugeben und hatte es auch leid, mich an Gesellschaftsregeln zu halten, die nicht zugunsten der Mehrheit waren.

„Es ist schon in Ordnung“, sagte mein Vater mit zitternder Stimme, als er mir den oberen Teil des Tischs abnahm.

Niemand traute sich aus Furcht vor Gefangenschaft ein Wort gegen die Wachmänner zu sagen, aber ich hatte genug von ihrem Mist. Sie hatten die gleiche Nummer letzte Woche abgezogen als sie unsere Vorratstruhe zerstört hatten. Also wandte ich mich dem Rindvieh zu und hielt das hölzerne Bein hoch in meiner Hand, mit dem spitzen Ende nach oben. „Ich weiß, warum ihr das macht.“

Seine Unterlippe zuckte und unter seiner steinernen Mine schien sich etwas zu verändern. Mitgefühl? Zweifelhaft. „Bee. Das ist nicht deine Angelegenheit. Die Erfindungen deines Vaters sind eine Gefahr für die Gesellschaft.“ Er sprach, als ob wir genau die gleiche Unterhaltung nicht schon letzte Woche gehabt hatten, und die Woche davor. Jedes Mal schlenderte er an Vaters Stand vorbei und zerstörte unsere Sachen.

„Das ist Quatsch! Du bist nur wegen Tristan ein Arsch!“ Ich war die Idiotin, die schließlich damit angefangen hatte, mit einem Wachmann auszugehen, und obwohl ich schon vor Monaten mit ihm Schluss gemacht hatte, gab das offensichtlich seinen Freunden die Befugnis, meine Familie zu belästigen.

„Bee.“ Vater ergriff meinen Arm und zog mich zurück. „Lass es sein.“

Aber ich hatte mich schon gegen eine Vielzahl Tyrannen in Terra gewehrt und für mich selbst zu einzustehen, war die einzige Art, sich ihnen entgegen zu setzen.

„Hör auf deinen Papi“, grölte der zweite Wachmann und trat gegen die automatische Schuhpoliermaschine. „Ich könnte dich jetzt dafür verhaften, dass du mich mit einer Waffe bedrohst.“

„Wir wollen Ihnen nichts tun.“ Vaters entschuldigende Worte gingen mir auf die Nerven. Er sollte vor diesen Typen, die nur halb so alt wie er waren, nicht katzbuckeln. Vater riss mir das abgebrochene Tischbein aus den Fingern. „Und wir wissen eure Kritik bezüglich der Sicherheit meiner Produkte sehr zu schätzen.“

Ich starrte die beiden Wachmänner an und verabscheute alles, wofür sie standen. Sie beschützten die Leute nicht. In meiner Tasche war ein Beutel mit Kräutern, auf den ich die Hand legte. Mit wenigen Worten und einer Prise meiner Mixtur konnte ich sie lange genug erstarren lassen, damit sich jeder über sie lustig machen konnte. Oder vielleicht würden sie sie mit Eiern bewerfen.

Kunden sahen uns zu, als würden sie nur darauf warten, dass ein Streit ausbrach, und mein Herz hämmerte voller Verlangen, den Wachmännern wehzutun. Sie den Schmerz der Niederlage fühlen zu lassen, so dass sie wissen, wie es sich anfühlt, unterdrückt zu werden. Aber ich hielt mich selbst zurück, bis die Spannung nachließ, ohne eine Spur der Rache zu hinterlassen. Da Magie in Terra verboten war, hatte ich nicht vor mich selbst als Hexe zu offenbaren.

Meine Kräfte hatte ich von meiner Mutter geerbt. Wie auch sie hatte ich es in meinem Blut. Das hieß, ich hatte zwei Seiten der Kraft in mir und wurde unter einem Blutmond geboren. Entscheide dich für eine, sagte Mutter, und, bleib loyal. Ich entschied mich für Letzteres genau wie sie auch. Dunkle Magie hat schreckliche Konsequenzen, darauf beharrte sie und doch erinnerte sie mich immer daran, dass trotz meiner Entscheidung die Dunkelheit in mir lebte, wie in jeder Hexe mit Blutlinie. Als ich aufwuchs, brachte sie mir bei, diesem Drang zu widerstehen, ihn zu zügeln. Interessanterweise aber fand ich es einfacher zu meditieren und mich darauf zu konzentrieren, meine beiden Hälften getrennt zu halten, wenn ich mir meine Romanzen zusammenspann, insbesondere die Sexszenen. So hatten meine Geschichten also einen weiteren Sinn, als nur meine Leser zu unterhalten. Sie brachten mich ins Gleichgewicht und halfen mir, auf der hauchdünnen Grenze zwischen Dunkel und Licht zu balancieren.

Außer Vater und einigen engen Freunden wusste niemand von meiner Magie und ich gab vor, ein normales Mädchen in diesem verschlafenen Dorf zu sein. Obwohl ich meinen Vater liebte, hatte ich nie das Gefühl nach Terra zu passen, aber seit Mutters Tod konnte ich es mir nicht vorstellen ihn zu verlassen.

„Wir lassen dich diesmal noch mit einer Warnung gehen.“ Die Augenbraue des Glatzkopfes hob sich und er und sein blöder Freund trotteten glucksend davon.

„Du solltest sie nicht verärgern, Bee.“ Vater hantierte mit dem zerbrochenen Tischbein und ich war mir sicher, er würde es heute Abend wieder zusammenleimen.

„Sie brauchen Nachhilfe in Manieren“, sagte Santos.

„Ja! Santos versteht es“, rief ich.

Vater gab mir eins der Honigtörtchen die ich gestern Abend gebacken hatte. „Hast du zu Mittag gegessen?“

Kopfschüttelnd nahm ich das Angebot an und stopfte mir die eine Hälfte in den Mund. „Hör zu Vater.“ Ich schluckte den Bissen hinunter. „Ich breche zu dem Nachhilfeauftrag nahe den Bergen auf, von dem ich dir letzte Woche erzählt habe.“ Ich hasste es, ihn anzulügen, aber es war nicht so, als ob ich sagen konnte, hey, ich breche ins Herz des Bärenterritoriums auf, da mich dort jemand angeheuert hat um einen Fluch zu brechen. Er würde mich im Haus einsperren und denken, ich war verrückt geworden. Da ich nebenher Kindern das Lesen und Schreiben beibrachte, glaubte er mir diese Geschichte von Anfang an. Er konnte ahnen, dass ich wie meine Mutter Magie praktizierte, aber ich hatte ihm nie erzählt, wie es sich manchmal anfühlte, als ob ich von der Energie, die in meinen Venen floss, nahezu explodieren würde. Wie bei Vollmond die Dunkelheit in mir nah dran war zu gewinnen und wie hart ich kämpfen musste, um sie wieder tief in mir zu begraben. Ich wollte nicht, dass er sich sorgt, also aß ich mein Törtchen auf und lächelte.

„Die White Peak Berge?“ Santos Gesicht erstarrte und die Knöchel seiner Finger wurden weiß als er mit ihnen die Schuhpoliermaschine ergriff. „Alleine? Du wird sie in die Nähe des Territoriums der Bärenwandler gehen lassen?“

„Sei ruhig, Junge“, sagte Vater und sah sich in der Menge um. „Nicht so laut.“

Als er mich ansah wurden seine Gesichtszüge sanfter und Sorge zeigte sich in seinen Augen. Mit jedem Tag, der verging, hatte ich schwören können, dass er faltiger wurde und sein Haar sich zu einem aschigen Grau entwickelte. Heute war er frisch rasiert. Ich erinnerte mich daran, wie er mich als Kind ins Bett gebracht und mir Geschichten von früher erzählt hatte. Geschichten von damals, als er jünger war, und er durch die verschiedenen Königreiche wie ein Nomade gereist war, noch bevor er Mutter auf einem Fest in Terra kennengelernt hatte. Er blieb an meiner Seite, bis ich eingeschlafen war, und wenn er mir einen Gutenachtkuss gab, kitzelten mich immer seine Bartstoppeln.

„Vielleicht hat Santos Recht“, sagte er. „Lass mich dich begleiten.“

Ich schüttelte den Kopf. „Mit deinem schlimmen Knie wirst du auf keine Reise gehen. Außerdem lebt die Familie, für dich ich arbeite, nur in der Nähe der Berge.“ Zweite Lüge. „Es gibt eine kleine Gesellschaft von Menschen dort und sie haben mich für eine Woche gebucht, um ihre Kinder zu unterrichten. Sie zahlen gut.“ Heilige Mutter Gottes, ich würde in der Unterwelt enden, so leicht fiel es mir zu lügen. Der Teil von den Menschen in White Peak aber war wahr. Stellte dies ein Gleichgewicht mit meinen Unwahrheiten her? „Ich bin neunzehn und es gibt Mädchen in meinem Alter im Dorf, die schon drei Kinder haben. Ich kann auf mich selbst aufpassen und außerdem habe ich das Springmesser bei mir, welches du zum Schutz erfunden hast.“

Vor über einer Woche stand Elliana vor meiner Tür und sagte, dass sie einen Auftrag für mich hat. Die Leute heuerten sie für ungewöhnliche Angelegenheiten an und sie suchte dann die richtige Person aus, um die Aufgabe zu erfüllen. Wie sich herausstellte, konnte Elliana Magie spüren. Als ich einen kleinen Zauber auf einen Idioten gelegt hatte, der mir in der Taverne in den Hintern gekniffen hatte, fiel ich ihr ins Auge. Nach einem Dutzend Gläser Cider hatte sie mich soweit, ihr meine Fähigkeiten zu beichten.

Nun trug sie einen Auftrag nach dem anderen an mich heran. Und bei diesem neuesten Auftrag, von dem sie mir erzählt hatte, benötigte ein Bärenwandler schnelle Hilfe mit dem Aufheben eines Fluchs.

„Ich werde gut genug bezahlt damit wir unsere Schulden begleichen können“, sagte ich. Für diesen Auftrag gab es die eine Hälfte der Bezahlung vorab, unabhängig davon, ob ich den Fluch brechen konnte, oder nicht. „Damit wir unser Zuhause nicht verlieren.“

Vater stöhnte. „Ich hasse es, dich in diese Situation zu bringen. Seit deine Mutter…“

Ich nahm seine Hand in meine. Dieser Schmerz, der in mir als Erinnerung an die Krankheit, die sie uns vor zwei Jahren genommen hatte, aufstieg, war abscheulich. Vater war dazu gezwungen, sich Geld für ihr Begräbnis zu leihen, da es Brauch war, jeden Dorfbewohner einzuladen und ein Festmahl aufzubieten. Die Erinnerung lag mir schwer auf der Brust. Endlose Wochen lang saß ich an ihrer Seite im Bett und sah ihr beim Sterben zu. Während sie an Gewicht verlor blickte ich auf ihr eingefallenes Gesicht herab und lauschte ihrer abgehackten Atmung. Und seitdem unterdrückte ich jeden einzelnen Tag die Tränen und setzte ein Lächeln für Vater auf.

„Sei nicht albern. Wir stehen das zusammen durch. Wir sind ein Team.“ Ich schlang meine Arme um ihn und spürte, wie er mir mit der Hand über den Rücken streichelte. Umarmungen konnten nicht lange genug dauern. In ihnen fühlte ich mich warm und geborgen, als ob all meine Sorgen verschwanden. „Ich werde im Handumdrehen zurück sein. Für dich habe ich noch drei Laibe Brot gebacken und Hühnersuppe gekocht. Oh und Ariella bleibt die Nacht über bei uns.“

„Beim kleinsten Anzeichen von Gefahr kommst du sofort zurück. Verstanden?“

„Natürlich.“ Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter, denn ich hatte keine Ahnung was mich im Haus der Bärenwandler erwarten würde. „Macht euch um mich keine Sorgen. Und wer weiß, wenn ich Glück habe, wird mich die Familie für zwei Wochen beschäftigen. Aber ich lasse es euch wissen, falls ich länger bleiben werde.“ Nicht, dass ich es vorhatte, aber nach White Peak zu reisen war ungewiss und ich wollte nicht, dass Vater sich sorgt, wenn es Verzögerungen gab.

Ein seltsam kribbelndes Gefühl kroch mir den Rücken und den Nacken hoch; dasselbe Gefühl, welches ich zuvor schon immer verspürt hatte, wenn etwas dabei war, schiefzulaufen. Vielleicht weil ich spät dran war, Elliana zu treffen. Daran gab ich Scarlet die Schuld, da sie mir erst heute Morgen ihren mächtigen Wolfseisenhut gebracht hatte. Sie war mit drei Wolfswandlern bei mir zu Hause aufgetaucht, die sie mit einer solchen Bewunderung anhimmelten. Ich freute mich sehr für sie, dass sie gleich drei so starke Männer gefunden hatte… Einer würde mir ja schon genügen.

Wie auch immer, Wolfseisenhut war giftig und hatte beim Bekämpfen von Flüchen Wunder gewirkt und ich hatte schließlich eine Aufgabe zu erfüllen.

Mit einem tiefen Atemzug voller Selbstvertrauen war es mir gleich, ob ich zu spät war. Die Bärenwandler würden mich in ihr Haus lassen, selbst wenn ich die Tür mit Magie aus den Angeln pusten musste, um denjenigen, der verflucht war, zu heilen.

Kapitel Zwei

Ich konnte nicht aufhören zu zittern und es hatte absolut nichts mit der kühlen Luft zu tun. Seitdem ich den Markt verlassen und meine Reise durch die Wälder von Terra begonnen hatte, war ich ein Nervenbündel. Die Strahlen der Morgensonne trafen mich auf ihrem Weg durch die Lücken in den Baumwipfeln über mir, aber sie halfen nicht dabei, mich zu wärmen. Nach White Peak zu gehen sollte mich erfreuen, doch trotzdem hatte ich Gänsehaut auf meinen Armen.

Ich trat gegen einen Kieselstein, der auf dem Trampelpfad lag, und er landete in einem Gebüsch. Über mir sangen die Vögel und ich zog den Rucksack über meinen Schultern fester an mich und kletterte über einen großen toten Holzstamm, als der entfernte Geruch gebrühten Kaffees in meine Nase stieg.

Am Rande des Dorfs befand sich ein kleiner Laden, der frisch gebrühten Kaffee an die verkaufte, die sich auf einen Marsch in die Wälder machten. Ich gab zu… Ich war süchtig und an den meisten Tagen machte ich morgens eine Pilgerreise dorthin. Mir lief das Wasser im Mund zusammen… Und bedachte man, dass ich einige Tage Fußmarsch vor mir hatte, war ich ein Narr, mir nicht erst eine Tasse zu gönnen. Ich bog nach links ab und folgte dem hypnotisierenden Aroma.

In Mitten der Bäume kam eine Holzhütte zum Vorschein. Sie hatte kein spitzes Dach, was aber zu ihrem rustikalen Aussehen passte. Es gab drinnen gerade genug Platz für zwei Personen, jedoch standen draußen Tische und Stühle. Eine junge Frau, die ich fast jeden Morgen grüßte, winkte mir zu und ich erwiderte die Geste, als ich auf das Gebäude zuging. Ich lehnte mich gegen die Theke, starrte in die kleine Hütte hinein, welche aus einem kleinem Raum mit Regalen an der hinteren Wand, Schalen voller Kaffeebohnen und überall verteilten gestapelten Gläsern bestand.

„Bee, du bist spät dran heute“, sagte Hans, der Besitzer, und wischte seine Hände an einem Küchentuch ab. Ein Milchtropfen hing an der Ecke seines Schnurrbarts. Normalerweise hatte ich keine Skrupel mich hinüber zu beugen um ihn wegzuwischen, aber wahrscheinlich hatte sein Lebensgefährte, der gerade einen anderen Kunde bediente, etwas dagegen und konnte annehmen, dass ich flirtete. „Wie immer?“

„Du kennst mich. Viel Milch und einen Klecks Honig. Setze es mir auf die Rechnung.“

„Geht klar.“

Jemand stellte sich neben mich und sein Schatten nahm mir den Sonnenschein.

„Immer noch mit Honig, Bee? Ich dachte du achtest auf deine Linie. Hans, ich nehme das Gleiche.“

Als Tristans Stimme erklang, knirschte ich mit den Zähnen. „Hey, Hans“, sagte ich. „Gib zwei Kleckse Honig in meinen, bitte.“

Tristan stöhnte und während ich davon lief, antwortete ich ihm. „Immer noch ein Schwachkopf, oder? Oh, du musst nicht antworten. Irgendwie bist du zu einem Arschloch geworden.“

Die Schritte hinter mir kamen näher. Er hielt mich am Arm fest und zwang mich dazu, ihn anzusehen. Ich versuchte gelassen zu bleiben, nicht zu zeigen, wie sehr sein Griff schmerzte.

„Ich sollte dich dafür, so mit mir zu sprechen, verhaften.“

Ich hob meinen Kopf und konzentrierte mich auf sein kurz geschnittenes Haar, seine gekräuselte Nase und seine matten mokkafarbenen Augen. Die graue Uniform der Wachmänner mit goldenen Knöpfen spannte über seiner breiten Brust. Tristan war nicht hässlich und er war dort unten gut bestückt, aber das war nicht genug und dazu kam seine vulgäre Aussprache und sein Verhalten—etwas, das mir nicht aufgefallen war, als ich ein Auge auf ihn geworfen hatte. Ich verliebte mich immer viel zu leicht in ein hübsches Gesicht.

„Würde dich das anmachen?“ Ich hob eine Augenbraue.

„Verdammt, Bee.“ Er zog mich hinter die Holzhütte und ich stolperte neben ihm her. „Erzähl vor den anderen nicht so einen Scheiß. Was du und ich tun ist privat. Und warum trägst du so einen großen Beutel mit dir herum? Der sieht viel zu schwer für dich aus. Wo gehst du hin?“ Er lächelte höhnisch mit angespanntem Gesicht.

Ich grinste und entriss ihm meine Hand. „Wir werden nie mehr etwas zusammen tun, privat oder öffentlich. Und wer bist du, dich dazu zu äußern, was ich mit mir herumtrage? Bist du die Taschenpatrouille? Was willst du?“

„Was ist mit dir passiert?“ Er steckte sich die Hände in die Taschen. „Das ist nicht die Bee, die ich kenne.“

Wütend rieb ich mir die Augen. „Wir sind seit Monaten nicht mehr zusammen, weil du ein besitzergreifender Psycho bist, und das ist nicht meine Art. Das habe ich dir schon mal gesagt. Such dir ein Mädchen, das einfach nur heiraten und ihren Ehemann verwöhnen möchte. Das bin aber nicht ich.“ Ich bevorzugte einen Mann, der mich an erster Stelle sah, mich immer fragte, was ich wollte, und es mir dann gab—und jemanden, der es liebte zu reisen. Ja, Letzteres war ein Muss.

Er neigte seinen Kopf, betrachtete mich und in Gedanken spielte ich durch, mit welchen Argumenten er meine Worte widerlegen wollte. Diese Unterhaltung hatten wir zuvor schon ein halbes Dutzend Mal geführt und seine Ausführungen schwankten zwischen mir alles zu geben, was eine gute Ehefrau in ihrem Haus sich nur wünschen konnte, hinzu meinen Vater zu verhaften, wenn ich ihn nicht heiratete. Ja, der perfekte Weg, den Grundstein für eine solide Beziehung zu legen.

Aber es war meine Schuld, denn ich bin mit ihm ausgegangen. Ein Fehler, den ich kein zweites Mal begehen würde.

„Auf dem Markt habe ich dich dabei beobachtet, wie du diese Wachmänner recht aggressiv angesprochen hast. Was hält mich also davon ab, dich jetzt sofort in das Verlies zu bringen?“

Ein Schauer durchfuhr mich, jedoch interessierte seine Drohung mich kein bisschen. Meine Vorstellungskraft aber lief Amok, wenn es darum ging, wie ich verhört werden würde. Wie ich vielleicht nie wieder das Tageslicht zu Gesicht bekäme oder meinen Vater oder eine Tasse Kaffee.

Mit der Spitze meines Stiefels stupste ich einen Stein an und nahm all meinen Mut zusammen. „Weil es tief in dir drin einen guten Teil gibt, der weiß, dass dies eine beschissene Tat wäre. Und wenn du jemals etwas für mich empfunden hast, würdest du es nicht tun.“ Ich versuchte ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, denn in Wirklichkeit hatte ich einfach keine Kraft für unsere üblichen, langatmigen Auseinandersetzungen, die damit endeten, dass er darauf bestand, mir zu zeigen, wie sehr er sich verändert hatte. Außerdem musste ich los. Es war ein großer Fehler gewesen, für ein Heißgetränk anzuhalten.

„Bee, dein Kaffee ist fertig“, rief Hans.

Tristans Gesichtsausdruck versteinerte sich. „Alles, worum ich dich bitte, ist eine zweite Chance. Ich habe es dir schon mal gesagt, ich will dich heiraten. Ich kann mich ändern.“ Und da hatten wir es.

Ich unterdrückte ein Lachen. „Schau, es war wunderbar mich mit dir zu unterhalten, aber mein Kaffee ist fertig.“

Er stellte sich mir in den Weg. „Lass mich deinen und meinen Kaffee holen und dann unterhalten wir uns. Bitte?“ Das Betteln in seiner Stimme berührte mich beinahe… beinahe, aber dann erinnerte ich mich daran, mit wem ich es zu tun hatte. Der Freund, der mal darauf bestanden hatte, dass ich nicht zu einer Party ging, während er sie besuchte. Der, der mich daran erinnerte, dass ich auf meine Figur achten sollte, da ich, wenn ich schwanger würde, wie ein Luftballon aussehen würde. Der, der mich mal verfolgt hat und einem männlichen Freund ins Gesicht geschlagen hatte, weil ich eine Unterhaltung mit ihm führte. Und er sollte verflucht sein, ich liebte meine Kurven.

„Nein danke.“ Ich schob ihn zur Seite, aber er stellte sich mir erneut in den Weg.

„Bleib hier.“ Seine Stimme wurde ernster. „Ich komme zurück.“

Ich verzog das Gesicht. Das war lachhaft und mein Kopf schrie danach jetzt zu gehen, während mein Herz flüsterte, ihn anzuhören, und dass Menschen sich ändern konnten. Nein.

In dem Moment, als er sich umdrehte, rannte ich in die entgegengesetzte Richtung und was mich am meisten anpisste war, dass ich keinen Kaffee hatte. Bastard.

Ich rannte tiefer in die Wälder, denn ich wollte ihn nicht auf meiner Spur oder in dem Wissen haben, dass ich Terra verließ. Das würde ihm einen echten Grund geben, mich zu verhaften.

Also beeilte ich mich. Rasch sah ich kurz über meine Schulter. Keine Spur von ihm. Himmel, bitte lass Hans die Milch anbrennen.

Ein wieherndes Geräusch kam von links. Ich zuckte und versteckte mich hinter einem Baum, überzeugt davon, dass es Tristans Muskelprotz-Freunde waren, die bei den Pferden auf ihn warteten. Als ich hinüber spitzelte, sah ich nur ein Tier, welches an einem Baum festgebunden war. Es musste Tristans sein.

Hans hatte Tristan gebeten, sein Pferd nicht so nah an den Laden zu lassen, da es einmal panisch vor einem Wildschwein Angst gehabt hatte. Das Pferd hatte sich dann losgerissen, war geflohen und hatte dabei eine Person niedergetrampelt. Wenn das Tier so schreckhaft war, machte es Sinn, es von den Kunden fernzuhalten.

Als ich aber dieses wundervolle goldene Tier mit einem weißen Diamanten mitten auf der Stirn sah, kam ich auf andere Gedanken. Solche, die mich ins Verlies bringen konnten, aber vielleicht war dies die Lösung, wie ich schneller die Taverne zum Goldenen Schloss erreichen konnte, und es würde Tristan davon abhalten, mich zu verfolgen. Da ich schon Verspätung für diesen Auftrag hatte und betete, dass Elliana auf mich wartete, naja… Ich schritt auf das Pferd zu.

„Hallo meine Süßer“, flüsterte ich und streckte meine Hand nach seiner Nase aus um ihn zu streicheln. „Du bist so wunderschön. Wie hört sich ein langer Ausritt für dich an?“ Mein Herz schlug so schnell und ich sah mich nach Tristan um. In Eile band ich das Pferd von dem tiefhängenden Zweig los und führte es entlang des Pfads, bis ich dann in die Bügel stieg und mein Bein über den Sattel warf. Und das war der Grund, warum es sinnvoll war an einem Reisetag Hosen zu tragen. Ich würde meinen Rucksack auf dem Rücken lassen, bis wir aus den Wäldern heraus waren, dann würde ich ihn am Pferd befestigen.

Mit den Zügeln in meiner Hand gab ich dem Pferd sanft mit meinen Hacken die Sporen, führte es weg von der Hütte und den geschlungenen Pfad hinunter durch den Wald, der nahe der Grenze zwischen Terra und White Peak verlief. So trabten wir eilig vorbei an den Gruppen von Kiefern.

Ein weiteres Mal sah ich mich um und konnte die kleine Kaffeehütte nicht mehr sehen. Wir fingen an zu galoppieren, ich schaukelte umher und mein Rucksack schlug gegen meinen Rücken, aber es war meine Priorität die Taverne zu erreichen. Tristan konnte zum Haus der Wachmänner laufen und sein Pferd als gestohlen melden. Aber er hatte keinen Beweis dafür, dass ich sein Fortbewegungsmittel genommen hatte, wenn er mich dabei nicht beobachtet hatte.

Der Biegung des Pfades folgend sah ich mich nochmal um. Niemand folgte mir. Ich atmete erleichtert aus und wir ritten flott voran. Scheiß auf Tristan und seine chauvinistische Einstellung.

Ich hatte zwar meinen Kaffee verloren, dafür aber etwas viel Besseres bekommen. Ein Transportmittel.

Drei Pausen später war die Sonne hinter den Bergwipfeln untergegangen und Elf hatte meine Vorräte verspeist. Ja, ich hatte dem Pferd einen Namen gegeben, da er so lange Ohren hatte, die mich mit ihrer Anmut und Schönheit an eine Fee erinnerten.

Wir verließen den Wald, der White Peak umgab, und jetzt konnte ich in der Ferne die gigantischen Berge sehen. Es war ein Gebirgsgürtel, der sich wie das Rückgrat der Welt aufstellte, mit schneebedeckten Kuppen und von Kiefern bewachsen. Im Vorgebirge gab es ein kleines Übergangsdorf, das aus einer Straße voller Geschäfte und Bars bestand. In dieser Gegend gab es keine Gesetze, was erklärte, warum so viele Rassen hier durchkamen. Ich hatte Geschichten über unterschiedlichste Völker gehört, die durch die White Peak Berge treckten um ein gelobtes, verschneites Wunderland weiter nördlich zu erreichen. Anscheinend lebte dort eine alte Königsfamilie, aber wer sie waren wusste scheinbar niemand.

Es gab schließlich einen Haufen Geschichten über Terra und die verschiedenen Königreiche—von einer Gesellschaft, die unter Tage in Tunneln lebten, bis hin zu Piraten, die Länder mit blutsaugenden Monstern bereisten. Meiner Einschätzung nach wurden diese Märchen erfunden, um den Leuten Angst vor manchen Königreichen einzuflößen und sie davon fernzuhalten.

Ich brachte Elf zum Stehen, saß ab und kraulte ihn am Kopf. „Was hältst du von einem neuen Besitzer?“

Elf nickte als ob er mich verstand. „Die Taverne gehört Ted und er sagte, dass er jemanden kennt, der ein neues Pferd kaufen möchte. Ich bin mir sicher, er wird dich besser behandeln, als es Tristan tat.“ Ich umklammerte die Zügel und wir spazierten über das grasbewachsene Feld. Gemütlich führte ich Elf hinter die Taverne zum Goldenen Schloss und band ihn an einem Geländer nahe eines Wassertrogs fest.

Nachdem ich meine Tasche abgenommen hatte rubbelte ich seine Flanke. „Nun, genieße dein neues Leben, mein Freund. Ich danke dir.“

Ohne Antwort, nicht dass ich eine erwartet hatte, marschierte ich die enge Gasse zwischen zwei Klinkerhäusern entlang und kam direkt vor der Taverne zum Goldenen Schloss heraus.

Die braune Rinde löste sich von dem hölzernen Geländer, das die Terrasse umgab. Staub trübte die Fensterscheiben und das Schild brauchte einen neuen Anstrich, da die Buchstaben vom Wetter ausgeblichen waren. Wenn man das Schild schnell im Vorbeigehen erblickte, hatte man den Namen auch als Taverne zum Geilen Schloss deuten können. Das konnte ich für eine meiner Geschichten verwenden. Mit einem Kichern auf den Lippen erklomm ich die knarrenden Stufen und öffnete unter Protest der Scharniere die Tür.

Als ich das Steingebäude betrat schlug mir Gelächter aus der Taverne entgegen und der Gestank von Bier und Schweiß durchzog die Luft. In einem alten Steinkamin zu meiner Rechten schürte ein knisterndes Feuer. Runde Tische und Stühle waren in dem Raum verteilt. Auf einer Seite standen zwei übergroße Holzfässer, etwa eineinhalb Meter hoch, gefüllt mit dem köstlichen alkoholischen Cider vom Fass, für den die Taverne bekannt war. Kerzen in von der Decke hängenden Fassbändern erleuchteten den Raum.

Ich betrachtete die Kunden. Ein junges Paar, welches menschlich zu sein schien, saß an der Bar, ein Mann mit einer über seinen Kopf gezogenen Kapuze hing mit seinem Getränk an einem Ecktisch herum und drei Frauen lachten und tranken an einem Tisch nahe dem Feuer. Vielleicht machten sie einen Mädelsabend, jedoch war dies hier für solch eine Feier eine seltsame Lokalität. Es war aber nicht mein Problem, denn ich wollte auch nicht, dass sich jemand um meine Angelegenheiten schert. Besonders da ich Elliana nirgendwo entdecken konnte.

Was, wenn sie heute Morgen hier gewesen war und ich sie gerade verpasst hatte? Mist. Alles nur, weil ich auf Scarlet gewartet hatte, damit sie mir den verstärkten Wolfseisenhut brachte.

Die Bar erstreckte sich entlang der hinteren Wand. Ted, der Besitzer, servierte jemandem ein Glas Bier.

Ich schritt näher und ließ meine Tasche zu meinen Füßen auf den Boden fallen, bevor ich auf einen Hocker kletterte.

Ted grinste und kam zu mir herüber, während er sich seine Hände an seiner befleckten Schürze abwischte. „Erinnerst du dich an unser letztes Gespräch, Bee? Du bist hier nicht mehr willkommen, bis du deine gesamte Rechnung bezahlt hast.“ Er hatte einen leichten Akzent und rollte seine Rs.

„Ja sicher.“ Ich stützte meine Arme auf die Bar und lehnte mich vor. Gestern hatte ich eine alte Halskette mit einem hübschen Vogelanhänger gereinigt, die ich auf den Märkten gekauft hatte. Mit einem Hauch Illusionsmagie erschien sie drei Mal so viel wert zu sein. Aber nun hatte ich eine andere Zahlungsmöglichkeit, die ich nutzen wollte.

„Ich habe hinter der Taverne etwas für dich. Geh es dir ansehen. Ich warte hier.“

Er betrachtete mich und stemmte die Arme in seine schmalen Hüften. Der Mann mochte zwar in seinen Siebzigern und spargeldürr sein, aber er war zäh wie Leder; einmal sah ich mit an, wie er einem halb so alten Mann eine verpasste und dieser bewusstlos auf dem Boden endete.

Ohne auch nur ein Wort zu sagen marschierte Ted zur Hintertür hinaus. Die Mädchen nahe des Kamins heulten vor Lachen. Sobald ich diesen Auftrag erledigt hatte und bezahlt wurde, zur Hölle, würde ich mit Scarlet und ihren drei Liebhabern eine riesige Sause veranstalten. Nur daran zu denken, dass sie drei Partner hatte, machte mich so stolz auf sie, da sie meistens, wenn ich das andere Geschlecht nur erwähnte, rot wie eine Himbeere wurde. Wahrscheinlich wurde sie jetzt gerade von ihren drei Wolfswandlern wie ein Häschen flachgelegt. Dieses Mädchen hat verdammtes Glück.

„Das Pferd?“, fragte Ted, und trotz seiner stoischen Stimme schwang ein Hauch Aufregung in seiner Frage mit.

„Naja, wenn du diese Zahlung nicht akzeptieren möchtest, behalte ich ihn gerne. Er ist zehnmal so viel wert wie das, was ich dir schulde. Was hältst du also davon, wenn wir meine Rechnung als bezahlt plus einen Vorschuss ansehen?“

Ted lachte leise und streckte mir seine Hand entgegen. „Du solltest darüber nachdenken Undercover-Aufträge auszuführen, denn du überraschst mich immer wieder. Die Bezahlung auf diesem Gebiet ist mitunter nicht schlecht.“

Ich schüttelte seine Hand und lächelte ihn verschmitzt an. „Wer sagt, dass ich das nicht tue? Aber du solltest den Sattel möglichst schnell loswerden, da das Emblem der Priesterin von Terra darauf ist. Wachmänner könnten herumschnüffeln kommen.“

Ted zog mich am Arm zu sich und hielt mich halb über die Theke gebeugt fest. „Es scheint als täuscht die Unschuld in deinen Augen. Ich nehme das Pferd und wir sind im Geschäft. Jetzt sag mir, was du trinken möchtest?“ Er ließ von mir ab und ich plumpste auf meinen Hocker.

„Birnen Cider, einen Teller deiner berüchtigten Hühnerflügel und Informationen.“

Sein Blick verdunkelte sich und er lehnte sich mit einem Ellbogen auf die Bar. „Sprich weiter.“

Das Paar am anderen Ende der Theke war in ein Gespräch vertieft und beachtete uns überhaupt nicht. „Ich sollte Elliana hier vor ein paar Tagen treffen. Du weißt schon, das Mädchen mit den blonden Haaren. Wir haben uns hier vor ein paar Monaten betrunken, bis du uns rausgeworfen hast. Hast du sie gesehen? Hat sie vielleicht für mich eine Nachricht hinterlassen?“

Teds Lippen verzogen sich finster. „Sie hat bei mir noch größere Schulden als du und ich nehme keine Nachrichten entgegen.“ Er rieb sein stoppeliges Kinn und das Geräusch ließ meine Haare zu Berge stehen. „Habe sie seit letzter Woche nicht gesehen.“

Mehr als ein sprödes Lächeln bekam ich nicht hin. Kummer und Schmerz knabberten an meinem Selbstbewusstsein und meiner früheren Aufregung, den Auftrag bekommen zu haben.

„Hat jemand den Großteil der Woche in deiner Taverne verbracht?“

„Mädchen, das tut jeder hier. Ich führe nicht Buch darüber, wer kommt und geht.“ Ted sah zu dem Pärchen am Ende der Theke hinüber, die ihn zu sich hinüber winkten. „Es tut mir leid, dass ich dir nicht weiterhelfen kann.“

Ted schenkte mir ein großes Glas Cider ein, stellte es vor mir ab und widmete sich seinen anderen Kunden.

Ich setzte mich bequem hin. Kälte drang durch meinen Körper und ich trank das halbe Glas leer. Die Süße rollte angenehm durch meinen Bauch. Wenn Elliana die Taverne mied, würde sie wahrscheinlich getarnt erscheinen. Nunja, sie hatte diesen Treffpunkt ausgesucht. Was, wenn sie es leid mit mir hatte und den Auftrag jemand anderem angeboten hatte? Und um es noch schlimmer zu machen, war es heute bereits zu spät um zurück nach Hause aufzubrechen und ich war zu Fuß, da ich Elf verkauft hatte.

Solange mein Guthaben reichte, um ein Zimmer bei Ted zu mieten, würde ich also für den Fall bleiben, dass Elliana noch auftauchte. Bezahlt zu werden bedeutete, dass ich Vaters Schulden begleichen konnte und wir nicht länger von der Hand in den Mund leben mussten.

Ich rutschte auf meinem Hocker umher und zog in Erwägung, die anderen Bars und Geschäfte im Ort nach Elliana abzusuchen. Was aber wenn wir uns gerade dann verpassten, wenn sie doch in die Taverne kam?

Der Mann in der Ecke starrte in meine Richtung. Schatten tanzten über sein von der Kapuze verhülltem Gesicht und ein Schauer lief mir kalt den Rücken hinunter.

Hatte er gehört, wonach ich Ted gefragt hatte? Kannte er Elliana oder arbeitete gar für sie?

Er stand auf und als er sich in meine Richtung aufmachte, rutschte mir das Herz in die Hose. Konnte ich es seinem verdeckten Haupt nach mit einem Bandenmitglied zu tun haben? Sie waren bekannt dafür, Alleingänger zu entführen und sie auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen.

Als er seine Hand in die Innentasche seines Mantels steckte, verschlug es mir den Atem.