Ich konnte nicht aufhören zu zittern und es hatte absolut nichts mit der kühlen Luft zu tun. Seitdem ich den Markt verlassen und meine Reise durch die Wälder von Terra begonnen hatte, war ich ein Nervenbündel. Die Strahlen der Morgensonne trafen mich auf ihrem Weg durch die Lücken in den Baumwipfeln über mir, aber sie halfen nicht dabei, mich zu wärmen. Nach White Peak zu gehen sollte mich erfreuen, doch trotzdem hatte ich Gänsehaut auf meinen Armen.
Ich trat gegen einen Kieselstein, der auf dem Trampelpfad lag, und er landete in einem Gebüsch. Über mir sangen die Vögel und ich zog den Rucksack über meinen Schultern fester an mich und kletterte über einen großen toten Holzstamm, als der entfernte Geruch gebrühten Kaffees in meine Nase stieg.
Am Rande des Dorfs befand sich ein kleiner Laden, der frisch gebrühten Kaffee an die verkaufte, die sich auf einen Marsch in die Wälder machten. Ich gab zu… Ich war süchtig und an den meisten Tagen machte ich morgens eine Pilgerreise dorthin. Mir lief das Wasser im Mund zusammen… Und bedachte man, dass ich einige Tage Fußmarsch vor mir hatte, war ich ein Narr, mir nicht erst eine Tasse zu gönnen. Ich bog nach links ab und folgte dem hypnotisierenden Aroma.
In Mitten der Bäume kam eine Holzhütte zum Vorschein. Sie hatte kein spitzes Dach, was aber zu ihrem rustikalen Aussehen passte. Es gab drinnen gerade genug Platz für zwei Personen, jedoch standen draußen Tische und Stühle. Eine junge Frau, die ich fast jeden Morgen grüßte, winkte mir zu und ich erwiderte die Geste, als ich auf das Gebäude zuging. Ich lehnte mich gegen die Theke, starrte in die kleine Hütte hinein, welche aus einem kleinem Raum mit Regalen an der hinteren Wand, Schalen voller Kaffeebohnen und überall verteilten gestapelten Gläsern bestand.
„Bee, du bist spät dran heute“, sagte Hans, der Besitzer, und wischte seine Hände an einem Küchentuch ab. Ein Milchtropfen hing an der Ecke seines Schnurrbarts. Normalerweise hatte ich keine Skrupel mich hinüber zu beugen um ihn wegzuwischen, aber wahrscheinlich hatte sein Lebensgefährte, der gerade einen anderen Kunde bediente, etwas dagegen und konnte annehmen, dass ich flirtete. „Wie immer?“
„Du kennst mich. Viel Milch und einen Klecks Honig. Setze es mir auf die Rechnung.“
„Geht klar.“
Jemand stellte sich neben mich und sein Schatten nahm mir den Sonnenschein.
„Immer noch mit Honig, Bee? Ich dachte du achtest auf deine Linie. Hans, ich nehme das Gleiche.“
Als Tristans Stimme erklang, knirschte ich mit den Zähnen. „Hey, Hans“, sagte ich. „Gib zwei Kleckse Honig in meinen, bitte.“
Tristan stöhnte und während ich davon lief, antwortete ich ihm. „Immer noch ein Schwachkopf, oder? Oh, du musst nicht antworten. Irgendwie bist du zu einem Arschloch geworden.“
Die Schritte hinter mir kamen näher. Er hielt mich am Arm fest und zwang mich dazu, ihn anzusehen. Ich versuchte gelassen zu bleiben, nicht zu zeigen, wie sehr sein Griff schmerzte.
„Ich sollte dich dafür, so mit mir zu sprechen, verhaften.“
Ich hob meinen Kopf und konzentrierte mich auf sein kurz geschnittenes Haar, seine gekräuselte Nase und seine matten mokkafarbenen Augen. Die graue Uniform der Wachmänner mit goldenen Knöpfen spannte über seiner breiten Brust. Tristan war nicht hässlich und er war dort unten gut bestückt, aber das war nicht genug und dazu kam seine vulgäre Aussprache und sein Verhalten—etwas, das mir nicht aufgefallen war, als ich ein Auge auf ihn geworfen hatte. Ich verliebte mich immer viel zu leicht in ein hübsches Gesicht.
„Würde dich das anmachen?“ Ich hob eine Augenbraue.
„Verdammt, Bee.“ Er zog mich hinter die Holzhütte und ich stolperte neben ihm her. „Erzähl vor den anderen nicht so einen Scheiß. Was du und ich tun ist privat. Und warum trägst du so einen großen Beutel mit dir herum? Der sieht viel zu schwer für dich aus. Wo gehst du hin?“ Er lächelte höhnisch mit angespanntem Gesicht.
Ich grinste und entriss ihm meine Hand. „Wir werden nie mehr etwas zusammen tun, privat oder öffentlich. Und wer bist du, dich dazu zu äußern, was ich mit mir herumtrage? Bist du die Taschenpatrouille? Was willst du?“
„Was ist mit dir passiert?“ Er steckte sich die Hände in die Taschen. „Das ist nicht die Bee, die ich kenne.“
Wütend rieb ich mir die Augen. „Wir sind seit Monaten nicht mehr zusammen, weil du ein besitzergreifender Psycho bist, und das ist nicht meine Art. Das habe ich dir schon mal gesagt. Such dir ein Mädchen, das einfach nur heiraten und ihren Ehemann verwöhnen möchte. Das bin aber nicht ich.“ Ich bevorzugte einen Mann, der mich an erster Stelle sah, mich immer fragte, was ich wollte, und es mir dann gab—und jemanden, der es liebte zu reisen. Ja, Letzteres war ein Muss.
Er neigte seinen Kopf, betrachtete mich und in Gedanken spielte ich durch, mit welchen Argumenten er meine Worte widerlegen wollte. Diese Unterhaltung hatten wir zuvor schon ein halbes Dutzend Mal geführt und seine Ausführungen schwankten zwischen mir alles zu geben, was eine gute Ehefrau in ihrem Haus sich nur wünschen konnte, hinzu meinen Vater zu verhaften, wenn ich ihn nicht heiratete. Ja, der perfekte Weg, den Grundstein für eine solide Beziehung zu legen.
Aber es war meine Schuld, denn ich bin mit ihm ausgegangen. Ein Fehler, den ich kein zweites Mal begehen würde.
„Auf dem Markt habe ich dich dabei beobachtet, wie du diese Wachmänner recht aggressiv angesprochen hast. Was hält mich also davon ab, dich jetzt sofort in das Verlies zu bringen?“
Ein Schauer durchfuhr mich, jedoch interessierte seine Drohung mich kein bisschen. Meine Vorstellungskraft aber lief Amok, wenn es darum ging, wie ich verhört werden würde. Wie ich vielleicht nie wieder das Tageslicht zu Gesicht bekäme oder meinen Vater oder eine Tasse Kaffee.
Mit der Spitze meines Stiefels stupste ich einen Stein an und nahm all meinen Mut zusammen. „Weil es tief in dir drin einen guten Teil gibt, der weiß, dass dies eine beschissene Tat wäre. Und wenn du jemals etwas für mich empfunden hast, würdest du es nicht tun.“ Ich versuchte ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, denn in Wirklichkeit hatte ich einfach keine Kraft für unsere üblichen, langatmigen Auseinandersetzungen, die damit endeten, dass er darauf bestand, mir zu zeigen, wie sehr er sich verändert hatte. Außerdem musste ich los. Es war ein großer Fehler gewesen, für ein Heißgetränk anzuhalten.
„Bee, dein Kaffee ist fertig“, rief Hans.
Tristans Gesichtsausdruck versteinerte sich. „Alles, worum ich dich bitte, ist eine zweite Chance. Ich habe es dir schon mal gesagt, ich will dich heiraten. Ich kann mich ändern.“ Und da hatten wir es.
Ich unterdrückte ein Lachen. „Schau, es war wunderbar mich mit dir zu unterhalten, aber mein Kaffee ist fertig.“
Er stellte sich mir in den Weg. „Lass mich deinen und meinen Kaffee holen und dann unterhalten wir uns. Bitte?“ Das Betteln in seiner Stimme berührte mich beinahe… beinahe, aber dann erinnerte ich mich daran, mit wem ich es zu tun hatte. Der Freund, der mal darauf bestanden hatte, dass ich nicht zu einer Party ging, während er sie besuchte. Der, der mich daran erinnerte, dass ich auf meine Figur achten sollte, da ich, wenn ich schwanger würde, wie ein Luftballon aussehen würde. Der, der mich mal verfolgt hat und einem männlichen Freund ins Gesicht geschlagen hatte, weil ich eine Unterhaltung mit ihm führte. Und er sollte verflucht sein, ich liebte meine Kurven.
„Nein danke.“ Ich schob ihn zur Seite, aber er stellte sich mir erneut in den Weg.
„Bleib hier.“ Seine Stimme wurde ernster. „Ich komme zurück.“
Ich verzog das Gesicht. Das war lachhaft und mein Kopf schrie danach jetzt zu gehen, während mein Herz flüsterte, ihn anzuhören, und dass Menschen sich ändern konnten. Nein.
In dem Moment, als er sich umdrehte, rannte ich in die entgegengesetzte Richtung und was mich am meisten anpisste war, dass ich keinen Kaffee hatte. Bastard.
Ich rannte tiefer in die Wälder, denn ich wollte ihn nicht auf meiner Spur oder in dem Wissen haben, dass ich Terra verließ. Das würde ihm einen echten Grund geben, mich zu verhaften.
Also beeilte ich mich. Rasch sah ich kurz über meine Schulter. Keine Spur von ihm. Himmel, bitte lass Hans die Milch anbrennen.
Ein wieherndes Geräusch kam von links. Ich zuckte und versteckte mich hinter einem Baum, überzeugt davon, dass es Tristans Muskelprotz-Freunde waren, die bei den Pferden auf ihn warteten. Als ich hinüber spitzelte, sah ich nur ein Tier, welches an einem Baum festgebunden war. Es musste Tristans sein.
Hans hatte Tristan gebeten, sein Pferd nicht so nah an den Laden zu lassen, da es einmal panisch vor einem Wildschwein Angst gehabt hatte. Das Pferd hatte sich dann losgerissen, war geflohen und hatte dabei eine Person niedergetrampelt. Wenn das Tier so schreckhaft war, machte es Sinn, es von den Kunden fernzuhalten.
Als ich aber dieses wundervolle goldene Tier mit einem weißen Diamanten mitten auf der Stirn sah, kam ich auf andere Gedanken. Solche, die mich ins Verlies bringen konnten, aber vielleicht war dies die Lösung, wie ich schneller die Taverne zum Goldenen Schloss erreichen konnte, und es würde Tristan davon abhalten, mich zu verfolgen. Da ich schon Verspätung für diesen Auftrag hatte und betete, dass Elliana auf mich wartete, naja… Ich schritt auf das Pferd zu.
„Hallo meine Süßer“, flüsterte ich und streckte meine Hand nach seiner Nase aus um ihn zu streicheln. „Du bist so wunderschön. Wie hört sich ein langer Ausritt für dich an?“ Mein Herz schlug so schnell und ich sah mich nach Tristan um. In Eile band ich das Pferd von dem tiefhängenden Zweig los und führte es entlang des Pfads, bis ich dann in die Bügel stieg und mein Bein über den Sattel warf. Und das war der Grund, warum es sinnvoll war an einem Reisetag Hosen zu tragen. Ich würde meinen Rucksack auf dem Rücken lassen, bis wir aus den Wäldern heraus waren, dann würde ich ihn am Pferd befestigen.
Mit den Zügeln in meiner Hand gab ich dem Pferd sanft mit meinen Hacken die Sporen, führte es weg von der Hütte und den geschlungenen Pfad hinunter durch den Wald, der nahe der Grenze zwischen Terra und White Peak verlief. So trabten wir eilig vorbei an den Gruppen von Kiefern.
Ein weiteres Mal sah ich mich um und konnte die kleine Kaffeehütte nicht mehr sehen. Wir fingen an zu galoppieren, ich schaukelte umher und mein Rucksack schlug gegen meinen Rücken, aber es war meine Priorität die Taverne zu erreichen. Tristan konnte zum Haus der Wachmänner laufen und sein Pferd als gestohlen melden. Aber er hatte keinen Beweis dafür, dass ich sein Fortbewegungsmittel genommen hatte, wenn er mich dabei nicht beobachtet hatte.
Der Biegung des Pfades folgend sah ich mich nochmal um. Niemand folgte mir. Ich atmete erleichtert aus und wir ritten flott voran. Scheiß auf Tristan und seine chauvinistische Einstellung.
Ich hatte zwar meinen Kaffee verloren, dafür aber etwas viel Besseres bekommen. Ein Transportmittel.
Drei Pausen später war die Sonne hinter den Bergwipfeln untergegangen und Elf hatte meine Vorräte verspeist. Ja, ich hatte dem Pferd einen Namen gegeben, da er so lange Ohren hatte, die mich mit ihrer Anmut und Schönheit an eine Fee erinnerten.
Wir verließen den Wald, der White Peak umgab, und jetzt konnte ich in der Ferne die gigantischen Berge sehen. Es war ein Gebirgsgürtel, der sich wie das Rückgrat der Welt aufstellte, mit schneebedeckten Kuppen und von Kiefern bewachsen. Im Vorgebirge gab es ein kleines Übergangsdorf, das aus einer Straße voller Geschäfte und Bars bestand. In dieser Gegend gab es keine Gesetze, was erklärte, warum so viele Rassen hier durchkamen. Ich hatte Geschichten über unterschiedlichste Völker gehört, die durch die White Peak Berge treckten um ein gelobtes, verschneites Wunderland weiter nördlich zu erreichen. Anscheinend lebte dort eine alte Königsfamilie, aber wer sie waren wusste scheinbar niemand.
Es gab schließlich einen Haufen Geschichten über Terra und die verschiedenen Königreiche—von einer Gesellschaft, die unter Tage in Tunneln lebten, bis hin zu Piraten, die Länder mit blutsaugenden Monstern bereisten. Meiner Einschätzung nach wurden diese Märchen erfunden, um den Leuten Angst vor manchen Königreichen einzuflößen und sie davon fernzuhalten.
Ich brachte Elf zum Stehen, saß ab und kraulte ihn am Kopf. „Was hältst du von einem neuen Besitzer?“
Elf nickte als ob er mich verstand. „Die Taverne gehört Ted und er sagte, dass er jemanden kennt, der ein neues Pferd kaufen möchte. Ich bin mir sicher, er wird dich besser behandeln, als es Tristan tat.“ Ich umklammerte die Zügel und wir spazierten über das grasbewachsene Feld. Gemütlich führte ich Elf hinter die Taverne zum Goldenen Schloss und band ihn an einem Geländer nahe eines Wassertrogs fest.
Nachdem ich meine Tasche abgenommen hatte rubbelte ich seine Flanke. „Nun, genieße dein neues Leben, mein Freund. Ich danke dir.“
Ohne Antwort, nicht dass ich eine erwartet hatte, marschierte ich die enge Gasse zwischen zwei Klinkerhäusern entlang und kam direkt vor der Taverne zum Goldenen Schloss heraus.
Die braune Rinde löste sich von dem hölzernen Geländer, das die Terrasse umgab. Staub trübte die Fensterscheiben und das Schild brauchte einen neuen Anstrich, da die Buchstaben vom Wetter ausgeblichen waren. Wenn man das Schild schnell im Vorbeigehen erblickte, hatte man den Namen auch als Taverne zum Geilen Schloss deuten können. Das konnte ich für eine meiner Geschichten verwenden. Mit einem Kichern auf den Lippen erklomm ich die knarrenden Stufen und öffnete unter Protest der Scharniere die Tür.
Als ich das Steingebäude betrat schlug mir Gelächter aus der Taverne entgegen und der Gestank von Bier und Schweiß durchzog die Luft. In einem alten Steinkamin zu meiner Rechten schürte ein knisterndes Feuer. Runde Tische und Stühle waren in dem Raum verteilt. Auf einer Seite standen zwei übergroße Holzfässer, etwa eineinhalb Meter hoch, gefüllt mit dem köstlichen alkoholischen Cider vom Fass, für den die Taverne bekannt war. Kerzen in von der Decke hängenden Fassbändern erleuchteten den Raum.
Ich betrachtete die Kunden. Ein junges Paar, welches menschlich zu sein schien, saß an der Bar, ein Mann mit einer über seinen Kopf gezogenen Kapuze hing mit seinem Getränk an einem Ecktisch herum und drei Frauen lachten und tranken an einem Tisch nahe dem Feuer. Vielleicht machten sie einen Mädelsabend, jedoch war dies hier für solch eine Feier eine seltsame Lokalität. Es war aber nicht mein Problem, denn ich wollte auch nicht, dass sich jemand um meine Angelegenheiten schert. Besonders da ich Elliana nirgendwo entdecken konnte.
Was, wenn sie heute Morgen hier gewesen war und ich sie gerade verpasst hatte? Mist. Alles nur, weil ich auf Scarlet gewartet hatte, damit sie mir den verstärkten Wolfseisenhut brachte.
Die Bar erstreckte sich entlang der hinteren Wand. Ted, der Besitzer, servierte jemandem ein Glas Bier.
Ich schritt näher und ließ meine Tasche zu meinen Füßen auf den Boden fallen, bevor ich auf einen Hocker kletterte.
Ted grinste und kam zu mir herüber, während er sich seine Hände an seiner befleckten Schürze abwischte. „Erinnerst du dich an unser letztes Gespräch, Bee? Du bist hier nicht mehr willkommen, bis du deine gesamte Rechnung bezahlt hast.“ Er hatte einen leichten Akzent und rollte seine Rs.
„Ja sicher.“ Ich stützte meine Arme auf die Bar und lehnte mich vor. Gestern hatte ich eine alte Halskette mit einem hübschen Vogelanhänger gereinigt, die ich auf den Märkten gekauft hatte. Mit einem Hauch Illusionsmagie erschien sie drei Mal so viel wert zu sein. Aber nun hatte ich eine andere Zahlungsmöglichkeit, die ich nutzen wollte.
„Ich habe hinter der Taverne etwas für dich. Geh es dir ansehen. Ich warte hier.“
Er betrachtete mich und stemmte die Arme in seine schmalen Hüften. Der Mann mochte zwar in seinen Siebzigern und spargeldürr sein, aber er war zäh wie Leder; einmal sah ich mit an, wie er einem halb so alten Mann eine verpasste und dieser bewusstlos auf dem Boden endete.
Ohne auch nur ein Wort zu sagen marschierte Ted zur Hintertür hinaus. Die Mädchen nahe des Kamins heulten vor Lachen. Sobald ich diesen Auftrag erledigt hatte und bezahlt wurde, zur Hölle, würde ich mit Scarlet und ihren drei Liebhabern eine riesige Sause veranstalten. Nur daran zu denken, dass sie drei Partner hatte, machte mich so stolz auf sie, da sie meistens, wenn ich das andere Geschlecht nur erwähnte, rot wie eine Himbeere wurde. Wahrscheinlich wurde sie jetzt gerade von ihren drei Wolfswandlern wie ein Häschen flachgelegt. Dieses Mädchen hat verdammtes Glück.
„Das Pferd?“, fragte Ted, und trotz seiner stoischen Stimme schwang ein Hauch Aufregung in seiner Frage mit.
„Naja, wenn du diese Zahlung nicht akzeptieren möchtest, behalte ich ihn gerne. Er ist zehnmal so viel wert wie das, was ich dir schulde. Was hältst du also davon, wenn wir meine Rechnung als bezahlt plus einen Vorschuss ansehen?“
Ted lachte leise und streckte mir seine Hand entgegen. „Du solltest darüber nachdenken Undercover-Aufträge auszuführen, denn du überraschst mich immer wieder. Die Bezahlung auf diesem Gebiet ist mitunter nicht schlecht.“
Ich schüttelte seine Hand und lächelte ihn verschmitzt an. „Wer sagt, dass ich das nicht tue? Aber du solltest den Sattel möglichst schnell loswerden, da das Emblem der Priesterin von Terra darauf ist. Wachmänner könnten herumschnüffeln kommen.“
Ted zog mich am Arm zu sich und hielt mich halb über die Theke gebeugt fest. „Es scheint als täuscht die Unschuld in deinen Augen. Ich nehme das Pferd und wir sind im Geschäft. Jetzt sag mir, was du trinken möchtest?“ Er ließ von mir ab und ich plumpste auf meinen Hocker.
„Birnen Cider, einen Teller deiner berüchtigten Hühnerflügel und Informationen.“
Sein Blick verdunkelte sich und er lehnte sich mit einem Ellbogen auf die Bar. „Sprich weiter.“
Das Paar am anderen Ende der Theke war in ein Gespräch vertieft und beachtete uns überhaupt nicht. „Ich sollte Elliana hier vor ein paar Tagen treffen. Du weißt schon, das Mädchen mit den blonden Haaren. Wir haben uns hier vor ein paar Monaten betrunken, bis du uns rausgeworfen hast. Hast du sie gesehen? Hat sie vielleicht für mich eine Nachricht hinterlassen?“
Teds Lippen verzogen sich finster. „Sie hat bei mir noch größere Schulden als du und ich nehme keine Nachrichten entgegen.“ Er rieb sein stoppeliges Kinn und das Geräusch ließ meine Haare zu Berge stehen. „Habe sie seit letzter Woche nicht gesehen.“
Mehr als ein sprödes Lächeln bekam ich nicht hin. Kummer und Schmerz knabberten an meinem Selbstbewusstsein und meiner früheren Aufregung, den Auftrag bekommen zu haben.
„Hat jemand den Großteil der Woche in deiner Taverne verbracht?“
„Mädchen, das tut jeder hier. Ich führe nicht Buch darüber, wer kommt und geht.“ Ted sah zu dem Pärchen am Ende der Theke hinüber, die ihn zu sich hinüber winkten. „Es tut mir leid, dass ich dir nicht weiterhelfen kann.“
Ted schenkte mir ein großes Glas Cider ein, stellte es vor mir ab und widmete sich seinen anderen Kunden.
Ich setzte mich bequem hin. Kälte drang durch meinen Körper und ich trank das halbe Glas leer. Die Süße rollte angenehm durch meinen Bauch. Wenn Elliana die Taverne mied, würde sie wahrscheinlich getarnt erscheinen. Nunja, sie hatte diesen Treffpunkt ausgesucht. Was, wenn sie es leid mit mir hatte und den Auftrag jemand anderem angeboten hatte? Und um es noch schlimmer zu machen, war es heute bereits zu spät um zurück nach Hause aufzubrechen und ich war zu Fuß, da ich Elf verkauft hatte.
Solange mein Guthaben reichte, um ein Zimmer bei Ted zu mieten, würde ich also für den Fall bleiben, dass Elliana noch auftauchte. Bezahlt zu werden bedeutete, dass ich Vaters Schulden begleichen konnte und wir nicht länger von der Hand in den Mund leben mussten.
Ich rutschte auf meinem Hocker umher und zog in Erwägung, die anderen Bars und Geschäfte im Ort nach Elliana abzusuchen. Was aber wenn wir uns gerade dann verpassten, wenn sie doch in die Taverne kam?
Der Mann in der Ecke starrte in meine Richtung. Schatten tanzten über sein von der Kapuze verhülltem Gesicht und ein Schauer lief mir kalt den Rücken hinunter.
Hatte er gehört, wonach ich Ted gefragt hatte? Kannte er Elliana oder arbeitete gar für sie?
Er stand auf und als er sich in meine Richtung aufmachte, rutschte mir das Herz in die Hose. Konnte ich es seinem verdeckten Haupt nach mit einem Bandenmitglied zu tun haben? Sie waren bekannt dafür, Alleingänger zu entführen und sie auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen.
Als er seine Hand in die Innentasche seines Mantels steckte, verschlug es mir den Atem.