Buch
4. Jahrhundert vor Christus: Alexander der Große ist tot, gestorben in Babylon, fernab seiner Heimat. Nun streiten sich seine Generäle, unter ihnen Ptolemaios, um sein Imperium. Lydias, ehemaliger Pferdeknecht Alexanders und treuer Gefolgsmann Ptolemaios’, ist Zeuge, als die Göttin Isis dem General den Auftrag erteilt, Pharao von Ägypten zu werden. Nachdem Ptolemaios die Regentschaft übernommen hat, beginnt er, ein freies Ägypten aufzubauen, und betraut Lydias mit einer wichtigen Mission: Alexanders Leichnam nach Ägypten zu bringen, um seinen Geist zu befreien. Der sensible und kluge Lydias begibt sich in das gefährlichste Abenteuer seines Lebens …
Autorin
Jo Graham hat mehrere Jahre in der Politik gearbeitet, bis sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie lebt mit ihrer Familie in Maryland. Weitere historische Romane von Jo Graham sind bei Goldmann in Vorbereitung.
Jo Graham
Der Hüter des Feuers
Historischer Roman
Aus dem Amerikanischen
von Marie-Luise Bezzenberger
Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel »Stealing Fire« bei Orbit, New York.
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Copyright (c) der Originalausgabe 2010 by Jo Wyrick
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Redaktion: Christiane Mühlfeld
BH · Herstellung: ik
Satz: Mediengestaltung Vornehm GmbH, München
ISBN: 978-3-641-26719-3
V001
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Für meine Tochter Beth, die mich gelehrt hat,
was Mut bedeutet.
In welch’ Himmeln ungeheuer
schmolzen Deiner Augen Feuer?
Auf welch’ Flügeln, unbenannt,
flog der, der ergriff den Brand?
William Blake, Tyger
1
Der König liegt in Babylon
Der König war tot. Alexander lag in Babylon, im Palast der Perserkönige, auf seinem Sterbebett. Und ich hatte über seinen Leichnam hinweg ohne verständlichen Grund einen Mann getötet.
Das Gerangel war selbst hier weitergegangen, in seinem Sterbegemach.
»Zu mir! Zu mir!«, schrie Perdikkas, barhäuptig und mit vor Schweiß glänzendem Gesicht. Er sei der Nachfolger, behauptete er, Alexander habe ihm seinen Ring in die Hand gedrückt.
Andere sagten, der Ring sei für Krateros bestimmt, der nicht hier war.
Und natürlich erhoben auch noch andere Anspruch. Sein Leichnam war noch nicht kalt.
Ich trat einen Schritt zurück. Das Blut lief in den Rillen der Schwertklinge hinunter, als ich in Abwehrhaltung ging; warme Rinnsale liefen über meine Fingerknöchel. Die Beine des Königs waren unter seinem Chiton nackt. Falls er bedeckt gewesen war, wie es sich ziemte, so war das Leichentuch beim Kampf verrutscht. Ein Tropfen fiel von meiner Klinge und glitzerte auf einem goldenen Haar.
Der junge Eunuch war über ihm zusammengesunken, schützte ihn mit seinem toten Körper. Zumindest nahm ich an, dass er tot war. Er lag ganz still, den Rücken wehrlos den Schwertern rund um die Totenbahre herum preisgegeben.
»Drängt sie zurück!«, brüllte Perdikkas. Anscheinend gewann er die Oberhand.
Das Schwert in der Hand, stand ich da. Niemand kam mir nahe. Ich hatte keinen Grund, irgendjemanden anzugreifen.
Ein Mann ging zu Boden. Perdikkas und zwei weitere Kämpfer stürzten der Tür entgegen, drängten ihre Gegner zurück. Ich vernahm den letzten Atemzug des Sterbenden, dieses typische Todesröcheln, und rührte mich dennoch nicht von der Stelle. Wem sollte ich mich anschließen? Perdikkas? Gut genug war er ja, aber er hatte nie auch nur ein Wort an mich gerichtet. Krateros, der Männer, die Frauen aus fremden Ländern heirateten, verlacht und ihre Söhne als Bastarde bezeichnet hatte?
Mein Herr war doch schon tot.
Und so stand ich über der Bahre und lauschte meinem Atem.
Draußen verhallte das Kampfgeschrei allmählich in der Ferne. Vielleicht hatte Perdikkas sie bis in die Halle zurückgetrieben oder zum Badehaus.
Die Lampe begann zu qualmen, bald wäre das duftende Öl verbraucht und der Gestank des Todes würde den Raum erfüllen.
In diesem Augenblick begann der junge Eunuch sich zu regen. Er atmete flach. Da ich keinen Grund hatte, ihn zu töten, wischte ich mein Schwert an dem herabgefallenen Leichentuch ab, trat über den Sterbenden hinweg und verließ das Gemach.
Ich fand Glaukos in der Küche. Er hatte drei Weinkrüge vor sich, außerdem eine Zwiebel. Messer und Speisen lagen auf dem Tisch; die Bediensteten hatten gerade eine Mahlzeit zubereitet, bevor sie vor Angst das Weite gesucht hatten.
Glaukos blickte zu mir auf. Aus seinen Augen war alles Leben gewichen. »Dann kommst du also, um mich zu töten?«
Schwer setzte ich mich auf die Bank. »Warum sollte ich, du Säufer? Die Welt liegt in Trümmern, und du trinkst schon wieder.«
»Solltest du auch mal versuchen«, entgegnete er. »Spricht doch nichts dagegen.«
Ich goss ein wenig Wein in einen Tonbecher und nahm einen kleinen Schluck. Es war ein guter, starker baktrischer Rotwein, dunkel und vollmundig, völlig unverdünnt. Ich vermutete, dass er für die Tafel des Königs gedacht gewesen war.
»Elefanten, hat er gesagt«, brummte Glaukos. »Der König wollte Elefanten. Ich hab gesagt, ich kann unmöglich Elefanten auftreiben. So konnte man mit ihm reden. Ich hab gesagt, keine Elefanten, und warum er mich überhaupt nach den Biestern fragt, ich hab doch mein Lebtag noch nie etwas mit Elefanten zu tun gehabt. ›Glaukos‹, hat er gesagt, ›ich weiß, du kannst mir welche beschaffen.‹« Er schenkte sich nach, während ihm Tränen übers Gesicht liefen. »Dann also Elefanten.«
»Ich will nichts von deinen verfluchten Elefanten hören«, wehrte ich ab.
»Und als ich dann mit diesen vier Elefanten am Flussufer aufgetaucht bin …«
»Kein Wort von den Elefanten!«, herrschte ich ihn an und schlug ihm den Becher aus der Hand. Er zerschellte auf dem Boden und ein roter Weinfleck breitete sich dort aus.
Aus seinem Blick sprach Verblüffung, doch seine Stimme klang völlig unaufgeregt. »Das war aber nicht nett«, sagte er. Mit den langsamen, bedachten Bewegungen des Betrunkenen stand er auf, ging zu einem Bord an der Wand und kam mit einem neuen Becher zurück.
Ich warf noch einen Blick auf ihn und verließ die Küche.
Im Flur war es still. Falls der Kampf hier getobt hatte, so war er jetzt weitergezogen. Ziellos streifte ich durch die Korridore. In der Empfangshalle waren die goldenen Ornamente des Throns heruntergerissen worden, ein kleiner geschnitzter Tisch lag umgekippt auf der Seite. Ich ging den Flur hinunter zum Badehaus.
»Halt! Wer da?«, hörte ich eine bekannte Stimme rufen, gleich danach wurde ein Riegel zurückgeschoben.
Ich blieb stehen. »Lydias von Milet«, antwortete ich.
»Ah.« Er trat in die Lücke zwischen den Türflügeln des Badehauses. Hinter ihm konnte ich vier oder fünf weitere Männer sehen, einige gerüstet, in annehmbarer Schlachtordnung. »Nimm die Hand vom Schwertgriff«, befahl er.
Ich tat es. »Artashir.«
Er war ein Gefährte, allerdings war er mit einem Bogen bewaffnet. Die Perser erlernen die Kunst des Bogenschießens sehr früh, und ich hielt es für klug, nicht daran zu zweifeln, dass er damit umzugehen wusste. Nicht, wenn der Pfeil direkt auf meine Brust zielte.
»Seid Ihr ein Freund oder Feind?«, wollte er wissen.
»Von wem?«, fragte ich.
Das Badebecken hinter ihm war blau und klar. Der König hatte hier den größten Teil seiner letzten Tage verbracht.
»Von uns«, antwortete Artashir nach nur ganz kurzem Zögern. Er war jünger als ich, hochgewachsen und eckig, mit einem kurzen Bart nach persischem Brauch.
»Ich bin nicht euer Feind«, sagte ich. Die Wahrheit war, ich kannte den Mann kaum. Bis zu der Zeit nach Gedrosia waren wir nie zusammen am selben Ort gewesen, und danach hatte ich keine Freundschaften geschlossen.
»Wir halten das Badehaus«, verkündete er.
»Für wen?«
»Für den König«, erwiderte er.
Ich lachte, und selbst in meinen eigenen Ohren klang es überspannt. »Der König ist tot. Ihr werdet das Badehaus bis in alle Ewigkeit halten.«
Artashir reckte sich, seine dunklen Augen schimmerten verdächtig. »Dann tun wir das. Wir werden auf Befehle warten, wie Gefährten es tun sollten.«
»Dann wartet eben und verrottet.« Ich machte kehrt und ging davon.
Niemand gab einen Pfeil auf mich ab..
Vom Hof der Stallungen her konnte ich Kampfgeräusche hören, doch ich hatte kein Verlangen danach, die Schlacht zu suchen. Mein Schwert wog zu schwer in meiner Hand, und der verlassene Palast war zu leer. Im Vorzimmer der Empfangshalle lagen Papiere herum, Briefe und Meldungen, all die Geschäfte des Reiches, die des Königs Hand harrten. Die Lampen brannten in ihren durchbrochenen Haltern. Draußen im Hof plätscherte der Springbrunnen. Halb rechnete ich damit, dass er erstarrt war, dass die Tropfen regungslos in der Luft schwebten. Gewiss konnte doch die Sonne nicht untergehen, die Tropfen nicht fallen.
Ich wanderte zurück in die Küche, wo Glaukos immer noch saß.
Trübsinnig blickte er vom Tisch auf. »Na, wieder da?«
Ich zuckte die Achseln. »Weiß sonst nichts Besseres. Ist wohl am besten, mit einem Freund zu sterben.«
»So ist’s recht.« Glaukos rückte zur Seite und schenkte mir ein. Die Hälfte des unverdünnten Weins schwappte aus dem Becher, so unstet waren seine Hände. »Hab immer schon gedacht, dass ich mal mit dir draufgehen würde.«
Ich hob meinen Becher zum Gruß. »Auf den Tod, mein Freund Glaukos. Auf den Tod und eine Ewigkeit inmitten der Schatten.«
Glaukos hob seinen Becher und blinzelte mich an. »Weißt du, Lydias, seit Gedrosia bist du ein bisschen seltsam.«
»Seltsam nennst du mich?«, fragte ich. »Alexander ist tot. Spielt es da eine Rolle, ob ich seltsam bin? Wir werden in einer fremden Stadt abgeschlachtet werden, genau wie die Magi gesagt haben. So sind die Würfel eben. Wenn man oft genug würfelt, verliert man.« Der Wein war sehr gut. Mir kam der Gedanke, dass er möglicherweise für den König bestimmt gewesen war. Vielleicht war er ja vergiftet. Davon war gemunkelt worden.
Ich betrachtete den Bodensatz. Nichts zu sehen. Das flackernde Licht ließ die Form einer Gestalt auf der Oberfläche entstehen, die an einen Oktopus erinnerte.
Sanft berührte Glaukos meine Hand. »Trink aus, mein Freund«, sagte er.
Ich tat es. Wenn ich vergiftet wurde, so kümmerte es mich nicht länger.
Ich trank mit ihm, während die Nacht durch die Fenster hereinkam und die Lampen blakten und schließlich erloschen. Stille senkte sich über den Palast. Glaukos redete und redete, immer unsinnigeres Zeug. »Elefanten«, flüsterte er, bevor er den Kopf auf die Arme legte und die Augen schloss.
Gift, dachte ich. Natürlich.
Am anderen Ende der Küche raschelte etwas. Zwei grüne Augen starrten mich aus dem Dunkel unverwandt an.
»Tod«, flüsterte ich, als sich eine graue Katze langsam aus dem Schatten löste und ich anfing zu glauben, dass sie mit mir sprach. In Worten, die ich nicht verstand.
Und dann nahm mich die Nacht in sich auf.
Der Morgen drang bereits durch die Fenster, als ich von Glaukos’ lautem, lästigem Schnarchen erwachte. Mein Kopf dröhnte schmerzhaft und auf dem Tisch waren fünfzehige Pfotenabdrücke aus rotem Wein.
Der König war noch immer tot.
Ich war noch immer am Leben.
2
Der Karer
Einst lebte ein Knabe in einer Stadt am Meer, die früher Millawanda gewesen war, die Stadt der gewaltigen Mauern, vor vielen Jahren, in jener Zeit, von der Homer kündet, als Troja fiel und finstere Seeräuber über das Meer herrschten. Er war ein dürrer, dunkelhaariger Junge von zehn Jahren, und sein Name war Jio.
Na schön. Ich kann das nicht erzählen wie ein Dichter. Ich bin Soldat und muss mich viel schlichter ausdrücken.
Einst war ich ein Knabe namens Jio und lebte in der Stadt Milet. Meine Mutter war eine Karerin von der Küste weiter im Süden, mit blitzenden dunklen Augen und hohen Wangenknochen, honigfarbener Haut und langen, schmalen Händen. Ihr langes Haar fiel ihr in Locken den halben Rücken hinunter, und sie war üppig und ungezähmt, neigte gleichermaßen dazu, leidenschaftlich um Adonis zu schluchzen und zu tanzen. Vielleicht, weil sie die Konkubine eines Mannes war, den sie nicht mochte, aber wer sucht sich schon aus, wem er dient?
Mein Herr – mein Vater – hatte ein Dutzend Söhne, die Hälfte davon von ehelicher Geburt, und Enkel, die beinahe so alt waren wie ich. Er war ein wohlhabender Kaufmann von korinthischer Abstammung, dessen Vorväter schon vier Generationen vor meiner Geburt in Milet ansässig gewesen waren. Doch zu Hause sprach er griechisch und betrachtete sich als Schüler der attischen Philosophie. Wir sprachen nichts anderes als griechisch, sogar in den Frauengemächern, weil seine Gemahlin nichts anderes gestattete. Ihre Kinder sollten sich keinerlei Liederlichkeit angewöhnen, ihre Söhne würden vornehme griechische Herren sein.
Ich hatte die ganze Wildheit meiner Mutter geerbt, und nichts von ihrer Schönheit. Ich kletterte auf den Bäumen im Garten herum und verputzte die Früchte, entwischte über die Mauer und streifte durch die Stadt. Lief zum Hafen und sah zu, wie die Schiffe ein- und ausliefen, träumte von dem Tag, an dem ich auf einem dieser Schaluppen das Weite suchen würde, nach Tyros oder nach Sidon, nach Pelusium oder nach Syrakus. Im frischen Seewind stand ich auf der Mole, die Arme ausgebreitet wie Vogelschwingen, und träumte vom Fliegen. Nachts träumte ich, dass der Wind mich hochhob und ich wie Ikarus über Land und Meer schwebte, bis sich die ganze Welt unter meinen Flügeln erstreckte, prachtvoll wie ein mit bunten Fäden gestickter Wandbehang.
Im fernen Griechenland, auf der anderen Seite des Meeres, stritt Philipp, der König der Makedonen, mit Athen, und die Heilige Schar fiel auf dem Schlachtfeld von Chaironeia im Kampf gegen einen Prinzen von siebzehn Jahren. Noch kannte die Welt den Namen Alexander nicht. Ich hatte ihn noch nie gehört, doch der Wind wehte bereits, Blätter trieben vor dem Sturm dahin, der da kommen sollte.
Mein Vater, gerissener Kaufmann, der er war, hatte schon immer ein Auge für Profit, und er war nur zu gern bereit, mit Makedonien Handel zu treiben. Schiffe kamen und gingen, nach Amphipolis und Phillippopolis; ihre makedonischen Kapitäne wurden mit Wein und Gesprächen empfangen, die an Verrat grenzten. Ja, gewiss wären die griechischen Küstenstädte die Herrschaft der Perser gern los. Mein Vater spreizte die Hände. Doch das war selbstverständlich ein Wunschtraum, es sei denn, ein so mächtiger Anführer wie Philipp könnte ein neues, stärkeres Bündnis schmieden. Vielleicht ja ein König wie Philipp. Welche Stadt Griechenlands könnte das schließlich fertigbringen und Männer wie ihn aus der Knechtschaft unter Barbaren befreien?
Barbaren, dachte ich. Für ihn sind wir alle Barbaren, mit seinen philosophischen Schriftrollen, die er wahrscheinlich sowieso nicht versteht. Wir sind Barbaren, seine minderwertigeren Kinder. Ich konnte kein Wort lesen; die Dienste des teuren Sklaven aus Syrakus, der seine legitimen Enkel unterrichtete, wurden nicht an mich verschwendet. Und warum auch? Meine Welt war die Welt der Stadt; dort hieß es Botengänge erledigen und umherflitzen und tun, was die Frauen wollten. Ihnen Kleinigkeiten vom Markt besorgen, dem alten Eunuchen aus dem Weg gehen, der in der Küche das Regiment führte und mich ständig dazu anstellen wollte, irgendetwas zu schälen oder irgendetwas abzuwaschen. Es gab doch viel zu viel in dieser Welt, um Zeit mit Küchenarbeiten zu vergeuden.
Natürlich gab es manchmal Ärger, wenn ich mich davonmachte, und dann stritten meine Mutter und die anderen über meine Strafe. Ein paar Streiche mit der Rute waren nicht so furchtbar schlimm, und ich nahm sie als Preis für meine Freiheit hin. Doch meine Mutter bekam dann Wutanfälle und schrie, bis das ganze Haus aufgescheucht war, fuhr auf den alten Eunuchen los und versuchte, ihm die Augen auszukratzen, weil er ihren Sohn geschlagen hatte. Mir war das immer ein bisschen peinlich.
Oft ging das so lange, bis mein Vater eingriff. Mich nahm er kaum zur Kenntnis, doch auf die Possen meiner Mutter hin zeigte er sich ängstlich besorgt um sie. Er rief nach kühlem Wasser und einem dunklen Zimmer, benetzte ihr Hände und Gesicht, wisperte Zärtlichkeiten und hielt ihr mit eigenen Händen einen Becher mit verdünntem Wein an die Lippen, während seine Gemahlin weiter vor Zorn kochte.
Einmal fing der alte Eunuch meinen Blick auf, als dies geschah. »Die Liebe ist unergründlich«, meinte er. »Und sie unterwirft alle, sogar Könige.«
Diese Lektion nahm ich mir wahrlich zu Herzen.
Meine Mutter starb, als ich zehn war. Vielleicht hätte uns das in unserer Trauer einander näherbringen sollen, meinen Vater – meinen Herrn – und mich, doch so war es nicht. Statt sich an mich zu klammern, wollte er sich allem entledigen, was ihn an sie erinnerte. Und was sollte ihn mehr an sie erinnern als ihr gemeinsamer Sohn?
Ihre Bestattung war vielleicht eine Woche her, als mich eine der Frauen hereinrief und mir befahl, sofort ein Bad zu nehmen, der Herr wolle mich sehen. Ich wurde eilends abgeschrubbt, mein langes dunkles Haar wurde gekämmt und im Nacken zu einem nassen Pferdeschwanz gebunden. Dann wurde ich in einen zu kurzen Chiton aus gutem Tuch gesteckt, der dem ältesten Enkel gehörte. Noch rosig vom Bade wurde ich eilig ins Speisegemach geführt.
Mein Vater lag auf einem Ruhebett, und ein Mann, den ich nicht kannte, räkelte sich auf einem anderen, dem allerbesten, da er ein Ehrengast war. Angesichts seines bartlosen Gesichts dachte ich, er wäre ein Eunuch, doch wenn dem so war, so war er gekleidet wie ein vornehmer Herr. »Das ist Jio«, verkündete mein Vater. »Er ist im Frühjahr zehn geworden, zur Tagundnachtgleiche.«
Eigentlich war mein Geburtstag zwei Wochen später, doch ich war verblüfft, dass er überhaupt wusste, wie alt ich war.
»Komm her, Jio«, sagte der Mann, und ich ging zu ihm hinüber. Der Mosaikboden war kalt unter meinen schwieligen Füßen. »Sieh mich an.«
Ich tat wie geheißen und suchte in seinem Gesicht nach irgendeinem Hinweis. Ich verstand das alles nicht. Sein Blick wanderte über mein Gesicht, meinen Überbiss und mein spitzes Kinn. Über meine Brauen, die über den Augen zu einem einzigen langen Strich zusammenwuchsen, meine sonnendunkle Haut und meine gewöhnlichen braunen Augen.
»Dreh dich für den Mann, Jio«, befahl mein Vater. »Heb die Arme über den Kopf.«
Etwas beschämt tat ich es; als ich die Arme hob, rutschte nämlich der zu kleine Chiton so hoch, dass mein Gesäß halb entblößt war.
Die Stimme des Mannes klang belustigt. »Was habt Ihr Euch denn dabei gedacht? Der Junge gehört in den Stall, nicht ins Schlafgemach! Ohne Anmut und ohne jegliche Bildung, mit einem Gesicht, in das er erst mit zwanzig hineinwachsen wird! Ja, er hat gute Knochen, und ich glaube ja, dass seine Mutter eine Schönheit war, aber ich sage Euch ganz ehrlich, den nimmt Euch keiner ab. Nicht einmal als Gefälligkeit.«
»Du kannst gehen, Jio«, sagte mein Herr kalt, und ich sauste dankbar davon und war froh, dass ich entkommen war, wem oder was auch immer.
Ein paar Tage später wurde ich an einen Pferdehändler verkauft.
Der Pferdehändler, dessen Name Tehwaz war, war kein grausamer Mann. Weder Menschen noch Tieren war er besonders zugetan, doch er prügelte beide nie zum Vergnügen. Mensch und Pferd sollten gehorchen lernen, das war alles. Es war auch nichts Sanftmütiges in ihm. Er kaufte Pferde und verkaufte sie für einen höheren Preis. Sie waren Verkaufsware, und er verspürte keinerlei Zuneigung oder Liebe zu einem von ihnen. Natürlich mussten sie gefüttert und versorgt werden, sonst verloren sie ja an Wert.
Der letzte Junge war ihm an einem Fieber gestorben, und er brauchte einen neuen, um die Ställe auszumisten und die schmutzigsten Arbeiten zu verrichten. Jedes Pferd musste täglich gestriegelt und bewegt werden, und selbst die Jährlinge, die noch nicht zugeritten waren, mussten ins Freie gelassen werden. Wenn man Pferde einsperrte, würden sie krank werden, erklärte er mir, und für Pferde, die krank seien, gäbe es keinen guten Preis. Ebenso sorgte er dafür, dass Pferde und Menschen genügend Nahrung erhielten, und auch wenn das Essen stets das allerbilligste war, so war doch zumindest immer ausreichend da.
Natürlich versuchte ich wegzulaufen. Viermal versuchte ich es, und jedes Mal wurde ich erwischt, noch ehe ein halber Tag vergangen war, wurde zurückgebracht und bekam die unvermeidliche Tracht Prügel. Dabei lag kein Zorn in den Hieben, genauso wenig wie in denen auf den Junghengst, der nach Menschen biss. Das waren schlechte Angewohnheiten, die es Pferd und Knaben gleichermaßen auszutreiben galt.
Es wirkte. Nach dem vierten Mal ging mir auf, dass ein halber Tag Freiheit, der zu vier Tagen Schmerzen führte, keinen Sinn hatte, und dass ich nicht fliehen sollte, solange keine Aussicht bestand, dass mir die Flucht tatsächlich gelingen könnte. Ich würde warten und den richtigen Augenblick abpassen müssen. Schließlich war ich klüger als der Junghengst.
Und so fügte ich mich recht zufriedenstellend, machte meine Arbeit, mistete aus, schaufelte Pferdeäpfel und altes Heu hinaus und schaffte neues Heu herbei, um die Wandraufen zu füllen. Das tat ich den Winter über den ganzen Tag lang, denn es standen immer zwischen zwölf und vierzehn Pferde im Stall. Meine Armmuskeln wurden stärker, während ich immer dünner wurde, bis es den Anschein hätte, als bestünde ich nur aus Knochen und Muskeln. Größer wurde ich auch, einer dieser geheimnisvollen Wachstumsschübe. An meinem Geburtstag im Frühling, als ich elf wurde, sah ich nicht länger wie ein Knabe aus.
Mein Trost und meine Freude waren die Pferde. Früher hatte ich nie mit Pferden zu schaffen gehabt, jetzt jedoch verbrachte ich den lieben langen Tag mit ihnen. Da ich es war, der ihre Verschläge ausmistete und der sie beim Striegeln am Halfter hielt, der ihnen sauberes Heu brachte und nachts auf dem Heuboden über dem Stall schlief, gewöhnten sie sich sehr schnell an mich. Ein Pferd fasste besonderes Zutrauen zu mir. Eine schlanke weiße nisäische Stute, die von einem für seine Rennsiege berühmten Hengst trächtig war.
Das Fohlen sollte ungefähr zur Zeit meines Geburtstages kommen, und Tehwaz hegte große Hoffnungen, dass es eine Menge Geld wert sein würde. »Bei der Schönheit der Mutter und der Schnelligkeit des Vaters wird das ein Pferd, das eines Königs würdig ist«, sagte er.
»Werdet Ihr es verkaufen?«, fragte ich. Dabei hoffte ich, er würde damit eine Weile warten, weil ich die Stute sehr gern mochte.
»Nicht, bis es mindestens ein Jahr alt ist«, antwortete Thewaz. »Und wer weiß? Vielleicht behalte ich es ja, bis es zugeritten ist und ich den besten Preis kriegen kann.«
»Es verkauft sich bestimmt besser, wenn es ein oder zwei Rennen gewonnen hat, damit die Leute wissen, was es kann«, meinte ich listig. In meinem Kopf tauchte ein Bild auf: ich auf dem Rücken eines milchweißen Hengstes, der mühelos über die Ziellinie stürmte, während die Menge meinen Namen brüllte.
»Da könntest du recht haben, Jio«, brummte Tehwaz. »Wir werden sehen.«
Das Hengstfohlen kam in der Nacht der Tagundnachtgleiche zur Welt, und ich war es, der am Kopf seiner Mutter stand, als es ins Stroh plumpste. Ein Hengst, ja, aber nicht milchweiß. Er war fast rot, mit weißer Blässe, weißen Fesseln und langen, spindeldürren Beinen; er würde so groß werden wie seine Mutter.
Als er mit weit gespreizten Beinen neben der Stute stand und trank, klopfte Tehwaz mir auf die Schulter. »Gut gemacht, Junge. Und auch wenn er nicht weiß ist, er sieht aus wie sein Vater, und das genügt. Der wird groß, wie die Nisäer eben sind. Schau doch, wie hoch er jetzt schon ist! Wenn der erwachsen ist, trägt er einen Mann in voller Rüstung.«
»Er ist wunderschön«, sagte ich, denn ich hatte mich gerade verliebt.
Von diesem Tag an verbrachte ich alles an freier Zeit mit ihm, was ich hatte. Tehwaz nannte ihn Glücksbringer, ich jedoch hatte einen anderen, besseren Namen für ihn. Wenn ich ihm dabei zusah, wie er auf der Weide herumtollte, zum Spaß die Beine in die Luft warf und im Frühlingssonnenschein galoppierte und sprang, dann schien es mir, als tanze er mit einem unsichtbaren Zwilling, mit dem Gott der Pferde, der gekommen war, um an seiner Seite zu spielen. Ich nannte ihn Göttertänzer.
Aus dem Spätfrühling wurde allmählich Sommer, und wir verließen Milet. Es war Zeit für die Rundreise zu all den Märkten entlang der Küste, von dem großen Pferdemarkt in Halikarnassos bis zu dem in Ehweh im Hochland, in den Bergen, wo selbst im Sommer Schnee auf den Gipfeln lag. Hethitische Länder, hieß es, wo die Menschen schon seit Urzeiten den Göttern der Höhen gehuldigt hatten. Auf den hohen Bergweiden wuchsen gute Pferde heran, und wir zogen lange dort hindurch, kauften und verkauften. Göttertänzer war natürlich nicht zu verkaufen, doch er zeigte sich von seiner besten Seite und tänzelte ausgelassen neben seiner Mutter die Straße entlang. Manche Pferde kommen nicht gut damit zurecht, jede Nacht woanders zu verbringen, ihn jedoch störte es überhaupt nicht.
»Für den Feldzug geboren«, stellte Tehwaz fest. »Nicht einen furchtsamen Knochen im Leib. Der wird mir den besten Preis einbringen, den ich jemals bekommen habe, merk dir meine Worte!«
Das tat ich. Göttertänzer würde verkauft werden, aber noch nicht jetzt. Noch nicht. Wir hatten noch mindestens ein Jahr, er und ich.
Häufig kauften wir in einem Ort ein Pferd und verkauften es ein Stück weiter wieder, daher lernte ich, alle möglichen verschiedenen Pferde zu reiten und mich auch auf den unberechenbaren zu halten. Oft ritt ich Göttertänzers Mutter, während er munter neben uns hertobte; wir bildeten die Nachhut des Trosses und sorgten dafür, dass keine unserer Neuerwerbungen vom Wege abkam. Der Himmel war blau und auf den Gipfeln glitzerte der Schnee. Auf den Luftströmungen hoch über uns hielten Adler Wacht und schienen hin und wieder beinahe regungslos im Raum zu stehen, vom Winde getragen.
Ich hätte davonlaufen können. Doch wohin? Ich war ein Stadtkind, was sollte ich ganz allein in offenem Gelände anfangen? Ich wusste nicht, wie man jagt oder Fährten liest, und ich wusste nicht, wohin ich mich wenden könnte. Und ich hätte Göttertänzer zurücklassen müssen. Tehwaz hatte mich ebenso sicher in seiner Gewalt wie Göttertänzer, der ohne Halfter oder Strick dahinhüpfte und mir und seiner Mutter folgte.
Als der Herbst zu Ende ging und der Winter kam, kehrten wir nach Milet zurück. Ich glaube nicht, dass mein Vater mich erkannt hätte, wären wir uns auf der Straße begegnet. In den vergangenen zwei Jahren hatte ich mich verändert. Ich wuchs; genau wie Göttertänzer würde ich, nach der Länge meiner Beine zu urteilen, groß werden. Es schien, als sei alles an mir ungelenk, und die Knochen taten mir weh vom schnellen Wachsen. So etwas wie genug zu essen gab es nicht. Ich vertilgte den Anteil eines ausgewachsenen Mannes und war immer noch hungrig, wollte immer noch mehr. Den Winter verbrachten wir in Milet, und im Frühling waren wir von Neuem auf der Straße.
Tehwaz hatte von einem der vornehmsten Männer der Stadt ein Angebot für Göttertänzer bekommen, über das er laut lachte. »Wenn er das für einen Jährling bezahlen will, der noch nicht mal zugeritten ist, dann überleg doch mal, was er erst im Herbst bieten wird!«
Ich überlegte, das Gesicht an Göttertänzers glänzendes Fell gedrückt. Auch er wuchs heran. Bald würden wir damit anfangen, ihn zu schulen, und wenn er stark genug war, würde ich ihn reiten. Ich würde der Erste sein, versprach ich ihm. Er sollte keinerlei Grausamkeit erleben, sich keine schlechten Angewohnheiten aneignen. Wenn es so weit war, sollte er nichts als Liebe erfahren.
Und er liebte mich. Das erkannte ich an dem Eifer in seinen braunen Augen, daran, wie er wieherte, wenn ich in seine Nähe kam, ein schwacher Schatten des Hengstwieherns, das bald aus ihm hervorbrechen würde. Natürlich würde er nicht kastriert werden; als Deckhengst würde er viel zu viel wert sein. In ihm würde sich jedes Versprechen erfüllen, stark und groß und sanftmütig, schnell und fügsam und mutig. Göttertänzer würde Fürsten dienen, niemand Geringerem.
Außerdem hatte es keine Eile, ihn zu veräußern, und es gab auch keinen Ansturm von Kaufangeboten. Im Frühjahr hatte Panik geherrscht, als das Gerücht umging, Phillip von Makedonien hätte vor, in Asien einzumarschieren und Schlachtrösser würden heiß begehrt sein. Es war viele Jahre her, dass die griechischen Kolonien Ioniens unabhängig gewesen waren, bevor die Perser sie erobert hatten, doch Leute wie mein Vater träumten noch immer von jenen Zeiten. Philipp hatte die letzten Städte Griechenlands besiegt, die gegen seinen Korinthischen Bund gewesen waren, und hatte einen mächtigen Eid geschworen, die Städte Asiens von den Persern zu befreien. Er war ein respekteinflößender Mann, und eine Zeit lang sah es so aus, als würde er tatsächlich mit einem Heer übersetzen. Doch er wurde bei einem Fest in seiner eigenen Stadt hinterrücks ermordet, und es würde keinen Einmarsch geben. Sein Nachfolger zählte kaum zwanzig Jahre. Die Satrapen der westlichen Provinzen seufzten erleichtert auf. Es würde lange Jahre dauern, bis Makedonien von Neuem eine Bedrohung darstellte. Ohne uns um Kriegsgerüchte zu scheren, brachen wir ins Hochland auf, zur Rundreise über die Pferdemärkte.
Eine Woche vor seinem zweiten Geburtstag fing ich an, Göttertänzer zu reiten, ohne Decke oder Zaumzeug, nur mit Halfter und Schenkeln. Ich sollte das lieber versuchen, bevor Thewaz es tat, dachte ich, damit ich ihm zeigen konnte, dass Göttertänzer bereits eingeritten war, und damit keine Grobheiten nötig sein würden. Dazu gab es in der Tat keinen Anlass. Wir übten des Nachts, im Licht des Mondes, und als Tehwaz einen Monat später mit dem Zureiten anfangen wollte, konnten wir mit einer hübschen Darbietung aufwarten. Im Schritt und im Trab ging es rund um den Reitplatz; mit stolz gewölbtem Hals folgte Göttertänzer bei jedem Schritt meinen Hilfen. Zusammen führten wir alles vor, was wir konnten, und trabten sogar über auf dem Boden liegende Stangen, die ersten Anfänge des Springens. Schließlich hielten wir genau vor ihm an, Göttertänzer mit straff gespitzten Ohren und ich mit einem Grinsen, das ich nicht unterdrücken konnte.
Tehwaz nickte, so wie er es tat, wenn er feststellte, dass ein Pferd unerwartet gut und mehr wert war, als er für es bezahlt hatte. »Aus dir wird noch mal ein Reiter«, brummte er. »Von heute an reitest du die Gäule.« Er kaufte einen neuen Knaben zum Ausmisten, und mir wurde stattdessen aufgetragen, die Pferde zu bewegen und mit ihnen zu arbeiten, um ihnen kleinere Unarten abzugewöhnen, wie zum Beispiel zu dicht auf das Vorderpferd aufzulaufen.
Göttertänzer war natürlich mein Liebling, doch die anderen Pferde liebte ich auch. Manchmal dachte ich insgeheim, der Gott der Pferde müsste zufrieden mit mir sein.
Tehwaz begann, Göttertänzer all die Dinge beizubringen, die ein Schlachtpferd können sollte, und ich lernte sie ebenfalls. Mein Herr war nicht mehr so jung wie früher, und Uferböschungen hinauf- und hinunterzuklettern oder durch die eisigen Bäche des Hochlands zu waten war kein Vergnügen für ihn. Hatte er uns beiden etwas gezeigt, war es an mir, es mit Göttertänzer zu üben. Wir stürmten auf ein Ziel los und wichen im letzten Moment aus, setzten über niedrige Hürden, ritten auf Dinge los, die flatterten oder Lärm machten, und lernten, im Galopp um Hindernisse herumzuschwenken. Auf diese Weise lernte auch ich.
»Nächstes Jahr, wenn er drei ist, bringt er genug ein, um mich zu einem reichen Mann zu machen!«, schwärmte Tehwaz. »Und dann überlasse ich die Reise zu den Pferdemärkten meinem Neffen und verbringe meine Tage daheim in Milet.«
Er strahlte vor Freude, doch mir war richtig übel. Göttertänzer würde irgendwo anders hinkommen, zu einem vornehmen Herrn, der ihn vielleicht lieben würde, vielleicht aber auch nicht. Und ich würde mit Tehwaz’ Neffen geschlagen sein und endlose Runden über die Pferdemärkte drehen. Ich würde vierzehn Jahre alt sein, und doch schien es, als würde mein Leben ohne ihn zu Ende sein.
Im Frühling wurde kein Markt abgehalten. Die edlen Herren aus Milet waren von dem Satrapen von Sardes zu den Waffen gerufen worden, um sich dem Heer des Großkönigs anzuschließen, das von Anaya aus nach Westen marschierte. Der neue König von Makedonien hatte die Meerenge überquert und hielt just in diesem Moment Rituale am Grabe von Achilles von Troja ab. Sein Name war Alexander, und obgleich er sehr jung war, durfte man ihn doch nicht unterschätzen.
Während die hohen Herren von Milet nach Norden marschierten, zogen wir über die frühen Pferdemärkte südlich von Halikarnassos. Dort strichen wir gutes Geld dafür ein, Göttertänzer zum ersten Mal decken zu lassen, was Tehwaz ungemein freute. Insgeheim hoffte ich, er würde ihn vielleicht doch nicht verkaufen wollen, sollte der Deckpreis hoch genug sein und regelmäßig genug bezahlt werden.
Während wir dort waren, kam die Nachricht – Alexander hatte das Heer des Großkönigs am Ufer des Granikos besiegt, und jetzt marschierte er die Küste hinunter. Städte öffneten ihm die Tore, Kaufleute wie mein Vater beteuerten, dass sie Makedonien schon immer bewundert hätten und ihn als Befreier betrachteten. Die Flotte des Großkönigs beabsichtigte, sich ihm im Hafen von Milet entgegenzustellen, und sie hatten die Stadttore verrammelt. Jetzt wurde Milet belagert.
»Für nichts in der Welt würde ich nach Milet gehen. Wir würden unsere ganze Herde verlieren«, knurrte Tehwaz. »Fürwahr, am besten, wir ziehen ins Hochland hinauf und überlassen das alles dem Großkönig.«
Natürlich kam mir der Gedanke, mich davonzumachen. Mit Göttertänzer könnte ich weit kommen. Doch er war nicht nur sehr leicht zu erkennen, sondern auch sehr wertvoll, und wenn man mich fasste, wäre ich ein Dieb und kein Ausreißer. Ich hatte kein Verlangen, es darauf ankommen zu lassen.
Wir waren in Emmen im Hochland, als wir hörten, dass Milet sich nach kurzer Belagerung ergeben hätte; die Tore standen offen und in der Stadt ging alles wieder seinen gewohnten Gang. Die Führer der Stadt hatten Frieden mit Alexander geschlossen, und es schien, dass alles gut sein würde, solange der Tribut an ihn und nicht an den Großkönig gezahlt wurde.
Tehwaz zuckte die Schultern. »Die hohen Herren drehen das Rad, und uns ist es gleich. Trotzdem, einem Heer sollte man besser nicht in die Quere kommen, vor allem nicht mit einer Herde Pferde. Wir brechen die Reise ab und kehren auf direktem Weg nach Milet zurück, da war dieser König ja schon.«
Und das taten wir auch. Tehwaz hatte recht damit, dass sich anscheinend wenig geändert hatte. Ich starrte die zertrümmerten Tore an, als wir in die Stadt ritten, die schwarzen Rußstreifen an einigen Mauern. Statt der persischen Flotte war der Hafen voller griechischer Schiffe, doch die Gebäude der Stadt schienen wenig Schaden genommen zu haben. Milet hatte nur sechs Tage gegen Alexander ausgehalten, und die meisten Kämpfe hatten auf See stattgefunden. Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen. Krieg erschien mir sehr aufregend, und ich verfluchte Tehwaz’ Vorsicht, die mich um die Gelegenheit gebracht hatte, eine Kostprobe davon zu erhalten.
Es waren noch immer Makedonen und Griechen in der Stadt, obwohl der König und das Hauptheer nach Halikarnassos weitergezogen waren. Die Verwundeten waren hier, und auch die Befehlshaber und Männer der Flotte, außerdem ein paar sehr junge Männer, die Verpflegung für das Heer beschaffen sollten. Sie plünderten nicht etwa das Land, sondern bezahlten für den Proviant, wenngleich auch nur ungefähr den halben Preis. Trotzdem, meinte Tehwaz, es hätte schlimmer kommen können. Noch hatte ich keine Vorstellung davon, was er meinen könnte.
Tehwaz erkannte selbstverständlich die Gelegenheit, die sich ihm bot. Das Heer des Königs von Makedonien würde junge Pferde brauchen, ehe die Männer sich auf den langen Weg nach Osten machten, auf der Persischen Königsstraße durch die Berge nach Gordion. Junge Pferde sind teuer, und gute sind nur schwer zu finden. Wir hatten mehr als die Hälfte unserer Herde zu guten Preisen verkauft, ehe das Schicksal zuschlug.
Der Junge, der den Stall ausmistete, kam angerannt, als ich gerade ein Hufgeschwür versorgte.
»Der Herr will, dass du Glücksbringer fertig machst, und er soll prächtig aussehen, so schnell du kannst! Da ist ein Herr bei ihm, und er hält ihn solange mit Wein hin!«
Das Herz wurde mir schwer, als ich den Hufkratzer weglegte und mich daranmachte, Göttertänzer zu zäumen und ihm rasch die Mähne zu bürsten. Ich legte ihm die Arme um den Hals und drückte die Nase an sein Fell, dann führte ich ihn in den Hof hinaus.
Tehwaz war gerade aus dem Haus gekommen, in Begleitung mehrerer vornehmer makedonischer Herren. Sie waren alle jung, und alle trugen schimmernde Brustharnische und Schwerter; ein prachtvoller Anblick und ganz und gar nicht das, was ich gewohnt war. »Also, meine Herren«, verkündete Tehwaz, »einen feineren Dreijährigen werdet Ihr auf der ganzen Welt nicht finden! Ich schwöre Euch, er ist wie mein eigener Sohn!«
Göttertänzer spitzte die Ohren, doch er scheute nicht vor dem hellen Licht, das von dem blank polierten Stahl der Harnische zurückgeworfen wurde. Geduldig und aufmerksam stand er da, fest auf allen vier Beinen.
»Was meinst du, Ptolemaios?«, fragte einer der Männer auf Griechisch.
Ptolemaios, ein unscheinbarer Mann, der seinen Helm unter dem Arm trug, zuckte die Achseln. »Ein ganz schön großer Bursche. Aber ich bin nicht zum Kaufen hier, schon vergessen? Nur als Gesellschaft.«
»Genau wie neulich im Hurenhaus!«, witzelte ein anderer. »Du kaufst nichts, du bist nur auf der Durchreise!« Die anderen lachten.
Einer von ihnen achtete nicht auf den Scherz. Er war hochgewachsen, mit rotem Haar, dunklen Augen und kantigem Kiefer. Er sah nur Göttertänzer an, sonst nichts. Langsam nickte er und kam auf mich zu; ich stand da und hielt den Zügel mit leichter Hand. Göttertänzers Blick folgte ihm, und er wartete geduldig, während der Mann ihn betastete und betrachtete. Er nahm mir den Zügel ab, hob den Kopf des Pferdes an und begutachtete seine Zähne, was Göttertänzer sich ohne Gegenwehr gefallen ließ. »Drei Jahre?«
»Ja, Herr«, antwortete ich.
Seine Augenbrauen zuckten; vielleicht war er überrascht, dass ich Griechisch sprach. »Und wie läuft er?«
»Wunderbar, Herr«, sagte ich. Halb war ich versucht, ihn anzulügen, irgendetwas zu behaupten, was ihn davon abhielt, Göttertänzer zu kaufen, doch ich konnte nicht. Ob es mir nun gefiel oder nicht, Göttertänzer würde verkauft werden, und dieser makedonische Herr schien sich wenigstens mit Pferden auszukennen.
»Wie heißt er?«, fragte er mich leise, während er dem Pferd das Zaumzeug abnahm und es ihm dann wieder anlegte, um zu sehen, wie er das Gebiss nahm.
»Göttertänzer«, antwortete ich, und seine Brauen zuckten abermals. Ich hatte seinen Namen auf Griechisch genannt, nicht auf Karisch.
»Also, Göttertänzer«, sagte er, die Hand auf der Flanke des Pferdes, »dann schauen wir doch mal, wie wir miteinander auskommen. Ich bin Hephaistion, Sohn des Amyntor.«
Ich fand es ein bisschen seltsam, sich einem Pferd vorzustellen, doch ich trat zurück und ließ ihn mit leichtem Schwung aufsitzen. Er war viel schwerer als ich und trug zudem noch einen stählernen Harnisch, doch Göttertänzer zuckte nicht, sondern wartete nur geduldig auf ein Zeichen. Ein Schenkeldruck, und er trat sauber an, ging im Schritt rund um den Hof, wendete mit Leichtigkeit. Sie sahen sich ähnlich, dachte ich im Stillen, das blutrote Pferd und der rothaarige Mann. Ich sah zu, wie er erst im Schritt und dann im Trab durch den Hof ritt. Er ließ Göttertänzer enge Kreise drehen, und ich war froh, dass wir das geübt hatten. Dann schickte er ihn im Kurzgalopp über den Hof; seine Hufe trommelten auf der festgestampften Erde. Als sie schließlich anhielten, sah ich, dass er grinste.
»Tehwaz, Ihr habt mir nichts vorgelogen! Ihr seid ein Mann der Wahrheit! Es stimmt, einen feineren Dreijährigen habe ich auf der ganzen Welt noch nicht gesehen!«
Der, den sie Ptolemaios genannt hatten, lachte. »Jetzt hast du noch ein paar Talente auf den Kaufpreis draufgelegt. Einen teureren Dreijährigen wirst du auf der ganzen Welt noch nicht gesehen haben!«
Die anderen Männer lachten, und Hephaistion schwang sich vom Pferd. Er hielt kurz inne, um Göttertänzer freundschaftlich zu tätscheln. »Ich erkenne einen Prachtburschen, wenn ich einen sehe, und ich bin bereit, zu bezahlen, was er wert ist.«
»Dann kommt und lasst uns bei gewässertem Wein darüber sprechen«, sagte Tehwaz, und ich konnte sehen, dass er sich des besten Handels seiner Laufbahn sicher war. »Dieses Pferd ist wie mein eigener Sohn und in der Tat eines Hipparchen und Gefährten würdig. Jio, kühl ihn ab und versorge ihn.«
»Ja, Herr«, sagte ich und übernahm Göttertänzers Zügel. Mir war elend zumute. Ich wusste, er würde ihn kaufen, dieser hochgewachsene junge Soldat, ich wusste es. Natürlich würde er ihn kaufen. Jeder würde das tun. Und er würde ihn nicht schlecht behandeln, aber ich würde für immer von ihm getrennt werden.
Die anderen Männer folgten den beiden ins Haus. »Bleibt ihr noch einen Tag?«, fragte einer den, den sie Ptolemäos genannt hatten.
Der schüttelte den Kopf. »Nein, nur Nicanor bleibt mit Nearchos hier. Für den Rest von uns geht’s heute Abend zurück zum König, aber Hephaistion musste sich ja vorher unbedingt noch dieses unvergleichliche Ross ansehen!« Er warf die Hände empor, als sei dies ein uralter Witz. »Also werden wir spät aufbrechen und wahrscheinlich die ganze Nacht durchreiten.« Sie gingen hinein, und die Tür schloss sich hinter ihnen.
In diesem Moment wusste ich, was ich tun würde.
Der Morgen graute schon fast, als ich die Kolonne einholte. Schließlich waren sie zu Pferd unterwegs und ich nicht, und sie hatten erst sehr spät Halt gemacht und ein Lager aufgeschlagen, waren unter dem hellen Mond bis tief in die Nacht weitergeritten.
Ich war hinausgeschlüpft, sobald ich den ganzen Haushalt im Bett glaubte. Tehwaz schnarchte leise, nachdem er viel Wein getrunken hatte, um den einträglichsten Verkauf seiner Laufbahn zu feiern. Göttertänzer hatte ihm fast genug eingebracht, um anstelle eines Pferdes eine Galeere zu kaufen; genug, um sich zur Ruhe zu setzen, so wie er es sich gewünscht hatte. Ich fand, es sei mehr als genug, um auch den Preis für mich abzudecken. Falls er ahnte, wohin ich entwischt war, so würde es ihn nicht genug kümmern, um mir nachzusetzen, nicht, wenn er dabei Gefahr lief, den so großzügigen makedonischen Herrn zu verdrießen. Hephaistion, Sohn des Amynthor, hatte für ein Pferd ein Vermögen ausgegeben.
Ihnen zu folgen war nicht schwer. So spät waren nur wenige auf der Königsstraße unterwegs, und schon gar kein weiterer Reitertrupp. Ich war dankbar, dass sie die meiste Zeit im Schritt geritten waren, trotzdem begannen die Sterne zu verblassen und der Morgen dämmerte, ehe ich sie einholte. Mir war noch gar nicht bewusst, dass ich sie endlich gefunden hatte, als ich plötzlich Göttertänzer leise wiehern hörte. Der Wind stand in meinem Rücken und trug ihm meine Witterung zu. Als ich über den Hügel kam, sah ich sie, die Reihen der angepflockten Pferde windabwärts vom Lager unter den Bäumen, sah seine weiße Blässe, als sein Kopf inmitten der dösenden anderen Pferde emporzuckte und er nach mir rief.
Ich zwang meine müden Beine, loszurennen; ich musste ihn erreichen, bevor er das ganze Lager aufweckte. Noch ein paar Köpfe hoben sich, als ich vorbeikam.
Doch Göttertänzer ließ sich nicht zum Schweigen bringen. Es hatte ihm überhaupt nicht zugesagt, dass er von mir getrennt gewesen war, und jetzt war alles wieder gut. Freudig trompetete er einen Gruß, zerrte mit eingestemmten Beinen rückwärts und riss den Pflock heraus, an dem er angebunden war, noch ehe ich an seiner Seite war.
Blitzschnell stand daraufhin alles in Waffen.
Ein Mann hielt mir ein Messer an die Kehle, sein Arm packte mich wie ein Band aus Stahl. Ich war klug genug, mich nicht zu wehren. Ein anderer brüllte, und es herrschte ein großes Gedränge.
Endlich schob sich ein Mann, den ich schon einmal gesehen hatte, durch die anderen hindurch, der, den sie Ptolemaios genannt hatten. »Was geht hier vor?«
»Wir haben einen Pferdedieb gefasst, Herr«, verkündete einer der Männer.
»Komischer Pferdedieb, der solchen Lärm macht«, bemerkte Ptolemaios.
Hephaistion zwängte sich zwischen den Männern hindurch, eine Fackel in der Hand und das Haar noch vom Schlaf zerzaust. Ich leistete keinen Widerstand, als das Licht auf mein Gesicht fiel. »Erhabener Gebieter, hört mich an!«, flehte ich auf Griechisch.
Seine Augenbrauen klommen empor. »Das ist ja Tehwaz’ Pferdebursche«, stellte er fest.
Hinter mir machte Göttertänzer einen mächtigen Wirbel. Ich konnte einen Pferdeknecht fluchen hören, der versuchte, ihn festzuhalten.
»Das bin ich, Erhabener Gebieter«, antwortete ich. »Ich habe Göttertänzer gepflegt, seit er zur Welt gekommen ist, und ich bin Euch gefolgt, um zu fragen, ob Ihr mich zu Eurem Stallburschen machen würdet. Ich schwöre Euch, ich werde doppelt so hart arbeiten wie für Tehwaz! Tag und Nacht werde ich arbeiten.«
Hephaistion kratzte sich am Kopf, sein Blick hielt den meinen gefangen. Mit aller Macht wünschte ich mir, dass er mir glaubte. Wie hätte ich hoffen können, mich mit Göttertänzer davonzumachen? Er war doch viel zu wertvoll, und jeder würde ihn sofort wiedererkennen.
»Ich habe mitgeholfen, ihn zuzureiten, und ich kann alles, was notwendig ist«, beteuerte ich. »Ich will nicht von ihm getrennt sein. Bitte.«
Hephaistion legte den Kopf schief. »Bist du ein entlaufener Sklave?«, wollte er wissen.
»Ich bin ein freier Waisenjunge«, log ich. »Ich habe für Tehwaz gearbeitet, weil ich sonst nirgendwo hinkonnte, als mein Vater gestorben ist. Deswegen spreche ich auch Griechisch. Zu Hause haben wir immer Griechisch gesprochen.«
»Wie alt bist du?«
»Fünfzehn.« Ich konnte spüren, wie mir das Herz im Halse schlug.
»Und wie heißt du?«
»Lydias, Erhabener Gebieter«, antwortete ich. Gewiss würde er mich doch nicht nach meinem Namen fragen, wenn er vorhatte, mich als Pferdedieb hinzurichten.
»Lydias?«, fragte Ptolemaios, und mir fiel wieder ein, dass er ja dabei gewesen war, als Tehwaz mich Jio genannt hatte. Er musste ein Mann von wachem Verstand sein, um sich das gemerkt zu haben.
»Lydias«, wiederholte ich entschieden. »Tehwaz wollte mich nicht bei meinem griechischen Namen nennen.« Tatsächlich war ihm der nie zu Ohren gekommen, ich hatte ihn nämlich gerade erfunden.
Hephaistion gab dem Mann, der mich festhielt, einen Wink, und ich spürte, wie dessen Arm mich losließ. »Also, Lydias von Milet, da wir gerade den größten Teil Ioniens geplündert haben, kann ich es mir wohl leisten, noch einen Mann in Sold zu nehmen. Du bekommst den Lohn eines Pferdeknechts, und ich erwarte, dass du dich genauso um andere Pferde kümmerst wie um Göttertänzer. Ich habe noch vier andere, und du wirst für alle die niederen Arbeiten verrichten, bis du dich bewährt hast.«
»Ja, Erhabener Gebieter.« Ich machte Anstalten, mich vor ihm auf die Knie zu werfen.
»Nichts da«, wehrte er ab und packte mich am Arm. »›Ja, Herr‹ genügt. Im Heer katzbuckeln wir nicht, nicht einmal vor dem König.«
»Ja … Herr.« Ich würgte die Worte »Erhabener Gebieter« hinunter, bevor sie herauskamen.
Er klopfte mir auf die Schulter und wechselte dabei einen belustigten Blick mit Ptolemaios. »Nun denn. Willkommen im Dienst des Königs, Lydias von Milet.« Und so wurde ich wiedergeboren.