Die Psychologie des Yoga

Dr. Ralph Skuban

Die
Psychologie
des
Yoga

Knaur eBooks

Inhaltsübersicht

Über Ralph Skuban

Ralph Skuban ist promovierter Politikwissenschaftler und Buchautor. Er leitete über zwei Jahrzehnte lang eine Einrichtung für Demenzkranke. Die intensiven Begegnungen mit Alter und Krankheit, dem zerfallenden Geist und Tod des Menschen führten ihn zur Mystik des Ostens, insbesondere zur Philosophie und Praxis des Yoga. Ralph Skuban publiziert Bücher und hält Vorträge und Seminare zu Themen der spirituellen Philosophie. Er ist Gründer der Kaivalya Yoga Akademie und lebt in der Nähe von München.

Fußnoten

  1. Wobei »stofflich« immer meint: grobstofflich und feinstofflich. Der Unterschied zwischen beiden wird spätestens im Kapitel »Schöpfung und Heimkehr« ganz deutlich werden.

  2. Zur Erinnerung: fünf jnanendriyas oder Sinnesfähigkeiten, die drei Aspekte des inneren Organs manas, ahamkara und buddhi sowie die fünf Handlungsorgane, die karmendriyas.

  3. Vieira meint: Diese höchste Form der außerkörperlichen Erfahrung ist das größte Erlebnis, das man als physisch inkarniertes Wesen erfahren kann.

  4. Die drei Arten des Leidens sind: innerliches, äußerliches und durch höhere Gewalt bedingtes Leiden.

  5. Synonym für avyakta prakriti, das Potenzial oder die »Urflut«.

  6. Mahat (wörtl.: »das Große«) ist synonym für buddhi. Die sieben hier gemeinten Prinzipien oder tattvas sind: höhere Intelligenz (mahat oder buddhi), das Ego (ahamkara) und die fünf feinstofflichen Elemente (tanmatras). Sie alle gehen aus anderen Elementen hervor und erzeugen ihrerseits neue.

  7. »Die Sechzehn« gehen aus anderen Elementen hervor, erzeugen ihrerseits aber keine weiteren mehr: manas, die fünf Handlungsfähigkeiten, die fünf Wahrnehmungsfähigkeiten und die fünf grobstofflichen Elemente.

  8. Gemeint sind die Veden, vor allem deren letzter Teil: die Upanishaden.

  9. Gemeint ist hier natürlich prakriti als avyakta prakriti.

  10. Gleich sind sie in der Essenz, verschieden jedoch in der konkreten Manifestation.

  11. D.h. der weiteren Eigenschaften im Manifesten (vyakta) und Nicht-Manifesten (avyakta); siehe Vers 11.

  12. Wasser begegnet uns in einer Vielzahl von Zuständen und Formen: als Flüssigkeit, Wasserdampf, Eis, in Bächen, Flüssen, Seen und Ozeanen, in Wolken, Regen, Nebel, Schnee usw. Dennoch bleibt Wasser immer Wasser. Das Wasser dient hier als Analogie für die homogen aus gunas aufgebaute avyakta prakriti, aus welcher dennoch unendlich viele Formen entstehen.

  13. Avyakta und vyakta sind zusammengesetzt aus gunas.

  14. Purusha ist »lahm« (inaktiv) und prakriti »blind« (unbewusst).

  15. Damit also reines Bewusstsein die Welt erfahren kann. Anders gesagt: Purusha ist scheinbar mit der Welt verbunden, um durch die damit einhergehenden und letztlich immer schmerzhaften Erfahrungen zu erkennen, dass er nicht an die Welt gebunden ist.

  16. Genau: Avyakta prakriti

  17. Die Sechzehn sind: manas (Wahrnehmen, Denken und Fühlen), die fünf Wahrnehmungsfähigkeiten; die fünf Handlungsfähigkeiten sowie die fünf feinstofflichen Elemente.

  18. Nämlich aus den fünf feinstofflichen Elementen oder tanmatras.

  19. Die vier gegenteiligen Zustände oder bhavas sind: adharma, ajnana, raga und anaishvarya.

  20. Es schwingt natürlich auch das negative Moment des Eigendünkels oder der Einbildung mit, dazu gehört auf einer fundamentalen Ebene auch das illusorische Gefühl, ein vom Rest der Welt getrenntes Ich zu sein.

  1. Diese sind: manas, die fünf jnanendriyas und die fünf karmendriyas.

  2. Die fünf tanmatras sind: Klang, Berührung, Form, Geschmack, Geruch.

  3. Vaitrika, bhutadi und taijasa bedeuten wörtlich: abgewandelt, unbeweglich und leidenschaftlich – sie stehen für die Eigenschaften der drei gunas.

  4. Sinnes- und Handlungsfähigkeiten werden auch Sinnes- oder Handlungsorgane genannt. Wichtig dabei ist: Gemeint sind nicht die äußeren, grobstofflichen Organe wie Auge, Ohr usw., sondern die mentalen Fähigkeiten oder Voraussetzungen dafür, dass gesehen, gehört etc. werden kann. Denn wir sehen im Traum, obgleich unsere Augen geschlossen sind: Die Fähigkeit des Sehens als mentale Anlage ist mithin nicht gebunden an das Vorhandensein des Augapfels.

  5. Manas bereitet die Sinneseindrücke auf, gehört damit also selbst zum Instrumentarium der Wahrnehmung.

  6. Hier gemeint in einem nicht wertenden Sinne, also: das Einwirken auf und das Beeinflussen von Gegenständen und Ereignissen durch unsere Handlungsmöglichkeiten.

  7. Wir nehmen mithilfe des inneren Organs nicht nur sinnlich erfasste äußere Objekte wahr, sondern auch Objekte, die aus unserem eigenen Inneren kommen bzw. aus unserer Erinnerung aufsteigen. Konzepte, logische Schlüsse, innere Bilder usw. gründen dabei auf Wahrnehmungen oder Erfahrungen, die wir früher gemacht haben.

  8. Die Gruppe der Dreizehn: manas, ahamkara, buddhi, die fünf Wahrnehmungsfähigkeiten und die fünf Handlungsfähigkeiten.

  9. Erfassen (aharana) ist das sinnliche Aufnehmen eines äußeren Objektes; Halten (dharana) meint, dass wir unsere Aufmerksamkeit an dieses Objekt »binden«, uns also darauf konzentrieren, und Erhellen (prakasha) meint, dass wir erkennen oder begreifen, was wir sehen.

  10. Gemeint sind die fünf Möglichkeiten, wie wir Objekte wahrnehmen können, sowie die fünf Möglichkeiten, wie wir auf Objekte reagieren können. Mit anderen Worten: Wir treten mit der Welt auf zehnerlei Weise in Verbindung.

  11. Manas, ahamkara, buddhi.

  12. Der reine Akt der Wahrnehmung ist immer ein Akt der Gegenwärtigkeit: Wenn wir ein Objekt sehen, dann sehen wir es immer jetzt, nicht gestern oder morgen. Das Überlegen oder Denken hingegen bezieht sich auch (und zumeist) auf Vergangenheit und Zukunft (Erinnerungen, Extrapolationen). Jedoch kann der Akt des Denkens (der als ein Akt in der Gegenwart Vergangenes oder Zukünftiges zum Gegenstand hat) schmerzhafte Gefühle im Hier-Jetzt auslösen (Ärger, Groll, Sorgen, Angst). Deshalb spielt das Zur-Ruhe-Kommen des Geistes (nirodhah) im Yoga eine so große Rolle. Und die Gegenwartsbezogenheit reiner Wahrnehmung (ohne Denken) ist auch der Grund, warum Wahrnehmung zur Meditation genutzt werden kann.

  13. Ein grobstoffliches Objekt wäre zum Beispiel die Blume im Garten. Das Bild einer Blume, das wir uns vorstellen, welches wir uns also im Geist selbst machen, wäre hingegen feinstofflicher Natur.

  14. Die Fähigkeit des Sprechens erzeugt selbst sein Objekt, nämlich den Klang, im Gegensatz zu den anderen Fähigkeiten, die jeweils eines äußeren Objektes bedürfen, mit dem sie in Berührung treten.

  15. Neben der Fähigkeit zu sprechen sind die anderen vier Möglichkeiten unseres Handelns: etwas zu berühren (anfassen, manipulieren), uns auf etwas hinzubewegen, etwas zu schmecken oder zu riechen. Diese vier Fähigkeiten beziehen sich immer auf äußere Objekte (mahabhutas), in deren Richtung sie stattfinden. Diese äußeren Objekte sind Träger aller fünf Eigenschaften (tanmatras), die Objekten anhaften können: Klang, Berührbarkeit, Sichtbarkeit (Form), Geschmack und Geruch.

  16. Gemeint ist die Gruppe der Zwölf: manas, ahamkara, fünf jnanendriyas und fünf karmendriyas; also inneres Organ und äußeres Organ ohne buddhi.

  17. Diese Erfahrung tritt natürlich wegen der ihnen innewohnenden Guna-Struktur ein: Objekte sind entweder von sattva, rajas oder tamas dominiert.

  18. Allein der Körper aus »Fleisch und Blut« also stammt von den Eltern ab. Alle anderen Aspekte unseres Seins bringen wir selbst mit.

  19. Die Eigenschaft der Nicht-Begrenztheit und Dauerhaftigkeit gilt freilich nur relativ zum sterblichen, grobstofflichen Körper. In absoluter Hinsicht kann auch der feinstoffliche Körper oder linga nicht unbegrenzt und ewig sein, weil er aus veränderlichen gunas zusammengesetzt ist. Allein avyakta prakriti und purusha sind ewig.

  20. Der feinstoffliche Körper besteht damit also aus 18 Elementen bzw. tattvas: dem inneren Organ (antahkarana: mahat/buddhi, ahamkara und manas), dem äußeren Organ (fünf jnanendriyas und fünf karmendriyas) sowie den fünf feinstofflichen Elementen (tanmatras).

  1. Mit anderen Worten: Individueller Geist benötigt zwar nicht unbedingt einen grobstofflichen, aber auf jeden Fall einen feinstofflichen Körper, um sich ausdrücken zu können.

  2. Diese fünf Arten falschen Wissens (tamas, moha, mahamoha, tamisra und andhatamisra) werden im nächsten Vers weiter ausdifferenziert, nämlich in 64 Formen. Die fünf Formen falschen Wissens im Sankhya entsprechen im Yogasutra dem, was Patanjali klesha nennt, die fünf Hauptursachen des Leidens. Diese sind: spirituelles Nicht-Wissen/Fehlidentifikation (avidya bzw. tamas), Ego/Ich-Gefühl (asmita bzw. moha), Habenwollen (raga bzw. mahamoha), Nicht-Habenwollen (dvesha bzw. tamisra) und die Angst vor dem Tod (abhinivesha bzw. andhatamisra).

  3. Mit »Organen« sind das innere Organ (antahkarana: buddhi, ahamakara, manas) und die äußeren Organe (jnanendriyas und karmendriyas) gemeint.

  4. Die acht Arten von Dunkelheit oder tamas (auch: avidya, das grundlegende spirituelle Nicht-Wissen; erstes klesha) leiten sich daraus ab, dass wir uns mit unserem Geist und Körper identifizieren anstatt mit purusha. Wir verwechseln also das spirituelle Prinzip mit dem nicht-spirituellen. Da der Geist aus drei Elementen oder tattvas besteht (buddhi, ahamkara und manas) und der Körper aus fünf grobstofflichen Elementen (Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum), ergibt das acht Ursachen, die Anhaftung auslösen können.

  5. Die acht Arten von Verwirrung oder moha (auch: asmita, der Egoismus; das zweite klesha) meinen die Aufblähung des Egos wegen der acht okkulten oder paranormalen Fähigkeiten, die man auf dem Weg des Yoga erreichen kann.

  6. Die zehn Arten extremer Verwirrung oder mahamoha beziehen sich auf die Anhaftung (raga, Habenwollen; das dritte klesha): Anhaftung ist immer die sinnliche Anhaftung (fünf Sinne), sei es nun an irdische oder himmlische Zustände oder Erfahrungen, das macht also zehn Möglichkeiten.

  7. Die achtzehn Arten von Schwermut oder tamisra beziehen sich auf die Abneigung (Nicht-Habenwollen, dvesha; viertes klesha): Abneigung gegen die sinnlichen Erfahrungen (fünf Sinne in Bezug auf irdische oder himmlische Zustände, das macht zehn Möglichkeiten) sowie gegen die acht paranormalen Fähigkeiten.

  8. Die achtzehn Arten äußerster Schwermut oder andhatamisra (entspricht abhinivesha, dem Hängen am Leben bzw. der Angst vor dem Tod; fünftes klesha) leiten sich wie folgt her: Wer die acht okkulten Kräfte entwickelt und lieb gewonnen hat und wer sich in dauernder Anhaftung an die sinnliche Erfahrung befindet (fünf Sinne und ihr jeweiliges Habenwollen irdischer oder himmlischer Genüsse), fürchtet natürlich deren Verlust. Es gibt in diesem Sinne achtzehn Möglichkeiten des schweren Verlustes der Freuden und Errungenschaften unseres Lebens, was die Überschreibung mit »äußerster Schwermut« oder auch »Finsternis« erklärt.

  9. Manas sowie jeweils fünf Wahrnehmungs- und Handlungsorgane.

  10. 11 + 17 = 28 Formen von Unvermögen (ashakti); siehe Vers 47.

  11. Gemeint ist der (zufriedenstellende, aber dennoch falsche) Glaube, dass die Natur, die materielle Welt, die Zeit und die Vorhersehung letztgültige Wirklichkeit besitzen.

  12. Vairagya, die Abwendung von den fünf sinnlichen Vergnügungen oder das Loslassen, bedeutet noch nicht die Erkenntnis des Selbst.

  13. Brahma, Prajapati, Indra, Pitr, Gandharva, Yaksa, Raksasa, Pisaca.

  14. Zuchttiere, Wildtiere, Vögel, Reptilien und unbewegliche Lebewesen.

  15. Verse 4351.

  16. Die sieben bhavas in buddhi (Verse 43ff.), außer: jnana.

  17. Pradhana heißt wörtlich: der Wurzelgrund. Gemeint ist hier natürlich prakriti, genauer: die nicht-manifeste avyakta prakriti, das reine Potenzial also.

Anmerkungen

  1. Tao Te King, Kap. 14; übertr. v.J. Star: 2008, S. 16; eig. Übers.

  2. Sankhya Karika, Vers 59.

  3. Bhagavad Gita, Kap. 10; übertr. v. R. Skuban 2013.

  4. Bhagavad Gita, Kap. 10; übertr. v. R. Skuban 2013.

  5. Vgl. I. Mahalingam 1997, S. 156.

  6. V. Mani 1964; Reprint 1979, S. 388; eig. Übers.

  7. Svetashvatara Upanishad, in: Prabhavananda & F. Manchester 2002, S. 118; eigene Übers.

  8. Übertr. v. W. Doninger 1981, S. 25f.; eig. Übers.

  9. Zit. in: O.M. Hinze & T. Hugentobler 1996, S. 24.

  10. Bhagavad Gita, Kap. 5; übertr. v. R. Skuban 2013.

  11. Tao Te King, Kap. 16; übertr. v. J. Star 2008, S. 19; eig. Übers.

  12. Der nachfolgende Dialog ist eine eigene Übersetzung der einleitenden Absätze des Friedensevangeliums der Essener: The Essene Gospel of Peace, Book One, ins Englische übertragen von E. Bordeaux Szekely 1981, S. 9.

  13. K. Lorenz 1983.

  14. Tao Te King, Kap. 2; übertr. v. J. Star 2008, S. 3; eig. Übers.

  15. H. Primatt: Gerechtigkeit gegen Tiere (1787), zit. in: M. Linnemann 2000, S. 136.

  16. Sankhya Karika, Vers 48.

  17. Yogasutra 2.5; übertr. v. R. Skuban 2011.

  18. Johannes-Evangelium 8,58.

  19. Yoga Vasistha, übertr. ins Englische v. S. Venkatesanada 1993, S. 627; eig. Übers.

  20. Tao Te King, Kap. 26, übertr. v. J. Star 2008, S. 33; eig. Übers.

  1. Sankhya Karika, Vers 2.

  2. Kohelet 3,19.

  3. Sankhya Karika, Vers 2.

  4. Thomas-Evangelium, Logion 11; eig. Übertr.

  5. Faust, J. W. v. Goethe, Der Tragödie Erster Teil, Szene »Nacht«.

  6. H.-P. Dürr 2001, S. 33.

  7. Tao Te King, Kap. 32; übertr. v. J. Star 2008, S. 43; eig. Übers.

  8. Altägyptischer Mythos von der Erschaffung der Welt, nach: S. Hansen 1991, S. 23, zit. in: A. Lauterwasser 2008, S. 14.

  9. Genesis 1,2.

  10. Sankhya Karika, Vers 16.

  11. Kabir, übertr. v. R. Skuban 2013.

  12. Hekiganroku, 5. Fall, übertr. v. Y. K. Roshi 2002, S. 66.

  13. W. Blake, zit. in: J. A. Nikel 2010, S. 100.

  14. Bhagavad Gita, Kap. 13; übertr. v. R. Skuban 2013.

  15. Vgl. Yogasutra 1.3.

  16. Thomas-Evangelium, Logion 76; eig. Übertr.

  17. Bhagavad Gita, Kap. 2; übertr. v. R. Skuban 2013.

  18. K. Sosan, Vers 8, übertr. v. T. Deshimaru 2006, S. 8.

  19. Kena-Upanishad, Kap. I, übertr. v. E. Easwaran 2008, S. 99f.

  20. Kabir; übertr. v. R. Skuban 2013.

  1. Thomas-Evangelium, Logion 56; eig. Übertr.

  2. Yogasutra 2.22, übertr. v. R. Skuban 2011.

  3. Tao Te King, Kap. 50; übertr. v.J. Star 2008, S. 43; eig. Übers.

  4. Yogasutra 2.1011; übertr. v. R. Skuban 2011.

  5. Sankhya Karika, Vers 13.

  6. Bhagavad Gita, Kap. 18; übertr. v. R. Skuban 2013.

  7. Yoga Vasistha, ins Engl. übertr. v. S. Venkatesananda 1993, S. 17; eig. Übers.

  8. Angelus Silesius 1984, Erstes Buch, Vers 1.

  9. Yogasutra 1.41, übertr. v. R. Skuban 2011.

  10. Kabir, übertr. v. R. Skuban 2013.

  11. Yogasutra 1.23, übertr. v. R. Skuban 2011.

  12. Angelus Silesius 1984, 1. Buch, Vers 49 (eig. u. leicht modernisierte Übertr. auf der Grundlage der Kritischen Ausgabe im Reclam-Verlag, Stuttgart).

  13. Angelus Silesius 1984, 1. Buch, Vers 23 (eig. u. leicht modernisierte Übertr. auf der Grundlage der Kritischen Ausgabe im Reclam-Verlag, Stuttgart).

  14. Vgl. hierzu z.B. Melvin Morse 2000.

  15. Yogasutra 4.19, übertr. v.R. Skuban 2013.

  16. Bhagavad Gita, Kap. 6; übertr. v. R. Skuban 2013.

  17. Bhagavad Gita, Kap. 6; übertr. v. R. Skuban 2013.

  18. Yogasutra 2.33, übertr. v. R. Skuban 2011.

  19. Seneca 1999, S. 88.

  20. Sankhya Karika, Vers 24.

  1. Markus-Evangelium 5,9.

  2. Tao Te King, Kap. 13; übertr. v. J. Star 2008, S. 15; eig. Übers.

  3. Jane Roberts 1994, S. 12; eig. Übers.

  4. Svetasvatara, in: S. Prabhavananda & F. Manchester 2002, S. 119; eig. Übers.

  5. Thomas-Evangelium, Logion 28, eig. Übertr.

  6. Vgl. auch: Luis Minero 2012, S. 98f.

  7. Bhagavad Gita, Kap. 2; übertr. v. R. Skuban 2013.

  8. Sankhya Karika, Vers 43.

  9. Sankhya Karika, Vers 44.

  10. Svetasvatara, in: S. Prabhavananda & F. Manchester 2002, S. 118; eig. Übers.

  11. Svetasvatara, in: S. Prabhavananda & F. Manchester 2002, S. 118; eig. Übers.

  12. Kabir; übertr. v. R. Skuban 2013.

  13. Sankhya Karika, Vers 23.

  14. Seneca 1999, S. 80.

  15. Yogasutra, 1.21, übertr. v. R. Skuban 2010.

  16. Thomas-Evangelium, Logion 21; eig. Übertr.

  17. Vgl. Yogasutra 3.273.35; vgl. R. Skuban 2011, S. 30ff.

  18. Tao Te King, Kap. 39; übertr. v. J. Star 2008, S. 52, eig. Übers.

  19. Tao Te King, Kap. 30; übertr. v. J. Star 2008, S. 39, eig. Übers.

  20. Matthäus-Evangelium 7,12.

  1. H. F. Kaplan 2003.

  2. Zit. In: M. Linnemann 2000, S. 21.

  3. Seneca 1999, S. 74.

  4. Yogasutra 2.302.1; vgl. R. Skuban 2011, S. 115122.

  5. Bhagavad Gita, Kap. 4; übertr. v. R. Skuban 2013.

  6. Humphrey Primatt 1787: Gerechtigkeit gegen Tiere, zit. in: M. Linnemann 2000, S. 135.

  7. Tao Te King, Kap. 18; übertr. v. J. Star 2008, S. 22; eig. Übers.

  8. Bhagavad Gita, Kap. 4; übertr. v. R. Skuban 2013.

  9. Meister Eckhart 1991, S. 172.

  10. Kabir, übertr. v. R. Skuban 2013.

  11. Yogasutra 1.121.16; vgl. R. Skuban 2011, S. 30ff.

  12. Tao Te King, Kap. 9; übertr. v. J. Star 2008, S. 10, eig. Übers.

  13. Kabir, übertr. v. R. Skuban 2013.

  14. Michel de Montaigne 1998, S. 48.

  15. Kanchi Sosan 2006, S. 72.

  16. Yogasutra 1.33; vgl. R. Skuban 2011, S. 63f.

  17. Yogasutra 2.3334; vgl. R. Skuban 2011, S. 132f.

  18. Yogasutra 4.3; vgl. R. Skuban 2011, S. 238f.

  19. Thomas-Evangelium, Logion 2, eig. Übertr.

  20. F. Rückert 1988, S. 287.

  1. Sankhya Karika, Vers 64.

  2. Yogasutra 3.35; vgl. R. Skuban 2011, S. 211f.

  3. Tao Te King, übertr. v. J. Star 2008, S. 81, eig. Übers.

  4. Vgl. R. Vasanta 2007, S. 34.

  5. Bhagavad Gita, Kap. 13; übertr. v. R. Skuban 2013.

  6. Sankhya Karika, Vers 33.

  7. Yogasutra 1.35, übertr. v. R. Skuban 2011.

  8. Yogasutra 1.34; vgl. R. Skuban 2011, S. 64.

  9. Übertr. v. F. Rückert 1988, S. 209f.

  10. Sankhya Karika, Vers 29.

  11. Sankhya Karika, Vers 4.

  12. Yogasutra 4.17, übertr. v. R. Skuban 2011.

  13. Thomas-Evangelium, Logion 22; eig. Übertr.

  14. Yogasutra 4.1516, übertr. v. R. Skuban 2011.

  15. Tao Te King, Kap. 42, übertr. v. J. Star 2008, S. 56, eig. Übers.

  16. Yogasutra 1.2329, übertr. v. R. Skuban 2011.

  17. Yogasutra 1.33, übertr. v. R. Skuban 2011.

  18. Yogasutra 1.34, übertr. v. R. Skuban 2011.

  19. The Essene Gospel of Peace. Book Two, ins Engl. übertr. v. E. Bordeaux Szekely 1981; S. 37f.; eig. Übers.

  20. Zit. in: M. Stöhr 2012, S. 13.

  1. Johannes-Evangelium 1,10.

  2. Sankhya Karika, Vers 64.

  3. Sankhya Karika, Vers 65.

  4. Sankhya Karika, Vers 65.

  5. Sankhya Karika, Vers 66.

  6. Sankhya Karika, Vers 67.

  7. B. Moen 1997, S. 9; eig. Übers.

  8. S. Rama 2008, S. 285; eig. Übers.

  9. A. Mindell 1996, S. 67f.

  10. A. Mindell 1996, S. 68.

  11. A. Mindell 1996, S. 71f.

  12. Yogasutra I.38, übertr. v. R. Skuban 2011.

  13. Jane Roberts 1994, S. 5, eig. Übers.

  14. W. Vieira 2007, S. 214, eig. Übers.

  15. Einstein 2012, S. 69

  16. Vishvatma Bawra 2008.

Früh schon legte er seinen Mantel ab.

doch sie können es nicht sehen.

Die Ohren hören,

doch sie können es nicht hören.

Die Hände greifen,

doch sie können es nicht berühren.

Jenseits der Sinne liegt das Große Eine – unsichtbar, unhörbar, unfassbar.1

Laotse
Tao Te King (500v.Chr.)

von Anna Trökes

Der Yoga ist in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Fast jeder Mensch in der westlichen Welt kennt ihn, und sehr viele sind mit der Übungspraxis des Yoga in Berührung gekommen. Sie haben erfahren, dass die Yoga-Übungen – die Asanas – einen Wandlungsprozess auf der körperlichen Ebene eingeleitet haben: Sie finden zu mehr Kraft und Beweglichkeit, haben weniger Schmerzen und können besser entspannen. Bei einigen führt nun diese Übungspraxis, die im Körper beginnt und ganz gezielt den Atem mit einbezieht, zu dem Gewahrsein, dass auch ihr Geist und ihre Seele in diesen Prozess mit einbezogen werden wollen. Sie merken, dass der Yoga sie auch auf einer psychischen Ebene erreicht, ja, dass er sogar am besten als ein MIND-BODY-Prozess zu beschreiben ist.

Ein Mensch, der sich wirklich auf diesen Übungsweg einlässt, beginnt Erfahrungen damit zu machen, dass in ihm Potenziale ruhen, die er mit den Mitteln des Yoga zur Entfaltung bringen kann. Und das größte Potenzial, das wir gemäß den Lehren des Yoga zu entfalten vermögen, ist unser eigener, innerster Wesenskern, unser SELBST.

Ralph Skuban beschreibt, wie wir erkennen lernen, dass »der Mensch ein körperliches, geistiges und transzendentes Wesen ist: ein Wesen, das mit beiden Füßen auf der Erde steht, mit Herz und

Als solch ein Mensch begegnet uns auch Ralph Skuban selbst.

Mit seiner Psychologie des Yoga schenkt er der Yogawelt ein Buch, das einen Erkenntnisweg aufzeigt, der »ganz im Konkreten, im ganz Offensichtlichen und Lebenspraktischen gegründet ist«.

Dieser Erkenntnisweg ist der des Sankhya.

Die Sankhya-Lehre liegt fast allen Strömungen der Yoga-Philosophie zugrunde. Sie ist eine Philosophie, die in sich eine erstaunliche Logik und Stringenz aufweist, die aber kaum jemand in ihrer Komplexität versteht. Lesen wir nur die Texte, so bleibt sie uns fremd, mehr noch, in ihrer Strenge können sie uns sogar abstoßen.

Ralph Skuban schafft nun mit diesem Buch für mich etwas absolut Bemerkenswertes: Er macht mir die Sichtweise des Sankhya verständlich und gibt einer Lehre, die ich bis dahin immer als regelrecht »blutleer« empfunden hatte, plötzlich ein Herz. Ein lebendiges, fühlendes, pulsierendes Herz!

Das ist nur möglich, weil Skuban den Sankhya offensichtlich vom Herzen her zu verstehen gelernt hat. So wird es möglich, dass er daraus wahrhaft eine »Psychologie des Yoga« entwickelt, die ungemein ansprechend, berührend und – wie alle Yoga-Philosophie – überraschend zeitlos ist.

Ralph Skuban übersetzt den uralten Text der Sankhya Karika von Kapila für die Menschen der heutigen Zeit, mit ihren aktuellen Problemen und Bedürfnissen. Dabei verbindet er seine Interpretation auf geniale Weise mit Werken spiritueller Literatur aus den verschiedensten Kulturen, sodass wir begreifen, dass der Sankhya nicht nur zeitlos, sondern vor allem Ausdruck eines universellen Wissens ist.

 

Danke an Ralph Skuban für dieses besondere Buch!

 

Namasté

Anna Trökes

Wie die Tänzerin ihren Tanz beendet,
wenn das Publikum sie gesehen hat,
so beendet die Schöpfung ihr Wirken,
wenn sie sich dem inneren Licht
offenbart hat.2

Sankhya Karika
von Ishvarah Krishna (um 400n.Chr.)

In der Bhagavad Gita, der wohl meistverehrten Schrift Indiens, bittet der Bogenschütze Arjuna seinen Lehrer Krishna um eine Offenbarung: Er will wissen, wie das Höchste oder Gott sich in der Welt zeigt. Krishna antwortet:

Alles, was majestätisch ist, schön oder stark:

Wisse sicher, dass ein Teil meiner Macht dessen Quelle ist.3

Dann benennt Krishna heilige Orte, Gottheiten und Wesen, in deren Einzigartigkeit, Größe und Vollkommenheit sich Gottes Gegenwart ausdrückt – es ist eine wahre Hall of Fame des Höchsten. Nur wenige Menschen haben dort ihren Ehrenplatz, darunter auch ein alter Weiser. Krishna sagt:

Unter den Weisen bin ich Kapila.4

Was ist so ungewöhnlich an diesem Menschen namens Kapila, dass Krishna von ihm sagt, Gottes Größe drücke sich durch ihn aus? Die Antwort lautet: Es ist Sankhya, jene spirituelle Philosophie und Psychologie, die wir Kapilas Genie verdanken. Sie wurde zur Grundlage der wichtigsten Schriften Indiens: Ohne Kapilas Sankhya gäbe es nicht das Mahabharata, Indiens größtes Epos. Es gäbe nicht die Bhagavad Gita, die nach der Bibel und dem Tao Te King die meistgelesene Schrift der Welt ist. Auch Patanjalis Yogasutra, die grundlegende Schrift des Yoga, wäre nie geschrieben

Über Kapila als historische Person weiß man ebenso wenig wie über Patanjali, den Verfasser des Yogasutra. Sein Name bedeutet so viel wie: »roter Zauberer«.5 Was von ihm bekannt ist, das ist mehr Legende als historische Wahrheit. Kapila gilt als muni: ein Mensch, der zur Selbstverwirklichung fand. Oft wird er auch rishi genannt, wie jene Seher, denen sich das Höchste im Wort der Veden offenbart hat. Durch Meditation und Kontemplation zur Erleuchtung gelangt, soll er einst sein Wissen an seine Mutter weitergegeben haben: Der geniale Sohn lehrt also seine Eltern, nicht umgekehrt. In seiner umfassenden Enzyklopädie schreibt der indische Autor Vettam Mani über Kapila: »Kapila war ein großer Yogi. Die Lehre des Yoga gründet auf der Sankhya-Philosophie von Kapila. Seine Sankhya-Lehre […] beinhaltet den exakten Yogaweg der Meditation. Sie gibt dir jenes spirituelle Wissen, das deine Blindheit völlig beseitigt.«6

Dass wir so wenig über Kapila wissen, ist, so seltsam es klingen mag, sogar entlastend, denn so müssen wir uns nicht lange mit der Person und ihrer Geschichte, ihrem Herkommen, ihren Beweggründen und Besonderheiten aufhalten, sondern können uns ohne Umwege dem Inhalt seiner Lehre zuwenden. Es ist die Botschaft, die zählt, nicht so sehr der Botschafter. Wenn die Menschen sich zu sehr auf den Botschafter einer Wahrheit ausrichten, neigen sie dazu, aus ihm einen Gott zu machen und einen Verehrungskult zu entwickeln. Am traurigen Ende einer solchen Entwicklung steht nur allzu oft der blutige Streit über die Frage, wessen Gott denn der wahre sei. Kapila blieb dieses Schicksal zum Glück erspart. Kapilas Denken wurde von den Veden inspiriert,

Das weite All ist ein Rad. Alle Wesen darauf sind Geburt, Tod und Wiedergeburt unterworfen. Fort und fort dreht es sich und hört niemals auf. Es ist das Rad Gottes.

Solange das individuelle Selbst denkt, es sei getrennt von Gott, wird es sich mit diesem Rad drehen, gefangen in der Gesetzmäßigkeit von Geburt, Tod und Wiedergeburt. Doch erkennt es durch die Gnade Gottes seine Einheit mit ihm, dann dreht es sich nicht länger auf dem Rad.

Es erlangt Unsterblichkeit.7

Das Rad des Lebens heißt in der Sanskritsprache bhavachakra, das heißt wörtlich »Rad der Zustände«. Gemeint sind die Zustände unseres Bewusstseins. Es ist, wenn man so will, ein spirituell-psychologisches Rad. Und wie Kapila von acht Bewusstseinszuständen oder bhavas spricht, von denen noch ausführlich die Rede sein wird, so finden sich im Rad des Lebens acht Speichen. Zwar verbinden die meisten Menschen das Lebensrad mit der Lehre

Die wichtigste Inspirationsquelle Kapilas ist der Nasadiya, der Schöpfungsmythos des Rigveda, dem ältesten vedischen Text überhaupt. Dort heißt es:

Da war nicht Sein noch Nicht-Sein.

Da waren kein Raum und kein Himmel darüber.

Wer brachte Bewegung, wo und für wen?

Gab es da Wasser von grundloser Tiefe?

Es gab nicht Tod, noch Unsterblichkeit.

Kein Zeichen der Unterscheidung von Tag und Nacht.

Das Eine atmete ohne Atem aus eigenem Antrieb.

Nichts Anderes war als das Eine.

Im Anfang war Dunkelheit von Dunkelheit verborgen.

Nicht unterschieden – alles Wasser.

Das Eine, die Kraft des Lebens, von Leere verhüllt:

Es stieg auf durch Tapas, die Kraft der Hitze.8

Dieses »Urmeer« oder die »Urflut« ist ein Bild für den Zustand vor der Schöpfung, das wir ganz ähnlich auch von anderen Kulturen und aus der Genesis, dem Schöpfungsbericht der Bibel, kennen: Es ist sozusagen ein »schöpfungs-psychologischer Archetyp«. Das Urmeer heißt in der Sankhya-Philosophie avyakta prakriti: die nicht-geschaffene oder nicht-manifeste Urnatur. Sie ist die Wurzel, aus der der Baum des Lebens wächst. Wir

Doch Kapila hat mehr vor, als uns nur die Schöpfung zu erklären und ihre Elemente aufzuzählen. Ein Sankhya-Lehrer namens Pancasikha sagte vor langer Zeit: »Wer die 25 tattvas kennt […], der erlangt die Erlösung, darüber besteht kein Zweifel.«9 Sankhya will den Menschen zur Erkenntnis seines innersten Wesens führen, zum inneren Licht reinen Gewahrseins, das ungeboren und unsterblich ist. Dies zu erkennen ist das höchste Ziel, das Menschen sich stecken können.

Zu erfahren, wer oder was wir in Wahrheit sind, verlangt, dass wir erkennen, wer oder was wir nicht sind: nämlich Körper, Denken und Fühlen, die ganze Vielheit der aus tattvas zusammengesetzten relativen Wirklichkeit. Diesen Erkenntnisprozess nennt man viyoga, das Lösen falscher Identifikationen oder das Kappen der mentalen Seile, die uns an die vergängliche Welt mit ihren oft so schmerzhaften Erfahrungen binden, eine Bindung, die auch samyoga genannt wird. Sankhya strebt nicht weniger an als eine komplette mentale Neuausrichtung, die zugleich eine Anbindung an die Kraft des Höchsten ist.

Sankhya erklärt uns die Schöpfung. Und es entwirft zugleich ein mehrdimensionales Bild vom Menschen: Es zeigt ihn als körperliches, geistiges und transzendentes Wesen: ein Wesen, das mit beiden Füßen auf der Erde steht, mit Herz und Geist in ihr lebt, doch dessen innerster Kern spiritueller Natur ist. So ist die Sankhya-Philosophie sogar drei in einem: eine Schöpfungslehre, ein psychologisches Modell vom Menschen und eine Philosophie der Befreiung. Diese Mehrdimensionalität findet sich übrigens im Wort Sankhya selbst wieder: Sprechen wir es mit einem kurzen a, dann heißt es Aufzählung und erinnert uns an die verschiedenen Elemente der Schöpfung und den Aufbau der Welt. Wenn wir das a jedoch lang sprechen, dann meint Sankhya so viel wie absolutes Wissen oder vollkommene Erkenntnis – Erkenntnis, die befreit.

Kapila lebte etwa um 600 vor Christus. Damit ist Sankhya nicht nur das älteste geschlossene philosophische System Indiens, sondern wahrscheinlich sogar das älteste der Menschheit überhaupt. Nur ein einziger Text ist überliefert, der Kapilas Philosophie geschlossen und vollständig darlegt. Dies ist die Sankhya Karika (im Folgenden Karika genannt), die jedoch erst im 6. Jahrhundert nach Christus – also mehr als tausend Jahre nach Kapila – von einem Mann namens Ishvarah Krishna verfasst wurde. Der Stand der Sankhya-Wissenschaft, wie in der Karika formuliert, gilt auch als klassisches Sankhya.

Die Karika ist eine dichte Zusammenfassung der Prinzipien dieser Philosophie. Ihre 72 Verse (die im Anhang zu diesem Buch in vollständiger Übertragung vorliegen) sind aus sich selbst heraus kaum verständlich, sondern hochgradig erklärungsbedürftig. Das ist ganz typisch für die alte Lehrtradition Indiens. Die knappen Lehrsprüche oder sutras der Schriften wurden auswendig gelernt und dienten Lehrern wie Schülern als Leitfaden und Erinnerungshilfe, an der man sich in Lehre und Studium orientierte und über die man immer wieder nachdachte und meditierte.

Vielleicht liegt es an der augenscheinlichen Komplexität der Sankhya-Philosophie, dass ihr nicht eine so große Popularität zuteilwurde wie dem später entstandenen Yogasutra von Patanjali, der in vollen Zügen aus Kapilas Denken schöpfte. Die meisten Menschen, die sich mit Yoga beschäftigen, haben schon von Patanjali gehört, haben vielleicht auch ein paar grundlegende

Patanjalis Yogasutra mag praxisorientierter erscheinen als Kapilas Sankhya. Doch es wäre ein Fehler, die Sankhya-Philosophie deshalb als reine Theorie einzustufen, denn ihr Ziel ist ein zutiefst praktisches in einem existenziellen Sinne: Es geht ihr um die Heimkehr zu der Quelle, aus der wir alle kommen. Kapilas Thema ist die Selbstverwirklichung und damit die endgültige Befreiung des Menschen aus der prinzipiellen Leidhaftigkeit des Seins. So haben die Philosophie des Sankhya und die Praxis des Yoga dasselbe Ziel, mehr noch: Im Kern sind sie eins. Krishna sagt zu Arjuna:

Narren, nicht aber Weise, sagen, dass

Sankhya und Yoga verschieden wären.10

Weil das so ist, spricht Krishna auch vom Sankhya-Yoga. Manchmal nennt er es auch Jnana-Yoga, den Weg der Erkenntnis. Wenn hier übrigens immer wieder von Erkenntnis die Rede ist, sollten wir dabei im Hinterkopf behalten, dass dies nicht nur intellektuelle Erkenntnis meint, sondern eine Qualität, deren Tiefe nicht allein aus dem Denken kommt: Kapilas Denken weist über das Denken hinaus (so wie die Körperarbeit im Yoga über den Körper

Schmerz des Lebens, Psychologie des Yoga.