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© Piper Verlag GmbH, München 2021
Dieses Werk wurde vermittelt durch die AVA international GmbH Autoren- und Verlagsagentur
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Illustrationen: Gabriella Bujdosó
Karte: Markus Weber
Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)
Covergestaltung: Guter Punkt, München
Coverabbildung: Guter Punkt, München, Miriam Verlinden unter Verwendung von Motiven von © Ramona Kropp/Miriam Verlinden und Shutterstock.com
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Für mich.
Was bisher geschah …
Prinzessin Freya ist fasziniert von der Magie, die sie eines Tages das Leben kosten könnte. Nach der Entführung ihres Bruders Talon wandte sich Freya für die Suche nach ihm der Alchemie zu. Obwohl diese in ihrer Heimat verboten ist – aber davon lässt sie sich nicht stoppen. Mithilfe des Wächters Larkin fand sie Talon, doch dieser entpuppte sich als Prinz Kheeran der Unseelie. Zurück bei ihrer Familie, musste sich Freya den Folgen ihrer Flucht stellen und sollte gegen ihren Willen mit Prinz Deèglan verheiratet werden, der kein Geringerer ist als der Pirat Elroy. Obwohl sie Larkin liebt, bringt ihr die geplante Hochzeit einen entscheidenden Vorteil, denn ihre Vermählung mit Elroy findet in Weidar statt. Einer Stadt im Süden des Landes, in der eine geheime Bibliothek ihres Vaters existiert, die verbotene und magische Schriften enthält, die sich Freya aneignen will. Ihr gelingt es, in die Bibliothek einzudringen, als ihr Vater sie überrascht und es zu einer Konfrontation zwischen den beiden kommt, die Freya ihre Zunge kosten könnte …
Larkin Welborn hat dem Niemandsland jahrzehntelang als unsterblicher Wächter gedient. Er hat die Mauer bewacht, welche das magische und sterbliche Land voneinander trennt; zuletzt als oberster Befehlshaber. Doch ein Zwischenfall vor sieben Jahren, bei dem ein ganzes Dorf ausgerottet worden war, hat Larkin in den Kerker des Königs befördert. Dort sollte er sein Leben für die Ewigkeit fristen, aber Prinzessin Freya hat andere Pläne mit ihm. Sie befreit ihn, damit sie gemeinsam ihren verschollenen Bruder Talon finden. Auf der Suche nach dem Prinzen verliebt sich Larkin in Freya und findet zu seiner alten Stärke zurück. Da er noch immer ein gesuchter Verbrecher ist, zieht er allein und verborgen im Schatten durch das Land, um Leuten zu helfen, die sich selbst nicht helfen können. Er geht einer Reihe von Morden nach. Die Spuren führen ihn nach Askane, jener Stadt, in der es auch einen magischen Schwarzmarkt gibt …
Ceylan Alarion wuchs in einem Dorf am Rande des Niemandslands auf. Sie war noch ein Kind, als Elva ihre Eltern töteten und ihre Heimat zerstörten – nur sie hat überlebt. Ceylan möchte um jeden Preis verhindern, dass so etwas noch einmal geschieht. Aber um gegen die blutrünstigen Kreaturen zu bestehen, muss sie zu einer unsterblichen Wächterin werden. Sie ist die einzige Frau an der Mauer und hat mit viel Gegenwind zu kämpfen. Ihre störrische und rebellische Art bringt sie zusätzlich immer wieder in Schwierigkeiten. Als sie den Field Marshal Khoury Tombell und Leigh nach Nihalos begleitet, der Stadt der Unseelie, wird sie dort festgenommen und fälschlicherweise des Mordes an Kheerans Mutter, Königin Zarina, beschuldigt. Kheeran selbst glaubt jedoch an ihre Unschuld. Mit seiner Hilfe gelingt Ceylan die Flucht aus dem Verlies, dabei offenbaren sich ihr ungeahnte Kräfte. Sie besitzt die Gabe, die Elementarmagie der Fae zu unterbinden.
Prinz Kheeran soll nach dem unerwarteten Ableben seines Vaters, König Nevan, mit seinen achtzehn Jahren als jüngster Unseelie aller Zeiten den Thron besteigen. Sein Volk, das aus jahrhundertealten Fae besteht, ist darüber ebenso wenig erfreut wie Kheeran selbst. Nicht zuletzt, weil ihn ein dunkles Geheimnis umgibt, von dem nur seine engsten Vertrauten wissen. Er wurde als Baby aus seiner Wiege entführt und hat die ersten Jahre seines Lebens als Prinz Talon in der Menschenwelt verbracht, weshalb er sich oft mehr wie ein Mensch als wie ein Fae fühlt. Nur sein bester Freund Aldren und die Wächterin Ceylan geben ihm ein Gefühl von Sicherheit. Nach mehreren Anschlägen auf sein Leben und zunehmenden Aufständen im Land beschließt Kheeran, die Krone an Aldren abzugeben. Doch der Unseelie ist nicht der, der er zu sein scheint. Er ist in Wahrheit Cernunnos, Gott des Todes, und versucht, Kheeran und Ceylan in einem Feuer umzubringen. Die beiden entrinnen nur knapp dem Tod, doch Kheeran trägt schlimme Verbrennungen davon.
Leigh Fourash gehört zu den unsterblichen Wächtern und ist als Ausbilder für die Novizen verantwortlich. Während der Dienst an der Mauer für viele Männer eine Sache der Ehre ist, war er für Leigh zunächst ein notwendiges Übel. Er hat sich den Wächtern vor Jahrzehnten angeschlossen, um seine Schulden zu begleichen, da er in der Vergangenheit die falschen Menschen beklaut hat. Er fühlt sich sehr mit Ceylan verbunden, die auch eine Weile auf der Straße gelebt hat. Als Ceylan des Mordes an Kheerans Mutter beschuldigt wird und im Kerker landet, bleibt Leigh bei ihr, um ihre Unschuld zu beweisen, indem er den Halbling Weylin zu einem Geständnis bringt. Doch je mehr Zeit Leigh mit dem Halbling verbringt, umso stärker fühlt er sich zu dem anderen Mann hingezogen, der auch nur ein Opfer in diesem Spiel ist.
Weylin ist ein Halbling – halb Fae, halb Mensch. Ein Blutschwur bindet ihn an Valeska, die Königin der Seelie, und beraubt ihn seines eigenen Willens. Sie zwingt ihn, zu foltern, zu töten und ihr Bett zu teilen. Weylin will all dies nicht. Verzweifelt sucht er nach einem Weg, den Schwur zu brechen, denn jeder Tag unter der Tyrannei Valeskas ist eine Qual und jeder Auftrag raubt ihm ein Stück seiner Seele. Er steht kurz davor aufzugeben, als er den unsterblichen Wächter Leigh kennenlernt, der ihm mehr Güte und Respekt entgegenbringt als jeder andere. Und der ihm verspricht, gemeinsam mit ihm eine Möglichkeit zu finden, den Fluch zu brechen. Dank Leigh sieht Weylin endlich wieder Hoffnung für die Zukunft, aber eine Dunkelheit liegt über dem Land, die genau jene Zukunft zu verschlingen droht.
Valeska regiert als Königin der Seelie über den Süden des magischen Landes. Sie ist berüchtigt für ihre Schönheit und die Loyalität ihrem Volk gegenüber. Es gibt nichts, was sie für ihre Fae nicht tun würde. Dafür geht sie auch über Leichen. Als ihr eine Hellseherin offenbart, dass der Prinz der Unseelie großes Unheil über das Land bringen wird, befiehlt sie ihrem Blutsklaven Weylin, Kheeran aus dem Weg zu räumen. Weylin missversteht ihren Befehl absichtlich und bringt Kheeran in die Menschenwelt, wo er als Talon lebt. Einige Jahre später kehrt der junge Fae zurück, und Valeska steht erneut vor der Herausforderung, ihn ausschalten zu müssen. Doch Weylin versagt, und Valeska, die mit seinem Kind schwanger ist, bleibt keine andere Wahl, als zuzusehen, wie sich die Dunkelheit ausbreitet …
Aldren stammt aus einer angesehenen Unseelie-Familie. Er ist nicht nur Kheerans bester Freund, sondern auch dessen rechte Hand und ein ausgebildeter Krieger. Er achtet auf den jungen Prinzen und steht ihm mit Rat und Tat zur Seite, was nicht immer einfach ist, denn noch nie wurde ein Thronerbe so sehr von seinem Volk verachtet wie Kheeran. Doch Aldren weicht nicht von seiner Seite und gibt am Tag von Kheerans Krönung sogar sein Leben. Er ist tot, aber sein Körper wird von Cernunnos, dem Gott des Todes, besetzt. Getarnt als Aldren zieht Cernunnos im Hintergrund die Strippen, um Kheeran dazu zu bringen, seinen Anspruch auf den Thron an ihn abzutreten, damit er die Macht erlangt, seine Pläne in die Tat umzusetzen …
Elroy ist besessen von dem Gedanken an das ewige Leben. Gemeinsam mit seiner großen Liebe Helenia wollte er die ganze Welt bereisen, doch Helenia verstarb, bevor sie dies tun konnten. An ihrem Sterbebett hat Elroy ihr geschworen, die Welt für sie gemeinsam zu erkunden, sodass er ihr davon erzählen kann, sobald sie im Tod wiedervereint sind. Doch ein Leben reicht dafür nicht aus, weshalb Elroy zum Unmut seiner Mutter, Kaiserin Atessa, seine Heimat Séakis verlässt, um als Pirat die Welt zu erkunden und nach der Legende der Unsterblichkeit zu suchen.
Auf dem Kontinent Lavarus verfolgt er eine Spur, die ihn zu den unsterblichen Wächtern führt. Doch diese Männer beschützen das Wissen um die Unsterblichkeit mit ihrem Leben, was Elroy zwingt, andere Wege zu gehen. Er vermählt sich mit Prinzessin Freya, um als Prinz von Thobria an das Wissen heranzukommen, wohl wissend, dass König Andreus darauf hofft, Elroys Streitmacht in seinem geplanten Krieg gegen die Fae führen zu können.
– Daaria –
Der Rauch aus der Vulkanhöhe hing schwer über Daaria, und der peitschende Wind trug die Ascheflocken, welche die brodelnden Berge ausspuckten, bis in die Stadt der Seelie. Sanft wie Schnee rieselten sie zu Boden und tauchten alles in ein tristes Grau. Es schien, als wären die Vulkane und seine Schwester Litha, Göttin des Feuers, aufgebracht. Einige Fae mochten diesen Ascheregen als schlechtes Omen deuten. Er hingegen genoss den Zorn seiner Schwester, was diesen Tag mit all seinen primitiven Ritualen erträglich machte.
Er stand vor einem Altar in der Mitte des Festplatzes, um ihn herum Fae – Seelie wie Unseelie –, die gekommen waren, um das Spektakel seiner Vermählung zu bewundern. Sie hatten keine Kosten und Mühen gescheut, um den Platz nach ihren Traditionen zu gestalten. Aus Blumen geflochtene Girlanden waren nach den Bräuchen der Unseelie zwischen den Häusern gespannt. Und wohin er auch sah, entdeckte er Feuerschalen der Seelie zu Ehren seiner Schwester und Windspiele, mit denen sie seinem Bruder Mabon, Gott des Windes, gedachten. Er konnte es nicht erwarten, dieser Vergötterung und Verehrung ein Ende zu bereiten und jene Tempel zu zerstören, welche seinen Geschwistern huldigten.
Er selbst war in die Festtagskleidung der Unseelie gehüllt und trug eine helle, mit goldenen Ornamenten bestickte Robe, mit Epauletten aus Federn auf den Schultern. Eine Krone in Form eines Dornenkranzes saß auf seinem Haupt und an seiner rechten Seite hing ein Schwert, das symbolisieren sollte, dass er nicht nur ein König, sondern Aldren, dessen Körper er besetzt hatte, einst auch ein Krieger gewesen war. Dass sich eine Gottheit in dieser schwachen Hülle verbarg, ahnte noch niemand.
Doch der Übergang von der Anderswelt in diese hatte ihn ausgezehrt, und es würde noch viel Leid, Schmerz und Qualen brauchen, bis er seine vollständige Macht zurückerlangt hatte. Dennoch würde ein einziger Gedanke seinerseits ausreichen, um Scharen aus Elva in die Stadt einfallen zu lassen. Gehorsam würden sie jeden zerfleischen, der sich ihnen in den Weg stellte, ohne dass er auch nur einen Finger krümmen müsste.
Er verdrängte diese reizvolle Vorstellung und ließ seinen Blick über die anwesenden Fae gleiten, welche der Hochzeit in angespannter Vorfreude entgegenfieberten. Törichte Idioten. Wäre es nach ihm gegangen, hätte es keine Zeremonie gegeben, doch wenn ein großes Fest ihm die Gunst des Volkes einbrachte, war es ihm das wert, seine Zeit mit Feierlichkeiten zu verschwenden. Natürlich war er als König – und Gott – nicht auf ihr Wohlwollen angewiesen. Doch er wusste, dass diese einfach gestrickten Gemüter williger waren und besser kämpften, wenn sie ihn liebten und seinen Befehlen später aus freien Stücken gehorchten.
Endlich ertönten die Glockenschläge, welche die Zeremonie einleiteten. Die Stimmen auf dem Platz verstummten vor Ehrfurcht, als eine schwarze, von Gardisten umstellte Kutsche vorfuhr. Die zwei Rappen, die mit goldenem Geschirr gezäumt waren, wieherten vor Aufregung. Ein Gardist trat hervor und öffnete die Tür der Kutsche. Samia, Valeskas Seherin, trat heraus. Sie war wie immer in ein Gewand aus weißen, grauen und schwarzen Federn gehüllt. Das frühzeitig ergraute Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden, und ihre vollkommen schwarzen Augen verbargen jedes Gefühl und jeden Gedanken in Schatten.
Sie war eine gefürchtete Frau, und ihr Erscheinen löste in vielen der anwesenden Fae Angst und Unwohlsein aus. Er labte sich an diesen Gefühlen ebenso wie an Schmerz und Leid, aber davon gab es hier wenig. Nur eine einzige Fae schien an diesem Tag zu leiden – Valeska. Er spürte ihre Trauer und Furcht bis zum Altar und schmeckte die Tränen, die sie den Morgen über vergossen hatte.
Ein Raunen ging durch die Menge, als die Königin aus der Kutsche stieg. Ihr rotes Haar leuchtete heller als die Flammen auf dem Platz, während ihr Gesicht fahl war wie die Ascheflocken in der Luft. Sie trug ein dunkles Kleid, das am Saum mit goldenen Symbolen bestickt war, und zog eine lange Schleppe hinter sich her. Eine goldene Korsage presste ihre Brüste aufreizend in die Höhe und verbarg das Geheimnis in ihrem Leib.
Noch war von ihrer Schwangerschaft kaum etwas zu sehen, aber lange würde es nicht mehr dauern, bis das uneheliche Balg, das sie mit ihrem Blutsklaven gezeugt hatte, ihren Körper verformen würde. Weshalb sie keine Widerworte gegeben hatte, als er auf eine möglichst baldige Vermählung gedrängt hatte. So blieb ihr die Schmach erspart, ihrem Volk offenbaren zu müssen, dass sein zukünftiger König ein Halblingsbastard war. Nicht, dass dieses Kind jemals den Thron besteigen würde, denn dieser gehörte bis in alle Ewigkeit ihm.
Begleitet von Musik schritt Valeska den Gang entlang auf ihn zu. Er hörte die Fae wispern, wie schön sie aussah, wie traumhaft ihr Kleid war und wie aufgeregt sie schien, was ihn zum Schmunzeln brachte. Diese Kreaturen konnten nicht einmal Aufregung von Furcht unterscheiden.
Er lächelte, als seine zukünftige Frau, der Schlüssel zu seiner Macht, neben ihn und vor den Priester trat. Sie versuchte, das Beben ihrer Lippen zu verbergen, aber er konnte das verängstigte Pochen ihres Herzens hören. Es brachte sein Blut in Wallung, und das erste Mal an diesem Tag verspürte er so etwas wie Freude.
»Wir haben uns heute hier versammelt, um diese beiden Leben zu vereinigen«, setzte der Priester an. Seine kraftvolle Stimme hallte über den gesamten Platz. »Königin Valeska, Herrscherin über Melidrian und Königin der Seelie, geht heute die Ewige Bindung mit Regent Aldren, Herrscher über Melidrian und baldiger König der Unseelie, ein. Gemeinsam werden sie unsere Völker vereinen und einen jahrtausendealten Frieden zurück in unser Land bringen, das in neuem Glanz erstrahlen wird.«
Jubel erklang aus den Reihen der anwesenden Fae. Er nickte zufrieden. Nach Bekanntgabe ihrer Vermählung hatte es Aufstände gegeben. Denn nicht alle Seelie und Unseelie teilten die Freude über die Wiedervereinigung. Doch er hatte seinen Gardisten befohlen, diese Meute mit ihren Klingen zum Schweigen zu bringen – und wie es schien, hatten sie zuverlässig gearbeitet.
Nachdem der Priester seine närrische Rede über Liebe und Frieden beendet hatte, entzündeten sie mithilfe zweier Feuer-Talente einen aus Ästen gebundenen Kranz; eine Tradition der Seelie. Dann nutzten sie zwei Wasser-Talente, um den Samen zu wässern, der in einen gläsernen Topf gepflanzt wurde, um auch der Tradition seines vermeintlichen Volkes gerecht zu werden.
»Solange diese Pflanze wächst, wird auch diese Verbindung gedeihen«, sagte der Priester und beendete die Zeremonie, der ein Fest folgte. Speis und Trank gab es im Überfluss. Es wurde getanzt und gelacht, und er musste sich das Geschwätz irgendwelcher Fae anhören, die glaubten, er würde sich für ihr Leben, ihre Gedanken und Gefühle interessieren. Doch er ließ all das über sich ergehen, denn am Ende des heutigen Tages besaß er die Mittel, die er brauchte, um den Krieg zu führen, der ihn stärken würde.
Mithilfe der vereinten Garde würde er zuerst dieses Land und anschließend den Rest der Welt erobern, um Menschen und Fae gleichermaßen erkennen zu lassen, dass sie jahrhundertelang den falschen Göttern gehuldigt hatten. Denn es waren nicht seine Geschwister Litha, Mabon, Ostara und Yule, vor deren Macht sie sich fürchten mussten – sondern seine. Denn er war Cernunnos, Gott des Todes.
– Nihalos –
»Er hat seinen Körper zurückgelassen, um wieder Teil der göttlichen Macht zu werden«, hallte die Stimme des Priesters über den kleinen Platz in der Nähe des Palastes. Es war bereits Nacht, und die Monde hingen voll über Nihalos, der Stadt der Unseelie, und spendeten der Beisetzung ihr Licht.
»Yule, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Kheeran zurück zu dir. Ostara, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Kheeran zurück zu dir. Mabon, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Kheeran zurück zu dir …«, beteten die anwesenden Unseelie im Chor zu ihren Göttern, während der Priester Kheerans Asche unter die Erde eines Baumes mischte, der noch klein und zierlich in einem Topf saß, aber eines Tages hoch und mächtig sein würde. Er war Kheerans Vermächtnis in der irdischen Welt – zumindest glaubten das die Fae. Sie waren allerdings auch überzeugt, dass es Kheerans Asche im Trog des Priesters war.
Ceylan wusste nicht, wessen Leiche die Gardisten aus Bryoks niedergebranntem Freudenhaus gezogen hatten, aber Kheeran war es mit Gewissheit nicht. Dass sein Volk dachte, er sei tot, kam ihnen aber gelegen, denn niemand suchte nach einem Verstorbenen. Was auch der einzige Grund war, weshalb Ceylan sich einigermaßen sicher durch die Stadt bewegen konnte. Sie war ebenfalls für tot erklärt worden, weshalb niemand sie eines zweiten Blickes würdigte, dennoch beobachtete sie die Zeremonie lieber aus den Schatten heraus.
Sie kauerte auf dem bepflanzten Dach eines Hauses und beobachtete das Treiben aus der Ferne. Sie hatte nicht geplant, der Bestattung beizuwohnen, doch sie hatte kommen müssen, um nachzusehen, ob er hier war – Aldren. Von Kheerans ehemaligem Berater und bestem Freund fehlte allerdings jede Spur. Dafür waren umso mehr Gardisten anwesend, welche den Platz bewachten, damit die Beisetzung in Frieden und ohne Aufstände stattfand, denn selbst im Tod war Kheeran vielen Unseelie verhasst. Sie standen am Rande des Geschehens, von den Gardisten in Schach gehalten, und brüllten Beleidigungen in die Nacht hinaus.
»Ich hoffe, die Götter verstoßen dich, Kheeran!«
»Brenne im ewigen Feuer, du Verräter!«
»Du warst eine Schande für dein Volk!«
Ceylan ballte die Hände zu Fäusten und versuchte den Beschimpfungen kein Gehör zu schenken. Dennoch stieg ihr Puls in die Höhe, und sie wünschte sich, sie könnte von dem Dach steigen und diesen Fae eine Lektion erteilen. Aber die einzige Waffe, die sie bei sich trug, war ein Dolch, den Sibeal ihr für Notfälle gegeben hatte. Ohne Zweifel könnte sie damit großen Schaden anrichten, vor allem mit ihrer neu gefundenen Fähigkeit, die Magie der Fae zu blockieren. Ohne ihre Zaubertricks waren die meisten Unseelie ziemlich hilflos. Doch sie wollte Kheeran und auch Sibeal und Rhyland nicht in Gefahr bringen, indem sie etwas derart Unüberlegtes tat, wie Rache zu üben. Das war etwas, das die alte Ceylan getan hätte, aber sie hatte in den letzten Monaten gelernt, ihren zerstörerischen Impulsen nicht immer kopflos nachzugeben.
Der Priester verneigte sich vor der Pflanze, in deren Erde nun die Asche ruhte, und überreichte den Topf an Gemhá. Ceylan erkannte die Fae, allerdings hatte sie noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Sie wusste nur, dass Gemhá Teil des Rats gewesen war, der Kheeran in seinen Entscheidungen unterstützt hatte. Das war jedoch die einzige Verbindung, welche die beiden geteilt hatten. Umso trauriger war es, dass sie die einzige noch lebende Fae war, die Kheerans Lebensbaum für sich beanspruchte. Seine Eltern waren verstorben, die Beraterin seines Vaters, Onora, ermordet und sein bester Freund Aldren, an den Kheeran seinen Thron abgegeben hatte, war der Verräter, der ihn hatte töten wollen.
Er versuchte nicht einmal, den Schein seiner Freundschaft zu wahren, denn von ihm war weit und breit keine Spur. Vermutlich verbrachte er die Nacht mit seiner Geliebten Valeska. Nur wenige Tage nach dem Angriff auf das Freudenhaus hatten die Königin der Seelie und Aldren ihre Verlobung bekannt gegeben. Ceylan hätte ihre rechte Hand darauf verwettet, dass all das ein abgekartetes Spiel um Macht und Reichtum gewesen war. Wie lange Aldren wohl geplant hatte, Kheeran zu hintergehen? Er hatte ihn manipuliert und dazu gebracht, seine Krone abzugeben, nur um ihn anschließend wie einen heißen Stein fallen zu lassen. Ceylan graute es jetzt schon vor dem Tag, an dem Kheeran von dem Ausmaß des Verrats erfuhr.
Falls er jemals davon erfährt, flüsterte eine leise Stimme in ihren Gedanken, der sie allerdings kein Gehör schenkte. Stattdessen löste sie sich aus den Schatten und kletterte die Fassade hinunter, um Sibeal und Rhyland nicht länger warten zu lassen. Unbemerkt schlich sie durch die Straßen, wobei sie immer wieder den Gardisten ausweichen musste, welche in der gesamten Stadt patrouillierten, denn Nihalos war dabei, im Chaos zu versinken. Der Tod von König Nevan, Kheerans gescheiterte Krönung, die Ermordung Onoras und seiner Mutter, für die man sie verantwortlich machte, die vermehrten Angriffe der Elva und schließlich die Erhebung von Aldrens Macht und dessen Vermählung mit Valeska hatten viel Unruhe in die Stadt gebracht.
Das Volk war gespalten, und das sorgte für Angst, Chaos und Verwüstung. Gärten waren zerstört, Brunnen zerschmettert und Flüsse, die durch die Stadt liefen, brach gelegt worden. Und Aldren wurde dieser Aufstände nur mit Gewalt Herr, was jedoch die Unsicherheit der Bevölkerung nur anfachte und weitere Gewalt erzeugte. Viele Unseelie verbarrikadierten sich deswegen nach Einbruch der Dunkelheit in ihren Häusern, weshalb Ceylan nur wenigen Fae begegnete, die nicht die offizielle Uniform der Garde trugen.
Wie ein Schatten bewegte sie sich durch die Straßen, in denen sie sich mittlerweile ziemlich gut zurechtfand, auch wenn sie nie verstehen würde, weshalb man eine Stadt auf diese Weise errichtete. Überall gab es Gassen, die plötzlich endeten oder ins Leere führten. Manche Wege beschrieben Bögen, während andere kerzengerade verliefen. Sie hatte sich nicht nur einmal in diesem Gewirr verloren, aber mittlerweile fand sie den Weg zu Sibeals Haus auch in der Dunkelheit. Erst als sie sicher war, dass niemand ihr gefolgt war, klopfte sie an die Tür. Einen Augenblick später erklangen Schritte und eine tiefe Stimme.
»Ja?«, fragte Rhyland durch das Holz.
»Ich bin es«, antwortete Ceylan.
Das Schloss wurde entriegelt und kurz darauf die Tür geöffnet. Sie huschte ins Innere, wo die angenehme Wärme eines Kaminfeuers und der Duft von frisch gebackenem Brot sie willkommen hießen. Sie zog ihren Umhang aus und hängte ihn an einen Haken neben der Tür.
»Du warst lange weg.« Rhylands Worte klangen wie ein Vorwurf, aber nach über vier Wochen kannte Ceylan den mürrischen Fae gut genug, um zu wissen, dass die Sorge aus ihm sprach. Es war derselbe Tonfall, den er angeschlagen hatte, als sie mit dem halb verbrannten Kheeran das erste Mal vor seiner Tür gestanden hatte, nachdem sie nur knapp dem magischen Feuer entkommen waren.
Ceylan betrachtete den hochgewachsenen Fae. Sein aschblondes Haar hatte er zu einem Zopf geflochten, und seine feinen Gesichtszüge standen im starken Kontrast zu den harten Muskeln in seinen Oberarmen, welche ihm die Arbeit in der Glaserei beschert hatte. »Mir ist etwas dazwischengekommen.«
Sibeal tauchte in der Tür auf, die zur Küche führte. »Du warst bei der Beisetzung, nicht wahr?«
Ceylan wich ihrem wissenden Blick aus. Sie hatte den beiden Fae versprochen, sich nicht in Gefahr zu begeben, aber ihre Füße hatten sie wie von selbst zu dem Ort getragen, an dem sich das Volk von Kheeran verabschiedet hatte. »Ich war vorsichtig.«
Sibeal verzog unerfreut die Lippen. Ihr langes blondes Haar fiel ihr glatt über die Schultern und umschmeichelte ihre sanduhrähnliche Figur. Die Unseelie gehörte zu den schönsten Frauen, die Ceylan je gesehen hatte, trotz ihrer nicht menschlichen Abstammung. Mehrere Jahrzehnte lang hatte sie in Bryoks Freudenhaus gearbeitet und dort ihren Körper für viel Geld verkauft. Sie hatten einander kennengelernt, als Kheeran Ceylan angewiesen hatte, sich in dem Etablissement zu verstecken, erst später hatte sie erfahren, dass Kheeran selbst ein Kunde Sibeals gewesen war. Das war jedoch, bevor sie sich aus dem Geschäft zurückgezogen hatte, um mit ihrem Mann Rhyland eine Familie zu gründen. Sie hatte die Kräuter abgesetzt, die eine Empfängnis verhinderten, und nicht selten hörte Ceylan die beiden durch die dünnen Wände des Hauses hindurch keuchen und stöhnen, wenn sie mal wieder versuchten, ein Kind zu zeugen.
»War er dort?«, fragte Sibeal.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, um ehrlich zu sein, war kaum jemand dort.« Was sie nicht verstand. Kheeran gehörte zu den Guten. Wieso erkannte sein Volk das nicht?
Sibeal lächelte traurig, wechselte dann jedoch das Thema. »Hast du die Kräuter?«
Ceylan griff in ihre Tasche und zog das Päckchen hervor, das sie Stunden zuvor vom Markt geholt hatte. Denn Sibeal war nicht nur Meisterin in der Kunst der Verführung, sondern wusste auch, wie man Arznei herstellte. Um keinen Verdacht zu wecken, rührte sie daher die Salbe für Kheeran aus den Kräutern selbst an.
Sie nahm ihr das Päckchen ab. »Setz dich, ich bring dir was zu essen.«
Ceylan gehorchte, auch wenn sie keinen Hunger hatte, aber das Leben auf der Straße hatte sie gelehrt, niemals eine Mahlzeit auszuschlagen. Sie setzte sich an den runden Tisch aus Glas, der neben dem Kamin stand. Rhyland, der vor Kurzem seine eigene Glaserei eröffnet hatte, hatte ihn selbst hergestellt, genauso wie die unzähligen Vasen und Töpfe, die überall in der Hütte standen und mit Blumen bepflanzt waren. Alles in Sibeals und Rhylands Haus war grün, gläsern und rein, weshalb sich Ceylan noch immer wie ein Eindringling vorkam. Denn neben den beiden Fae, die wie geschliffene Diamanten wirkten, fühlte sie sich wie ein Stück dreckige Kohle.
Sibeal brachte ihr einen vollen Teller mit herrlich duftendem Eintopf und frischem Brot. Ceylan war der Fae und ihrem Mann jeden Tag unendlich dankbar für ihre Hilfe, für die Aldren sie hinrichten lassen könnte, sollte er je davon erfahren. Und sie wusste nicht, wie sie ihre Schuld bei den beiden jemals würde begleichen können, denn sie besaß nichts außer der Kleidung, die Sibeal ihr gegeben hatte.
»Wie geht es ihm?«, fragte sie und nahm den ersten Bissen. Bei ihrer Ankunft in Nihalos hatte sie sich geschworen, niemals Essen zu kosten, das von einer Fae zubereitet worden war. Wie viel hatte sich seitdem geändert …
»Du warst nur ein paar Stunden weg.« Sibeal lächelte mild und begann die Blumen in der Hütte mit einer Kanne zu wässern, da Ceylans Anwesenheit sie ihrer Magie beraubte. Sie wusste noch immer nicht, woher diese Gabe kam und ob und wie sie sie kontrollieren konnte. Alles, was sie wusste, war, dass Fae in ihrer unmittelbaren Nähe nicht über die Elemente herrschen konnten.
Während Ceylan aß, erzählte Sibeal ihr von ihrem Tag im Palast. Sie arbeitete dort in der Küche und bekochte mit einem Dutzend anderer Fae die königliche Garde, weshalb sie immer etwas zu berichten wusste. Sie kannte alle Gerüchte und nicht selten kamen ihr bevorstehende Neuigkeiten vor der offiziellen Verkündung zu Ohr.
Ceylan schob sich das letzte Stück Brot in den Mund. »Hast du etwas von Leigh gehört?«
Sibeal schüttelte den Kopf. »Nein, noch nicht, aber ich bin mir sicher, er kommt bald zurück.«
Hoffentlich, dachte Ceylan. Sie machte sich Sorgen um den Wächter, und mit jedem Tag wurde das nagende Gefühl ihrer Schuld schlimmer. Leigh war nur ihretwegen verschollen. Er hatte den Halbling gejagt, der für die Ermordung von Kheerans Mutter, der Königin, verantwortlich war, um sie zu entlasten und aus dem Gefängnis zu befreien. Doch die Wälder Melidrians waren gefährlich, denn die dort heimischen Elva waren wilde, gewissenlose Monster mit übernatürlichen Fähigkeiten, die es ihnen erlaubten, mit dem Verstand ihrer Beute zu spielen. Deshalb schotteten sich die Seelie und Unseelie in ihren Hauptstädten ab, um den Kreaturen zu entgehen. Dass Leigh bereits seit Wochen allein durch das Land zog, um Weylin zu finden, gefiel Ceylan nicht. Sie konnte nicht einmal mit Gewissheit sagen, ob ihr Ausbilder noch am Leben war, aber sie weigerte sich, an die Alternative zu denken. Leigh war stark und kräftig und ein geschickter Kämpfer. Er wusste sich zu verteidigen, und wenn jemand mehrere Wochen im Nebelwald überleben konnte, dann er.
Ceylan räumte ihren leeren Teller ab und ging in ihr Zimmer, das nicht größer war als eine Abstellkammer, weil es genau das war. Im Schein einer Kerze setzte sie sich an den kleinen Tisch, der eng an ihr Bett gedrängt stand, und begann mit ihren Lese- und Schreibübungen, da es sonst wenig anderes für sie zu tun gab.
Die Nacht war bereits weit fortgeschritten, als Ceylan das gleiche rhythmische Knarzen und Stöhnen hörte wie so oft. Sie presste die Hände auf ihre Ohren, um Sibeals Geräusche der Lust auszusperren und sich auf ihre Geschichte zu konzentrieren. Sie las vor allem Kinderbücher, die sie oft mit den Augen rollen ließen. Märchen und Fantasiegeschichten über mutige Fae, die gegen blutrünstige Elva und hinterhältige Menschen kämpften. Aber sie musste ihre Fähigkeiten schulen, bevor sie bereit war, anspruchsvollere Texte zu verstehen.
Ceylan saß noch immer über ihr Buch gebeugt da, als die Laute aus dem Raum nebenan längst verstummt waren. Ihre Augen brannten, und ihr Geist war erschöpft und sehnte sich nach Schlaf. Doch sie kämpfte mit aller Kraft gegen dieses Verlangen an, denn allein die Vorstellung, einzuschlafen, löste in ihr Herzklopfen aus. Nach dem Tod ihrer Eltern hatte sie in den dunkelsten Gassen, in den gefährlichsten Vierteln und in den heruntergekommensten Hütten geschlafen, immer den Gedanken im Hinterkopf, sie könnte überfallen werden. Aber sie hatte sich noch nie so sehr vor dem Schlaf gefürchtet wie jetzt, obwohl sie in Sicherheit war.
Dennoch hatte sie Angst. Angst vor den Träumen. Angst vor der Erinnerung. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, hörte sie Schreie, fühlte die Hitze und schmeckte den Rauch. Dann durchlebte sie erneut die Panik und das Gefühl der Hilflosigkeit, als die Flammen sie eingekesselt hatten.
Du musst mich töten.
Ihre Worte an Kheeran hallten noch immer in ihrem Ohr wider, und sie würde den Ausdruck in seinem Gesicht, die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, wohl nie vergessen. Und jedes Mal, wenn sie schlief, erwachten die Bilder in ihrem Kopf erneut zum Leben und raubten ihr mehr Kraft, als der Schlaf ihr spendete. Dennoch gierte ihr Körper nach der Ruhe, die sie als unsterbliche Wächterin eigentlich nicht mehr brauchte, doch alte Gepflogenheiten ließen sich nur schwer ablegen.
Entschlossen schob Ceylan ihren Stuhl zurück, um sich ein Glas Wasser zu holen. Auf Zehenspitzen schlich sie in die Küche. Es war still. In der Hütte. Auf der Straße. In der Stadt. Sie atmete tief durch, und wie von selbst wanderte ihr Blick zu der geschlossenen Tür, die zu Kheerans Zimmer führte. Das Glas fester umklammernd, versuchte sie das Verlangen zu unterdrücken, zum zwanzigsten Mal an diesem Tag nach ihm zu sehen, doch sie kämpfte auf verlorenem Posten.
Bedacht schob sie die Tür auf und huschte in das Schlafgemach. Im Raum war es dunkel mit Ausnahme einer einzigen Lichtquelle auf dem Tisch neben dem Bett. Die magische Lampe tauchte Kheerans Gestalt in helles orangefarbenes Licht, das seine Blässe beinahe zu verbergen vermochte.
Ceylan ignorierte den Hocker, der für sie bereitstand, und setzte sich zu Kheeran auf das Bett. Er atmete ruhig, und wüsste sie es nicht besser, würde sie glauben, dass er nur schlief und jede Sekunde wieder aufwachen könnte. Doch er hatte die Augen seit einem Monat nicht mehr geöffnet, nicht, seit er das Bewusstsein verloren hatte.
Keine Sorge, mir geht es gut.
Das waren die letzten Worte, die Kheeran zu ihr gesagt hatte. Ironischerweise lebte sie seitdem in Sorge um ihn. Sibeal beteuerte zwar, dass es ihm gut gehe und er nur Zeit brauche, um zu heilen. Sie fürchtete sich dennoch jeden Tag davor, ihn leblos aufzufinden, denn er war dem Tod viel zu nah gekommen.
Ceylan stellte ihr Glas auf dem Nachttisch ab und griff nach dem Tiegel mit der von Sibeal angefertigten Salbe. Vorsichtig begann sie die helle Paste auf Kheerans Gesicht zu verteilen. Mehrmals täglich cremte sie ihn damit ein, um seine Heilung voranzutreiben. Seine Heilungsfähigkeit wirkte um einiges langsamer, und die Narben, welche die Flammen hinterlassen hatten, würden vermutlich nie wieder verschwinden.
Mit kreisenden Bewegungen massierte Ceylan die Salbe ein. Sanft strich sie über Kheerans Stirn, seine Wangen und seinen Kiefer, den Hals hinab, bis zur Schulter über seine Brust, die ebenfalls von den Narben gebrandmarkt war. Rhyland hatte ihm die Kleidung vom Leib schneiden müssen, die stellenweise mit seiner Haut verschmolzen gewesen war. Nur seine Ohnmacht hatte ihn davor bewahrt, unter Schmerzen zu schreien. Ceylan jedoch hatte bei diesem Anblick innerlich geschrien und geschworen, Rache an dem Mann zu nehmen, der ihm, Bryok, Daimhin und all den anderen dies angetan hatte. Sie wusste nur noch nicht, wie sie es Aldren heimzahlen sollte, zumal dieser Feigling nach Daaria geflüchtet war.
Ceylan rang ihre Wut nieder und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Kheeran. Er brauchte sie jetzt mehr, als sie nach ihrer Rache gierte. Ihre Hand glitt wieder aufwärts über seine nackte Brust zu seinem Hals und seinen Ohren. Auch dort massierte sie die Salbe ein, wobei ihr Blick wie immer an deren Spitzen hängen blieb – oder besser gesagt dem, was davon übrig war.
Behutsam fuhr sie mit einem Finger über die Narbe an seiner Ohrmuschel. Zuerst hatte sie angenommen, dass Rhyland dafür verantwortlich war und die Spitzen hatte abschneiden müssen, um den geschmolzenen Goldschmuck zu lösen. Doch der Fae hatte beteuert, dass er keine Schuld an Kheerans nun nahezu menschlichen Ohren hatte und die Narben von alten Wunden stammten. Ceylan glaubte ihm, auch wenn sie nicht verstand, wie es dazu gekommen war. Gewiss hatte er die Spitzen beider Ohren nicht durch einen Unfall verloren, denn die Schnitte waren mit Genauigkeit gesetzt worden. Wer immer ihn auf diese Weise verstümmelt hatte, hatte versucht, ihm ein menschlicheres Aussehen zu verleihen – aber warum?
Gedankenverloren ließ Ceylan ihre Hand sinken. Dies wäre der Zeitpunkt, um in ihr eigenes Zimmer zurückzukehren, doch stattdessen legte sie sich neben Kheeran ins Bett. Sie hatte schon des Öfteren bei ihm geschlafen, einerseits um sich zu versichern, dass es ihm gut ging, andererseits weil sie sich davor scheute, allein in ihrem Zimmer zu sein. Sie fühlte sich dort oft einsam, aber mit Kheeran an ihrer Seite war dieses Gefühl erträglicher, auch wenn er weder etwas sagen noch tun konnte.
Schon mehrfach hatte Sibeal ihr angeboten, sich um Kheeran zu kümmern, damit Ceylan ins Niemandsland zurückkehren könnte, aber das kam nicht infrage. Sie würde den Prinzen nicht im Stich lassen, nicht nach allem, was er verloren hatte. Nicht nachdem er bereit gewesen war, sein Leben für sie zu geben. Sie würde auf ihn warten, bis er stark genug war, um mit ihr zu gehen.
– Nihalos –
Blinzelnd öffnete Kheeran die Augen. Seine Lider waren schwer und verklebt, als hätte er sie seit Tagen nicht mehr bewegt. Und seine Glieder fühlten sich merkwürdig steif und wund an. Wie lang lag er hier schon? Lang, bemessen daran, wie trocken seine Kehle war. Er versuchte zu schlucken, aber die Bewegung schmerzte in seinem Hals. Erschöpft schloss er die Augen wieder. Außerdem war ihm kalt, als hätte er in einer Wanne voll Eiswasser gebadet. Er erschauderte.
Unter Schmerzen und Anstrengung rollte er sich auf die Seite, bis er den Widerstand eines fremden Körpers bemerkte. Mühsam öffnete er nun doch seine Augen und konnte nicht glauben, was er sah. Träumte er womöglich noch? Im fahlen Schein der Lampe erkannte er Ceylan, die friedlich neben ihm schlief. Ihr schwarzes Haar lag aufgefächert über das Kissen verteilt, und ihre Lippen waren leicht geöffnet. Ihre gleichmäßige Atmung war das einzige Geräusch im Raum. Obwohl sie sich an ihn schmiegte, hielt sie die Hände dicht an ihren Körper gepresst, als fürchtete sie sich ebenso sehr vor seiner Nähe, wie sie sich danach sehnte.
Bevor er sich eines Besseren besinnen konnte, streckte Kheeran die Hand nach Ceylan aus und strich ihr sanft eine lose Strähne hinters Ohr. Doch seine Finger hatten ihre Haut kaum berührt, als sie bereits die Augen aufriss, das Gesicht vor Panik entstellt. Eilig zog Kheeran seine Hand zurück. Er hatte sie nicht verängstigen wollen. Da sie so dicht neben ihm lag und sich an ihn kuschelte, hatte er angenommen, es wäre für sie in Ordnung, von ihm berührt zu werden.
»Kheeran?«
Sie klang verwundert, als hätte sie nicht erwartet, ihn in ihrem Bett vorzufinden. Verunsichert sah er sich um, und erst jetzt erkannte er, dass sie nicht in seinem Schlafgemach im Palast waren. Sie lagen in einem schlicht eingerichteten Zimmer mit einem kleinen Garten vor dem Fenster, der Kheeran in keiner Weise vertraut vorkam.
Sein Blick zuckte wieder zu Ceylan, die ihn unverfroren anstarrte, ehe sie plötzlich die Arme um ihn schlang. Fest drückte sie ihn an sich, wobei ein dumpfer Schmerz durch seinen Körper jagte. Er zog sich jedoch nicht zurück, sondern erwiderte die Umarmung. Mit einem Seufzen vergrub er sein Gesicht in Ceylans dunklem Haar. Sie roch nach Erde und Rauch, als hätte sie lange Zeit unmittelbar vor einem Kamin gesessen. Er verstand nicht, was vor sich ging, aber eine Berührung der Wächterin war ihm jederzeit willkommen. Außerdem genoss er das Gefühl ihres warmen, weichen Körpers, der sich gegen seine zittrige Gestalt presste.
»Du bist wirklich wach«, sagte Ceylan dicht an seinem Ohr. Ihr Atem streifte seine Haut.
Er verstand nicht. Wie lang hatte er geschlafen? Was war geschehen? Und woher kam Ceylans plötzliche Sorge? Das letzte Mal, als sie einander gegenübergestanden hatten, hatte sie einen Dolch in den Händen gehalten, oder? Kheeran war sich nicht sicher, in seinem Kopf war alles merkwürdig verschwommen.
Er räusperte sich, seine Stimme nur ein heiseres Krächzen. »Wo … wo sind wir?«
Sogleich bereute er es, diese Frage gestellt zu haben, denn Ceylan löste sich aus der Umarmung. »Bei Sibeal.«
»Warum?«
Der Blick ihrer dunklen Augen suchte seinen. »Du erinnerst dich nicht?«
Er schüttelte den Kopf, was einen reißenden Schmerz in seine Schläfen trieb. Ein gequälter Laut rutschte über seine Lippen. Er hatte seit der Feier zu seinem achtzehnten Geburtstag nicht mehr solche Kopfschmerzen gehabt, als Aldren und er es sich im Weinkeller des Palastes gemütlich gemacht hatten. Sie hatten so viel getrunken, dass diese Nacht nur noch eine vage Erinnerung war. Der Schmerz, den er jetzt verspürte, war jedoch noch um einiges grausamer.
»Du solltest dich besser ausruhen«, sagte Ceylan. »Wir können morgen über alles reden.«
Er wollte widersprechen und wissen, woran genau er sich nicht erinnerte. Doch zugleich war er unglaublich erschöpft, und bereits nach diesen wenigen Minuten fiel es ihm schwer, Ceylans Worten zu folgen, egal wie sehr er sich darauf konzentrierte. Zudem schmerzte das Licht der Lampe in seinen Augen. Nur eine Sache musste er wissen, bevor er sich erlauben konnte, abermals vom Schlaf übermannt zu werden.
»Geht es dir gut?«
Ceylans Mundwinkel zuckten. »Jetzt, da du wach bist: ja.«
Kheeran fragte sich, was zum König mit ihm geschehen war, das die Wächterin, die sonst nur Hohn und Verachtung für die Fae übrig hatte, dazu veranlasste, so etwas zu sagen. Doch er war viel zu erschöpft, um seine Gedanken in Worte zu fassen. Er schloss die Augen, und ehe er sichs versah, wurde er von Schwärze verschluckt.
Kheeran schlug die Augen auf. Helle Sonnenstrahlen drangen durch das Fenster und tauchten das Zimmer in sanftes, warmes Licht. Die Lampe auf dem Nachttisch war erloschen, und ein Glas Wasser stand neben dem Bett für ihn bereit. Ceylan war verschwunden, aber ihr zarter Duft hing noch in dem Kissen, das sie geteilt hatten. Er wusste nicht, wie viele Stunden seit ihrem Gespräch vergangen waren, aber er fühlte sich wesentlich ausgeruhter, und auch die pochenden Kopfschmerzen waren verschwunden.
Langsam schob er die Beine über die Bettkante. Seine Glieder waren noch immer steif, aber das würde mit etwas Bewegung hoffentlich vergehen. Er nahm das Glas, das für ihn bereitstand, und trank ein paar Schlucke, dabei versuchte er sich an das zu erinnern, was geschehen war. Weshalb waren Ceylan und er bei Sibeal gewesen? Er wusste, dass sich die beiden Frauen in Bryoks Freudenhaus kennengelernt hatten, aber …
Moment!
Seine Überlegungen rissen ab, denn der Gedanke an Bryok weckte den Schatten einer Erinnerung. Irgendetwas war in dem Etablissement passiert. Vor seinem inneren Auge sah er Ceylan mit einem Dolch in der Hand, aber sie hatte vergangene Nacht nicht den Anschein erweckt, ihn töten zu wollen.
Kheeran brauchte Antworten und ein Bad, er konnte sich selbst bereits riechen. Wie hatte Ceylan es neben ihm ausgehalten? Er stand vom Bett auf, doch seine Beine gaben unter ihm nach wie dürre Äste, die unter dem kleinsten Gewicht brachen. Er fiel zu Boden, und das Glas in seiner Hand zerschellte in tausend Scherben. Keine Sekunde später flog die Tür auf, und Ceylan stürzte in den Raum.
»Kheeran!«
Ungeachtet der Splitter ging sie neben ihm in die Knie und half ihm, sich zurück auf das Bett zu setzen. Sibeal und ein ihm unbekannter Mann, vermutlich Rhyland, erschienen im Türrahmen. Sibeal verschwand jedoch sogleich und kehrte mit einem Besen zurück, um die Sauerei zu beseitigen.
»Tut mir leid.« Seine Stimme klang noch immer ungewohnt rau.
Die Unseelie lächelte ihn an. »Keine Sorge, Gläser gibt es in diesem Haus genug.«
»Ich kann das auch selbst zusammenfegen.«
»Nein, kannst du nicht«, fuhr Ceylan scharf dazwischen und drängte ihn mit sanfter Strenge zurück auf die Matratze, als er versuchte, erneut aufzustehen. Ihr dunkles Haar fiel in feuchten Wellen über ihre Schultern, und sie trug ein cremefarbenes Kleid, das ihren Körper wie Wasser umspielte. Der dünne Stoff versteckte wenig, und er erkannte deutlich die Spitzen ihrer Brüste, die Kurven ihrer Hüfte und den Dolch, den sie sich mit einem Riemen um den Oberschenkel gebunden hatte und den sie vermutlich, ohne zu zögern, nutzen würde, wenn er sie zu lang und unverfroren anstarrte.
Er senkte seinen Blick auf Sibeal und sah dann zu Rhyland. Er hatte ihren Mann nie getroffen, sondern kannte ihn nur aus ihren Erzählungen. Er war hochgewachsen, selbst für einen Unseelie, und hatte ein markantes Kinn, das durch seine zusammengebissenen Kiefer noch strenger wirkte. Sibeal hatte Kheeran erzählt, dass er sich nicht an ihrer Arbeit im Freudenhaus störte. Ihren Kunden unter dem eigenen Dach willkommen zu heißen, schien ihm allerdings weniger zu gefallen.
»Hast du Hunger?« Die Frage kam von Ceylan, die neben ihm saß.
Bisher hatte er keinen Gedanken an Essen verschwendet, doch nun knurrte sein Magen. Er nickte.
»Bleib sitzen«, sagte Sibeal zu Ceylan und stand vom Boden auf, das zerbrochene Glas in einer kleinen Schaufel zusammengefegt. »Ich wollte ohnehin gleich das Abendessen kochen. Und ich glaube, ihr zwei habt viel zu besprechen. Wir holen euch, wenn das Essen fertig ist.«
Ceylan lächelte. »Danke!«
Kheeran hingegen runzelte die Stirn. Abendessen? »Wie lang habe ich geschlafen?«
Niemand antwortete ihm, und verstohlene Blicke, die ihn ausschlossen, wurden gewechselt. Diese Heimlichtuerei gefiel Kheeran nicht. Er wollte endlich wissen, was los war. Entschlossen wandte er sich an Ceylan, die noch nie ein Blatt vor den Mund genommen hatte. »Warum sind wir hier?«
»Wir lassen euch besser mal allein«, sagte Sibeal und huschte aus dem Zimmer. Sie zog Rhyland mit sich, der dem Gespräch anscheinend lieber gelauscht hätte, und schloss die Tür hinter sich. Obwohl nun weniger Leute im Zimmer waren, erschien die Luft Kheeran dicker und die Anspannung greifbarer, denn er konnte die Sorge, die Ceylan ausstrahlte, förmlich spüren.
Unruhig erhob sie sich vom Bett und begann durch den Raum zu marschieren, wobei der Rock ihres hellen Kleides ihr sanft nachwehte. »Was ist das Letzte, woran du dich erinnern kannst?«
»Ich bin mir nicht sicher«, gestand Kheeran und lehnte sich gegen die Wand, denn aufrecht zu sitzen kostete ihn erstaunlich viel Kraft. Obwohl er sich nach seinem Erwachen ausgeruht gefühlt hatte, kam es ihm nun vor, als könnte er bereits wieder schlafen. Doch er kämpfte gegen die Müdigkeit an. »Allerdings habe ich dieses Bild im Kopf.«
Das ließ Ceylan aufhorchen. Sie blieb stehen. »Was für ein Bild?«
»Von dir, mit einem Dolch in der Hand.«
»Das ist alles?«
Er nickte.
»Und es beunruhigt dich nicht im Geringsten, allein mit mir zu sein?«, fragte sie mit erhobenen Brauen.
»Nein, du würdest mir niemals wehtun.«
Ceylan presste die Lippen aufeinander und setzte sich wieder in Bewegung.
»Es muss wirklich etwas Schlimmes geschehen sein, wenn du mir nicht widersprichst«, bemerkte Kheeran beunruhigt. Zugleich gefiel ihm, dass die Wächterin allmählich auftaute und erkannte, dass er nicht das Ungeheuer aus ihren Albträumen war.
Ceylan seufzte. »Es ist etwas wirklich Schlimmes geschehen. Ich weiß nur nicht, wo ich anfangen soll.«
»Irgendwo. Wenn ich dir nicht folgen kann, lass ich es dich wissen.«
»Es begann damit, dass du Aldren deinen Platz auf dem Thron übertragen hast«, sagte Ceylan und beobachtete, ob ihn die Worte überraschten. Doch Kheeran erinnerte sich an das Gespräch mit seinem Berater und besten Freund. Er hatte niemals König über die Unseelie werden wollen, und Aldren diese Aufgabe zu überlassen hatte sich angefühlt, als würde man ein ganzes Gebirge von seiner Brust heben. Sein menschlicher Vater Andreus hatte ihm die ersten elf Jahre seines Lebens beigebracht, wie man über Sterbliche herrschte, doch über ein Volk zu regieren, das Jahrhunderte lebte und nur ein Kind in einem sah, war etwas anderes.
»Zeitgleich habe ich herausgefunden, dass ich eine Gabe besitze.«
Kheeran runzelte die Stirn. »Was für eine Gabe?«
»Fae können in meiner Gegenwart keine Elementarmagie wirken.«
Davon hatte Kheeran noch nie gehört. Instinktiv hob er seine Hand, um das Wasser aus einer Vase zu beschwören. Er konzentrierte sich auf seine Fingerspitzen und wartete auf das Prickeln der Magie, aber es setzte nicht ein. Vielleicht war er nur zu geschwächt? Er ließ von dem Wasser ab und versuchte stattdessen die Luft um sich herum zu kontrollieren. Die meisten Unseelie beherrschten nur das Wasser oder die Erde, hochgestellte Fae hingegen beide Elemente. Er wiederum hatte während seiner gescheiterten Krönung auch das Talent der Luft-Magie erhalten. Doch bevor Litha, die Göttin des Feuers, ihn auch mit diesem Element hatte segnen können, hatte ein Attentat auf sein Leben dies verhindert.
»Das wird nicht funktionieren«, sagte Ceylan. »Du erinnerst dich nicht, aber wir haben dieses Gespräch schon einmal geführt. Daraufhin bist du losgezogen, um in Erfahrung zu bringen, was es mit meiner Gabe auf sich hat, da wir es uns beide nicht erklären konnten.«
»Und habe ich etwas herausgefunden?«
»Ja, hast du, aber das Feuer hat uns unterbrochen.«
»Was für ein Feuer?« Waren sie deswegen hier? Hatte es im Palast gebrannt?
Ceylans Gesichtszüge verfinsterten sich, sie gesellte sich jedoch zu ihm auf das Bett und setzte sich ihm gegenüber, die Beine überkreuzt, sodass der Rock leicht nach oben rutschte. »Du hast mich mit Aldren bei Bryok besucht. Offenbar wusste Aldren etwas über meine Gabe, aber er wollte nur persönlich mit mir reden. Wir sind ohne ihn in ein Zimmer gegangen, da er noch mit Bryok sprechen wollte. Du hast mir erzählt, dass du gern ein Wächter werden würdest.«
Ihr Blick suchte seinen, als wäre sie nicht sicher, ob er damals die Wahrheit gesprochen hatte. Doch das hatte er. Kein Volk wollte ihn, weder die Unseelie noch die Menschen. Die Fae verabscheuten ihn für sein menschliches Denken und die Menschen für seinen magischen Körper. Damit würde er sich gut in die Reihen der Wächter einfügen – zumindest glaubte er das.
Als Ceylan erkannte, dass er dieser Aussage nicht widersprechen würde, erzählte sie weiter, wobei es ihm von Sekunde zu Sekunde mehr Mühe bereitete, ihren Worten zu folgen. Seine Lider wurden schwer, und nur zu atmen strengte ihn an.