Das unendliche Meer – Die große Weltgeschichte der Ozeane

David Abulafia

Das unendliche Meer – Die große Weltgeschichte der Ozeane

Aus dem Englischen von
Michael Bischoff und Laura Su Bischoff

FISCHER E-Books

Inhalt

Über David Abulafia

David Abulafia, geboren 1949, ist Professor für die Geschichte des Mittelmeerraumes an der University of Cambridge und Fellow der British Academy. Für seine Forschung zur mediterranen Geschichte wurde er vielfach ausgezeichnet. Bei S. FISCHER erschien 2013 sein großes Werk »Das Mittelmeer«, für das er u.a. den Mountbatten Award for Literary Excellence erhielt. Für »Das unendliche Meer« wurde er 2020 mit dem Wolfson History Prize ausgezeichnet.

 

Michael Bischoff, geboren 1949, war Wissenschaftslektor im Suhrkamp Verlag. Seit 1977 übersetzt er aus dem Französischen und Englischen, u.a. Émile Durkheim, Michel Foucault, Isaiah Berlin und Richard Sennett.

Laura Su Bischoff, geboren 1984, studierte Amerikanistik, Anglistik und Neuere Geschichte. Seit 2014 übersetzt sie Sachbücher und Literatur aus dem Englischen, u.a. von Arthur Conan Doyle, Bee Wilson und Pankaj Mishra.

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Über dieses Buch

In einem faszinierenden Panorama rund um den Globus erzählt der Historiker David Abulafia, wie die Weltmeere seit Urzeiten den Austausch ferner Völker und damit die Geschicke der Menschen bestimmten. Waren, Ideen oder Religionen verbreiteten sich immer auch auf dem Seeweg. Schiffe querten die Ozeane schon in der Antike, heute transportieren riesige Containerschiffe Waren von einem Kontinent zum anderen.

Abulafia berichtet von Händlern und Abenteurern, Piraten und Kartographen, getrieben von der Jagd nach Gewürzen, Gold oder Sklaven, auf der Suche nach neuen Siedlungsmöglichkeiten oder fremdem Wissen. Wir reisen mit den Seefahrern von den Küsten Arabiens nach China und Japan, vom Indischen Ozean über den Atlantik bis an die Mittelmeerküsten Europas und in das arktische Meer.

Eine überraschende Geschichte der Welt – nicht vom Land, sondern vom Meer aus erzählt: ein Buch für Weltentdecker und alle, die sich fragen, was hinter dem Horizont liegt.

Impressum

Deutsche Erstausgabe

Erschienen bei FISCHER E-Books

 

Die englische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »The Boundless Sea. A Human History of the Oceans« bei Allen Lane / Penguin Random House, London.

Copyright © David Abulafia 2019

 

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2021 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstraße 114,

D-60596 Frankfurt am Main

Covergestaltung: Andreas Heilmann und Gundula Hissmann, Hamburg

Coverabbildung: Sotheby's / AKG Images und De Agostini Picture Library / Bridgeman Images

 

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

ISBN 978-3-10-403659-5

Shakespeare

Praeceptoribus Paulinis

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Bei der Entwicklung von Beziehungen zwischen menschlichen Gesellschaften spielt das Meer eine besonders faszinierende Rolle. Großräumige Verbindungen sorgten und sorgen für stimulierende Kontakte zwischen Völkern, Religionen und Zivilisationen. Gelegentlich geschah das durch individuelle Begegnungen, etwa wenn Reisende, darunter Pilger und Kaufleute, fremde Länder besuchten. Gelegentlich waren diese Kontakte auch die Folge massenhafter Wanderungsbewegungen, die den Charakter ganzer Regionen veränderten. Und gelegentlich waren sie gleichermaßen das Ergebnis der Bewegung von Gütern wie von Menschen, wenn die Bewohner ferner Länder Kunstwerke einer anderen Kultur sahen, bewunderten und importierten oder kopierten, wenn sie deren Literatur lasen oder ein seltener, kostbarer Gegenstand ihr Staunen erregte und ihnen die Augen für die Existenz dieser Kultur öffnete. Solche Kontakte wurden über Land, über Flüsse und übers Meer geknüpft. Wenn sie über Land erfolgten, dienten die am Wege liegenden Kulturen als Mittler, während Seewege ganz unterschiedliche Welten miteinander verbanden, die so weit voneinander entfernt lagen wie Portugal und Japan oder Schweden und China.

Dieses Buch soll mein früheres, in der englischen Originalfassung erstmals 2011 erschienenes Buch Das Mittelmeer. Eine Biographie ergänzen. Wie Das Mittelmeer ist es eher eine menschliche Geschichte als eine Naturgeschichte und betont die Rolle waghalsiger Kaufleute bei der Herstellung und Aufrechterhaltung von Kontakten. Das Mittelmeer umfasst 0,8 Prozent der weltweiten Meeresfläche. Insgesamt sind jedoch 70 Prozent der Erdoberfläche von Wasser bedeckt, und der größte Teil dieser Wasserflächen entfällt auf die riesigen Gebiete, die wir Ozeane nennen. Aus dem Weltraum besehen, erscheint die Erde hauptsächlich blau. Die Ozeane verfügen über ihre jeweils ganz eigenen riesigen Windsysteme, die auf die Luftbewegungen über gewaltigen Massen warmen und kalten Wassers zurückgehen. Man denke etwa an die saisonalen Monsune im Indischen Ozean. Die Westwinde der

Die drei großen Ozeane stoßen auf wachsendes Interesse, seit die Erforschung der maritimen Geschichte sich nicht mehr hauptsächlich auf die Marinegeschichte im engeren Sinne beschränkt, die sich auf die Kriegführung (oder Friedenssicherung) auf See konzentriert, sondern auch weiterreichende Fragen in den Blick nimmt, etwa wie, warum und wann Menschen – ob nun als Händler oder als

Das Buch vertritt auch die These, dass die europäische Präsenz an den Küsten der Weltmeere sich nur verstehen lässt, wenn wir die weniger gut dokumentierten Aktivitäten nicht europäischer Händler und Seeleute berücksichtigen, von denen manche aus den betreffenden Ländern selbst stammten, andere dagegen zu einer weit verstreuten Diaspora gehörten – Griechen und später dann Juden aus Ägypten, Armenier, Chinesen, Malaien und andere. Zuweilen wurden die Handelsrouten im Stil einer Stafette betrieben, wobei die Waren von einem Händler an den nächsten weitergegeben und von einem Schiff auf das nächste umgeladen wurden, während an jedem Haltepunkt lokale Herrscher ihre Zölle erhoben. Zuweilen – etwa im Indischen Ozean der griechisch-römischen Zeit – wurden sie jedoch auch von einzelnen Unternehmern genutzt, die zum Beispiel die gesamte Strecke von Bereniké an der ägyptischen Küste des Roten Meers bis nach Pondicherry an der Südostküste Indiens befuhren. Damit will ich nicht bestreiten, dass die Ankunft der Europäer in nahezu jedem Winkel der Erde zu beträchtlichen Veränderungen führte. Nach Kolumbus und da Gama wurden die Weltmeere und ihre Inseln auf ganz neue Weise miteinander verknüpft. Ehrgeizige neue Routen, manche länger als alle je zuvor erkundeten, zogen sich nun kreuz und quer durch die Welt und verbanden China über Manila mit Mexiko oder Südostasien mit Lissabon und Amsterdam. Zu einer weiteren Revolution kam es, als man im 19. Jahrhundert die Segelschiffe auf den Ozeanen durch Dampfschiffe zu ersetzen begann und zwei große Kanäle in Sues und Panama die Seewege selbst veränderten. Im späten 20. Jahrhundert sorgten dann riesige Frachtschiffe, die Tausende von Containern aufnehmen können, und große Kreuzfahrtschiffe für Tausende von Passagieren nochmals für gewaltige Umwälzungen.

Die Geschichte des Seehandels befasst sich nicht ausschließlich mit exotischen Waren wie den Gewürzen Süd- und Südostasiens. Inzwischen interessieren Historiker sich verstärkt auch für alltägliche Handelsnetze, durch die Primärerzeugnisse wie Getreide, Öl, Wein, Wolle und dergleichen auf die Märkte und in die Städte gelangten. Wer jedoch wirklich große Profite erzielen wollte, war versucht, in weitaus größere Ferne zu streben. Daraus resultierten schließlich Überseeverbindungen, die das Wirtschaftswachstum an beiden Enden der Verbindungslinien stimulieren konnten. Man denke etwa an die Städte in China, die feines Porzellan herstellten, und die Städte in Holland, die große Mengen davon kauften. Gelegentlich wurde der Handel als Zahlung und Entgegennahme von Tribut verkleidet, vor allem im China und Japan des Mittelalters. Die Fürstenhöfe mochten durch ihr Verlangen nach ganz bestimmten exotischen Objekten die Richtung vorgeben, doch die Herrscher konnten ihre Diplomaten niemals ganz an Nebengeschäften hindern, und Versuche, Häfen zu schließen, führten nur zur Entstehung neuer, inoffizieller Häfen wie etwa in Quanzhou im mittelalterlichen China, das zum Treffpunkt für Kaufleute aus Java, von der Malaiischen Halbinsel, aus Indien, der arabischen Welt und sogar aus Venedig und Genua wurde.

Neben den friedlichen Kaufleuten gab es natürlich auch zahlreiche Seeräuber, zu deren berüchtigtsten Vertretern die Wikinger gehörten. Doch auch bei ihnen sorgte das Profitstreben dafür, dass sie sich zumindest zeitweilig als Händler

Es ist aufschlussreich, die Bewegung übers Meer mit der über Land zu vergleichen. Viele Probleme mit dem Transport großer Mengen von Gütern und Menschen über Land wurden erst durch den Bau der Eisenbahnen im 19. Jahrhundert gelöst, die zum Beispiel den Transport großer Mengen Tee aus entlegenen Teilen Indiens an die Küste des Indischen Ozeans und letztlich in die boomenden Teegeschäfte Londons erleichterten. Für eine relativ kurze Zeit hatte in der Vergangenheit die berühmte Seidenstraße floriert, die China mit Westasien und zeitweilig auch mit Europa verband, vor allem im 9. Jahrhundert und nochmals vom späten 13. bis ins frühe 14. Jahrhundert. Ihre kulturelle Bedeutung steht außer Frage, da Denken und Kunst des Buddhismus und des Islam sich darüber in ganz Eurasien verbreiteten. Über die Seidenstraße kam jedoch nur ein Bruchteil der Güter, die per Schiff aus China und Südostasien über die Malaiische Halbinsel und Indien nach Ägypten und in den Mittelmeerraum transportiert werden konnten und transportiert wurden. Diese »maritime Seidenstraße« quer über den Indischen Ozean blickt auf eine ununterbrochene zweitausendjährige Geschichte zurück, die bis in die Zeiten des Kaisers Augustus zurückreicht. Die erstaunlichen Mengen an Porzellan, die man im Südchinesischen Meer in Schiffswracks gefunden hat, belegen eindeutig, dass man die Hundertausende von Tellern und Schüsseln, die auf spätmittelalterlichen Dschunken ins Rote Meer verschifft wurden, unmöglich auf dem Rücken von Kamelen über Land hätte befördern können – in einem Wrack aus dem 11. Jahrhundert entdeckte man eine halbe Million Teile chinesischen Porzellans. Im

Historiker debattieren über die Frage, wann die Bezeichnungen »Atlantischer«, »Pazifischer« und »Indischer« Ozean aufkamen, in welchem Umfang sie verwendet wurden und ob sie angemessen sind. Schließlich umspült der Indische Ozean sowohl Afrika, Arabien und die Malaiische Halbinsel als auch Indien, und die Geographen der frühen Neuzeit unterschieden meist zwischen dem Nordatlantik und seinem südlichen, »äthiopischen« Zwillingsbruder. Der mittlere und südliche Pazifik wurde oft als »Südsee« bezeichnet. Dennoch entstanden Historikerschulen mit Schwerpunkt Atlantik, Pazifik und Indischer Ozean. Einer neueren Untersuchung zufolge erscheinen inzwischen mehr Publikationen über den Atlantischen Ozean als über das Mittelmeer, das lange das bei Historikern beliebteste Gewässer war – angefangen bei den wegweisenden Schriften Fernand Braudels. »Wir alle sind heute Atlantiker«, erklärte der herausragende Harvard-Historiker David Armitage, als er die unterschiedlichen Möglichkeiten beschrieb, sich mit der atlantischen Geschichte auseinanderzusetzen, ob nun vergleichend, lokal oder transatlantisch (das heißt im Blick auf Verbindungen quer über den Atlantik hinweg).[3] Eine solche Untergliederung der maritimen Geschichte in vier große, voneinander abgeschottete Forschungsgebiete stößt jedoch zunehmend auf Kritik, da man die Wechselwirkungen zwischen ihnen nicht ignorieren dürfe. Dieses Buch versucht, die Geschichte der großen Weltmeere in ihrer Gänze zu schreiben. In den Jahrtausenden vor Kolumbus behandle ich sie allerdings jeweils gesondert, denn damals bildeten sie drei Sphären menschlichen Verkehrs, die nicht direkt durch die Bewegung von Menschen untereinander verbunden waren, auch wenn im Mittelalter bestimmte Güter (vor allem Gewürze) aus so entfernten Regionen wie dem Malaiischen Archipel über das nicht zu den Weltmeeren gehörende Mittelmeer in die Häfen am Atlantik gelangten. Für die Zeit nach 1492 lege ich dagegen möglichst großes Gewicht auf die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Ozeanen, so dass (beispielsweise) selbst Kapitel über die Engländer in der Karibik des 17. Jahrhunderts den globalen Kontext berücksichtigen. Das erleichtert die Behandlung der letzten fünf Jahrhunderte, entspricht aber auch der Wirklichkeit, denn die Ozeane waren inzwischen tatsächlich eng miteinander verknüpft, wie ein kurzer Blick auf die maritimen Netzwerke der Portugiesen, Holländer oder Dänen sogleich erkennen lässt. Diese wechselseitige Verbindung der Ozeane war die große Revolution, die auf die Entdeckung Amerikas und des Seewegs von Europa nach Asien rund um die Südspitze Afrikas folgte und der man bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat.

Ein weiterer Vorbehalt hinsichtlich der bisherigen Geschichtsschreibung zu den Ozeanen betrifft die berücksichtigten Zeitspannen. Vor allem die Geschichte des Atlantiks leidet unter der Annahme, sie beginne erst mit Kolumbus. So begnügt man sich denn mit einem raschen Hinweis auf die kurze Anwesenheit der Nordmänner und -frauen irgendwo in Nordamerika (obwohl ihr Aufenthalt in Grönland keineswegs kurz war, sondern mehr als 400 Jahre währte). Ganz abgesehen von Belegen für Handel und Migration in der vorkolumbianischen Karibik, die mehrere Jahrtausende zurückreichen, besitzen wir reichhaltiges Material zu einem seit der Neusteinzeit bestehenden Handel in den ostatlantischen Gewässern, der die Orkney- und Shetlandinseln sowie Dänemark mit der französischen und der iberischen Atlantikküste verband. Sehr viel später sehen wir die Kaufleute der spätmittelalterlichen Hanse, die von Danzig bis nach Lissabon Handel trieben. Die enge Verbindung zwischen der Ostsee, der Nordsee und dem weiteren Atlantik macht es erforderlich, diese Meere als Ausläufer des Atlantiks zu begreifen. Der antike und mittelalterliche Indische Ozean hat weit mehr Aufmerksamkeit gefunden als der frühe Atlantik, und auch dieser Ozean hat seine Ausläufer. Einer davon ist das Südchinesische Meer am Eingang zum Pazifik, aber auch die Meere, die sich bis hinauf nach Korea und Japan erstrecken, standen seit der Antike in erheblichem Maße miteinander in Verbindung. Diese Meere lagen abgewandt vom Pazifik der polynesischen Seefahrer, der eine Welt für sich war – bestehend aus oft nur winzigen, auf einer riesigen und scheinbar grenzenlosen Fläche verstreuten Inseln. Deshalb findet

Dieses Buch lässt sehr vieles unberücksichtigt. Auch wenn es sich, wie es im Untertitel heißt, um eine »menschliche Geschichte« statt um eine Naturgeschichte handelt, befasst sie sich nicht mit den Auswirkungen des Menschen auf die Meeresökologie – die »submarine« Geschichte der Ozeane. Dieses Buch bleibt an der Meeresoberfläche, einmal abgesehen von den häufigen Bezügen auf Funde aus Schiffswracks, den Überresten von Schiffen, die ja eigentlich an der Wasseroberfläche hätten schwimmen sollen. Die Ökologie der Meere ist ein wichtiges und drängendes Thema, das von Umweltexperten leidenschaftlich diskutiert wird.[7] Die Menschen zerstören die Meere, indem sie zulassen, dass Plastik und Abwässer hineingeraten, und das Meeresleben zahlt einen hohen Preis dafür. Der Klimawandel wird vielleicht Seewege eröffnen, auf denen große Gütermengen aus dem Fernen Osten durch den Arktischen Ozean nach Europa und umgekehrt transportiert werden können. Das sind äußerst wichtige Fragen, doch dieses Buch befasst sich stattdessen mit zwischenmenschlichen Kontakten über die Ozeane hinweg, die Küsten und Inseln miteinander verbanden, und das hauptsächlich in Zeiten, als der menschliche Einfluss auf die Meere noch sehr begrenzt war, wenngleich dieser Einfluss auf entlegene Inseln wie Madeira oder Hawaii schon damals beträchtliche Ausmaße annahm. Auch mit der Fischerei befasse ich mich nur wenig, es sei denn, dass daraus Fernverbindungen erwuchsen. So werde ich einiges über den atlantischen Hering und Kabeljau auf den Schiffen der Hanse und der Holländer wie auch über englische Fischer zu berichten haben, die sich wahrscheinlich fast bis Neufundland vorwagten, bevor John Cabot 1497 dort eintraf. Später wird im Kontext des internationalen Handels mit Walprodukten kurz von amerikanischen Walfängern die Rede sein, wobei man hier auf schwere ökologische Schäden schon lange vor 1900 verweisen kann, da die Walpopulationen durch

Eine wichtige Folge neu geknüpfter Kontakte zwischen weit voneinander entfernten Landmassen war der Import und Anbau fremder Nutzpflanzen in Regionen, die weit von deren Ursprungsgebiet entfernt lagen. Das einschlägige Beispiel ist hier die Kartoffel, die aus Südamerika stammt und (mit tragischen Folgen) zum Hauptnahrungsmittel der ärmeren irischen Bevölkerung wurde. Schon lange vorher hatte die islamische Welt für die Verbreitung von Orangen und Bananen bis in das weit westlich gelegene Spanien gesorgt, während asiatisches Zuckerrohr im Mittelmeerraum, auf Atlantikinseln wie Madeira und schließlich auch in Brasilien und der Karibik Wurzeln schlug. Ich kann hier nur einen Teil der Geschichte erzählen, und zwar den Teil, der mit den Wegen zusammenhängt, die diese Produkte nahmen. Eine klassische Arbeit von Alfred Crosby und eine wegweisende Studie von Andrew Watson über die Beförderung von Nahrungsmitteln innerhalb der islamischen Länder betrachten das größere Bild.[8] An diesen Entwicklungen war der Mittelmeerraum intensiv beteiligt, der in diesem Buch jedoch weitgehend außen vor bleibt. Als fast gänzlich abgeschlossenes Binnenmeer mit ständigen engen Kontakten zwischen den Küsten unterscheidet es sich von den offenen Ozeanen wie Gebirge von den Ebenen. Außerdem habe ich in meinem letzten Buch ausführlich darüber geschrieben.

Die Arbeit an vorliegendem Band hat mich in Zeiten und an Orte geführt, die weit vom Mittelmeer entfernt liegen. Die Ursprünge dieses Buches liegen jedoch in einem Aufsatz mit dem schlichten Titel »Mediterraneans«, den ich für ein von William Harris von der Columbia University herausgegebenes Buch, Rethinking the Mediterranean, schrieb. Darin verglich ich das »klassische« Mittelmeer mit anderen abgeschlossenen oder fast abgeschlossenen Meeren wie der Ostsee oder der Karibik.[9] Das führte mich tiefer in die Geschichte anderer, weitaus größerer Meere, etwa in einem Buch über den Atlantik am Ende des Mittelalters mit dem Titel Discovery of Mankind, in dem ich die Überraschung der Westeuropäer bei ihren ersten Kontakten mit Völkern auf den Kanarischen Inseln, in der Karibik und in Brasilien beobachtete, mit deren bloßer Existenz sie nicht im mindesten gerechnet hatten.[10] Noch davor schrieb ich auf Einladung des großen Wirtschaftshistorikers Sir Michael (»Munia«) Postan ein langes Kapitel über »Asia, Africa and the Trade of Medieval Europe« für die Neuausgabe eines Teils der Cambridge Economic History of Europe.[11] Beim Lunch in Peterhouse (wo ich erlebte, wie einige der Fellows über dessen Master, Hugh Trevor-Roper, herzogen) fragte Postan mich, was ich in meinem Kapitel über die Malaiische Halbinsel zur Zeit des Mittelalters schreiben würde. Mir wurde klar, dass ich nichts darüber wusste, und so begab ich mich auf eine Reise, die mich von dem problematischen Reich Śri Vijaya auf Sumatra bis ins frühe Singapur und Melaka führte, wie sie in den bemerkenswerten malaiischen

Dieses Buch, das hauptsächlich in Cambridge und in geringerem Maße in Oxford entstand, hätte ich niemals schreiben können ohne die Möglichkeiten und die Gemeinschaft, die das Gonville and Caius College in Cambridge bietet. Besonders dankbar bin ich einem der großzügigen Alumnis des Colleges, Andreas Papathomas, für die Stiftung des Papathomas Professorial Fellowship, das innezuhaben ich die Ehre habe. Es ist Ausdruck seines eigenen Interesses als prominenter Reeder an allem, was mit dem Meer zu tun hat. Unter den zahlreichen geschichtswissenschaftlichen Fellows des Colleges unterstützten Sujit Sivasundaram und Bronwen Everill mich bereitwillig mit Ideen und Vorschlägen. Sehr nützlich waren für mich auch viele Gespräche mit John Casey, Ruth Scurr und K.C. Lin wie auch mit Mitgliedern der stets lebendigen Sherrington Society, die sich einen frühen Entwurf von Teilen meines Kapitels über Polynesien anhörten. Zwei Oxforder Colleges waren so freundlich, mir ihre Türen zu öffnen, dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Mein Dank geht an die Leiter (Alan Bowman und John Bowers) und die Fellows des Brasenose College, eines Schwestercolleges des Caius, sowie an die Prinzipale (Frances Lannon und Alan Rusbridger) und Fellows der Lady Margaret Hall, nicht zuletzt an Anna Sapir Abulafia, Professorial Fellow und Präsidentin des dortigen Common Room. Sehr dankbar bin ich auch all jenen, die Vorträge besuchten oder sich an Gesprächen beteiligten, welche auf dem Buch basierten oder meine Vorstellungen zur maritimen Geschichte betrafen. Zu nennen sind hier (unter anderen Institutionen) das Legatum Institute und das Erasmus Forum in London, die British Academy Soirée, das èStoria Festival in Gorizia, die Perse School, die North London Collegiate School, die St Paul’s School, die Universidade Nova in Lissabon, die Universität Greifswald (mit herzlichem Dank an Michael North), die Universität Rostock, die Universität Heidelberg, John Darwins Seminar in Oxford, das Oxford Centre for Hebrew and Jewish Studies, die Harvard University, die Cambridge University, die La Trobe University in Melbourne, die Nanyang Technological University und das Asiatic Museum, beide in Singapur, das Europakolleg in Warschau (mit besonderem Dank an Richard Butterwick-Pawlikowski und Nicolas Nizowicz) sowie die neu gegründete University of Gibraltar, mit der verbunden zu sein dank ihrer einfallsreichen und energischen ersten Vizekanzlerin Daniella Tilbury stets eine besondere Freude ist. Ich danke auch dem auf der anderen Seite der Straße von Gibraltar gelegenen Instituto de Estudios Ceutíes in Ceuta für die Gastfreundschaft, die es mir 2015 während einer Tagung zur Erinnerung an die portugiesische Eroberung der Stadt im Jahr 1415 gewährte. Mitglieder der Algae, eines literarischen Zirkels am Londoner Athenaeum, vor allem Colin Renfrew, Roger Knight, David Cordingly und Felipe Fernández-Armesto, diskutierten mit mir in der Entstehungsphase des Buchs auf höchst fruchtbare Weise über Teile der Arbeit. John Guy

Besonderer Dank gebührt all jenen, die mir bei meinen Reisen über die Weltmeere eine gewaltige Hilfe waren, und am Anfang soll hier ein Wort des Lobes für den diplomatischen Dienst Großbritanniens in diversen Ländern stehen. Durch Zufall saß ich bei einem Dinner in Cambridge neben Steven Fisher, dem ehemaligen britischen Botschafter in der Dominikanischen Republik. Er drängte mich zu einem Besuch in Santo Domingo, das über das größte, älteste und besterhaltene Kolonialviertel in ganz Amerika verfügt, und knüpfte für mich den Kontakt zu seinem Nachfolger Chris Campbell, der mich wiederum mit der Botschaftsrätin Thelma de la Rosa García bekannt machte. Sie gewährte mir außerordentliche Unterstützung in der Dominikanischen Republik, insbesondere beim Arrangement von Museumsbesuchen und einem äußerst wertvollen Treffen mit Juan Rodríguez Acosta, dem Direktor des Museo del Hombre Dominicano. Steven Fisher arrangierte für mich außerdem ein Treffen mit seiner Exzellenz Bernardo Vega, dem Präsidenten der Academia Dominicana de História, wo ich die Ehre hatte, einen Vortrag zu halten. Und er machte mich mit Estebán Priete Vicioso bekannt, dem für die Kathedrale und andere alte Gebäude in Santo Domingo zuständigen Architekten, der so freundlich war, mir alle wichtigen Stätten zu zeigen. Ihnen allen danke ich für ihre außergewöhnliche Gastfreundschaft, desgleichen der wunderbaren Belegschaft des großartigen Nicolás-de-Ovando-Hotels in Santo Domingo, das sich in Ovandos Palast aus dem Jahr 1502 befindet. Joe Moshenska in Cambridge versorgte mich vor meiner Abreise nach Santo Domingo mit wertvollen Informationen. Großzügige Hilfe erhielt ich bei meinem Besuch auf den Kapverdischen Inseln, und zwar dank der begeisterten Unterstützung durch Marie-Louise Sørensen und Chris Evans, Leiter des Archäologenteams aus Cambridge, das in Cidade Velha die älteste europäische Kirche der Tropen ausgräbt. José Silva Lima und Jaylson Monteiro vom dortigen Kulturministerium waren so freundlich, mich durch die Weltkulturerbestätte in Cidade Velha und die Museen in Praia zu führen.

Auf der anderen Seite der Erde, im neuseeländischen Wellington, begrüßte mich A.T.H. (Tony) Smith, und James Kane zeigte mir die Orte, die ich im australischen Sydney sehen musste. Richter William Waung war mir in Hongkong ein wunderbarer Gastgeber und zeigte mir das großartige Maritime Museum, mit dem er eng verbunden ist. Mein herzlicher Dank geht an Arun und Christine Nigam, Anthony Phillips, Paul Serfaty und die Royal Geographical Society in Hongkong. In Singapur führte mich der britische Hochkommissar Antony Phillipson zu den Ausgrabungen

Besonders dankbar bin ich dem Joukowsky Institute unter Peter van Dommelen und der John Carter Brown Library unter Neil Safier für den freundlichen Empfang an der Brown University, Rhode Island, im November und Dezember 2017. Dort konnte ich meine Ergebnisse präsentieren und durfte eine leider allzu kurze Zeit als Fellow an der John Carter Brown Library verbringen, wo ich die ausgezeichnete, in die frühesten Zeiten der europäischen Entdeckung zurückreichende Materialsammlung nutzen durfte. Meine Einladung an die Brown University verdanke ich zwei wunderbaren Gastgebern, Miguel Ángel Cau Ontiveros und Catalina Mas Florit. David González Cruz von der Universität Huelva führte mich und andere während einer betriebsamen Tagung anlässlich des 525. Jahrestags der Ankunft des Kolumbus in der Neuen Welt durch die damit verbundenen Stätten, darunter auch Palos und das Kloster La Rábida. Yasir Suleiman und Paul Anderson vom Centre for Islamic Studies in Cambridge arrangierten eine Reihe von Besuchen einer Forschergruppe aus Cambridge an Universitäten der islamischen Welt. Mein besonderer Dank geht an meine Mitreisende in Marokko und den Vereinigten Arabischen Emiraten, Alice Wilson, heute an der University of Sussex, sowie an meinen Mitreisenden in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Qatar, Yonatan Mendel, damals am Centre for Jewish-Arab Relations des Van Leer Institute in Israel und heute an der University of the Negev.

All das wäre unmöglich gewesen ohne die Unterstützung meines Lektors bei Penguin Books, Stuart Proffitt, meines Lektors bei der Oxford University Press in New York, Tim Bent, wie auch meines Agenten Bill Hamilton von A.M. Heath. Candida Brazil leistete ausgezeichnete Arbeit an meinem Text, desgleichen Mark Handsley, Stephen Ryan und Chris Shaw bei der Redaktion und beim Korrektorat. Dasselbe gilt für meine Bildredakteurin Cecilia Mackay und für Ben Sinyor von Penguin. Ich könnte nicht in besseren Händen sein. Das Buch hätte ich gleichfalls unmöglich schreiben können ohne die einzigartigen Bedingungen in der Cambridge University Library und in der Gonville and Caius College Library. Mein besonderer

David Abulafia

Gonville and Caius College, Cambridge

8. Mai 2019

Endnoten

Zu den Winden siehe F. Fernández-Armesto, »The Indian Ocean in World History«, in A. Disney und E. Booth (Hg.), Vasco da Gama and the Linking of Europe and Asia, New Delhi 2000, S. 1416; A. Dudden, »The Sea of Japan/Korea’s East Sea«, in D. Armitage, A. Bashford und S. Sivasundaram (Hg.), Oceanic Histories, Cambridge 2018, S. 189190.

D. Armitage, A. Bashford, S. Sivasundaram, »Writing World Oceanic Histories«, in Armitage u.a., Oceanic Histories, a.a.O., S. 1, 8, 26.

D. Armitage, »Three Concepts of Atlantic History«, in D. Armitage und M. Braddick (Hg.), The British Atlantic World, London und New York 2002, S. 1127; siehe auch D. Armitage, »Atlantic History«, in Armitage u.a., Oceanic Histories, a.a.O., S. 85110; R. Blakemore, »The Changing Fortunes of Atlantic History«, English Historical Review 131 (2016), S. 851868.

D. Quammen, The Song of the Dodo: Island Biogeography in an Age of Extinction, London 1996; dt.: Der Gesang des Dodo. Eine Reise durch die Evolution der Inselwelten, Frankfurt am Main 1999.

E. Tagliacozzo, »The South China Sea«; A. Dudden, »The Sea of Japan/Korea’s East Sea«; J. Miran, »The Red Sea«, alle in Armitage u.a., Oceanic Histories, a.a.O., S. 156208.

S. Sörlin, »The Arctic Ocean«; und A. Antonello, »The Southern Ocean«, in Armitage u.a., Oceanic Histories, a.a.O., S. 269318.

C. Roberts, Ocean of Life: How our Seas are Changing, London 2012; dt.: Der Mensch und das Meer. Warum der größte Lebensraum der Erde in Gefahr ist, München 2013, und ders., The Unnatural History of the Sea: the Past and Future of Humanity and Fishing, London 2007; zu den Ursprüngen der Ozeane siehe D. Stow, Vanished Ocean: How Tethys reshaped the World, Oxford 2010; J. Zalasiewicz und M. Williams, Ocean Worlds: the Story of Seas on Earth and other Planets, Oxford 2014; H. Rozwadowski, Vast Expanses: a History of the Oceans, London 2018.

A. Crosby, Ecological Imperialism: the Biological Expansion of Europe, 9001900, Cambridge 1986; dt.: Die Früchte des weißen Mannes. Ökologischer Imperialismus 9001900, Frankfurt am Main 1991; A. Watson, Agricultural Innovation in the Early Islamic World: the Diffusion of Crops and Farming Techniques, 7001100, Cambridge 1983.

D. Abulafia, »Mediterraneans«, in W. Harris (Hg.), Rethinking the Mediterranean, Oxford 2005, S. 6493.

D. Abulafia, The Discovery of Mankind: Atlantic Encounters in the Age of Columbus, New Haven, CT, 2008.

D. Abulafia, »Asia, Africa and the Trade of Medieval Europe«, in M.M. Postan, E. Miller und C. Postan (Hg.), The Cambridge Economic History of Europe, Bd. 2, 2. Aufl., Cambridge 1987, S. 402473.

Der älteste Ozean: Der Pazifik – 176000 v.u.Z. bis 1350 u.Z.

Der älteste Ozean