Legenden des Krieges: Im Schatten des Falken

Cover

*Sir Thomas Blackstone

Thomas Blackstones Männer

*Sir Gilbert Killbere

*Meulon: normannischer Hauptmann

*John Jacob: Hauptmann

*Renfred: deutscher Waffenknecht und Hauptmann

*Will Longdon: altgedienter Bogenschütze und Centenar

*Jack Halfpenny: Bogenschütze und Ventenar

*Meuric Kynith: Waliser Bogenschütze und Ventenar

*Beyard: Gascogner Hauptmann

*Aicart: Gascogner Waffenknecht

*Loys: Gascogner Waffenknecht

*Bascon Gâsconay: Waffenknecht

*William Ashford: Waffenknecht, Hauptmann

*Tom Brook: Waffenknecht

Italienischer Geistlicher

*Niccolò Torellini: Florentiner Priester

Englische Söldner

*Ranulph de Hayle/Ronec le Bête

Sir Hugh Calveley

Walter Hewitt

William Latimer

Matthew Gourney

Jean de Montfort: von England unterstützter Prätendent auf das Herzogtum Bretagne

Charles de Blois: von Frankreich unterstützter Prätendent auf das Herzogtum Bretagne

Graf von Mayenne: bretonischer Regionalherrscher

Bertrand du Guesclin: bretonischer Kommandeur

Olivier de Mauny: Edelmann und Vetter von Bertrand du Guesclin

Jean de Beaumanoir: Edelmann und Verbündeter von Charles de Blois

Das englische Königshaus

Edward of Woodstock, Prince of Wales und Herzog von Aquitanien

Englische Amtsträger

Sir John Chandos: Connétable von Aquitanien

Sir Nigel Loring: Kammerherr des Prinzen

Das französische Königshaus

König Karl V. von Frankreich

Französische Amtsträger, Edelleute, Söldner und Waffenknechte

Jean de Grailly, Captal de Buch: Gascogner Edelmann

Graf von Graumont: Französischer Regionalherrscher

*Godefroy de Claville: Hauptmann von Villaines

Simon Bucy: Berater des französischen Königs

Gontier de Bagneaux: Geheimsekretär des französischen Königs

Jean de Bourbon: Graf von La Marche

Arnoul d’Audrehem: Marschall von Frankreich

Eustace d’Aubricourt: Hennegauer Söldner

Das spanische Königshaus

Karl, König von Navarra: Prätendent auf den französischen Thron

Don Pedro I.: König von Kastilien und León

Blanche de Bourbon: Königin von Kastilien und León

Heinrich von Trastámara: Don Pedros Halbbruder und Prätendent auf seinen Thron

Spanische Amtsträger

Iñigo Ortiz de Estúñiga: Hauptmann der Wache von Blanche de Bourbon

*König Don Pedros Truchsess

Gutier de Toledo: Kommandeur der königlichen Leibgarde

Spanische Waffenknechte, Dorfbewohner, Diener, Kaufleute, Geistliche sowie ein Arzt

*Garindo: häretischer Priester

*Velasquita Alcón de Lugo

*Lázaro: Diener der Königin von Kastilien

*Halif ben Josef: jüdischer Arzt

*Ariz: Waffenknecht

*Saustin: Waffenknecht

*Tibalt: Waffenknecht

*Elias Navarette und Salamon Bonisac: jüdische Kaufleute

*Andrés: Wegführer

*Santos: Wegführer

*Pérez von Burgos: Kaufmann

*Álvaraz: Kommandeur der kastilischen Armee

Suero Gómez: Erzbischof von Santiago de Compostela

Peralvarez: Dekan der Kathedrale von Santiago

*Gontrán: Fischer und Pilger

Mauren

*Sayyid al-Hakam

*Abid al-Hakam

*Najih bin Wālid

 

Fiktive Personen sind mit * gekennzeichnet.

Sophokles

König Pedros Palast

Burgos, Kastilien, Spanien

In dem düsteren Raum deutete nichts auf Beschwörungen des Bösen hin, wenngleich manche die Astrologie für eine Praktik wider das göttliche Recht erachteten. Garindo wusste, welche Risiken er einging, wenn er sich näher an den Abgrund der Nekromantik und Hexerei wagte – und das geschah leicht: Der Durst nach tieferem Wissen um das Universum konnte einen Menschen dazu treiben, sich den dunklen Künsten zu verschreiben. Doch seine eigenen religiösen Überzeugungen hielten ihn auf der Seite der Rechtschaffenheit, auch wenn er vom Papst der Häresie beschuldigt worden war, weil er Astrologie praktizierte.

Der häretische Priester blinzelte in die fast völlige Dunkelheit. Er hatte stundenlang studiert, und unterdessen waren die Kerzen heruntergebrannt. Seine Vorhersagen hatten Früchte getragen, und nun fürchtete er eine andere, deren Kräfte größer waren als die seinen. Sie war die Mätresse des Satans.

Er hatte den König beschworen, sich dieser Hexe zu entledigen, die stets an seiner Seite war. Sie lebte hinter dem Schleier der Dunkelheit. Bislang war es ihm dank seiner eigenen Fähigkeiten gelungen, sie in Schach zu halten. Doch wie lange noch? Häresie oder Hexenkunst? Wer würde die Oberhand gewinnen?

Gott selbst ließ zu, dass der Teufel existierte, aus dem

Der alte Mann seufzte – er hatte sich dareingeschickt, der göttlichen Macht zu trotzen. Er würde von seinen Fähigkeiten Gebrauch machen. Was er in dem Diagramm hier unter seiner Hand las, behagte ihm nicht. Wen sollte er am meisten fürchten? Gott, dem es nicht gefiel, dass er sich in das Schicksal der Menschen einmischte? Oder die Mätresse des Teufels, die um die Gunst des Königs buhlte? Er fürchtete die drohende göttliche Gerechtigkeit weniger als die Magie derer, welche die Hexenkunst praktizierten, denn ihre Zauber hatten die Kraft, einen Menschen zu töten. Garindos Grauen vor ihnen war stärker als sein Glaube, dass Gott ihn beschützen werde. Zuweilen ließ Gott den Teufel in den Herzen der Menschen wüten. Vielleicht war das eine Prüfung des Glaubens.

Er schloss die dicke Holztür hinter sich, drehte mühsam den schweren eisernen Schlüssel im Schloss. Er sehnte sich nach seinem Bett. Seit Tagen hatten seine astrologischen Studien ihm den Schlaf geraubt. Die Kerze, die er trug, knisterte, und heißes Wachs spritzte auf seinen Handrücken, doch er achtete nicht darauf. Er war tief in Gedanken versunken, suchte nach den richtigen Worten, um dem König seine Erkenntnisse mitzuteilen, denn er wusste, wie schlechte Nachrichten den Zorn des Herrschers entbrennen lassen konnten. Seine Schuhe schlurften über die unebenen Bodenfliesen, seine alten Knie machten ihm zu schaffen, da er zu lange gesessen hatte. Da

Keine Antwort. Er bekreuzigte sich schaudernd, bat den Allmächtigen um Schutz. Aus Angst vor dem, was dort vor ihm sein mochte, lief es ihm kalt über den Rücken. Stille. Vielleicht war es nur eine Ratte gewesen. Er lauschte. Die Kerze war weit heruntergebrannt, bald würde ihn völlige Dunkelheit umfangen. Die Angst hielt ihn im Würgegriff, er konnte nicht länger so verharren. Er machte einen Schritt vorwärts, tastete sich mit einer Hand an der Mauer entlang, um sich sicherer zu fühlen.

Ein kühler Luftzug streifte sein Gesicht.

Jemand hatte eine Tür oder ein Fenster offen gelassen. Waren die Geister der Nacht in den Palast eingedrungen?

Etwas streifte sein Bein, und er fuhr zurück. Als er danach trat, hörte er eine der wilden Katzen fauchen. Er lachte nervös über seine eigene Torheit und schlurfte weiter in Richtung seiner Kammer. Dabei bemerkte er nicht, dass sich in der Dunkelheit hinter ihm abermals etwas regte, bemerkte nicht, dass sie, die in der Gunst des Königs stand, ihn beobachtete.

Und wartete.

Alles, was er prophezeit hatte, war eingetroffen. Seinen eigenen Tod jedoch hatte er nicht vorhergesehen.

Frankreich, nördlich von Bordeaux

1364

Der Reiter war im Sattel erfroren. Schnee und Frost, scharf wie Pfeilspitzen, vom fauchenden Wind in die Knochen getrieben, hatten dem Mann die Seele entrissen. Doch es war nicht die Hand Gottes, die ihn in Blackstones Lager im Kloster Notre-Dame de Boschaud führte. Ein zäher Mönch war zu Fuß auf dem Rückweg dorthin gewesen, als er dem erschöpften Mann begegnet war, der mit seinem letzten Atem keuchend um Hilfe gebeten hatte – er müsse den Kriegsherrn des englischen Königs finden. Der Mönch war weiter durch den bitteren Winter gestapft, der überall im Land Mensch und Tier dahinraffte. Tief ins Gebet versunken, das geschwächte Pferd des Fremden am Zügel führend, hatte er endlich die befestigte Abtei erreicht.

Starke Arme griffen nach dem Toten, von beißender Kälte steife Finger durchschnitten die Zügel, da sie nicht aus seinem starren Griff zu lösen waren. Blackstone sah die Tasche mit dem Siegel des Prinzen darauf. Die Kleidung des Boten knarzte, als sie ihn vorsichtig aus dem Sattel zogen. Das Pferd strauchelte mit hängendem Kopf. Männer führten es zum Stall, fürsorglich, wie es einem Tier mit tapferem Herzen gebührte, das verdiente, gerettet zu werden. Decken, hoch aufgeschüttetes, weiches Stroh, gekochter Hafer und die Wärme der anderen Pferde würden seine Überlebenschancen steigern.

«Sollen wir ihn ans Feuer tragen?», fragte Blackstones Centenar Will Longdon.

«Grundgütiger, du Schwachkopf, willst du etwa, dass er verfault?», entgegnete der alte Ritter Gilbert Killbere. «Bringt ihn runter in den Keller. Er muss kühl gelagert werden, bis es taut und die Mönche ihn begraben können.»

Der altgediente Bogenschütze zuckte die Achseln. «Wir können ihn ja in den Raum mit dem Käse bringen, dann fällt es nicht auf, wenn er anfängt zu stinken.»

«Du bist ein respektloser, gottloser Schuft», stellte Killbere fest.

Blackstone drehte sich zu den Übrigen um. «Ebenso wie viele von uns, Gilbert, aber wir werden diesen Mann mit Achtung behandeln. Die Starre in seinen Muskeln wird sich lösen. Die Mönche sollen ihn in Leinen wickeln und an einen Ort legen, wo er Gott nahe ist.» Er wandte sich an seinen Knappen. «John, sprich mit dem Abt und überbringe ihm meine Bitte. Frage nach einer Seitenkapelle, und sie möchten für ihn beten.»

John Jacob nickte und bedeutete den Männern, den Boten fortzutragen. Während sie sich ans Werk machten, warf er einen Blick auf die Tasche. «Ich wette, das sind schlechte Nachrichten, Sir Thomas.»

Killbere schloss die Tür hinter ihnen und legte in der Feuerstelle nach, dann zog er seinen schweren Mantel um sich. Ebenso wie die anderen hatte er Lumpen um seine Stiefel gewickelt

«Das ist der schlimmste Winter, an den ich mich erinnern kann, und dabei haben wir schon Frühjahr», bemerkte Killbere, hockte sich auf einen Schemel und streckte seine Füße den Flammen entgegen. «Selbst der Rotz, der einem aus der Nase tropft, gefriert zu verdammten Eiszapfen. Wir hacken Weinfässer auf und schmelzen die Weinklumpen über dem Feuer. Es ist zu kalt zum Kämpfen, selbst wenn irgendwo ein Franzose aufzutreiben wäre, gegen den man das Schwert erheben könnte, und keine Hure und keine Nonne in Sicht, die einen unter der Decke in den Armen hält. Da schmerzen die Eier, dass einem die Augen nicht nur vom Wind tränen. Wir sollten zurück nach Italien gehen. In den Süden. Nach Neapel oder so.»

Blackstone hielt die ungeöffnete Tasche mit den Befehlen vom Prince of Wales in beiden Händen. Er fühlte das steife Leder unter den Fingerspitzen. «Wie ich den Prinzen kenne, findet er schon etwas für uns, das uns aufwärmen wird.»

«Dann mach auf. Es ist höchste Zeit, dass wir hier rauskommen.»

Blackstone zog das gefaltete Pergament heraus und brach das Wachssiegel. Ein treuer Bote hatte sein Leben geopfert, um die Nachricht zu überbringen. Was war wichtig genug, dass der Mann einen solchen Preis dafür hatte zahlen müssen? Blackstones Blick glitt über die säuberlich geschriebenen Zeilen. Killbere wartete mit fragend hochgezogenen Augenbrauen.

«Agen», sagte Blackstone und sah die Lage der uralten Stadt im Geiste vor sich, im Südwesten auf halber Strecke zwischen Bordeaux und Toulouse. Nicht weit vom Königreich Navarra im Norden Spaniens. «Wir reiten zu einem Treffen mit dem Prinzen und Karl von Navarra.»

Killbere stocherte angewidert im Feuer. «Dieser Lackaffe.

Blackstone schüttelte den Kopf und reichte Killbere den Brief. «Der Prinz ruft uns, mehr wissen wir nicht.»

«Zwei Tagesritte bei diesem Wetter», stellte Killbere fest. «Wenigstens. Ich sage dir, Thomas, der König von Navarra führt nichts Gutes im Schilde. Mich beglückt die Vorstellung nicht, dass wir in einen Kampf reingezogen werden, um ihm zu helfen.» Er warf das gefaltete Dokument auf den Tisch. «Herr im Himmel, dass unser König und unser Prinz den verdammten Krieg gewonnen haben, ist Männern wie unseren zu verdanken, die ihr Blut vergossen haben. Wenn dieser Emporkömmling nach mehr strebt, als er aus eigener Kraft erreichen kann, dann sollen andere um seinetwillen in den Tod reiten, nicht wir. Er sollte in diesem Streifen Land bleiben, den er ein Königreich nennt.»

Die Abtei Notre-Dame de Boschaud lag geschützt im Herzen Aquitaniens zwischen dem Palast des Prinzen in Bordeaux und der Stadt Poitiers, wo sich der Seneschall befand. Falls Söldner oder die Franzosen angriffen, war Blackstone in einer günstigen Position, um zurückzuschlagen. Zu welchem Zweck wurde er nun in den Süden beordert? Verteidigung oder Angriff?

«Du wolltest doch einen Kampf, Gilbert – vielleicht bekommen wir einen.»

 

Unterhalb der Burgmauern leuchteten die honigfarbenen Ziegelbauten von Agen in der Nachmittagssonne, und die Strahlen vergoldeten den breiten Fluss, welcher der Stadt als Handelsstraße und Verteidigung diente. Die eisenbeschlagenen Hufe von Blackstones hundert Pferden klapperten über das Kopfsteinpflaster zur Burg hinauf, während von den hohen Mauern

«Hier oben ist es noch kälter», bemerkte Will Longdon. «Ich hoffe, für uns stehen Fleisch und Wein bereit. Mein Hintern tut weh, und mein Magen knurrt.»

«Eintopf und Gascognerwein, wenn wir Glück haben», ließ sein Ventenar Jack Halfpenny sich vernehmen.

Killbere drehte sich halb im Sattel um. «Wenn ihr das Glück habt, verköstigt zu werden, dann behaltet eure Bogen bei euch. Wir haben hier einen spanischen Edelmann und seine Leute innerhalb dieser Mauern, und was die nicht in der Schlacht als Trophäe erringen können, das stehlen sie. Der Bogen eines Engländers wäre eine begehrenswerte Beute.»

«Und der eines Walisers auch», rief Meuric Kynith, Longdons anderer Ventenar.

«Jeder verdammte Bogen, du heidnischer Kelte», versetzte Killbere. «Ich lasse jeden Bogenschützen auspeitschen, der seinen Bogen an einen räudigen Navarreser Dieb verliert.»

Blackstone warf dem alten Ritter an seiner Seite einen Blick zu. «Gilbert, unsere Bogenschützen würden ihre Bogen nicht mal hergeben, wenn der Tod sie schon in seinen Klauen hätte. Du brauchst sie nicht zu schulmeistern. Denke an die Jahre, die wir gemeinsam gekämpft haben. Niemals haben wir gesehen, wie einer von ihnen auch nur eine Hanfsehne verlor oder wegwarf, ganz zu schweigen von seinem Bogen.»

«Sie haben die letzten Monate im Winterquartier zugebracht, Thomas. Du hältst sie auf Trab, das muss ich dir lassen – Mauern bauen und Pferde bewegen, davon bleiben die Muskeln straff, aber man wird weich im Kopf. Sie brauchen hin und wieder einen Arschtritt.» Er schaute sich kurz um. «Die Bogenschützen ganz besonders.»

«Du hattest es verdient. Und es hat dir nicht geschadet. Ich bin stolz darauf, dass mein Stiefel und meine flache Hand deinen Verstand auf Trab gehalten haben. Wie hättest du es sonst zum Kriegsherrn des Königs gebracht?»

«Ja, wie sonst?» Blackstone schmunzelte. Vor ihnen wurde das Tor geöffnet.

Blackstone und Killbere standen in dem Korridor vor der großen Halle und warteten darauf, dass man sie eintreten ließ. Der Prinz reiste stets mit großem Gefolge, und so hatte er auch hier in Agen zahlreiche Höflinge und Bedienstete um sich. Er hielt sich seit November in der Stadt auf, nicht nur um die Huldigungen der Gascogner Edelleute entgegenzunehmen, sondern auch um sich mit den Pyrenäenfürsten zu treffen. Im Augenblick war es Karl von Navarra, der die Aufmerksamkeit des Prinzen in Anspruch nahm.

Killbere raunte verstohlen: «Navarra ist widerwärtig und falsch. Wir müssen uns in Acht nehmen, Thomas, sonst wird dieser heimtückische Hurensohn dafür sorgen, dass wir für ihn unser Blut vergießen. Der Prinz schätzt uns, aber wir sind doch nur kleine Spielfiguren in seinem großen Plan.»

«Und was für ein Plan ist das?», flüsterte Blackstone zurück. Dabei beobachtete er aus dem Augenwinkel die Höflinge, Amtsträger und Sekretäre, die geschäftig über den Korridor eilten – jeder von ihnen hätte nur zu gern eine Unmutsäußerung aufgeschnappt und gemeldet. So erlangten Höflinge Beförderung und die Gunst der Ranghöheren.

«Wie in Gottes Namen soll ich wissen, was im Kopf eines Prinzen vor sich geht? Mein Bauch sagt, dass dieses Treffen uns in Gefahr bringen wird. In der Vorburg waren zweihundert Waffenknechte, die sich marschbereit machten. Ihre Pferde wirkten frisch und sie selbst auch.»

Plötzlich brach hektische Betriebsamkeit aus, und das Stimmengewirr wurde lauter. Dank seiner Größe konnte Blackstone über das Gedränge der Höflinge hinwegschauen und erspähte einen Edelmann mit reich verziertem Mantel. Er kam aus einem Raum, der ein Stück weiter von dem Korridor abging, und schritt mit seinem persönlichen Gefolge davon.

«Was ist da los?», fragte Killbere.

«Navarra – er ist eben gegangen.»

«Bist du sicher, dass er es war?»

Blackstone nickte. Mit seiner überheblichen Haltung wäre der Mann jederzeit aus einer Menge herausgestochen, auch ohne seinen bestickten Mantel mit dem Pelzkragen.

Ehe Killbere noch etwas sagen konnte, öffnete ein Diener die Türflügel. Vor ihnen tat sich ein riesiger Saal auf, so reich ausgestattet, wie es einem König oder Prinzen gebührte, wenngleich die Burg von Agen nur eine zeitweilige Residenz war. An jeder Wand hingen farbenprächtige Wandteppiche. Kunstvolle Darstellungen von Schwänen mit Frauenköpfen waren zu beiden Seiten einer schwarzen Mitteltafel angebracht, auf der silberne Pfauenfedern prangten. Es war die Pflicht des Prinzen, das Herzogtum Aquitanien zu regieren, und sämtliche Männer und Frauen, welche die Ehre hatten, ihm nahe zu sein, liebten und bewunderten ihn. Nach den Entbehrungen der Kriegsjahre war der Prinz nun berühmt für seine extravaganten Bankette und Empfänge, die zweierlei Zweck erfüllten: Eindruck auf jene zu machen, die es zu beeindrucken galt, und die Stimmung eines Volkes zu heben, das große Härten erduldet hatte. Blackstone wusste, dass dies der Raum war, von dem aus der Prinz in den vergangenen Monaten das Herzogtum regiert

Nun stand der Prinz da, einen Arm auf das hohe Sims über dem Kamin gestützt, und blickte in das lodernde Feuer. Der Steinboden war mit Teppichen und frischen Binsen bedeckt; vor dem gepolsterten Stuhl des Prinzen stand ein Tisch, lang genug, dass zwei Männer ausgestreckt darauf hätten liegen können, und auf dem Tisch war eine Landkarte ausgebreitet. In der hinteren Ecke befand sich eine weitere Tür – zweifellos die, durch welche Navarra den Raum verlassen hatte. Verlangte das Protokoll, dass der arrogante Aristokrat eine Begegnung mit dem narbengesichtigen Ritter vermied, der vor Jahren entscheidend für seinen Erfolg im Kampf gegen die aufständischen Bauern gewesen war?

Blackstone und Killbere verbeugten sich.

Der Prinz wandte sich lächelnd von den Flammen ab und von den Gedanken, die ihn verzehrten. «Thomas, die Zeit hat Eure Wunden geheilt?»

«Danke, Euer Hoheit, ja, es geht mir gut. Eure Ärzte waren überaus fürsorglich.»

Er blickte den Prinzen an, dessen Schicksal von Jugend an mit dem seinen verflochten war, seit Blackstone in der Schlacht von Crécy Edwards Leben gerettet hatte. In den folgenden turbulenten Jahren war ihr Verhältnis belastet gewesen, von Trotz und Uneinigkeit geprägt, bis schließlich die Zeit und die Umstände den Bruch geheilt hatten. Trotz allem hatten die Jahre Blackstones eiserne Treue noch gefestigt, bis er im vergangenen August in Bergerac wieder einmal sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um den Prinzen vor einem Mordanschlag zu bewahren. In der Folge des Anschlags war Blackstone im Kampf

Diese Ereignisse hatten dazu geführt, dass der Prince of Wales sich aufrichtig um Blackstones Wohlergehen sorgte. «Ich danke Gott für Seine Segnungen, Thomas. Wir haben veranlasst, dass Gebete für Euch gesprochen wurden. Und unser Vater ebenfalls.»

«Ich danke Euch, mein Prinz.»

«Wir finden, wir hätten unseren Priester dazu anhalten sollen, während Eurer Genesung mehr Zeit an Eurem Bett zu verbringen. Es befriedet den Geist, eine Psalterlesung zu hören, ehe man sich zur Ruhe begibt. Die Psalmen sind Worte des Trostes und der Weisheit. Und Ihr bringt Euer Leben im Tal des Todesschattens zu, Thomas.» Edward lächelte, wohl wissend, dass seine ernste Mahnung dem Kriegsherrn nicht behagen würde. «Vielleicht hat die Göttin des silbernen Rades mehr Einfluss auf Euch, als uns lieb ist.»

Blackstone griff unwillkürlich nach dem Talisman, den er um den Hals trug. Arianrhod. Die keltische Göttin, die einen in diesem Leben beschützte und die Seelen der Gefallenen ins nächste begleitete.

«Ich hole mir Trost, wo ich ihn finden kann, Herr.»

«Und Euer Sohn, Henry?»

Bei der Erwähnung seines Sohnes empfand Blackstone die Trennung schmerzlich. «Mein Prinz, wie Ihr wisst, hat unser gnädiger Herr König ihm ein Stipendium in Oxford gewährt, nachdem seine Wunden versorgt waren.»

Der Prinz nickte. «Er steht unter dem Schutz unseres Vaters. England scheint für Thomas Blackstones Sohn der sicherste Ort zu sein. Wir hoffen, es ist Euch recht, dass er dort unter dem Mädchennamen seiner Mutter lebt? Pater Torellini hielt es für das Klügste.»

«Thomas, Ihr habt dem Sohn des Königs zwei Mal das Leben gerettet. Es ist eine Geste der Dankbarkeit von unserem König. Wir hoffen, dass Euer Sohn gute Fortschritte in seinen Studien macht.»

«England ist ihm fremd. Er wurde hier geboren, und seine bisherige Ausbildung hat er in Florenz und Avignon erhalten. Er hat für einen Knaben seines Alters genug Blutvergießen gesehen, deshalb hoffe ich, er lebt sich ein und weiß sein Glück zu schätzen.»

«Wir sind überzeugt, dass er sich gut machen wird. Und Ihr, Sir Gilbert, seid Ihr so begierig wie eh und je, es mit unseren Feinden aufzunehmen?»

«Ich wünsche nichts weiter, als meinem Prinzen und meinem König zu dienen und jene zu töten, die sich zwischen uns stellen.»

Edward bedeutete ihnen, an den Tisch zu treten. «Aufruhr erwartet uns auf jedem Schritt unseres Weges. Unsere Pläne zu Bündnissen können jeden Augenblick zunichtewerden.»

«Und der König von Navarra ist Teil dieses Aufruhrs?», erkundigte sich Blackstone.

Der Prinz nickte.

Blackstones Leben war vom König von Navarra ebenso beeinträchtigt worden wie das anderer. «Er ist ein Verräter. Schon anno 46, als ich noch ein Junge war, trieb er die Familie d’Harcourt in die Rebellion gegen das französische Königshaus. Mein Freund und Mentor wurde hingerichtet. Jahre später haben wir Karl von Navarra gegen die Jacquerie geholfen. Er ist eine Schlange, Hoheit. Er windet sich und verspritzt sein Gift.»

«Thomas, Ihr sprecht von einem König. Sein Schwiegervater war der König von Frankreich und seine Mutter eine Tochter der Fleurs-de-Lys. Er ist von königlichem Blut. Ihr seid respektlos.»

Für einen Moment sah es aus, als wolle der Prinz Blackstone rügen. Doch dann nickte er. «Ich weiß das alles, Thomas. Die Politik Spaniens hält uns umschlungen wie eine Schlange. Ich schenke ihm meine Gunst nur unter Vorbehalt. Er zieht in den Krieg. Er will die Seine überschreiten und die französische Armee des Nordens angreifen. Karl von Navarra erhebt Anspruch auf den französischen Thron.» Er hielt inne. «Wieder einmal.»

«Hoheit, wir beide wissen, wie gefährlich das ist», wandte Blackstone ein. «Es gibt nur wenige vereinzelte Stellen, wo man den Fluss überqueren kann, und französische Truppen halten diese besetzt. Er kann nicht gewinnen.»

Der Finger des Prinzen zeichnete auf der Karte eine Linie südlich von Paris, dem Lauf des Flusses folgend. «Die Stadt Vernon besitzt eine Brücke über die Seine, und Vernon gehört Navarras Schwester, der Königinwitwe. Das ist ihr Herrschaftsbereich. Dort werden sie den Fluss überqueren.»

«Navarra ist kein Feldherr», bemerkte Killbere. «Wir haben gesehen, wie er Männer führt. Oder es versucht.»

«Er wird die Truppen nicht selbst führen. Er hat zweitausend Söldner rekrutiert, Gascogner und Bretonen und auch ein paar Engländer, zusätzlich zu seinen eigenen Navarreser Truppen. Unser geschätzter Gascogner Graf und Freund der Captal de Buch wird sie befehligen. Navarra …» Er hielt kurz inne und schmunzelte. «… bleibt daheim. Wohlwollender können wir es nicht ausdrücken. Er bleibt in seiner Burg zu Pamplona.»

Blackstone und der Prinz blickten einander einen Moment lang in die Augen. Blackstone war wohl bewusst, was die

«Seigneur de Grailly will meine Männer?»

«Ja.»

«Hoheit, das würde mich erheblich schwächen. Ich halte meine Truppe bewusst klein. Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Wir sind beweglich, kommen schnell voran. Ich kann tausend und mehr Soldaten mobilisieren, wenn Ihr sie benötigt, aber ich brauche Männer um mich, die schon früher gemeinsam gekämpft haben. Die wissen, was sie von dem Mann an ihrer Seite zu erwarten haben. Lasst mich wenigstens meinen Hauptmann Beyard behalten.»

«Nein. Er geht mit de Grailly. Er braucht ihn.»

Blackstone wollte noch weitere Einwände erheben, doch der Prinz brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen. «Widersprecht nicht der Entscheidung Eures Prinzen, Thomas.»

Blackstone neigte den Kopf. «Herr. Darf ich darum bitten, dass Ihr mir für die Männer, die ich entbehren muss, Ersatz aus Eurem eigenen Kontingent zur Verfügung stellt?»

«Wen?»

«William Ashford von der königlichen Leibgarde und sein Dutzend Männer. Sie sind schon früher mit uns geritten, als er Pater Torellini nach Avignon eskortierte. Er ist ein Mann, dem ich vertrauen kann, und er wäre bei uns geblieben, wäre er nicht abberufen worden, um Euch von Bordeaux nach Bergerac zu begleiten.»

Der Prinz schien zu zögern. «Ich schätze ihn hoch, Thomas. Ich halte ihn stets in meiner Nähe.»

«Hoheit, ich brauche einen Mann von gleichem Format wie Beyard. Wenn ich Euch mit Erfolg dienen soll, dann überlasst mir Ashford.»

«Ich danke Euch, Herr.»

Killbere trat von einem Bein auf das andere. «Hoheit, darf ich mich äußern?»

«Ihr habt zu viele Jahre in Thomas’ Gesellschaft zugebracht, um Zurückhaltung zu kennen, Gilbert. Ihr seht bereits die Makel an diesem Plan?»

«Diese Angelegenheit mit Karl von Navarra. Das ergibt keinen Sinn», sagte Killbere. «Wir haben einen Vertrag mit Frankreich. Sind die Engländer beteiligt?»

«Mitnichten.»

«Dann werden wir nicht kämpfen?», fragte Blackstone nach.

Der Prinz beugte sich vor und zeigte auf Spanien. Auf der Karte waren die verschiedenen Regionen eingezeichnet, darunter auch das kleine, aber strategisch wichtige Königreich Navarra, eingezwängt zwischen dem Meer und dem Königreich Aragonien im Osten sowie dem größeren Königreich Kastilien im Süden. In Navarra lebten weniger als hunderttausend Seelen, doch seine schmale Grenze zu Aquitanien, dem Herzogtum des Prinzen, bot dem ehrgeizigen Pyrenäenkönig ein Einfallstor nordwärts nach Frankreich.

«Die Franzosen rechnen damit, dass seine Truppen weiter östlich nach Frankreich einmarschieren werden. Dort steht ihre südliche Streitmacht mit mehreren tausend Mann bereit, um ihn aufzuhalten.»

Blackstones Instinkt warnte ihn. «Dann werdet Ihr ihn durch Euer Territorium ziehen lassen, Herr.»

«Ja. Das ist alles, was wir für ihn tun werden.» Der Prinz ließ sich in dem Lehnstuhl nieder und drapierte umständlich den Mantel über seine Beine. Er schaute Blackstone an, als erwarte

Blackstone ignorierte den Blick des Prinzen und trat ans Feuer. Wenn der Anblick der Flammen dem Prinzen geholfen hatte, seine Gedanken zu ordnen, dann würden sie ihm vielleicht helfen zu ergründen, was wirklich hinter der Entscheidung des Prinzen steckte.

Er blickte ins Feuer wie ein Wahrsager, der darin zu lesen versuchte. Der Rauch kringelte sich zu missgestalteten Gesichtern, so verzerrt wie die Politik von Aquitanien und Frankreich. Jetzt galt es ein größeres Spiel zu spielen.

«Es besteht kein Grund, weshalb Ihr den Waffenstillstand mit Frankreich gefährden solltet», stellte Blackstone fest. «Ihr müsst Navarras Seehäfen sichern und ihn als Verbündeten auf Eurer Seite halten, weil in Spanien ein Bürgerkrieg zwischen Kastilien und Aragonien im Gange ist. England hat vor Jahren einen Vertrag mit Kastilien unterzeichnet, nach dem Ihr verpflichtet seid, Kastilien im Falle einer Invasion zu Hilfe zu kommen, und wenn das Königreich Navarra nicht Euer Verbündeter ist, dann könnte es Euch als Feind in den Rücken fallen. Ihr sichert Territorium für die Zukunft, weil der Weg nach Kastilien über die Pyrenäenpässe führt und sie in seinem

«Ihr wollt also, Hoheit, dass wir die Franzosen von seiner Flanke weglocken», sagte Killbere. «Um sicherzustellen, dass er ungehindert marschieren kann. Wir sollen als Ablenkung dienen. Als Köder.»

«Und auf diese Weise ist die Krone offiziell nicht beteiligt, sodass der Waffenstillstand zwischen Euch und dem König von Frankreich nicht gefährdet wird», fuhr Blackstone fort. Er zögerte, überlegte wiederum. Dann sah er den Prinzen direkt an. «Aber da ist noch etwas.»

Der Prinz nickte. «Vereinbarungen werden getroffen und andere verworfen. Früher oder später werdet Ihr erneut dazu aufgerufen werden, gegen die Franzosen zu kämpfen. Unser Vater muss die Bretagne sichern. Charles de Blois bedroht uns mit seinem Herrschaftsanspruch. Im Norden werden bereits Männer in Bereitschaft versetzt.»

«Von Sir John Chandos?», wollte Killbere wissen. «Sir John wirbt Söldner für Eure Sache an, damit sie sich nicht mehr auf die Seite der Franzosen stellen können?»

«Ja. Indem wir Euch dazu entsenden, de Graillys Flanke abzuschirmen, schicken wir Euch zugleich in die Richtung des von unserem Vater unterstützten Anwärters Jean de Montfort, ohne die Franzosen auf die Absichten unseres Vaters aufmerksam zu machen.»

«Chandos holt die Söldner unter sein Kommando, damit die Franzosen sie nicht für den Kampf gegen Navarra rekrutieren können», stellte Blackstone fest. «Und indem er das tut, sichert er die nördliche Grenze. Das heißt, wenn de Montfort gegen Charles de Blois ins Feld zieht, stehen die Engländer gegen die Franzosen.»

«Die Bretagne muss unter englische Herrschaft gebracht werden. Ein Stellvertreterkrieg um das Machtgleichgewicht,

«Weiß Navarra von Euren Plänen?»

«Ihm wurde versichert, dass Ihr an seiner Flanke reiten werdet. Das ist alles. Je weniger unser spanischer König über unsere Absichten weiß, umso besser sind unsere Erfolgsaussichten.»

«Aber wir werden nicht kämpfen, wenn Navarra vorher den Sieg davonträgt», sagte Blackstone. «Weshalb schlägt er gerade jetzt zu? König Johanns Ehre wurde beschädigt, als sein zweiter Sohn von einem Urlaub auf Ehrenwort nicht zurückkehrte, aber der König hat sich schon vor Monaten erneut selbst nach England in Gewahrsam begeben, um seine Ehre wiederherzustellen. Er herrscht noch immer über Frankreich. Selbst wenn Navarra die Armee schlägt und in Paris Einzug hält, kann er König Johann nicht besiegen. Hoheit, das ergibt keinen Sinn.»

Der Prinz erhob sich. Auf eine kaum wahrnehmbare Geste trat ein Diener vor und schenkte Wein ein.

«Thomas, Navarras Schlag gilt dem Dauphin, ehe dieser gekrönt werden kann. Der König von Frankreich ist tot.»

Blackstone und Killbere schritten durch die Korridore, bewaffnet und einschüchternd, zwei Gestalten, die aussahen, als hätten sie schon den Teufel persönlich besiegt. Geringere Sterbliche wichen ihnen aus, erst recht angesichts von Killberes finsterem Blick. Im Burghof wimmelte es von Männern mit Pferden, die auf ihre Befehle warteten.

«Jean le Bon ist also tot. Der alte Hurensohn», sagte Killbere. «Damals in Poitiers wolltest du ihn töten – wer hätte da gedacht, dass er Jahre später einmal auf seidenen Laken verfaulen würde, in einem fremden Land von einer Krankheit zerfressen. Welch süße Gerechtigkeit, Thomas. Es wäre ein verdammtes Wunder, wenn es gelänge, den Dauphin aufzuhalten, ehe er gekrönt ist. Wir sollten gemeinsam mit de Grailly kämpfen und auch den elenden Sohn aus dem Wege schaffen.»

«Was immer wir vom Dauphin halten mögen, er ist ein schlauer Mann, schlauer als sein Vater. Er mag kein Krieger sein, aber als wir zuletzt gegen ihn kämpften, hat er uns daran gehindert, in die Stadt Paris einzudringen. Navarra besitzt nicht die erforderlichen Fähigkeiten, Jean de Grailly hingegen schon. Vielleicht gelingt es ihm, dafür zu sorgen, dass die Krone an einen Verbündeten unseres Königs fällt.»

«Die Franzosen werden nicht ruhen, ehe du tot bist und sie ihr Land den Engländern wieder entrissen haben. Du glaubst doch nicht etwa, der Dauphin, diese heimtückische Ratte, würde seinen Rachefeldzug gegen dich aufgeben?»

«Warum helfen wir ihm dann nicht und zwingen das Haus Valois in die Knie? Selbst wenn das bedeutet, dass wir uns mit Navarra gemeinmachen müssten? Wenigstens hätten wir Jean de Grailly und Beyard an unserer Seite.»

«Wir sollen uns den Anweisungen des Prinzen widersetzen?»

«Hast du das nicht auch früher schon getan? Was kann denn schlimmstenfalls passieren? Dass er uns wieder ins Exil schickt. Ich sage doch immer: In Italien könnten wir ein besseres Leben und reichlichere Einkünfte haben. Pater Torellini hat unser Geld bei den Bardi angelegt. Wir haben genug, um davon leben zu können. Wir haben so viele Jahre gekämpft – wir sollten es mit einem Sieg über die Franzosen enden lassen. Dann würde ich als glücklicher Mann sterben.»

«Als wir in Launac kämpften, dachte ich schon, du würdest dort als glücklicher Mann sterben.»

«Ich muss zugeben, Thomas, es hat an mein Innerstes gerührt – die Trommeln und Trompeten, die Banner und Wimpel, wie sie über den Reihen wehten. Diese Schlacht war es wert, geschlagen zu werden, aber sie hat uns dem Sieg über die französische Krone nicht näher gebracht.»

«Wir tun, was der Prinz verlangt, und verschaffen de Grailly und Beyard eine Chance, nach Norden zu marschieren.»

«Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, sie könnten siegen?»

«Der Prinz sagt, Chandos hat die Söldner unter seine Kontrolle gebracht, und das heißt, die Franzosen können sie nicht rekrutieren.» Blackstone blieb stehen, ehe sie bei den Männern ankamen. «Wenn wir Zweifel haben, so behalten wir sie für uns, Gilbert.»

Killbere spuckte aus und wischte sich mit der Hand über den Bart. «Ich will nicht zusehen, wie Beyard oder irgendeiner

«Beyard ist nun einmal de Graillys Hauptmann. Er muss gehen. Er hat keine Wahl und wir ebenso wenig.»

Killbere knurrte. Er wusste sehr wohl, dass sie beide nichts tun konnten, aber es war einen Versuch wert.

«William!», rief Blackstone.

William Ashford stand mit seinen Leuten im Hof. Nun kam er mit langen Schritten auf Blackstone und Killbere zu und neigte respektvoll den Kopf. «Sir Thomas, es ist mir eine Freude, dich wiederzusehen. Wie ich sehe, hast du dich erholt.»

Blackstone streckte dem Mann die Hand entgegen, der bereits dem König, dem Prinzen und dann ihm selbst gedient hatte. «Ich habe allzu lange nur dagelegen und mich von den Ärzten des Prinzen umsorgen lassen wie ein Säugling. Nach drei Monaten haben wir unser Winterquartier in einem Kloster bezogen, und dort waren wir bis jetzt, bis der Prinz uns zu sich rief.»

«Und wir sind nur noch einen zögerlichen Schritt davon entfernt, selbst zu keuschen Einsiedlern zu werden und uns eine Tonsur zu rasieren», fügte Killbere statt einer Begrüßung hinzu. «Ein Bordell und eine lärmige Schankstube, das braucht ein Mann nach der Winterruhe.»

«Nicht hier, Sir Gilbert», erwiderte Ashford. «Der Prinz ist ein frommer Mann. Wenn er eine Stadt besucht, schließen die Bordelle, und die Tavernen verdünnen ihren Wein. Kein Bürgermeister oder Rat will Ärger mit betrunkenen Soldaten, wenn der Prinz in der Nähe ist.»

«Und ist es dir gut ergangen?», erkundigte sich Blackstone.

«Der Prinz gestattet mir die Ehre, ihm als Leibwache zu dienen.»

«Dann hoffe ich, du wirst jetzt nicht enttäuscht sein. Ich habe ihn nämlich darum gebeten, dass du und deine Männer euch mir anschließt, und er hat es mir gewährt.»