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Michael Reh

Asta

Ein Kriminalroman aus dem Alten Land

Reh, Michael: Asta. Ein Kriminalroman aus dem Alten Land. ­Hamburg, edition krimi 2021

Originalausgabe 2021

ePub-eBook: ISBN 978-3-948972-41-7

Dieses Buch ist auch als Print erhältlich und kann über den Handel oder den Verlag bezogen werden.

Print: ISBN 978-3-948972-40-0

Korrektorat: edition krimi, Hamburg

Umschlaggestaltung: © Annelie Lamers, Hamburg

Umschlagmotiv: Foto »Asta« © Michael Reh, privat; Hintergrund­struktur © pixabay.com; Apfelbaum/Blätter: © pixabay.com

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die edition krimi ist ein Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH,

Hermannstal 119k, 22119 Hamburg.

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© edition krimi, Hamburg 2021

Alle Rechte vorbehalten.

https://www.edition-krimi.de

Vorwort

Am 24.2.2020 flog ich von Miami nach Deutschland, um ein paar Tage später meinen autobiografischen Roman »Katharsis« im Kölner Treff bei der wunderbaren Bettina Böttinger vorzustellen. An dieser Stelle mein Dank an Bettina und all die anderen mutigen Journalisten, die dabei halfen, das Thema sexuellen Missbrauch in die Öffentlichkeit zu bringen. Zwei Woche Promo-Reise standen mir bevor, die Reisetasche war klein, die Erwartung groß, als ich von Miami nach Deutschland flog. Die Reaktion auf Katharsis war überraschend, überwältigend. Dann der Lockdown und ich saß fest. In Deutschland. Meine Freunde in der Nähe von Stade im hohen Norden gaben mir ein Zuhause in dieser Zeit. Ich schaffte es noch, ein Fahrrad zu kaufen, und hatte dann viel Zeit, die Gegend um Stade mit dem Rad zu erkunden.

Der Wettergott drückte beide Augen zu, es war frisch und sonnig, so wie ich es mag! Ich radelte stundenlang, entdeckte den Kreidesee, eine alte Villa und eine Geschichte entstand in meinem Kopf. Mysteriöse Morde in der Gegend um den See und alle Spuren führen zu einem alten Gehöft nahe der Oste, dem Wohnsitz von Clara Jocke, einer verurteilten Mörderin.

Arbeitstitel war unter anderem »Die Liste« und »Der Kreidemörder«. Aber Asta ist der Angelpunkt, sie ist der Kern der Geschichte, die Ursache für die Morde, aber ich will an dieser Stelle nichts verraten, lesen Sie selbst. Und es geht auch um Familie, unsere Strukturen, um Veränderung, Herausforderungen, denen sich meine Figuren stellen müssen.

Es ist auch eine Hommage an ältere Frauen, die die Gesellschaft oft vergisst. Ich mag meine Figuren sehr, halfen sie mir doch ein Jahr lang, die Einsamkeit des Lockdowns, den wir alle kennen, gut zu überstehen. Clara, Heiko, Gisela und Tom, gerade diese Figuren machen einen wichtigen Wandel durch. Und natürlich Schoko, dessen lebendes Vorbild mich auf meinen langen Spaziergängen an der Oste begleitete. Asta ist ein Produkt meiner Fantasie und Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind entweder zufällig oder, in zwei Fällen, beabsichtigt.

»Asta« ist nicht nur ein Krimi, es geht, wie in »Katharsis«, um Familie und um Veränderung! Ich liebe Stade, ich mag die Landschaft, die Menschen, Norddeutschland, das Klima, die Rauheit. Ich habe in Hamburg studiert, komme aus dem Ruhrgebiet und lebe in Amerika, aber mein Herz, meine Liebe gehört dem deutschen Norden, immer schon … und das wird auch so bleiben! Ich hoffe, die Stader sehen »Asta« als das, was es ist: Ein Kompliment, eine Hommage an eine Stadt, die mir viel bedeutet. An mein emotionales Zuhause.

Zum Schluss noch eines! Der Mörder ist nicht immer der Gärtner! Viel Spaß bei der Lektüre!

Michael Reh

Fire Island, im August 2021

Prolog

Ich will, dass er stirbt! Er muss sterben! Er hat es nicht anders verdient!

Er steht auf meiner Liste! Ich habe Jahre gebraucht, um alle zu finden! Und keinem wird vergeben.

Es war einfach, er schöpfte keinen Verdacht, als er mich heute besuchte. Ein dummes Schaf! Er trank den Tee und freute sich über den Kuchen, den ich im angeboten hatte. Er kam zu mir, ohne zu ahnen, dass er den Tag nicht überleben würde. Nach einer halben Stunde wirkte die Substanz, so wie ich es geplant hatte. Kurze Zeit später fuhr ich durch den schon fast dunklen Spätnachmittag. Es war ein Sonntag, es regnete und ich begegnete keinem Auto. Er lag bewegungsunfähig im Kofferraum. Sie hatten einen Sturm mit Starkregen vorausgesagt und das war gut so. Die Reifenspuren meines Wagens würden somit nicht mehr zu erkennen sein. Alle Bemühungen, ihn zu finden, werden ins Leere führen.

Er atmete noch. Gut so! Er sollte alles mitbekommen, er sollte leiden. Es war nicht einfach, ihn aus dem Kofferraum zu holen. Er fiel in den Schlamm, die Spritzer landeten nicht nur auf meinen Gummistiefeln, sie flogen bis zu meinem Gesicht hinauf. Er starrte mich an. Sprechen konnte er nicht, das Gift hatte sich bereits in jede Muskelfaser ausgebreitet.

Der Regen wurde stärker und der Wind schlug mir mit Gewalt ins Gesicht, zerrte an meinem Regenmantel. Es war inzwischen vollkommen dunkel, das nächste Dorf Kilometer entfernt. In diese Einöde kam niemand, denn das Moor war tückisch und hatte vor einigen Jahren zwei Opfer gefordert. Irgendwelche dummen Touristen, die sich nicht auskannten, sie konnten nur noch tot geborgen werden. Die Zeitung hatte darüber ­berichtet. Ich stülpte den schwarzen Plastiksack über seine Beine und legte ein paar große Steine hinein. Ich musste sicher sein, dass ihn das Gewicht nach unten zog. Das Moor war tief hier. Ich zog den Sack höher hinauf bis zu seinem Hals. Seine Todesangst konnte ich trotz des Regens und der Dunkelheit schmecken.

»Das hast du dir selbst zuzuschreiben, mein Freund«, flüsterte ich ihm ins Ohr. »Leider warst du die ganze Zeit auf der falschen Fährte, schade eigentlich. Du bist genauso erbärmlich und unfähig wie dein Vater. Du allein bist schuld daran, dass du hier liegst!« Ich spuckte ihm verächtlich ins Gesicht. »Aber keine Angst, du wirst nicht der Einzige sein, das schwöre ich dir. Du warst nicht der Erste und bist weiß Gott nicht der ­Letzte. Ihr werdet alle büßen für das, was ihr uns angetan habt.«

Mit dem Messer ritzte ich ihm den Buchstaben auf die Wange, klein, aber unübersehbar, dann zog ich den Plastiksack über seinen Kopf und verschloss ihn mit einem Kabelbinder. Ein paar grelle Blitze zuckten auf. Die jungen Birken am Rand des Moores bogen sich gefährlich und drohten zu brechen. Doch Birken brechen nicht, sie sind biegsam. Genau wie ich! Mit all meiner Kraft stieß ich den schwarzen Sack in das schlammige Wasser und sah ihn langsam, aber sicher untergehen. Ein paar Minuten später war er verschwunden. Der Regen prasselte mit einer ungeahnten Stärke auf mich und das Moor. Es ist alles gut. Der Regen wird mich reinigen!

1 Hamburger Abendblatt vom 30. September 1985

Ehefrau schuldig gesprochen.

Von Brigitte Frey

Ein Prozess, der Hamburg, ja ganz Deutschland seit ein paar Monaten in Atem hielt, ist zu Ende. Gestern Nachmittag um 16:30 Uhr verurteilte das Hamburger Land­gericht die 35-jährige Clara J. zu 20 Jahren Haft. Sie war des Mordes an ihrem Mann Johann J. und dessen Freund Reiner F. angeklagt und für schuldig befunden worden. Die Angeklagte behauptete während der gesamten Verhandlungs­zeit bis zur letzten Minute, dass sie unschuldig sei, obwohl Augenzeugen sie zur Tatzeit am Tatort gesehen hatten. Sie war von Beamten unter Leitung von Kommissar Christian Cordes noch am Tatort fest­genommen worden. In einem Indizienprozess sah das Gericht es als bewiesen an, dass Clara J. ihren Mann und seinen Liebhaber im Affekt und aus Eifersucht am Abend des 6 Februar 1985 erschossen hatte.

2 Zigaretten holen

Es war kalt an diesem grauen Spätnachmittag Ende Januar in Berlin. Jene Kälte, die so feucht ist, dass sie durch die Kleidung bis auf die Knochen dringt und sich daran festklammert wie ein Ertrinkender, unabdinglich.

Berlin, Hauptstadt! Heute politisches Zentrum des Landes, das man jahrelang in Ost und West geteilt hatte, nachdem es im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war, verfeindet durch fremde Machthaber, getrennt durch die Mauer, entfremdet durch eine Ideologie, die inzwischen nicht mehr aktuell war. Berlin nach 1945, die Jahre der Teilung nach 1949. Lichtjahre entfernt von dem Leben des Mannes auf der Parkbank.

Für Tom war die DDR in seiner Kindheit ein fremdes Land. Dann kam die Wiedervereinigung. Und für einen Augenblick die Hoffnung, dass es so etwas wie Menschlichkeit gab, zumindest Gerechtigkeit oder Selbstbestimmung. Tom war im November 1989 ein Junge, gerade mal neun Jahre alt.

Er wuchs im kleinbürgerlichen La Salle, Illinois, als letzter männlicher Erbe einer untergehenden Industriellen­familie auf. In einem Amerika, das noch als gelobtes Land galt, als Polizist des Weltfriedens und Sinnbild anderer geschickt vermarkteter Mythen, wie die vom Tellerwäscher zum Millionär. Bullshit! Die Bilder der jubelnden, scheinbar in die Freiheit entlassenen Ostberliner aber hatten sich in seine kindliche Seele gebrannt. Berlin, die Stadt der Freiheit.

Jetzt war er seit zwei Jahren in der Stadt seiner kindlichen Träume.

Berlin. Eine große alte Nutte, dreckig, freche Schnauze. Tom hatte Kunst studiert, war nach New York gegangen, um Maler, Bildhauer, Künstler zu werden. Sein Talent lag in der Skulptur. Marmor, Stein, Holz, ja selbst Zement wurden wie Wachs in seinen Händen und so formte, schlug und meißelte er aus totem Gestein die wunderbarsten Formen. Keine abstrakten, nein, Frauenkörper flossen aus seinen Händen, die toten Elementen Leben geben konnten. Seine Begabung war nicht vererbt, keiner wusste, woher dieses Kuckucksei der Familie gekommen war. Alle Vorfahren bis hin zum Urgroßvater William waren Handwerker und Industrielle! William, eigentlich Wilhelm Morten, hatte Mitte des 19. Jahrhunderts das heimische Dorf in der Nähe von Stade in Norddeutschland verlassen und war nach Illinois ausgewandert, wo er zunächst im Bergbau arbeitete. Zusammen mit seinem Sohn Edmund, der später die Firma übernahm, war es ihm aber gelungen, ein Imperium zur Gewinnung von Kohle und Zink aufzubauen.

Mit Anfang zwanzig floh Tom aus der amerikanischen Provinz nach Williamsburg in Brooklyn, dem neuen Mekka der Kunst. New York, das selbst ernannte Zentrum des Universums. Es war die einzige Stadt, die ihm jemals vermittelt hatte, dass sein Leben allein durch seine Anwesenheit dort einen Sinn machte. Für lange Jahre galt allein: Du bist New Yorker und nur deswegen schon etwas Besonderes. Allerdings war das Gefühl schnell verpufft, nachdem er hinter die Kulissen geschaut hatte. Doch zunächst kamen Erfolg, Geld, Frauen! Der Absturz war vorprogrammiert, die Welle brach. Der Markt verlangte nach neuen Ideen und Inputs, die Tom allerdings nach einer durchzechten Dekade nicht mehr liefern konnte. Er hatte New York durchschaut und die Finger nicht mehr in der universellen Steckdose der Kreativität. Wie viele Künstler vor ihm machte auch er den fatalen Fehler, nicht die Kreativität in sich zu finden, sondern Inspiration in der Außenwelt zu suchen. Wohin also? In das Epizentrum der angeblichen Kreativität, in die falsche Hoffnung aller Instagrammer der Meme-Generation! Ab ins coole Berlin. Es reichte, da zu sein.

Berlin. Wieder dieser Hunger, hier die Energie zu finden, die seine Batterie neu aufladen konnte. Aber Berlin war nicht New York und würde es nie sein. Berlin war nur noch Kommerz, denn die Künstler waren längst geflohen, wohin, wusste niemand so recht. Wo war es nun, das Berlin des neuen Millenniums, das sich in seinen Kopf geschlichen hatte, jene Vorstellung von einer Stadt, genährt von seiner Jugend, Träumerei und Dummheit?

Tom saß auf der feuchten Holzbank im Kleistpark, im Westen, wo er sich immer so fühlte, als würde er etwas verpassen. Ab und zu fuhr er »rüber« in den Ostteil der Stadt. Er kam immer mit leeren Händen und kaltem Kopf zurück, was nicht daran lag, dass er das Fahrrad nahm. In Kreuzberg, Friedrichshain und Neukölln waren alle hip und cool, dort vermischten neue Liedermacher und Rapper ihre Erfahrungen um und durch Berlin zu einem massenkompatiblen Brei, egal ob auf Instagram, bei Snapchat, in Podcasts.

Tom fielen die Augen auf der Parkbank zu. Der Novemberblues hatte ihn vor zwei Monaten erwischt und seither nicht wieder verlassen. Berlin im Winter, eine kalte, deprimierende Angelegenheit. Tom wusste, dass er an einem Punkt angelangt war, der drastische Maßnahmen forderte.

Er horchte in sich hinein, während die kalte, feuchte Januarluft durch seine Jeansjacke drang, aber er hörte nichts. Gar nichts. Ausgelaugt. Verbrannte Erde.

Es antwortete keiner mehr und er war auch nicht Michael Douglas, der in so einem Moment in dem Film ­»Falling down« die Knarre nahm und Amok lief. Der deutsche Titel des Films fiel ihm ein: »Ein ganz normaler Tag«. Ja, das war es: Ein ganz normaler Tag im Januar in Berlin, an dem er herausfand, dass sein Leben so nicht mehr weiterzuleben war. Er konnte sich nicht mehr belügen. Er musste raus.

Zigaretten holen gehen. Ein Satz seiner Kindheit, zu einer Zeit, in der Männer auf diese Art und Weise durchaus noch verschwinden konnten. In einer Zeit, bevor das Internet, Handys und Kreditkarten, das digitale Zeitalter, das menschliche Verhalten dauerhaft verändert hatten. Man konnte nicht verschwinden, da man immer digitale Spuren zurückließ.

Er schaute auf sein Handy. Es war 17:30 Uhr. Der Regen war stärker geworden. Er hatte es kaum bemerkt. Tom stand auf und nahm sich vor, nie wieder im Januarregen auf der Bank im Kleistpark zu sitzen.

3 Das Leben ist kein Ponyhof

Sie hatte gestrichen die Schnauze voll. Von allem. Seit Langem!

Seit fünfzehn Minuten starrte sie an die alte wurmstichige Holzdecke des Hauses, das seit 1782 hier in der Flussbiegung stand, und zählte, wie jeden Morgen, die Furchen des mittleren tragenden Balkens. Erst wenn sie bei 93 angekommen war, erhob sie sich seufzend aus dem Bett. Heute stoppte sie bei 54. Jeder Knochen tat weh. Warum aufwachen, warum das Leben weiterleben, so tun als ob, für wen, wie lange noch? Verdammt, heute war der Himmel grauer als sonst, genau wie ihre Seele. Am besten gleich in die Oste springen und ertrinken, das Leben war keine Alternative mehr zu ihren Albträumen. Seit den 3500 Tagen und Nächten in einer Gefängnis­zelle war es eh mit ihrer Nachtruhe dahin, auch noch nach zwei Jahrzehnten. Der Regen trommelte an das Fenster. Es war erst 7 Uhr an diesem nassen Aprilmorgen. Viel stand heute nicht auf dem Zettel, das Übliche: Kaffee kochen, die erste Zigarette, die Katzen füttern, die Küche wischen, die zweite Zigarette. Gott sei Dank liefen die neuen Folgen von »Rote Rosen« wieder, ihre einzige Ablenkung bis zum Abend.

Es war Donnerstag, der erste im Monat, da mussten die Pillen geordnet werden. Einen Schlaganfall hatte sie vor fünf Jahren gut überstanden, aber Diabetes war kein Zucker­schlecken. Sie lachte bitter auf, kein Zuckerschlecken! Zucker war neben den dreißig Zigaretten und zwei Litern Kaffee pro Tag das Einzige, das sie wachhielt. Scheiß auf die Gesundheit. Vierundzwanzig Pillen am Tag hielten sie fit genug. Heute Nachmittag galt es alle 720 Pillen für den Monat in 30 kleine Behälter zu sortieren.

Sie kotzte sich selbst an.

Verdammter erster April!

Das Haus lag am Deich, aber den hatte sie vor Jahren das letzte Mal betreten. Dahinter floss die Oste. Das Land um Claras Gehöft gehörte zur Apfelplantage des neuen Bauern, der alles auf Demeter machte. Sie hasste den Typen, denn er hielt sie mit seinen stundenlangenTraktor­fahrten in der Nacht wach. Schwefelbestäubung nannte er es. Für sie war es reine Schikane! Das machte er nur, um sie zu ärgern! Man sollte ihn einfach in seine Kühlhalle einschließen und verenden lassen.

Ihr Blick glitt von der Decke an die Zimmerwand. Es nutzte nichts, das Kopfkino war an und drehte sich so lustig wie das Rad einer Windmühle bei Windstärke acht. Zeit, sich abzulenken, irgendwie weiterzumachen. Sie würde nicht in den Fluss springen.

Damals, im Gefängnis, hatte sie oft davon geträumt. Aber die Wirklichkeit war anders als ihre Träume, die immer unerfüllt geblieben waren. Sie stand auf, nahm die Zähne aus dem Wasserglas auf dem Nachttisch und schob sie sich in den Mund. Dann ging sie in die Küche, um Kaffee zu kochen.

4 Erster April

Der Hund wedelte nicht mit dem Schwanz oder mit dem, was von ihm übrig geblieben war. Tat er selten. Besonders nicht am Morgen. Als ob es ihm peinlich wäre. Er schaute auf, schien Tom kurz zuzunicken, drehte sich einmal auf dem alten Sessel im Kreis und rollte sich wieder zusammen. Schoko.

Vor drei Wochen hatte Tom den Labrador-Vizsla-Mischling aus dem Tierheim und in die alte Bauernkate am Ende des Deichs geholt. Es schien dem Hund völlig selbstverständlich, mit stolzen sechs Jahren noch adoptiert zu werden und nun ein Landleben zu führen. Er ließ sich zwar streicheln, war aber unabhängig, nicht dauernd nach Liebe und Aufmerksamkeit hechelnd wie so manche anderen gebrannten Hunde, die aus Heimen kamen. Er schaute gerne Fernsehen und verfolgte aufmerksam die ersten Schafe auf dem Deich, ohne zu bellen. Er beobachtete alles mit intensivem Interesse: nicht nur die Schafe, die Fasane, die Möwen auf dem Deich. Auch die Serien auf Netflix, die Tom abends schaute. Am liebsten beobachtete er Tom. Anfangs hatte es ihn gestört, inzwischen hatte er sich daran gewöhnt, dass ihm zwei dunkelbraune Augen folgten. Es gab ihm irgendwie ein Gefühl von Sicherheit hier in der Einöde der norddeutschen Tiefebene. Das war auch Voraussetzung für sein neues Leben in einem Haus, zu dem ein Feldweg führte und wo das Internet nicht immer reibungslos funktionierte.

Seit sechs Wochen lebte Tom dieses Leben fern von Berlin. Jeden Morgen prasselte der Regen auf das reetgedeckte Dach des ehemaligen Gesindehauses. Er machte den beiden nichts aus. Das kleine Haus hatte vor vielen Jahren zu dem Gutshof gehört, der in der alten Apfelplantage im Ostebogen lag. Der Vormieter war ein besessener Hobbyrestaurator und hatte im Einverständnis mit dem Eigentümer große Glastüren einbauen lassen, wohl wissend, wie dunkel die Winter im Norden waren und wie lange sie dauern konnten. Tom hatte das Häuschen per Zufall im Internet gefunden, seine Vorfahren kamen aus dieser Gegend und sein Ururgroßvater Wilhelm Morten, durch dessen Firma in Illinois die Familie Morton zu Reichtum gekommen war, hatte hier für kurze Zeit auch mit einer norddeutschen Zementfabrik aus der Nähe zusammengearbeitet. Toms Vater war schon lange tot, wie so viele Männer in seiner Familie war er nicht alt geworden. Stockard, Toms versteinerte Mutter, hatte den Nieder­gang der Firma in den späten Neunzigerjahren dann nur noch aus ihrem Alkoholnebel verfolgt und war vor zehn Jahren mit einer kaputten Leber an Krebs gestorben. Tom weinte ihr und dem Rest seiner seltsamen Familie nicht unbedingt eine Träne nach. Geerbt hatte er genug, eine vermögende Schwester seines Vaters hatte sich großzügig gezeigt und zusammen mit einem bei seiner Geburt angelegten Trust Fond hatte er sich erst sein Atelier in New York und dann später in Berlin einrichten können.

Seitdem er sich an jenem nassen Novembertag im Kleistpark entschlossen hatte, Berlin zu verlassen, erfasste ihn immer wieder eine seltsame Lethargie, die er interessiert beobachtete. Er wusste, dass sich sein Leben geändert hatte. Er hatte nicht mehr vor, sich selbst zu belügen. Seine Kreativität war geblockt, er konnte nichts mehr erschaffen aus den Materialien, die ihn umgaben. Seine fünfzehn Minuten in der Berliner Kunstszene waren vorbei. Wohin die Reise gehen sollte? Die Frage konnte er sich nicht beantworten. Noch nicht! Kreativität und Druck war keine passende Kombination. Eine Auszeit würde ihm guttun. Er spürte es jeden Tag trotz Kälte, Matsch, Regen und Schokos Blick.

Tom fiel das Franzbrötchen im Brotkorb ein und stand auf, ging die alte Stiege hinunter und setzte Wasser auf. Landleben pur, dachte er. Keine Jura-Kaffeemaschine, sondern ein alter Porzellanfilter von Melitta. Er hatte das Haus voll eingerichtet vom detailbesessenen Besitzer angemietet, hatte nichts mitnehmen wollen aus Berlin, aus seinem alten Leben. Kaffee schmeckte auch, ohne durch eine tausend Euro teure Maschine auf Knopfdruck zu fließen!

Nach zwanzig Jahren Hetze durch die Welt, die ihn von New York über einige Zwischenstationen nach Berlin und schließlich hierhergebracht hatte, genoss es Tom, als er auf den nassen Deich schaute, während sein Franzbrötchen im Ofen warm wurde und einen Zimtgeruch im Haus verströmte, dass er nichts weiter hörte als das Tropfen des Kaffees, der durch den Filter drang, und das leise Schnarchen seines vierbeinigen Freundes über ihm.

Es war genug in diesem Moment.

5 Stell dich mitten in die Welt

Frauke Schlichting war stolz. Endlich hatte auch sie einen Instagram-Account. Sie wollte weder unter ihrem eigenen Namen dort auftauchen noch Bilder von ihren Kindern posten, aber dennoch teilhaben an der großen Welt, die sie glaubte in den sozialen Netzwerken zu finden.

Mit achtzehn hatte sie ihr erstes Baby bekommen. Der Vater, Leo, Sohn eines Autohausbesitzers in Stade, machte sich schnell vom Hof und so saß sie allein mit dem Kind und einem Leben da, was bereits zu Ende schien, bevor es angefangen hatte. Keine gute Zeit. Lange Tage und noch längere Nächte, erfüllt von Babygeschrei und dem Geruch der Joints, die sie rauchte. Aber Frauke hatte es dann doch noch gepackt. Sie schmiss das grüne Zeug ins Klo und wurde Sportfachfrau, bekam einen Job in Wiepenkathen im Fitnesscenter. Sie fühlte sich wohl dort. Sie traf Martin. Schön war er nicht mit seiner großen Nase und den schiefen Zähnen, aber ausgezogen sah er aus wie ein griechischer Satyr und Frauke hatte endlich Spaß im Bett. Sie bekam zwei weitere Kinder. Söhne! Das hätte ihren Vater Christian gefreut, dachte sie oft, aber der war vor fast zwanzig Jahren spurlos verschwunden. Einfach so! Eine Untersuchung hatte nichts ergeben, obwohl der Fall Christian Cordes, leitender Kommissar bei der Kripo, damals großes Aufsehen erregt hatte. Nach zwei Monaten war der Fall ad acta gelegt worden.

Stell_dich_mitten_in_die_Welt. Das war ihr Instagram-Name. Sie war auf dem Weg ins Wilde Moor, nahe der Stadt. Es regnete immer noch, typisches Schietwetter, mit dem der Monat April startete. Wer hier lebte, musste sich mit Regen und vom Wind gepeitschten Wolken am Himmel abfinden. In Hammah stand sie am Bahnübergang, der Interregio nach Hamburg würde gleich vorbeikommen. Es war kurz vor 13 Uhr. Sie nahm ihr Handy aus der Leinentasche, während sie wartete, und schaute auf ihren Account. Stell_dich_mitten_in_die_Welt hatte 2 Posts und 4 Follower!

Sie hatten ein Grundstück im ehemaligen Moorgebiet gekauft. Heute würden die Bagger kommen und anfangen, den Keller auszuheben. Ihr eigenes Haus! Endlich! Das war doch mal ein Ereignis für einen Post, auf den das halbe Fitnesscenter wartete! Trotz der niedrigen Temperaturen wallte Hitze in Frauke auf, Freude erfüllte sie und sie lachte sich selbst im Rückspiegel an. Die Schranke ging hoch und nach zehn Minuten war sie schon fast im ehemaligen Wilden Moor. Der Regen hatte nachgelassen und sie konnte die Bagger bereits erkennen. Zu ihrer Verwunderung erkannte sie auch zwei Einsatzfahrzeuge der Polizei, und, als sie näherkam, den alten Mercedes von Babette Petersen.

Babette! Was hatte die denn hier zu suchen? In der Grundschule waren sie dicke Freundinnen gewesen. Ihre Väter arbeiteten beide in Stade bei der Mordkommission, aber auf dem Gymnasium waren sie in unterschiedliche Klassen gekommen und hatten sich zunehmend aus den Augen verloren. Auch hatte Babette nach dem Abi dieselbe Laufbahn wie ihr Vater eingeschlagen, da war in ihrem Leben kein Platz mehr für Normalos wie Frauke gewesen, die nach der zehnten Klasse die Schule verlassen hatte.

Kiffelse hatte man sie genannt. Bahnhofs-Looser. Mit einem ärgerlichen Knurren wischte sich Frauke die Vergangenheit wie eine lästige Fliege von der Stirn und parkte ihren Twingo neben Babettes eierschalenfarbenen Mercedes, den jeder in der Gegend kannte. Sie stapfte durch den Baustellenmatsch auf ihre Grundschulfreundin an der Baugrube zu und konnte nicht ohne Genugtuung feststellen, dass die Hauptkommissarin immer noch einige Kilos zu viel auf den Hüften hatte. Das konnte sie auch in ihrem knielangen Kaschmirmantel nicht verbergen.

»Moin.« Frauke nickte den Bauarbeitern zu und ging zielstrebig auf Babette zu. Neben ihr stand Heiko Degen, ewiger Zweiter in der Rangordnung. Blond, drahtig, ein schöner Mann. Leider verzaubert. Er musste Babette wahrscheinlich erst umbringen, bevor er Erster Hauptkommissar werden konnte. Auch ihn kannte Frauke vom Gymnasium, Stade war ein Dorf, jeder kannte jeden.

»Hallo, Frauke.« Babette nickte ihr unter dem ­großen schwarzen Regenschirm distanziert zu. Die Augenbrauen perfekt gezupft, die blonden Haare akkurat im Pagenschnitt. Das war kein Zwanzig-Euro-Schnitt, dachte ­Frauke neidisch. Aber sie baute ein Haus und hatte drei Kinder. Wer hatte schon Zeit, sich die Augenbrauen zu zupfen, und wofür auch, das war hier schließlich nicht Hamburg! Heiko lächelte ihr freundlich zu, und sie fragte sich, ob er jemals aufwachen würde.

Sie erwiderte sein Lächeln mit einem kurzen Nicken und starrte weiter in die Baugrube. Was war hier los? Auf dem durchnässten Boden stand ein kleiner Bagger, in dessen Schaufel ein langer dunkler Müllsack lag, der am oberen Ende aufgeplatzt war. Sie wollte Babette gerade fragen, was das ganze Theater auf ihrem Grundstück solle, als das Handy der Kommissarin klingelte. Der Bagger­führer bewegte die Baumaschine langsam, um den verwitterten Plastiksack mit Inhalt vorsichtig am Grubenrand abzulegen. Doch bevor er die Schaufel absenken konnte, fiel der Sack aus einem Meter Höhe direkt neben Frauke auf den Boden und platzte auf. Sie starrte fassungslos auf den Inhalt und fiel dann ohnmächtig vor Heiko Degen in den Matsch.

6 Rote Rosen

Die Küche war gewischt, die Pillen sortiert und sie hatte die ersten acht Zigaretten geraucht. Es war halb zwei, es regnete immer noch. Clara saß auf dem Sofa. Die Katzen Bünting und Onken, beide mindestens ein gefühltes halbes Jahrhundert alt, schwänzelten um sie herum, obwohl ihre Essenszeit erst gegen 16 Uhr war.

»Nichts gibts, macht euch vom Acker!«

Unwirsch verscheuchte Clara die pelzigen Ungeheuer, die ihre Haare früher als in den Jahren zuvor verloren und diese, so schien es ihr, im ganzen Haus strategisch verteilten, sodass auch ihr tägliches Geputze wenig half.

Noch eine halbe Stunde, bis »Rote Rosen« anfing. Sie wusste um die Banalität dieser Schmonzette, die, außer am Wochenende täglich lief, aber es machte sie zumindest einmal am Tag glücklich. Beim »Trödeltrupp«, »Frauentausch« und anderen Trash-Formaten der Privatsender fühlte sie sich wohl, denn sie merkte dann, dass es anderen noch schlechter ging als ihr und Einsamkeit überall herrschte. Sie sah gerne Menschen scheitern. Aber gegen »Rote Rosen« kam nichts an! Einmal am Tag raus aus ihrem Leben und eintauchen in das der anderen! Sie war schon fast auf Entzug, wenn die neuen Staffeln zu Ende waren und sie sich gezwungenermaßen die Wiederholungen anschauen musste.

Clara drückte die Zigarette aus, Nummer neun an diesem ersten April, und schaute in den Garten. Geld für einen Gärtner gab es nicht mehr, und sie musste notgedrungen versuchen, auch da Ordnung zu halten. Kein leichtes Unterfangen bei sechstausend ­Quadratmetern, auch wenn das meiste davon Rasen war. Vor dem Wohnzimmer­fenster lag der alte Bauerngarten. Rechts daneben der Rosengarten, die beiden kleinen Teiche, die alten Birken. Die Buchsbaumhecke war inzwischen fast einen Meter hoch und kaum noch in Form zu bringen. Sie musste dringend geschnitten werden, aber das hatte noch Zeit bis Anfang Mai. Clara wusste, dass sie sich selbst belog, sie hatte die Hecke seit Jahren nicht geschnitten. Verschieben wir es auf morgen! Scarlett O’Hara hatte durchaus recht gehabt! Fidel-didi.

Was kümmerte sie der Garten im April. Im Oktober war eh alles wieder verblüht und weder das alte, reetgedeckte Haus aus dem Ende des 18. Jahrhunderts noch der Garten sahen nach »Schöner Wohnen« oder »Landleben« aus. Zeitschriften, von denen noch vergilbte Ausgaben irgend­wo auf der großen alten Tenne lagen. Die quoll über von Einmachgläsern, Zeitschriften, Möbeln, vollgepackten Kartons. Clara schmiss nichts weg. Man konnte nie wissen. Da standen neben rostigen Fahrrädern mit platten Reifen auch alte Mistgabeln, Apfelkörbe aus dem letzten Jahrhundert, eingerollte Perserteppiche aus der Hamburger Zeit, Erbstücke von Johann, Toaster und Fernseher, die nicht mehr funktionierten. Und ihr Cabriolet Barron, ein Auto, das sie sich vor zwanzig Jahren gekauft hatte, um wenigstens etwas Lebenslust zu spüren. Sie war ein paar Mal mit dem offenen Wagen durch das Alte Land gefahren, einmal sogar nach Sylt, aber das Wetter war oft schlecht und schließlich hatte ihr das Geld für die Versicherung gefehlt. Der Wagen vermoderte und rostete vor sich hin; die Reifen waren seit Jahren platt. Irgendwann würde sie alles auf Ebay verramschen, es gab immer Leute, die Geld für altes Zeug ausgaben, das wusste sie. Nur nicht den Barron, das Symbol für bessere Zeiten, die lange vorbei waren und niemals wiederkommen würden.

Zum Glück gab es noch Johanns alten R4. Sie hasste diesen Wagen, aber er fuhr, und so konnte sie die Einkäufe mit dem Auto in Stade machen und war nicht auf den Bus oder die Bahn angewiesen.

Lautlos schlurfte Clara durch die Halle in die Küche und schaute kritisch auf die ein oder andere Schmutz­stelle. Sie putzte zwar täglich und zweimal im Monat kam Petra, die Putzfrau, aber richtig sauber war es nie und am Tag danach sah man schon nicht mehr viel davon. Ein altes Haus auf dem Land, Staub inklusive. Eigentlich hätte die kurzatmige Petra vor drei Tagen erscheinen sollen, aber sie war nicht gekommen und hatte dann auch noch die Unverfrorenheit, nicht abzusagen.

Kaffee half immer und irgendwo waren noch ein paar Kekse im Regal. Kochen konnte sie nicht, das hatte immer ihr Mann übernommen. Johann! Es war lange her, zu lange. Nicht lange nach ihrer Hochzeit war sie schon fast eine nudeldicke Deern, wie der Hamburger sagt. Rouladen, Pfannkuchen, Kartoffelstampf, Sahnetorten!

Sie lebten damals auf St. Pauli. Anfang der Achtzigerjahre, Rotlicht, gefährlich, aufregend. Anders. Mittendrin, zwischen all den Künstlern, Nutten und ihren Luden, Hafenarbeitern, Loosern und den Normalos. Johann hatte einen gut laufenden Nachtclub und sie arbeitete ehrenamtlich als Sozialarbeiterin in einem Verein, der sich um Junkies kümmerte. Ihn zu fragen, ob er treu war, das wäre ihr nicht in den Sinn gekommen. Es waren schließlich die Achtziger und das Leben war bunt, wild und lag noch vor ihr. Irgendwann hatte er diesen alten Hof gekauft, um ab und zu das Wochenende hier zu verbringen. Aber das war eine Ausrede, er wollte Geld waschen und sich mit seinen Lovern treffen. Natürlich wusste sie Bescheid. Ihr Glück, dass er es auf sie überschrieben hatte, um es im Fall einer Firmenpleite aus der Konkursmasse herauszuhalten.

Und dann musste sie für zehn Jahre in den Knast. Für ein Verbrechen, das sie nicht begangen hatte. Sie war eines Abends nach Hause in die Wohnung auf dem Kiez gekommen und hatte Johann und Reiner erschossen in der Küche gefunden, die Waffe lag noch auf dem Tisch. Sie verstand in diesem Moment nichts. Blackout. Schockiert starrte sie den Revolver an und nahm ihn an sich, wollte die Polizei rufen, doch die stand bereits vor der Tür. Wer sie gerufen hatte, wusste niemand. Alles ging zu schnell. Sie kam nicht hinterher, erlebte alles wie in Trance, den Prozess, die Zeugen, das Urteil. Als ob sie neben sich stehen würde, alles von außen beobachtete. Selbst eingreifen konnte sie nicht. Der Schock saß tief. Jahrelang begriff sie nichts von dem, was vor sich ging, starrte auf die Wand ihrer Zelle, las nichts, sah nichts und versuchte erst gar nicht, einen Sinn zu finden, den es nicht gab. Nach zehn Jahren wurde sie wegen guter Führung entlassen, aber da war alles zu spät und sie ein kaputter Mensch. Da gab es nichts zu kitten, die Seele ließ sich nicht mehr reparieren.

Niemand glaubte ihr, dass sie unschuldig war.

Sie hatte Hamburg verlassen und lebte seitdem hier auf dem Hof. Kontakt zu Malte Jensen von der Apfelplantage hatte sie nicht, zu dem »Bauern«, wie sie ihn nannte. Am Ende des Deichs gab es noch das ehemalige Gesindehaus, fünfhundert Meter entfernt, Johann hatte es nicht mitgekauft. Vor ein paar Wochen hatte sie zum ersten Mal den jungen Mann mit braunen Haaren gesehen, der mit einem offensichtlich verstörten Hund über den Deich lief. Er schien dort zu wohnen. Gehörte das nicht irgendeinem Anwalt aus Hamburg? Na, ihr sollte es egal sein, solange der Typ hier nicht auftauchte, um sich eine Tasse Zucker auszuleihen.

Bünting und Onken saßen auf dem Küchentisch und starrten sie vorwurfsvoll an. Der Kaffee war lauwarm. Wie lange hatte sie hier gestanden? Sie schaute auf die alte Wanduhr, es war zehn nach zwei. Verdammte Scheiße, immer diese Aussetzer in letzter Zeit, Filmriss! Vielleicht vertrugen sich die Pillen nicht miteinander, die sie jeden Tag nahm. Jetzt hatte sie auch noch den Anfang von »Rote Rosen« verpasst. Sie nahm die Tasse mit dem lauwarmen Kaffee, schlurfte lautlos auf ihren dicken Woll­socken zurück durch die alte Halle und erschrak sich fast zu Tode. Vor der alten verglasten Eingangstür standen zwei Männer mit einem Hund und eine pummelige Blondine in einem beigen Wollmantel im Regen und schauten sie an.

7 Frisbee

Schoko hatte zwei Stunden lang durch das Fenster auf den Nieselregen gestarrt. Dann war er aufgestanden, zur Haustür gegangen und hatte sich mit dem Rücken zu Tom davor gesetzt. Kein Ton – weder Knurren noch Winseln, kein Blick.

Tom lehnte am großen Eichentisch. Irgendwann musste dieser Hund doch mal ein Zeichen von sich geben oder auf ihn zukommen. Nichts. Er konnte lange warten, das wusste er. Schoko hatte seine eigenen Gesetze und definitiv seinen eigenen Kopf. Das verstand Tom nur allzu gut, ging zur Garderobe, nahm seine Regenjacke und eine Mütze. Die Leine ließ er gleich an der Garderobe. Schoko war definitiv kein Hund, dessen Bewegungsdrang er unterbinden konnte. Als Tom die Gummistiefel anzog, bemerkte er ein kleines Wackeln von Schokos kupiertem Schwanz. Na, immerhin der Anflug einer Gefühlsregung, dachte er und schmunzelte.

Er öffnete die Haustür und der Hund war in Windes­eile draußen. Auf dem alten Gartentisch lag eine orangene Frisbeescheibe. Tom hatte sie vor zwei Wochen im Super­markt in Hemmoor gekauft und nicht erwartet, dass Schoko damit etwas anfangen konnte, doch der Rüde stand schon mit den Vorderpfoten auf dem alten Holztisch und versuchte, die Scheibe ins Maul zu bekommen. Tom schnappte sie sich, und Schoko setzte sich erwartungsvoll auf die Hinterläufe, die Augen gebannt auf sein Spielzeug gerichtet. Tom schmiss es weit aus­holend in die Apfelplantage, vorbei an der kleinen ­Scheune, die neben dem Haus lag, und der Hund hetzte mit ­erstaunlicher ­Geschwindigkeit hinterher. Mühelos fing er die Scheibe im Flug mit der Schnauze, kam zurück und legte sie Tom vor die Füße.

Tom durchquerte den Garten, verließ das Grundstück durch die kleine hölzerne Pforte und ging hoch auf den Deich, der das Haus hier im Bogen des Flusses umgab. Normalerweise schlugen sie auf ihren morgendlichen Rundgängen den Weg nach rechts in Richtung Osten ein, einem kleinen Dorf sieben Kilometer entfernt. Dort gab es einen Fleischer und eine Bäckerei für das Nötigste.

Doch an diesem Mittag wollte Tom in das näher gelegene Dorf laufen. Dort gab es einen Rentner, der Fahrräder instand setzte und verkaufte. Das Wetter konnte ja nicht immer so bleiben, und er wollte gerne die Gegend mit dem Rad erkunden, sobald es trockener werden würde.

Tom lief auf dem vermatschten Deich und versuchte, nicht auf dem nassen Gras auszurutschen. Gott sei Dank waren heute keine Schafe zu sehen, die immer hysterisch auseinanderstoben, sobald sie Schoko nur sahen. Den interessierte das herzlich wenig, er beobachtete Tiere lieber im Fernsehen. Im Moment war er nur mit seinem neuen Spielzeug beschäftigt, das Tom immer wieder werfen musste. Der Wind war stark und einmal wäre das Frisbee beinahe im Fluss gelandet. Nach zehn Minuten waren die beiden an dem alten Hof angelangt, der jetzt links neben ihnen am Deich lag.

Tom hatte das alte Gebäude noch nicht aus der Nähe inspiziert. Er hatte bisher angenommen, das Haus sei unbewohnt, da er nie jemanden dort gesehen hatte. Es war ein imposantes Anwesen, bestehend aus einem alten Haupthaus mit tief gezogenem Reetdach, einem Nebenhaus, wahrscheinlich einem ehemaligen Stall, und einer imposanten Scheune. Aber selbst aus der Distanz von etwa sechzig Metern konnte Tom erkennen, dass lange nichts an dem Haus gemacht worden war. Die Stare hatten das Stroh aus dem Dach gezupft, die Hecke des Bauerngartens schien seit Jahren nicht beschnitten worden zu sein, an den Fenstern blätterte die Farbe ab und Efeu rankte sich wild wuchernd um die Südfassade. Eigentlich ein wunderschönes altes Anwesen, man müsste allerdings viel Arbeit in eine Instandsetzung investieren, dachte er. Besonders im Garten. Umgeben wurde das Gebäude von uralten Bäumen, die bis zu vierzig Meter hoch waren. Eine Efeuhecke verbarg fast den Blick vom Deich aus auf die Fenster der Wohnräume. Eine alte Kastanie auf der Nordseite des Hauses war gespalten und bog sich gefährlich auf das Dach. Da musste vor einiger Zeit ein Blitz eingeschlagen haben. Daneben hohe Goldregen- und Ginstersträucher, die bereits anfingen zu blühen. Auch Bärlauch entdeckte er, ein kleines Feld wucherte neben dem Bauerngarten, umgeben von alten Tannen.

Tom ging weiter über den rutschigen Deich und vergaß Schoko und das Frisbee. Das Haus faszinierte ihn. Es wirkte fast wie das verwunschene alte Gemäuer aus einem alten Hollywood-Gruselklassiker. Es war schon seltsam, dass er an die Wurzeln seiner Familie zurückkehrte und dabei ganz in der Nähe des Ortes ankam, aus dem Wilhelm Morten vor über einem Jahrhundert geflohen war. Vielleicht fühlte er sich deswegen so verbunden mit dem hohen Norden, mit dieser kargen rauen Landschaft, die nichts Anbiederndes hatte, nichts Liebliches. An die man sich anpassen musste, genau wie an ihre Bewohner.

Beinahe wäre er über Schoko gestolpert, der aufmerksam vor ihm stand und das Frisbee in der Schnauze hatte. Himmel, dieser Hund machte ihn wahnsinnig, konnte er nicht einmal bellen oder irgendeinen Ton von sich geben? Tom sah Schoko an, der Hund starrte zurück. Das konnte ja eine lustige Beziehung werden. Tom nahm das Frisbee und schleuderte es mit aller Kraft von sich, ohne darauf zu achten, wohin die Scheibe flog, und der Hund zischte hinterher.

Auf der Ostseite des Hauses sah er jetzt das hölzerne, grün gestrichene Scheunentor in Bogenform, das zur ehemaligen Tenne führte, oben die alten Schriftzeichen, die Tom aus der Entfernung nicht erkennen konnte. Das Anwesen musste aus dem späten 18. Jahrhundert sein, aber die Elemente und die Zeit hatten volle Arbeit geleistet. Vor dem Tor stand ein Auto. Das war doch ein Renault, ein R4 als Kastenwagen! Tom liebte alte französische Autos. In La Salle gab es nur Fords und Chevrolets. Der R4 war für ihn immer ein Relikt aus Claude-Sautet-Filmen, aus dem Romy Schneider oder Catherine Deneuve ausstiegen, um sich Michel Piccoli an den Hals zu werfen. Er erinnerte sich, wie mühsam es gewesen war, vor der Digitalisierung in den Neunzigerjahren französische Filme zu finden.

In dem alten Gebäude schien also doch noch jemand zu leben. Jemand, der Toms Vorliebe für französische Oldtimer teilte. Zwischen Haupthaus und Scheune befand sich ein kleines Gebäude, ebenfalls efeuumrankt. Früher wahrscheinlich ein Stall für Schweine oder Ziegen. Er ging etwas weiter und sah einhundert Meter rechts vom alten Hof entfernt ein anderes Haus. Es war ein Klinkerbau aus den Achtzigerjahren. Dort wohnte Malte Jensen, der Apfelbauer, der die Plantage seit Jahren bewirt­schaftete. Tom hatte ihn neulich auf seinem Spaziergang getroffen und kurz mit ihm gesprochen. Eine riesige neue Halle stand gleich neben dem Wohnhaus, offensichtlich für die Kühlung der Äpfel und die Saftproduktion. Alles ordentlich, gepflegt!

In diesem Moment peitschte ihm eine steife Brise um die Ohren und es fing wieder an zu regnen. Er schaute auf sein Handy. Es war kurz nach 13 Uhr und zu spät für den Besuch beim Fahrrad-Opa, der ungern auf seine Mittagsruhe verzichtete, wie er am Telefon gesagt hatte. Tom schaute auf und pfiff auf den Fingern nach Schoko. Warum saß der Hund im nassen Gras vor dem Stumpf eines abgesägten Baums, der etwa eineinhalb Meter aus dem Erdboden ragte? Schoko war nur fünfzig Meter von ihm entfernt und gewiss nicht taub, aber er bewegte sich keinen Zentimeter und saß wie gebannt vor dem Baumstumpf. Was war denn los? Endlich drehte sich der Hund um, legte den Kopf leicht schief in den Nacken und bellte laut und kehlig. Scheiße, dachte Tom, da stimmt was nicht. Er rutschte auf seinen Gummistiefeln den Deich runter und sprang über den halbhohen Zaun. Als er näher kam, sah Tom, dass der abgesägte Baum hohl in der Mitte war. Anscheinend war das Frisbee da reingeflogen, aber warum machte Schoko so ein Theater? Er hatte in den ganzen Wochen, seitdem sie zusammenlebten, nicht gebellt.

»Ist ja gut, Dicker, ich hol dir dein Frisbee schon wieder raus, keine Angst.« Schoko blickte wieder auf den großen, abgesägten alten Baumstumpf.

Tom stellte sich auf die Zehenspitzen und stemmte sich hoch, auf den Rand des alten Baumstumpfs. Das Loch in der Mitte maß circa einen Meter im Durchmesser und war fast zwei Meter tief. Wahrscheinlich hatte der Blitz eingeschlagen und man hatte den Baum daraufhin absägen müssen. Im ersten Moment konnte Tom nicht genau erkennen, was auf dem dunklen Boden lag. Er nahm sein Handy und machte die Taschenlampe an. Die orangene Frisbee-Scheibe strahlte ihm entgegen. Sie lag flach auf dem zusammengekrümmten Körper einer Frau, die ihn aus leblosen Augen anstarrte, den Mund weit geöffnet. Zwischen ihren schiefen, vergilbten Zähnen konnte Tom die blaue Zunge erkennen, die weißlich belegt war.

8 In der Borke

Babette starrte vor sich hin, ihr Handy seit Minuten verkrampft in der linken Hand haltend. Sie wippte ungeduldig mit dem rechten Fuß. Heiko kannte sie nur zu gut, seit sechs Jahren arbeiteten sie zusammen. Jetzt bloß nichts Falsches sagen, dachte er, sonst musste er ihre miese Laune noch tagelang ertragen und darauf hatte er überhaupt keine Lust.

Babette war nicht schlecht in ihrem Job, hatte einige Erfolge vorzuweisen, aber eine Kommissarin mit Spürsinn war sie nicht. Sie hatte den Job durch die Beziehungen ihres Vaters bekommen, des ehemaligen Leiters der Polizeiinspektion Stade. Kaschmirmantel und Pumps bei einem Einsatz? In dieser Gegend? Bei diesem Wetter? Heiko zog beide Augenbrauen nach oben. Zugegeben, wer hätte heute Morgen bei der Dienstbesprechung mit dem Fund von zwei Leichen gerechnet? Heiko bestimmt nicht und Babette wohl am allerwenigsten. Sie hatte am Nachmittag einen Termin mit dem Staatsanwalt wegen eines ungeklärten Mordfalls, der lange zurücklag, und hatte sich deswegen besonders sorgfältig herausgeputzt. Aber nicht, dass sie jemals in Jeans und Boots zum Dienst erschienen wäre.

Nach dem Anruf von der Baustelle im Wilden Moor heute Vormittag waren die beiden in Babettes altem Mercedes zum Fundort gefahren, um dort nicht nur eine halb verweste Leiche in einem Müllsack zu finden, sondern auch noch Babettes alte Schulfreundin Frauke Schlichting ohnmächtig aus dem Schlamm zu ziehen. Besser gesagt, Heiko hatte das getan, Babette machte sich selten die ­manikürten Hände schmutzig. Die Drecksarbeit überließ sie ihm. Assistent, Lakai, zweite Riege. Er wusste, was sie von ihm hielt.

Dann kam der nächste unerwartete Anruf an diesem verregneten ersten April. Die Zentrale meldete, dass jemand die Leiche einer Frau in einem Nachbarort gefunden hatte. In einem Baumstumpf. Wie um alles in der Welt sollte das gehen, wer hatte sie dort hineingestopft und wie fand man eine Leiche an einem solchen Ort?, fragte sich Heiko.

Er strich sich durch seine blonden Locken und klemmte eine lange Strähne hinter sein linkes Ohr, eine nervöse Angewohnheit seit seiner Kindheit, wenn es spannend wurde. Er war 38 Jahre alt, kam selbst aus Agathenburg, einem Vorort von Stade, wo seine Eltern bis heute einen alten Apfelhof bewirtschafteten.

Sein Vater war nicht erfreut gewesen, als Heiko ihm mitgeteilt hatte, den Hof nicht übernehmen zu wollen. Er wollte zur Polizei, er wollte zur Kripo. Das faszinierte ihn damals und tat es immer noch. Er liebte seinen Job, und Gott sei Dank liebte sein Vater ihn, denn es hatte keine ernsthaften Auseinandersetzungen gegeben. Auch nicht, als er seinen Eltern gesagt hatte, dass er schwul sei. Sein Vater hatte mit den Achseln gezuckt, seine Mutter hatte ihn besorgt angeschaut und damit war das Thema gegessen. Die Menschen hier in der Gegend machten nicht viele Worte und seine Eltern erst recht nicht. Sie liebten ihn, sagen mussten sie es nicht.

Heiko und Babette fuhren jetzt durch die Ortschaft Neuland. Bei zwei Leichen an einem Tag konnte Babette sich nicht herausreden, da musste sie mit! Der Fundort der Leiche lag abgelegen von der Hauptstraße in einer Apfelplantage. Schweigend fuhren sie durch das kleine Dorf. Es hatte eine Tankstelle, eine Kirche und einen ­Gasthof, der seit Jahren geschlossen war. Das wars. Mittagsstunde. Auf der Straße war kein Mensch zu sehen.

Am Ortsausgang führte die Straße in einem scharfen Rechtsbogen zur B 495. Heiko fuhr weiter geradeaus. Vor ihnen lag eine alte Allee, links und rechts Gräben, Wiesen, Bäume. Im Sommer bestimmt wunderschön!

Idyllische Szenerie für eine Leiche, dachte Heiko, während er in die Allee einbog. Nach fünfhundert Metern sahen sie ein altes Holzschild: ÄPFEL. Daneben ein neues Schild mit der Aufschrift Demeter und etwas kleiner darunter, in altdeutscher Schrift, Äpfel und Säfte. Er fuhr links in den alten, ungeteerten Feldweg rein, das Auto schaukelte bei jedem Schlagloch.

Himmel, also asphaltieren hätten sie den langen Weg wirklich können, typisch Ökobauer, dachte Babette, die auf der ganzen Fahrt keinen Ton von sich gegeben hatte. Nach einer endlos langen Schaukelei machte der Feldweg eine Kurve und sie standen vor einem verschlossenen Gatter. Heiko stieg aus dem Auto und versuchte, einiger­maßen trockene Schuhe zu behalten. Seine Gummi­stiefel hatte er im Kofferraum seines Wagens vergessen, das noch an der ersten Fundstelle im Wilden Moor stand. Definitiv ein Fehler! Er öffnete das quietschende Gatter, stieg wieder ins Auto und zuckte mit den Schultern, als er Babettes vorwurfsvollen Blick sah.

»Was soll ich machen? Ich kann nicht übers Wasser laufen, wie du weißt. Keine Angst, der Fußboden trocknet schon wieder.«

Ihr Handy klingelte. Sie verdrehte die Augen, als sie sich meldete: »Petersen!« Sie zog die Vokale in ihrem quengeligen Tonfall in die Länge. Genervt hörte sie der Stimme am anderen Ende zu. »Ja, natürlich brauchen wir Verstärkung. Ich habe bereits vier Beamte an der Fundstelle im Wilden Moor, und einen Notarzt, da eine Zivilistin in Ohnmacht gefallen ist. Also schicken Sie gefälligst einen Streifenwagen und einen Leichentransport zur neuen Fundstelle. Heiko, wie heißt die Straße noch mal? Was sag ich da, Straße!« Sie rümpfte die Nase. »Es ist nur ein Feldweg. In der Borke heißt er. Und wenn Sie Frau Römer erreichen sollten, sie soll mitkommen. Es wird sich ja wohl keiner freiwillig zum Sterben in einen Baumstumpf legen. Eine Rechtsmedizinerin am Fundort scheint mir also sinnvoll. Wir sind gleich da.«

in der Borke

Heiko fuhr jetzt nach links und sah den großen Baumstumpf. Daneben einen Mann in Regenmantel und Mütze und einen durchnässten Hund. Das musste Thomas Morten sein.

Babette ballte die linke Faust. »Und? Was gibt es sonst noch Wichtiges? Um Himmels willen, was hat Ihnen denn jetzt die Sprache verschlagen?«, schnauzte sie Gisela an.

»Ich glaube, Sie sollten doch mehr Verstärkung anfordern. Clara Jolcke hat zehn Jahre in Haft gesessen, wegen eines Doppelmordes.«