
Jacopo Fo
Zen oder die Kunst
guten Sex zu haben
Mit Illustrationen von Jacopo Fo
Aus dem Italienischen von Alexandra Titze-Grabec


Jacopo Fo: Zen oder die Kunst guten Sex zu haben
Aus dem Italienischen von Alexandra Titze-Grabec
Mit Illustrationen von Jacopo Fo
Hollitzer Verlag, Wien 2021
Originaltitel:
Jacopo Fo
Lo Zen e l’arte di scopare
1993/2015 Carlo Gallucci editore srl, Roma
© Jacopo Fo
Umschlaggestaltung und Satz: Nikola Stevanović
Hergestellt in der EU
Alle Rechte vorbehalten
© HOLLITZER Verlag, Wien 2021
www.hollitzer.at

ISBN 978-3-99012-515-1
ISBN ePub: 978-3-99012-516-8
Der Sex in der Geschichte
Liebe in Zeiten der Gorillas
Der Tag, an dem der Mann den Verstand verlor
Der Sex: So geht’s
Sex – Eine komplexe Sache
Die erotische Verwirrung
Reden
Feurige Lippen
Das Verwöhnen mit den Händen
Die Vulva
Weshalb die Frauen ihre Muskeln nicht einsetzen
Der Pimmel
Die Lust des Mannes und die Lust der Frau
Tagebuch eines vorzeitigen Ejakulierers
Was, wenn Sie ihn nicht hochkriegen
Weibliche Lustlosigkeit
Der lustlose Mann
Der intensive Orgasmus oder die sexuelle Ekstase
Wie oft willst du mich küssen?
Der Sexualstraftäter ist frigide
Der verliebte Taxifahrer
Das ABC des Sex
Nachwort
Ich widme dieses Buch Antonio Camasutra, dem legendären neapolitanischen Latin Lover.
Sein Motto lautet:
„La scopata nun vo’ pensieri.“
(Der Geschlechtsverkehr setzt die Abwesenheit geistiger Anstrengung voraus. Oder: Nicht denken beim Ficken.)


Die Liebe ist eine wunderbare Sache. Mitunter ist sie jedoch nicht ganz einfach. Vor einigen Millionen Jahren ging es jedoch noch ein wenig unkomplizierter zu. Der Mensch kannte bloß das Gesetz des Instinktes. Wurde eine Frau „brünstig“, dann ließ sie sich zum Spaß tagelang von den Männern verfolgen, die sich häufig um sie prügelten. Erst ganz zum Schluss, wenn sie fruchtbar war, gab sich das Weibchen hin; zunächst paarte sie sich mit dem Männchen, dem es gelungen war, sie einzuholen, das ihr pausenlos gefolgt war und die anderen Verehrer ausgestochen hatte. Der Gewinner besprang sie, solange er über ausreichend Kraft dafür verfügte, und wenn der Erste dann zusammenbrach, setzte das Weibchen das Spiel mit den schwächeren Kandidaten fort. Während der gesamten fruchtbaren Zeit, die einige Tage dauerte, war das Weibchen verfügbar.
So stellte die Natur eine Schwangerschaft sicher und sorgte mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit für die Produktion von Nachkommen. Gleichzeitig verhinderte die Brunst, dass in nicht fruchtbaren Zeiten Energie beim Beischlaf vergeudet wurde.
Die Auswahl der Liebhaber mittels des Balz-Wettbewerbs hatte auch die Bildung von Paaren zur Folge, denn tatsächlich hielt das als erstes gewählte Männchen mit dieser Frau und ihren Kindern eine privilegierte Beziehung aufrecht.
Ich sage bewusst ihren Kindern – also jenen der Frau – da die Natur, um sicher zu gehen, dass das Weibchen schwanger wurde, vorsah, dass es sich, wie bereits erwähnt, auch den anderen Männchen der Gruppe hingab. Und die Tatsache, dass alle Frauen mehr oder weniger gleichzeitig brünstig wurden, kam dem „Ehemann“ ganz gelegen, da er dann sein Vergnügen schnurstracks andernorts suchen konnte. Die „Eifersucht“ kam tatsächlich nur dann zum Tragen, wenn es um das Recht ging, der Erste zu sein. Um dieses Privileg prügelten sich die Männchen, waren sie jedoch woanders zugange, kümmerte sie das nicht mehr im Geringsten.
Auch heute gleicht sich die Menstruation von Frauen, die gemeinsam studieren oder arbeiten, oft an, und damit auch die fruchtbaren Tage. Diese Synchronisierung war von großer Bedeutung, um die genetische Vielfalt zu erhalten. Wären die Weibchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten brünstig geworden, dann wären die stärksten Männchen womöglich Väter sämtlicher Nachkommen geworden, was bald zum Aussterben der genetischen Linie der schwächeren Männchen geführt hätte. Sind jedoch alle Weibchen gleichzeitig paarungsbereit, haben die stärksten Männchen gar nicht die Gelegenheit sich mit allen zu paaren … So ist auch die Nachkommenschaft der weniger geeigneten Kandidaten gewährleistet; ein ganz wesentlicher Aspekt, da oftmals die schwächsten Elemente der Gruppe Träger evolutionärer Neuerungen waren, und ihre Andersartigkeit sich schlussendlich oft als Vorteil herausstellte, der es ihnen erlaubte, sich besser an neue Gegebenheiten anzupassen.
Diese Art zu lieben war Millionen Jahre lang auch die einzig bekannte, und die meisten Warmblüter wenden sie immer noch an.
Wann sich das bei den Menschen geändert hat, kann niemand so genau sagen. Mit Sicherheit spielte dabei die Aneignung der Fähigkeit eine Rolle, nicht nur während der fruchtbaren Tage miteinander zu schlafen.
Sex diente also nicht nur dazu, die Kontinuität der menschlichen Spezies zu gewährleisten, sondern war auch ein Element, das zum Zusammenhalt der Gruppe beitrug.
Als ich zur Schule ging, versuchte meine Lehrerin mich davon zu überzeugen, dass eine Welt ohne Kriege völlig illusorisch sei: „Unsere nächsten Verwandten, deren DNA beinahe identisch mit unserer ist, sind die Schimpansen. Wenn eine Gruppe Schimpansen eine andere unter einem Bananenbaum trifft, dann bekämpfen sie einander, und setzen dazu sogar Steine und Stöcke ein, und einigen Forschern zufolge soll es sogar zu Akten von Kannibalismus kommen … Der Krieg ist in unseren Instinkten verwurzelt!“
Glücklicherweise irrte meine Lehrerin sich. Tatsächlich sind die großen Affen, die uns genetisch am nächsten stehen, nicht die Schimpansen, sondern die Bonobos, bei denen es sich um viel klügere Tiere handelt. Wenn eine Gruppe von Bonobos unter einem Obstbaum auf eine andere Gruppe von Bonobos trifft, dann haben sie erst einmal alle miteinander Sex; Männchen mit Männchen, Weibchen mit Weibchen, Männchen mit Weibchen. Dann füttern sie sich gegenseitig, glücklich und zufrieden.
Es sind äußerst hoch entwickelte Affen und zwar aus dem Grund, weil sie, im Gegensatz zu anderen Primaten, auch dann Liebe machen können, wenn sie sich nicht in der Zeit der Brunst des Weibchens befinden. Für sie ist der Sex ein soziales Instrument, um das Miteinander zu fördern. Selbstverständlich bringen sie uns in der Schule nicht bei, dass unsere nächsten Verwandten gewaltlose, geile, bisexuelle Erotomanen sind. Man stelle sich vor, was da für ein Skandal wäre, der Jugend zu erzählen, dass die Homosexualität keine Krankheit, sondern ein völlig natürliches Verhalten ist. Neben der Abschwächung der Bedeutung der Brunst (der fruchtbaren Zeit) war auch noch ein anderes evolutionäres Element von Bedeutung, und zwar die Spiegelneuronen. Wir sind die Tierart, die in dieser Hinsicht am begabtesten ist, da wir über die außerordentliche Fähigkeit verfügen, uns auf empathische Art und Weise in andere hineinzuversetzen. Sehen wir eine Person, die lacht, weint oder läuft, dann aktivieren sich in unserem Gehirn jene Regionen, die auch aktiv sind, wenn wir selbst lachen, weinen oder laufen. Das bedeutet, dass eine der größten Freuden in der Liebe das Teilen der Lust ist: Dir gefällt es, weil du siehst, dass es der Person, die du liebst, gefällt; ihr gefällt es umso mehr, weil sie sieht, dass es dir gefällt … Ein wunderbar ekstatisches Crescendo. Die Spiegelneuronen bilden die Grundlage der überlegenen menschlichen Fähigkeit, zusammenzuarbeiten und Zustände körperlicher und emotionaler Ekstase zu erreichen.
Der Homo Sapiens und natürlich auch Frau Sapiens begriffen recht schnell, dass die Sexualität ein ganz wesentliches Element war, um das Leben erfreulich zu gestalten und das Zusammenwirken zu fördern.
Die Entwicklung der Kultur führte schließlich zum Zelebrieren von Sex als heiligem Augenblick im Leben, doch Jahrtausende lang gab es keine wesentlichen Neuerungen, was die überlieferten, urtümlichen Gewohnheiten anging.
Die Fruchtbarkeit war der Mittelpunkt jeglicher ritueller Handlung. Die angebetete Gottheit war die „Große Mutter“, Essen und Sex waren Möglichkeiten, um in Kontakt mit der „Schöpferkraft“ zu treten. Auf der ganzen Welt betete man riesige Abbilder von Pimmeln und Muschis an. In vielen Riten finden wir noch heute Belege für diese antiken matriarchalischen Religionen. In Japan und Indien beherrschen auch heute noch gigantische Darstellungen von Geschlechtsteilen shintoistische und hinduistische Tempel, während im Christentum und im Islam solche Bilder in weniger eindeutiger Form, stilisiert als große Kerzen, Stelen und Säulen, überlebt haben.
Ein konstantes Element in diesen frühen Kulturen war die ausgeprägte sexuelle Freiheit, die stets der Bereicherung des Erbguts der Gruppe diente. So wurden zum Beispiel Fremde, die in ein Dorf kamen, eingeladen, mit den Frauen im fruchtbaren Alter zu schlafen, um die Gruppe mit frischem „Lebenssaft“ zu versorgen. Und – unglaublich aber wahr – für gewöhnlich nahm der Fremde die Einladung an.

Dieser Brauch überlebte noch lange. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot (400 v. Chr.) berichtet empört und angewidert darüber, dass sich die Frauen in Babylon, ehe sie sich verehelichen durften, mit einem Fremden paaren mussten. Ähnliche Bräuche waren beinahe bis in unsere Zeit an der Tagesordnung, zum Beispiel unter den Eskimo-Völkern (man munkelt, dass einige Missionare zur Zeit des Erstkontakts ermordet wurden, da sie es ablehnten, mit den Damen des Ortes zu kopulieren).
In den frühen (matriarchalischen) Kulturen galt die sexuelle Lust als Wunder. Noch im alten Ägypten war die Auferstehung des Osiris, der von Isis, seiner Schwester und Ehefrau, mittels eines intimen Kusses wieder zum Leben erweckt wurde, der Mittelpunkt des religiösen Mythos. So wie wir heute das Bildnis des gekreuzigten Christus anbeten, fanden sich damals in den Tempeln Gemälde und Reliefs von Isis, die zu Füßen Osiris kniete und damit beschäftigt war, ihm einen zu blasen.
Trotz der enormen sexuellen Freiheit dieser frühen Gesellschaften funktionierten die Dinge nicht mehr ganz so reibungslos, wie damals, als wir noch Menschenaffen waren.
Wir hatten uns von Vierfüßern zu Zweibeinern entwickelt. Das hatte auch Auswirkungen auf die Kompatibilität unserer Geschlechtsorgane. Die neue Neigung von Becken und Schambein führte bei den Frauen zu einigen Orgasmusschwierigkeiten.
Die Entwicklung in Richtung einer Reglementierung der sexuellen Aktivitäten ging langsam von statten. Erst gegen Ende der matriarchalen Epoche führte die Notwendigkeit, Allianzen zwischen den Gruppen zu schließen, zum Tabu des Inzests. Man beschloss also, dass die Mitglieder einer Gruppe sich nicht mehr untereinander paaren durften. Die jungen Männer verließen ihren Clan und lebten dann im Clan ihrer Ehefrauen. Jeder heiratete praktisch alle Frauen der Gruppe.
Allmählich entstand nun ein „Schwiegermutter-Problem“ und es etablierte sich das Verbot der Beziehung zwischen dem Ehemann einer Frau und deren Mutter.
Anlässlich des jährlichen Fruchtbarkeitsfestes wurden diese Verbote jedoch nicht ganz so streng gesehen. An diesen Tagen fielen die Tabus und alles war erlaubt. Heute geben wir uns zwar nicht mehr dieser hemmungslosen Sexualität hin, aber wir feiern den Karneval, Tage in denen beinahe jeder Scherz erlaubt ist.
Die Situation blieb Jahrtausende lang unverändert, bis, nach der Erfindung des Bogens und der Viehzucht, einige Gruppen von Menschen zu kriegerischen Hirten wurden, und Diebstahl sowie Mord als durchaus sinnvoller Zeitvertreib galten. Ein Grüppchen tüchtiger Bogenschützen konnte ohne Weiteres einen Stamm überwältigen, die Männer aus der Entfernung umbringen und Frauen sowie Herden rauben.
So nahm das Töten, Vergewaltigen, Ausrauben und Versklaven seinen Anfang. Diese miserable Entwicklung fand zunächst innerhalb kleiner menschlicher Gruppierungen statt, die in besonders ungemütlichen Gegenden zuhause waren. Wir wissen, dass das Phänomen vor ca. 5500 Jahren explodierte, als die Horden kriegerischer Nomaden anfingen, die fruchtbaren Ebenen der Erde zu besiedeln – Lebensräume mit friedliebender Bevölkerung aus Fischern und Bauern.

Die Erfindung des Krieges hatte verheerende Auswirkungen auf das Leben unserer Vorfahren: Wirtschafts- und Produktionssysteme, Sitten und Sozialverhalten, sowie menschliche Beziehungen wurden völlig neu aufgestellt. Dieses Ereignis hatte einen enormen und beängstigenden psychischen und seelischen Schock zur Folge. Wie kann man inmitten einer Menschheit, die sich die Zeit damit vertreibt, sich gegenseitig abzustechen, Liebe machen und sich an gutem Essen erfreuen?
Das war der Zeitpunkt, an dem der Mann den Verstand verlor. Die Macht des Mannes-Kriegers-Viehhalters wuchs ins Unermessliche und er entmachtete die Frau, erklärte sich zum Stärkeren und damit zum Herrscher. Die mit Bogen bewaffneten Männer bestanden darauf, die erkämpfte Beute für sich zu behalten … Das war die Geburtsstunde der patriarchalischen Gesellschaft, die auch die Ehe, das Eigentum an Frau und Kindern, das Aufkommen höchster männlicher Göttlichkeit und das Verständnis für Sünde begründete.
Die neuen sexuellen Regeln sahen vor, dass die Frau für den Ehemann zu arbeiten und ihm Nachkommen zu gebären hatte. Außerdem beschloss man, dass die Frauen ausschließlich mit ihren rechtmäßigen Gefährten Liebe machen durften. Sehr erfolgreich war diese Sache nie, angesichts der Tatsache, dass man dem Herzen und vor allem den Geschlechtsteilen nichts vorschreiben kann.
Dies hinderte ganze Scharen an Vätern, Kirchenmännern, Weisen und Mächtigen jedoch nicht daran, immense Energien in den Versuch zu stecken, jedermann und jederfrau davon zu überzeugen, dass Sex außerhalb der Ehe etwas Schlechtes sei. Einige von ihnen übertrieben es ein wenig und predigten sogar, dass die Freuden der Liebe selbst unter Eheleuten eine Sünde seien. Da man sie weiterhin beschiss, wurden sie stinkwütend und begannen, ihre Frauen, Ehefrauen und Kinder auf alle möglichen Arten zu bestrafen, damit diese ihre Instinkte bezwängen. Sie erfanden den Apfel der Eva und die Büchse der Pandora. „Die Große Mutter“ wurde zur ersten Dämonin: Lilith. Die biologische Bedeutung der Frau wurde verleugnet und sie selbst zum bloßen Nährboden für den männlichen Samen, dem wahren Schöpfer von neuem Leben.
Dass die Frau eine Seele oder ein Wahlrecht haben könnte, ignorierte man einfach. Ehebrecherinnen wurden gesteinigt, Priesterinnen der verbliebenen matriarchalischen Religionen der Hexerei, der Obszönitäten und der Häresie bezichtigt und verbrannt. Oft war es Frauen zudem untersagt, materielle Güter zu besitzen oder sich in der Heilkunst zu betätigen. Beinahe überall galten Vergewaltigungen als übliche und ehrenhafte Praxis.
Zahlreiche Völker, wie zum Beispiel die Römer, begannen im großen Stil mit der Ermordung neugeborener Mädchen: weniger Frauen, weniger Probleme. Aber auch zahlenmäßig dezimiert waren die Frauen immer noch furchteinflößend, also wurde es üblich, dass sie weniger essen durften als Männer, sich zuhause einsperren lassen mussten und ihnen eine Bildung im Bereich Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Kunst versagt blieb. Die dorischen Griechen gingen sogar so weit, speziell jenen Frauen, die eine Tochter geboren hatten, weniger Nahrung zur Verfügung zu stellen.
Einige Kriegergruppen untersagten es Frauen außerdem, Lust zu empfinden, und zwar durch eine Amputation der Klitoris, eine Praxis, der auch heute noch viele bedauernswerte Mädchen und Frauen unterworfen sind. Man erfand den Keuschheitsgürtel und nähte Heranwachsenden die Vulvalippen zu, um sexuelle Kontakte vor der Ehe zu verhindern, wandte diese Praxis aber auch im Falle einer längeren Abwesenheit des Ehemannes an.
Andernorts wurden Frauen physisch verunstaltet, um sie buchstäblich klein zu halten. So band man in China seit dem Mittelalter die Füße von Mädchen ab, um deren natürliches Wachstum zu verhindern, wodurch sich diese zu entsetzlich entstellten, schmerzhaften Stümpfen entwickelten.
Brutalität und Stumpfsinnigkeit hatten eine unendliche Reihe sexueller Probleme zur Folge. In einer solchen Atmosphäre den Liebesakt auszuführen, war natürlich nur wenig entspannend. Das Verlangen wurde unterdrückt und zwischen Männern und Frauen herrschten keinerlei Verständnis, Respekt, Mitgefühl und Zärtlichkeit.
So konnten sich in Ruhe alle möglichen sexuellen Merkwürdigkeiten und Extreme entwickeln. Prostitution, Pädophilie und Pornografie florierten. Kurz gesagt: Die Verbote entfachten – wie so oft – übermäßiges und ins Extreme gesteigertes Verlangen. Die letzten fünftausend Jahre spielten sich demnach in einer Atmosphäre von deprimierender Gleichgültigkeit, Unzufriedenheit und Gewalt ab.
Im Laufe der Jahrhunderte kam es diesbezüglich zu einer leichten Verbesserung, aber erst die Industrielle Revolution führte zu einer gewissen, immer noch unzureichenden, Emanzipation der Frau, und einer neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rolle. Heutzutage – nachdem die Frau ihr Recht auf den Besitz von Seele, Eigentum und Wahlstimme wiedererobert hat – schreitet die soziale Gleichstellung von Frauen und Männern einigermaßen zügig voran. Nun können wir es wieder wagen, an eine wahrhaft lustvolle Sexualität zu denken: Denn Sex mit freien Frauen ist um so vieles besser …
Die Grundlagen,
wo er am meisten Spaß macht,
wie er wirklich befriedigend ist


Es wäre wirklich seltsam, wenn es nach fünftausend Jahren sexueller Ausschreitungen keine Probleme im Bett gäbe. Wir sind erfüllt von vorgefassten Meinungen und Ängsten und haben niemals irgendeine Art von Erziehung erhalten, was Lust, körperliche und emotionale Kontakte und das erotische Spiel betrifft. Beschmierte Wände, Magazine und Fernsehen sind gerammelt voll von erotischen Bildern, aber der Sex verschafft uns nicht die Befriedigung, mit der er uns eigentlich erfüllen sollte, gilt er doch immer noch als Sünde. In der Schule sprechen wir nicht darüber, selbst im Sommer empfinden wir es als unangemessen, halbnackt herum zu laufen, und es gilt immer noch als unziemlich, bestimmte Körperteile zu benennen oder Menschen an bestimmten Stellen zu berühren. Hat ein Mann viele Frauen, gilt er als „Macho“, wenn eine Frau jedoch viele Männer hat, ist sie eine „Schlampe“.
Sex haben wir nur wenig, und wenn dann schnellen und schlechten.
Sexualität wird uns durch die geltenden Gepflogenheiten auf ebenso einfache wie verheerende Art und Weise schwer gemacht. Frauen lehrt man Zurückhaltung beim Sex und Angst davor. Einmal im Bett gelandet, bringt sie also nicht den Mut auf, zu sagen, was sie will und sich völlig fallen zu lassen, und sie ist so kaum in der Lage, dem Mann, den sie liebt, Vergnügen zu bereiten.
Die Männer, die wiederum dazu erzogen wurden, jene Frauen zu verachten, die sexuell zu ausschweifend sind, finden sich nun in der Situation, die schönsten Seiten der Liebe nicht genießen zu können: das Vergnügen der Geliebten, die Freuden der Intimität, die Gefühle einer Frau, die ungehindert lieben kann.
Die Beziehung Mann-Frau ist beiderseits von Angst und fehlendem Vertrauen geprägt. Alles wird zum Problem. Es gibt eine Menge Menschen, die sogar Ekel vor Penis oder Vulva empfinden.
Die Frau hat Angst als Schlampe betrachtet zu werden und ist auch nicht gerade erpicht auf die unablässige Belagerung durch den Mann. Die erste Menstruation wird nicht als großes Fest begangen, sondern ist oft mit Angst behaftet. Unversehens werden Mädchen zu Frauen, ausgestattet mit Brüsten, Hüften und runden Hintern.
Quasi von einem Tag auf den anderen gelten sie nicht mehr als Mädchen. Sobald sie eine Bar betreten, ziehen die Männer sie mit den Augen aus, man pfeift ihnen auf der Straße hinterher und in der Straßenbahn werden sie vulgär betatscht. Das alles verbunden mit einem völligen Mangel an Informationen in Sachen Sex, Weiblichkeit und Wunder der Geburt.
Ähnlich finden sich auch die Männer – die gerade noch mit Eimer und Schaufel gespielt haben – schlagartig vor die unheimliche Frage gestellt: „Bin ich überhaupt ein hundertprozentig echter Mann, und in der Lage, Dutzende paarungswillige Frauen zu erobern? Werden prüde Jungfrauen, üppige Tabakwarenverkäuferinnen und Sitznachbarinnen (plötzlich mit enormen Kurven ausgestattet) jetzt zu meiner Beute?“


Natürlich geraten Mädchen in Panik, wenn ihnen bisweilen üppige Brüste wachsen, aber auch der arme, noch unschuldige Jüngling findet sich angesichts dreidimensional erblühender Titten in einem Strudel aus Angst, Begierde und Unsicherheit wieder.
Dazu kommt, dass der Junge in seiner Entwicklung nicht nur später dran ist als das Mädchen, sondern zudem bis zu einem Alter von mindestens zwanzig Jahren ein Trampeltier von geradezu galaktischem Ausmaß ist. Durch das Geschwafel der anderen Supermänner in der Bar ist er einigermaßen überzeugt davon, dass er ein erotischer Totalversager ist.
Hier schließt sich also ein ungeheuerlicher Kreis, in dem sich Unsicherheiten, Ängste und Misstrauen festigen und verdichten. Je panischer der Mann wird, desto mehr missachtet er Frauen, je enttäuschter und befummelter sich die Frau fühlt, desto mehr misstraut sie dem Mann und desto schwerer fällt es ihr, Sex und Vergnügen miteinander zu verbinden.
Haben Sie sexuelle Probleme? Wollen Sie Ihre Lust steigern?
Zunächst einmal fragen Sie sich, ob es die Mühe überhaupt lohnt. Man kann auch sehr gut ohne Sex leben. Und manchmal ist es einfach besser, darauf zu verzichten, als sich bei der Suche nach der Lösung ins Unglück zu stürzen.
Vielleicht fehlt es Ihnen bloß an ein wenig Abstinenz. Eine kleine Pause, um die Gedanken zu sortieren, die Wunden heilen zu lassen, die tiefsten Sehnsüchte zu verstehen. Gönnen Sie sich ruhig ein wenig Abstand, Sex und Stress vertragen sich nicht besonders gut. Wenn Sie aber wirklich gerne Sex haben wollen, finden Sie im Folgenden meinen Pentalog (ein Dekalog in fünf Punkten), mit dem Ziel, Ihnen ein Alibi für das Ausleben Ihrer Sehnsüchte zu bieten.