Dieses Arbeitspapier ist

Milena, Malte, Jonte, Linus, Felix, Mattis, Maia, Jule und allen anderen Kindern gewidmet.

Mögen ihnen viele Gartenmomente ermöglicht werden können.

Ein allerherzlichstes Dankeschön gilt allen Mitwirkenden, die dieses Arbeitspapier begleitet und ermöglicht haben!

© 2019 Sandra Küchlin, Vatterode

Alle Rechte vorbehalten.

Das Gärtnern mit Kindern im KinderGarten

Ein thematisch einführendes Arbeitspapier

Lektorat: Christiane Marahrens, Berlin

Gestaltung: Sandra Küchlin

1. und 2. Auflage 2020: Druck jakob2, Mainz

3. veränderte Auflage 2021: Druckvorbereitung Wortfeuer

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 9783753437187

Erhältlich im Buchhandel.

www.gartenkinderzeit.de

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Die Urtugend der Dankbarkeit
  3. Differenzierte Vorüberlegungen und Impulse für das Gärtnern im KinderGarten
  4. Der soziale Prozess im Außengelände
  5. Gestaltungsformen
  6. Garten(fach)wissen
  7. Pflanzenauswahl für das Gärtnern im KinderGarten
  8. Praxisbeispiele
  9. Gartenarbeiten im Kindergartenjahreslauf
  10. 1Grundausstattung für das Gärtnern
  11. Wärme im KinderGarten

„Worauf es beim Kindergarten gerade ankommt,
das ist, daß das Kind nachahmen muß das Leben.“

Rudolf Steiner

Vorwort

Für viele Kinder findet Kindheit heute zu einem großen Teil im institutionalisierten Rahmen statt. Der Erfahrungs- und Lebensalltag eines Kindes und damit das Kindseindürfen und -können ist von einem stetigen sich wandelnden und gegenseitig bedingenden gesellschaftlichen Veränderungs- und Entwicklungsprozess beeinflusst. Dies hat zur Folge, dass pädagogische Institutionen wie Kindergärten oder Krippen familienbegleitend arbeiten und sich neuen Aufgaben und Herausforderungen stellen müssen.

Wo und wie können sich hier authentische Lebensprozesse für die Kinder ergeben? Unterschiedliche Erfahrungen während meiner waldorfpädagogischen Erzieherausbildung, begleitenden Praktika und folgenden Berufspraxis haben mich zum einen zu der Erkenntnis geführt, dass der KinderGarten ein idealer Ort dafür sein kann. Als Teil im und um das Außengelände herum umfasst der Kinder-Garten u. a. freie Flächen, Hecken, Beete, Sitzgelegenheiten. Das damit verbundene Gärtnern ist im vorliegenden Arbeitspapier weit gefasst und wird als eine lebensechte Tätigkeit verstanden, bei der es zu jeder Jahreszeit für alle beteiligten Menschen immer etwas Sinnvolles zu tun gibt und die gesundend auf diese und ihre Umgebung wirken kann. Eine Möglichkeit für Kindergartenkinder, um das echte Leben, im kleinen geschützten Rahmen des KinderGartens, lernen zu können über beobachten, verweilen, staunen, tätigsein, forschen, warten, probieren, genießen, freuen, langweilen.

Zum anderen hat sich immer wieder die Frage gestellt, welche Aspekte für einsteigende und angehende pädagogische Fachkräfte1 interessant sein können, um sich im realen Kindergartenalltagstrubel zeitnah in die Thematik einarbeiten und einen leichten Beginn in der Praxis finden zu können. Dieses solide und auf das Wesentliche reduzierte Arbeitspapier ist ein Beitrag und damit eine Ergänzung zur thematischen Grundlagenarbeit, das die Freude am Gärtnern vor Ort mit den Kindergartenkindern vermittelt und reichhaltige Impulse gibt, um einen Blick hinter seinen tieferen Sinn zu wagen, sowie weitere Forschungsprozesse anregt.

1 Einleitung

1.1 Gesellschaft im Wandel und Auswirkungen auf den Kindheitsalltag

Der Erfahrungs- und Lebensalltag eines Kindes und damit das Kindseindürfen und -können ist von einem stetig wandelnden und sich gegenseitig bedingenden gesellschaftlichen Veränderungs- und Entwicklungsprozess beeinflusst.

Dieser ist u. a. geprägt durch die Entkoppelung sowie Digitalisierung und Technisierung der Arbeits- und Lebenswelt, durch veränderte Familienformen und -verhältnisse, Institutionalisierung oder Verinselung. Begleiterscheinungen sind u. a., dass „echte“ Prozesse des täglichen Lebens vermehrt anonymer und undurchsichtiger gestaltet werden und die Verknüpfung und Wechselwirkung von Handeln und Wahrnehmen in der täglichen Erfahrungswelt für Kinder nicht mehr selbstverständlich gegeben sind2.

Wenn beispielsweise das Mittagessen von einem externen Cateringservice in den Kindergarten geliefert wird, fehlt den Kindern zum einen die Möglichkeit, sich selbst (mit ihren Sinnen) am Prozess zu beteiligen, und zum anderen ist nicht offensichtlich nachvollziehbar, woher die Zutaten für ihr Mittagessen kommen und wie diese zubereitet werden.

Verbrachten Kinder früher einen großen Teil ihrer Kindheit im (groß-)familiären Rahmen und draußen mit anderen Kindern, so hat sich diese verstärkt in die Innenräume und den institutionalisierten Rahmen verlagert. Letzterer ist nicht mehr nur familienergänzend, sondern vielmehr familienbegleitend. Nach einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2017 liegt die Betreuungsquote der unter dreijährigen Kinder bei rund 33 Prozent, bei den Kindergartenkindern bei rund 94 Prozent3. „Für etwa jedes zweite betreute Kind ab dem ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt wurde ein Ganztagsplatz [mit mehr als 35 Stunden/Woche] vertraglich vereinbart.“4

1.2 Eine praktische Handlungsoption für den institutionellen Rahmen

An diesen beiden Beispielen wird exemplarisch deutlich, dass sich aus dem allgemeinen Entwicklungsstrom heraus für alle pädagogisch arbeitenden Institutionen neue Aufgaben und Herausforderungen ergeben haben und werden. Es stellt sich u. a. die Frage, wo und wie sich im Kindergartenalltag „echte“ Prozesse des täglichen Lebens ergeben können, an welchen die Kinder (selbst tätig werdend) Primärerfahrungen machen dürfen und können. In den Worten von Herbert Renz-Polster (Kinderarzt) und Gerald Hüther (Neurobiologe):

„Was Kinder suchen, ist eine Umwelt, in der sie ihre körperlichen, seelischen und sozialen Entwicklungsbedürfnisse befriedigen können. Das ist ihr Grundmotiv beim Spielen, bei der Erforschung der Umwelt und bei der Gestaltung ihrer Beziehungen. […] Und diesen Erfahrungsraum sollten wir ihnen bieten – »künstliche« Ausgestaltung hin oder her.“ 5