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Inhalt

Impressum 2

Vorwort: Zur Sache 3

Vorspiel 15

1. Szene: Die Fahrt durch den Tunnel 32

2. Szene: In der Zentrifuge 38

3. Szene: Vorladung in das AVS 48

4. Szene: Die Einführung – Ein Weltmodell 65

5. Szene: Von der monetary correctness –
Im Datennetz 91

6. Szene: Des ersten langen Tages Reise 95

Intermezzo 1: Über das Wohnen, a 95

Intermezzo 2: Über das Wohnen, b 101

Intermezzo 3: Datenorientiertes Schülerleben 107

Über neue Plagen und eine neue Prophetin – Monolog der Mutter 111

Datenverkehr: Die Grundinformation 122

Intermezzo 4: Biografie als Musterfall der Zeitgeschichte 124

Die erste Begegnung 141

Das Tor zum Labyrinth und Wandern im Chaos 172

7. Szene: Des zweiten langen Tages Reise 186

8. Szene: Des dritten langen Tages Reise 207

Was inzwischen geschehen war 223

9. Szene: Die Flinte im Korn 229

10 Szene: Finale – In der Unendlichkeit 240

Epilog 249

Intermezzo 5: Die Idee eines neuen Preises 252

Intermezzo 6: Die Welt nimmt in Echtzeit Anteil 263

Anhang 277

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2021 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99107-204-1

ISBN e-book: 978-3-99107-205-8

Lektorat: Katja Wetzel

Umschlagfotos: Dmitriy Razinkov,
Julvil | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen:

Bild 1: Markwaters – Dreamstime.com,

Bild 2: Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay,

Bild 3: Stephan Wolfsried, (www.mineralienatlas.de)

www.novumverlag.com

Vorwort: Zur Sache

„Von der Wiege bis zur Bahre/Formulare, Formulare …“

Ab der Abnabelung von der nährenden Mutter ist der Weg des Menschen ein Weg zum Tod. Der Weg kann kurz sein oder lang, wie lange, das stellt sich erst beim fixierten Ziel heraus. Die Strecke dazwischen ist das Leben. Dieses ist bestimmt von Daten: biologischen, biografischen, zur Verwaltung, zur Kontrolle. Von der Geburts- bis zur Sterbeurkunde.

Das war und ist so, seit es Ordnungsstrukturen des Zusammenlebens gibt, sie waren und sind notwendig, um ein Gemeinwesen zusammenzuhalten und zu ordnen, von den Tontafel-Archiven der Sumerer bis zu den Finanzdaten heute oder den furchtbaren Listen von Tötungsmaschinerien, wir kennen sie. Daten werden also auch zu bösen Zwecken benutzt:

Bis vor 100 Jahren wurden Daten und Infos schriftlich versandt und erhalten, vom Papyrus bis zum Kanzleipapier. Auf diesem Weg wurden Informationen zusammengetragen auch für Enzyklopädien und Lexika von tausenden Seiten Umfang. Das ließ sich alles so bewerkstelligen und niemand wartete auf einen Computer zur Erledigung auch gewaltigster Sammlungs- und Verwaltungsaufgaben.

Zur Erinnerung: Die Digitalisierung der Welt

Seit der Entwicklung des ersten funktionierenden Computers 1944 ging die Entwicklung stürmischer als in jedem anderen Bereich voran. Regelmäßig entwickelte die Computerindustrie Geräte mit doppelter Leistungsfähigkeit und entsprechender Speicherkapazität. Der damit einhergehende Preisverfall führte dazu, dass der Computer seit Beginn der 80er-Jahre auch in vielen alltäglichen Anwendungen wirtschaftlich nutzbar wurde. Durch die Einführung des »Desktop-Publishing« (Publizieren am Schreibtisch) wurde die gesamte Druckindustrie revolutioniert. Am Computer vermochte man von nun an alle Gestaltungs- und Entwurfsschritte bis hin zum Druck in digitaler Form durchzuführen.

CD-ROM und DVD

Die weitergehende Digitalisierung erfolgte mit der Markteinführung eines digitalen Multimedia-Datenträgers: 1981 mit der CD-ROM. Mit diesen Scheiben aus Polycarbonat wurde es erstmals möglich, multimediale Unterhaltungsprodukte, digitale Magazine, Lexika und multimediale Lehrunterlagen kostengünstig zu verbreiten.

Die CD-ROM ist eine Weiterentwicklung der 1980 von Philips und Sony eingeführten Audio-Compact-Disc. Mit dem Licht eines Laserstrahls werden berührungslos Vertiefungen abgetastet, die auf einer Scheibe die Speicherung von bis zu 70 Minuten Hörgenuss möglich machen. Eine einzige CD-ROM speichert etwa so viel wie 700 Floppy Disks – genug Speicher für mehr als 7 Millionen Zeilen Text. Zehn Jahre nach Vorstellung der ersten Audio-CD wurde 1990 auch die beschreibbare CD präsentiert: CD-R (Recorder) und CD-RW (Read Write). Die CD-RW ist etwa 200-mal beschreibbar. Mit der 1996 vorgestellten DVD (Digital Versatile Disc) existiert auch ein geeignetes Medium für digitale Spielfilme. Da das menschliche Auge erst ab etwa 20 Bildern pro Sekunde eine flüssige Bewegung wahrnimmt, erfordern digitalisierte Spielfilme trotz Komprimierung sehr hohe Speicherkapazitäten, die auch die CD-ROM nicht in ausreichendem Maße bietet.

Bilder als Daten/Das Bildtelefon

Digitale Fest- und Bewegtbildkameras sind seit 1996 als Konsumartikel erhältlich. Mit ihnen scheint der Mensch dem Traum näher zu kommen, seine bildhaften Beobachtungen jederzeit einfangen und mitteilen zu können. Auf CD-ROM bleiben die Daten auch langfristig der Nachwelt erhalten.

Über 100 Jahre nach der Erfindung des Telefons scheint die Zeit für eine grundlegende Verbesserung gekommen. Schon zu Beginn des Fernsehzeitalters experimentierte man mit Kameras und Fernsehgeräten in Kombination mit dem Telefon. Erst die Digitalisierung brachte einen Fortschritt, über ISDN-Telefonverbindungen ist das digitalisierte und komprimierte Videobild mittlerweile weltweit übertragbar. Preisverfall und Miniaturisierung führten dazu, dass die erforderlichen technischen Komponenten mittlerweile in reguläre Telefone und Computer integriert werden. Durch die erfolgreiche Standardisierung wurde auch dafür gesorgt, dass die verschiedenen Geräte miteinander funktionieren.

Klaus Rebensburg, Brockhaus, 2007

Dann kamen nach der Schreibmaschine das Telefon und der Computer, die Technik des Übermittelns von Informationen mittels Draht und wenig später ohne Draht, per Funk.

Was auf die Menschheit mittels ihrer Erfindungsgabe zurollen werde, das wurde schon vor 150 Jahren seherisch notiert:

Der Mensch hat sich den Blitz dienstbar gemacht, dass er lautlos und friedlich auf dem schmalen Wege eines Drahtes fortläuft und die mitgegebene Nachricht überbringt. Alle furchtbaren Eigenschaften, die die Menschen an ihm sehen, wenn er vom Himmel fährt, hat er außer der Schnelligkeit verloren…

Adalbert Stifter, „Über die Telegraphie“, Linzer Zeitung, 15. März 1853

Das waren Startschüsse zu einer Entwicklung, die in riesigen Quantensprüngen in immer kürzeren Intervallen voran jagte und jagt, mittels derer die Menschheit über den Planeten hinaus rast, den Mond erobert und den Mars im Visier hat und vielleicht eines Tages die Sonnenenergie direkt an der Quelle anzuzapfen versucht.

Wir sind im digitalen Zeitalter angekommen, und was nicht in Nanosekundenschnelle gesichtet, gespeichert, transportiert, analysiert wird, ist fast schon wieder zu langsam für die Bedürfnisse der Welt und ihrer Wirtschaft.

Wir schreiben nicht mehr mit der Kiel-, auch nicht mit der Füllfeder,

(das Schreiben von Hand soll ja überhaupt abgeschafft werden, fordern sogenannte Pädagogen, das macht man ja auf dem Computer oder dem Tablet oder dem Handy, was man nicht korrekt schreibt, das korrigiert der Thesaurus),

aber doch wird Persönliches immer noch auf persönliche Art geschrieben, wie ja auch das Papier im digitalen Zeitalter nicht verschwindet.

Konrad Zuse: Nachbau des Digitalrechners Z 3. Brockhaus 2007

Die Welt hat sich reduziert auf die Faktoren Null und Eins. Aus den technischen unendlich möglichen Kombinationen ergibt sich, was verzeichnet, gespeichert, gesendet wird. Wir arbeiten nur mehr mit Bites und Bytes. Ein Byte hat acht Bites für ein Zeichen, ein Schrift-Dokument wird gebündelt registriert in Kilobytes, eines hat 1024 in einem binären Messsystem

(Im Fall z. B. des Manuskripts dieses Buches sind es 792, also 811.000 Zeichen stark ist mein Text in der Ursprungsform, den ich als satirische Meinung zur Lage der Welt beisteuere. Wenn ich richtig gerechnet habe).

Ich stecke einen Memory Stick (neudeutsch, Bezeichnung für ein externes Speichermedium) an meinen tragbaren Computer – er nennt sich Notebook (neudeutsch, Bezeichnung für ein digitales Notizbuch) – und sichere meinen Buch-Text auf diesem. Der Speicher ist ein Metallplättchen von flächenmäßig nicht einmal Daumennagelgröße und teilt mir mit, er könne Daten bis zu 16 GB speichern (Digitales Altertum, mit solchem lacht dich heute jeder Sechsjährige aus, der Computer-Spiele ’runterlädt, aber nun, ich gehöre einer technisch zurückgebliebenen Generation an).

Ich könnte auf diesem Speicher – Pi mal Daumen – datenanalog zu diesem meinem Manuskript noch mindestens 18.000 Ähnliche deponieren (die zu verfassen ich vielleicht nicht mehr in der Lage sein werde). In dieser Daten-Komprimierung könnte man den gesamten Karl May, die Donna Leon, die gesamte Rosemarie Pilcher, alle nutzlosen Parlaments-Protokolle von 100 Jahren einspeichern, und es wäre immer noch nur ein Teil dieses Plättchens genutzt …).

Durch die und über die Welt rasen minütlich Billionen und Aberbillionen codierte und decodierte Mitteilungen, von global relevanten Geheimdienst-Informationen bis zum Selfie der Wochenend-Wanderung auf einem Berggipfel, schnell nach Australien geschickt. Wenn ich dieses Buchmanuskript einem Verlag zusende, so ist das in zwei Sekunden als Mitteilung gespeichert und in weiteren zwei Sekunden beim Empfänger gelandet, da kommt ein Paket mit gedrucktem Manus freilich nicht mit.

Aber irgendwann fällt vielleicht die Digi-Welt über ihre eigenen Füße, wenn die schneller will, als die Füße können. Ich lese eine kleine Meldung, in einem Printmedium in die rechte unterste Ecke gerückt: Im ersten Quartal des Jahres 2019 verzeichnete das für unser Land wichtigste Daten-Transportmedium einen Daten-Kreuz-und-Quer-Fluss von nahezu einem Exabyte auf seinen Festnetz-Anschlüssen, das sind fast 1000 Terabyte, und ein Terabyte sind 1000 Gigabyte und 1000 Gigabyte sind 1000 Megabyte und 1000 Megabyte sind 1000 Kilobyte … Das geht auf keinen Taschenrechner und überhaupt nicht recht ins Hirn …

Ich schaue aber über den Landesrand hinaus und stelle fest: Das ist im Vergleich zum globalen Daten-Tsunami wie der Umsatz des Briefmarkenschalters in einem Kleinpostamt in einer kleinen Hinterwald-Gemeinde: Die jährliche private Datenmenge weltweit liegt heute bei 40 (in Worten: vierzig) Zettabytes, ein Zettabyte sind eine Milliarde Terabyte. Die Prognosen rechnen bis zum Jahr 2025 mit einem Hochschießen auf 175 (in Worten: hundertfünfundsiebzig) Zettabytes. In einer Minute werden im Internet 188 Millionen E-Mails verschickt, Google führt 4,5 Millionen Suchanfragen aus … Was kommt nach Zettabyte?

Die Statistik berücksichtigt dabei keine wissenschaftliche, geschäftliche, politische Anwendung, von militärischer wollen wir gar nicht reden.

Wir sind total vernetzt (und überwacht …). Wir können also via Satelliten-Verbindung unsere Selfies nach Australien schicken, können 10.000 Facebook-Freunden mitteilen, ob der Schweinebraten zum Mittag im Stammlokal gemundet hat … Aber in dem Daten-Labyrinth kannst du dich auch total verheddern, da hilft dir kein Ariadnefaden, um wenigstens den Hauptweg sicher zu gehen und dich nicht zu verlieren.

Es kommt beim Nutzen der Datenmaschinen zu immer mehr Absurditäten, je dichter und verkreuzter die Netze werden, das Leben wird nicht leichter, bloß skurriler (siehe Beispiel, keine Erfindung, Leserbrief in den OÖNachrichten aus dem Jahr 2019, der Autor verloren im Netz der Systeme – Die Schluss-Empfehlung deckt sich mit meiner Text-Fantasie …).

Datennutzung praktisch …

Meine Mobilfunkgesellschaft schreibt mir in einer Nachricht, ich solle meine Telefonwertkarte bis 31. September personalisieren. Dies sei ohnedies schon eine Gnadenfrist, denn eigentlich müsste das schon längst (seit 1. Jänner 2019) geschehen sein. Also sehe ich mir die Möglichkeiten einer für mich am ehesten zutreffenden Registrierung an.

Postfiliale haben wir im Ort keine, auch keinen A1-Shop, also entscheide ich mich, weil ich noch dazu derzeit nicht sehr mobil bin, für eine Online-Registrierung. Hier gibt es wieder zwei verschiedene Arten.

Als Erstes versuche ich es mit der Handy-Signatur. Nach Eingabe von PUK, Anrede, Name, Vorname, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum, Geburtsort, Nationalität, Reisepass-Nummer, Ausstellungs- und Ablaufdatum, ausstellender Behörde, Ausstellungsland und schließlich der Eingabe des Passwortes für die Handy-Signatur erfahre ich, dass meine Handy-Signatur abgelaufen ist.

Gut, das ist meine Schuld, aber eine Verständigung vor dem Ablauf hätte dem A-Trust auch keinen Zacken aus der Krone gebrochen. Also probiere ich es mit der ebenfalls angebotenen Möglichkeit über das Online-Banking. Nach Eingabe von PUK, Anrede, Name, Vorname, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum, Geburtsort, Nationalität, Reisepass-Nummer, Ausstellungs- und Ablaufdatum, ausstellender Behörde, Ausstellungsland sagt mir die Software, dass meine Bank an dem ganzen Schmarrn nicht teilnimmt. Also wieder alles umsonst.

Jetzt versuche ich, über Finanz-Online eine neue Handy-Signatur zu bekommen, und werde dann den dritten Anlauf starten. Nun habe ich ja schon die nötige Routine. Was ich mich allerdings fragen muss: Wer hat sich dieses Prozedere einfallen lassen? Also: Beamt diese Beamten, und zwar möglichst weit weg!

Name: ………… Ort: …………

Sind dem Lektorat bekannt. Jedoch: Datenschutz …

Aber die totale Vernetzung (Haupt-Entwickler natürlich allüberall das Militär, die privaten Nutz-Möglichkeiten sind lediglich Abfallprodukte) birgt auch immense Gefahren, kann sein für die ganze Welt. Beispiele hatten wir ja schon: Durch Datenausfall wurde die Stromversorgung ganzer Länder lahmgelegt, was heißt, es ging nichts mehr, von der Schreibtischlampe bis zum OP im Spital, vom Hauslift bis zum Verkehr. Die düstersten Szenarien können gar nicht mehr erfunden werden, sie sind schon da. Möglicherweise zieht jemand einmal den Stecker des Welt-Hauptcomputers, damit nähme sich die Menschheit selbst vom Netz, da braucht’s kein Armageddon. Das wäre für die Welt eine Hilfe zur Selbsthilfe, zur Weiterentwicklung, wofür sie den Menschen nicht benötigte, eigentlich nie benötigte.

Das klingt alles sehr bitter, aber Modelle, Variationen sind auch anderswo schon entwickelt worden – in dem Text werden Sie Beispiele finden, nicht von mir erdichtet, sondern ganz ernsthaft von anderen überlegt.

Marginalie: Die Welt spielt datenverrückt auf allen Ebenen, auch denen des Handels und Wandels, nur ein Beispiel. Vor gut zehn Jahren wurde „Geld“ entwickelt, das es gar nicht gibt, aber dafür in mehr als 1300 Variablen. Durch die globalen Daten-Netzwerke schießen Bitcoins, Ethereums, Cardanos und Co., riesige Seifenblasen. Alleine die Verwaltung und Steuerung dieses gigantischen Netzes, das über der Welt liegt, verbrauchte (für mich statistisch greifbar) zu Ende 2017 43 Terawattstunden Strom, das entspricht in etwa dem jährlichen Strombedarf von Peru (mehr als 32 Millionen Einwohner). Das „Bitcoin-Schürfen“ verursacht im Jahr 23 Millionen Tonnen CO², ein Viertel der Jahresemission Österreichs …

Die gesamte IT-Branche verbrauchte 2019 etwa sieben Prozent des globalen Strombedarfs.

Womit wir beim Text wären.

Was insbesondere durch die totalen globalen Lenkungsmechanismen an Machtgebrauch und Missbrauch möglich ist und praktiziert wird, mag dem nachdenklichen Beobachter als ein einziges großes Trauerspiel erscheinen, dem man als Gegengewicht ein Satyrspiel zugesellt, damit man nicht in totalen Trübsinn verfällt.

Sehen Sie den Text als solches.

Das Kernthema fiel mir durch ein eigenes Erlebnis gemäß der EU-weiten „Datenschutz-Grundverordnung“ ein, ein Beispiel für seltsame Wucherungen der Materie: Ich will das Angebot eines international vernetzten Unternehmens zum Erwerb eines bestimmten Produkts annehmen, allerdings nicht über eine Internet-Bestellung, sondern schlicht als Anforderung über eine E-Mail, also einen einfachen elektronischen Geschäftsbrief wie seit Jahren. Das Unternehmen schreibt mir zu diesem zurück, meine Adresse sei bei ihm nicht gemeldet, um die Korrespondenz zu ermöglichen, müsse ich einen Brief schicken, in dem die Bestätigung meiner Adresse enthalten sei.

Ich weiß, dass nach der Verordnung jedes Mitglied eines Vereins, einer Vereinigung schriftlich auf Briefpapier seine Bestätigung der elektronischen Adresse mitteilen muss. Erfolge das nicht, sei das Versäumnis strafbar, und es gibt bereits in manchem EU-Land auf das Aufspüren und die Strafverfolgung solcher Versäumnisse spezialisierte Anwälte, die zugunsten der eigenen Kasse schon tüchtig arbeiten.

Nun ist das Handelsunternehmen kein Verein und ich daher kein Mitglied, also sollte der normale elektronische Briefverkehr wohl genügen. Mitnichten, mit mir wird nicht verkehrt. Das entspricht grundsätzlich dem geltenden Recht. Aber:

Ich stelle mir vor, sagen wir, tausende (schon „alte“) Kunden wollen per Mail Ware ordern. Das bedeutet, die Post darf laut aktuellem Rechtsbefehl tausende Adressbestätigungs-Kuverts frankieren lassen und transportieren – nur für das eine Handelshaus. Was kann da an neuem Geschäft für die Post entstehen, die doch angeblich Not leidet wegen Kundenschwungs durch die Digitalisierung …

Dieser – für mich gesehen – Unsinn mag juristisch eine Begründung für Methoden der Staatssicherheit finden, aktivierte jedoch die satirische Ader, die auf diesen Impuls hin zu sprudeln begann, der Themen-Baum begann zu wachsen, sich zu verzweigen.

Die Struktur der Arbeit mag beim flüchtigen Querlesen die Frage aufwerfen, was manches mit dem eigentlichen Thema zu tun habe. Da jedoch das ganze Leben, alle Vorkommnisse, alle Tätigkeiten mit Daten zu tun haben, hat grundsätzlich alles hier Angebotene mit dem Thema zu tun.

Es ist als Basis des Grundthemas die sarkastische Zeichnung – vielleicht auch Schablonisierung – eines zeittypischen, durch Eigenenergie und Zielbewusstsein in die oberen Gesellschaftsklassen kletternden Mannes, der in der Leistungsgesellschaft hoch hechelt, gejagt vom Erfolgszwang, getrieben von gesellschaftlichen Normen, doch den erbarmungslosen Mechanismen des Markts und der Gesellschaft ausgeliefert: Unterwegs auf einer Hochschaubahn mit fixer Trassierung, mit langsamem Hochsteigen und rasend schnellem Fall, zuletzt auf der Talsohle die Anlage verlassen müssend, keine weitere Runde bezahlt (einen angebotenen Bonus für eine neue Runde hat er beim Ausstieg übersehen). Er war gefangen in einem globalen Netz, dem jetzt ja niemand mehr entkommen kann, er gilt lediglich als ein Beispielfall.

Ein Baum hat seine Struktur: An dem Stamm wachsen Äste, die auch von dem Stamm quer wegweisen, um ihn können sich zusätzliche Elemente ranken.

So auch hier. Manche fantastischen oder auch skurril anmutenden Einschübe könnten einen eigenen Sammeltext ergeben, doch sie sind für mich Elemente spezieller Haltungen, Erscheinungen, gesellschaftlicher, politischer Problematik, satirische Zeichnungen von weltpolitisch relevanten Persönlichkeiten, auch Markierungen von Vorkommnissen, die vor Jahren noch als völlig absurd wären abgetan worden, doch – wie gesagt – die Realität überholt gelegentlich die Satire: Zum eingebauten Beispiel, dass Israel seine Flagge auf dem Mond aufstellen will – der erste Versuch ging in die Binsen –, ist für mich ein Symbol dafür, dass das „Gelobte Land“ sich ideologisch schon sehr ausweiten soll. Solches schreit natürlich nach Satire.

Marginalie: Wenn man bedenkt, was mit den Millionen und Abermillionen Dollar, die dieser Auswurf politischen Wahnsinns kostete, auf Erden, auch auf dem Boden des „Gelobten Landes“ hätte getan werden können … Man müsste nicht auf die fernperspektivische paradiesische Verheißung warten, wie sie der alttestamentarische „kleine Prophet“ Micha (4:4) visionär beschrieb „Und sie werden tatsächlich sitzen ein jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum und es wird niemand sein, der sie aufschreckt“, sondern man hätte das (und könnte es eigentlich trotz der auf den Mondsand gesetzten Kosten noch immer) bewerkstelligen können für alle im klassischen Land Palästina …

Aber diese leider Realität gewordene Polit/Finanz-Groteske führte uns in ein weiteres weites Land, nämlich die Frage, was mithilfe der verfügbaren globalen Messdaten mit den jährlich in Rüstung investierten Billionen Dollar getan werden könnte, um Millionen und Abermillionen der Ärmsten dieser Welt daheim Lebensgrundlagen zu schaffen, damit sie daheim bleiben und nicht im Mittelmeer ersaufen müssen …

Aber das führte uns – schon gesagt – in ein viel grimmiger zu beobachtendes Szenario. Ehe wir in dieses rutschen, bremsen wir ab, darüber könnte anderes in anderen Büchern geschrieben werden …

Die Struktur der Einmischung von Erzählblöcken in die Kerngeschichte ist nicht neu. Ich verweise auf prominente literarische Vorbilder (keineswegs sie kopierend): Der Deutsche Jean Amery (Pseudonym) – Autor zeitkritischer und auch biografisch getönter Romane – schrieb 1974 eine große Arbeit über eigenes Erleben, eigenes Denken, „Lefeu oder der Abbruch“, die er einen „Essay-Roman“ nannte. Was heißt: In die eigentliche Geschichte sind Gedanken, Überlegungen, Reflexionen eingemischt, die ihren Impuls zwar aus der Kernmaterie beziehen, aber weit darüber hinausreichen, bis in die assoziativ ankoppelbare Weltgeschichte, Weltpolitk, Privates. Er beruft sich selbst dabei auf andere mit ähnlicher Arbeitsstruktur: Hermann Brochs „Die Schlafwandler“, James Joyces Stadtwanderer „Ulysses“ oder „Die Falschmünzer“ des Nobelpreisträgers André Gide. Wobei zum Beispiel Broch die Einsprengungen sauber vom eigentlichen Thema absetzt, Amery selbst die Geschichte und die essayistischen Elemente (wenngleich stets präsent bleibende Seitenthemen) in einem großen Block vermengt.

Mein „Netz“ also ist eine Mischung von (hauptsächlich, meine ich) Satire, Groteske, wer will auch Komödie, kabarettistischen Elementen, auch Nonsens, angedockt an das Leitthema: Ein kleines Welttheater mit zum Teil bitter ironischem Lachen aus der Kulisse die Szenen begleitend.

Ich könnte die Seitenäste des Baumes auch abhauen und eigens bündeln, doch habe ich mich nun einmal für diese Form entschieden. Der Baum könnte weiter und weiter wachsen, viele andere Äste treiben lassen, Nährboden wäre genügend da. Aber es könnten ja vielleicht noch andere Bäume wachsen.

Dies ist ein gestaltetes Spielmodell unserer Zeit und des Lebens in unserer Zeit. Andere Modelle mögen anders geformt sein.