Inhalt
Der Fluch der Mondsklaven
Impressum
Widmung
Was bisher geschah…
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Epilog
Danksagung
Vergeltung
Jacqueline F. Eckert
Der Fluch der Mondsklaven – Vergeltung (Band 3 der Trilogie)
ISBN Print: 978-3-946376-70-5
ISBN eBook: 978-3-946376-71-2 (ePub)
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Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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Für meine Eltern Štefica und Thomas
und meinen Bruder Maximilian
Verborgen hinter einem Portal, inmitten des Bermuda-Dreiecks, lag der geheime sechste Kontinent der Erde: Héron. Magische Grenzen schirmten uns vor den Augen der Menschen ab. Unter der Herrschaft eines grausamen Königs elfischer Abstammung lebten Elfen verschiedener Art (der Adel) sowie Zwerge, Magier und Feen (die Bürger). Sie alle verfügten über die unterschiedlichsten Fähigkeiten, wobei ihnen die Elemente besonders zu eigen waren. Gefühle und Emotionen galten als verpönt und ihre öffentliche Zurschaustellung war überdies verboten.
Inmitten dieses Königreichs existierten auch wir Mondsklaven. In den Augen der anderen waren wir Fehler der menschlichen Entwicklung und Bestien in harmloser und unscheinbarer Gestalt. Wir waren die Nachfahren von Basilisken, Kristallspinnen, Skorpixen, Rauchbären, Dunkelphönixen, Nebelwölfen und Schattenkatzen.
Ich gehörte zu den grauenerregendsten Geschöpfen, die der Geist der Unterwelt je hervorgebracht hatte. Aufgrund meines Blutes wurde mir die Aufgabe zuteil, das meistgefürchtete und wertvollste Gut des Königs zu beschützen: seinen jüngsten Sohn Prinz Joseph – den einzigen Genträger der schwarzen Magie.
Allerdings machten es mir nicht nur meine aufkeimenden Gefühle ihm gegenüber schwer, die Aufgaben einer Zofe und Leibwache zu bewältigen. Der schwarze Prinz ließ auch keine Gelegenheit aus, um den gefallenen Drachen in mir zu wecken.
Doch unerwartet kam es zum Sturz der Königin und zum Tod einer Mondsklavin, die den katastrophalsten Fluch der Wesensgeschichte auslösten. Und mit einem Mal ernannte der König sämtliche Mondsklaven zu vogelfreien Bürgern. Mir gelang nur mithilfe der Dunkelelfe Maijin die Flucht zum Rebellenlager des Nubilates-Gebirge. Hier fand ich zum ersten Mal Freunde und Verbündete und lernte den Menschen William kennen, der gegen jegliche Magie immun war. Auch gegen schwarze Magie.
Doch schon bald zerstörte der Prinz den winzigen Hoffnungsschimmer in mir, indem er meinen Bruder tötete und mich in sein privates Schloss, außerhalb der magischen Grenzen, verschleppte. Ich war seine Existenzgarantie, da durch den Fluch sein Leben an meines gebunden war.
Tagelang versuchte ich auszubrechen, versuchte zu fliehen. Aber es gelang mir nicht. Und so sehr ich den Prinzen auch von mir stoßen wollte, fand ich mich schon bald in seinem dunkelsten Geheimnis wieder: Der Bilderkammer – einem Raum, der hunderte Fotografien von mir beherbergte. Und der Prinz eröffnete mir, dass mein Bruder Maykil am Leben war.
So kam es trotz aller verwirrenden Umstände zu einem Kuss, der jedoch jäh endete, da uns König Askeelan dicht auf den Fersen war. Aus Furcht zwang mich Prinz Joseph in eine Verwandlung, aufgrund derer ich keinerlei Kontrolle über den Basilisken in mir hatte.
Das nutzte eine Gruppe von Menschen aus, die uns nach Russland entführte. Dort sollten nicht nur Prinz Joseph und ich, sondern auch William und einige andere Mondsklaven einer wahnsinnigen Elfe als Versuchsobjekte dienen. Auch mein Bruder war dort. Zumindest glaubte ich das, weshalb ich all den schrecklichen Versuchen zustimmte. Dies ging so weit, dass ich sogar einen Menschen ermordete – bloß um meinen Bruder sehen zu können.
Jedoch musste ich herausfinden, dass Maykil längst nicht mehr an diesem Ort war. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die Elfe Rya die vergessene Prinzessin des Königreichs Héron war – der König hatte sie aufgrund ihrer Fähigkeit, jegliches Leben aus atmenden Wesen heraussaugen und sich der Magie anderer bedienen zu können, verbannt. Die Sorge, sie würde die schwarze Magie ihres Bruders unbrauchbar machen, veranlasste ihn dazu, sie aus Héron zu verbannen.
All diese Geschehnisse brachten mich an den Rand der Verzweiflung, dass ich mich mithilfe eines Kristallmondserums in eine Verwandlung zwang und das Gebäude regelrecht auseinandernahm. Und auch wenn mich schon bald die Finsternis einholte, ließen mich meine Freunde und Verbündeten nicht zurück. Mithilfe eines gestohlenen Wagens gelang es uns, bis nach Hamburg zu fahren – der letzte mir bekannte Aufenthaltsort meines Bruders.
Und während unsere Gruppe alles daransetzte, ihn zu retten, näherten sich der Prinz und ich immer weiter an. Wir küssten uns erneut, wieder und wieder, und verbrachten unsere erste Nacht miteinander.
Schließlich gelang es uns, meinen Bruder zu retten. Wir stahlen uns auf eine menschenleere Yacht, die uns wieder zurück nach Héron bringen sollte. Doch was ich mitten in der Nacht entdeckte, ließ eisige Kälte meinen Nacken hinablaufen.
Würden wir es wirklich schaffen, heimzukehren?
En la fiebre de la venganza también un buen hombre se vuelve bestia.
Im Rausch der Rache wird auch ein guter Mensch zur Bestie.
(Von den mexikanischen Indios)
In jenem Moment, in dem ich in seine Augen blickte, zersplitterte mein Herz.
Joseph, flüsterte es hundertfach in meinem Inneren. Er hat uns verraten.
Ich war unfähig zu atmen, unfähig mich zu bewegen, sogar unfähig an meine eigene verdammte Existenz zu glauben. Die letzten Stunden, Tage, Wochen mit ihm schienen wie fortgewischt. Es war, als hätte es die Intimität zwischen uns nie gegeben. Als hätte er nicht meine Schläfen berührt und eine Spur elektrischer Impulse hinterlassen. Als hätte er mich nicht so angestarrt und um Einlass in den hintersten Winkel meines Verstandes gebeten. Als hätte er mich nicht geküsst, begierig darauf, mich zu schmecken, mich zu erkunden. Als hätte er nicht die Nacht mit mir verbracht und mich wünschen lassen, dieser Augenblick würde nie vergehen. Als hätte er mir nicht seine Liebe gestanden.
Er hatte mich benutzt.
Und dieser Verrat schnürte mir die Kehle zu.
Mir war es gleich, dass mindestens zwei Dutzend Speere gegen mich gerichtet waren. Es interessierte mich auch nicht, dass ihre violett-schwarzen Serpiumspitzen mit Rubinsonnentrank getränkt waren. Es ließ mich regelrecht kalt, dass mir der bestialische Gestank dieses Mondsklaven-Giftes in meiner Nase brannte, meinen Gaumen klebrig machte und meine Zunge betäubte.
Ich starrte bloß Joseph an.
Nein, korrigierte ich mich in Gedanken. Ich starre den jüngsten Königssohn an. Den einzigen Genträger der schwarzen Magie.
Er hatte den Soldaten des Königs geholfen, auf die Yacht zu kommen, mit der wir eigentlich heimkehren wollten. Er hatte meinen Bruder und meine Verbündeten angegriffen und sie unter den Einfluss seiner zerstörerischen schwarzen Magie gesetzt. Wodurch sie nicht mehr waren als die Abbilder ihrer Selbst. Sie würden dem König gehorchen und ihm jeden Befehl von den Augen ablesen – ohne Widerstand, weil man sie manipuliert hatte. Lediglich Will lag bewusstlos zwischen meinen Verbündeten, weil er gegen jede Art von Magie immun war. Ein glänzender Fleck verklebte das blonde Haar auf seinem Hinterkopf.
Ich konnte das frische Blut bis zu mir riechen.
Und während die anderen wie Marionetten auf ihre Befehle warteten, würde sie die schwarze Magie von innen heraus verfaulen. Einer nach dem anderen würde dahinsiechen. Langsam und qualvoll.
Ich spürte meinen eigenen Herzschlag nicht mehr.
Die Umgebung veränderte sich. Wurde greller, aufdringlicher. Röter. Und Joseph wirkte in all dem grauenhaften Rot wie ein glühender Feuerschein. In all diesem grauenhaften Rot trat er viel zu deutlich hervor.
„Du elender Verräter!“, brüllte ich. „Lasst sie gehen!“
Der Prinz rührte sich nicht.
Die Spitzen der Speere bohrten sich zwischen die millimeterdünnen Linien meiner gewaltigen Schuppen. Sie ritzten in die darunterliegende menschliche Haut, brachten das Blut in meinem Inneren zum Kochen.
Ich drückte mich stärker dagegen.
„Ihr wollt mich!“, zischte ich. „Ich weiß es!“
Doch das Eis in seinen Iriden war kalt und unnachgiebig. Es würde nicht weichen, geschweige denn aufbrechen. Unter diesem eingefrorenen See existierte kein Leben mehr.
„Thyra-Fiah Cerrejonensis, endlich bist du erwacht.“
Doch diese Stimme gehörte nicht zu ihm.
Sofort hefteten sich meine Augen auf die Kristallkugel, in der das aschegraue Gesicht des Königs wie dichter, unheilvoller Nebel schwebte. Auf seinen langen, dunklen Haaren thronte die gezackte violett-schwarze Krone – das perfekte Pendant zu den schwarz-violetten Rüstungen seiner Männer. Seine Lippen zeichneten eine geschwungene Linie, als amüsiere er sich über mein Erscheinungsbild.
Aber das war es nicht, was mich erzittern ließ.
Es war der Blick des Prinzen, der auf mir brannte. Jedoch nicht so, wie ich es gewohnt war. Es war kein blaues Feuer, das mich mit seinen heiß-kalten Krallen umfing und mich stärker zu ihm hinzog.
Nein, das war es ganz und gar nicht.
Der Blick, mit dem er mich jetzt ansah, brannte wie Frostfeuer auf meiner Haut. Es war, als umgäbe ihn seine Eismagie wie eine undurchdringbare Mauer. Und er schwieg weiterhin, während sein Vater unbeirrt fortfuhr: „Dein Schlaf gestaltete sich fester, als ich annahm. Man sollte meinen, Bestien spüren die Gefahr, bevor diese auch nur in Erwägung zieht, sich zu zeigen.“ Sein Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. „Doch das Herz ist schwach und töricht, nicht wahr?“
Unweigerlich griff ich mir an die Brust, aber ich spürte mein Herz nicht mehr. Dort klaffte nur noch ein finsteres Loch. Und es lag nicht daran, dass ich in meiner Halbverwandlung steckte, mit Schuppen überall am Körper und doch mit einer menschlichen Silhouette.
„Ich spucke auf Euch und Euer armseliges Volk von Schoßhunden!“, knurrte ich und spürte sogleich, wie die Spitzen der Speere tiefer in meine Haut glitten. Das Mondsklaven-Gift hinterließ einen Schmerz, der mit nichts zu vergleichen war. Der in mir das Gefühl aufkommen ließ, dass ich innerlich verbrannte. Dass meine Organe kochten, weil mein eigenes Blut brodelte.
Trotzdem gab es ein Gefühl, das stärker hervortrat.
Es war Wut.
Ich stieß die Dunkelelfen-Soldaten von mir. Verpasste ihnen Treffer mit meiner steinharten Schädeldecke, trat gegen ihre Schienbeine, versuchte sie an ihrer empfindlichsten Stelle zu treffen. Und schlug wie wild um mich.
„Nennt mir Euren verfluchten Preis!“, spie ich aus. „Ich werde ihn zahlen! Ich werde ihn zu hundertfach vergelten und-“
„Stellt sie ruhig!“, dröhnte der König.
Ein Tritt.
Er traf mich mitten in die Magengrube.
Ich keuchte, klappte zusammen. Jemand packte meinen Schopf und riss meinen Kopf nach hinten. Ein spitzer Schmerz durchfuhr meine Schläfen, während sich eine dunkle Hand zwischen meinen Kiefer schob. Sie versuchten, mir das Gift in den Rachen zu schütten.
Jählings biss ich zu.
Der Dunkelelf schrie auf. Er zuckte zurück und entriss mir seine fingerlose Hand. Ein scharfer, metallischer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. Ich spuckte die Stummel aus. Das Blut besudelte den hölzernen Boden des Steuerraums.
Sofort rangen mich die Dunkelelfen nieder.
Direkt vor die Füße des schwarzen Prinzen.
Ich hustete. Meine Lunge brannte. Nur mit Mühe gelang es mir, den Kopf zu heben. Sofort bohrten sich wieder die Speere in meine Seiten, in meinen Nacken, meine gesamte Wirbelsäule entlang. Ich spürte lediglich die Spitzen, die meine Haut ritzten, trotzdem bewegte ich mich nicht.
Ein zufriedenes Grinsen stahl sich auf meine Lippen, als ich erkannte, wie der Prinz mich ansah. Sein Blick brannte nicht mehr auf meiner Haut, er schaute nicht mehr durch mich hindurch.
Nein, er starrte mich mit aufgerissenen Lidern an.
Das Eis seiner Iriden war zwar noch immer hart und undurchdringbar, aber haarfeine Risse durchzogen die Struktur. Schweiß perlte von seinen Schläfen und benetzte den Stoff seines langärmeligen Oberteils. Ob er entsetzt war oder Schmerzen verspürte aufgrund seiner Verletzung, die ich ihm in Ryas Gefangenschaft zugefügt hatte und die noch immer nicht verheilt war, konnte ich nicht deuten. Aber ich konnte seinen Zustand zu meinem Vorteil nutzen.
König Askeelan schnaubte. „Wie töricht von euch!“, wies er seine Soldaten zurecht. „Hatte ich euch Einfallspinsel nicht dazu angewiesen, sie nicht zu unterschätzen?“
Betretene Stille erfüllte den Raum.
Allerdings nur für Sekunden, denn kurz darauf richteten sich die Worte des Königs an mich: „Und nun zu dir, du wildes Biest!“
Irgendjemand zerrte abermals an meinen Haaren und zwang mich so, die Kristallkugel anzusehen. „Bei den Naturgeistern!“, spie er aus. „Glaubst du wahrhaftig daran, mit mir – dem héronischen König – einen Handel eingehen zu können, wenn du dich derart flegelhaft benimmst?“
„Ihr werdet mir nichts tun“, stellte ich klar. „Euer Sohn ist abhängig von mir.“
Für den Bruchteil einer Sekunde schweiften meine Augen ab. Doch ich erkannte nicht, was sich hinter der Miene des Prinzen verbarg.
Der König hingegen hob seine Brauen. „Ich muss kein dreckiges Mondsklaven-Blut vergießen, um meine Machtansprüche geltend zu machen.“ Er schnaubte. „Du hast ohnehin nichts in der Hand, um mir zu drohen.“
„Ich könnte mir etwas antun“, hielt ich dagegen, „und Euren Sohn unschädlich machen. Er und seine schwarze Magie wären dann nutzlos.“
Der König blieb dennoch unbeeindruckt. „Dafür besitzt du nicht genug Mut.“
Mit zusammengebissenen Zähnen starrte ich seine unnatürlich leuchtend blauen Augen an, die mich viel zu sehr an seinen jüngsten Sohn erinnerten, als dass ich es wirklich ignorieren könnte.
Das darf alles nicht wahr sein … Nein, es kann nicht wahr sein, war mein menschliches Ich überzeugt. Joseph hat … er hat…
„Ich kenne Euer Geheimnis“, versuchte ich es anders. „Ich weiß, was Ihr Eurem Sohn angetan habt.“
Sofort hefteten sich die Augen des Königs auf den Prinzen. Dieser wagte es nicht einmal, zu atmen. Mit hinter dem Rücken verschränkten Händen wirkte er wie eine Statue aus einer längst vergessenen Zeit.
Die Risse in seinen gefrorenen Iriden vergrößerten sich.
Er verengte die Augen. „Das ist eine verdammte Lüge!“, zischte er.
Wir starrten uns an.
„Wollt Ihr es darauf ankommen lassen?“, hielt ich dagegen.
Doch der Prinz wandte sich von mir ab und verbeugte sich vor der Kristallkugel: „Schenk ihr keinen Glauben, verehrter Vater! Ich habe ihr Herz für mich gewonnen und sie geschwächt, so wie du es von mir verlangtest.“
Der Blick des Prinzen streifte mich und es war, als hätte sich das Eis in seinen Augen abermals verhärtet. „Getroffene Bestien beißen, nicht wahr?“
Was sagt er da?, zischelte es in mir.
„Was sagt Ihr da?“, wiederholte ich die Worte meines Basilisken.
Aber der König lachte amüsiert. „Niemand kann den Avancen des ehrwürdigen Königssohnes Prinz Joseph widerstehen“, erklärte der König. „Vor allem keine Mondsklavin.“
Unglaube machte sich in mir breit. „Nein.“ Ich schüttelte den Kopf.
„Nein!“, schrie ich dann. „Nein, ich weiß, dass Ihr lügt! Joseph fühlt etwas für mich!“, war ich voller Überzeugung. „Er… er hat… er hat gesagt…“ Doch meine Stimme versagte, als ich die unnachgiebige Härte in den Augen des Prinzen erkannte.
„Lass mich raten“, erklang wieder die grausame Stimme des Königs. „Er säuselte Liebesschwüre, versprach, dir die Welt zu Füßen zu legen und benebelte jeden einzelnen deiner Sinne, habe ich Recht?“
Meine Finger zuckten.
„Das war alles Teil des Plans.“
Ich zitterte.
„Wer würde sich schon in dich verlieben?“, spottete er. „In eine Mondsklavin! In einen gefallenen Drachen! In das grauenhafteste Wesen, das je auf dieser Erde wandelte!“
Mein Magen rebellierte.
Ich starrte den Prinzen an.
Aber dieser quittierte meinen Blick mit Worten, die mich bis ins Mark erschütterten: „Ich verfüge nicht über derlei menschliche Schwächen.“
Lüge!, knurrte es in mir.
„Lüge!“, brüllte ich.
Dann warf ich meine Arme nach vorne. Ich packte sein Bein und krallte mich in den Stoff seiner Hose. Ich spürte, wie meine Nägel sich in seine zarte Elfenhaut bohrten. Fühlte die flüssige Wärme, die sich unter meinem Nagelbett ausbreitete.
Der Prinz keuchte. Versuchte, meine Finger von seinem Bein zu lösen.
Die Speere drangen in mein Fleisch.
Doch ich konnte nur an eines denken: Rache.
Mit allerletzter Kraft zog ich am Prinzen, welcher strauchelte und fiel. Blitzschnell krabbelte ich zu ihm und krallte mich erneut am Stoff seiner Kleidung fest.
Lassen wir ihn leiden!
Lassen wir ihn flehen!
Lassen wir ihn bitten!
Und verwehren wir ihm jegliche Gnade!
Hastig drehte sich der Prinz um. Ich riss den Mund auf, wollte meine Zähne in seiner Brust vergraben und… sein verdammtes Herz herausreißen!
Da stürzten sich die Dunkelelfen auf mich. Sie zogen und zerrten an mir. Ich brüllte und knurrte, schnappte nach den freiliegenden Kehlen der Soldaten, knockte einige von ihnen mit meiner viel zu harten Schädeldecke aus. Als ein Dunkelelf direkt vor mir stand, zog ich blitzschnell das Knie hoch. Er quiekte wie ein abgestochenes Wildschwein und kippte zur Seite um.
„Haltet ein!“, tönte die Stimme des Königs.
Aber ich stoppte nicht. Nein, ich würde nicht aufhören, bis ich… sein verdammtes Herz in seine Einzelteile zerlegt habe!
Ich schlug und trat zu. Der Basilisk in mir wütete, drängte sich an die Oberfläche, brachte meinen Kiefer zum Knacken. Meine Zähne wurden spitzer, schärfer – ich schmeckte mein eigenes Blut, während sich meine Zunge mit einem schleimigen Reißen teilte.
„Oder deine Verbündeten werden nie wieder aus ihrer Trance erwachen.“
Ich erstarrte. Meine Faust war zum Angriff erhoben und meine Augen fixierten die Brust des Prinzen, unter der sein verräterisches Herz schlug, während sich meine eigene Brust in einem viel zu schnellen Rhythmus auf und ab bewegte.
„Was?“ Es war nicht mehr als ein Wispern, das aus meiner Kehle schlüpfte.
„Glaubst du wirklich“, gab der König zu bedenken, „sein Tod würde deinen Bruder wiedererwecken?“
Ich spürte den Boden unter meinen Füßen nicht mehr. Meine Beine zitterten heftig. Schlagartig wich die Kraft aus meinen Gliedern, als mir die Tragweite seiner Worte bewusst wurde: König Askeelan hatte mich in der Hand – durch die Manipulation meiner Verbündeten konnte er mit mir verfahren, wie es ihm beliebte.
Und Prinz Joseph hatte von alledem Kenntnis gehabt.
Ich schaffte es nicht mehr, meinen Kopf, geschweige denn meinen Blick zu heben. Die Scham über meine unfassbare Einfältigkeit hatte mich fest im Griff wie eine Würgepflanze; je mehr ich mich wehrte, je mehr ich dagegen ankämpfte, desto enger würden sich ihre Schlingen ziehen.
Ich schluckte. Reflexartig fasste ich mir an den Hals.
Schließlich räusperte sich der König. „Nun, ich denke“, führte er an, „dass wir schlussendlich eine Verhandlungsgrundlage haben, nicht wahr, meine werte Thyra-Fiah?“ Seine süßliche Stimme vergiftete meinen Verstand. „Sofern du dich nicht wehrst, bleibt dir sogar das Gift der Mondsklaven erspart.“
Ich schwieg und senkte schließlich meine Faust. Ließ sogar zu, dass die Soldaten mir Handschellen anlegten. Ohne jeglichen Widerstand.
Das war alles Teil des Plans.
Mit aller Gewalt versuchte ich, die Tränen zurückzuhalten. In meinem Kopf arbeitete es. Die Rädchen drehten sich unaufhörlich, doch es war, als hätte mein Verstand einen Kurzschluss erlitten. Was sollte ich jetzt nur tun? Nach allem, was ich geopfert hatte, um meinen Bruder zu retten. Nach allem, was ich Prinz Joseph anvertraut hatte, was ich mit ihm geteilt hatte … Ich schmeckte seinen Kuss auf meinen Lippen wie ein verräterisches Flüstern.
Und atmete zitternd ein, als ich schließlich sagte: „Nennt mir Euer Anliegen, Eure Majestät.“ Nur sehr langsam wanderten meine Augen zur Kristallkugel.
Der König lächelte siegessicher. „Ich möchte viele Dinge.“
Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr der Basilisk in mir wütete, tobte, schrie und brüllte, und so sehr nach außen drängte, dass es wehtat. Als gäbe es nicht genug Platz für ihn in diesem kleinen Menschenkörper. In diesem Gefängnis aus Haut und Knochen und leerem Herzen.
„Und vor allem frage ich mich viele Dinge.“
Mit einem Mal bildete sich ein Kloß in meinem Hals.
„Ich frage mich beispielsweise, wie jemand von Deinesgleichen so arglos agieren konnte, obwohl jemand von Meinesgleichen in deiner unmittelbaren Nähe wandelte?“
Ich schwieg weiterhin.
„Nun, ich denke, diese Antwort kann uns wohl unser kleiner Freund und Helfer Favle geben“, beantwortete er seine eigene Frage.
Der Kloß in meinem Hals vergrößerte sich.
„Favle ist …“, krächzte ich.
„Ganz recht. Er ist auf meiner Seite“, entgegnete der König. Seine Lippen kräuselten sich zu einem boshaften Grinsen. In seinen stechend blauen Iriden funkelte es. Neben der Kristallkugel tauchte jetzt ein winziger, geflügelter Mann mit krausem Haar auf, der mit dem Feen-Mann in Ryas Labor nichts gemein hatte – auch wenn die beiden sich äußerlich noch so sehr ähnelten.
Wie dicke Hagelkörner an einem stürmischen Nachmittag stürzten jetzt die Stimmen auf mich ein. Unnachgiebig und hart und ohne Unterlass fragten sie: Warum hast du ihn nie danach gefragt, wie er zu Rya kam? Warum hast du nicht genauer aufgepasst und seine Handlungen beobachtet? Warum hast du ihm – einem Fremden – überhaupt vertraut?
„Das war schon fast zu einfach“, flötete Favle, „nicht wahr, Taytay?“
Ich ballte die Fäuste und knurrte. Favle wusste von Taytay und Micki – von den unfassbar peinlichen und intimen Spitznamen, die Maykil und ich von unseren Eltern bekommen hatten. Und trotzdem hatten wir das Geheimnis geteilt, weil wir geglaubt hatten, er stünde auf unserer Seite.
Der König räusperte sich. „Da nun auch diese Lächerlichkeit preisgegeben wurde, können wir endlich mit den wesentlichen Dingen fortfahren“, verkündete er. „Ihr werdet schon in wenigen Tagen den Palast erreichen. In dieser Zeit solltest du dir darüber im Klaren sein, wie du dich als Zofe zu verhalten hast.“
In meinen Ohren klingelte es. Aber es war nicht mein eigener Schrei, den ich vernahm. Nein, es war das verzweifelte Brüllen meines gefallenen Drachen, der alles – aber auch einfach alles – dafür tun würde, um nicht wieder in jenen goldenen Käfig zurückzukehren.
In den Käfig der Verdammten.
Das Wehklagen vermischte sich mit dem Wimmern und Flehen meiner eigenen grausigen Stimmen, die jetzt zu Tausenden in meinem Schädel explodierten.
„Ich ... ich soll …“ Ich schaffte es kaum, einen anständigen Satz zu bilden; meine Lippen fühlten sich wie Sandpapier an. Dennoch wagte ich kurz darauf einen neuen Versuch: „Ich soll Eure Zofe werden?“
„Nein, ganz sicher nicht“, korrigierte er mich.
Eilig leckte ich mir über die Lippen und räusperte mich: „Wie bitte?“
„Nein, du wirst wieder die Zofe meines Sohnes.“
Um das wichtigste Gut des Königs zu beschützen.
Ein Schauer überfiel mich, als ich an meine Anfangszeit im Palast zurückdachte. Es war, als hätte sich seitdem nichts geändert.
Falsch, erinnerte mich die Bestie. Es hat sich alles geändert.
Unweigerlich schweifte mein Blick zum Prinzen, der inzwischen wieder aufgestanden war. Allerdings sah dieser überall hin, nur nicht zu mir. Es war, als nähme er seine Umgebung überhaupt nicht mehr wahr. Und im Licht des Steuerraums wirkte er viel zu blass.
Irgendetwas stimmte nicht.
Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht.
Mir blieb keine andere Wahl.
Ich musste sie vergiften.
Sie alle.
Auch wenn ich Thyra-Fiah nach dieser abscheulichen Tat nie wieder unter die Augen treten konnte. Uns alle dem sicheren Tod auszuliefern, war keine Option gewesen. Meine Furcht wog schwerer als die Gefühle für Thyra-Fiah.
Ich war nicht mehr als die Marionette meines Vaters.
Und mir war keine andere Wahl geblieben …
Ich drehte mich nicht nach ihr um, als sie meinen Namen schrie. Auch dann nicht, als die Soldaten meines Vaters ihr die magischen Fesseln aufzwangen, die sich bei jeglicher Gegenwehr erhitzten und enger wurden. Nein, ich drehte mich nicht einmal dann um, als sie sie fortbrachten – dazu verdammt, sich ruhig zu verhalten, keinen Ärger zu bereiten, willenlos zu sein …
So wie ich.
Gedankenverloren rieb ich meine Handgelenke, die sich merkwürdig erhitzt anfühlten aufgrund der Abhängigkeit. Schließlich richtete ich meinen Blick auf die Kristallkugel, in der sich mein Vater wie gewohnt über die Mondsklaven und ihr ungebührliches Verhalten echauffierte, und verzog keine Miene. Alles sollte seine gewohnten Wege gehen. Nichts sollte anders sein. Er durfte nicht bemerken, dass ich all das – meine Abneigung gegen Thyra-Fiah und ihre Verbündeten – lediglich spielte. Er sollte sich weiterhin im Glauben wiegen, dass all das Teil seines grotesken Plans und ich ihm noch immer treu ergeben war.
Ein Schauer überkam mich, als ich an die letzten Stunden zurückdachte. Jene unscheinbaren Minuten, in denen ich versucht hatte, Schlaf zu finden, obwohl Thyra-Fiah nicht neben mir gelegen hatte. Doch die Soldaten meines Vaters hatten sich Zutritt zur Yacht verschafft und sich an Deck geschlichen. Ich hatte ihre Präsenzen gespürt – allerdings viel zu spät, um meinem Verstand einen Plan entspringen zu lassen, geschweige denn diesen anzuwenden.
Wir waren in der Unterzahl.
Thyra-Fiah, ihre Verbündeten und ich.
Selbst wenn ich all das nur tat, um das zu schützen, was ihr wichtig war. Denn ihre Verbündeten waren zwar nicht meine Feinde, aber sie waren auch nicht meine Freunde. Unsere Zusammenarbeit hatte sich aus einer Notwendigkeit heraus ergeben: Wir wollten alle dasselbe – den König stürzen und Héron zu einem friedvollen Zeitalter führen.
Doch der Hafen des Palastes lag noch weit entfernt. Zumal es mir ein Rätsel blieb, wie ich nach unserer Ankunft weiter vorgehen sollte. Schließlich würden uns noch mehr Soldaten erwarten. Unsere Überlebenschancen schmälerten sich mit jeder voranschreitenden Sekunde.
Und mein Schauspiel war ein notwendiges Übel gewesen, um lebend den Hafen von Héron erreichen zu können. Denn die im ganzen Land bekannten Fähigkeiten der Dunkelelfen umfassten die beinahe vollständige Lähmung des Körpers – sie wussten ganz genau, wie sie ihr Opfer berühren und welche Punkte und Stellen sie stoßen mussten, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Und für gewöhnlich hielt die Lähmung so lange an, bis das Opfer wieder davon erlöst wurde.
Wenn ich doch nur-
„Joseph!“, holte mich die scharfe Stimme des Königs wieder zurück.
Ich zuckte unmerklich zusammen. „Ja, verehrter Vater?“
„Es ist äußerst unhöflich, seinem Gegenüber keine Aufmerksamkeit zu schenken“, entgegnete dieser pikiert.
„Aber Vater, ich habe nicht-“
„Schweig!“, ging er laut dazwischen. Kurz darauf wandte er sich an die restlichen Soldaten, die sich im Steuerraum aufhielten: „Ihr könnt euch nun zurückziehen. Ich verlange, allein mit meinem Sohn zu reden!“
Die Dunkelelfen nickten einmal, dann verschwanden sie. Nun befand ich mich alleine mit einer Kristallkugel in einem Raum, dessen Wände vollständig von Glas eingenommen wurden. Diverse Knöpfe und Schalter und ein gewaltiges Steuerrad rundeten das Bild ab.
Es war … perfekt.
So perfekt wie es stets mein Vater von mir verlangte.
Aber ich selbst war all das, wovor er mich immer gewarnt hatte. Von dem er mich immer weggedrängt hatte. Was er mir mit physischer und seelischer Gewalt austreiben wollte.
Und trotzdem war ich nichts anderes als ein Fehler.
Nichts anderes als unvollkommen.
Ich war wie die rebellischen Verbündeten: Eine Lücke in einem ansonsten perfekten System, dazu verdammt, einer manipulativen Lüge zu unterliegen. Maijin, Anwa, Valea, Boli, Ivan und William … sie wirkten alle derart deplatziert, dass es mich drängte, sie aus diesem Raum zu entfernen und an einem anderen Ort unterzubringen.
Der Mann in der Kristallkugel starrte mich an. Seine scharf geschnittenen Wangenknochen und die kristallblauen Augen mit den silbernen Sprenkeln erinnerten mich in erschreckender Weise an jenen jungen Mann, den ich allmorgendlich im Spiegel erblickte. Einzig und allein seine aschfarbene Haut und die langen, glatten Haare unterschieden mich von ihm.
Meinem Vater.
Meinem Peiniger.
Meiner persönlichen und leibhaftigen Verkörperung des Unterwelt-Geistes.
Ich schluckte. Ich kannte diesen Ausdruck in seinen Augen. Es war die Enttäuschung über mein Verhalten und die gleichsame Gewissheit über eben jenes Versagen.
„Dir ist hoffentlich bewusst“, begann er schließlich mit bedrohlich leiser Stimme, „dass du einen Fehler begangen hast.“
Ich schwieg. Wandte meinen Blick ab und nickte.
„Du hast eindeutig zu viel Zeit verstreichen lassen“, zählte er meine Vergehen auf. „Und wie erklärst du mir deine Verletzungen?“ Er machte eine bedeutende Pause und es war, als würde mir die Luft knapp. „Wie kann es sein, dass der meist gefürchtetste Elf einer unbedeutenden Mondsklavin unterliegt?“
Unbedeutend? Ich schnaubte innerlich. Sie ist alles. Alles außer unbedeutend. Das Herz in meiner Brust zuckte und zuckte. Du hast überhaupt keine Ahnung!
Wie gerne ich ihm diese Worte entgegengeschleudert hätte! Doch jetzt unüberlegt zu handeln, könnte unser aller Tod bedeuten.
Und so hielt ich weiterhin an der Rolle des unterwürfigen Sohnes fest: „Gnade, verehrter Vater! Ich-“
„Ja, du!“, bellte er. „Dies ist einzig und allein deine Schuld!“
Ich zuckte abermals zusammen. „Aber, Vater-“
„Schweig, Sohn!“, spuckte er die Worte aus, als wären sie Gift und Galle. „Ich verzeihe keine menschlichen Schwächen!“
Ich starrte den König an. „Wie bitte?“ Meine Stimme zitterte. So sehr ich auch versuchte, es zu unterdrücken. Die Panik überrollte mich dennoch. War alles umsonst gewesen? Würde er sich meiner entledigen, nachdem ich seine Befehle ausgeführt hatte? Einfach so?
„Allerdings“, machte er unbeirrt weiter, „bist du zu kostbar, um dich für jene Vergehen zu bestrafen.“
Noch atmete ich nicht aus.
Noch befand ich mich nicht außerhalb der Gefahrenzone.
„Und dies bedeutet …?“, fragte ich, als sich der König zu lange Zeit ließ.
„Nun, das wirst du noch zeitig genug erfahren.“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen und es war ein Lächeln, das ich als Kind leider schon oft genug erblicken musste.
Wir werden deine Fehler ausmerzen! Du bist ein roher Diamant, den es zu schleifen und zu formen gilt. Ganz nach meinem Ermessen! Denn du bist mein kostbarer Diamant!
Ich versteifte, als die Erinnerungen wieder hochkamen. Er hatte gar nicht vor, mich zu verschonen. Er wollte mich ebnen und mir all die Ungereimtheiten austreiben, die mich in seinen Augen unnütz machten.
Ich – sein kostbarer Diamant – war ihm nicht glatt genug.
Nicht fehlerlos genug.
Ich versuchte, zu schlucken, doch es misslang mir. Es war, als hätte ich über einen langen Zeitraum keinerlei Flüssigkeiten zu mir genommen.
Er wird mich wieder in diesen Raum sperren, schoss es mir durch den Kopf. In dieses fensterlose Verlies. Dazu verdammt, wieder und wieder und immer wieder meine magischen Fähigkeiten anzuwenden, zu trainieren, zu perfektionieren, bis der König höchstpersönlich nichts mehr zu beanstanden hatte.
So weit wie sich das Gift der schwarzen Magie bisher in meinem eigenen Körper ausgebreitet hatte, würde ich dieser Prozedur nicht lange standhalten können.
Ich würde sie nicht überleben.
„Du wirst dich doch hoffentlich nicht weigern?“ Die Stimme meines Vaters verklebte meinen Gehörgang wie süßliches Gift, und die Frage, die er gestellt hatte, war eigentlich keine.
Denn er ließ mir keine Wahl.
Eilig befeuchtete ich meine Lippen und wägte das Gesagte in meinem Kopf ab. Jedes einzelne Wort würde mich mental schwer verwunden, wenn ich sie nicht richtig wählte – ich war mir sicher, dass der König eine Liste meiner sprachlichen Aussetzer führte und ich hatte wahrlich nicht vor, sie zu verlängern.
Ich verbeugte mich. „Natürlich nicht, verehrter Vater. Ich werde auf jedwede Art und Weise handeln, die du für richtig befindest. Dein Wort ist mein Befehl!“
Als ich mich wieder aufrichtete, umspielte jedoch kein Lächeln mehr die dünnen Lippen meines Vaters. Stattdessen hatte sich sein Mund zu einer grausigen Fratze verzogen – er grinste breit, während das irrsinnige Funkeln in seinen Augen die Gedanken seines Verstandes widerspiegelten.
Mir stellten sich die Nackenhaare auf. Aus den Klauen eines wahnsinnigen Elfen zwischen die Zähne des nächsten. Es war, als wäre der Irrsinn eine Krankheit, die einzig und allein meiner Familie vorherbestimmt war. Ich fragte mich, wann ich ihr wohl anheimfallen würde.
Aber jetzt war nicht der Zeitpunkt, an meine Schwester zu denken. Auch wenn alles in mir darauf drängte, die Wahrheit zu erfahren und meinen Vater darüber auszufragen.
„Nun“, begann der König schließlich, „ich denke, es ist an der Zeit, dich über mein weiteres Vorhaben zu informieren.“ Ich erkannte, dass er inzwischen von seinem Thron aufgestanden war und vor diesem auf und ab lief. Das emeraldgrüne Gewand, das er heute trug, kontrastierte in harmonischer Weise mit der spitzzackigen violett-schwarzen Krone auf seinem Kopf. Es schimmerte mit jeder Bewegung, mit jedem Schritt, den er tat, als seien unzählige Diamanten in den Stoff eingearbeitet worden.
„Sofern alles nach Plan verläuft“, sprach er weiter, „und dieses törichte Basiliskenmädchen keine weiteren Schwierigkeiten bereitet, werdet ihr in sieben Tagen den Palasthafen erreichen. Dort werden euch weitere Soldaten erwarten und dich und die Fracht zum Palast begleiten. Es versteht sich natürlich von selbst, dass sich sämtliche Gefangene einer langwierigen Inspektion meinerseits unterziehen müssen – ich werde ihre Fähigkeiten prüfen und abwägen, inwieweit sie mir von Nutzen sein werden.“
Für mich waren seine Worte wenig überraschend – ich hatte damit gerechnet. Und genau aus jenem Grund galt es, schnellstmöglich einen Plan aufzustellen, der mich und die Rebellen und vor allem Thyra-Fiah aus der Gefahrenzone beförderte.
Doch drei seiner Worte hinterließen einen besonders fahlen Nachgeschmack auf meiner Zunge: Von Nutzen sein. Es erinnerte mich viel zu sehr an Rya, die aus ähnlichen Gründen gehandelt hatte.
„Und wenn sie deinen Ansprüchen nicht genügen?“, fragte ich, selbst wenn ich die Antwort bereits kannte.
Der König blieb abrupt stehen. Mit hinter dem Rücken verschränkten Händen richtete er seine stechend blauen Augen wieder auf mich. „Tod.“ Er ließ das Wort einen Moment im Raum hängen, bevor er fortfuhr: „Sollten sie mir nicht von Nutzen sein, so wird zumindest eine öffentliche Hinrichtung die Rebellen weiter schwächen.“
„Du willst also noch mehr Blut vergießen?“
„Wenn es von Nöten ist.“
„Und wenn es dein eigenes ist?“ Meine Miene blieb unbewegt.
Der König starrte mich an. „Ist dies eine Drohung?“
„Nein, keineswegs“, versicherte ich und schleuderte ihm im nächsten Atemzug eine gänzlich andere Wahrheit entgegen: „Aber vielleicht verursacht der Tod eines dieser Geschöpfe auch deinen eigenen.“
Doch der König schnaubte bloß. „Das sind nichts als Märchen.“
Ich hob die Brauen. „Märchen?“ Der Fluch der Mondsklaven ist alles andere als das!
„In der Tat, mein Sohn“, antwortete er.
„Aber du weißt von meiner Abhängigkeit gegenüber … dem Basiliskenmädchen“, hielt ich dagegen. Alles in mir schrie, ihren richtigen Namen zu nennen – aber diese persönliche Note hätte mich eindeutig verraten.
Der König winkte nur müde ab. „Natürlich ist mir jede einzelne deiner Schwächen bewusst.“
Ich atmete langsam ein und wieder aus. Konzentrierte mich darauf, keinerlei Gefühl zu zeigen.
„Vielleicht mögen dich die Naturgeister zu dieser Abhängigkeit auserkoren haben“, fuhr er fort. „Vielleicht haben sie dich deshalb ausgewählt, da du mit Mächten spielst, die deinen Geist schlichtweg überfordern.“
Meine Finger krampften. Du warst es doch, der mich dazu getrieben hat! Allerdings konnte ich ihm das nicht sagen. Ich musste mich zurückhalten. Seine Häme war meine Bestrafung dafür, dass ich nicht auf jene Art und Weise gehandelt hatte, wie er es vorgesehen hatte. Sein Kontrollwahn überstieg meinen bei Weitem!
„Vielleicht haben sie aber auch erkannt, dass dein ganzes Wesen überlastet ist von Fehlern und Ungereimtheiten.“
Ich atmete zitternd ein. In meinen Handinnenflächen kribbelte und zischte es. Ich spürte, wie die schwarze Magie in mir wucherte, wie sie meine Haut zeichnete, sie regelrecht verbrannte.
„Nun“, sagte der König schließlich, „wie du siehst, könnte es reichlich Gründe für diesen Umstand geben. Doch seit dem Ausbruch des sogenannten Fluches der Mondsklaven habe ich keinerlei Schmerzen verspürt. Weder mentaler noch physischer Art.“
Er lächelte auf seine eigene vollkommen überhebliche Weise, aber ich konnte ihm nicht gänzlich folgen und schwieg besser, als ein unüberlegtes Wort zu wählen.
„Ich bin kein Teil dessen“, schloss er. „Ich werde es nie sein. Die Naturgeister haben mich zu Höherem berufen. Ihren Plan gilt es zu entschlüsseln. Und dieser Schlüssel liegt wohl in den Mondsklaven selbst.“
Ich riss die Augen auf. Aber das ist doch Irrsinn!
Jetzt sah er mich wieder direkt an und es war, als würde er seine Faust in meine Brust stoßen, meine Lunge zerquetschen und mir damit die Luft zum Atmen rauben.
Und er ergänzte: „Wirst du mir also deinen Wert beweisen, damit ich das Basiliskenmädchen am Leben lasse?“
Die Soldaten schleiften mich unter Deck, vorbei an den Toiletten, und zwängten sich mit mir durch die enge Küchenzeile. Dann dirigierten sie mich eine winzige Eisentreppe hinunter – hier gab es kein Licht und auch keine Fenster – und drängten mich weiter, vorbei an merkwürdigen Gerätschaften, Tastenfeldern und Rohren, die zischten und gurgelten und piepten. Hier unten war es so dunkel, dass ich nur mit Mühe sehen konnte, trotz der nackten Glühbirnen, die diesen Raum beleuchteten.
Ich blinzelte mehrmals. Normalerweise konnte ich bei Dämmerung und auch im Dunkeln sehr gut sehen. Aber jetzt gelang es mir nicht. Warum nur?
Ich wusste nicht, wohin die Soldaten des Königs mich brachten. Zu rebellieren traute ich mich nicht – und das lag nicht ausschließlich an den magischen Handschellen, die mir angelegt worden waren.
Schon wieder, dachte ich, muss ich mich einem Wahnsinnigen beugen.
Irgendjemand öffnete eine Tür.
„Rein da!“, bellte einer von ihnen und stieß mich unsanft hinein.
Ich knallte auf den staubigen Boden. Sofort verschlossen sie die Tür und ließen mich in völliger Dunkelheit zurück. Meine Stirn berührte die nackten Dielen. Ich hustete und spuckte, weil mir irgendetwas an der Zunge klebte. Mit einem Stöhnen ließ ich den Kopf von der einen auf die andere Seite rollen. Kniff die Augen zusammen. Atmete aus.
Ich versuchte, aufzustehen und stieß mir den Kopf an etwas, das ich nicht erkennen konnte. Meine Finger tastete nach dem Ding und erfühlte eine Art metallisches Regal mit unregelmäßigen Aussparungen. Vorsichtig tastete ich mich voran, erreichte schließlich die nackte Wand und suchte nach einem Lichtschalter. Als ich ihn fand, erhellte die Glühbirne über mir nur mäßig die … sie hatten mich tatsächlich in eine Putzkammer gesperrt! In eine Putzkammer, in der ich mich kaum um meine eigene Achse drehen konnte!
Etwas umständlich wischte ich mir mit meinen gefesselten Händen über das Gesicht. Ich versuchte, eine verirrte Haarsträhne hinter mein Ohr zu schieben, doch es misslang mir und so pustete ich sie entnervt weg. Mit eingezogenem Bauch wandte ich mich um und versuchte mir ein Bild von der Kammer zu machen. Doch hier drinnen gab es nichts als Putzmittel wie Essigreiniger und Scheuermilch, sowie Eimer und gebrauchte Putzlumpen.
Nichts davon konnte ich verwenden.
Weder um aus dieser Kammer auszubrechen – sobald wir wieder Land in Sicht hatten – noch um sie diesen hinterhältigen Dunkelelfen zwischen die Rippen zu jagen. Ich konnte hier noch nicht einmal auf und ab laufen, so sehr mich die Unruhe auch dazu treiben wollte. Und das machte mich schier wahnsinnig!
Entnervt stieß ich Luft aus. Stöhnte auf.
Und schrie.
Ich schrie und fluchte, brüllte und fauchte, und schrie wieder und wieder und wieder. Schrie mir die Seele aus dem Leib.
Und sank schlussendlich in die Knie. Was sollte ich jetzt nur tun? Warum endete ich nur immer in Gefangenschaft? Wann würde ich endlich in Freiheit leben können, wiedervereint mit meiner Familie?
Und all das nur, weil ich nicht als Elfe geboren worden war.
All das nur, weil ich eine Mondsklavin war.
Nein, zischte es in mir. Wir sind keine Sklaven des Mondes.
Ja, stimmte ich meinem Basilisken zu. Das sind wir nicht.
Wir sind eines seiner wertvollen Kinder.
Ja, wir sind die Kinder des Mondes.
Und wir werden auch hier einen Weg rausfinden, brummte der Basilisk in mir.
Ja, das werden wir.
Sie werden es noch bereuen, uns eingesperrt zu haben.
So wie es bisher alle bereut haben.
Sie alle.
Ich nickte mehrmals, als die Erinnerungen vergangener Ereignisse in meinem Verstand umhertanzten, als wollten sie mir ins Gedächtnis rufen, welche Kraft wirklich in mir verborgen lag.
Der König würde sich an seinem Vorhaben die Finger verbrennen.
Ebenso wie Rya es getan hatte.
Und wie Joseph es nun tun würde.
Ich schluckte. Es fiel mir unheimlich schwer, auch nur an seinen Namen zu denken.
Der Prinz hatte sich nicht einmal umgedreht, als sie mich fortgebracht hatten. Der Ausdruck in seinem Gesicht, das Eis in seinen Iriden … erschütterten noch immer mein gesamtes Weltbild.
Und trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zuging. Seine Worte und Handlungen wollten in keiner Weise mit seinen kaum wahrnehmbaren Reaktionen zusammenpassen.
Wenn ich doch nur Zugang zu seinem Verstand hätte …
Ich schüttelte den Kopf. Vielleicht bildete ich mir seinen Zwiespalt auch nur ein. Weil ich nicht wahrhaben wollte, wie er mir das antun konnte.
Drei Tage.
Drei Tage war es schon her, seitdem ich Thyra-Fiah das letzte Mal gesehen hatte. Ich durfte weder mit ihr sprechen noch sie mit Wasser und Lebensmitteln versorgen. Ich durfte mich nicht einmal unter Deck begeben – die Worte meines Vaters waren unmissverständlich gewesen und überall lauerten seine Soldaten. Ihre Blicke verfolgten mich. Sie beobachteten mich. Darauf wartend, dass ich auch nur den Hauch eines Fehlers beging, um mich deshalb beim König zu verraten.
Welch Narren!, höhnte ich.
Ich wandelte bereits zu lange auf dieser Erde, hatte mehr als ein Menschenleben meinem Vater unterstanden – nie und nimmer würde mir ein derartiger Fehler unterlaufen. Vor allem jetzt, da ich wusste, dass ich unter Beobachtung stand.
Möglicherweise war es von Vorteil, wenn ich mich nicht zu Thyra-Fiahs Kammer begeben durfte. Sie würde mich ohnehin nur ablenken.
Und zwar alles an ihr.
Die letzten Nächte fand ich keinen Schlaf – und das lag nicht ausschließlich daran, dass meine Verletzung schlichtweg nicht heilen wollte. Nein, ihr Duft – wie die Luft nach einem Regenschauer – benebelte meine Sinne und suchte mich in meinen Träumen heim. Ihre Stimme hatte sich in meinem Gehör eingenistet, sodass ich oft dazu neigte zu glauben, sie stünde direkt neben mir. Es war, als fühlte ich ihre Fingerspitzen auf meiner Haut, als schmeckte ich ihre warmen, vollen Lippen und als spürte ich den Widerstand ihrer kalten, glatten und unnachgiebigen Schuppen unter meinen Händen.
Meine Finger krallten sich in das Bettlaken. Mir trieb es die Hitze auf die Stirn, sodass ich die Augen zusammenkniff und mir über das Gesicht rieb. Konzentriere dich! Du brauchst endlich einen Plan, um sie da rauszuholen!
Als ich mich erheben wollte, um eine kalte und klärende Dusche zu nehmen, sog ich scharf die Luft ein und keuchte. Ich hatte mich falsch bewegt und die Wunde, die sich von meiner Brust über meinen gesamten Oberkörper zog, erhitzte sich. Es war, als ramme man mir ein Messer hinein.
Ich verzog das Gesicht. Nur mit Mühe krempelte ich mein weißes T-Shirt hoch und erkannte, dass die vor Stunden frisch gewechselte Bandage abermals blutdurchtränkt war. Warum wollte die Wunde einfach nicht heilen?
Ein Blick aus dem Bullauge meiner Kabine und ich wusste, dass noch etwas Zeit blieb – lediglich die ersten Sonnenstrahlen kratzten an der Grenze des Firmaments. Mein Vater würde mich erst in einer Stunde erwarten.
Und so drückte ich mich ächzend und stöhnend vom Bett hoch und visierte das angrenzende Badezimmer an. Ich schwankte auf dem Weg dorthin und krallte mich an der Wand fest, während ich spürte, dass etwas Nasses und Warmes seinen Weg hinunter zu meinem Hosenbund fand.
Ein weiterer Blick zur bandagierten Stelle und ich wusste: Ich verlor schon wieder Blut und das war alles andere als gut. Der Verlust dieser wichtigen Körperflüssigkeit ließ mich nicht mehr aufrecht stehen, geschweige denn vernünftig gehen. Zudem sah ich häufig Doppelbilder, die mein Verstand verzweifelt auszugleichen versuchte.
So kann ich unter keinen Umständen meinem Vater gegenübertreten!
Ich zuckte zusammen. Erneut bahnten sich gleißende Schmerzen einen Weg von meinem Bauchraum über meinen Brustkorb bis hin zu meinem Kopf, wo sie dann in einer Explosion mündeten.
Ich blinzelte. Versuchte, mich zusammenzunehmen und stapfte in das winzige Badezimmer. Der Raum war zwar vollständig ausgestattet – mit einem Klosett, einer Duschkabine und einem Waschbecken – und doch konnte ich mich hier drinnen kaum um meine eigene Achse drehen.
Vorsichtig zog ich mir das T-Shirt über den Kopf und pulte den Verband ab. Mit dem noch feuchten Waschlappen vom Vortag tupfte ich das frische Blut von meiner Haut. Dann nässte ich den Lumpen erneut und versuchte damit jene Wunde zu reinigen, deren Rand von seltsam grauen Linien und Punkten durchzogen war.
Es erinnerte mich viel zu sehr an die schwarze Magie, als dass ich es wirklich ignorieren könnte. Auch wenn die Verletzung von einem Basilisken stammte, hatte sie dennoch Ähnlichkeit mit ebenjenen Kräften. Ich wusste nur allzu gut, aus welchem Grund.
Und das bereitete mir ein ungutes Gefühl.
Aber Vater!, ertönte es plötzlich in mir. Das ist das Blut der Mondsklaven. Ich kann nicht-
Es wird dich stärken, mein Sohn! Dich unbezwingbar machen!
Es wird mich töten!
Nur, wenn du zu schwach bist!
Ich starrte mein Spiegelbild an. Ich wollte mich nicht auf diese Art und Weise sehen, wollte nicht wahrhaben, dass ich längst nicht mehr über die schwarze Magie gebot.
Die Machtverhältnisse hatten sich verschoben.
Erschöpft fiel mein Blick auf meine linke Brust, deren blasse Haut nur darauf zu warten schien, endgültig dem Gift anheimzufallen. Ich kniff die Augen zusammen und beäugte die Fläche. Wenn mich nicht alles täuschte, hatte sie sich sogar verkleinert.
Ich setzte meine Fingerspitzen an den Rand der Verletzung. Unter gleißenden Schmerzen sprach ich hastig die auswendig gelernten Flüche einer längst vergessenen Sprache. Ich spuckte die Worte aus, als wären sie Säure und Galle. Ich zischte und schnalzte mit der Zunge, um den richtigen Tenor zu finden. Jeder einzelne Buchstabe schien vom Geist der Unterwelt geschliffen worden zu sein, um jene zu verwunden, die es wagten, sie auszusprechen.
Ich keuchte. Quälend langsam waberte die schwarze Magie aus meinen Eingeweiden heraus. Raus aus der Wunde. Der Rauch schlängelte sich um meine Finger, kletterte meine Handgelenke und Arme hinauf. Trennte sich auf und zeichnete jeden einzelnen Schriftzug, jede einzelne Rune auf meinem nackten Oberkörper nach.
Es dauerte genau zwei Atemzüge.
Dann sickerte der Rauch in mein Fleisch.
Ich schrie auf. Es warf mich nach vorne. Nur mit Mühe krallte ich mich am Waschbecken fest. Doch meine Kraft verließ mich und ich sackte in die Knie. Ich würgte. Hustete. Gefährlich rot gefärbter Speichel landete auf den Fliesen. Ich schmeckte mein Innerstes, schmeckte die Schreie jeder einzelnen Körperzelle.