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© 2021 Dinhobl, Franz: Erfolgsfaktor Unwissenheit. Unternehmenstransformation systemisch erklärt.

ISBN e-Book: 978-3-99125-824-7

Covermotiv: @istock / wildpixel

Idee Covergestaltung: Gerald Wahl, brandzwo_Büro für Markenlebendigkeit www.brandzwo.at

Verlag: myMorawa von Dataform Media GmbH, Wien www.mymorawa.com

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Mitarbeitersystem, das keine Notwendigkeit für eine Transformation empfindet, kann auch nicht benennen, was es brauchen würde, um die Notwendigkeit zu erkennen.

Franz Dinhobl

Gleichheitsgrundsatz

Diese Publikation wurde geschlechtsneutral formuliert. Zusammengesetzte Begriffe und Begriffe aus dem Englischen wurden aus Gründen der grammatikalischen Korrektheit nicht gegendert, außer in Fällen, wo ausdrücklich mehrere Geschlechter angesprochen sind. Falls die inklusive Formulierung an einer Stelle nicht geschehen sein sollte, wird hiermit ausdrücklich festgehalten, dass das verwendete generische Maskulinum für alle Geschlechter zu verstehen ist.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Vorwort von Wolfgang Fasching

Vorwort des internen Projektleiters Paul Reiter

Meine Motivation, das Buch zu schreiben

Die Transformation in Fakten

Meine Rolle als externer Projektleiter

Erkenntnisse und Sprüche

Hypothesen

Logbuch

Kapitel 1

Ein Jahr Change: und keiner nimmt ihn ernst

Warum? Rückblende 2014-2016

Uns geht es gut: wie lange noch?

Logbuch

Kapitel 2

Der Irrtum: Wir brauchen eine Transformation, starten aber einen Change

Kapitel 3

Der zaghafte Projektstart: Befindlichkeiten zählen mehr als Notwendigkeiten

Kapitel 4

Ferkel oder Schwein: Die zentrale Frage taucht in der Projektgruppe auf und die Geschäftsführung meistert ihre erste Feuerprobe

Kapitel 5

Der Projektalltag beginnt: und alles ist ganz anders

Kapitel 6

Prozesslandkarte: Werk oder Produkt, Aufbau- oder Ablauforganisation, diese Fragen zeigen tiefe Spaltungen im Unternehmen

Kapitel 7

Herbst 2017: von einem heißen Herbst keine Spur

Kapitel 8

Wir starten die Transformation: Betroffene werden zu Beteiligten

Kapitel 9:

Zukunft . Trends . Gestalten: der große Tag und ganz viele Erwartungen

Kapitel 10

Der Metaplan: Fluch und Segen

Kapitel 11

Unternehmenskultur: Die Wahrheit ist oft nicht überraschend, schmerzt aber trotzdem

Fazit externe Sichtweise

Kapitel 12

Marktplatz und Fokusgruppen: Privatsphäre im Stiegenhaus des Unternehmens?

Kapitel 13

Fokusgruppe: der Kampf um die Kopfhörer und die fehlende Abgrenzung des Beraters

Kapitel 14

Welche Organisation Part 1: Paradigmenwechsel inklusive

Kapitel 15

Welche Organisation Part 2: Die Zeit der Abgrenzung beginnt

Kapitel 16

Vision, Mission, Leitbild: Hard Facts versus Soft Facts und es ist fünf vor zwölf

Kapitel 17

Welche Organisation Part 3: Klarheit vor Harmonie und ein kleiner Schock

Kapitel 18

Alle Manager werden abberufen: die Befreiung nach einem harten Tag

Kapitel 19

Alpha NEU: Neustart oder neu starten?

Kapitel 20

Tempo: Die Projektgruppe inklusive Geschäftsführung erlebt subjektiv ein hohes Tempo, obwohl wir faktisch stillstehen

Kapitel 21

Wer ist wo? Freude und Leid liegen nahe zusammen

Kapitel 22

Ticketsystem: Glaube nicht alles, was dir berichtet wird

Kapitel 23

Der Umzug: Das Drama nimmt seinen Lauf

Kapitel 24

Werte: In der heißen Phase des Sitzplans werden die Unternehmenswerte erarbeitet

Kapitel 25

20.05.2019

Kapitel 26

Was ist heute?

Abbildungsverzeichnis

Über den Autor

Einleitung

Die Grundlage für dieses Buch ist die real begleitete Transformation eines Unternehmens. Zum einen ist es als Logbuch der Transformation und zum anderen als Fachbuch konzipiert. Als konkretes Fallbeispiel richtet es sich an die Lehre sowie Beratung, aber auch an Entscheidungsträger*innen und Betroffene von Transformationen.

Das Buch soll Entscheidungsträger*innen Mut machen, als Inspiration dienen und sie auf herausfordernde bis unvorstellbare Situationen vorbereiten.

Als Fachbuch kann es Grundlagen für fachliche bzw. systemische Interventionen bieten.

Betroffenen einer Transformation soll das Buch Ansporn geben, ihr eigenes Verhalten im Unternehmen mit dem Verhalten der Akteur*innen im beschriebenen Transformationsprozess zu vergleichen. Daraus ergibt sich auch eine spielerische Möglichkeit der Selbstreflexion.

Das Buch wurde aus der Sichtweise des Beraters geschrieben, der als externer Projektleiter in der Transformation fungierte.

Vorwort von Wolfgang Fasching

Liebe Leserin, lieber Leser, als mich Franz Dinhobl mit der Bitte um ein Vorwort für sein Buch kontaktierte, sagte ich sehr gerne zu, da mich das Thema auch persönlich fasziniert.

Wandel, Transformation, Veränderung - welchen Begriff auch immer wir dafür verwenden, wenn Altes durch Neues ganz oder teilweise ersetzt wird - bedeutet für die meisten das Durchleben einer schwierigen Zeit. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen erfordert Wandel das Verlassen der berühmten „Komfortzone“. Lieb Gewonnenes, Bekanntes, Selbstverständliches, Vertrautes muss eingetauscht werden gegen Unbekanntes, anfänglich Unbequemes, scheinbar Unbeherrschbares, vielleicht sogar völlig Unverständliches. Neues muss erlernt werden, das verursacht Mühe, Aufwand, Stress und kostet Zeit, die anders vielleicht entspannter oder effizienter verbracht werden könnte.

Zum anderen ist Wandel immer auch Wagnis, Risiko und Experiment. Niemand kann vorhersagen, ob und wie der Weg zum Ziel gelingt, ob und welche unerwarteten Folgen sich zusätzlich zu den kalkulierten einstellen, welche Hindernisse sich auftun, ob sich das Ziel - wenn es denn je erreicht wird - mit der ursprünglichen Vorstellung deckt und ob sich all die Mühe dafür tatsächlich lohnen wird.

Und zum Dritten ist Wandel immer mit Ungewissheit verbunden. Vor allem dann, wenn er nicht selbst hervorgerufen wurde, sondern fremdinitiiert ist und keine klare Vorstellung darüber herrscht, wohin der Weg führen soll. Ungewissheit als Folge fehlender Perspektive schafft jedoch Raum für tief greifende Unsicherheiten und Ängste, für negative Empfindungen und Gefühle wie Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein und Machtlosigkeit. Nicht selten steht am Ende dieser Kette die völlige Demotivation oder sogar Demoralisation.

In Summe ist es also wenig Erfreuliches, das viele mit den Begriffen Wandel, Transformation und Veränderung verbinden. Sie rufen oft eher Skepsis, Widerstand und Ablehnung hervor als Freude, Begeisterung und Tatkraft.

Was braucht es also, um Wandel erfolgreich zu gestalten, um das Gewünschte zu erreichen, um Skepsis, Widerstand und Ablehnung zu überwinden und an ihrer Stelle Motivation, Tatkraft und den „Zug zum Tor“ zu etablieren?

Viele wertvolle Antworten und Anregungen dazu finden Sie im vorliegenden Buch. An dieser Stelle Anmerkungen von mir zu drei Statements des Autors, wie ich die Dinge aus meiner Sicht als Extremsportler und Mentalcoach sehe. ad 1) Transformationsprozesse werden zumeist aus rein systemisch-rationaler Sicht betrachtet, eingeleitet, gesteuert und kontrolliert. Das hat sein Gutes, allerdings wird dabei meist außer Acht gelassen, dass es Menschen sind, die diese Prozesse ausführen, die damit verbundenen Vorgaben umsetzen und Ziele erreichen sollen. Menschen lassen sich jedoch durch nüchterne, emotionslose und oft nichtssagende Zahlen, Daten und Fakten alleine nur schwer zu etwas bewegen. Um Menschen zu mobilisieren - und zwar wirklich zu mobilisieren -, müssen Bilder im Kopf entstehen. Bilder, die Emotionen, Empfindungen und Zugkraft auslösen, Bilder, die greifbar darstellen, wohin die Reise gehen wird, wie das Ziel aussehen soll und was jeder Einzelne durch seine Mitarbeit und seinen Einsatz bewirkt hat.

Geben Sie daher den am Wandel beteiligten Menschen eine greif- und vor allem „begreifbare“ Vision, wofür der Wandel, den sie vollziehen, dem sie sich aussetzen und für den sie sich einsetzen sollen oder müssen, letztendlich steht! ad 2) Sie haben sicher wahrgenommen, dass ich im vorhergehenden Satz von „am Wandel beteiligten Menschen“ schrieb. Ich tat das aus gutem Grund. Denn allzu häufig wird vor allem in größeren Unternehmen oder Organisationen der Fehler begangen, dass nur die Führungsetagen in den Prozess einbezogen sind, während nachgeordnete Bereiche zu reinen Umsetzern degradiert werden, denen der Überblick und das Warum, Wieso, Wofür zur Gänze fehlt. Das bringt zwei gravierende Nachteile mit sich. Zum einen den Verzicht auf kreativen Input und „Insiderwissen“ aus dem operativen Bereich, wodurch sich der Transformationsprozess in seiner Durchführung schwieriger und zeitaufwendiger gestalten kann, als nötig wäre. Zum anderen gehen dadurch die so notwendige und oft genug entscheidende Identifikation und Motivation für das Transformationsprojekt verloren oder stellen sich gar nicht erst ein. Was im Worst Case durchaus zum Scheitern des gesamten Projekts führen kann.

Schließen Sie daher immer alle von einem Transformationsprozess erfassten Bereiche mit in Ihr Projekt ein. Erklären Sie, schildern Sie, fragen Sie, kommunizieren Sie - vermeiden Sie lustlos agierende Betroffene, schaffen Sie hoch motivierte Beteiligte!

ad 3) Noch ein Wort zum Thema Erfolg. Es ist gängige Praxis, dass Erfolg immer einer einzelnen Person zugeschrieben wird. Es ist immer der Erfolg des Sportlers, des Unternehmers, des Eigentümers, des CEO, des Bereichs-, des Teamleiters. Erfolg als „Sololeistung“ einer einzelnen Person - was für ein Irrtum! Lassen Sie mich dazu Arnold Schwarzenegger, den derzeit wohl bekanntesten Auslandsösterreicher mit einem unvergleichlichen Werdegang, aus seiner Rede an der Universität von Houston zitieren:

“On your diplomas, there will be only one name on it and it's yours. But I hope that doesn't confuse you. And that you think that maybe you made it that far yourself. No, you didnt. It took a lot of help. None of us can make it alone. [...] I didn't make it that far on my own. I mean, to accept that credit or that medal, would discount every single person that has helped me get here today, that gave me advice, that made an effort, that lifted me up when I fell. And it gives the wrong impression that we can do it all alone. None of us can. The whole concept of the self-made man or woman is a myth.”

Dem ist nichts hinzuzufügen. Erfolg ist niemals der Verdienst eines Einzelnen. Weder im Sport noch im Business oder in irgendeinem anderen Bereich. Erfolg entsteht immer aus einem System heraus und es sind alle daran beteiligt, die in dieses System involviert sind, mit darin tätig sind, am Erreichen eines Zieles mitwirken. Erfolg ist immer Teamwork. Das bedingt Vertrauen und Respekt gegenüber jedem, der an einem solchen Projekt mitarbeitet und daran beteiligt ist, dafür braucht es Offenheit und Mut, eine positive Fehlerkultur und letztlich Agieren auf Augenhöhe.

Seien Sie großzügig und dankbar: Teilen Sie den Erfolg, der Ihnen zugeschrieben wird, mit jenen, die dazu beigetragen haben. Oder mit anderen Worten: mit jenen, die Sie erfolgreich machten. Das schafft Vertrauen, das schafft Bindung, Identifikation, Motivation und die Bereitschaft, im Ernstfall für Sie die so oft zitierte „Extrameile“ zu gehen.

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen viele Ideen und Erkenntnisse mit dem Buch und gutes Gelingen bei der Umsetzung Ihrer Projekte!

Herzlichst, Ihr Wolfgang Fasching

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Vorwort des internen Projektleiters Paul Reiter

Als mir Franz Dinhobl erzählte, dass er unser Projekt in ein Buch verpacken möchte, dachte ich mir gleich, dass es ein sehr umfangreiches Buch werden wird, denn in den letzten drei Jahren ist unglaublich viel passiert. Ich erinnerte mich an unser Kennenlernen und das erste Gespräch mit ihm. Ich war gerade etwas mehr als ein Jahr bei alpha. Ursprünglich wurde ich als Web-Experte aus der Digital-Werbebranche zur Firma geholt, um den Bereich „Digital“ zu stärken.

Franz Dinhobl fragte mich damals zu meiner Meinung bezüglich einiger laufender Projekte im Unternehmen und wo ich dort Probleme sehe. Neben der fehlenden Ausrichtung des Unternehmens auf die Digitalisierung nannte ich ihm auch das mangelnde Projektverständnis sowie die Grabenkämpfe zwischen den Abteilungen als Baustellen. Ich stand damals als „der, der sich mit dem Web auskennt“ zwischen den Abteilungen und war permanent mit der Herausforderung konfrontiert, sämtliche Befindlichkeiten zu berücksichtigen, die an mich herangetragen wurden. Ich hatte die damals herrschende Kultur - „Jeder redet überall mit und wer am lautesten und längsten auf seinem Standpunkt beharrt, wird gehört“ - sehr oft am eigenen Leib erfahren.

Weiter stellte mir Franz Dinhobl damals die Frage, was ich von der Idee eines Multiprojektleiters halten würde, der die Abteilungen bei ihrer Projektarbeit entlasten und für das Unternehmen wichtige Projekte abteilungsübergreifend durchführen sollte. Im ersten Moment empfand ich sofort Mitleid mit der Person, die sich dieser Aufgabe annehmen würde. Erst im zweiten Moment wurde mir klar, dass ich dafür möglicherweise angedacht war. Ich bin heute noch froh, dass der Weg einer außerhalb der Abteilungen stehenden Projektgruppe alpha NEXT gewählt wurde, denn dieser Multiprojektleiter hätte nur der Symptombekämpfung gedient, aber die grundlegenden Herausforderungen wohl nicht gelöst.

Einige Wochen später hatte ich ein umfangreiches Web-Relaunch-Projekt abgeschlossen, in dem wir unsere gesamte Webpräsenz technologisch und konzeptuell neu aufgebaut und das erste Mal die/den Kund*in ins Zentrum unserer Überlegungen gesetzt hatten. Als ich in den Präsentationen vor den Abteilungen von der User Experience und den Customer Journeys unserer Kundinnen sprach, wehte mir Desinteresse entgegen - wieder wurden die Machtkämpfe zwischen den Abteilungen spürbar. Das Verständnis von alpha war, dass man doch nur einen „jungen Digital Native“ anstellen müsste, um diese leidige Digitalisierung endlich zu erledigen.

Als mich dann relativ bald nach diesem Relaunch die Geschäftsführung ansprach und mir von der Projektgruppe alpha NEXTerzählte, die das Unternehmen „neu auf die Digitalisierung ausrichten“ sollte, wurde ich hellhörig. Und als sie mich fragte, ob ich Projektleiter dieser Gruppe werden wollte, wusste ich, dass eine unglaublich spannende Zeit vor mir lag.

In der Projektgruppe hatten wir plötzlich eine ganz andere Herangehensweise an die anstehenden Themen. Die Teilnehmerinnen waren aus den verschiedensten Bereichen des Unternehmens gewählt und dadurch wurden viele verschiedene Sichtweisen in den Prozess eingebracht. Es war ein motivierendes, gutes Arbeiten, das sich ganz um das Aufbrechen von alten, eingefahrenen Strukturen und Denkmustern drehte. Wir starteten bei den First Principles des Unternehmens und ließen die Begründung „weil es immer schon so war“ nicht gelten. Selbst die fixesten Ideen wurden von uns hinterfragt, die größten Überzeugungen neu aufgerollt und die Inputs, die aus der damaligen Organisation kamen, in Einzelteile zerlegt, dadurch entmystifiziert und sauber und neu wieder zusammengesetzt. All das wurde durch die Geschäftsführung jederzeit komplett unterstützt, was eine zusätzliche Dynamik ermöglichte.

Relativ schnell wurde auch klar, dass wir es hier mit etwas Größerem zu tun hatten - es ging nicht um einzelne Projekte, ein paar neue Produkte oder einen neuen Slogan für die Firma. Es ging um die Kultur, um die Organisation und darum, ein über Jahrzehnte gewachsenes Traditionsunternehmen auf die Zukunft auszurichten.

Es war und ist immer noch ein unglaublich spannendes Projekt. Wir haben am Reißbrett viele großartige Ideen konzipiert und es ist immer wieder spannend, zu sehen, wie diese Visionen Realität werden - und wie schwer es manchmal ist, Dinge ins Leben zu bringen.

Es bleibt jedenfalls die Überzeugung, dass wir das Unternehmen so aufgestellt haben, dass es agil in dieser neuen digitalen Welt agieren kann und von der Reaktion in die Aktion wechselt. Dass neue Herausforderungen mit Freude angenommen und nicht automatisch als Bedrohung wahrgenommen werden. Und dass dieses transformierte Unternehmen die Branche aufrollen wird. Die ersten Anzeichen für all das sind deutlich zu sehen.

Und eines ist jedenfalls sicher: alpha NEXT steht erst am Beginn seiner Reise und die Digitalisierung ist ein niemals endender Prozess. Man „erledigt“ sie nicht, indem man eine/n Mitarbeiterin anstellt, die oder der sich darum kümmert, sondern indem alle zusammen einen grundlegenden Kulturwechsel und neue Denkmuster zulassen und integrieren.

Meine Motivation, das Buch zu schreiben

In meiner Eigenschaft als Unternehmensberater betreue ich viele Unternehmen in Veränderungen und Transformationen. Das hat mich motiviert, meine Erfahrungen weiterzugeben. So entstand dieses Logbuch einer Transformation, in dem ich exemplarisch das Zusammenspiel von Theorie und Praxis verdeutliche. Veränderungen und Transformationen passieren nicht nur im Kopf, entstehen nicht nur durch Zahlen und Fakten, sondern auch oder vielleicht sogar nur im Bauch. Emotionen, Gefühle, Sehnsüchte und Ängste prägen eine Transformation. Das bedeutet, dass die Menschen, die hinter der Transformation stehen (sollen), nicht allein durch Zahlen, Daten und Fakten zu bewegen sind. Menschen müssen verstehen, fühlen, müssen eine Vision oder einen Leidensdruck haben. In Organisationen werden zu viele Transformationen durchgezogen, ohne die Menschen ins Boot zu holen. „Mach Betroffene zu Beteiligten“, dies ist aus meiner Sicht ein Schlüsselsatz. Projekt- oder Transformationsmanager, aber auch Berater und Führungskräfte sollten systemisches Grundwissen haben, um Mechanismen begreifen und Interventionen setzen zu können.

Die Transformation in Fakten

Der Projektauftrag

■ Die Organisation soll so agil ausgerichtet sein, dass derzeit bekannte und (noch) nicht bekannte Marktanforderungen erfüllt werden können.

Die Erwartungen

■ Transformation zu einer zukunftsorientierten Organisation

■ Umsetzung einer zukunftsfähigen Digitalisierung und Automatisierung

■ Qualifizierung der Mitarbeiter

■ Zuordnung der Verantwortlichkeiten

■ Verbesserung von Führungskompetenzen

■ Etablierung eines wirtschaftlichen Denkens und Handelns

■ Schaffen anderer Einnahmequellen

■ Änderung der Unternehmenskultur

Unausgesprochene und im Verlauf der Transformation ausgesprochene Hidden Agendas

■ Ausstieg aus der Opferkultur

■ Geschäftsführung von der operativen Arbeit befreien

■ Sachlichkeit in der Diskussionskultur statt „Dramen“

■ Schaffung von Eigenverantwortlichkeit innerhalb des Unternehmens

Meine Rolle als externer Projektleiter

■ dem Projekt Struktur geben

■ als Kontrollinstanz fungieren

■ den Blick auf die Metaebene wahren

■ Bad Cop versus Good Cop in der Rollenteilung zum internen Projektleiter

■ fachliche Ressource für den internen Projektleiter

■ Schwächen und Störquellen identifizieren

■ Inputgeber für Transformation, Kultur, systemisches Wissen, Führung und Konflikt

■ Coach und Sparringpartner für die Geschäftsführung

Erkenntnisse und Sprüche

Transformationen ohne jeglichen Personalwechsel sind weder glaubhaft noch erfolgreich.

Die wichtigsten Fragen: „Wissen Sie, worauf Sie sich einlassen, haben Sie eine Vorstellung davon, was auf Sie zukommen wird? Wollen Sie das wirklich?“

Unkenntnis über die Risiken kann den Mut zur Tat erhöhen.

„Wenn sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiß digitalen Prozess.“ (Thorsten Dirks, CEO der Telefonica Deutschland AG)

Das Projekt hat immer Vorfahrt und ist on top zum operativen Business.

Keine Veränderung ist ohne erkennbaren Nutzen, ohne Vision oder Plan durchführbar.

Es kommt auf den richtigen Zeitpunkt an und auch Auftraggeber*innen müssen für Veränderungen bzw. Transformation die nötige Bereitschaft mitbringen. Diese ist nicht notwendigerweise bereits durch die Auftragserteilung vorhanden.

Schmetterlinge sind auf Metamorphosen vorbereitet, Organisationen nicht.

Behutsame und langsame Transformationen funktionieren nicht, da sie nicht glaubwürdig sind und zu viel Leiden beinhalten.

„Die relevante Frage ist nicht, ob die Veränderung kommt, sondern, ob wir darauf vorbereitet sind.“ (Zitat eines Keynote Speakers)

„Schön langsam bin ich schonungsmüde.“ (Zitat eines Projektteammitglieds)

Menschen, die im eiderstand zu einer Transformation sind, verlieren oftmals den Hausverstand und den Anstand.

„Durch die Plakate, die im Stiegenhaus des Unternehmens aufgehängt sind, fühle ich mich in meiner Privatsphäre gestört.“ (Zitat eines Mitarbeiters) eir dürfen die Organisation nicht um Personen modellieren.

Die meisten Transformationen werden nicht von einer Vision angetrieben, sondern von einem Leidensdruck.

In einer Transformation braucht es, wenn Entscheidungen getroffen sind, klare Schritte und deutliche Einschnitte.

Kompromisse halten die Handlungsfähigkeit aufrecht, sind aber als Dauerzustand der Transformationstod.

„Ich hatte keine Zeit“ ist eine der am häufigsten verwendeten Ausreden. eenn wir ehrlich wären, würden wir sagen, dass es uns nicht wichtig genug war, denn wie wir unsere Zeit einsetzen und einteilen, entscheiden wir nach unseren Prioritäten.

Ohne eürdigung der Vergangenheit gibt es keine Basis für die Zukunft.

Die Unternehmenskultur, die eerte und Haltungen werden hierarchisch von oben nach unten beeinflusst.

In Krisen und Transformationen zählt allein die Wahrheit.

Gemeint ist die Wahrheit, die bereits intern bekannt ist.

Wer zum Zeitpunkt C noch von A spricht, verliert das Entscheidendste: die Glaubwürdigkeit.

Die Wahrheit ist den Menschen besser zumutbar als eine schonend gemeinte Halbwahrheit oder sogar Falschaussage.

„Wenn wir diese Prozesse im SOLL modellieren und dadurch effizienter, effektiver und letztlich im Sinne der Durchflussgeschwindigkeit auch schneller werden, rationalisiere ich mich nicht faktisch weg?“ (Zitat eines Mitarbeiters während einer SOLL-Prozessmodellierung)

Hypothesen

Hypothese 1a: Die Geschäftsführung ist sich der Tragweite des Projekts rational bewusst, emotional aber noch nicht bereit, den steinigen Weg zu gehen. Harmonie steht noch immer vor Klarheit.

Hypothese 1b: Die Mitarbeiter*innen befinden sich in der Zuschauerrolle, d. h., sie sind Betroffene, aber keine Beteiligten.

Hypothese 1c: Die Mitarbeiter*innen trauen der Geschäftsführung in letzter Konsequenz die Transformation und die damit verbundenen Handlungen vor dem Hintergrund des Aspekts Harmonie vor Klarheit nicht zu.

Hypothese 2: Wenn die Diktion im Projekt nicht klar ist, besteht auch für die Mitarbeiter*innen keine Klarheit. Zwischen Change oder Transformation bestehen wesentliche Unterschiede. Hier muss die Sprache klarer werden.

Hypothese 3: Solange die Mitarbeiter*innen von der Transformation betroffen sind, aber es nicht gelingt, sie zu Beteiligten der Transformation zu machen, werden sie die Transformation in der Zuschauerrolle verfolgen.

Hypothese 4: Die Transformation braucht 60 % der Mitarbeiter*innen, die sie aktiv unterstützen, die wiederum weitere 20 % der Mitarbeiter*innen positiv inspirieren, und die restlichen 20 % der Mitarbeiter*innen werden kurz- bis mittelfristig das Unternehmen verlassen.

Hypothese 5: Durch die vermeintliche Störung des systemischen Grundsatzes der Zugehörigkeit könnte die Arbeitsfähigkeit der Führungsebene leiden und die Energie in letzter Konsequenz in Widerstand umgewandelt werden.

Hypothese 6: Da der ausgewählte Projektleiter nach dem Ordnungsgrundsatz noch wenig Zugehörigkeit bzw. Verdienste aufweist, könnte die Leitung bzw. Steuerung des Projekts für ihn eine große Herausforderung werden. Anderseits besteht genau hier die Chance, gewachsene Strukturen aufzubrechen, wobei aber Vorsicht geboten ist.

Hypothese 7: Die Führungskräfte agieren nach der gelebten Firmenkultur und haben den Anspruch, in einem wichtigen Projekt nicht nur mitzuarbeiten, sondern auch mitzureden. Wenn die Geschäftsführung nicht klarer kommuniziert, wird sich das Verhalten der Führungskräfte nicht ändern.

Hypothese 8: Die Geschäftsführung ist Teil der Kultur. Daraus resultiert das Problem einer unklaren Kommunikation und Entscheidungsfindung.

Hypothese 9: Die eichtigkeit des Projekts ist bei den Projektteilnehmer*innen noch nicht angekommen.

Hypothese 10: Der Unterschied zwischen Change und Transformation ist meinen Projektkolleg*innen nicht bewusst. Über Quick eins und kleine Unterstützungen für die Zielematrix wird unbewusst versucht, Erwartungen der anderen Führungskräfte und Mitarbeiter*innen zu erfüllen.

Letztlich werden die Betroffenen in der Firma so nicht ins Boot geholt, sondern in ihrer Meinung bestätigt, dass ohnehin nichts Bedeutendes passiert.

Hypothese 11: Die Mitarbeiter*innen haben im bisherigen Marktumfeld hervorragende Arbeit geleistet und sich damit auch ihre eigenen Reiche und Komfortzonen geschaffen. Das sich ändernde Marktumfeld bedroht diesen Mikrokosmos, was ein wesentlicher Faktor in der Realisierung der Transformation sein wird.

Hypothese 12: Die Projektteammitglieder sind auch operative Führungskräfte und daher sowohl Betroffene als auch Teil des Systems. Daher kann die Transformation letztlich auch für diese Personen schwer werden.

Hypothese 13: Solange es keine neue Unternehmenskultur gibt, werden die Mitarbeiter*innen von ihren Führungskräften und somit auch von den Projektteammitgliedern eine Fortführung der alten Kultur erwarten. Damit sind die Projektteammitglieder immer zwischen den Stühlen.

Hypothese 14: In der Aufbauorganisation haben sich viele Führungskräfte eigene Inseln und Machtzentren geschaffen, die sie in der Ablauforganisation gefährdet sehen. Dies ergibt ein weiteres Mosaiksteinchen im eiderstand.

Hypothese 15: Ein Mitarbeitersystem, das keine Notwendigkeit für eine Transformation empfindet, kann auch nicht benennen, was es brauchen würde, um die Notwendigkeit zu erkennen.

Hypothese 16: Keine/r der Mitarbeiter*innen hat das Gefühl, die initiale Diskussion zu benötigen, die Themen sind nicht zwingend ihre eunschthemen, daher müssen wir diesen Event den Mitarbeiter*innen „verkaufen“.