Aus dem Amerikanischen von Markus Mäurer

Impressum

Die amerikanische Originalausgabe Betrayal

erschien 2013 im Verlag Vontiv Publishing.

Copyright © 2013 by Tim Tigner

Copyright © dieser Ausgabe 2021 by Festa Verlag, Leipzig

Titelbild: Arndt Drechsler-Zakrzewski

eISBN 978-3-86552-935-0

www.Festa-Verlag.de

www.Festa-Action.de

Dieser Roman ist einem Mann gewidmet,

der nie jemanden verraten hat:

meinem Vater, Lehrer und Freund

Professor Steven S. Tigner.

1

Hauptquartier der Abteilung für Terrorismusabwehr des FBI, Quantico, Virginia

Special Agent Odysseus Carr blickte zu den gräulichen Kacheln an der Decke des Büros seines Chefs empor und begann bis zehn zu zählen. Fast wäre er bis drei gekommen. »Was soll das heißen, ich kann meine Männer nicht einweihen? Sie riskieren da ihr Leben, Commander. Das sind nicht irgendwelche Steinewerfer, die wir für Sie töten sollen. Das sind die Typen, die das World Trade Center zu Fall gebracht haben.«

Commander Potchak stand vor ihm. Zwar war er einen Kopf kleiner als Odi, besaß dafür aber die Statur eines Hydranten und war mindestens genauso hart. »Worauf wollen Sie hinaus?«

Odi beugte sich vor, die Handflächen wie ein Raubtier auf den Rand von Potchaks metallenem Schreibtisch gestützt. »Ich will darauf hinaus, Sir, dass wir einen entscheidenden Vorteil verlieren, wenn wir den Eingriff nicht im Voraus einstudieren. Ich will meinen Männern jeden nur denkbaren Vorteil verschaffen. Das bin ich ihnen schuldig.«

Potchak verzog keine Miene. Sekundenlang starrte er einfach nur mit seinem kalten, harten Blick zurück. »Wenn Sie damit überfordert sind, Agent Carr, werde ich die Leitung des Teams Echo an Waslager übertragen. Der kann es kaum abwarten, einen internationalen Einsatz durchzuführen. Sie können diesen hier dann aussitzen – in Isolation natürlich.«

Odi war drauf und dran, über den Schreibtisch zu springen, um seinen Chef bei den Ohren zu packen und ihm das Knie in das arrogante Gesicht zu rammen. Doch er wusste, dass dies seinem Team auch nichts nützen würde. Also schluckte er seine Frustration runter und versuchte, es wie ein guter Soldat zu nehmen. »Das wird nicht nötig sein, Sir.«

Potchak drehte den Kopf zum Mülleimer und spuckte einen dicken Batzen Tabaksaft hinein. Der Anblick ließ Odi voller Mitleid an Jose, den Hausmeister, denken und er vergaß seine Frustration für einen Moment. »Gut«, beschied Potchak. »Wenn Sie Ihren Kopf jetzt noch etwas weiter aus Ihrem Arsch ziehen würden und sich die Aufgabe im Detail ansehen, werden Sie feststellen, dass ich nichts anordne, was Ihnen irgendeinen Vorteil raubt. Die Umstände der Operation sind die gleichen, egal ob der Einsatz auf dem Trainingsgelände von Hogan’s Alley stattfindet oder im verfickten Iran. Ein Gebäude ist ein Gebäude. Eine Granate ist eine Granate. Sie als bester Kampfmittelbeseitiger des FBI sollten das wissen. Zumindest waren Sie das mal. Das Einzige, was sich Ihr Team einbläuen sollte, sind die Grundrisse der Gebäude und die Beschaffenheit des Geländes.«

Odi spürte, wie sich sein Magen unter Zweifeln verkrampfte. Er rief sich in Erinnerung, dass Potchak normalerweise ein vernünftiger Mann war, und zwang sich zu einem ruhigeren Ton. »Darf ich fragen, warum, Sir? Warum diese ungewöhnlich hohe Geheimhaltungsstufe? Sie glauben doch sicher nicht, dass jemand aus meinem Team Verbindungen zu Al-Qaida hat?«

»Himmel, Carr. Ich dachte, dass Sie es inzwischen begriffen hätten. Haben Sie denn nicht mitbekommen, wie die Dinge seit zwei Jahren laufen? Terrorismusbekämpfung ist keine militärische Angelegenheit; sie ist Politik. Das Detailwissen auf den Einsatzleiter und mich zu beschränken gibt irgendeinem Politiker das Gefühl, seine Quelle zu schützen, oder seinen Arsch. Vermutlich sogar beides. Ich kenne diese Quelle nicht, noch nicht einmal den Politiker, aber wer immer diese Anlage ausgekundschaftet hat, hat seinen Arsch dafür riskiert. Also hege ich durchaus Sympathien für ihn.«

Odi unterdrückte den Drang, seinem Chef mitzuteilen, was er davon hielt. Stattdessen hob er die Satellitenkarte hoch, um seinen Händen eine Beschäftigung zu geben. Die fragliche Anlage bestand aus drei alten Gebäuden, gebaut mit Betonziegeln, irgendwo im Nirgendwo vom Iran. Jedes seiner Zwei-Mann-Teams würde zwei Minuten benötigen, um ihr jeweiliges Gebäude zu umrunden und die modifizierten hochexplosiven raketenbetriebenen M441-Granaten abzuschießen. Mitten in der Nacht würde es keinen Unterschied machen, ob sich die Anlage im Iran oder sonst wo befand. Da hatte der Commander durchaus recht. Aber Potchak beging einen großen Fehler. Den Fehler eines Bürokraten. Sobald etwas vom Plan abwich – und irgendwas wich immer vom Plan ab –, würde es einen verdammt großen Unterschied machen, ob sie sich im Iran befanden oder auf dem Trainingsgelände. Als kampferprobter Agent wusste Potchak das. Diese Diskrepanz störte Odi, aber er würde nicht riskieren, seine Position als Teamleiter deswegen zu verlieren. »Was hat diese geheime Quelle über Wachen gesagt?«

Potchak spuckte erneut aus, setzte sich dann hin und signalisierte einen Waffenstillstand.

Odi tat dasselbe.

»Für gewöhnlich nur zwei Männer mit Kalaschnikows. Einer am Eingang zum Zentralgebäude, der andere patrouilliert auf einer bestimmten Route. Sollte kein Problem sein, beide zeitgleich per Scharfschützen auszuschalten. Nutzen Sie diese beiden Schüsse als Signal für Ihr Team, den Angriff zu starten.«

Odi nickte. »Ein Acht-Mann-Team könnte sinnvoller sein als die üblichen sieben. Wenn Sie mir Johnson ausborgen, könnten er und ich unsere Ziele aus gegenüberliegender Position per Scharfschützengewehr ausschalten und dann dem Team während des Eingriffs Deckung geben.«

Das gezwungene Lächeln auf Potchaks Gesicht warnte Odi, dass er nicht mögen würde, was als Nächstes kam. »Sie haben zwar die richtige Strategie, aber den falschen Mann. Sie bekommen Waslager. Er wird Ihr zweiter Scharfschütze sein … und Ihr Stellvertreter.«

Odis Abneigung fuhr ihm wie siedend heißes Öl durchs Rückgrat, aber er konnte seinem Chef nicht erneut widersprechen. Diese Karte hatte er bereits ausgespielt. Also biss er sich auf die Zunge und nahm sich einen Moment, um die Lage zu analysieren. Das Hauptproblem war, dass niemand in seinem Team Waslager ausstehen konnte oder, was noch schlimmer war, ihm traute. Er war ein egozentrischer Einzelgänger und dachte wie ein Politiker. Genau deswegen mochten die hohen Tiere ihn, da war sich Odi sicher. Was er nicht wusste: Warum wollten sie Waslager unbedingt auf dieser Mission dabeihaben?

Er parkte diesen Gedanken und versuchte es stattdessen mit Verhandeln. Ein aggressives Verhalten würde ihn nicht weiterbringen, vielleicht half ja Zurückrudern. »Andererseits … Wenn ich mit dem Schuss warte, bis die patrouillierende Wache die andere erreicht, könnte ich sie beide auf einmal ausschalten – womöglich sogar mit einem einzigen Schuss, wenn ich ein Hochgeschwindigkeitsgeschoss verwende. Dann brauchen wir nur …«

»Vergessen Sie’s, Carr«, unterbrach Potchak ihn. »Waslager ist dabei.«

2

Asgard Island, Chesapeake Bay

FBI-Direktor Wiley Proffitt setzte sein Weinglas etwas zu hastig ab. Ein Tropfen schwappte über, landete auf der blütenweißen Tischdecke und fraß sich wie ein düsteres Vorzeichen in den Stoff. Er war nervöser, als er geglaubt hätte. Erneut hob er das Glas und nahm einen Schluck, bevor er dem Blick seiner Geliebten begegnete. »Wie würde es dir gefallen, First Lady zu werden?«

»Der Vereinigten Staaten?«

»Ja.« Er grinste. Und während er den verwirrten Blick in Cassi Carrs bernsteinfarbenen Augen genoss, fühlte er sich augenblicklich besser.

Sie ließ sich von seiner Heiterkeit anstecken. »Weiß der Direktor des FBI etwas über Anna Beth Carver, das dem Rest von uns Sterblichen noch unbekannt ist?«

»Tatsächlich ist es Aaron Dish«, erwiderte er ausdruckslos.

Verschwörerisch beugte sie sich zu ihm rüber. »Die First Lady hat eine Affäre mit dem Vizepräsidenten?«

Wiley schüttelte den Kopf. Sechs Monate lang hatte er dieses erschütternde Geheimnis für sich behalten, ohne eine Andeutung der Zukunft, die sie erwartete, oder des Bündnisses, das er geschlossen hatte. Dieses Geheimnis endlich mit Cassi zu teilen fühlte sich großartig an. Er entschied sich, mit den Hintergründen anzufangen, um die Spannung langsam zu steigern. »Dish ist gesundheitlich angeschlagen. Er wird bei der Wiederwahl nicht an Carvers Seite stehen.«

»Verstehe«, gab Cassi zurück, die ihm eindeutig nicht glaubte, aber bereitwillig mitspielte. Ihre Augen funkelten. »Und wie macht mich das zur First Lady?«

»Tut’s nicht«, antwortete er und schüttelte den Kopf, während sie Enttäuschung vorspielte. »Darauf wirst du mindestens fünf Jahre warten müssen. Aber bis dahin macht dich das zur Second Lady – ab Januar in einem Jahr.«

Wiley sah Verwirrung in Cassis Gesicht aufblitzen. Sie wirkte unsicher, ob er sie veräppelte oder es ernst meinte. »Dish ist wirklich krank, oder? Und Carver hat wirklich dich gefragt, ob du mit ihm antrittst?«

»Ja und nein«, räumte Wiley ein. »Ja, Dish ist wirklich krank. Und nein, Präsident Carver hat mich noch nicht gefragt, ob ich mit ihm kandidiere – noch nicht. Aber er wird.«

»Aha, und warum wird er das?«

Wiley beugte sich so weit vor, dass seine Lippen fast Cassis Ohr berührten. Bevor er ihr die Prophezeiung zuflüsterte, hielt er kurz inne, um ihr süßliches Parfüm zu inhalieren. Sie trug einen neuen Duft. »Weil Terrorismus sich bald an der Spitze der amerikanischen Agenda befinden wird.«

Von seinen Worten ernüchtert wich sie vor ihm zurück. Immerhin waren ihre Eltern am 11. September gestorben. »Du rechnest mit einem Anschlag?«

»Das tue ich. Diese ganzen Heimatschutzreden, die ich in letzter Zeit gehalten habe … Erinnerst du dich?«

Sie nickte.

»Das war nicht die typische Jag-ihnen-Angst-ein-Taktik.«

Cassi brauchte einen Moment, um das zu verdauen. Er sah, wie sich die Zahnräder hinter ihrem besorgten Gesicht drehten. »In einer bestimmten Hinsicht vielleicht nicht«, sprach sie ihren Gedanken laut aus. »Du glaubst also, dass Carver dich wegen dieser Reden mit an Bord holt. Immerhin haben sie dir den Beinamen ›Antiterror-Zar‹ eingebracht.«

Wiley hob sein Weinglas, um ihr zuzuprosten. »Auf deine deduktiven Fähigkeiten.«

Cassi erwiderte die Geste, doch er konnte sehen, dass sie immer noch über die Implikationen seiner Offenbarung nachdachte. Als sie mit weit aufgerissenen Augen zu ihm aufsah, wusste er, dass der Groschen gefallen war.

»Ich werde Second Lady?«, fragte sie mit einem gepressten Flüstern.

Wiley versuchte zu lächeln, doch seine Lippen bewegten sich nicht. Dann versuchte er zu nicken, doch auch das gelang ihm nicht. Panik hielt ihn in ihrem eisernen Griff. Er konnte sich nicht bewegen.

Während er mit sich kämpfte, fuhr Cassi ahnungslos fort. »Fragst du mich, ob ich dich heiraten will?«

Wiley bemerkte eine kalte Hand, die sich über seinen Mund gelegt hatte. Für einige Sekunden war er völlig orientierungslos, dann dämmerte es ihm. Seine Unterhaltung mit Cassi war ein Traum gewesen. Der Eindringling in ihrem Schlafzimmer und die kalte Hand auf seinem Mund waren real.

Wileys Augen weiteten sich vor Schreck, während sich der dunkle Schatten über ihm lautlos bewegte. Ein stacheliger Kloß füllte seinen Hals aus, während sich ein muskulöser Arm zurückzog. Endgültig erwacht versuchte Wiley etwas im Dunkeln zu erkennen, suchte nach dem Aufblitzen eines Messers, das das Bild vervollständigen und sein Leben beenden würde. Doch er konnte nur verschwommene Schatten erkennen. Ein Teil seines Verstandes konzentrierte sich auf die Tatsache, dass Cassi neben ihm schlief. Das Bedürfnis, sie zu warnen und zu beschützen, baute sich in seiner Brust auf, aber die schwere Decke, der Schraubstock über seinem Gesicht und die Angst in seinem Herzen nagelten ihn fest wie die Nägel Jesus ans Kreuz.

Während er sich bereit machte, sich aufzubäumen und aufzuspringen, wurde die Lampe auf seinem Nachttisch eingeschaltet und Wiley erkannte das Gesicht des Eindringlings. Seine Anspannung ließ nach. Er hätte es wissen müssen.

Sobald sich die Hand von seinem Mund löste, sah er zu Cassi rüber. Sie schlief tief und fest. Zumindest schien es so …

»Halothan«, las Wileys Gast dessen Gedanken. »Wie Chloroform, nur ungefährlicher.«

»Und aromatischer«, murmelte Wiley, während er sich an das Parfüm aus seinem Traum erinnerte. Langsam wandte er seinen Blick dem nächtlichen Besucher zu und stellte mit den Augen die offensichtliche Frage.

Stuarts Antwort war schlicht. »Wir müssen reden.«

Stuart Slider war der Unsichtbare. Kompakt und kräftig gebaut mit einem Durchschnittsgesicht. Bei jedem ihrer Treffen überraschte es Wiley erneut, wie unerwartet klein er war. Slider genoss die nervige Fähigkeit, ganz nach Belieben aufzutauchen und zu verschwinden. Zumindest wirkte es oft so. Wiley dagegen begann diese Seite an ihm zu verabscheuen.

»Was zum Teufel machen Sie hier mitten in der Nacht?«, fragte Wiley. »Wollen Sie ein weiteres Loch in Ihrem Kopf?«

Seit sechs Monaten arbeiteten sie jetzt im Geheimen zusammen, aber dies war das erste Mal, dass Stuart sein Zuhause auf Chesapeake Island betreten hatte. Zumindest war es das erste Mal, dass Wiley es mitbekam, überlegte er.

»Wir müssen reden«, wiederholte Stuart. »Ungesehen, ungestört und allein.« Er stand auf und neigte den Kopf Richtung Tür. »Lassen Sie uns in Ihr Arbeitszimmer gehen. Kein Grund, der schlafenden Schönheit hier Albträume zu bereiten.« Ohne auf eine Antwort zu warten, griff Stuart nach der Nachttischlampe und schaltete sie aus.

Wiley folgte ihm. Mehr aus Neugierde als aus Gehorsam. Lautlos gingen sie über den edlen Teppich den Flur entlang bis zu dem Zimmer an seinem Ende. Die massive Eichentür zum schalldichten Arbeitszimmer stand weit offen. Ein unheimliches Leuchten drang daraus hervor. Es stammte von dem 1000-Liter-Aquarium im Inneren. Die gespenstische Atmosphäre passte perfekt zu ihrem mit Halothan abgesicherten geheimen nächtlichen Rendezvous. Weshalb Wiley das Licht nicht einschaltete, als sie das Zimmer betraten.

Schlaflose Fische warfen ihre herumflitzenden Schatten in den Raum, während schwaches Mondlicht von Osten her hereinschimmerte. Wiley wählte seinen Lieblingssessel aus schwarzem Leder. Als er sich hinsetzte, bemerkte er den dampfenden Starbucks-Becher, der direkt neben seinem Arm auf dem Tisch stand. Unglaublich, dachte er. Stuart war noch nie zuvor auf dieser Insel gewesen, und doch stand hier ein Becher mit Low-Fat-Latte, genau das, was er jetzt brauchte, genau dort, wo er es brauchte.

So unheimlich sich das auch anfühlte, der Latte war eine fürsorgliche und entschuldigende Geste. Und doch bestand sein vorwiegender Zweck darin, Wileys Flamme anzufachen. Der unsichtbare, unerschütterliche Stuart Slider selbst trank weder Kaffee noch Tee oder Cola. Er rauchte nicht und trank keinen Alkohol. Wiley war sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt schlief. Und doch war er immer hellwach, in Alarmbereitschaft und kontrolliert. Er war ein Mistkerl.

Wiley hob den vertrauten Becher an, mehr über sich selbst irritiert, so schwach zu sein, als vor Freude über seine übliche Dosis. Trotz des weiten Weges vom Festland war der Latte noch immer heiß. Stuart musste jedes Detail im Voraus geplant und einen Thermobehälter eingepackt haben. Akribischer Mistkerl. Wiley nahm einen Schluck, nickte dankend und bedeutete seinem Gast, endlich mit der Sprache rauszurücken.

»Stimmt es, was ich über dieses Zimmer gehört habe?«, fragte Stuart stattdessen.

Wiley wollte wieder ins Bett. Trotz Latte. Stuart sollte gefälligst zur Sache kommen und verschwinden. Aus Erfahrung wusste er aber, dass es zielführender war, wenn er mitspielte und keinen Widerstand leistete. »Was haben Sie gehört?«

»Ich habe gehört, dass der Secret Service Ihr Arbeitszimmer in eine Festung verwandelt hat, weil Sie sich weigern, die Proffitt-Familienresidenz Ihrer Vorfahren mit den technologischen und sicherheitstechnischen Fortschritten des letzten Jahrhunderts auszustatten.«

Wiley verdrehte die Augen. »Für eine Organisation, deren Zweck darin besteht, nationale Ikonen zu beschützen, besitzt der Secret Service erstaunlich wenig Respekt vor Geschichte und Tradition. Ich bin froh, dass ich nur ein einziges Mal mit ihm zu tun hatte. Sie bezeichnen es als Panikraum. Das war ein Kompromiss.« Er streckte den Arm aus und griff nach einer Universalfernbedienung auf dem Kaffeetisch. »Erlauben Sie mir, es Ihnen zu demonstrieren. Erst tippe ich den Code ein, um dem System mitzuteilen, dass es sich nicht um einen Notfall handelt, und dann …« Mit dem Daumen drückte er auf einen viereckigen roten Knopf. Nach drei Sekunden konstantem Druck schloss sich die Tür zum Arbeitszimmer. Verborgene Bolzen rasteten ein, während sich Jalousien aus Titan mit mechanischem Summen über die Fenster aus Panzerglas senkten. »Jetzt sind wir vor allem sicher, bis hin zu und inklusive einer abgeschossenen Rakete.«

Stuart blickte sich im Zimmer um. »Sie haben sogar eine Bar und ein Badezimmer in Ihrem Bunker. Nicht schlecht. Was liegt hinter dieser Tür?« Er zeigte auf die hintere Ecke.

»Das ist nur ein Schrank.«

»Was ist mit der Kavallerie?«

»Wenn ich dem System nicht mitgeteilt hätte, dass es sich um einen Test handelt, wäre das Geiselrettungsteam in Quantico automatisch über einen verborgenen Sender auf dem Dach benachrichtigt worden.« Wiley hielt den roten Knopf erneut gedrückt. Die Abschottungsprozedur kehrte sich um.

Stuart nickte anerkennend und legte dann einen nachdenklichen Gesichtsausdruck auf.

Im dämmrigen Licht war von seiner schwarz gekleideten Gestalt vor dem schwarzen Ledersofa kaum mehr als ein intensiv starrendes Augenpaar zu erkennen. Wiley erinnerte der Anblick an einen Alligator in einer Teergrube. Ein Alligator in einer Teergrube, wiederholte er in Gedanken. Das war die perfekte Definition eines einflussreichen Lobbyisten aus dem inneren Zirkel der Macht.

»Ich bringe Neuigkeiten«, kam Stuart endlich zum Punkt.

Wiley hob eine Augenbraue.

»Ich habe meine Stelle als Geschäftsführer des AADC gekündigt, um in Vollzeit bei Ihrer Wahlkampagne mitzuarbeiten. Wir haben entschieden, dass die Zeit gekommen ist, jetzt, wo sich die Dinge in Bewegung gesetzt haben.«

Der Verband der amerikanischen Rüstungsindustrie interessierte Wiley gerade herzlich wenig. Er wollte weder über den AADC reden noch über irgendwelche Dinge, die jetzt in Gang gesetzt waren. Tatsächlich hatte er »die drei Marks« gebeten, ihn da herauszuhalten. Bisher war sein einziger taktischer Beitrag gewesen, ihnen eine Liste mit nützlichen Namen zu beschaffen. Er hatte gehofft, dass es dabei bleiben würde. Doch Wiley war nicht verborgen geblieben, dass Stuarts »Wir« ihn nicht mit einschloss. »Das ist sehr großzügig von Ihnen. Haben wir uns darauf geeinigt, Ihnen Ihren alten Job nach der Wahl wiederzugeben?«

Wiley sah eine ehrliche Gefühlsregung als Reaktion auf seine Worte in Stuarts Gesicht aufblitzen. Die erste. Obwohl er seit Jahrzehnten Poker spielte, um genau diese Fähigkeit zu verfeinern, gelang es Wiley nicht, zu deuten, welche Emotion Stuart gerade offenbart hatte. War es Enttäuschung … oder Wut?

»Meinen alten Job werde ich nach der Wahl nicht mehr benötigen«, antwortete Stuart.

»Oh? Und warum nicht?«

»Weil Sie nach der Wahl Vizepräsident sein werden – und ich Ihr Stabschef.«

Stuarts Worte trafen Wiley direkt beim Trinken, weshalb er sich verschluckte und hustend den Latte über seinen scharlachroten Pyjama verteilte. Stuart zuckte nicht mal mit der Wimper angesichts dieser Entgleisung, und Wiley nahm an, dass Stuart seine Aussage genau platziert hatte. »Sind Sie nur gekommen, um mir das mitzuteilen?«, fragte Wiley, während er sich das Kinn mit dem Ärmel abwischte. »Sind Sie in mein Haus eingebrochen, haben meine Freundin betäubt und mich aus dem Bett gezerrt, nur um über Ihre Karriere zu reden?«

»Nein.«

»Nein?«

Stuart schüttelte den Kopf.

Und Wiley drehte sich der Magen um.

3

Tafriz, Iran

Während die Frau ihre Tochter hinaustrug, wischte sich Dr. Ayden Archer mit einem verschmutzten Lappen den Schweiß von der Stirn. Ein paar saubere hatte er noch vom Waschgang des letzten Abends, aber diese wollte er für die Kinder aufsparen. Er machte ein paar Schritte, um einen Blick in die Gasse zu werfen, bevor die Tür zufiel. Es war an der Zeit, das Signal zu geben.

»Bitte kommen Sie rein«, bat er auf Farsi und hielt die Tür auf. Die nächste Frau in der Schlange verbeugte sich leicht, ihr Baby fest umklammert. Auch wenn sie seinen Blick nicht erwidern würde, wusste Ayden, dass in ihren Augen Freude lag.

»Ich bin gleich zurück«, ließ er sie wissen, griff nach einer Jodflasche und trat hinaus. Den nächsten Teil seines täglichen Rituals hasste er, aber die Jahre der Erfahrung hatten ihn gelehrt, dass es nur auf diese Weise ging.

Er schritt die Gasse nach Osten entlang und zählte die Kinder, während er schweigend lächelte. Es erstaunte ihn immer wieder, wie geordnet sie warteten. Er hatte keine Regeln aufgehängt, und doch war es immer das gleiche Bild. An sechs Tagen der Woche warteten die kranken Kinder Seite an Seite entlang der nördlichen Mauer im schmalen schattigen Streifen, während ihre Mütter unter der erbarmungslosen iranischen Sonne in ihrem Tschador brieten. Wenn doch nur die Frauen das Land regieren könnten, sinnierte er.

Als er beim 30. Kind angekommen war, hielt er an. Fünf weitere Stunden mit sechs Kindern pro Stunde würden ihn bis acht Uhr auf Trab halten. Vor einem zweijährigen Mädchen ging er in die Hocke. Lily war ihr Name, wenn er sich richtig erinnerte. »Hallo, meine Schöne«, begrüßte er sie und streichelte ihr mit dem Handrücken über die heiße Wange. Dann öffnete er den Verschluss der Jodflasche und befeuchtete seinen Zeigefinger. Er zeichnete einen Halbkreis auf ihre Stirn und fügte zwei Punkte hinzu. Für ihn war das ein lächelndes Gesicht, aber wenn man ihn fragen würde, wäre seine Antwort: ein Mond mit zwei Sternen. Er wandte sich der Mutter zu. »Ihre Tochter wird die letzte Patientin für heute sein.«

Er fuhr damit fort, den weiteren Kindern Smileys auf die Stirn zu malen, ebenso mit einem Mond, ergänzte aber noch einen dritten Stern als Nase. Als er angefangen hatte, hier zu praktizieren, hatte er sie noch nummeriert, war dann aber zu einem freundlicheren System übergegangen, als er mitbekam, dass niemand versuchte zu schummeln.

Gemeinsames Leid führte zu Solidarität – solange kein Testosteron involviert war. Während er weiterzeichnete, erklärte er den wartenden Müttern dieser Kinder: »Ich bin heute leider nicht in der Lage, mir Ihre Kinder noch anzusehen, aber sie werden morgen gleich die Ersten sein. Mit diesen Markierungen müssen Sie nicht extra früh kommen, lassen Sie Ihre Kinder ausruhen. Das erste werde ich um acht Uhr morgens empfangen.« Ayden wusste, dass dies wie bei den Sicherheitsanweisungen im Flugzeug war – jeder der Anwesenden kannte die Regeln bereits, aber er wiederholte sie trotzdem. Seiner Ansicht nach hielten kleine Rituale einen bei klarem Verstand.

Während er zurück zum Eingang seiner Ein-Mann-ein-Zimmer-Klinik ging, fröstelte es Ayden trotz der Hitze. Der Tag, an dem er keine lächelnden Gesichter mit Nasen zeichnen würde, rückte näher. Seine Finanzierung schwand dahin. Bald würde seine Klinik nach fünf wundervollen, schrecklichen Jahren schließen müssen.

Er spürte, wie ihm die Tränen kamen.

Vor einigen Monaten hatte die Hoffnung an seine Wohnungstür geklopft. Er hatte durch den Türspion geschaut und ein außergewöhnlich charismatisches Gesicht erblickt, dessen hypnotische Augen ein strubbeliger Haarschopf umrahmte. »Die Kunde von Ihrer guten Arbeit hat sich weit verbreitet, mein Freund«, hatte der Mann gesagt, der sich als Arvin vorstellte. »Wenn Sie die nötigen Mittel zur Unterstützung hätten, wären Sie dann bereit, noch mehr zu tun?«

Während er auf die geduldig in der Sonne wartenden stoischen Gestalten blickte, an deren Beine sich kranke Kinder klammerten, wusste Ayden, dass er alles tun würde, um diese Klinik am Laufen zu halten. Alles. An diesem Punkt erschien ihm Arvins großzügiges Angebot als beste und einzige Chance dafür. Doch er hatte die Gelegenheit nicht ergriffen, sich diese Unterstützung zu verdienen. Noch nicht. Er betrat wieder seine Klinik und betete, dass er es bald tun würde …

4

Luftraum über der türkisch-iranischen Grenze

»Wir befinden uns 30 Minuten vom Ziel entfernt«, plärrte die Stimme des Piloten über Odis Headset, während sich das Transportflugzeug C-141 nach Norden senkte. »Potchak hat gerade bestätigt, dass die Mission grünes Licht hat.«

Odi blickte sich um. Nur Waslager hatte die Ankündigung gehört. Als stellvertretender Teamleiter war er das einzige andere Teammitglied mit Funkkontakt sowohl zum Bodenteam als auch zur Einsatzleitung. Waslager als sein Stellvertreter – daran hatte Odi noch immer zu knabbern. Es war ihm nicht leichtgefallen, seinen Ärger vor dem Team zu verbergen. Sie waren so dicht gedrängt wie in einer Sardinenbüchse und passten gerade so hinein, doch Potchak hatte trotzdem noch einen weiteren Fisch in die Dose gesteckt. Einen stinkenden. Etwas war faul im Staate Dänemark.

Odi legte den Schalter an seinem Headset um, damit das gesamte Team seine Stimme hören konnte, und verdrängte Waslager aus seinen Gedanken. »Zuhören. Letzte Erinnerung an alle, die mit den Gedanken immer noch bei der Frau der letzten Nacht sind. Mit dieser kleinen Kurve, die ihr vorhin gespürt habt, hat unser Vögelchen Kurs auf die türkisch-iranische Grenze genommen. Wir fliegen jetzt an ihr entlang Richtung Norden. In ungefähr 28 Minuten haben wir das Zielgebiet erreicht. Eure Fallschirme sind darauf eingestellt, sich in 4500 Metern Höhe automatisch zu öffnen; aber behaltet trotzdem euren Höhenmesser im Auge, diese Dinger sind für ihre Fehlfunktionen bekannt. Haben Sie das verstanden, O’Brian? Driften Sie mir jetzt nicht ab.«

»Aye, aye, Sir. Wo wir gerade beim Thema sind, könnten Sie mir noch mal sagen, ob ich die schwarze oder die silberne Lasche ziehen muss?«

»Hauptsache Sie ziehen nicht an der kleinen fleischfarbenen. Wie auch immer, Gentlemen, ich gehe als Erster durch die Tür und werde meinen Infrarotblinker tragen. Reiht euch hinter mir ein. Und denkt daran, je länger wir auf dem Wind reiten, desto weniger müssen wir ihn vögeln. Und vergesst nicht, euer Paket abzuwerfen, wenn ihr 30 Meter erreicht habt. Wenn wir richtig navigieren, wird das Gelände so blank wie Mitchs Kopf sein, dann müssen wir uns keine Sorgen darüber machen, uns in Bäumen zu verheddern. Falls ihr es vergesst, euer fünfter Eingriffspunkt werden ein Dutzend Granaten sein. Nehmt mich beim Wort, Gentlemen. Das reicht aus, um jedem den Tag zu versauen. Sobald ihr euch sicher am Boden befindet, bestätigt ihr mit eurem Codenamen und ›Okay‹. Keine echten Namen. Kein Gequatsche. Wir formieren uns dann auf meiner Position. Verstanden?«

»Verstanden«, erwiderten sechs Stimmen. Waslager nickte nur.

»Gut. Haltet euch an den Plan, und wir werden rechtzeitig zum Frühstück zurück in Incirlik sein. Falls es noch Fragen gibt, dann jetzt.«

»Was ist das Ziel?«, fragte Flint, während er sich mit der geölten Klinge seines KA-BAR-Messers gedankenverloren die Haare von seinem Oberarm rasierte.

Odi lächelte, erleichtert darüber, diese Information endlich mit seinem Team teilen zu können. »Ganz ihrer hinterhältigen, widerwärtigen Art entsprechend haben unsere Kumpels von Al-Qaida ein Trainingscamp als Krankenhaus getarnt.« Die Männer johlten, alle bis auf Waslager. Was stimmt bloß nicht mit diesem Kerl?, fragte sich Odi. Er wünschte, Cassi wäre hier. Seine Zwillingsschwester hätte Waslager sofort durchschaut. Sie konnte Menschen schon immer lesen – zumindest solange es nichts Persönliches betraf, dachte er schulterzuckend. Denn wenn es um ihr Privatleben ging, war Cassi so ahnungslos wie Ödipus.

»Das Al-Qaida-Camp befindet sich im Außenbezirk einer Minenstadt, die aus der Zeit stammt, als man da noch Kupfer abgebaut hat. Inzwischen ist Tafriz nicht viel mehr als ein kleines Bauerndorf, auch wenn es eine bessere Infrastruktur hat als alle anderen Orte in der Umgebung.«

»Wie sehr ähnelt das Camp der Anlage, auf der wir trainiert haben?«, unterbrach O’Brian ihn.

»Sie sind praktisch identisch. Alles wird genau so sein, wie wir es geübt haben. Größe und Beschaffenheit entsprechen unseren Attrappen. Allerdings bestehen die Gebäude aus Betonziegeln, nicht aus Holz. Aber für unsere Granaten macht das keinen Unterschied.

Ihr werdet jeder zehn modifizierte M441-Granaten in Zehn-Sekunden-Intervallen abfeuern, verteilt auf jeweils zehn Meter. Ich weiß, dass ihr das auch in der Hälfte der Zeit durchziehen könntet, aber wir werden das etwas verlangsamen, um einen kühlen Kopf zu bewahren, damit wir auch mit der Scheiße fertigwerden können, die bei so was gerne passiert. Also nicht vergessen: keine Hektik! Hast du gehört, Derek? Keine Eile. Es wäre doch zu schade, eine reibungslose Mission durch Beschuss von der eigenen Seite zu ruinieren. Waslager wird die patrouillierende Wache an der westlichen Spitze ihrer Route ausschalten. Das wird der Startschuss sein, bei dem ich den Wachposten am Zentraleingang ausschalte und ihr euren Angriff startet. Jedes Team wird die erste Salve nutzen, um den Haupteingang seines Gebäudes auszuschalten und das Stockwerk direkt darüber. Das wird das Gebäude versiegeln und Omars Chancen zu entkommen minimieren – nicht dass diese Unglücksraben aufwachen und Zeit für mehr als ein eiliges Allahu Akbar haben. Aber wir können absolut keine Zeugen hinterlassen, weshalb wir kein Risiko eingehen. Waslager und ich werden euch Deckung geben, falls einer dieser Turbanträger sich blicken lässt, wobei ich stark bezweifle, dass dies nötig sein wird.

Sollte irgendjemand etwas versauen, treffen wir uns an der Rückzugsposition, drei Minuten nach dem Signal. Wenn alle da sind, werde ich unser Taxi rufen. Dann bleibt uns nur noch ein Sprint von zwei Kilometern auf die andere Seite des nahen Hügels, während ein Blackhawk von der türkischen Grenze für eine rasche Exfiltration kurz zu uns rüberfliegt.«

Als Odi fertig war, zeigte Adam über seine Schulter auf die Leuchten über der Sprungtür. Odi blickte auf und sah, dass der Pilot die Anzeige von Rot zu Gelb geändert hatte. Er spürte, wie sich das Adrenalin aufbaute. »Aufstehen, Männer.«

5

Asgard Island, Chesapeake Bay

»Sie sind also nicht hier, um über Ihre Karriere zu reden?«, fragte Wiley erneut und versuchte dabei einen neutralen Tonfall zu wahren.

»Nein.«

»Was zum Teufel machen Sie dann hier, Stuart?«

»Wie schon gesagt, wir müssen reden – ungesehen, ungestört und allein. Es gibt etwas, das Sie wissen sollten. Etwas, über das wir uns unterhalten müssen.«

»Dann raus mit der Sprache«, befahl Wiley. Er hatte die Nase voll.

Stuart nickte einmal. »Also gut. Lieben Sie Cassi?«

»Wie bitte?«

»Lieben … Sie … Cassi?«

»Ja.«

Stuart nickte ein weiteres Mal. »Vor sechs Monaten haben Sie angefangen, sich mit Cassi zu treffen, kurz nachdem wir … unsere Zusammenarbeit begonnen hatten. Damals habe ich nichts gesagt. Vielleicht war das ein Fehler. Ehrlich gesagt, basierend auf Ihrer Vergangenheit und der Cassis dachte ich nicht, dass das lange hält.«

Stuarts sachlich-nüchterner Gesichtsausdruck nervte Wiley, aber er hielt die Klappe. Je schneller sein Wahlkampfmanager und zukünftiger Stabschef zum Punkt kam, desto eher würde Wiley wieder ins Bett können.

»Ich muss gestehen, dies ist Ihre erste Entscheidung, die ich nicht verstehe.« Stuart hielt inne. Er schien zu überlegen, wie er das Folgende am besten ausdrücken sollte, schüttelte dann aber resignierend den Kopf. »Es sind nur noch zwölf Monate bis zur Wahl. Carvers Team stellt heute die endgültige Liste mit den möglichen Kandidaten für den Vizepräsidentenposten fertig. Es stehen noch drei Namen drauf.« Stuart hob seine Faust mit dem Ballen zu Wiley gewandt. »Jefferson Wallace.« Sein Zeigefinger schoss in die Höhe. »Arthur Hayes.« Es folgte der Mittelfinger. »Und Sie.« Statt einen dritten Finger zu heben, ahmte er eine auf Wiley zielende Pistole nach. Dann öffnete er die Hand für einen Handschlag. »Gratulation, Direktor Proffitt. Sie sind offiziell dabei.«

Wiley konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er nahm den Latte in die andere Hand und erwiderte den kalten Handschlag seines Insiders aus Washington, erstaunt darüber, dass es Stuart gelungen war, an ein solches Geheimnis zu gelangen. Eine solche Shortlist würde nur dem Präsidenten und zwei oder drei seiner Topberater bekannt sein.

Nachdem sie sich die Hände geschüttelt hatten, fuhr Stuart fort. »Es ist allerdings kein Geheimnis, dass Mills die Nummer eins als Herausforderer ist. Und ich bin mir zu 95 Prozent sicher, dass er entweder Anders oder Metcalf als Vize auswählen wird.« Stuart breitete die Arme aus und zuckte mit den Schultern, dann setzte er sich wieder hin und deutete mit seiner Haltung an, dass Wiley sich den Rest gut allein denken konnte.

Wiley stand auf dem Schlauch, hatte aber nicht vor, diesem eingebildeten Wichser diese Genugtuung zu geben. Nicht hier. Nicht in seinem Haus. Er nahm einen ausgiebigen Schluck von seinem Latte und inhalierte den Dampf, um das nussige Aroma voll auszukosten. Währenddessen dachte er nach. Anders war seit zwei Legislaturperioden Gouverneur von Georgia und Metcalf seit vier Wahlperioden Senator für Florida. Beide besaßen eine solide Biografie, aber keiner von ihnen konnte seine beiden Amtszeiten im Kongress übertrumpfen, die vier Jahre im Amtssitz des Gouverneurs von Virginia und seine aktuelle Stellung als Direktor des FBI. Sowohl Anders als auch Metcalf waren verheiratet … Ist es das?, fragte sich Wiley. Wollte Stuart, dass er sich verlobte? Kein Problem. Aber warum hatte er dafür so ein Theater inszeniert? Stuart war wohl kaum der sentimentale Typ, aber hey, jeder hat so seine Eigenarten. Neben der Macht schien diesem Mann offenbar nur die Ehe heilig zu sein. Wiley empfand das als wichtige Information und speicherte sie sich für die Zukunft ab.

Nachdem er den Schwachpunkt seines reptilienhaften Wahlkampfmanagers entdeckt hatte, veränderte Wiley seine Taktik. Er wollte hören, wie Stuart seine Gefühle in Worte fasste. »Fahren Sie fort, Mr. Slider.«

Stuart starrte ihn mit eisigem Blick an. »Anders ist 1,95 groß, Metcalf 1,98 und Cassi 1,86. Sie, wie auch immer, sind da relativ mickrig mit knapp 1,60 in Schuhen. Sie können die öffentliche Aufmerksamkeit nicht dominieren, wenn Sie im Wahlkampf wesentlich kleiner wirken als alle anderen. Wenn Sie es versuchen, werden Sie zur Witzfigur, einem politischen Chihuahua, einem Gag für die Late-Night-Shows.«

Als er diese Worte hörte, fühlte Wiley sich, als hätte man ihm in den Magen geboxt.

Stuart ließ ihm keine Zeit, Atem zu holen. »Um Anders und Metcalf kann ich mich kümmern. Sie werden nie neben einem von den beiden stehen müssen, auch wenn ich mir sicher bin, dass deren Wahlkampfmanager es schamlos versuchen werden. Aber Cassi … Da besteht keine Chance, diese Aufnahme zu vermeiden. Auf dem von uns veröffentlichten Foto von Ihnen mit ihr werden Sie längere Beine haben als sie. ›Wer hat bei den Proffitts die Hosen an?‹, ›Wer hat das Sagen?‹, ›Der winzige Wiley-Möchtegern.‹ Die Schlagzeilen in der Boulevardpresse wären der Todesstoß für Sie.« Stuart faltete die Hände über seiner Brust zusammen.

»Es läuft alles darauf hinaus, Direktor. Entweder Sie vergessen Cassi Carr oder das Oval Office. Das sind die beiden einzigen Optionen.«

Aber in Wahrheit gab es keine zwei Optionen. Das wussten sie beide.

Wiley schloss die Augen. Er würde Cassi verlassen müssen.

»Ich gebe Ihnen dafür Zeit bis Montag«, informierte ihn Stuart.

Als Wiley die Augen schließlich wieder öffnete, war Stuart verschwunden. Ausnahmsweise wusste er das magische Talent des Mannes zu schätzen. Mehrmals über die Schulter blickend ging Wiley zum Wandsafe hinüber, drehte den Knopf in die richtigen Zahlenkombinationen und entnahm eine kleine Schachtel. Sie war eierschalenblau und quadratisch, mit einer Seitenlänge von ungefähr fünf Zentimetern. Er zog das weiße Seidenband auf, öffnete den Deckel und starrte hinein. Wunderschön, dachte er, so einzigartig und makellos wie die Frau, für die er gedacht war.

Vor einem Monat hatte Wiley den perfekten Verlobungsring gefunden. Wochenlang hatte er die Erwartung eines spontanen Heiratsantrags genossen. Mit diesem freudigen Geheimnis in der Hand fühlte er sich wie ein Kind am Weihnachtsmorgen. Tatsächlich hatte er ihn zu sechs verschiedenen Anlässen in seiner Tasche getragen, immer bereit, vor ihr auf die Knie zu sinken. Doch es war nie der richtige Moment gewesen. Sein jüngster Plan bestand darin, seinen Antrag am nächsten Tag beim Abendessen zu machen. Er hatte das perfekte Restaurant ausgesucht und sogar schon Hinweise gestreut. Doch das stand jetzt natürlich nicht mehr zur Debatte. Wie für die nächsten fünf Jahre nicht mehr …

Für einen kurzen Moment fragte sich Wiley, was Stuart getan hätte, wenn er den Antrag schon gemacht hätte. Dann fiel ihm ein, wie übergriffig er sich Cassi gegenüber verhalten hatte. Er hatte sie im Schlaf betäubt, damit er seine Neuigkeiten mit großer Verve präsentieren konnte. Wiley entschied sich, diesem Gedanken nicht weiter nachzugehen.

Er schloss die Schachtel von Tiffany’s, gab ihr einen endgültigen letzten Klaps, band die Schleife wieder drum und stellte sie in den Safe zurück. Er wandte sich um, die eine Zukunft gegen eine andere eintauschend, stolperte quer durchs Arbeitszimmer ins Bad … und übergab sich.

6

Alexandria, Virginia

»Was haben wir?«, fragte Cassi, die versuchte, sich auf die aktuelle Aufgabe zu konzentrieren, während die Nachwirkungen des Schocks ihr noch immer zu schaffen machten.

Officer Foster sah auf seinen Notizblock und lächelte. »Wir haben hier ein paar Fans vom King.« Er räusperte sich. »Elvis Aaron Adams ist heute von seiner Dosenfabrik entlassen worden. Kam nach Hause und erwischte seine Frau Priscilla – kein Scherz, die heißt wirklich so – mit einem anderen Mann im Bett. Dann bedrohte Elvis die beiden mit einer Schrotflinte. Zehn Minuten lang schrie er sich die Lunge aus dem Hals und schmiss mit Sachen um sich, während die Witwe von nebenan uns anrief. Dann wurde alles ruhig.«

»Wurden Schüsse abgegeben?«, fragte Cassi, der einfiel, dass sie jetzt schon zum zweiten Mal mit einem Mann verhandeln würde, der Elvis hieß, und die sich fragte, ob das ein Zufall war.

»Kein einziger.«

Sie nickte ein paarmal, während sie die Situation verarbeitete. »Erzählen Sie mir von Elvis.« An jedem anderen Tag hätte sie sich über den Humor, der in diesem Satz mitschwang, amüsiert. Aber heute war sie zu keinerlei Scherzen aufgelegt. Officer Foster schien ihre Stimmung zu spüren.

»Er ist weiß, 43 Jahre alt, 1,70 Meter groß. Vor zwei Jahren, als sein Führerschein ausgestellt wurde, wog er 65 Kilo.«

»Hat er ein Strafregister?«

»Nicht mal einen Strafzettel.«

»Haben die beiden Kinder?«

»Die Nachbarin sagt Nein. Sagt, sie würden dort nur zu zweit wohnen.«

»Wie lange ist es her, dass er nach Hause gekommen ist?«

»Das war vor 40 Minuten.«

Cassi nickte, während ihr Denkapparat den Turbo einlegte. Das war ausreichend Zeit, um sich zu beruhigen. Aber es war auch genügend Zeit, um sich in einen mörderischen Rausch zu steigern oder sich in eine Suizidspirale zu stürzen. Bei keiner der Optionen sah es gut für Priscilla und ihren Liebhaber aus. Sie entschied sich herauszufinden, wie clever Foster war.

»Ist Elvis ein Trinker?«

»Laut der Witwe ja. Aber als ich nachhakte, gab sie zu, dass es sich nur um ein paar Bier am Freitagabend handelt.«

»Gute Arbeit«, lobte Cassi und holte ihr Handy hervor. »Wie ist seine Nummer?«

»Sie haben kein Festnetz und beide Mobiltelefone sind abgeschaltet.«

Sie zuckte zusammen. Das waren keine guten Neuigkeiten. »Danke, Foster. Ich übernehme ab hier.«

Cassi wusste, dass sie laut Vorschrift außerhalb von Schrotflintenreichweite bleiben musste. Das bedeutete, über Megafon zu verhandeln. Einige ihrer Kollegen bevorzugten den autoritären Gestus dieser Methode, doch sie benutzte es nur als letzten Ausweg oder wenn Drogen involviert waren. Cassi zog es vor, eine persönliche Verbindung zum Täter herzustellen. Ohne Telefon bedeutete dies, dass sie dicht an Elvis heranmusste, damit beide die Nuancen in der Stimme des anderen hören konnten.

Sie musste eine Entscheidung treffen. Wenn ihre Analyse zutraf, wäre es sehr unwahrscheinlich, dass Elvis zuerst schießen und dann Fragen stellen würde. Gestern hätte das Cassi noch genügt. Doch heute war sie sich nicht sicher. Als sie bei Wiley aufgewacht war, hatte sie sich komisch gefühlt. Dann hatte sie mit Tränen in den Augen gesehen, wie auf dem weißen Urin-Teststreifen eine blaue Linie erschien. Wenn sie sich heute in Gefahr brachte, würde sie gleich zwei Leben aufs Spiel setzen.

Vom Haus ertönte ein gedämpfter Schrei und sie traf ihre Entscheidung. Sie würde die Vorschriften ignorieren. Cassi lief zur Eingangstür und suchte Schutz am Türrahmen. »Guten Abend, Elvis«, begann sie mit lauter, aber freundlicher Stimme. »Mein Name ist Cassandra Carr, Cassi. Ich bin hier, um Ihnen zu helfen. Könnten Sie bitte zur Tür kommen, damit wir uns unterhalten können?« Bitte, bitte, mit zuckersüßer Stimme.

Elvis antwortete nicht umgehend. Was zu erwarten war. Er benötigte einen Moment, um sich zu entscheiden. Cassi versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, damit sie nicht nervös wurde, während sie wartete. So wie man pfeifend über einen Friedhof ging. Das fiel ihr nicht schwer. Ihr Privatleben besaß die traurige Dramaturgie einer Seifenoper. Die Ironie der jüngsten Ereignisse wurde ihr bewusst. Während eines kürzlichen Interviews mit PoliTalk hatte Wiley die Fehlerhaftigkeit von Kondomen als Allegorie für die nationale Verteidigungsbereitschaft benutzt – reichten 99 Prozent Sicherheitsgarantie aus? –, ohne zu wissen, dass einer seiner kleinen Soldaten es selbst jüngst hinter die feindlichen Linien geschafft hatte. Wäre es keine so ernste Angelegenheit gewesen, hätte sie jetzt gelacht.

Wie wird er reagieren?, fragte sie sich. Wäre er begeistert oder entsetzt? Würde er sie fallen lassen oder ihr einen Antrag machen? Sicher würde er um ihre Hand anhalten, vermutete Cassi. Das war es doch, was er mehr als alles andere wollte. Aber wollte sie es auf diese Weise? Die Antwort kam umgehend, leise, aber entschlossen wie ein Elefant, der unter dem Zauberstab eines Magiers erschien. Nein. Nein, auf diese Weise wollte sie Wiley nicht bekommen.

Ein sich öffnendes Fenster im ersten Stock brachte sie zurück in die Wirklichkeit. Sie trat einen Schritt zurück, um eine bessere Sicht zu bekommen, und plante natürlich gleichzeitig ihren Rückzug. Beim ersten Anzeichen der Schrotflinte würde sie Fersengeld geben. Mit nachlassendem Mut stellte sie fest, dass es leider nirgendwo in Reichweite ausreichend Deckung gab – nur ein dünner Laternenpfahl und ein paar zerrupfte Büsche. Die Hausecke war ihre einzige Chance, und die befand sich sechs Meter entfernt. Das Vernünftigste wäre es, jetzt sofort loszulaufen.

Elvis kam ihr zuvor. »Sie können helfen, indem Sie alle verschwinden.«

Cassi hielt inne. Es war ein gutes Zeichen, dass Elvis nicht mit einer Drohung begann. Das deutete ihr an, dass Gewalt nicht sein erster Gedanke war. Vielmehr zeigte seine Reaktion, dass er entkommen wollte. »Das würde ich wirklich gern«, antwortete sie. »Ebenso wie meine Freunde.«

Elvis reagierte nicht direkt. Er wartete auf ihre Bedingungen. Cassi wollte, dass er die Tatsache akzeptierte, dass es Bedingungen geben würde, also wartete sie auf seine Frage. Während sie dort auf der Betontreppe vor dem kleinen, heruntergekommenen Haus stand, mit 20 kampfbereiten Augenpaaren auf sich gerichtet und im Blick des Geiselnehmers, wanderten Cassis Gedanken wieder zu ihrem eigenen Zustand.

Sie würde Wiley nichts von dem Baby erzählen. Nicht jetzt. Und nicht bevor er ihr einen Antrag gemacht hatte. Und das bedeutete, dass sie es auch ihrem Arbeitgeber nicht mitteilen konnte. Denn das lief auf das Gleiche hinaus. Hier im Schatten eines Verbrechens wollte sie sich wegen dieser Entscheidung gut fühlen. Sie wollte beruhigt schlafen können, im Wissen, es aus den richtigen Gründen getan zu haben. Aber das konnte sie nicht. Sie fühlte sich schuldig. Schuldig, weil sie tief in ihrem Inneren froh über diese Ausrede war.

Cassi gehörte zu den potenziellen Nachfolgern von Jack Higgins, der am Ende des Jahres als Leiter der Abteilung für Geiselverhandlungen des FBI in Pension gehen würde. Seit er seine Absichten kundgetan hatte, versuchte sie, nicht so häufig daran zu denken, damit die Enttäuschung nicht umso größer sein würde. Doch das war unmöglich. Die Verhandlungseinheit zu leiten war ihr Traumjob. Und trotz der psychologischen Verteidigungsstrategien, die sie aufzubauen versuchte, wäre sie am Boden zerstört, wenn sie die Stelle nicht bekommen würde.

Cassi rechnete alles kurz durch. Sie befände sich im vierten Monat, wenn Higgins’ Nachfolger bekannt gegeben würde. Da dies ihr erstes Kind war, würde sie ihren Zustand mit weiter Kleidung vermutlich noch eine Weile geheim halten können. Sie fühlte sich nicht wohl mit den ethischen Implikationen, die Neuigkeiten in jenem Monat zu verkünden, in dem sie die Beförderung erhielt. Doch ihre Chancen auf die Beförderung wären gleich null, wenn man wüsste, dass sie schwanger war. Und das war ebenso wenig fair, oder?

»Okay. Dann gehen Sie. Verschwinden Sie.«

Beim Klang von Elvis’ angespannter Stimme kehrte Cassi in die Realität zurück. »So einfach ist das leider nicht, Elvis. Sie müssen mir Ihre Waffe zuwerfen.«

»Behandeln Sie mich nicht wie einen Idioten.«

»Ich halte Sie nicht für einen Idioten, Elvis. Ich halte Sie für einen guten Mann in einer schlimmen Situation. Sie wurden betrogen. Ich weiß, dass Sie ein anständiger Kerl sind. Ich möchte Sie nur davor bewahren, etwas Dummes in einem Moment des Zorns zu tun. Ich möchte nicht, dass Sie etwas tun, womit Sie sich Ihr restliches Leben ruinieren. Seien wir ehrlich. Wenn sie Sie betrogen hat, ist sie es nicht wert.«

»Werden Sie mich gehen lassen?«

»Das werde ich.«

»Ich kann einfach in mein Auto steigen und davonfahren? Und Sie werden mich nicht aufhalten?«

»Nicht wenn Sie niemanden verletzen. Nicht wenn Sie die Waffe zurücklassen. Sie haben doch niemandem etwas getan, Elvis? Oder?«

»Nicht mehr als ein paar Ohrfeigen.«

»Die sie verdient haben.«

»Verdammt richtig.«

»Dann sind Sie ein freier Mann. Na los. Verlassen Sie diese unwürdige Schlampe. Fangen Sie ein neues Leben an. Ein besseres Leben. Oder warten Sie darauf, dass sie zu Ihnen zurückgekrochen kommt, sobald ihr bewusst wird, was sie verloren hat. Sie haben die Wahl.«

Erneut herrschte Stille. Cassi bereitete der Mangel an Geräuschen aus dem Haus Sorgen. Normalerweise würden die beiden Geiseln irgendwelche Laute von sich geben, um mit der Polizei Verbindung aufzunehmen, damit man sie nicht vergaß, wenn die Kugeln anfingen zu fliegen. Sie hoffte, sie waren nur aus Angst so still.

Cassi fragte sich, was sie tun würde, wenn Wiley nicht bald um ihre Hand anhielt. Mit dem wachsenden Baby in ihrem Bauch konnte sie nicht zu lange warten. Er würde die unausweichliche Situation, in die ihn dies zwingen würde, nur noch mehr verabscheuen. Aus ihrer Zeit als Therapeutin wusste sie, dass eine solche Situation einen emotionalen Riss zwischen ihnen beiden verursachen könnte, in dem jegliche Vertrautheit für den Rest ihres Lebens verschwände.

»Ich komme raus«, verkündete Elvis. Die Stimme erklang direkt hinter der Tür.

»Kluge Entscheidung, Elvis. Kluge Entscheidung. Tun Sie mir nur einen Gefallen: Wenn Sie zu Ihrem Auto gehen, halten Sie die Hände so, dass wir sie sehen können.«