BESONDERES ABSEITS DER
BEKANNTEN WEGE ENTDECKEN
Sie wollen Oberbayern erkunden und fragen sich, ob es in dieser Region überhaupt noch weiße Flecken gibt. Bier, Berge, barocke Bauten – so kennen Sie Oberbayern, so wird es in unzähligen Reiseführern beschrieben. Und da soll es noch »Besonderes abseits der bekannten Wege« zu finden geben?
Ja, gibt es. Denn Oberbayern bietet so viele Superlative, dass manches, was in kulturell und landschaftlich weniger reichen Gegenden mit drei Sternen im Reiseführer ausgezeichnet würde, hier nicht mal einen erhält.
Diese verborgenen Schätze zu finden, war mir ein Vergnügen. Und ich lade Sie ein, mit mir auf die Reise zu gehen. Glauben Sie mir: Es gibt noch Land zu entdecken. Auch im 21. Jahrhundert.
Dabei wünsche ich Ihnen viel Spaß.
IMMER: EINE SÜNDE WERT! MEINE LIEBLINGSLÄDEN ZUM ESSEN, TRINKEN UND EINKAUFEN
1 Vom Forsthaus zum Wirtshaus
2 Rückschüttmühlenromantik
3 Planegg: Schlemmeregg
4 Ismaning: Obatzt is!
5 Kraut für den Bischof
6 Dießen: Töpfer mit Tradition
7 Herrsching: Top Secret
8 Berg: Bücher statt Brote
9 Kochel: Birnen mit Schlagrahm
10 Brauneck, Stie-Alm: Alles Käse
11 Nur wer gegessen wird, überlebt
12 Gotzing: Kleinbonum in Bayern
13 Lufttürme statt Almhütten
14 Rosenheim: vom Korn zur Bohne
15 Aschau: Werkzeug und Kunstobjekt
16 Schönau am Königssee: Brand vom Berg
17 »Die kleidsame Volkstracht«
18 Mariabrunn: heilendes Wasser, süffiges Bier
DA WILL: ICH HIN TRADITION, ÜBERRASCHENDES, MODERNES LEBEN
19 München: Oberbayern ist eine Schäferin
20 Neuried: eintreten oder austreten?
21 Neuhausen: kein Killer, kein Opfer
22 Wie der Masskrug seinen Deckel verlor
23 Kirchseeon: das Fürchten lernen
24 Ein großer kleiner Finger
25 Schöngeising: Licht in allen Straßen
26 Unterbrunn: Wo die Meisterdiebe wohnen
27 Zugspitze: cool und kalt
28 Schachen: oben, »weit, in der Türkei«
29 Die Storchenwürde ist unantastbar
30 Lenggries: Steine gab’s und wenig Brot
31 Gmund: Papier für die Welt
32 Hausham: Kunst und Kohle
33 Bad Aibling: Historismus und Jugendstil
34 Schloss Amerang: offen für alle
35 Wasserburg: Sommerfrische fürs Bier
36 Freilassing: Karussell für Lokomotiven
37 Mühldorf: Skurriles für Jäger und Gejagte
38 Wolnzach: Bier und Schokolade
39 Hochfelln: in memoriam Loriot
40 Hinterkaifeck: blutige Provinz
41 Eine urbayerische Maschine
42 Möckenlohe: der Bauer als Historiker
43 Altmühltal: Lammabtrieb
MAL WIEDER: ZEIT FÜR KULTUR!
44 Ebersberg: die Botschaft der Bäume
45 Dachau: kein Haus, ein Ort
46 Altomünster: das Erbe des Alto
47 Jesenwang: Sterne, Blüten, Hufgetrappel
48 Vilgertshofen: ohne Worte
49 Pestenacker: ab in die Steinzeit
50 Utting: Jugendstil-Juwel
51 Andechs: Carl, Carmina und der Klerus
52 Die Wasserspiele der Wittelsbacher
53 Landsberg am Lech: der Herkomerturm
54 Polling: vergessene Künstlerkolonie
55 Murnau: der Millionenkeller
56 Oberammergau: Welten hinter Glas
57 Partenkirchen: Raetia und Rasso
58 Penzberg: die Vorzeigegemeinde
59 Bad Tölz: Giebe-Gabi und wie er die Welt sah
60 Auf den Spuren von Quirin Roth
61 Altenstadt: strumpfsockert
62 Obersalzberg: delikates Erbe
63 Das Werk lobt den Meister
64 Garching an der Alz: Blick in die Wohnküche
65 Altötting: Reise nach Jerusalem
66 Die Kleine Wies
67 Platzproblem grandios gelöst
68 Alles für unsere Wittelsbacher
69 Der Sohn des Stadtmaurers
70 Manching: Gottes Zeltmacher
71 Die Nestbeschmutzerin
72 Große und kleine Kostbarkeiten
73 Großes Theater mit kleinen Mitteln
74 Eichstätt: Kriegserinnerungen
75 Urschalling: die heilige Geistin
76 Von jungen Künstlern und alten Pferden
HEUTE: WILL ICH RAUS!
77 Unterweikertshofen: Hecken und Bäume
78 Pullach: freie Fahrt für Flöße
79 Schäftlarn: in Gottes Garten
80 Glonn: erfrischend nostalgisch
81 Baumwollbällchen und Purpurteppich
82 Hohenpeißenberg: alle Wetter
83 Die Welt unter einem Dach
84 Magie der Bäume
85 Auf den Spuren der Rindviecher
86 Urfeld: ihr Haus, sein See
87 Grub: »gutes Wasser« für München
88 Sie säen nicht und sie ernten doch
89 Technik und Natur im Einklang
90 Großfamilientauglich
91 Höhenflug am Schloss
92 Haßlberg: Kalkstein spielt Marmor
93 »Hackl nehma und in Holzschlag geh’n«
94 Von Staffelei zu Staffelei
95 Im Palast der Schneekönigin
96 Oberschroffen: vom Eise befreit
97 Mühldorf: Fährmann, hol’ über!
98 Haager Land: wo Weiher Kessel sind
99 Freising: von Bären und Rosen
100 Jetzendorf: In allen Wipfeln ist Unruh’
IMMER
EINE SÜNDE WERT!
MEINE LIEBLINGSLÄDEN ZUM ESSEN, TRINKEN UND EINKAUFEN
1 Vom Forsthaus zum Wirtshaus
2 Rückschüttmühlenromantik
3 Planegg: Schlemmeregg
4 Ismaning: Obatzt is!
5 Kraut für den Bischof
6 Dießen: Töpfer mit Tradition
7 Herrsching: Top Secret
8 Berg: Bücher statt Brote
9 Kochel: Birnen mit Schlagrahm
10 Brauneck, Stie-Alm: Alles Käse
11 Nur wer gegessen wird, überlebt
12 Gotzing: Kleinbonum in Bayern
13 Lufttürme statt Almhütten
14 Rosenheim: vom Korn zur Bohne
15 Aschau: Werkzeug und Kunstobjekt
16 Schönau am Königssee: Brand vom Berg
17 »Die kleidsame Volkstracht«
18 Mariabrunn: heilendes Wasser, süffiges Bier
Von vielen unbemerkt ist die Welt im Dezember 2013 wieder ein Stückchen härter und herzloser geworden: Am 27. des Monats strahlte das ZDF die letzte Folge von Forsthaus Falkenau aus. Nach 25 Jahren und 321 Episoden kam das Aus. Die jungen Leute, so hieß es, sähen lieber Krimis.
Das ist es dann wohl, das Ende des romantischen Bilds vom Förster, das schon in den 50er-Jahren etabliert wurde. Der Förster vom Silberwald zählt zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Filmen und lockte rund 28 Millionen Besucher ins Kino. Zugegeben, der Berufsstand bietet nicht mehr viel Romantik. Das Ökosystem Wald wird heute von Fachleuten gemanagt, die als Forstingenieure oder Forstwissenschaftler ein Studium mit breiter Fächerkombination absolviert haben. Das Bild vom edlen Naturburschen im grünen Loden, der mit seinem Hund durch den Wald streift, Wilderern und Holzdieben Paroli bietet und mit Bäumen und Tieren spricht, passt nicht mehr. Der Förster von heute verbringt 80 Prozent seiner Zeit am Schreibtisch, und seine Dienstwohnung ist längst nicht mehr das Forsthaus.
Dass sich diese Häuser anders nutzen ließen, erkannte man früh – Waldspaziergänge machen bekanntlich durstig. So erhielt das um 1880 erbaute Forsthaus Hubertus im Ebersberger Forst bereits 1955 die »Belieferungszusage« einer Brauerei. Die heutigen Wirtsleute haben es mit viel Deko geschmückt, die bestimmt kein Förster in Wohnung oder Garten hatte, aber drinnen wie im Biergarten sitzen Sie gemütlich, die Küche bietet regionale und Bio-Produkte, Service und Preis stimmen. Das mitten im Wald gelegene Wirtshaus ist ein ideales Ausflugsziel für Familien: Sie können die Kinder getrost aus den Augen lassen, hier toben sie ungefährdet. Entsprechend familienorientiert ist auch das Veranstaltungsprogramm. Im Sommer findet das Waldfest statt und in der Adventszeit kommt der Nikolaus mit Rauschebart und Engelein in seiner Kutsche angefahren. Wenn Petrus dann noch mitspielt und den »Silberwald« liefert, können Sie über mangelnde Romantik nicht klagen.
Forsthaus St. Hubertus · Mitte März–Mitte Jan. Do–Sa ab 17.30, So 11–18 Uhr St. Hubertus 1 · 85560 Ebersberg · Tel. 08092/857 99 96 · www.forsthaushubertus.de
Die Kinder, sagt man gerne, wenn Gespräche mal wieder in Richtung Kulturpessimismus driften, wüssten nicht mehr, wie unsere Lebensmittel entstehen. Aber wissen’s die Eltern? Haben die eine Ahnung, was eine Rückschüttmühle ist? Dann wird’s höchste Zeit für einen Familienausflug nach Forstinning. Die Wolfmühle gehört zu den wenigen noch aktiven Getreidemühlen, und die Besitzer, die das Unternehmen schon in der vierten Generation betreiben, haben sie zu einem Ziel für naturferne Städter gemacht. Auf der Terrasse am Bach sitzt man wunderschön, es finden Mühlenführungen statt, einmal im Jahr wird das Mühlenfest gefeiert. Und was auf den Tisch kommt oder im Laden verkauft wird, ist alles bio.
Wolfmühle 1 · 85661 Forstinning · Gartencafé März–Okt. So 12–18 Uhr, Laden Di–Fr 9–18, Sa 8–13 Uhr · jeden Pfingstmontag Mühlenfest · www.wolfmuehle.de
Wenn die Einheimischen behaupten, sie hätten die beste Eisdiele und die Schnitzel beim »Kottmeier« seien einfach sensationell, ebenso exquisit wie die Kreationen des lokalen Konditors, müssen Sie ihnen nicht glauben. Lokalpatriotismus treibt oft bunte Blüten.
Entdecken Sie aber Autokennzeichen, die beweisen, dass Genießer auch aus anderen Landkreisen zum Pe.Es. Kottmeier pilgern, oder sehen die Schlangen, die sich vor dem Café Richter oder dem Purogelato stauen, weicht die Skepsis. Wirklich beurteilen, ob die Planegger angeben oder nicht, kann jeder nur selbst. Auf einer Skala von 1 bis 10, wie schneidet Planegg kulinarisch ab? Lokalpatriotismus oder Schlemmeregg?
Pe.Es. Kottmeier · Bräuhausstr. 18 · Garten an der Würm · pe-es.de · Café Richter · Bahnhofstr. 47 Kuchen, Torten · cafe-richter.de · Purogelato · Poststr. 4 · hausgemachtes Eis
Wo bleibt Brüssel? Wie kann es angehen, dass ein wildes Volk im Süden Deutschlands macht, was es will, und niemand herbeieilt, um eine regionale Käsespezialität ins Raster der EU-Normen zu pressen? Agieren in Brüssel bayerische Obatzder-Lobbyisten, fließen Bestechungsgelder zum Erhalt der Vielfalt?
Die einen schwören auf Kümmel, was andere zurückweisen – sie würzen nur mit mildem Paprikapulver. Camembert oder Brie? Vermengt mit einem Stich Butter oder Frischkäse? Auch bei den Zwiebeln scheiden sich die Geister: gar nicht, fein gewürfelt beigemischt oder als Ringe drapiert. Gleich wie er zubereitet wird, ob er mild schmeckt oder kräftig – die Wirte dürfen ihr Produkt Obatzder nennen und miteinander in Wettstreit treten, wer den besten kreiert. Dabei schneidet der Gasthof zur Mühle in Ismaning besonders gut ab. Ein Bier, eine Brezn zum Obatzdn, Kastanien und das Rauschen des Bachs, der früher die Jungmüllersche Mühle antrieb – der Gasthof mit dem schönen Biergarten ist seit vier Generationen im Besitz der Familie Seidl.
In dem hübschen Schloss-park von Ismaning blieb ein Pavillon erhalten, der als Galerie dient. Dort finden wechselnde interessante Ausstellungen statt.
»Wo Wasser ist, dreht sich immer was«, war das Motto von Johann, der das Anwesen erwarb. Sohn Anton erbaute 1894 die Gastwirtschaft, die – denkmalgeschützt – noch heute erhalten ist. Was seine Nachfahren mit Wasser machen würden, ahnte Johann nicht: Das Hotel bietet Pool und Sauna, in den Konferenzräumen steht Wasser bereit für die Geschäftsleute, die hier tagen. Die Verkehrsanbindung ist ideal. Seit 1992 der neue Münchner Flughafen eröffnet wurde, lautet das Motto: »Wo Flugzeuge sind, dreht sich immer was.« In puncto Geschäftsessen bietet die Küche Feinstes auf internationalem Niveau. Die Tradition kommt dabei nicht zu kurz: Im Biergarten dürfen Sie noch immer die eigene Brotzeit mitbringen. Auch den Obatzdn, wenn Sie meinen, dass Sie ihn besser machen als der Koch der Mühle.
Gasthof und Hotel zur Mühle · Kirchplatz · 85737 Ismaning · Tel. 089/96 09 30 www.hotel-muehle.de
Gibt es Steigerungsformen von Kraut? Im Bairischen schon: »krauterer, krautest«. »Dees krauteste Kraut werd z’ Ismaning baut«, lautet ein alter Spruch. Ein anderer reicht ebenfalls weit zurück, ein Seufzer, der erstmals 1509 erklang: »Oh mei, oh mei: Uns hams ghaut. Hätt man bloß koa Bischofskraut!«
Ghaut. Auf Hochdeutsch klingt das dramatischer: vom Schicksal geschlagen. Ein hartes Los trugen sie also, die Ismaninger. Und das fast 300 Jahre lang. Bis zur Säkularisation band der Pakt die Bauern, den sie 1509 mit Bischof Philipp von Freising geschlossen hatten. Der überließ ihnen die Krautäcker als Gemeineigentum und forderte als Gegenleistung, »jährlich zu der Hofhaltung zu Freising 2500 zeitige Krautköpf zu liefern«. Und zwar das »schenst und sauberst ausklaubte« Kraut. Die kirchlichen Herren wussten schon immer, was gut war, und das Kraut aus Ismaning war nun mal das »krauteste«. Das lag einerseits am Boden (Kalktuff), andererseits an der Sorte, die die Bauern über Jahrhunderte gezüchtet hatten. Das »Ismaninger Weißkraut« ist hell, flachköpfig und besonders mild. 1890 erhielt es auf der Weltausstellung in Paris eine Goldmedaille und wurde damit zum Exportartikel. Damals aber war die große Zeit des Kohls als Hauptnahrungsmittel, Vitaminlieferant und vor allem als Gemüse, das sich in Form von Sauerkraut konservieren ließ, schon vorbei. 1810 wurde die Konservendose erfunden, und in die wanderte nun auch das Sauerkraut – mit entsprechendem Qualitätsverlust.
Der Anbau der alten Kultursorte ist arbeitsintensiv und nicht sehr ertragreich. Und so gibt es nur noch wenige Bauern, die das Ismaninger Kraut anbieten. Einer von ihnen ist der junge Gärtnermeister und durch eine Facharbeit ausgewiesene Sauerkrautexperte Adolf Sieber vom Holzerhof. Als zweites Standbein haben sich Vater und Sohn dem Obstanbau zugewandt. Die Idee, aus dem Obst Marmeladen zu machen und Brände zu destillieren, ist naheliegend. Aber einen Krautschnaps brennen und Sauerkrautschokolade kreieren, das kann nur einer: ein echter Sauerkrautexperte.
Holzers Hofladen · Mo–Fr 8.30–12.30, 14–18.30, Mi 8.30–12.30, Sa 8.30–13.30 Uhr Holzerhof · Münchner Str. 70 · 85737 Ismaning · Tel. 089/96 64 02 · www.holzerhof.eu
Für Keramiker ist die Erde eine Scheibe. Und in deren Zentrum hat Dießen als einer der Top-Ten-Töpfermärkte in Europa seinen festen Platz. Diese Position verdankt der Ort dem Keramiker Ernst Lösche. Der wollte 1962 einen Baum pflanzen und stieß auf Keramikbruch. Ein Fund, der belegte, dass hier schon andere Töpfer vor Lösche tätig waren. Er forschte weiter und konnte belegen, was längst in Vergessenheit geraten war: Dießen war vom 11. bis zum 18. Jahrhundert ein bedeutendes Zentrum der Keramikmanufaktur. Das kleine Museum gibt einen historischen Überblick, besonders schön ist der Park, in dem Keramikobjekte zauberhafte Akzente setzen.
Loesche Keramik · Am Kirchsteig 19 · 86911 Dießen · Tel. 08807/18 77 Töpfermarkt · Christi Himmelfahrt vier Tage · Museum: Markttage 10–18 Uhr, sonst n. Vereinb.
Egoismus ist kein schöner Charakterzug. Aber manchmal ist er notwendig. Zum Beispiel, wenn Sie ein Hotel entdeckt haben, in dem es nur neun Zimmer gibt. Also stapeln Sie tief, wenn Freunde fragen, wo Sie in Herrsching absteigen: »Altes Bauernhaus, nein, liegt nicht am Wasser. Aber ruhig.«
Kein Wort über das grandiose Design der Hotelzimmer, die kuscheligen Bademäntel und die Sauna. Und bloß nichts über das Restaurant, den Küchenchef und seine fantastischen Kreationen. Sonst buchen Ihnen die Freunde die Zimmer vor der Nase weg, und Sie gehen leer aus, wenn Sie wieder mal ein paar Tage ins Fünfseenland fahren und im Romantik Hotel Chalet am Kiental abschalten wollen.
Romantik Hotel Chalet am Kiental · Andechsstr. 4 · 82211 Herrsching am Ammersee Tel. 08152/98 25 70 · www.gourmetchalet.de
Was haben Lübeck an der Ostsee und Berg am Starnberger See gemein? Beide haben Söhne hervorgebracht, die ihre Geburtsorte literarisch porträtierten und lange als Nestbeschmutzer galten. Und: Sie haben sich mit den Söhnen versöhnt und sind heute stolz auf ihren Thomas Mann und ihren Oskar Maria Graf.
In Berg trägt eine Straße seinen Namen, in Aufkirchen steht ein Denkmal, das den Schriftsteller zeigt. In der kurzen Lederhose und mit Janker natürlich. So ist er auch an der Fassade vom Oskar Maria Graf Stüberl dargestellt, im Inneren erinnern Fotos an den Bäckersohn, der 1894 hier geboren wurde. Die Familie seiner Mutter bewirtschaftete seit Jahrhunderten einen einsamen Hof in Aufkirchen, und Graf nützt den Roman Das Leben meiner Mutter, um die Geschichte des Starnberger Sees weit zurückzuverfolgen. Mit den Augen der Bauern beschreibt er die gravierenden Veränderungen, die im ausgehenden 19. Jahrhundert auch das Leben der kleinen Leute betrafen.
Informativ und interessant: der Berger Kulturspaziergang. Er führt auch zu dem Holzkreuz im See, das den Fundort der Leiche Ludwigs II. markiert.
Grafs Lebensweg schien vorgezeichnet: Dorfschule und Bäckerlehre. Doch der Junge entdeckte früh seine Liebe zur Literatur, und ihm die auszuprügeln, wie es der Bruder Max versuchte, misslang. Der 17-Jährige floh nach München, nahm Kontakt zu anarchistischen Kreisen auf und beteiligte sich an der Revolution 1918. Graf war zeitlebens Pazifist und aufrechter Linker. So erregte es ihn zu Recht, dass seine Werke bei der Bücherverbrennung 1933 fehlten. »Verbrennt mich«, schrieb er in der Wiener Arbeiter Zeitung, und sein Freund Bertolt Brecht dichtete: »Tut mir das nicht an! Lasst mich nicht übrig! Habe ich nicht / Immer die Wahrheit berichtet in meinen Büchern? Und jetzt / Werd ich von euch wie ein Lügner behandelt! Ich befehle euch: / Verbrennt mich!« Graf erhielt Satisfaktion: Die Deutsche Studentenschaft organisierte für ihn eine Verbrennung seiner Bücher.
Oskar Maria Graf Stüberl · Mo, Mi–So 10–23 Uhr · Grafstr. 9 · 82335 Berg am Starnberger See · Tel. 08151/516 88