Elke Haut
Nackengriff
Laura Böhm, eine unbedeutende Frau
Rediroma-Verlag
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Umschlagillustration: evgris (shutterstock.com)
Das markanteste Merkmal eines bedeutungslosen Menschen ist, dass er sich keine Feinde macht, aber es fehlen auch die Freunde.
Der Kuss auf den Mund sollte die ehrlichste Form einer Beziehung zwischen zwei Menschen sein. Ihn vorzutäuschen, ist verwerflich!
Gut, dass die Menschen sich weltweit nicht mehr bedeutungslos küssen. Viel zu oft hielten sich nicht nur Freunde vertrauenerweckend in den Armen.
Genauso wird ein Händedruck demnächst eine andere Bedeutung erhalten, Wen wundert´s, wenn damit auch der Begriff des Wortes Liebe neu überdacht werden muss.
Die Welt rückt zusammen, wird so klein, wie sie es nie war!
Verschließe kurzfristig deine Lippen, damit du sie eines Tages wieder zum Kuss öffnen kannst. Umarmen, einander küssen oder zum Gruß die Hände reichen, liegt im Augenblick nur in unseren Gedanken.
In einer kinderreichen Familie die Erstgeborene zu sein, gibt einem Mädchen wenig zu lachen. Als meine Mutter an einem ungemütlichen Novembertag 1955 so weit war, dass sie mich aus ihrem Bauch herauspressen wollte, erlebte ich sofort die Härte meines Daseins. Ein Neugeborenes kann natürlich nicht denken. Ich aber könnte schwören, den Plumps beim Herausfallen gehört zu haben.
Hausgeburten kommen meist unvorbereitet und meine Mutter befand sich in einer manischen Putzphase. Schrubber und Eimer konnte sie wieder einmal nicht stehen lassen, auch wenn ich, Laura, jetzt angesagt war. Das erste Kind bekommt jede Frau unerfahren und sie wusste nicht, was ihr bevorstand. Angst hatte meine Mutter nur vor Dingen, die sie kannte.
Um die Hausarbeit beenden zu können, hielt sie ihre Presswehen zurück und muss dabei ungeheure Schmerzen ertragen haben. Wahrscheinlich waren auch die Fenster an der Reihe und meine störrische Mutter hörte nicht auf zu arbeiten.
Von meinem Vater alarmiert, hatten sich mittlerweile Nachbarn und Verwandte eingefunden, aber weder Hebamme noch Arzt waren in Sicht.
Endlich wurde ich mit großer Kraftanstrengung geboren. An der Nabelschnur hängend, auf dem Leib meiner Mutter liegend, dauerte es eine Ewigkeit, bis Hilfe kam. Sie nabelten mich ab, ich wurde gewaschen und in warme Tücher gelegt. Jeder Mensch wird seinen Eltern etwas zu verdanken haben, ob es gerade die Geburt ist, bleibt für mich dahingestellt.
Das Verspätet-auf-die-Welt-Kommen setzte sich in meinem Leben fort und brachte mir wegen meiner Unpünktlichkeit viel Tadel ein.
Besser sollte ich meine Erlebnisse für mich behalten.
Manche meiner Gedanken würde ich lieber nicht erzählen. Der Preis könnte zu hoch sein. Obwohl, schön wäre es bestimmt, wenn eines Tages irgendetwas Bemerkenswertes von mir übrig bliebe. Aber gerade das war mein Problem. Mit Worten konnte ich mich nie gut ausdrücken, weil mir die oft fehlten. Aber nur im richtigen Interpretieren liegt bekanntlich die Würze des Verstehens. Dann begriff ich, dass die Schule des Lebens die Bedeutendere war und gut formulierte Worte allein nicht ausreichten. Wenigstens beendete ich meine kaufmännische Lehre mit guten Noten.
Bei passender Gelegenheit verließ ich mein Elternhaus, was nur so weit ins Gewicht fiel, dass ich nicht mehr auf meine vielen jüngeren Geschwister aufpassen musste. Mein Verlangen nach Freiheit wurde vom Leben oft bestraft. In schmerzhaften Lektionen lernte ich mit meiner Körpersprache auszudrücken, was mein Mund mir in entscheidenden Augenblicken versagte.
Diese Erfahrung schenkte ich mir selbst!
In der Ehe sah ich nichts anderes als die Freiheitsberaubung einer Frau. Das hinderte mich allerdings in jungen Jahren nicht, in feste Hände zu gelangen.
Ich hatte eine Stellung im Büro einer Speditionsfirma angenommen. Dort lernte ich Walter Böhm kennen. Er war Kunde und gefiel mir außerordentlich. Auch ich war ihm nicht gleichgültig, das spürte ich. Jedenfalls knisterte es von Anfang an zwischen uns und aus dem kleinen Funken wurde loderndes Feuer. Mit meinen zwanzig Jahren hatte ich gelernt, wie sich eine Frau verhalten sollte, wenn sie einen Mann für sich gewinnen will.
Walter erzählte mir, dass er eine Exportfirma für Werbeartikel in Thailand eröffnen wollte. Mit guten Kontakten dachte er, im asiatischen Raum Fuß fassen zu können. Uns gefiel der Gedanke einer Familiengründung, weil sich dadurch im Ausland in gesellschaftlicher Hinsicht manches verbessern ließ. Deshalb wurde vorher in Deutschland geheiratet, was bei unserer Verliebtheit niemanden wunderte.
Das Glück schien vollkommen und ich wäre mit meinem Angetrauten überall hingegangen, auch in den dunkelsten Dschungel. Ich war abenteuerlich genug veranlagt, um loslassen zu können. Im Sturzflug auf die Welt gekommen, bereiteten kurzfristige Entscheidungen mir selten Kummer und Schmerzen. Ich besaß die Hitze des Feuers und auch die Kälte des Eises, wobei ein geschmiedeter Stahl sich härtete. Diese Eigenschaften hatte meine Mutter mir mitgegeben, bevor ich das Licht der Welt erblickte.
In Bangkok lebten wir uns schnell ein. Ich fand alles spannend, neu, aber nicht befremdend, weil ich mich den Menschen seelenverwandt fühlte. Deshalb verlief unser Leben spielerisch, wie von selbst, in unvermeidlich vorbestimmter Reihenfolge. Zuerst lernte ich Englisch, damit ich geschäftlich eine ernstzunehmende Partnerin an der Seite meines Mannes werden konnte. Beruflicher Erfolg ließ nicht lange auf sich warten, was für Deutsche in Thailand ungewöhnlich war. Sogar meinen Führerschein schaffte ich. Das kam im Verkehrschaos von Bangkok schon einem Wunder gleich. Unser Leben verlief aufregend. Als dann unsere Kinder, zwei Mädchen im gewünschten Abstand von zwei Jahren geboren wurden, schien unser Glück perfekt. Die Geburt jedes Kindes wurde von Walter mit einem edelsteinbesetzten Ring belohnt. Dank einer Haushaltshilfe fand ich Zeit, meinen kaufmännischen Alltag im Büro zu bewältigen.
Eines Abends führten wir eine Kundin mit ihrem Lebensgefährten zu einem Geschäftsessen aus. Anschließend folgte ein Besuch in einem exklusiven Club, den unsere Gäste unbedingt kennenlernen wollten. Hier bedienten die jüngsten und schönsten Mädchen Bangkoks. Die freizügige Bekleidung des Personals erhöhte den Reiz. Die Atmosphäre war schwül und teuer, im gehobenen Stil für Reiche und Übersättigte.
Meist endeten unsere Kundenbetreuungen in ähnlichen Nachtclubs, und ich wunderte mich schon lange nicht mehr über die grenzenlosen Fantasien der Menschen. Alles was sich denken lässt, wurde getan, und immer fanden sich an den skurrilen Praktiken genügend Interessierte.
Walter hatte mich auf unsere zu betreuenden Gäste vorbereitet, aber mir ein falsches Bild vermittelt. Anhand seiner Beschreibung hatte ich ein ältere Dame in Begleitung eines zurückhaltenden jüngeren Mannes erwartet, die als Ärztin in Aachen eine psychotherapeutische Praxis führte, mit ihrem Partner eine Asienreise unternahm und einige Tage in Bangkok bleiben wollte. Da sie Walter kannte, war sie interessiert, ihn hier zu besuchen. Anschließend wollten sie nach Taiwan und Kambodscha weiterreisen.
Als wir uns trafen, war ich von der Attraktivität des Paares fasziniert. Ich hatte mir beide anders vorgestellt. Jung war sie nicht mehr, eine Frau mittleren Alters, während ich ihren Begleiter in meinem Alter schätzte. Sie wirkte gepflegt und alterslos. Deswegen machte ich mir keine Gedanken darüber, dass ein beträchtlicher Altersunterschied zwischen ihnen liegen musste. Ihr braunes Haar trug sie glatt in einem schlichten Nackenknoten. Nur an ihren schlanken Händen ließ sich ein gewisses Alter ablesen. Der Ausdruck ihrer graugrünen Augen ließ sie gleich wieder jung werden. Allerdings blitzten sie unverständlich bei den hier gezeigten groben Sexspielen.
Mein Mann wusste, woran die meisten deutschen Kunden interessiert waren, aber bei diesen Gästen hatte er sich geirrt. Ich spürte, dass sie sich nicht wohlfühlten. Unverhohlen zeigten beide ihre Abscheu. Walter hatte nicht das richtige Etablissement zur Unterhaltung ausgewählt. Ich kannte diese Nachtbars, war aber vermutlich zu abgebrüht, um mich darüber aufzuregen.
Längst wäre ich lieber nach Hause gefahren und drehte gelangweilt am Ring meines Fingers, eine dumme Angewohnheit. Endlich entschloss man sich zum Aufbruch. Heute musste ich nicht den Chauffeur spielen, da ein Taxi bestellt wurde.
Im Fond des Wagens fragte Frau Sander mich: »Hat Ihnen der Abend wirklich gefallen? Das ekelhafte Schießen der Mädchen mit den Tischtennisbällen in allen Lagen aus ihrem Unterleib … Männer sind doch Schweine, wenn sie daran Gefallen finden. Haben Sie die geilen Kerle am Nebentisch beobachtet? Glauben Sie, dass die asiatischen Mädchen wirklich Spaß an diesen obszönen Spielen hatten?«
Mit so viel Psychologie wollte ich an diesem Abend nicht belastet werden und antwortete müde: »In Bangkok findet man an jeder Ecke Bars dieser Art. Leider toleriert man bei den Shows die Erniedrigung der Frau. Ich glaube, das hätte ich Ihnen besser nicht antun sollen.«
»Schlimm, darüber werde ich mich immer aufregen, Frauen sind doch keine Ware!«, fuhr sie mich an.
Auf eine Antwort schien sie nicht zu warten und sprach weiter: »Perverses Verhalten der Männer scheint mir im asiatischen Raum noch ausgeprägter zu sein als in Europa. Auch wenn ich berufliches Interesse daran zeigen muss, darf es mich trotzdem abstoßen. In meinen Therapien suche ich neue Wege, den Patienten helfen zu können.«
Jetzt wurde ich hellhörig: »Wie, Sie führen in Aachen ein Therapiezentrum für gestörtes sexuelles Verhalten?«
Die Ärztin hob ihren schlanken Arm: »Stimmt, kommen Sie vorbei, wenn Sie wieder in Deutschland sind. Sollte ich Ihren Mann richtig verstanden haben, bleiben Sie hier nicht bis in alle Ewigkeit. Heilen mit Sex, haben Sie davon gehört? In meiner Praxis schreiben Frauen, frei nach Sigmund Freud, ihre eigenen Gesetze.«
Plötzlich fühlte ich mich dumm: »Ich verstehe nicht, das müssen Sie mir genauer erklären.«
Jetzt bekam ihr noch erhobener Arm Bedeutung: »Frauen, die mir in meiner Praxis behilflich sind, bestimmen ihr Leben selbst. Sie sind ausnahmslos erfahren, bevor sie bei mir einen eventuellen therapeutischen Dienst antreten. Liebe Laura, hätten Sie mir vorhin zugehört wäre Ihnen aufgefallen, dass ich als Ärztin im sogenannten starken Geschlecht schneller einen behandlungsbedürftigen Patienten erkenne. Ergibt sich aus praxisnahen Erfahrungen. Selbst mein schöner Frank wird mich verlassen, wenn ich ihm eines Tages nicht mehr genüge.«
Bei der Bemerkung lächelte sie ihn an, als habe sie einen Scherz machen wollen. Ich war überzeugt, dass ihr, bevor das passiert, noch einiges einfallen würde. Sie hatte etwas von einem Magneten an sich und bei mir Neugier auf ein anderes Leben geweckt. Wollte ich noch einmal neu anfangen? Etwa ein zweites Mal geboren werden?
Das war es nicht, was sie meinte. Wahrscheinlich hatte ich sie nicht richtig verstanden und alles auf mich bezogen. Bestimmt arbeitete sie mit Frauen, die gewisse Erfahrungen besaßen. Damit wollte ich nichts zu tun haben. Ich hatte eine Familie, gesunde Kinder, einen gut verdienenden Mann und durfte diese Gedanken nicht zulassen. Viele Dinge waren mir nicht klar. Was genau meinte sie? Wie gerne hätte ich weiter gebohrt, aber ein Nachhaken wäre mir ungehörig erschienen.
Walter, der vorn neben dem Taxifahrer saß, drehte sich zu uns um: »Ich hoffe nicht, dass ich mich bei Ihnen entschuldigen muss, Frau Sander. Die hiesigen Nachtclubs sind gewöhnungsbedürftig, um nicht zu sagen Hardcore. Unserer europäischen Kunden wollen das sehen, wenn sie in Bangkok sind. Wer hier lebt, muss sich täglich mit Extremen auseinandersetzen. Wenn Sie Lust haben, zeigen wir Ihnen morgen die andere, die sehr gläubige und romantische Seite Thailands. Anfangs war das für uns auch nicht leicht, deren Mentalität nachzuvollziehen.«
Mitleidig lächelnd wanderte sein Blick zu mir: »Meine Frau muss oft ganz schön was ertragen, wenn wir Kunden ausführen. Für Sie als Psychologin dürfte dies nicht uninteressant sein. Die meisten europäischen Männer verhalten sich im asiatischen Raum Frauen gegenüber anders, als sie es in Europa gewohnt sind.«
Weiter kam er nicht, weil Gerda energisch reagierte: »Das weiß ich alles, lieber Herr Böhm! Mir ist bekannt, dass Mädchen Kapital aus ihrem Körper schlagen, solange sie jung sind. Damit ernähren sie eine große Familie. Nichts für ungut! Machen Sie sich keine Sorgen, es war ein aufschlussreicher Abend.«
Wir waren alle müde. Zu dritt saßen wir im Fond eines in die Jahre gekommenen Autos und Frank Berger, der sich neben mich hatte quetschen müssen, bemühte sich während der Fahrt, mir körperlich nicht näher zu kommen. Weil das ein unmögliches Unterfangen blieb, schaute er unbeteiligt aus dem Seitenfenster. Trotz des langen Abends in dem raucherfüllten Etablissement roch er angenehm nach Vanille. Ich überlegte, ob er abgeschaltet hatte oder sich nur so benahm, da hielt das Taxi vor ihrem Hotel. Während wir uns verabschiedeten, nicht ohne uns für den kommenden Nachmittag für einen Tempelbesuch zu verabreden, spürte ich seine Erleichterung, der räumlichen Enge entkommen zu sein.
Als ich todmüde im Bett lag, schlief ich sofort ein. Ich träumte von einem riesigen Regal aus Bambus, das hoch in den dunklen Himmel hineinwuchs. Unzählige Schubladen waren darin, säuberlich nebeneinander geordnet. Lag hier unser aller Leben unter Verschluss? Eine Stelle war leer und starrte mich wie ein dunkles, gefährliches Loch an, als fehlte hier ein Fach. Ich wusste, dass ich hier hineingehörte. Als ich meinen Körper reckte, um auf Zehenspitzen stehend einen Blick riskieren zu können, war ich plötzlich nackt und stand mit bloßen Füßen in der fehlenden Schublade. Ich stieg hinaus, griff mit beiden Händen die Lade und warf sie mit aller Kraft nach oben, um endlich die leere Stelle zu füllen. Aber das Regal hatte sich längst aufgelöst und hinterließ nichts als einen weiteren düsteren Raum. Verbot mir mein Unterbewusstsein die Vollendung dieses Traumes? Stand ich vor dem Regal der Schicksale und musste warten, bis mein Leben sich erfüllte?
Glücklicherweise erwachte ich. Es war Wochenende und unsere beiden Mädchen mussten nicht in den thailändischen Kindergarten. Stattdessen kamen sie laut lamentierend und lachend zum Kuscheln ins Bett.
Die tiefe Gläubigkeit der Buddhisten gefiel mir von je her. Als Katholikin aufgewachsen, empfand ich das Dienen wie eine Strafe oder Last. Meine Seele wehrte sich gegen die auferlegten Bürden. Freude oder Notwendigkeit zur Läuterung konnte ich nicht darin erkennen. Die Lebensweise asiatischer Menschen mit Verzicht auf irdisches Glück zum Wohle anderer schien mir bei Buddha am glaubhaftesten. Nirwana oder Wiedergeburt, sie nahmen ihr Schicksal an, weil es ihnen die Möglichkeit zu einem besseren Leben versprach. Die Erkenntnis, dass der eigene Körper mir nicht gehörte, ich ihn nur besaß, um ihn sinnvoll als Werkzeug nutzen zu können, fand ich inspirierend. Tröstlich blieb die Hoffnung, nach dem Tod mit einem vorbildlichen Dasein besseren Zeiten entgegenzugehen, daran war man sich mit den Christen einig.
Wir trafen uns am frühen Nachmittag, leider wieder in einem viel zu engen Taxi. Mein Mann hatte geplant, den königlichen Tempel War Arun zu besichtigen. Schon jetzt dachte ich voll Schrecken an die mühseligen Stufen des zentralen Phrase Prang, die ich schon so oft erklommen hatte. Bei der feuchten Hitze würde unser Unternehmen anstrengend. Diesen Tempel zu erkunden, genügte für den heutigen Tag.
Für den kommenden Tag schlug die unermüdliche Frau Sander einen Besuch des Wat Pho vor, im historischen Zentrum der Altstadt gelegen. Diesen Tempel hatten wir oft besucht, und langsam ging mir die Bewunderung der vergoldet liegenden Statue eines Buddha mit ihren 46 Metern Länge und 15 Metern Höhe auf den Nerv. Ich hoffte, dass wir von unseren Aachener Bekannten für weitere Besichtigungen nicht in Anspruch genommen würden. So spannend das Entdecken aller Sehenswürdigkeiten sein konnte, ich fand es erschöpfend! Wir lebten einige Jahre in Bangkok und der Alltag hatte uns überrannt. Verständlich war ihr Wunsch, alles sehen zu wollen.
Nachdem Frau Sander mit ihrem Lebensgefährten abgereist war, ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Wovon hatte sie gesprochen, als sie mir von ihrem Therapiezentrum berichtete? Walter hatte mir nur erzählt, dass sie Ärztin der Psychiatrie war und sich mit ihrer Praxis auf den Spuren von Sigmund Freud befand. Wenn ich ihre kargen Andeutungen richtig verstanden hatte, behandelte sie die Krankheiten ihrer Patienten unter dem Motto: Heilen mit Sex!
Anscheinend waren es vorwiegend Männer, denen sie auf den rechten Weg half. Auf mich wirkte sie wie eine Forscherin, die eigene Wege suchte und längst nicht alle Vorschriften einhielt.
Sie schien interessant zu leben, und ich stellte mir vor, dass von dieser Frau einiges zu erwarten war. Warum sonst reiste sie in Begleitung eines schönen Mannes, der mindestens zwanzig Jahre jünger war als sie? Walter musste Tomaten auf den Augen gehabt haben, als er mir die Dame beschrieben hatte. Anscheinend war ihm ihr besonderer Zauber entgangen.
Sollte ich denn die Einzige sein, die in ihr schillernde Facetten sah? Stets hatte ich Frauen bewundert, die es spielerisch schafften, Männer um den Finger zu wickeln. Dabei waren es nicht die Schönsten, aber sicherlich die Raffiniertesten unter uns. Ich hatte nie darüber nachgedacht, dass Walter wie jeder andere Mann anfällig für weibliche Reize ist. Ich war naiv genug zu glauben, dass meine Schönheit allein ihm für ein ganzes Leben reichen würde. Im Falle einer Trennung, an die ich nicht denken sollte, würde er versuchen, unsere Kinder auf seine Seite zu ziehen? Warum überfielen mich plötzlich diese Gedanken? Ich spürte, dass ich nicht immer so sein wollte, wie er sich das wünschte. Wahrscheinlich trieb mich meine Angst vor eigenem Versagen in diese Zweifel. Konnte ich mir seiner Liebe sicher sein?
War es möglich, dass er eine andere Frau im Kopf hatte? Probleme gab es schon eine Weile zwischen uns, die ich anfangs nicht wahrhaben wollte und die ich verdrängte. Walter und ich entfremdeten uns täglich mehr. Hoffentlich war ein Versuch, unsere Liebe neu zu entfachen, nicht zu spät. Kaum auszudenken, wenn die Mädchen auf einen Elternteil verzichten müssten. Dafür waren sie noch viel zu klein. Also musste ich versuchen, ihm wieder näher zu kommen. Ich liebte ihn und mochte unser Zusammenleben nicht nur wegen der Mädchen retten.
Eines Abends zog ich ein selbstgenähtes blaues Seidenkleid an, eng auf meinen Körper zugeschnitten. Damit wollte ich ihn wie in früheren Zeiten verführen. Laue, abendliche Lüfte umwehten Haus und Garten, während ich ihn, auf der Terrasse sitzend, von einer seiner Reisen zurückerwartete. Als Manager war er oft im Außendienst tätig. Ich hatte in unzähligen Schälchen und Töpfchen die raffiniertesten Köstlichkeiten zu seiner Begrüßung vorbereitet. Die Mädchen lagen in ihren Betten und unsere Hausangestellte hatte ihren freien Abend. Ich hatte mir alles schön vorgestellt, wollte gefühlsmäßig neu anfangen. Aber alles sollte sich anders entwickeln!
Als Walter erschien und wir uns umarmten, spürte ich plötzlich in mir einen Widerwillen, ihn auf den Mund zu küssen. Damit meine ich nicht den Begrüßungskuss, den sich Eheleute nach längerer Trennung geben. Während er leidenschaftlich meine Lippen bedrängte, kniff ich fest meinen Mund zusammen. Instinktiv spürte ich, dass irgendetwas zwischen uns nicht mehr stimmte. Etwas hatte sich verändert. Als er einen zweiten Versuch unternahm, wandte ich mich entschieden ab, als wäre ich plötzlich eine andere geworden.
Seit wir hier in Thailand lebten, hatte ich mir zum Schutz in meinen stillen Stunden einen Gefährten erfunden. Längst hätte ich seine Kräfte besser nutzen sollen. In asiatischer Darstellung als Schlange sah ich ihn mit gewaltigen Wellenbewegungen seines Körpers. Ich erdachte ihn mit feuerspeiendem Maul, der über die verbrannten Reste verbliebener Asche hinwegfegte. Er redete mir ein, was ich längst befürchtet hatte: Ich wurde von meinem Mann während seiner
Reisen betrogen.
Bis jetzt hatte der Drache nur in mir geschlummert und mich beruhigt. Ich dachte an seine Stärke, das Gute in ihm, aber auch an das Böse, wusste, dass er unberechenbar sein konnte. Jetzt erwachte er. In seiner Ruhe gestört, begann er in mir zu toben. Ich hatte geahnt, dass er die ideale Seite von mir war, mein besseres Ich. Hätte ich ihn früher besessen, wäre mir der dumme Hagestolz früherer Mädchenjahre ausgetrieben worden. Weniger eingebildet wäre ich über die Straße gelaufen, wenn junge Männer hinter mir herpfiffen, weil ich mit aufreizendem Hüftschwung ihre Gemüter in Wallung gebracht hatte. Zogen sie mich mit begehrlichen Blicken aus, wären seine schützenden Krallen ausgefahren, um mich sicher nach Hause zu geleiten. Hätte ich auf den Klügeren von uns beiden gehört, wäre ich ein besserer Mensch geworden.
Der Abend mit meinem Mann verlief ereignislos und langweilig, wie die meisten in der letzten Zeit. Wie viel war ich schuld daran? Lag es wirklich nur an Walters Fremdgehen, dass wir uns gegenseitig vernachlässigt hatten? Anfangs in Bangkok waren wir doch verliebt gewesen, und als die Kinder kamen, hatten wir uns gefreut. Das Geschäft florierte und wir hatten keine Sorgen. Warum also?
Die himmelblaue Seide meines festlichen Kleides war wertlos geworden und verschenkte ihre verlorene Kostbarkeit an die leere Schublade meines Traumes. Wieder musste ich an die interessante Frau denken, die mir von einem anderen Leben erzählt hatte.
Vielleicht würde sie eines Tages meinen mysteriösen Drachen kennenlernen.
In den folgenden Jahren wurden wir vom Alltag in Bangkok bestimmt. Julia und Iris wuchsen heran und ich war familiär gefordert. Ihre größer werdenden Bedürfnisse nahmen mich in Anspruch. Schließlich wuchsen sie dreisprachig heran. Neben dem Thai im Kindergarten wurden Deutsch und Englisch nicht vernachlässigt. Da Walter immer mehr unterwegs war, blieb ich viel allein und musste Entscheidungen selbst treffen. Freunde hatten wir kaum. Kamen Verbindungen zustande, gestalteten sie sich auf beruflicher Ebene.
Ich hatte meine Sammlung geliebter Opernplatten von Richard Wagner aus der Heimat mit nach Bangkok genommen. In einsamen Stunden wollte ich sie auflegen. Jetzt verstand ich mich selbst nicht mehr. All die Jahre in Thailand hatte ich nicht einmal etwas aus dem Ring der Nibelungen gehört. Brauchte ich früher Trost, blieb meine Lieblingsoper von Wagner Lohengrin. Elsa brachte mich jedes Mal zum Weinen. Wie gelähmt schleppte ich mich zum Plattenspieler, legte meine Lieblingsstelle auf und versuchte diese Stimmung noch einmal heraufzubeschwören. Aber es gelang mir nicht. Jeder Ton klang blechern, als wollte er mich mit vernichtendem Schlag treffen. Elsas und Lohengrins Liebe erfüllte sich nicht. Unweigerlich gingen meine Gedanken an den Anfang meiner Ehe mit Walter zurück. Wie war unsere Beziehung, als Julia und danach Iris auf die Welt kamen? Was ich befürchtet hatte, lauerte am Horizont.
Meine Mädchen gehörten mir nie ganz. Sie blieben Kinder ihres Vaters, als wäre ich nicht fein genug für sie und nur ihre geduldete Erzieherin. Ich hingegen fand immer häufiger den ewig an mir herumnörgelnden Ehemann, der mich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit an mein anscheinend gesellschaftliches Unvermögen erinnerte. Sollte ich jetzt nicht zufriedener sein, weil ich durch seine häufige Abwesenheit weniger getadelt wurde? Glücklicherweise hatte ich meinen Drachen gefunden und wusste, dass er mich schützen würde, wenn ich seiner Hilfe bedurfte. In meiner Freizeit schneiderte ich Kleider für unsere Kinder und mich. Zu Hause hatte ich als Älteste das Nähen gelernt. Bei vier Geschwistern war das Geld knapp gewesen, und meine handwerkliche Begabung hatte beigetragen, den Haushalt zu unterstützen. Selbst jetzt bei unseren recht guten finanziellen Verhältnissen neigte ich zur Sparsamkeit. In meinen Töchtern sah ich Prinzessinnen und ich nähte für sie nach Lust und Laune. Schließlich war und blieb ich ihre Mate, wie sie mich auf Thai nannten. Auf immer und ewig ihre Mutter zu sein, konnte mir mein Mann nicht streitig machen. Als meine Kinder geboren wurden, hielt ich keine Wehe zurück, wie meine Mutter damals bei mir. Diesen Egoismus, meine Geburt wegen eines Putzfimmels hinausgezögert zu haben, werde ich ihr nie verzeihen.
Nach beinahe zehn Jahren kehrten wir Thailand den Rücken und erwarben in Düren ein geräumiges Haus mit Büroräumen. Unsere Töchter, obwohl in Bangkok geboren, lebten sich schnell in Deutschland ein. Jetzt zahlten sich unsere Bemühungen aus, sie nie der Heimat entfremdet zu haben.
Walter hatte eine Sekretärin eingestellt, die ihm zur Seite stand und mich in meiner Bürotätigkeit entlastete. Meiner Meinung nach kümmerte sie sich schon zu viel um unsere Geschäfte, während ich häuslich gebunden war. Anfangs war ich froh, dass ihr Einsatz gute Umsätze brachte. Wir brauchten das Geld, damit unser neu erworbenes, großzügiges Anwesen nicht zu einer Belastung wurde.
In Bangkok hatte ich mich als Herrin des Hauses gefühlt. Das verlieh mir weibliche Stärke, für jeden unantastbar. Sie wurde von meinem Mann akzeptiert und auch die Kinder kannten ihre Grenzen. Nun zweifelte ich, ob dies weiterhin der Fall sein würde. Viele Dinge entglitten meinen Händen. In Deutschland wurde alles komplizierter. Anfangs dachte ich, schuld war das Größerwerden unserer Kinder, was natürlich nur zum Teil der Realität entsprach. In der Hauptsache hatte sich unsere berufliche Situation verändert. Jetzt gab es den Chef Walter Böhm mit seiner Sekretärin und mich als Hausfrau. Jeder hatte seine täglichen Aufgaben, die zu erfüllen waren.
Leider hatte ich damals mit meiner überstürzten Heirat jeglichen Kontakt zu meiner Familie abgebrochen. Jetzt, nach so vielen Jahren der Trennung, waren sie wie Fremde für mich. Längst hatten sich Bruder und Schwestern ihr eigenes Leben aufgebaut. Deshalb war ich nicht wild darauf, mit ihnen sofort einen engen Kontakt aufzubauen, aber ich bedauerte den Bruch. Ich fühlte mich einsam und hätte gerne den Rückhalt einer Familie gespürt.
Das Leben in Thailand hatte mich an Erfahrungen gewinnen lassen. Bei meinem Willen zur Selbstständigkeit hatte ich gelernt, die Faust in der Tasche zu ballen. Von den Ecken und Kanten, an die ich unweigerlich hatte stoßen müssen, war ich geschliffen worden. Was ich nicht verlernt hatte war, Abenteuern nicht aus dem Weg zu gehen. Ich hatte erfahren müssen, dass Liebe ein bedauernswerter Zustand sein konnte mit dem Resultat einer Ehe. Walter und ich hatten uns nicht genügend Zeit gelassen, um auf ein lebenslanges Zusammensein vorbereitet zu sein. Verliebt hatten wir nicht an die Zukunft gedacht. Aber machen das nicht alle jungen Paare?
Beruflich und privat hatten wir erreicht, was wir wollten und hätten eigentlich nur weitermachen brauchen. Warum gab es zwischen uns diese unaussprechliche Leere? Schon als Kind hasste ich, wenn ich bei einem Spaziergang eine eingeschlagene Richtung nicht bis zu Ende gehen durfte. Walter liebte eine andere Frau und versperrte mir den Weg, den ich gerne weiter gelaufen wäre. Früher waren es meine Eltern, die sich mir hemmend entgegenstellt hatten. Sollte es nun mein Mann sein, der mir mit neuen Regeln Einhalt gebot? Deshalb sagte ich ihm den Kampf an!
Meine letzten ehrlichen Empfindungen für ihn hatte ich in Thailand zurückgelassen. Ich verlor sie in der wunderschönen Seide meiner selbstgenähten Kleider, tauschte sie jetzt mit maßgeschneiderten Kostümen. Immer noch fand ich mich attraktiv genug, nicht ihm, aber einem anderen Mann den Kopf zu verdrehen.
Frau Dr. Sander hatte sich in unserem Büro angemeldet. Ich traf sie wieder, die geheimnisvolle Bekannte. Obwohl zehn Jahre her, hatte ich sie nicht vergessen. Bei unserer Begrüßung überschüttete sie mich mit schmeichelhaften Worten: »Liebes Kind, Sie sind eine Augenweide. Seit dem Abend in Bangkok, in dieser bemerkenswerten Nachtbar, musste ich viel an Sie denken. Schön, dass Sie wieder im Lande sind. Übrigens, mein Angebot gilt noch. Besuchen Sie mich in Aachen!«
Erstaunt bemerkte ich, dass ihre Einladung nur mir galt und Walter ausschloss. Sie bestellte Kleinigkeiten wie Kugelschreiber und Abreißblocks mit ihrem Logo. Mit ihrem Auftreten brachte sie gute Laune in unser Büro, das ausnahmsweise nur von mir besetzt war.
Sie war in Begleitung zweier junger Männer, die hinter ihrer lebhaften Erscheinung verblassten. Frank Berger kannte ich aus Bangkok. Offensichtlich hatte sie ihn als Liebhaber behalten. Der andere unterhielt sich angeregt mit ihm, während sie mir ihre Visitenkarte auf den Schreibtisch legte.
Beide Männer waren ins Gespräch vertieft, als sie plötzlich aufstand und den hinter ihr Stehenden an der Hand fasste: »Darf ich euch unterbrechen? Georg, ich muss dir unbedingt Laura vorstellen. Wir kennen uns geraume Zeit, haben uns lange nicht gesehen und ich denke, du solltest diese Frau einmal betrachten. Wäre sie nicht dein Typ? Leider ist diese Schöne vergeben, und in ihrer Beziehung lässt sich bestimmt nichts ändern.«
Jetzt wurde ich tatsächlich rot. Ich spürte, wie mir bei so viel Unverfrorenheit das Blut in den Adern stockte. Was fiel ihr ein, mich wie eine Sklavin auf dem Jahrmarkt vorzuführen? Aber sie lachte so gewinnend zu ihren Worten, dass ich mich gleichzeitig geschmeichelt fühlte. Sie wollte mich nicht beleidigen und dachte nicht einen Augenblick daran, mir zu nahe zu treten. Sie schien mir wohlgesonnen, ich verzieh ihr und machte gute Miene zum lockeren Spiel. Scherzhaft antwortete ich: »Man kann ja nie wissen, was die Zukunft bringt. Vielleicht haben Sie ja hellseherische Fähigkeiten, denn mich gibt es bestimmt nur einmal.«
Warum ich das gesagt hatte, kam für mich ebenso überraschend wie unser ganzes Gespräch. Erst als sie gegangen waren und ich die Sektgläser spülte, wurde mir die Skurrilität des soeben Erlebten bewusst.
Georg Heinen, das musste ich zugeben, hatte mich nicht unbeeindruckt gelassen, obwohl ich mich nicht einmal mehr an die Farbe seiner Augen erinnern konnte. Im Gedächtnis geblieben war mir ein stattlicher Mann mit sportlichem Schneid. Vermutlich Mitte Dreißig im Alter von Frank Berger. Ich hatte erfahren, dass beide Männer befreundet waren und Georg in Düsseldorf mit Immobilien handelte. Walter wollte ich nichts von dieser flüchtigen Begegnung in unserem Büro erzählen.
Am späten Nachmittag bekam ich einen Anruf: »Sander hier, ich wollte mich noch einmal melden, meine Liebe. Ich bin Ihnen eine Erklärung schuldig. Ich habe Sie heute Vormittag regelrecht mit meinen zwei Männern überfallen. Georg mitzubringen, war schon ein kleines Attentat auf Sie. Bitte nicht böse sein, der junge Mann wird langsam zum Problem. Ohne Umschweife gesagt, mit ihm komme ich nicht weiter.«
Wieder stutzte ich wegen ihrer Offenheit. Wenn dieser Georg, wie ich jetzt vermuten musste, ein Patient von ihr war, sollte sie sich nicht am Telefon über ihn äußern. Weil ich nur atmete, ohne zu antworten, sprach sie etwas leiser weiter.
»Laura, Sie hinterließen Eindruck bei ihm. Mit anderen Worten, er würde Sie gern wiedersehen. Da er weiß, dass Sie verheiratet sind, traut er sich nicht.«
Ich spielte die Erboste: »Damit hat er recht, bei mir ist nichts zu machen.« Eigentlich dachte ich anders, aber plötzlich hörte ich mich zu meinem eigenen Erschrecken sagen: »Ich will ehrlich zu Ihnen sein, für die Treue meines Mannes lege ich keine Hand ins Feuer.«
Nun war es heraus. Ich hatte mich einer Frau anvertraut, die ich nur flüchtig kannte, und von der ich wusste, dass sie meine Veranlagung zum Leichtsinn fördern könnte. Schon öfter hatte ich mit dem Gedanken gespielt, Walter durch einen Flirt mit einem anderen Mann eifersüchtig zu machen und wäre es nur, ihn enger an mich zu binden.
Sie schien meine Bemerkung zu ignorieren: »Laura, nennen Sie mich doch Gerda.«
Plötzlich bekam ich Angst vor der eigenen Courage. Ich stellte mir vor, wie eine Psychiaterin namens Dr. Gerda Sander mit einer neunschwänzigen Katze in der Hand als furchtlose Gerda über ein dunkles Reich von Männern regierte. Ihr Angebot zum Du gefiel mir trotzdem, weil ich gerne ihre Freundin werden wollte.
Gerda hatte ihre neue Visitenkarte auf meinem Schreibtisch hinterlassen. In Bangkok war es eine andere gewesen. Diese hier kannte ich nicht. Sie war schlicht gestaltet, wurde nur bei Lichteinfall und Bewegung auffällig. In 3-D-Optik schimmerte im Hintergrund die zarte Zeichnung einer männlichen Hand. Während ich die Visitenkarte zwischen den Fingern bewegte, schien sie lebendig zu werden und ich begriff die Bedeutung ihrer Worte beim Abschied: »Alles was wir denken, verwirklichen wir mit unseren Händen.«
Ich spürte, einiges würde mich in Zukunft mit dieser sonderbaren Frau verbinden. Besser kennenlernen wollte ich sie unbedingt, hatte gleichzeitig Angst vor zu viel Nähe. Männer schien sie wie schmückendes Beiwerk zu behandeln. Trotzdem hob sie deren ideellen Wert hervor, indem sie ihnen auf ihrer Visitenkarte ein markantes Zeichen setzte. Ich verstand, dass sie als Frau und als Psychologin nach eigenen Regeln handelte. Ihre verbale Unbekümmertheit im Umgang mit dem männlichen Geschlecht, die mich anfangs noch amüsiert hatte, entsprang vielleicht tieferen Erfahrungen, verlief auf Ebenen, deren unterirdische Verkrustungen sie schon lange nicht mehr schmerzten. Dann hatte sie etwas gesagt, was mich beschäftigte: »Alles was denkbar ist, wurde von Menschen getan.«
Ich hatte nicht gelernt, mit diesen sprunghaften, aggressiven Äußerungen umzugehen, kannte nicht ihre offene Art, wenn sie ihre Erkenntnisse preisgab. Fest stand, Gerda wollte mich wiedersehen, mich in meinem Umfeld erleben. Mir war klar, dass sie bewusst einen Zeitpunkt gewählt hatte, während mein Mann auf Geschäftsreise war. Je länger ich über ihren Besuch nachdachte, desto mehr fühlte ich eine aufkommende Neugier, sie endlich in Aachen zu besuchen.
Sie bewohnte eine alte Villa in einem prächtigen Park. Seltsamerweise hatte ich nichts Auffälliges erwartet, da ich annahm, dass sie in gediegener Verborgenheit arbeiten würde. Wahrscheinlich kannten nur Eingeweihte ihr Etablissement oder sollte ich besser Praxis sagen? Ein dezentes Schild an der Haustür wies sie als Ärztin aus. Plötzlich konnte ich sie mir nicht mehr nur als Psychiaterin vorstellen. Wie würde es sein, wenn sie mit der Befreiung durch Sexualität etwas ganz anderes gemeint hatte? Männer von ihrem Leiden zu heilen, damit sie die Freuden der Liebe genießen könnten und das mit ihren eigenen Frauen. Gleichzeitig Frauen helfen, ihre Sexualität auszuleben. Dann führte sie eine Praxis der nicht üblichen Art. Ich war verwirrt und wäre beinahe umgekehrt, hätte sie mich nicht vom Fenster aus gesehen. Einladend winkte sie mir zu.
Erfreut öffnete sie mir die Tür. Sie bat mich herein und führte mich in ihre privaten Räume. Ich befand mich in einer asiatisch wirkenden, schlichten Wohnlandschaft mit wenigen aber teuren Designermöbeln. Der Kontrast zwischen modernem Mobiliar und hohen Stuckdecken verfehlte nicht seine Wirkung. Auf ihren Wunsch zog ich meine Schuhe aus und war froh, mich auf einem der edlen Sessel niederlassen zu können, während ich unter meinen Füßen die Wärme des Parketts fühlte. Ihre Praxis bekam ich bei dieser unserer ersten Zusammenkunft nicht zu Gesicht. Auch ließ sich von Franks Anwesenheit in ihren privaten Räumen nichts bemerken. Sie schien Orchideen zu lieben. Breite, schattige Fensterbänke glichen Treibhäusern für diese Spezies. Was ich zu sehen bekam, glich einer erotisch anmutenden Pracht.
Gerda musste meinen Blicken gefolgt sein und breitete ihre Hände aus: »Ich sehe, du bewunderst meine Orchideen. Bestimmt weißt du, dass sie nach dem griechischen Wort Orchis benannt werden, das heißt Hoden!« Sie kicherte. »Damit ist die knollenartige, doppelte Wurzelanlage der verwandten Knabenkräuter gemeint. Für mein Empfinden lassen Orchideen mit ihren wundervollen Blüten eigentlich mehr Weiblichkeit erkennen. Na ja, dann vertreten sie eben beide Geschlechter. Wer schaut schon unter die Erde, um zwei winzige Knollen zu sehen«, lachte sie und lenkte schnell ab: »Gut, dass du allein gekommen bist. Frauengespräche werden in Gegenwart von Männern schlecht und unehrlich. Daran ändert unsere vielgelobte Emanzipation überhaupt nichts. Das liegt allerdings nicht nur am Verhalten der Männer, wir haben selbst Schuld, weil wir den Boden weiblicher Koketterie nicht verlassen wollen. Das macht uns zu Lügnerinnen. Es ist eine Urangst der Frauen, in männlicher Gegenwart mutig und ehrlich zu sein, weil sie den Frieden ihrer Familie gefährden könnten.« Ich hörte interessiert zu. Ansichten, worüber ich bisher wenig nachgedacht hatte.
Plötzlich wurde Gerda blass und schlug energisch mit der Faust auf die Sessellehne: »Missbrauch ist nur möglich, weil Frauen wegsehen! Ansonsten hätten Pädophile keine Chance und man könnte dieser Krankheit entgegenwirken. Selbst das elende Schicksal mancher Prostituierten gäbe es nicht, wenn Mütter sie in ihrer Jugend besser beschützt hätten. Wir sind die Schranken, wir bilden die Barrieren, über die Männer springen oder nicht. Was machen wir stattdessen? Im Wissen überlieferter Traditionen männlicher Vorherrschaft geben wir ihnen weiterhin das Zepter in die Hand. Liebe Laura, sollte dein Mann dich betrügen, verlasse ihn, bevor eure Kinder aus dem Haus sind!«
Ich erschrak, weil ich mich persönlich betroffen fühlte. Gern hätte ich mich mit ihr über mein Problem unterhalten. Sie hatte mich an einem wunden Punkt ertappt. Ich hatte wirklich darüber nachgedacht, ob ich meinen Mann verlassen würde, bevor die Kinder aus dem Gröbsten wären. Längst wusste ich, dass er eine feste Beziehung zu einer anderen Frau unterhielt.
Als freiheitsliebender Mensch wünschte ich eine Trennung, um das Verhältnis nicht weiter dulden zu müssen. Aber unmöglich konnte Gerda meine geheimsten Gedanken erraten haben. Trotzdem taten ihre Ausführungen mir gut, wirkten wie eine befreiende Droge. Es war, als hätte sie meine geheimsten Wünsche, mein sehnlichstes Verlangen aus den verborgenen Tiefen meiner Seele erkannt und in Worte gefasst. Worte, die ich mich selbst nie auszusprechen getraut hätte.
Bei einer guten Flasche Wein erinnerten wir uns unserer gemeinsamen Erlebnisse in Bangkok. Sicher hätte ich länger bleiben können, da sie keine Anstalten traf, mich loszuwerden. Umso dringlicher wur- de ich an meine häuslichen Pflichten erinnert. Spät am Nachmittag verabschiedete ich mich mit leichtem Bedauern. Wir blieben in Verbindung.
In der darauffolgenden Zeit glaubte ich zu spüren, dass meine Ehe besser geworden sei, weil ich mich ohne Einschränkungen freier bewegen konnte. Aber da irrte ich mich gewaltig. Mit Walters schwindendem Interesse an meiner Person bewegte ich mich noch abgestumpfter. Jetzt sprachen wir überhaupt nicht mehr über unsere Probleme.
Wir blieben zusammen, weil auch er wegen der Kinder den bequemsten Weg suchte. Dennoch umschlichen wir uns wie zwei lauernde Wölfe, und jeder erwartete den Angriff des anderen. Ich ergriff die Initiative, wollte aber fair bleiben. Von meiner älteren Freundin hatte ich mittlerweile gelernt, die Stirn zu zeigen und keinen Deut zurückzuweichen. Da ich die Kinder bei mir behalten wollte, hielt ich ihren Ratschlag für angebracht.
Ihre Tätigkeit im Therapiezentrum hatte ich mittlerweile begriffen. Ihre Sicht auf Sexualität, verbunden mit dem Gefühl befreiter Natur gefiel mir. In einer Art Metamorphose schuf sie für ihre Patienten Gelegenheiten, sich in Wort und Tat mit ihren Problemen auseinanderzusetzen. Wurde es verlangt, konnte geschehen, dass man seelisch nackt vor ihr stand, manches über sich ergehen lassen musste, um eine Heilung in Gang zu bringen. Entschloss sie sich zu diesem Schritt, hatte sie längst einen tiefen Einblick in das Innere eines Menschen erlangt.
Führte Gerda auf psychologischer Ebene Partner zusammen, nutzte Frank das Internet, um mit seiner Partnerbörse passende Profile für Paare zu finden. Im Verlauf unserer Gespräche erzählte Gerda mir aus seinem Leben. Sie sah in ihm einen Kameraden, den sie zu schützen gedachte.
Gerda hatte Frank über einen Escort-Service kennengelernt. Gelegentlich arbeitete er als Callboy und bot sich als gesellschaftlicher Begleiter an. Sie war mit ihrer Scheidung einer langweiligen Ehe entkommen. Als Frau mittleren Alters hatte sie beruflich mit ihrer florierenden Praxis alles erreicht. Der vielen Fragen über ihr Privatleben müde, bevorzugte sie bei öffentlichen Anlässen die Gesellschaft schöner junger Männer. Wegen ihres couragierten Auftretens gaben alle Gaffer und Neider nach kurzer Zeit Ruhe.
Frank kennengelernt zu haben, hielt sie für einen glücklichen Zufall, weil er an ihrer Seite blieb. Sie half ihm, seine Partneragentur aufzubauen, und er ergriff diese Chance. Immer spürte man gegenseitige Dankbarkeit. Die Begabungen des anderen nutzend, brachte sie enger zusammen. Gerda legte Wert auf die Gleichstellung von Mann und Frau, egal bei welcher Tätigkeit.
Sie schien niemals zu lügen. Ihre Wahrhaftigkeit war das Beste an ihrem Wesen. Immer gab es diese überzeugende Ehrlichkeit, hinter der sich ein starker Charakter verbarg. Privat vergaß sie manchmal, dass sie keine psychologische Sitzung hielt. Auch im freundschaftlichen Gespräch schonte sie sich nicht bei dem, was sie erzählte. Oft ging sie so weit, dass ich mich peinlich berührt fühlte. Sie provozierte, um ein Problem schneller auf den Tisch zu legen.
Beim Thema Frank reagierte sie empfindlich. Viel zu oft strich sie dann über ihr straff zurückgekämmtes, glänzend braunes Haar. Ich fand sie verliebt wie ein junges Mädchen beim ersten Rendezvous. Schmückte nicht das Bildnis eines jungen Mannes die Wand ihres Salons, in dem ich bei unserer ersten Zusammenkunft nur Augen für die eindrucksvollen Orchideen hatte? Auf dieses Ölgemälde hatte sie mich mit warmherzigem Blick und kurzen Erklärungen hingewiesen. Ich war damals so mit meinen Eindrücken beschäftigt gewesen, hatte den Duft einer anderen Welt eingeatmet, ohne zu spüren, dass ich sie bereits betreten hatte. Glaubte ich, ihr Liebhaber sei in diesem Raum nicht anwesend, schien er jegliche Luft, die wir atmeten, zu erfüllen. Oskar Wilde mit seiner Erzählung vom Gemälde des nicht alternden Dorian Gray, kannte ich aus der Schule. Ich erinnerte mich jetzt daran. Je länger ich darüber nachdachte, glich dieses Porträt immer mehr ihrem Lebensgefährten. Sicher war es das Produkt eines ihrer geförderten Künstler, von denen sie gerne sprach.
Erzählte Gerda aus ihrem Leben, schüchterte sie mich ein. So entstand in mir der Wunsch, noch einmal neu anfangen zu dürfen und ihren Ratschlägen zu folgen. Sie schien meine Scheu nicht zu bemerken, jedenfalls ging sie darüber hinweg und fügte mich geschickt in ihre Ausführungen ein. Ich war ihr dankbar, dass sie mir meine fehlende Bildung nicht übel nahm. Ich gewöhnte mir an, Gehörtes im Internet zu suchen und aufzuarbeiten.
Ich ärgerte mich, Franks Bild nicht mehr Beachtung geschenkt zu haben. Wie alles, womit Gerda sich umgab, schien auch er eine wichtige Rolle in ihrem Dasein zu spielen. Während ich über sie nachdachte, stellte ich fest, wie nichtig mein Leben im Vergleich zu ihrem war. Ich hatte noch immer nicht gelernt, Verlangen und Wünsche zu äußern, war davongelaufen, wenn es brenzlig wurde.
Jetzt stand ich an einem Scheideweg, entschlossen einen neuen Anfang zu wagen. Gerda weihte ich in mein Problem ein. Was sie mir raten würde, wusste ich im Voraus, aber es war das einzig Richtige. Mit ihrer geraden, schlichten Art sagte sie abschließend nur: »Du musst dich von deinem Mann trennen. Er tut dir nicht gut!«
Wenn Träume nicht nur Schäume waren, nicht nur Müll unserer Gedanken, träumte ich in der Nacht nach unserem Gespräch etwas Bedeutungsvolles. Wieder hielt ich meine Schublade in beiden Händen. Als ich sie nach oben werfen wollte in das Regal aus Bambus, verwandelte sie sich in einen leichten Brief, der tanzend das Weite suchte.
Walter und ich trennten uns. Um die Kinder nicht zu belasten, ging unsere Trennung behutsam voran. Das Gericht hatte entschieden, dass sie mir zugesprochen wurden, mit Besuchsrecht des Vaters. Für mich stand fest, dass ich in Düren bleiben wollte. Also musste ich eine neue Wohnung finden. Ich wollte mich selbstständig machen und eine Firma für Werbeartikel gründen. Was sollte ich anderes machen? Mittlerweile verstand ich viel von dem Geschäft. Walter versprach mir, mich in der ersten Zeit finanziell zu unterstützen.
In der Nähe meines Geburtshauses fand ich Büroräume und eine dazugehörende Wohnung für mich und beide Mädchen. Tröstlich fühlte ich, dass sie sich wünschten, bei mir bleiben zu dürfen.
Mein mütterliches Ego hatte gesiegt, und darauf war ich stolz.
Doris, eine meiner jüngeren Schwestern, hatte sich entschlossen, mit uns in diesem gemieteten Haus zu wohnen. Frisch geschieden, wollte sie ebenfalls alles Gewesene hinter sich lassen.
Ihr war Schreckliches passiert. Sie war von ihrem Mann in einem Wutanfall unter Alkoholeinfluss furchtbar geschlagen worden. Es glich einem Wunder, dass sie überlebt hatte. Mit einem angebrochenen Halswirbel und anderen lebensgefährlichen Verletzungen würde sie nie mehr richtig laufen können. Im Streit hatte er sie brutal am Genick gepackt und wie ein zappelndes Kaninchen kurz vor der Schlachtung heftig gegen die Wand geworfen. Unser Vater, der Hasen im Garten gehalten hatte, war ähnlich mit ihnen verfahren, wenn er sie aus den Ställen herausgeholt hatte. Diesen Nackengriff hasste ich, weil er mich an grobe, bäuerliche Hände erinnerte. Seit meiner Kindheit galt er als Zeichen männlicher Gewalt. Nichts schien mir demütigender als das Gefühl dieses Ausgeliefertseins.
Nach langem Krankenhausaufenthalt war sie nur Haut und Knochen, konnte ohne Fixierungen und Krücken nicht laufen. Nie hatte sie sich geäußert, ob sie überhaupt weiterleben wollte. Nach endlosen Gerichtsverhandlungen war ihr ein Unterhalt zu Lasten ihres geschiedenen Mannes zugesprochen worden.
Meiner Familie hatte ich mich nach meiner Trennung nur zögerlich angenähert. Eigentlich hatte ich so wenig wie möglich mit ihnen zu tun haben wollen. Doch ich hatte mich entschlossen, meiner hart geprüften Schwester bei mir eine kleine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Ich brauchte eine Sekretärin und ihre kaufmännischen Kenntnisse waren gut. Vielleicht ließ ich mich wieder familiär einspannen, aber darüber wollte ich nicht nachdenken. Durch Doris, deren Ehe kinderlos geblieben war, konnte ich mich freier bewegen und abends das Haus verlassen.
Ich meldete mich in einer Salsa-Schule an und das Tanzen befreite mich. Sport war immer meine beste Sache gewesen. Ich brauchte die Bewegung, den Rhythmus, der mein Blut in Wallung brachte. Beim Tanz die körperliche Überlegenheit eines Mannes zu spüren, machte mir nichts aus. Ich fand Gefallen an seiner zwingenden Kraft, die ich als weiche Frau mit meinen Bewegungen in sinnvolle Bahnen lenken konnte. Ein harmonisches Miteinander, alt, doch ewig neu. Warum sollte ich anschließend in dunkler Nacht nicht mit einem dieser Männer gehen, wenn er mir gefiel? Dann dachte ich erst in grauer Morgenstunde in fremden Zimmern an meine Kinder. Aber immer war ich vor dem Frühstück wieder bei ihnen.
Durch Doris, die im Haus lebte, hatte ich jetzt die Gelegenheit, Versäumtes vergangener Jahre nachholen zu dürfen. Jeder neue Anfang ist schwer. Alle Veränderungen wollte ich dennoch mit Gelassenheit hinnehmen. An erster Stelle standen meine Kinder. Die Intelligenz beider Mädchen erstaunte mich täglich. In der Schule gab es nie Probleme. Insgeheim hoffte ich, dass ich ein wenig daran beteiligt sein könnte. In puncto Aussehen durften sie sich ebenfalls nicht beklagen. Da wurde schnell ersichtlich, dass sie meine Kinder waren. Sie waren kleine blonde Engel, denen später einmal die Männer zu Füßen liegen würden. Die Wochenenden verbrachten sie oft bei ihrem Vater, der längst mit einer neuen Lebensgefährtin zusammenwohnte.
Mein Geschäft florierte in kleinem Rahmen. Mit Hilfe von Doris, die mir als finanziell Bessergestellte Miete zahlte, von mir dafür versorgt wurde, kam ich gut zurecht. Haushalten hatten wir bei unseren Eltern gelernt und es wurde nichts weggeworfen, was noch brauchbar war. Meine Zeit in Thailand hatte mich geprägt und erfindungsreich gemacht. Obwohl das Kochen nie zu meiner besonderen Leidenschaft gehört hatte, hielt ich die asiatische Art der Speisezubereitung bei.