Wenn einer sich mit fünfzehn in eine erwachsene Frau verliebt, dann wird die Liebe nur umso größer, denn sie ist vollkommen aussichtslos. Davon erzählt Gustave Flaubert in den Memoiren eines Irren: »Sie enthalten eine ganze Seele – ist es die meine, ist es die eines anderen? Ich wollte zunächst einen intimen Roman schreiben, in dem die Skepsis vorangetrieben sein sollte bis an die äußersten Grenzen der Verzweiflung, doch allmählich, beim Schreiben, drang das persönliche Gefühl durch die Geschichte hindurch, die Seele bewegte die Feder und zermalmte sie.«
Der junge Flaubert wird zum Autor, er verwandelt seine romantische Verzweiflung in diesen ersten Roman, doch dann hält er das Manuskript das ganze Leben lang versteckt. In der Neuübersetzung von Elisabeth Edl, mit Jugendbriefen und einem Kommentar, der den biografischen Hintergrund farbig sichtbar macht, liest man die Memoiren eines Irren als das früheste Werk eines Schriftstellers, der dann mit Madame Bovary den Roman revolutionieren wird.
Gustave Flaubert
MEMOIREN EINES IRREN
Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl
Mit einem Nachwort von Wolfgang Matz
Carl Hanser Verlag
INHALT
MEMOIREN EINES IRREN
BRIEFE DES JUNGEN FLAUBERT
ANHANG
Nachwort
Zur Ausgabe
Zeittafel
Anmerkungen
MEMOIREN EINES IRREN
In dieser Jahreszeit, da man sich Geschenke zu machen pflegt, gibt man Gold, drückt einander die Hände. – Ich aber gebe dir meine Gedanken; trauriges Geschenk! Nimm sie – sie gehören dir wie mein Herz.
GVE FLAUBERT.
4. Januar 1839.
Dir, lieber Alfred, sind diese Seiten gewidmet und geschenkt.
Sie enthalten eine ganze Seele – ist es die meine, ist es die eines anderen? Ich wollte zunächst einen intimen Roman schreiben, in dem die Skepsis vorangetrieben sein sollte bis an die äußersten Grenzen der Verzweiflung, doch allmählich, beim Schreiben, drang das persönliche Gefühl durch die Geschichte hindurch, die Seele bewegte die Feder und zermalmte sie.
Also belasse ich das alles lieber im Geheimnis der Mutmaßungen – du allerdings wirst keine anstellen.
Bloß magst du vielleicht an so mancher Stelle glauben, die Ausdrucksweise sei erkünstelt und das Bild nach Lust und Laune verdüstert. Vergiss nicht, ein Irrer hat diese Seiten geschrieben, und scheint das Wort das Gefühl, das es ausdrückt, häufig zu übersteigen, dann nur, weil es anderswo einknickte unter dem Gewicht des Herzens.
*
Adieu, denk an mich und für mich.