Das Erfolgsbuch für Verkäufer
Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel
How I Raised Myself from Failure to Success in Selling
Copyright © 1947 by Prentice Hall Press
Renewed 1977 by Frank Bettger
In Absprache mit dem Originalverlag, Touchstone, a Division of Simon & Schuster, Inc., veröffentlicht
Bearbeitet von Alfred H. Wettstein
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck in jeder Form sowie die Wiedergabe durch Fernsehen, Rundfunk, Film, Bild- und Tonträger, die Speicherung und Verbreitung in elektronischen Medien oder Benutzung für Vorträge, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags
51. Auflage 2021 (leicht angepasste E-Book-Version)
Copyright © 2003 der deutschsprachigen Ausgabe by Oesch Verlag, Zürich
ISBN E-Book: 978-3-0350-4016-6
Oesch Verlag, Sunflower Foundation, Zürich
E-Mail: info@oeschverlag.ch
Unser Programm finden Sie im Internet unter:
www.oeschverlag.ch
Vorwort von Dale Carnegie
Weshalb ich dieses Buch schrieb
1. Teil: Diese Ideen befreiten mich von Misserfolgen
Wie ich mit einer einzigen Idee mein Einkommen und mein Lebensglück vervielfachte
Was mich zur Verkaufstätigkeit zurückführte, nachdem ich meine Stelle aufgegeben hatte
Was mir half, meinen größten Feind zu besiegen
Wie ich lernte, mich selbst zu organisieren
Zusammenfassung des 1. Teils
2. Teil: Die Grundregeln des Verkaufserfolgs
Wie ich das Geheimnis des Verkaufserfolgs entdeckte
Wie ich lernte, ins Schwarze zu treffen
In 15 Minuten für 250 000 Dollar verkauft
Analyse der Grundregeln dieses Verkaufs
Mit Fragen mehr verkaufen
Warum kauft der Mensch und warum nicht?
Das wichtigste Wort im Verkaufsgespräch hat nur fünf Buchstaben
Widerstände herausfinden und überwinden
Die vergessene Wunderformel
Zusammenfassung des 2. Teils
3. Teil: Das Vertrauen anderer gewinnen und erhalten. Sechs bewährte Ideen
Wie man Vertrauen gewinnt
Wertvolle Erfahrungen eines großen Arztes
Der schnelle Weg zum Vertrauen
Wie man Kunden verliert
Der unfehlbare Weg zum Vertrauen
Auch entscheidend: der gute Eindruck
Zusammenfassung des 3. Teils
4. Teil: Wann kauft ein Kunde – und warum?
Lincoln half mir, Freunde zu gewinnen
Eine Idee, die mir viele Türen öffnete
Namen und Gesichter im Gedächtnis behalten
Warum verliert ein Verkäufer einen Auftrag?
Die Angst vor wichtigen Persönlichkeiten überwinden
Zusammenfassung des 4. Teils
5. Teil: Der Weg zum Verkauf
Der »Verkauf« vor dem Verkauf
Wie vereinbart man zielsicher Termine?
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kunden – unsere Hilfe
Das Einkommen erhöhen – eine Idee
Wie man den Kunden aktiv am Verkauf beteiligt
Neue Kunden finden und die alten zur begeisterten Mithilfe bewegen
Sieben Regeln für den Verkaufsabschluss
Eine glänzende Abschlusstechnik
Zusammenfassung des 5. Teils
6. Teil: Keine Angst vor Misserfolgen!
Erfolge und Niederlagen
Benjamin Franklins Geheimnis des Erfolgs
Benjamin Franklins dreizehn Lebensregeln
Unter vier Augen
Ich kenne Frank Bettger seit Jahrzehnten. Seine Jugend war hart, seine Schulbildung eher dürftig. Sein Leben aber ist die Geschichte des Erfolgs.
Als Franks Vater starb, blieb seine Frau mit fünf kleinen Kindern zurück. Mit elf Jahren musste Frank Tag für Tag um halb fünf aufstehen, um Zeitungen zu verkaufen. Damit trug er zum Überleben der vaterlosen Familie bei. Seine Mutter ernährte sich und ihre Kinder mühselig aus dem kärglichen Erlös, den sie aus Waschen und Nähen für andere Leute erzielte. Frank hat mir einst erzählt, dass das Abendbrot selten aus etwas anderem bestand als aus Hafergrütze und Magermilch. Mit vierzehn nahm Frank eine Stelle als Gehilfe eines Installateurs an, und mit achtzehn wurde er professioneller Baseballspieler. Zwei Jahre später verletzte er sich bei einem Spiel den Arm derart, dass er seinen Sport aufgeben musste.
Ich traf ihn, als er neunundzwanzig war, in seiner Heimatstadt Philadelphia, wo er versuchte, sein Brot als Versicherungsvertreter zu verdienen. Seine Tätigkeit war ein völliger Misserfolg. In den darauffolgenden zwölf Jahren gelang es ihm aber, so viel Geld zu verdienen, dass er sich ein Landgut im Werte von 700 000 Dollar kaufen konnte. Mit vierzig hätte er sich problemlos ins Privatleben zurückziehen können.
Franks Werdegang habe ich persönlich miterlebt. Ich verfolgte seinen Aufstieg vom restlosen Versager zu einem der erfolgreichsten und bestbezahlten Verkäufer Amerikas. Ich überredete ihn dazu, mit mir zusammenzuarbeiten und die Geschichte seiner Karriere in einwöchigen Vortragsreihen zu erzählen, die ich damals unter dem Patronat der »United States Junior Chamber of Commerce« zu den Themen »Führung«, »Umgang mit Menschen« und »Verkauf« an verschiedenen Orten veranstaltete.
Während über 25 Jahren hat Frank Bettger beinahe 40 000 Verkaufsgespräche geführt; das macht fünf Kundenbesuche pro Tag aus. Diese reiche Erfahrung gibt ihm das Recht, zu diesem Thema zu sprechen und zu schreiben.
Das erste Kapitel »Wie ich mit einer einzigen Idee mein Einkommen und mein Lebensglück vervielfachte« ist für mich ein Paradebeispiel für die Kraft und Begeisterung, die Frank Bettger vom hoffnungslosen Verkäufer zu einem der Starverkäufer der Vereinigten Staaten verwandelte.
Ich erlebte Frank bei seiner ersten Ansprache, die er nur zögernd und unsicher hielt; später sah ich, in welchem Maße er eine große Zuhörerschaft mit seinen Ausführungen fesseln konnte. Als ich feststellte, welch starken Einfluss er auf die Zuhörer ausübte, bewog ich ihn, ein Buch über seine Erfahrungen, seine Technik und seine Verkaufsphilosophie zu schreiben – und zwar genau so, wie er es mit seinen Vorträgen vor Tausenden von Menschen getan hatte.
Hier ist dieses Buch: die nützlichste und wertvollste Verkaufsschulung, die ich je erlebt habe; ein Buch, das jedem Kundenberater – verkaufe er nun Versicherungen, Schuhe, Schiffe oder Bohnerwachs – eine ungeahnte Hilfe ist. Jede Seite dieses Buchs habe ich gelesen, und ich empfehle es aus Überzeugung und mit Begeisterung.
Es gibt Menschen, die für eine Zigarette einen Kilometer weit gehen. Als ich seinerzeit als Verkäufer begann, wäre ich gerne von Chicago nach New York zu Fuß gegangen, um dieses Buch zu erhalten. Doch damals war es leider noch nicht geschrieben.
Dale Carnegie
Eines Tages traf ich im Zug von New York nach Boston zufällig Dale Carnegie. Er erzählte mir, dass er eine Serie von Wochenendkursen durchführe, und fragte mich: »Möchten Sie nicht mitkommen und einige Vorträge über Verkaufstechnik halten?«
Erst dachte ich, Dale Carnegie mache sich über mich lustig, und sagte: »Sie wissen doch, dass ich nicht einmal die höhere Volksschule abgeschlossen habe. Wie käme ich dazu, Verkaufsseminare durchzuführen?«
Doch Dale Carnegie erwiderte: »Erzählen Sie einfach, wie Sie sich aus den Misserfolgen herausgearbeitet haben. Sagen Sie den Zuhörern ganz einfach, was Sie gemacht haben, um zum Erfolg zu kommen!«
Ich dachte kurz nach und meinte dann: »O.K., das werde ich wohl schon hinkriegen.«
Schon bald darauf führten Dale Carnegie und ich in allen Staaten Amerikas Kurse durch. An fünf aufeinanderfolgenden Abenden sprachen wir jeweils während vier Stunden zur gleichen Zuhörerschaft.
Nach einiger Zeit fragte mich Dale: »Frank, warum schreibst du eigentlich kein Buch? Viele Bücher über Verkaufstechnik sind von Leuten geschrieben, die selber nie etwas verkauft haben. Warum willst du nicht ein ganz neues Buch über den Verkauf schreiben? Ein Buch, worin du genau erzählst, was du gemacht hast, wie du dich vom Misserfolg zum Erfolg hochgearbeitet hast. Erzähle ganz einfach deine Lebensgeschichte. Setze das Wörtchen ›Ich‹ in jeden Satz. Halte keine gelehrten Vorträge, sondern erzähle deinen Werdegang als Verkäufer!«
Je länger ich darüber nachdachte, desto unsympathischer wurde mir der Gedanke. Sollte ich denn meine Person dermaßen herausstreichen?
»Nein, das passt mir nicht!«, sagte ich darauf.
Doch Dale überredete mich während eines ganzen Nachmittags, das Buch zu schreiben. Er sagte: »In jeder Stadt, wo wir vor den jungen Kaderkräften unsere Vorträge hielten, wurden wir doch gefragt, ob Frank Bettger seine Erfahrungen in Buchform veröffentlichen würde. Du erinnerst dich sicher an jenen jungen Mann in Salt Lake City, der für das erste Exemplar des Buches 40 Dollar deponierte. Erst dachten wir doch, er wolle sich einen Spaß machen, aber er meinte es ernst, denn er wusste, dass ihm dieses Buch weit mehr als 40 Dollar einbringen würde …«
So ging ich denn daran, dieses Buch zu schreiben.
Ich erzähle Ihnen von den unglaublichen Fehlern, die ich gemacht habe, und wie es mir dann gelungen ist, aus der Welt der Misserfolge und der Hoffnungslosigkeit zu Erfolg und Lebensglück zu gelangen.
Als ich meine Tätigkeit als Verkäufer aufnahm, musste ich gegen zwei Hindernisse ankämpfen: Zum einen wusste ich vom Verkauf etwa gleich viel wie ein Kaninchen, und zum andern war meine Baseball-Erfahrung nicht sonderlich dazu angetan, meine verkäuferischen Fähigkeiten zu verbessern. Wenn Lloyds in London auf mich eine Wette abgeschlossen hätte, so wären die Gewinnchancen bestimmt 1:1000 gewesen. Ich selbst hatte nicht mehr Vertrauen in mich als mein Arbeitgeber.
Ich hoffe, dass Sie, lieber Leser, das Wörtchen »Ich« in diesem Buch nicht allzu sehr beachten; ich will Ihnen bloß schildern, was mir meine Ideen und Erfahrungen genützt haben, und zeigen, was sie jedem nützen, der sie befolgt und verwertet.
Ich habe mich bemüht, das Buch zu schreiben, das ich selbst gesucht habe, als ich zu verkaufen anfing.
Kurz nachdem ich professioneller Baseballspieler geworden war, erlebte ich eine meiner schwersten Enttäuschungen. Ich war noch jung, ehrgeizig und wollte Spitzensportler werden. Doch was geschah? Ich wurde entlassen! Mein ganzes Leben wäre anders verlaufen, wenn ich nicht sogleich den Manager aufgesucht und ihn gefragt hätte, warum er mich entlasse.
Seine Antwort war eindeutig: Weil ich ein fauler Spieler sei. Alles hatte ich erwartet, bloß das nicht!
»Du schleichst auf dem Feld herum wie ein Veteran, der schon seit 20 Jahren spielt«, sagte er zu mir. »Warum spielst du so, wenn du kein Faulpelz sein willst?« – »Ich bin derart nervös«, antwortete ich, »dass ich beim Spielen immer versuche, meine Angst und meine Nervosität vor den Zuschauern und Mitspielern zu verbergen. Ich dachte mir, meine Nervosität würde sich legen, wenn ich mich zu Ruhe und Gelassenheit zwinge.«
»Mein lieber Frank«, entgegnete mir darauf der Manager, »so geht es nicht. Mit dieser Taktik schaffst du es nie. Was immer du machst, wenn du unseren Club verlässt, wach um Gottes willen auf und geh mit etwas mehr Begeisterung an deine Arbeit ran!«
In diesem Club hatte ich bis anhin 175 Dollar im Monat verdient, im neuen Club erhielt ich nur noch 25 Dollar. Natürlich war ich von dieser kläglichen Summe nicht eben begeistert, aber ich begann, auf dem Spielfeld begeistert zu handeln. Nachdem ich drei Tage mitgespielt hatte, kam ein alter Baseballspieler, Danny Meehan, auf mich zu: »Frank, kannst du mir sagen, weshalb du in diesem unbedeutenden Club spielst?«
»Danny«, gab ich zur Antwort, »einen besseren Job würde ich sofort annehmen, aber ich hab’ keinen.«
Die Woche darauf führte mich Danny in den »New Haven«-Club ein. Der erste Spieltag war für mich ein Ereignis. Niemand kannte mich; ich beschloss, so zu spielen, dass keiner sagen konnte, ich sei faul. Ich wollte mir den Ruf des schnellsten Spielers unserer Liga erwerben. Ich sagte mir: Wenn mir dies gelingt, dann bin ich auch gezwungen, alles zu unternehmen, damit ich diesen Ruf nicht aufs Spiel setze.
Auf dem Spielfeld war ich schon von der ersten Minute an wie mit Elektrizität geladen; ich spielte, als wäre eine Million Batterien in mir. Den Ball schlug ich so hart, so weit, so heftig und so schnell, dass bald alle Zuschauer und erst recht die Spieler auf mich aufmerksam wurden. Ich kam mir vor wie auf einer Bühne: zur Schau gestellt, im Rampenlicht – aber ich hielt durch.
Dieses Erlebnis war für mich der Wendepunkt. Das Wunder bestand aus drei Dingen:
1.Meine Begeisterung besiegte meine Angst. Meine Nervosität begann mit einem Mal ü mich zu arbeiten, und ich spielte wesentlich besser, als ich es mir je zugetraut hätte. Daher mein Ratschlag: Wenn Sie nervös sind, so seien Sie dankbar; halten Sie Ihre Nervosität nicht zurück; leben Sie sie aus, indem Sie sie in Aktivität umwandeln; lassen Sie Ihre Nerven für sich arbeiten!
2.Meine Aktivität und Begeisterung steckte die anderen Spieler an, und schon nach kurzer Zeit gingen sie wie ich vor.
3.Statt mich vom Rampenlicht blenden zu lassen und aufzugeben, fühlte ich mich im Verlaufe des Spiels immer besser. Und als es zu Ende war, fühlte ich mich besser denn je.
Die größte Überraschung erlebte ich am nächsten Morgen. In der Zeitung war zu lesen: »Frank Bettger, der neue Spieler, ist ein mit Begeisterung aufgeladenes Nervenpaket. Es steckte unsere Spieler derart an, dass sie nicht nur das Treffen gewannen, sondern in dieser Saison einen stärkeren Eindruck machten als je zuvor.«
Die Zeitungen nannten mich »›Pep‹ Bettger« (»›Motor‹ Bettger«). Mit Vergnügen sandte ich die Zeitungsausschnitte dem Manager, der mich aus meinem ersten Club hinausgeworfen hatte. Können Sie sich sein Gesicht vorstellen, als er die Zeilen über »›Pep‹ Bettger« las, den er wegen seiner Faulheit entlassen hatte?
Binnen zehn Tagen erhöhten meine Begeisterung und mein Einsatz mein Einkommen von 25 auf 185 Dollar im Monat: eine Steigerung von 700 Prozent. Ich will es Ihnen nochmals sagen: Einzig und allein der feste Entschluss, mit Begeisterung und Einsatz zu spielen, erhöhte mein Einkommen in zehn Tagen um 700 Prozent. Diese gewaltige Verbesserung erzielte ich nicht, weil ich den Ball besser werfen oder schlagen konnte, nicht weil sich mein Spiel verbessert hätte, sondern nur dank meiner neuen Einstellung.
Zwei Jahre, nachdem ich mich in jenem kleinen Club mit den 25 Dollar hatte bescheiden müssen, spielte ich bei den »St. Louis Cardinals« und hatte mein Einkommen verdreißigfacht. Wie habe ich das erreicht? Einzig und allein mit dem Willen, begeistert zu handeln.
Wieder zwei Jahre später erlitt ich bei einem Spiel einen schweren Unfall. Ich musste das Baseballspiel aufgeben. Damals war dieser Unfall für mich eine Tragödie. Heute ist er für mich eines der glücklichsten Ereignisse meines Lebens.
In der Folgezeit verdiente ich mein Brot, indem ich auf dem Fahrrad durch die Straßen Philadelphias fuhr und im Auftrag eines großen Kreditinstituts die Raten einkassierte. Nach zwei eher unerfreulichen Jahren versuchte ich, für eine Lebensversicherungsgesellschaft Policen an den Mann zu bringen.
Die folgenden zehn Monate waren für mich die längsten und bedrückendsten meines Lebens: Mein Versuch, Lebensversicherungen zu verkaufen, schlug völlig fehl. Ich sagte mir: »Nie wirst du ein guter Verkäufer!« Ich schrieb auf Stellenangebote meine Bewerbungen. Egal was meine künftige Arbeit war – eines stand für mich fest: Ich hatte Angst und litt unter einem Minderwertigkeitskomplex; beides musste ich unbedingt überwinden.
Dies war der Grund, weshalb ich einen Dale-Carnegie-Kurs besuchte. Als ich an einem der Kursabende einmal einen kurzen Vortrag hielt, unterbrach mich Mr. Carnegie: »Mr. Bettger, sind Sie an dem, was Sie uns sagen, eigentlich interessiert?«
»Aber sicher!«, antwortete ich.
»Schön«, erwiderte er. »Warum legen Sie denn nicht etwas mehr Begeisterung hinein? Wie wollen Sie Ihre Zuhörer gewinnen, wenn Sie Ihre Worte mit so wenig Lebendigkeit und Überzeugung versehen?«
Darauf hielt Dale Carnegie unserer Seminargruppe einen Vortrag über die Kraft der Begeisterung. Als ich am Kursende nach Hause ging, blieb ich noch eine volle Stunde auf, um das Gehörte auf mich einwirken zu lassen. Ich dachte an meine Baseball-Zeit zurück. Da wurde mir klar, dass der gleiche Fehler, der meine Baseball-Karriere beinahe zerstört hätte, nun auch meine Karriere als Verkäufer zu vernichten drohte.
Der Entschluss, den ich in jener Nacht fasste, war in meinem Leben ein Wendepunkt: Mit der gleichen Begeisterung, mit der ich damals als »›Pep‹ Bettger« spielte, wollte ich meine Arbeit als Verkäufer und Versicherungsfachmann anpacken.
Nie vergesse ich meinen ersten Kundenbesuch am anderen Morgen: Er war der Durchbruch zum Erfolg. Ich hatte mir vorgenommen, dem Kunden als der aktivste und lebendigste Verkäufer entgegenzutreten. Als ich die ersten Worte herausgesprudelt hatte, sagte ich mir: Dieser Kunde muss mich jetzt zwingend unterbrechen und mich fragen, ob bei mir wohl noch alles in Ordnung sei. Irrtum! Der Mann sah mich immer aufmerksamer an, nahm eine entschlossene Haltung an und unterbrach mich nicht – außer wenn er mir versicherungstechnische Fragen stellte. Folge? Ich schloss ein Geschäft ab. Der Kunde, ein Getreidegroßhändler, wurde bald einer meiner besten Freunde und empfahl mich überall als guten Versicherungsberater.
Von jenem Tag an begann ich zu verkaufen. Die Kraft der Begeisterung arbeitete für mich im Geschäftsleben wie damals beim Baseball.
Begeisterung besteht zwar nicht nur darin, dass man die Faust ballt; hilft diese äußerliche Geste aber, uns innerlich zusammenzureißen, dann dürfen wir uns ihrer selbstverständlich bedienen. Eines ist sicher: Wenn ich mich zwinge, begeistert zu handeln, so ändert sich schon bald darauf meine innere Einstellung: ich fühle mich begeistert.
Während der 32 Jahre meiner Verkaufstätigkeit lernte ich Dutzende von Verkäufern kennen, die ihr Einkommen verdoppelt und verdreifacht haben – weil sie mit Begeisterung an ihre Arbeit gingen. Ich begegnete aber Hunderten von Kollegen, die keinen Erfolg hatten – weil ihnen jegliche Begeisterung abging.
Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Begeisterung im Verkauf das wichtigste Element ist.
Ich kenne einen Mann, der in Versicherungsfragen als Experte gilt. Trotzdem kommt er mit seinen Kenntnissen auf kein anständiges Einkommen. Warum? Weil ihm die Begeisterung für seine Arbeit fehlt.
Ich kenne einen anderen Verkäufer, der nicht ein Zehntel der Kenntnisse seines Kollegen besitzt; doch er wurde ein reicher Mann, so dass er sich nach zwanzig Jahren ins Privatleben zurückziehen konnte. Warum? Weil er seinen Beruf mit Begeisterung ausübte.
Können Begeisterung und Aktivität erlernt werden – oder sind sie uns angeboren? Für mich steht fest: Diese Eigenschaften kann man sich aneignen. Doch wie? Einzig und allein durch begeistertes Handeln. Was mir dabei geholfen hat, ist ein Gedicht, das ich für derart wertvoll halte, dass ich es auf Karten drucken ließ und Hunderte davon an meine Freunde verteilte. Es stammt von Herbert Kauffmann und trägt den guten Titel
Sieg
Wie oft schon hörte ich dich sagen,
Du würdest große Dinge wagen.
Wann wohl, glaubst du, kommt der Tag,
Da endet alle Müh’ und Plag’,
Da du zu großen Taten schreitest
Und da du selbst dein Schicksal leitest?
Und wieder ging ein Jahr vorbei,
Doch nie warst du, mein Freund, dabei,
Wenn’s galt, nun endlich zuzugreifen,
Damit auch deine Früchte reifen!
Woran es liegt? Erklär es nur!
Du hattest Pech? Ach, keine Spur!
Wie immer, einzig und allein
Lag’s nur an dir, an dir allein.
Schau auf deine Hände bloß:
Sie liegen still in deinem Schoß,
Statt endlich, endlich doch zu handeln
Und alles in dir umzuwandeln.
Warum dieses Gedicht nicht auswendig lernen und es jeden Tag aufsagen? Vielleicht hilft es Ihnen so viel, wie es mir geholfen hat.
Einst las ich einen Ausspruch von Walter P. Chrysler. Was er schrieb, hat mich so fasziniert, dass ich die Zeilen aufschreiben musste und sie ständig in der Tasche trug. Bis ich seine Aussage auswendig konnte, habe ich sie bestimmt über vierzigmal gelesen. Jeder Verkäufer sollte sie kennen. Worin liegt das Geheimnis des Erfolgs im Verkauf, wurde Chrysler gefragt. Seine Antwort: Neben Berufskenntnis und Energie vor allem die Begeisterung für die Arbeit. »Aber noch mehr als Begeisterung«, sagte er, »muss vorhanden sein: Enthusiasmus. Das führt zum Erfolg. Ich schätze Menschen, die sich begeistern können; so reißen sie den Kunden mit, begeistern ihn – und gewinnen ihn.«
Begeisterungsfähigkeit ist die bestbezahlte Eigenschaft der Welt: Erstens gehört sie zu den seltensten, und zweitens ist sie ansteckend. Wenn wir selbst begeistert sind, überträgt sich diese Einstellung auf unsere Kunden – selbst dann, wenn wir nur schwache Argumente vorbringen können. Ohne Begeisterung lebt kein Gespräch, keine Beratung, keine Verhandlung.
Begeisterung ist keineswegs reine Äußerlichkeit. Wenn man sie sich einmal »einverleibt« hat, wirkt sie von innen heraus. Nur die Begeisterung hilft uns, die Lebensängste zu überwinden, erfolgreiche Geschäfte abzuschließen, mehr zu verdienen – kurz ein gesünderes, reicheres und glücklicheres Leben zu führen.
Wann wollen Sie damit beginnen?
Jetzt! Natürlich jetzt! Hämmern Sie sich die Tatsache ein: Ich kann es, und ich schaffe es! Ich kann, ich will, ich werde verkaufen.
Und wie beginnen Sie? Hier das Rezept: Um begeistert zu werden, muss man begeistert handeln.
Bitte, setzen Sie dieses Rezept vorerst während eines vollen Monats Tag für Tag, Stunde für Stunde in die Tat um: Sie können sich auf erstaunliche Resultate gefasst machen! Unter Umständen wird sich dadurch Ihr ganzes Leben von Grund auf ändern.
Stehen Sie jeden Morgen energisch auf, ballen Sie energisch die Faust und sagen Sie:
»Handle begeistert, und du wirst begeistert werden!«
Ich lege dem Leser nahe, dieses Kapitel von Frank Bettgers Buch mehrmals zu lesen und den festen, ernsten Entschluss zu fassen, den Enthusiasmus, den Sie bisher in Ihr Leben und in Ihre Arbeit gelegt haben, zu verdoppeln. Wenn dieser Entschluss Wirklichkeit wird, kann er Ihr Lebensglück und Ihr Einkommen verdoppeln.
Dale Carnegie
Hinweis des Verlags
Frank Bettger schrieb sein unvergleichliches Buch vor vielen Jahren. Aus Gründen der Authentizität haben wir die damals üblichen Gehälter, Versicherungssummen und Provisionsaufkommen nicht den heutigen Gegebenheiten angepasst.
Das auf Seite 25 genannte Jahresprovisionsaufkommen von 4252 Dollar war für die damaligen Verhältnisse ein stattliches Einkommen. Es entsprach umgerechnet rund 9000 Euro. Das durchschnittliche Gehalt eines Arbeitnehmers in Deutschland betrug 1950 netto durchschnittlich 1300 Euro … pro Jahr! Frank Bettger verdiente demnach etwa das Siebenfache.
Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, erstaunt es mich immer wieder, welche Kleinigkeiten es waren, die den Kurs geändert haben. Wie ich bereits erzählte, beschloss ich nach zehn hoffnungslosen Monaten, während deren ich Lebensversicherungen zu verkaufen versuchte, jegliche Verkaufstätigkeit aufzugeben. Ich hatte resigniert.
Mehrere Tage verbrachte ich damit, auf Stellenangebote Bewerbungen zu schreiben. Ich suchte eine Stelle als Angestellter einer Schifffahrtsgesellschaft. Als Junge hatte ich nämlich einmal für eine solche Gesellschaft gearbeitet: ich musste Holztransportkisten vernageln und sie verladefertig machen. Mit meiner geringen Schulbildung hoffte ich, wenigstens für eine solche Arbeit zu taugen. Doch die Absagebriefe zeigten mir deutlich, dass ich nicht einmal eine solche Stelle erhielt. Ich war nicht nur entmutigt, sondern geriet in eine gefährliche Stimmung der Hoffnungslosigkeit. Schon sah ich mich wieder auf dem Fahrrad durch die Straßen fahren und Abzahlungsraten einkassieren. Ja, mein höchstes Ziel war, wieder meine alte Arbeit zu 18 Dollar die Woche zu erhalten.
Auf dem Büro der Versicherung hatte ich einen Kugelschreiber, ein Taschenmesser und einige weitere persönliche Kleinigkeiten liegenlassen, und ich beschloss eines Morgens, diese Sachen noch abzuholen. Eigentlich wollte ich nur rasch vorbeigehen, aber als ich eben mein Pult räumte, kam der Direktor mit sämtlichen Vertretern für eine Verkaufsbesprechung in den Raum.
Es war mir nicht mehr möglich, den Raum zu verlassen, ohne zu stören. Somit blieb ich sitzen und hörte mir die Erklärungen der einzelnen Vertreter an. Je länger sie sprachen, desto mehr sank mein Mut. Dann aber sagte der Direktor etwas, das meine Laufbahn grundlegend beeinflusste:
»Meine Herren, die ganze Verkaufsarbeit besteht im Grunde genommen aus einem einzigen Punkt: Kunden besuchen! Zeigen Sie mir einen einzigen Vertreter, der pflichtbewusst jeden Tag seine fünf Kunden besucht, ihnen seine Geschichte erzählt – und ich zeige Ihnen einen Mann, der ganz einfach Erfolg haben muss!«
Dieser Ausspruch gab mir buchstäblich einen Schock, denn zu Mr. Talbot – so hieß der Direktor – hatte ich stets großes Vertrauen gehabt. Dieser Mann hatte mit elf Jahren in dieser Gesellschaft angefangen, sämtliche Abteilungen durchlaufen und mehrere Jahre selbst als Versicherungsberater gearbeitet. Er wusste somit, was er sagte. Seine Worte waren für mich wie Sonnenstrahlen nach einem regnerischen Tag, und ich beschloss, ihn beim Wort zu nehmen.
Ich sagte zu mir: »Frank Bettger, du hast zwei gesunde Beine. Du kannst deine Geschichte jeden Tag vier bis fünf Kunden erzählen, und dann musst du Erfolg haben! Mr. Talbot hat es gesagt!«
Und mit einem Mal fühlte ich mich besser. Ich hatte ein Ziel – der Erfolg konnte nicht ausbleiben!
Dieses Ereignis hatte zehn Wochen vor Jahresende stattgefunden. Über meine Kundenbesuche wollte ich während dieser Zeit genau Buch führen und auf alle Fälle im Tag mindestens vier Kunden aufsuchen. Bald merkte ich, dass ich oftmals viel mehr Besuche machen konnte; gleichzeitig fand ich aber heraus, dass es nicht leicht ist, während eines Monats täglich bei vier Kunden zu sein. Erst jetzt fiel mir auf, wie wenig Kunden ich bisher besucht hatte.
In diesen zehn Wochen verkaufte ich für 51 000 Dollar Lebensversicherungen – mehr als in den vergangenen zehn Monaten! Viel war es nicht, aber ich hatte den Beweis in der Hand, dass Mr. Talbot wusste, was er sagte: Ich konnte verkaufen!
Mir wurde auch klar, dass Zeit wirklich Geld ist. Ich nahm mir vor, mit ihr haushälterisch umzugehen. Zudem meinte ich, es sei nun nicht mehr nötig, Besuchsstatistiken aufzustellen.
Und von diesem Tag an – aus welchem Grund auch immer – verkaufte ich wieder weniger. Ich war erneut derselbe Versager wie zuvor. An einem Samstagnachmittag ging ich ins Büro, schloss mich in einen kleinen Besprechungsraum ein und versuchte während dreier Stunden, mit mir ins Reine zu kommen. »Was ist los mit dir? Woran liegt es?« So fragte ich mich. Es blieb nur ein Grund: Ich besuchte zu wenig Kunden.
»Wie kann ich mich zwingen, mehr Kunden zu besuchen? Grund dazu hab’ ich ja genug: ich bin auf meinen Verdienst dringend angewiesen – und ich bin kein Faulpelz.« Ich führte ab sofort wieder Besuchsstatistiken.
Ein Jahr später stand ich stolz vor den Vertretern unserer Gesellschaft und erzählte ihnen meine Geschichte. Ganz im Stillen hatte ich während dieses Jahres über meine Besuche genau Buch geführt. Ich hatte 1849 Kunden besucht. Mit 828 war ich ins Gespräch gekommen, ich hatte 65 Verkäufe abgeschlossen, und meine Provision war auf 4252 Dollar gestiegen.
Wie viel war jeder Besuch wert? Ich rechnete es aus: Jeder hatte mir 2.30 Dollar eingebracht. Im Vorjahr war ich noch so niedergeschlagen gewesen, dass ich aufgeben wollte! Und jetzt hat mir jeder Besuch, egal ob ich den Kunden traf oder nicht, 2.30 Dollar eingebracht!
Ich kann nicht beschreiben, wie viel Mut und Selbstvertrauen mir das gegeben hat.
Später schildere ich Ihnen, wie mir die Besuchskontrolle geholfen hat, mein Einkommen pro Besuch von 2.30 auf 19 Dollar zu steigern, und wie es mir über Jahre hinweg gelang, das Verhältnis zwischen Verkaufsabschluss und Kundenbesuch stetig zu verbessern. Zuerst war auf 29 Besuche 1 Verkauf gekommen, später war das Verhältnis 25:1, dann 20:1, dann 10:1, schließlich 3:1.
Dazu einige Erklärungen: Meine Statistik zeigte mir, dass 70 Prozent meiner Verkäufe schon beim ersten Gespräch mit dem Kunden zustande kamen. 23 Prozent beim zweiten Besuch und 7 Prozent vom dritten Besuch an. Aber – und das ist es eben: 50 Prozent meiner Zeit verbrauchte ich für diese 7 Prozent! »Warum soll ich mich also mit diesen 7 Prozent herumschlagen?«, dachte ich. »Wäre es nicht besser, meine Zeit nur noch auf die Erst- und Zweitbesuche zu verwenden?« Allein schon diese Erkenntnis ließ den Ertrag pro Besuch von 2.30 Dollar auf 4.27 Dollar ansteigen.
Ohne eine genaue Statistik tappt ein Verkäufer völlig im Dunkeln. Er findet nämlich nie heraus, was er falsch macht. Was ich aus meiner Statistik herauslese, ist viel unterhaltsamer und spannender als ein Krimi. Einer der besten Verkäufer der Welt, Clay W. Hamlin, hat mich immer wieder daran erinnert, dass er als Verkäufer dreimal versagt hätte und seine Karriere erst dann begonnen habe, als er genaue Statistiken führte.
»Du triffst nicht, wenn du nicht zuschlägst!« Dieser Grundsatz gilt nicht nur für das Baseball-Spiel, sondern auch für den Verkauf. Bei den »Cardinals« lernte ich Steve Evans kennen, einen großen, kräftigen Burschen, der den Ball außerordentlich stark schlagen konnte. Aber Steve hatte eine schlechte Gewohnheit: Immer wartete er zu lange. Bevor er zurückschlug, wurden jeweils zwei Bälle auf ihn abgegeben. Ich erinnere mich an ein Spiel, das wir in St. Louis austrugen. Steve war an der Reihe, und sein Schlag hätte uns den Sieg bringen können. Steve nahm seinen Lieblingsschläger zur Hand und machte sich bereit. Die Zuschauer schrien: »Los, Steve, schlag den ersten Ball!« Steve stellte sich hin, der Ball kam – doch der Schläger auf Steves Schulter rührte sich nicht.
»Erster Schlag!«, rief der Schiedsrichter.
»Los, Steve, nimm den zweiten!«, riefen seine Mitspieler und die Zuschauer. Der zweite Ball kam, und wieder wartete Steve zu lange.
»Evans!!!«, schrie unser Trainer. »Worauf wartest du eigentlich?«
»Auf den Ersten und den Fünfzehnten!«, rief Steve erbost zurück. (Der 1. und der 15. des Monats = Zahltag.)