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© 2021 Brigitte C. Trautmann-Keller
weitere Mitwirkende: Wilfried Trautmann
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-753438-01-6
Unseren eifrigen Lesern und Zuhörern gewidmet
sag mir, warum bist du nur so schnell,
mit den kurzen Beinen, den meinen,
komm ich kaum von der Stell!
Opi, schau nur dort oben,
siehst du, Opa, ich glaub
dort kommt ein Drachen geflogen!
Er hat Krallen und Flügel,
er spuckt züngelndes Feuer,
kannst du ihn sehen, dort über dem Hügel!?
Ach, Schätzchen,
du träumst nur einen Drachentraum,
ein Flugzeug mit breiten Flügeln
schwebt,
wie ich sehe, über dem dicken Baum!
Großvater, ach, mein liebster du,
leih mir bitte den breitkrempigen Hut,
er fällt mir zwar noch über die Ohren,
doch, wenn ich ihn trage, Opa,
fühl ich mich doppelt so gut!
Ha, Schatz, wie wär es mit meiner Zigarre,
einem Holunderschnaps,
mit meiner schönsten Gitarre!?
Ich setzte mich hin, du spieltest für mich,
das wäre bestimmt ein riesiger Spaß
wie ich glaube, und nicht nur für Dich!
Liebster Opi, so erkläre mir doch,
warum sind deine Hände so riesengroß,
du kannst alles tragen, das find ich famos!
Bald möchte ich groß sein,
so groß wie du, breit wie ein Grizzly
und soo stark sein dazu!
Ich möchte den Drachen einfangen,
ihn ärgern und piksen mit eisernen Stangen!
Stopp! - Halt ein, gönn dir rasch etwas Ruh,
alles im Leben kommt zu seiner Zeit,
spricht weise der Großvater dazu!
Alle Tage im Leben soll man genießen,
sich erfreuen an jeder goldnen Stunde,
wie an wilden Halmen,
die im Sonnenlicht sprießen!
Man muss das Glück nur finden,
und es ganz schnell ergreifen,
denn es schwirrt fast immer herum,
wie buntschillernde Blasen aus Seife!
Träume nur deinen Traum
von Feuerdrachen, von alten Burgen,
bekämpfe die Räuber, besiege die Schurken!
Fahre mit Dorothea, der Lokomotive,
reise weit hin, bis nach Kenia,
wo kleine Afrikaner freundlich grüßen!
Denn bist du einmal alt,
so alt, wie ich es heute schon bin,
hast auch du große Hände und Füße,
verstehst dann auch sicher des Lebens
wichtigsten Sinn!
Verstehen, achten und lieben,
einander Gefühle schenken,
sich nah sein, große und kleine Köpfe
im Spiel eng zusammenstecken,
und gemeinsam
die tollsten Dinge aushecken!
Du, mein Kind siehst einen Drachen,
... ein Düsenflugzeug sehe ich!
Und leider wird aus einem Flugzeug
nie mehr ein wilder Drache für mich,
es macht mich sehr traurig,
denn das ist schade für mich!
Ach Opi, mein liebster Opi,
endlich kann ich dich verstehen,
du kannst geheimnisvolle Dinge, …
die ich,
weil ich Kind bin, wunderbar sehe,
... überhaupt nicht mehr sehen!
Aber Opi, so schau doch mal her,
… dafür hast du doch mich,
was willst du denn mehr!?
Meine Augen können alles gut sehen,
ganz bestimmt auch für dich!
Erzähle dir gerne, was Tolles ich sehe,
bitte hab keine Angst vor dem Blindsein
lieber Opi, … wenn ich neben dir stehe!
Eure Gitti
Ein schräger Vogel sei sie, hatten sie die Kinder in ihrer Klasse ausgelacht, dachte die zehnjährige Tabea traurig bei sich. Und nur, weil sie ein einziges Mal bei den Schulkameraden geäußert hatte, dass sie einmal Lokführer werden wollte. Sie waren alle ziemlich doof, ... ihre Freunde. „Ha!“, hatten die Freunde gelacht, und sich vor Freude gebogen: „Ha, ein Mädchen... und Lokführer!“
Klar konnten sie nicht verstehen, warum Tabea so begeistert war. Sie hatten ja auch nicht dieses wunderschöne Bild gesehen, das über Muttis Kommode in der guten Stube hing. Mutti hatte Tabea erklärt, dass dieser mit Ruß geschwärzte Mann, der so freundlich vor der Lok stand und aus dem Foto herausgrinste, ihr Urgroßvater Josef war. Urgroßvater Josef war in seinem Berufsleben ein Lokführer gewesen, und ein tüchtiger noch dazu, hatte Mutter Iris begonnen Urgroßvater Josefs Geschichte zu erzählen.
Dieses Foto war im Sommer 1945 entstanden, gleich nach dem zweiten Weltkrieg. Damals, als Jedermann froh darüber war, dass der lange Krieg endlich beendet war, der von Deutschland ausgehend, durch viele Teile Europas gezogen ist. Es war die Zeit, neuen Mut zu fassen, und trotz Unsicherheit einer besseren Zukunft entgegenzusehen. Viele der alten Häuser und Gebäude in Deutschlands Städten waren bis hinunter auf die Grundmauern zerstört. Nun hieß es für alle Überlebenden, Frauen, Alte und ältere Kinder: Ärmel hochkrempeln, fleißig sein, und wie Pech und Schwefel zusammenhalten.
Und es war zu der Zeit, als viele Männer, die während des Krieges Soldaten waren, nicht zu ihren Familien zurückkehren konnten. Oft, weil sie entweder in einem fremden Land in Kriegsgefangenschaft geraten sind oder weil sie für das Vaterland gestorben waren.
Niemand in den Städten hatte genug zum Essen. Und manchmal musste man sich, weil so viel Wohnraum durch die Bomben zerstört worden war, mit wildfremden Menschen einen einzigen Wohnraum teilen, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Alles ging zu dieser Zeit drunter und drüber. Doch die Menschen der zerbombten Städte stellten sich ihrem Schicksal tapfer und waren dankbar für das Wenige, das sie hatten, denn sie hatten den Krieg überlebt.
Alles ging bald wieder aufwärts. Es wurden gesunde, junge Menschen mit Eifer, mit Ideen, mit Geschicklichkeit für allerlei Handwerke gesucht. Und auch in der Mechanik und Technik wurden dringend Fachleute gebraucht. Alle Männer, auch versehrte Heimkehrer, rüstige Alte, ältere Kinder und Frauen jeden Alters waren gefordert.
Es gab zu dieser Zeit wesentlich mehr Frauen als Männer in Deutschland, denn dieser sinnlose Krieg hatte seinen Tribut an Leben gefordert. Doch es musste trotzdem im Leben weitergehen, mit und ohne Männer.
Scharenweise kämpften sich daher Frauen, man nannte sie „Trümmerfrauen“, bewaffnet mit Spitzhacke und Schaufel, durch die bis zur Unkenntlichkeit zerbombten Städte.
Fleißig, wie die Bienen, sortierten die Trümmerfrauen brauchbares Material, Steine, Eisenträger und Holzbalken aus den Schuttbergen. Aller unbrauchbare Schutt wurde zu riesigen Bergen aufgetürmt, und später mit Schubkarren, Leiterwagen oder in Rucksäcken verstaut, aus den gezeichneten Städten hinaus, ins Umland transportiert. Riesige Schutthalden entstanden dort, wo früher Wald und Wiesen eine Zierde waren. Man begann mit Deutschlands Wiederaufbau.
Der Urgroßvater auf diesem alten Foto über Muttis Kommode, hatte Glück gehabt. Er kam heil zurück zu seiner Familie. Und als Lokführer, der er vor dem Krieg auch schon war, wurde er jetzt nötig gebraucht! Schnell wurde das zerstörte Schienennetz repariert. Teilstrecken der Bahngleise wurden neu ausgebaut und für den eiligen Transport von wichtigen Gütern freigegeben, erzählte Mutti Tabea, als sie abends für die tägliche „Gute – Nacht - Geschichte“ an Tabeas Bett saß.
Immer wieder stand Tabea auf dem Schemel dicht vor der lackierten Kommode, und blickte tief und bewundernd in die Schwarzweißfotografie hinein. Es war ihr oft als stünde sie, klein wie ein Zwerg, neben der großen Dampflok.
Erstaunt konnte sie beobachten, wie sich langsam die großen, rotlackierten Eisenräder in Bewegung setzten. Sie sah wie die schweren Gewichte, die neben den Rädern an glänzenden Edelstahlschienen untergebracht waren, begannen, sich zäh zu drehen: „Schsch, ...schsch, ... schsch, ... schsch, ... sch, ... sch, ... sch, schschschsch, .... pfff, .. pfff, .... pfff, ... huu, ...huuhuuhuu!“, und langsam kam die riesige Maschine in einen gleichmäßig rollenden Takt. Die Gewichte gaben der gemächlich anrollenden Lok den richtigen Schwung. Tüüüüt -, tüüüüt! -, tönte das Signal der hochhinausragenden Pfeife schrill.
Hunderte Liter Wasser, die man für die Dampfentwicklung und für den Druck im Dampfkessel brauchte, waren aufgetankt. Alles war in bester Ordnung und man war zur Abfahrt bereit. Es war unendlich heiß in der Nähe des eisernen Maschinenofens und auch auf dem Kohlenwagen.
Urgroßvater Josef schürte ohne Pause mit einer breiten Schaufel unendliche Mengen Koks in den glühenden Schlund des Ofens hinein, sodass es nur so knisterte und fauchte. Dann und wann zog er seine Eisenbahnermütze vom Kopf herunter und wischte sich den Schweiß von seiner rußigen Stirn, dass ein heller Fleck entstand. Tabea lachte. Der Schlot der Lokomotive stieß riesige Wolkenberge aus und quellender Dampf suchte sich seinen Weg in den weißblaugefleckten Nachmittagshimmel hinaus. Die Fahrt begann.
Es war immer gleich. Jedes Mal, wenn endlich die Fahrt beginnen sollte, wenn die Räder begannen sich gleichmäßig zu drehen, wenn sich Tabea auf eine Eisenbahnfahrt mit dem Urgroßvater freute, dann stellte sie fest, dass sie doch wieder nur vor Muttis Kommode auf dem Schemel stand, und wie gebannt in das Eisenbahn -Foto starrte. - Blöde Träume, dachte Tabea, .... nichts, .... als Lügenträume!
„Achtung,… die Lokführerin kommt!!“, schrien die Kinder auf dem Pausenhof und zogen Tabea damit auf. Tabea war beleidigt und zog sich einsam in eine dunkle Ecke, ganz hinten auf dem Schulhof zurück. Man hatte sie schon wieder gehänselt, schmollte sie und fühlte sich einsam und traurig.
Keiner konnte sie verstehen! Nicht einmal Max, der doch ihr bester Kumpel war. Gerade Max musste sie doch verstehen, denn Max hatte ja auch vor, später einmal das Kochhandwerk zu erlernen.
Bei ihr zu Hause kochte Mutti, dachte sich Tabea! Also war die Kocherei ja wohl auch nicht gerade der Beruf, den ein Junge ergreifen sollte. Es gab doch so viel Auswahl in den verschiedensten Männerberufen. Vielleicht sollte Max doch lieber ein Elektriker werden, oder ein Kaufmann. Ein Kfz- Mechaniker wäre gut, oder gar ein Pilot, der einen eleganten Silbervogel über den Himmel fliegen lassen konnte! Aber nein, ausgerechnet eine Köchin wollte er werden! Bei ihr war es doch eigentlich auch nichts anderes! „Der…, mit seiner weibischen Kocherei!“, fauchte sie ein bisschen gehässig. Trotzdem aber fand Max das Kochen gut. Und weil Max das gut fand, konnte ihn Tabea auch verstehen. Sie fragte sich halt nur immer wieder: Warum verstand ihr Freund ihre Sehnsucht, Lokführer werden zu wollen, nicht? Es war doch auch ganz normal, auch wenn, wie jeder sagte… sie „nur“ ein Mädchen war, dass sie es sich toll ausmalte, ein Lokführer zu sein! Ein Lokführer, der stolz mit seiner riesigen Lokomotive durch alle Länder der Welt reisen konnte!
Max hatte schon so oft im Klassenzimmer erzählt, dass er kochen lernen wolle. Aber keiner der Schulfreunde schrie Max nach: „Hööört mal, der Ma..hax will eine Köchin werden!“
Tabea stampfte hart mit dem Fuß auf den Boden auf und sagte trotzig: „Und trotzdem, … ich trau mich einfach! Ich will, und ich werde… einmal ein Lokführer sein! Genau, wie mein Urgroßvater Josef einmal einer war!“
Todmüde sank Tabea in den Schlaf. Aber plötzlich wurde sie von einem wilden Getöse und Gerumpel geweckt. Tabea setzte sich in ihrem Bett auf und rieb sich die müden Augen. Sie konnte nicht glauben, was sie da sah! Zu ihrem geschlossenen Kinderzimmerfenster herein blinkten zwei kürbisgroße Lichter. An, - aus, - an, - aus! Erschrocken zog Tabea die Bettdecke über ihr Gesicht und verkroch sich zitternd in die hinterste Ecke ihres Bettes.
Die großen Lichter kamen näher und beleuchteten Tabeas Zimmer. Selbst die Puppen und Bären verdeckten geblendet ihre Augen. Tabea zog Knut, ihren zotteligen Lieblingsbär, ganz dicht an sich heran und fragte ihn zitternd: „Knutchen, - siehst du auch, was ich sehe?“ - „Was siehst du denn, Tabea?“, fragte Knut drollig. - „Diese grellen, gelben Lichter, siehst du sie!?“ sagte Tabea und zog Knut unter die kuschelige Bettdecke, als würden sie gleich erfrieren müssen.
„Phaa, lass mich los, Tabea, - es ist ungemütlich warm hier unten!“, sagte der Bär und brummte missgelaunt.
„Schau mal, Knutchen!“, flüsterte Tabea. Es sieht so aus, als wären diese Lichter Augen von einem Riesen!“
„Drück` mich nicht so, Tabii!“, brummte Knut ärgerlich. „Du lässt ja meine Nähte platzen, - reicht doch schon, dass ich fast kein Fell mehr habe! - Haaaa, ... Augen von einem Riesen!? … Oh, je, das wäre ja schliiimm, Tabi!“
Da klopfte es zart an die Fensterscheibe und eine kleine Bimmel läutete. Neugierig geworden, hüpfte Tabea aus ihrem Bett und näherte sich dem mit einem hauchdünnen Vorhang geschmückten Fenster.
„Ich heiße ‚Dorothea‘... huuu, huuu!“, pfiff eine gemütliche Stimme und die Lichter, die nun doch Augen waren, blinkten wie wild auf und ab. „Dorotheaaa, sehr erfreut! Ich bin Dorothea, die Dampflok!“, prustete die Lokomotive fröhlich.
Tabea schaute erstaunt zum Fenster hinaus. Sie erkannte tatsächlich eine wunderschöne, ziemlich mollige Dampflok. Es zischte und puffte, es dampfte und qualmte. Dorothea winkte Tabea und Knut heftig zu: „Kommt schnell, ihr beiden! Wir machen eine allerhöchst, furchtbar interessante Reise zusammen! Ich lade euch persönlich dazu ein!“, sprach die dicke Dorothea aufmunternd. „Denn wenn man sich etwas von Herzen wünscht, ... wie du, .... Tabea, um eine Fahrt mit deinem Urgroßvater und seiner Lokomotive zu machen, ... dann kann es,... aber,... nur ganz manchmal,... zur echten Wahrheit werden!...Hu… u, prustete Dorothea und zischte mehrmals leise,.... bssch, ...bssch.
Tabea schlüpfte mit klopfendem Herzen in ihre warmen Schläppchen, langte nach der dicken Strickweste, schlug sich zur Vorsicht einen Schal eng um den Hals, griff nach ihrer Umhängetasche, so, und schon war sie startbereit.
Eine Fahrt auf der Lokomotive „Dorothea“, zusammen mit ihrem Urgroßvater, der bestimmt schon bald hundert Jahre alt war, den sie eigentlich nur von dem Bild über Muttis Kommode und von Muttis Erzählungen her kannte, das konnte sie sich wirklich nicht entgehen lassen!
Langsam zog Tabea den Vorhang auf die Seite, öffnete das Fenster, ohne auch nur einen einzigen Laut zu machen. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sollte sie sich vielleicht doch nicht trauen, dachte sie? Was, wenn das Ganze nur ein Schabernack wäre?
„Wohin möchtest du denn mit dem Urgroßvater, mit Knutchen und mit mir fahren, liebe Dorothea?“, fragte Tabea zitternd vor Kälte. „Ja, meine liebe Tabea, wir machen jetzt eine abenteuerliche Reise, weit hinein in das für alle Kinder unendlich wichtige „Trau – dich – immer - Land!“, dröhnte „Dorothea“, rollte mit den Augen, und stieß dabei dicke Wolken fauchenden, weißen Dampfes aus.
„Na, ...was ist?... Was überlegst du so lange, Tabea, diese Gelegenheit kommt nicht so oft im Leben von Kindern!“, sagte Dorothea und bimmelte ordentlich mit dem Glöckchen neben der Signalhupe. „Aaalles,… was mitfahren möchte, muss jetzt auf den Kohlenwagen aufsteigen!“, posaunte Urgroßvater Josef, indem er seine Hände zu einem Trichter geformt vor den Mund hielt. Freundlich winkte er Tabea und Knut zu.
Kaum hatte Tabea den Fuß auf das Trittbrett gesetzt, begannen sich auch schon die riesigen, roten Räder zu drehen. Die Lokomotive schloss freudig die Augen, pfiff ein paar Mal ordentlich und schon begann die Reise.
Urgroßvater Josef stellte die Kohlenschaufel beiseite, legte Tabea seine schwarze Hand auf die Schulter und sagte: „Du bist nun also meine Urenkelin Tabea, die einmal ein Lokführer werden will, aha?! Und das Bärlein in der Umhängetasche hier ist dein bester Freund Knut?“
„Ja, ich bin Tabea...Urgroßvater, und das ist Knutchen, mein allerbester Freund!“, sagte Tabea vertraut. „Aber Knut war auch schon der Freund meiner Mutti Iris!... Und davor hatte ihn die Oma zum Freund! Du musst wissen Urgroßvater, Knutchen ist ein ganz, ganz altes,...“, sie legte den Zeigefinger auf ihre Lippen und flüsterte weiter, „ … immer noch, ... ganz liebes und brauchbares, ... pssst, sprechendes Bärchen!“
„Ja, ... ich weiß, Tabeachen!“, antwortete der Urgroßvater nickend. „Deine Urgroßmutter Marie und ich haben damals als dieser schreckliche Krieg vorbei war, ein Carepaket erhalten. Ein Carepaket ist ein Wohltätigkeitspaket. Es kam aus Amerika von lieben Menschen, die sich um die deutschen Familien Sorgen machten!
Das war vielleicht ein Freudenfest. Dieses Paket enthielt allerlei wunderbare Dinge: Erdnussbutter, Kokosfett, Milchpulver, es gab Bohnenkaffee, Tee, ein paar Tafeln hauchzarte ‚Hershey`s dark chocolate with almonds`! Das war prima Schokolade, sage ich dir, Tabea. Die Verpackung war glänzend und brombeerrot, und trug silberne Buchstaben. Wir alle hatten, - Hand aufs Herz -, noch nie so schöne Schokoladenverpackung gesehen. Und wir hatten auch seit Jahren kein Stückchen Schokolade mehr gegessen. Und als wir diese Tafel Schokolade endlich geöffnet hatten, sparten wir die Schokolade auf, denn sie war viel zu kostbar, als dass man sie, ratzfatz, aufaß. Man roch allenfalls daran, oder beleckte sie vorsichtig, um den Geschmack zu erahnen! - Und was dann noch geschehen war, Tabea, man schickte einen kleinen Bären mit dem Paket zu uns. Einen wuscheligen Bären mit einer dicken, knallroten Schleife um den Hals.