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Inhalt

Impressum 2

Widmung 3

Kapitel 1: Der Bunker 4

Kapitel 2:
Der Aufbruch in das Unbekannte 13

Kapitel 3: Die erste Begegnung 24

Kapitel 4: Böse Vorzeichen 32

Kapitel 5: Der tote Wegweiser 35

Kapitel 6: Das Lager 50

Kapitel 7: Hillsborow 64

Kapitel 8: Der nächste Schritt in Richtung neues Leben 81

Kapitel 9:
Die verdammten Überlebenden 84

Kapitel 10:
Hillsborow – Der letzte Versuch 91

Kapitel 11: Der Neubeginn 101

Kapitel 12: Das Misstrauen steigt 111

Kapitel 13:
Die Wahrheit und eine Entscheidung 116

Kapitel 14: Die Vorbereitung 123

Kapital 15:
Die Umsetzung und der Angriff 131

Kapitel 16: Eine neue Heimat 152

Kapitel 17: Der Weg zur Militärbasis 160

Kapitel 18: Die Sekte 165

Kapitel 19: Auf gute Weiterfahrt 222

Kapitel 20: Ein neuer Bunker 233

Kapitel 21: Zurück zum Zeltlager 260

Kapitel 22: Cold Harbour 267

Kapitel 23: Die Abgeschiedenheit 288

Kapitel 24: Ein fast normales Leben 298

Danksagung 301

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2021 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99107-621-6

ISBN e-book: 978-3-99107-622-3

Lektorat: Marie Schulz-Jungkenn

Umschlagfotos: ohn Sirlin,
Tom Dowd, Andrey Bayda,
Ashley Gable | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Widmung

Für Emmi Marlen. Dein Lächeln erhellt jeden Raum. An dem Tag, an dem du alt genug für dieses Buch bist und deine Eltern dir erlauben, es zu lesen, trinken wir ein Bier zusammen, blättern durch die folgenden Seiten und dann kannst du dein Urteil fällen, ob du bei diesem Inhalt doch lieber auf deinen Namen in der Widmung verzichtet hättest.

Kapitel 1: Der Bunker

Vor 15 Jahren lag die Welt in Trümmern. Nach dem Dritten Weltkrieg, sah es so aus, als würde es nie einen vierten geben können. Über dreiviertel der Weltbevölkerung wurde vernichtet und ein Großteil der Erdoberfläche war durch die Verstrahlung und den Fallout nicht mehr bewohnbar. Andere Teile der Welt waren zwar äußerlich von Bomben verschont worden, jedoch löschten biologische und chemische Waffen die Menschen aus, ohne Gebäude oder Einrichtungen zu zerstören. Eine große Anzahl von ganzen Tierarten war ausgelöscht worden und die Nahrungsquellen für die übrig gebliebenen Menschen waren sehr begrenzt. Eine kleine Anzahl an Menschen hatte nur überlebt, da vor dem Krieg riesige unterirdische Bunkeranlagen gebaut wurden, um die wichtigen Persönlichkeiten zu schützen. Da die Bomben aber ohne jede Vorwarnung fielen, kam fast keiner der Politiker oder Wissenschaftler jemals dort an. Nur die Menschen, die sich in unmittelbarer Nähe dieser Anlagen befanden, konnten noch Zuflucht suchen. Es begann ein neues Leben im Verborgenen: Unter der Erde. Zu Beginn konnten sich die Menschen in den Bunkern noch mit Funk miteinander verständigen. Daher wussten sie, dass es noch weitere Menschen gab als die, mit denen man im Bunker festsaß. Doch relativ schnell verstummten die anderen Stimmen.

Man wusste jedoch nicht, ob das daran lag, dass diese keine Nahrung mehr hatten oder der Bunker die Strahlung nicht mehr abhalten konnte, die Luftzufuhr abgeschnitten wurde, die Menschen verrückt geworden waren oder einfach das Funkgerät seinen Geist aufgegeben hatte. Man saß in einem Gefängnis aus Beton und Stahl und hatte keine Ahnung, was vor den Türen des Bunkers vor sich ging. Vielleicht waren sie ja die letzten Menschen auf der Erde, man konnte es nicht wissen. Die Bunkeranlage wurde damals für 1000 Menschen errichtet und hatte eine eigene saubere Wasserzufuhr, unzählige Konserven und Trockennahrung. Zuflucht konnten in diesem Bunker jedoch nur 62 Menschen finden. Im Laufe der Jahre waren noch 14 Kinder geboren worden. Diese hatten noch nie die Sonne gesehen oder frische Atemluft eingeatmet. Sie wurden in ein Gefängnis unter der Erde geboren.

Jetzt, nach 15 Jahren, tauchte jedoch ein unlösbares Problem auf. Zwar konnten die Menschen immer auf frisches Wasser zurückgreifen und hatten einen eigenen Reaktor, der sie mit Strom versorgte und die Luftfilteranlagen betrieb, jedoch ging ihnen langsam die Nahrung aus und sie mussten sich einen Weg überlegen, um an eine neue Nahrungsquelle zu kommen. Nachdem sich die Menschen tagelang im Bunker aus dem Weg gegangen waren, rief David McAron durch die Lautsprechanlage eine Sitzung im Besprechungsraum des Bunkers ein. David war 37 Jahre alt und war, bevor die Bomben fielen, bei der Armee. Er war mit seiner Einheit eingesetzt, um den Bunker zu verteidigen und niemanden ohne gültige Papiere passieren zu lassen und gegebenenfalls ihn auszuschalten. Die Mitglieder seiner Einheit waren jedoch noch vor dem Angriff von ihrer Position geflüchtet, um noch Zeit mit ihren Familien zu verbringen. Nur David und sein bester Freund Charly waren dortgeblieben. Als die Menschen kamen, missachteten sie ihre Befehle und ließen sie in die Bunkeranlage.

An diesem Abend trafen sich alle Einwohner und David trat vor sie: „Schönen guten Abend, meine Freunde. Wie ihr alle wisst, gehen uns leider nach 15 Jahren in Isolation die Lebensmittel aus.“ Sofort darauf begannen die Leute zu diskutieren und es wurde lauter im Publikum. „Ruhe, meine Freunde, Ruhe. Ich weiß, dass euch das sehr beunruhigt, aber das ist eine Sache, die wir nicht aussitzen können. Wir müssen jetzt handeln, solange wir noch bei Kräften sind und unsere Reserven noch etwas reichen.“ „Aber was sollen wir denn machen? Es gibt hier unten einfach keine weiteren Lebensmittel oder Tiere“, hörte man aus dem Publikum rufen. „Das weiß ich, daher habe ich mir die einzige Möglichkeit überlegt, die uns bleibt. Einer muss sie ja mal aussprechen. Wir müssen nach draußen“, sagte David. In einem Kanon hörte man dieselbe Frage durch den Raum klingen: „Bist du verrückt?“ „Ich weiß, es hört sich sehr gewagt an, aber uns bleibt keine andere Möglichkeit. Da nehme ich doch lieber das Risiko an der Oberfläche auf mich, als hier unten langsam zu verhungern. Ich melde mich freiwillig für diese Mission. Wir müssen Nahrung finden“, erwiderte David. „Ich schließe mich dir an“, sagte sein Kumpel Charly. „Vielen Dank, mein Freund. Wer meldet sich noch? Wir haben 10 Strahlenanzüge, 2 Sturmgewehre, 1 Schrotflinte und 3 Pistolen, falls wir uns draußen verteidigen müssen, gegen wilde Tiere oder mögliche andere Überlebende, die verrückt geworden sind.“ Alle wichen den Blicken von David aus und es herrschte absolute Ruhe. „Ich komme mit!“, hörte man aus der hintersten Ecke des Raumes. Es war Michael Redville. Ein Junge, der einen Monat, nachdem sie die Bunker-Türen versperrt hatten, geboren wurde. Seine Mutter war vor den Angriffen schwanger geworden und bei seiner Geburt gestorben. „Das finde ich sehr tapfer von dir, aber du bist noch zu jung, Michael. Du wirst erst noch 15“, sagte ihm David. „Es ist doch egal, wie alt ich bin. Nachdem meine Mutter gestorben war, habt ihr euch alle um mich gekümmert. Ihr seid meine Familie geworden und ich will euch etwas zurückgeben. Außerdem kenne ich die Welt draußen nur von Erzählungen und den Büchern, die ich hier im Bunker gelesen habe. Wenn ich sie nicht langsam mal zu Gesicht bekomme, weiß ich nicht mehr, wofür ich überhaupt überlebt habe. Du hast mir doch alles beigebracht, was ich zum Überleben brauche.“ Das stimmte, David hatte ihn wie einen Sohn aufgezogen, obwohl er auch erst 22 Jahre alt war, als das alles begann. Er hatte ihm Lesen und Schreiben beigebracht, wie man mit Waffen umgeht, eine Kampfsportart, die David bei der Armee gelernt hatte, und alles, was er sonst noch wusste. „Okay, du hast recht. Du bist kein Kind mehr und auf dich kann ich mich verlassen. Damit wären wir zu dritt. Zehn Leute können mit. Wollt ihr wirklich einfach auf euren Tod warten?“, fragte David in die Menge. „Wir machen mit!“, hörte man aus der aufgewühlten Gruppe. Es waren James Tuddler und seine beiden Söhne Steve und Ed. Vor dem Angriff war James Mechaniker gewesen und hatte sein Leben lang sehr hart gearbeitet. Auch hier im Bunker hat er sich um die meisten Reparaturen gekümmert und war immer eine große Hilfe. Er war 52 und seine beiden Söhne 20 und 23. Ihre Mutter war zur Zeit der Angriffe beruflich in Washington und sie wussten nicht, was aus ihr geworden war. Aber sie machten sich keine großen Hoffnungen, dass sie es noch in einen Bunker geschafft hatte. „Vielen Dank, James, und auch an deine Söhne. Eure Hilfe ist mir sehr wichtig. Damit hätten wir noch vier Plätze für unseren kleinen Ausflug frei.“ „Ach was soll’s!“, hörte man eine Frauenstimme sagen, „ich komme auch mit. Ob ich nun hier verrecke oder wenigstens noch einmal die Sonne sehe.“ „Vielen Dank, Mary“, sagte David, „auf dein vorlautes Mundwerk hätte ich auch ungerne verzichtet.“ Mary Summers war eine 55-jährige Journalistin, die schon alles in ihrem Leben gesehen hatte. Sie hat über Serienmörder, Kriege und Unfälle berichtet. Sie konnte man durch nichts mehr erschüttern. „Dann kann ich wenigstens noch was für die Nachwelt, falls es eine geben sollte, aufschreiben und nicht nur „Geschichten aus der Gruft – Die Bunkerstory“. Die zukünftigen Leser sollen ja auch was von der Außenwelt erfahren und nicht nur lesen, wie ein Haufen Menschen irre geworden ist, weil sie beim Däumchen drehen verhungert sind“, gab Mary zum Besten. Nach weiteren Diskussionen fanden sich auch noch drei weitere Freiwillige. Darunter waren der alte Jerkins, ein sehr hasserfüllter Mann, der seine ganze Familie verloren hatte und danach verbittert wurde. Er war 69 Jahre alt, aber an sich noch sehr fit und agil. Er hatte sein Leben lang als Lkw-Fahrer gearbeitet und hatte sich schon auf seinen Vorruhestand gefreut, aber dann kam ihm leider ein Krieg dazwischen. Er war gerade auf seiner Tour, als es passierte, und zu seinem Glück in der Nähe dieser Anlage.

Außerdem meldeten sich noch Isabell O’Flannery, eine 33-jährige Frau aus Irland, die vor dem Krieg ein Auslandssemester an der Universität in Nevada gemacht hatte. Sie wollte eigentlich Ärztin werden und jetzt war sie vielleicht der einzige Mensch auf der Erde, der wenigstens etwas medizinisches Grundwissen hatte. Der Letzte der Gruppe war Ethan Curtis. Ein sehr verschlossener Mann, der die meiste Zeit für sich alleine blieb und Bücher las. Er war 45 Jahre alt. Er hatte nie erzählt, was er vor dem Krieg gemacht hatte. Damit war das „Expeditionsteam“ vollständig.

Die Gruppe traf sich am nächsten Tag, um ihren Plan zu besprechen. Es mussten noch einige Vorkehrungen getroffen und zusätzlich ein genauer Termin festgelegt werden.

„So, meine Freunde, da sind wir nun. Ich möchte mich noch einmal recht herzlich bedanken, dass ihr mir helfen wollt und euer Schicksal selbst in die Hand nehmt. Wir haben noch einiges zu besprechen. Ich würde sagen, dass wir so schnell wie möglich starten sollten. Wir sollten gleich morgen losziehen“, sagte David zur Gruppe. „Ist das nicht ein bisschen übereilt?“, fragte Jerkins mit seiner aggressiven Art. „Noch haben wir ein paar Konserven. So können wir etwas für den Weg mitnehmen und die Menschen, die hierbleiben, haben auch noch etwas. Wir sollten gleich morgen früh unsere Rucksäcke packen. Wir brauchen nur das Nötigste: Verpflegung für den Weg, viel nichtkontaminiertes Wasser, die Waffen und die Strahlenanzüge und vor allem einige Geigerzähler. Stellt euch das Ganze als Erkundungstour vor. Wir müssen erst einmal sehen, wie es draußen aussieht und was uns erwartet. Vielleicht gibt es ja Orte, wo die Strahlung nicht so hoch ist und wo wir uns neu ansiedeln können.“ „Glaubst du echt, dass es noch Orte gibt, wo Menschen überleben können? Das wäre ja herrlich. Einfach aus dem Bunker raus und neu anfangen. Vielleicht treffen wir ja sogar auf andere Menschen“, sagte Michael in freudiger Erwartung. „Wer weiß, aber wir sollten uns nicht zu viele Hoffnungen machen“, erwiderte David. „Was ist mit den Waffen? Wir haben nur sechs Waffen und sind zehn Leute?“, wollte Charly wissen. „Ich will auf jeden Fall keine. Ich bin Pazifist und habe schon zu oft gesehen, was diese Dinger anrichten können. Ich nehme jetzt einfach mal stark an, dass wir zusammenbleiben werden, und falls irgendein Tier kommt oder ein scheiß Irrer, dann sollten sechs Waffen doch reichen“, sagte Mary. „Wer kann überhaupt mit einer Waffe umgehen? Es wäre nicht schlecht, wenn wir uns nicht gegenseitig über den Haufen schießen würden, weil irgendwer nicht mit seiner Waffe zurechtkommt. Also, wer von euch hat Erfahrung damit?“, fragte David. Sofort gingen die Arme von der ganzen Tuddler Familie hoch. Auch Michael und Charly meldeten sich und zu Davids Erstaunen meldete sich auch der stille Ethan. David fiel auf, dass sich, mit ihm, sieben Leute meldeten. Aber bevor er etwas sagen oder machen konnte, sagte Ethan: „Schon gut, nehmt ihr die Waffen. Ich komme auch so gut zurecht.“ David klatschte in die Hände und sagte: „So, Freunde, dann hätten wir das ja geklärt. Wir treffen uns morgen Mittag um 12 Uhr an den großen Stahltüren des Bunkers. Bereit zum Abmarsch. Verbringt noch etwas Zeit mit euren Freunden und Partnern, ich kann euch nämlich nicht sagen, wie lange ihr sie nicht mehr sehen werdet.“ „Wenn überhaupt“, flüsterte Isabell.

Am nächsten Tag begab sich David zu den Toren, um die anderen zu treffen, jedoch war er überrascht, was ihn da erwartete. Sein Team war zwar vollzählig da, aber zusätzlich auch noch eine aufgebrachte Gruppe von Menschen, die hierblieben. „Ihr könnt ja gerne verschwinden, ihr Verräter, aber die Lebensmittel bleiben hier. Ich habe beobachtet, wie ihr aus dem Vorratskeller Konserven geklaut habt. Ihr kommt doch eh nur 10 Meter weit und dafür braucht ihr nichts zu essen!“, schrie einer der Männer aus der Gruppe und wurde danach von vielen Zwischenrufen unterstützt. „Bleibt ganz ruhig, Freunde, wir haben hier doch eine so lange Zeit friedlich zusammengelebt und wir wollen doch nur uns allen helfen. Wir werden versuchen, eine neue Nahrungsquelle zu finden, das kann aber etwas dauern und für den Weg brauchen wir etwas Verpflegung“, versuchte David die aufgebrachte Menge zu beschwichtigen. „Du scheiß Laberkopf! Wir werden euch doch nie wiedersehen, selbst wenn ihr etwas findet, und jetzt packt das Essen wieder aus, bevor wir uns die Lebensmittel mit Gewalt holen müssen!“, brüllte jemand aus der Gruppe aggressiv. „Das können wir leider …“, fing David an zu sagen, als der Mann auf ihn losging. David war gut ausgebildet und es war ein Leichtes für ihn, den Mann mit einem gezielten Schlag außer Gefecht zu setzen. Der Mann ging zu Boden wie ein Sack Kartoffeln, jedoch beruhigte das die Situation nicht sonderlich. Auf einmal stürmte die Menge auf das Team von David zu und sie konnten eine Mischung aus Hass und Angst in ihren Augen sehen. Plötzlich hallte ein ohrenbetäubender Knall durch den Bunker. Jeder hatte ein starkes Piepen auf den Ohren und war fast etwas benommen, was vielleicht aber durch den Schreck kam. „Jetzt reicht mir die Scheiße aber hier! Wir wollen euch Wichsern das beschissene Leben retten und ihr Affen wollt uns nicht einmal ein paar Konserven mitgeben, oder was?“, schrie Charly voller Unverständnis und Hass, mit der noch rauchenden Pistole in seiner Hand. „Ihr geht jetzt zurück in eure Unterkünfte und wir versuchen, uns allen den verdammten Arsch zu retten!“ Langsam wich die Gruppe vorsichtig zurück. Zwei von ihnen nahmen den immer noch bewusstlosen Mann vom Boden mit. Langsam gingen sie rückwärts den langen Gang zurück. „Das werdet ihr noch bereuen!“, sagte einer, „kommt hier bloß nicht wieder heulend angelaufen, wenn ihr merkt, dass es da draußen nichts mehr gibt außer Tod und Verderben.“ Als die Gruppe um die Ecke war, drehte sich der alte Jerkins zu der Gruppe und sprach: „Diese undankbaren Hunde! Sollen sie hier doch alle verrecken. Da will man helfen und dann so was.“ „Sie sind einfach nur nervös und aufgeregt, da nach 15 Jahren eine große Veränderung ansteht. Sie wissen, dass wir die letzte Chance für uns alle sind. Theoretisch gesehen, sind wir eine Art letzte Hoffnung für sie, aber stell dir vor, wir kommen wieder und haben schlechte Nachrichten: Dann war es das! Es gibt dann keine Überlebenschance mehr für uns. Das wird den anderen langsam bewusst“, sagte Isabell mit ruhiger Stimme. „Ich will ja hier nicht die Schweine wild machen, aber wir sollten vielleicht langsam mal unsere Ärsche in Bewegung setzen, bevor die anderen auf die Idee kommen, sich noch mal so nett von uns zu verabschieden“, warf Mary in den Raum. „Ja da wirst du wohl recht haben. Die Tore bestehen aus zwei Doppeltüren. Wir müssen erst durch die erste, diese verschließt sich dann wieder hinter uns. Dann steigen wir in einen Schwerlastfahrstuhl und fahren acht Stockwerke nach oben. Dort befindet sich die letzte Stahltür die uns von draußen trennt“, erläuterte David. „Charly, gehst du bitte an die Türsteuerung und öffnest sie bitte. Ich hoffe, dass die Elektrik noch funktioniert.“ „Klar mach ich das, ich will endlich aus diesem Betonsarg raus!“, antwortete er. Charly lief zur Steuerung und betätigte sie. Mit einem lauten Knall entriegelte sich die Tür und die beiden Signallampen links und rechts von der Tür begannen zu blinken. „Es funktioniert noch!“, rief Charly voller Begeisterung. Langsam öffneten sich die tonnenschweren Stahltüren.

Michael ging als Erster durch die geöffneten Türen, da er den Geigerzähler hatte. Die anderen warteten gespannt. Michael verschwand im Dunkeln. „Alles in Ordnung, Michael?“, fragte Mike in den dunklen Raum. Aber es kam nichts zurück. „Michael?“, rief jetzt auch sein Freund Steve. Plötzlich ging das Licht im nächsten Raum an und alle schreckten zusammen. „Alles bestens! Hab bloß nach dem Lichtschalter gesucht. Die Strahlungswerte sind hier absolut im grünen Bereich. Kommt rein in die gute Stube“, teilte Michael den anderen mit. Langsam gingen alle in den nächsten Raum. Charly schloss die Türen wieder hinter ihnen. David ging zu dem riesigen Aufzug, der Platz für mindestens 60 Menschen bot. „So eine Scheiße. Der beschissene Aufzug funktioniert nicht. Ich werde mich mal umschauen, ob es auch einen anderen Weg nach oben gibt“, fluchte David. „Ich schau mir das mal an. Es gibt nichts, was ich nicht reparieren kann!“, verkündete James. David kam wieder und offenbarte der Gruppe, dass er keinen anderen Weg nach oben gefunden hätte. „Dann habe ich nach 15 Jahren wenigsten mal wieder einen anderen Raum gesehen, über den ich etwas sch  …“, versuchte Mary den anderen zu sagen, als sie plötzlich von einem herrlichen Geräusch unterbrochen wurde. Der Fahrstuhl kam von oben nach unten gefahren und gab ein heftiges Quietschen von sich. „Ich hab es hinbekommen! Auf dem Rückweg kann ich ihn ja noch ’ne Runde ölen. Das Quietschen ist ja widerlich!“, verkündete James feierlich. „Stark gemacht, Dad!“, sagte Steve. „Echt ’ne Spitzenleistung, James. Ich dachte schon, unser kleiner Trip würde hier schon enden“, rief David. Als der Fahrstuhl angehalten hatte, sagte Jerkins: „Hereinspaziert, hereinspaziert! Nächster Halt: Erdoberfläche!“ Alle stiegen gut gelaunt in den Fahrstuhl. James drückte den Knopf nach oben und mit einem kräftigen Ruck setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung. In Richtung Himmel. Als er oben ankam, stoppte er genauso heftig, wie er losgefahren war. Die Türenöffneten sich und Michael suchte mit einer Taschenlampe, die er sich klugerweise in den Rucksack gepackt hatte, nach den Lichtschaltern. Er betätigte sie und der Raum begann sich zu erhellen. Einige Lampen zerplatzten sofort, aber es reichte aus, um alles zu erkennen. Es war eine große Halle mit Decken, die mindestens 10 Meter hoch waren, und am Ende waren zwei riesige Stahltüren. Wie in Trance bewegte sich die Gruppe darauf zu. Keiner sprach einen Ton. Das war für alle der Moment der Wahrheit. David und Charly gingen zu der Tür. David ging nach rechts und Charly ging nach links zu den Konsolen, welche die Türen steuerten. „3, 2, 1!“, zählte David herunter und dann betätigten beide gleichzeitig die Steuerung. Anschließend ertönte eine ohrenbetäubende Sirene und Wahnleuchten begannen zu leuchten. David und Charly gingen, mit den Augen auf die großen Türen gerichtet, zu der Gruppe zurück. Alle standen jetzt, mit ihren Strahlenanzügen bekleidet, vor der Tür und warteten voller Anspannung auf das Ungewisse, das sie erwartete. Langsam öffneten sich die Türen mit einem lauten Donnern. Alle hielten den Atem an. Durch die erste Lücke zwischen den beiden drang ein gleißendes Licht, wodurch alle geblendet waren. Als die Türen komplett geöffnet waren, standen alle schweigend vor dem Ausgang aus ihrem Zuhause für 15 Jahre. Die 10 Leute standen dicht zusammengedrängt vor der riesigen Öffnung und wirkten wie verloren. Da ihre Augen so helles Licht nicht mehr gewohnt waren, starrten alle in das helle, leuchtend weiße Ungewisse. Michael wagte den ersten Schritt in Richtung Neuland und der Rest folgte ihm zögerlich.

Kapitel 2:
Der Aufbruch in das Unbekannte

Es dauerte etwas, bis sich ihre Augen an die strahlende Sonne gewöhnt hatten, aber als es so weit war, schauten sich alle gründlich um. „Sieht nicht sonderlich anders aus, als an dem Tag, als wir reingegangen sind“, sagte Mary. „Der Eingang zum Bunker liegt ja auch außerhalb der Zivilisation und zwar mitten in der Wüste. Ich habe mit dem Auto am Doomsday ca. 20 min hierher gebraucht. Ach da steht die alte Kiste ja sogar“, sagte James und zeigte dabei auf ein ziemlich heruntergekommenes Autowrack, welches schräg neben dem Bunkereingang parkte. „Das Ding hat auch schon mal bessere Zeiten erlebt. Wie sieht es eigentlich mit den Strahlenwerten aus, Michael?“, fragte David, während er seinen Blick vom Auto auf Michael schwenkte. „Leicht erhöht, aber nicht bedrohlich hoch. Scheint kein angemessenes Ziel gewesen zu sein, dieses Niemandsland“, antwortete Michael völlig gelassen. „Ich will mich ja nicht beschweren, aber hat jemand eine Karte und einen Kompass? Die Straßen sind völlig von Sand bedeckt und ich habe keine Ahnung, wo wir hinmüssen. Ist ja auch schon ein paar Jahre her“, merkte Isabell mit Blick auf die Soldaten an. „Also ich habe keinen, aber ich glaube, dass ich noch ungefähr weiß, wo es langgeht“, erzählte David und blickte zu Charly rüber. „Schaut mich nicht so an, ich habe auch keinen. Wer hat denn vor 15 Jahren damit gerechnet, dass wir noch ’nen Kompass brauchen?“, rechtfertigte sich Charly. Die Blicke der Gruppe streiften planlos durch die wüstenartige Steppe. „Wollen wir jetzt auf gut Glück gehen, oder was? Das kann ja heiter werden“, meckerte der alte Jerkins. „Ich habe einen und ich weiß, dass der nächste Ort süd-westlich von hier gelegen ist“, erklärte Ethan mit seiner trockenen, aber ernsten Art. Alle schauten ihn verblüfft an, damit hätte keiner gerechnet. „Und da sind Sie sich sicher?“, fragte Steve zweifelnd. „100 prozentig. Ich kenne mich mit so etwas ganz gut aus. Können wir jetzt gehen?“, antwortete Ethan mit fordernder Stimme. „Na ja, dann ist ja alles klar. Sie führen, wir folgen“, ließ David die anderen und vor allem Ethan wissen. Langsam trottete die Gruppe los. „Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun!“, flüsterte James zu Ethan, aber der reagierte nicht darauf und ging mit großen Schritten voraus.

Die Sonne brannte extrem heiß und die Gruppe kam durch den lockeren Sand immer schlechter voran. Der Bunker war immer gleichmäßig temperiert gewesen und die Gruppe begann stark zu schwitzen. Plötzlich kippte Isabell um und fiel in den durch die Sonne erhitzten Sand.

„David, David! Isabell ist bewusstlos geworden! Bitte helft mir!“, brüllte Michael aufgelöst. David lief sofort zu ihr, nahm ihren Kopf hoch und kontrollierte ihre Lebenszeichen. „Sie hat einen sehr schwachen Puls. Ich glaube, sie hat einen Hitzschlag. Sie ist so etwas nicht mehr gewöhnt – wir alle nicht. Wir sollten eine Pause machen. Steve, gib mir bitte das Wasser aus deinem Rucksack. Sie muss etwas trinken“, erläuterte David. Steve brachte ihm sofort das Wasser und David schüttete Isabell vorsichtig etwas in ihren Mund. Alle setzten sich auf den Boden und atmeten erst einmal durch. Nur Ethan stand weiter und sah so aus, als würde er sich nicht sonderlich über diese Pause freuen.

Nach kurzer Zeit war Isabell wieder bei sich und trank noch etwas. Nach insgesamt ca. 20 minütiger Pause begann sich die Truppe weiterzubewegen. Ethan lief wieder voran und nach einer weiteren Stunde sahen sie in der Ferne etwas. Michael behielt die ganze Zeit den Geigerzähler im Auge, aber bis jetzt traten noch keine nennenswerten Schwankungen auf, sodass er den anderen keine Statusberichte mehr abgab. „Da vorne ist irgendetwas!“, verkündete Ed lauthals. Alle waren sehr nervös und ohne es zu merken begannen alle etwas schneller zu gehen. Man konnte in den Gesichtern von allen eine große Erwartung sehen und, dass ihre Nerven bis zum Zerreißen gespannt waren. „Okay, das da vorne sieht aus wie eine kleine Stadt. Aber macht euch nicht zu große Hoffnungen. Wir sind gerade mal ein paar Stunden unterwegs!“, sagte David mit leiser Stimme.

Einige Zeit später trafen sie in der Stadt ein, wenn man das so nennen kann. Es standen nur noch einige Häuser und der Rest waren nur noch Ruinen. Auf den verlassenen Straßen waren überall hohe Sandhaufen, die durch den Wind aufgehäuft wurden. Überall standen Autowracks. Sie wurden vor Ewigkeiten einfach stehen gelassen und die Wüstenstürme und die Zeit haben ihr Übriges getan. Die Gruppe ging langsam durch die Geisterstadt und arbeitete sich in Richtung Zentrum vor. „Das war schon vorher kein großer Ort gewesen, aber jetzt ist ja wirklich fast nichts mehr davon übrig!“, verkündete James. „Es stehen eigentlich nur noch die alten Häuser, die aus solidem Stein gebaut wurden. Das Rathaus, die Bibliothek, die Feuerwache, die Polizeistation und die Kirche. Die sehen jedenfalls noch am besten aus. Als wären sie nur etwas vernachlässigt worden.“ „Man sieht hier auch keine Zerstörung durch eine Explosion. Hier scheint an sich alles verschont geblieben zu sein. Einige Häuser scheinen abgebrannt zu sein, das kann aber auch durch einen Unfall passiert sein und die Feuerwehr war schon geflüchtet“, sagte Charly. „Feuerwehr! Das ist eine brillante Idee!“, platzte es aus David heraus, worauf ihn alle erstaunt anstarrten. „Die Feuerwehrzentrale ist auch aus Stein. Vielleicht können wir uns da ein Fahrzeug besorgen. Die befinden sich hinter großen Rolltoren. Eventuell haben diese die Zeit überstanden und James bekommt wieder ein Fahrzeug zum Laufen.“ „Die Idee ist nicht schlecht! Ein Versuch ist es jedenfalls wert. David, kannst du uns dort hinführen?“, erwiderte James. „Klar, folgt mir!“, war Davids Antwort. Sie zogen los und David führte sie Richtung Feuerwache.

„Nach der nächsten Kreuzung kommt die Feuerwache“, ließ David die Gruppe wissen. Als sie um die Kreuzung bogen, blieben sie erschrocken wie angewurzelt stehen. „Scheiße! Was ist das denn?“, fluchte Mary, während die Gruppe sich hinter einem Autowrack versteckte und in Richtung Feuerwache schaute. Vor der Station war, mit Autowracks, Mülltonnen und allem, was man auf den Straßen finden konnte, eine riesige Straßensperre errichtet. Überall war Stacheldraht gezogen. Das Gebäude wurde ebenfalls gesichert. Alle Fenster waren zugenagelt und es waren provisorische Verteidigungstürme aus Paletten und Holzdielen errichtet worden. „Okay, ich werde mich mal umsehen. Ihr wartet hier und geht in Deckung“, sagte Ethan mit völliger Ruhe. „Haben Sie eine Ahnung, was Sie da machen? Ich halte das für keine gute Idee. Wir sollten zusammenbleiben“, äußerte sich Isabell mit ängstlicher Stimme. „Nein, Ethan hat schon recht. Alleine kann man sich besser verbergen, falls uns jemand erwarten sollte und keine Lust hat, mit uns zu reden. Haben Sie irgendeine militärische Ausbildung oder so etwas Ähnliches genossen?“, fragte David und schwenkte seinen Blick zwischen Ethan und der Feuerwache hin und her. „So etwas Ähnliches“, antwortete Ethan absolut trocken. „Schon gut, Sie müssen mir ja nicht gleich Ihre Lebensgeschichte erzählen. Aber ich bin dabei! So können wir uns gegenseitig den Rücken freihalten“, teilte David Ethan mit ernstem Ton mit. „Ich komm auch mit!“, erklärte Charly. „Du musst hierbleiben. Du musst auf die anderen aufpassen. Ich vertraue dir und weiß, dass du mich nicht enttäuschst. Falls uns was passiert, brauchen die Menschen hier dich“, sagte David und schaute Charly dabei tief in die Augen. „Ja ist gut! Pass auf dich auf und schwing deinen Arsch hier wieder heile zurück“, antwortete Charly. „Können wir jetzt los, oder wollt ihr euch noch umarmen?“, fragte Ethan sichtlich genervt. „Schnauze und ja. Wir können los. Ihr solltet nicht auf der Straße auf uns warten. Wir treffen uns später auf der Mallburyroad. An der sind wir vorhin vorbeigekommen. Drei Straßen zurück und dann links. Neben der Straße liegt ein umgekippter Lkw. Darin könnt ihr euch verstecken, solange wir unterwegs sind. Wir sehen uns später“, erklärte David. „Viel Glück und lasst euch nicht anquatschen“, scherzte Jerkins. Hier teilte sich die Gruppe zum ersten Mal.

David und Ethan zogen Richtung Feuerwache los. Sie gingen gebückt an den Hauswänden der linken Straßenseite entlang, bis sie zu den größeren Hindernissen stießen, welche den Weg blockierten. „Wie wollen wir weiter vorgehen?“, fragte David, während er sich umschaute. „Wir gehen durch das zerbrochene Fenster, welches ein paar Meter hinter uns in der Hauswand war. Da war nur ein Brett vorgenagelt, das sollten wir leicht entfernen können. Vielleicht kommen wir durch das Haus weiter nach vorne und können durch ein anderes Fenster wieder auf die Straße“, flüsterte Ethan. Sie gingen wieder ein Stück zurück und Ethan hob eines der vielen Schrottteile vom Boden auf, die überall verstreut rumlagen. Er ging als Erstes zum Fenster und setzte den Schrott wie einen Hebel an. Er bewegte es nur ganz leicht hin und her, um keinen Krach zu erzeugen. Langsam lösten sich die Nägel und David zog das Brett mit einem kräftigen Zug ab. Vorsichtig legte er das Brett auf den Boden und formte seine Hände zu einer Einstiegshilfe für Ethan. „Nach Ihnen, Sir“, sagte David und schaute dabei zu Ethan hoch. Ethan ging rein und signalisierte David mit einer Handbewegung, dass alles in Ordnung sei. David kletterte hinterher. Jetzt befanden sie sich in einem langen Flur, von dem viele Türen nach rechts in die Wohnungen abgingen. Überall lag Müll herum und leere Einkaufswagen, die mal standen und mal lagen, machten den Gang zu einem Slalomkurs. Sie bewegten sich leise durch den Flur und schlängelten sich an den Wagen vorbei. Das nächste Fenster, was kam, war von außen durch ein Autowrack blockiert. „So eine Scheiße!“, sagte David, „das nächste Fenster ist vergittert und danach kommt das Treppenhaus. Wir sollten umkehren!“ „Nein, lass uns nach oben gehen. Vielleicht kommen wir über eine Feuerleiter nach unten“, widersprach ihm Ethan und ging dabei bereits weiter. David folgte ihm widerwillig. Im ersten Stock sah es noch viel schlimmer aus als im Erdgeschoss. „Der Weg hier ist komplett blockiert. Da wollte wohl einer nicht, dass jemand den Flur benutzt“, meinte Ethan zu David, „Wir müssen noch höher!“ „Du machst mich fertig!“, entgegnete David resignierend. Sie gingen die nächste Treppe hinauf, in den zweiten Stock. „Hier sieht es doch schon besser aus. Ich geh mal an das Fenster und schau nach, wie unsere Lage aussieht“, sagte Ethan und begab sich zum kaputten Fenster. „Wir sind an der Blockade vorbei. Wir müssen bloß noch einen Weg runter finden.“ Ethan schaute sich erst um, ob er jemanden sehen konnte. Als das nicht der Fall war, lehnte er sich raus und kontrollierte die Wände rund um das Fenster. „Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich. Die Gute ist, hier draußen ist eine Leiter, die nach ganz unten führt. Die Schlechte jedoch ist, dass wir von hier aus nicht rankommen, da sie sich an der Hauswand des Nachbargebäudes befindet“, brachte Ethan David ruhig bei. „Spitze, und was machen wir jetzt? Dann müssen wir also doch umdrehen oder was? Ich hab’s doch gleich gesagt“, äußerte David sich recht aggressiv. „Nein, ich habe eine andere Idee! Wir gehen noch einen Stock höher. Dann sind wir auf dem Dach und von da aus ist es nur ein Katzensprung zum nächsten Gebäude“, erklärte Ethan ihm. „Bist du jetzt völlig irre? Ich habe doch nicht 15 Jahre in diesem Drecksloch überlebt, um jetzt von einem Dach zu fallen. Ohne mich!“, erwiderte David entgeistert, in der extremen Situation zum Du übergehend. „Pst, nicht so laut! Wir gehen erst mal nach oben und schauen uns die Entfernung an, bevor wir die Sache völlig verurteilen.“ Widerwillig nickte David und beide zogen los. Ethan ging vor und fluchte auf einmal, als er oben an der Metalltür ankam: „So ein Mist! Die Tür ist verschlossen. Da hängt eine Kette vor.“ „Hab doch gesagt, dass ist ’ne beschissene Idee!“, antwortete David selbstzufrieden. „Warte hier! Ich habe eine Etage weiter unten eine Notfall-Axt für die Feuerwehr an der Wand gesehen. Damit kann ich das Schloss aufbrechen“, erklärte Ethan und begab sich auf den Weg nach unten. „Tu dir keinen Zwang an!“, spottete David. Ethan verschwand die Treppe nach unten und David lehnte sich kopfschüttelnd gegen die Wand. Nach kurzer Zeit tauchte Ethan wieder auf und hatte eine Feuerwehraxt in seinen Händen. „Mach mal Platz da, hier kommt die Feuerwehr!“ David ging zur Seite und Ethan hakte die Axt in die Kette und versuchte, sie mit einer Hebelwirkung aufzubekommen. Dieser Versuch scheiterte jedoch. Ethan hob ein dreckiges Kleidungsstück vom Boden auf und wickelte es um das Schloss. „Was hast du denn jetzt vor?“, fragte ihn David. „Ich bekomme es nicht aufgehebelt! Ich muss auf das Schloss schlagen, um die Tür aufzubekommen. Mit dem Stoff zwischen dem Schloss und der Axt wird es nicht so laut.“ Er deutete mehrfach die Bewegung der Axt zur Richtung des Schlosses an. Dann holte er aus und schlug zu. Er traf das Schloss genau und der Bügel zerbrach auf einer Seite. Er zog die Kette von der Tür und öffnete sie. „Nach Ihnen, Sir“, sagte er zu David und machte eine Handbewegung, die ihn zum Durchgehen aufforderte. Sie betraten beide das Dach. Hier sah es relativ normal aus. Kein Müll. Keine Zerstörung. Bloß leicht runtergekommen.

Die beiden liefen gebückt in Richtung Dachkante und gingen hinter einem total verrosteten Klimaaggregat in Deckung. Sie schauten links und rechts daran vorbei und beobachteten eine gewisse Zeit die Feuerwehrstation. „Kannst du irgendetwas sehen?“, flüsterte David. „Nein überhaupt nichts. Lass uns zur Kante“, antwortete Ethan. Sie bewegten sich lautlos zum Spalt zwischen den Gebäuden. „Oh, Mann! Was meinst du, wie weit das ist? Sieht auf jeden Fall zu weit aus“, merkte David an. „Ach, das sind vielleicht 3 Meter oder ein Stückchen weiter. Ist auf jeden Fall zu machen.“ Während Ethan das sagte, ging er ein paar Schritte zurück. „Was machst d  …“, begann David den Satz, aber in dem Augenblick lief Ethan schon los. Mit einem kräftigen Satz sprang er über den Abgrund und landete sicher auf der anderen Seite. „Juhu! Das hält einen jung! Du bist dran“, jubelte Ethan. „Du bist doch irre. Schon gut, ich versuche es. Bleib aber dicht bei der Kante, wenn ich zu kurz springe, musst du mich vielleicht raufziehen.“ Er nahm auch ein paar Schritte Anlauf und lief dann entschlossen los. Jedoch war er anscheinend besser in Weitsprung, als er dachte, da er viel zu weit sprang. Mit erschrockenem Blick versuchte Ethan ihm noch auszuweichen, da er ja extra dicht an der Kante stehen geblieben war, aber David kam zu schnell. Er sprang in die Arme von Ethan und dieser begann nach hinten zu stürzen, wo das Dach leicht abfällig war. Mit einem lauten Krachen brach das Dach unter ihnen zusammen und sie stürzten in das Stockwerk darunter. Man hörte es nur keuchen und beide waren in eine riesige Staubwolke gehüllt. „Ich hasse dich!“, brüllte Ethan, gefolgt von weiterem Stöhnen voller Schmerzen. „War doch dein scheiß Plan, du Affe! Fuck, ich glaube, bei mir ist noch alles dran. Wie sieht’s bei dir aus?“, jammerte David zurück. „Ja, mir geht’s auch so weit gut. Die Scheiße ist aber, dass wir jetzt wieder nicht auf dem Dach sind und an die Leiter rankommen. Das gibt’s doch alles nicht“, sagte Ethan und begann zu lachen. „Das findest du auch noch witzig?“, erwiderte David mit ernstem Ton. „Also wenn das nicht witzig ist, dann weiß ich auch nicht, was witzig ist. Wir kämpfen uns durch ein vollgemülltes Haus, springen wie zwei Idioten von Dach zu Dach, weil da die Treppe liegt, die wir erreichen wollen, und brechen dann durch. Hätten wir auch gleich draußen bleiben können.“ Jetzt lachten beiden zusammen und begannen sich langsam wiederaufzurichten. „So wollen wir doch mal sehen, ob wir hier rauskommen. Wir sollten uns aber etwas bedeckt halten. Wir waren gerade ganz schön laut und falls jemand hier ist, hat er es auf jeden Fall gehört.“ Sie schauten sich um und sahen, dass sie in einem Studentenzimmer oder so etwas gelandet waren. Es gab nur ein Bett in der Ecke, einen Schreibtisch, eine Sofaecke, mit einem Fernseher, und einen Schrank. Auf dem Boden lagen einige Klamotten, die aber bestimmt schon vor dem Krieg dagelegen haben. „Da vorne ist die einzige Tür. Wollen wir mal sehen, wie es dahinter aussieht“, sagte David. Die Tür war nicht verschlossen und ließ sich ganz leicht öffnen. Dahinter war nur ein kleiner Flur, von dem ein paar Türen abgingen. Am Ende war eine Eingangstür. „Es wird wohl das Beste sein, wenn wir es durch die Eingangstür versuchen. Dahinter müsste sich das Treppenhaus befinden, von dem man in die anderen Wohnungen kommt und hoffentlich auch nach unten“, erklärte Ethan, während er schon den Flur entlangging. Sie gingen in das Treppenhaus und die Treppe nach unten. „So, wir sind ganz unten. Wenn wir durch diese Tür gehen, sind wir direkt zwischen Barrikade und Feuerwache“, flüsterte Ethan und legte dabei seine Hand auf die Türklinke. Die Tür war verschlossen. „Wollen die mich jetzt verarschen hier? Das kann doch alles nicht sein! Ich breche die scheiß Tür jetzt einfach auf.“ „Halt warte! Bis jetzt hatten wir ja noch Glück, aber wenn wir jetzt diese Tür aufbrechen und mit dem Krach direkt auf die Straße platzen, dann sitzen wir direkt auf dem Präsentierteller“, stoppte ihn David. „Wir gehen in die Wohnung hier unten und von da aus wieder durch ein Fenster. Wir haben es jetzt auf deine Weise versucht, lass uns doch dabeibleiben und nicht mit dem Kopf durch die Wand.“ Ethan nickte ihm zustimmend zu. David öffnete die Tür von der Wohnung, die nicht verschlossen war, und beide schlichen hinein. „Da haben wir doch gleich ein Fenster. Nicht mal ’ne Scheibe drin. Das passt doch alles wieder wunderbar“, witzelte David. Sie gingen an das Fenster und schauten sich um. „Sieht alles ganz ruhig aus“, erklärte David und stieg aus dem Fenster. David folgte ihm und sie gingen gebückt an der Hauswand entlang. Als sie an der Feuerwache ankamen, inspizierten sie den Eingangsbereich. An den großen Holztürflügeln, welche nur angelehnt waren und nicht verschlossen, stand mit roter Farbe etwas geschrieben: Fremde nicht willkommen! Und links und rechts davon waren jeweils Totenschädel gemalt. „Das wirkt ja sehr einladend! Dann wollen wir mal rein in die gute Stube, vielleicht gibt’s ja ein kaltes Bier“, meinte Ethan und zog dabei vorsichtig die großen Türen auf. Beide traten ein und verschafften sich einen Überblick. „Ich hatte irgendwie mit mehr gerechnet. Oder mit was anderem“, seufzte David. Es sah eigentlich ziemlich leer aus. Die Tische, Stühle und die gesamte Büroeinrichtung wurden dazu verwendet, um die Fenster zu verbarrikadieren. Das machte den Eingangsbereich ziemlich leer. Wie eine leere Lagerhalle. „Ich würde sagen, wir gehen mal nach hinten, wo der große Aufenthaltsraum ist und die Fahrzeughallen“, sagte David mit enttäuschter Stimme. Sie gingen durch den leeren Raum zu der Tür, die nach hinten führte. „Warte!“, sagte Ethan, „siehst du das!?“ Er zeigte auf die Tür, die vor ihnen lag. Beide gingen dichter ran. „Das sind Einschusslöcher!“ Plötzlich wandelte sich die relativ ruhige Stimmung in eine angsterfüllte angespannte. Ethans Hand bewegte sich langsam zur Türklinke und David sah ihm gespannt dabei zu.

Er war kurz davor, sie zu berühren, als sie plötzlich von der anderen Seite aufgerissen wurde. Beide bekamen einen unvorstellbaren Schreck und taumelten wie gelähmt ein Stück nach hinten. David stolperte über so ziemlich das einzige Holzstück in diesem Raum, was sich nicht vor den Fenstern befand, und fiel nach hinten. Ethan fing sich relativ schnell wieder und schaute zu der Tür, in der sich eine dunkle Gestalt befand. Er sprintete los und rammte den Unbekannten mit seinem ganzen Gewicht um. „Aua, Ethan. Hör auf mit der Scheiße. Bist du nicht mehr ganz dicht? Ich bin’s, Micha …“, bekam er noch heraus, bevor Ethans Faust mit voller Wucht in seinem Gesicht einschlug. „Fuck, fuck, fuck!“, hechelte David im Hintergrund und war noch völlig geschockt. „Was war das für ’ne Scheiße?“, schrie er. „Ich hätte im Bunker bleiben sollen. Ich hätte mich fast eingeschissen“, fügte er noch zischend hinzu. Langsam kam sein Puls wieder runter und er fragte Ethan: „Wen hast du da umgehauen? Zieh den Penner mal ins Licht. Vielleicht kann er uns ja ein bisschen was erzählen.“ Ethan stand in dem dunklen Raum auf, in den er mit dem Fremden gesprungen war. Er nahm seine Beine und zog ihn in das Licht der Eingangshalle. „Scheiße, verfluchte! So eine abgedrehte Scheiße! Ich hoffe, du hast ihn nicht totgeschlagen. Pack seine Beine hoch!“, fluchte David mit traurigen Augen, als er erkannte, wen Ethan aus dem Raum zog. Es war Michael, der fast wie sein Sohn war. „Schau! Er kommt wieder zu sich!“ Beide starrten ihn mit aufgerissenen Augen an. „Was ist passiert?“, fragte Michael mit verschlafener Stimme und hielt sich dabei seine linke Gesichtshälfte. „Was zum Henker machst du hier? Du kannst froh sein, dass wir dich nicht abgeknallt haben. Verdammte Scheiße!“, rief David sauer. „Ich wollte euch nur helfen!“, antwortete Michael, „außerdem wurde es mir da zu langweilig. Ich hocke bereits mein ganzes Leben in einem Bunker. Dann komm ich raus und mir wird gesagt, warte mal hier. Könnt ihr vergessen! Da bin ich abgehauen, um euch zu suchen.“ „Wie hast du uns gefunden und wie bist du hier reingekommen?“, fragten beide quasi gleichzeitig. „Man musste ja nur dem enormen Krach folgen, den ihr verursacht habt. Habt ihr da vorhin ’ne Mauer eingerissen, weil ihr keine Lust hattet, durch eine Tür zu gehen? Ich bin an den Häusern vorbei und dann durch eine Seitentür, die offen war.“ „Na ja, alles klar. Ich glaube, mein Puls hat sich wieder komplett normalisiert, aber ein paar Jahre hat mich das bestimmt gekostet“, beruhigte David die Situation. „Wie sieht’s denn eigentlich da hinten aus?“, fragte er Michael und ging zur Tür. „Hab mich noch nicht sonderlich umgesehen. Ist auch ziemlich dunkel da drinnen. Vielleicht bekommen wir ja ein Rolltor auf und können etwas Licht reinlassen.“ Alle gingen in den dunklen Aufenthaltsraum, der nur durch eine zerstörte Glastür von den Fahrzeughallen getrennt war. Langsam tasteten sie sich durch den Raum und versuchten dabei, über nichts zu stolpern, da allerhand auf dem Boden lag, was schlecht zu sehen war. Sie kamen unbeschadet in der Halle an und tasteten sich an der Wand bis zu den Rolltoren vor. „Michael, hast du deine Taschenlampe mit?“, fragte David. „Klar habe ich die dabei!“, antwortete Michael, zog die Taschenlampe aus dem Rucksack und schaltete sie an. Er leuchtete erst auf das Rolltor und ging dann zur Seite davon. An der Seite hingen Ketten, die unten mit einem Splint gesichert waren. Ethan zog den Splint raus und begann, an der einen Seite der Kette zu ziehen. Nichts passierte. „Die hängt fest!“ – „Ach das Ding ist nur ein bisschen eingerostet!“, erwiderte David und half ihm beim Ziehen. Jetzt hingen beide an der Kette und mit einem lauten Knall löste sich die Sperre und beide knallten auf den Boden. „So eine Scheiße! Schon das dritte Mal, dass ich heute auf dem Arsch lande“, sagte David. Mit lautem Quietschen zogen sie das Rolltor mit gemeinsamer Kraft langsam nach oben, sodass die Sonne hereinstrahlen konnte.

Alle blickten sich jetzt um und was sie sahen, nahm ihnen den Atem …