Ein Fall von

Sehnsucht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Roman

 

Eric Fisher

 

2. Auflage 2021

Texte: © 2021, Eric Fisher

Cover: © 2021, Frank W. Kolbe

Coverbilder: pixabay.com

 

Alle Rechte beim Autor:

Eric Fisher

c/o BJ-Autorenservice

Gildehauser Weg 140a

48529 Nordhorn
 

4ericfisher@gmail.com

 

Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten.

Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

 

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Über das Buch

 

Dominik hat die Nase voll davon, immer nur auf seinen guten Namen oder das Vermögen seiner Familie reduziert zu werden. Er findet keine Frau, die ihn liebt, weil er einfach nur er ist. Doch auch, wenn er immer auf die falschen Frauen trifft, hat er nie aufgehört, von der großen Liebe zu träumen.

 

Eine Idee seiner Schwester ändert alles - eine Lüge soll ihm helfen, seine Sehnsucht zu stillen. Er wird zu einem unbekannten Normalverdiener.

Kann er es mit dieser Lüge schaffen, die große Liebe zu finden? Oder wird ihm sein Geld doch noch zum Verhängnis? Eins steht doch fest - es passiert immer dann, wenn man gar nicht damit rechnet.

 

Und tatsächlich, er trifft seine große Liebe, die er ein paar Stunden später wieder verliert. Dominik ist verzweifelt. Es scheint aussichtslos, sie wiederzufinden. Er nutzt jede Gelegenheit, um auf sich aufmerksam zu machen. Wie soll sein Leben ohne sie weitergehen?

Als er kurz davor ist, die Hoffnung aufzugeben, und eine andere Frau dabei ist, sein Herz zu erobern, gibt es Hoffnung.

 

Ein Liebesroman mit Happy End und Überraschung - unterhaltsam, kurzweilig und spannend.

Diese Geschichte ist für Freunde der Romantik - vom Teenager bis zu den Urgroßeltern.

 

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Buchzitat:

»So etwas wie einen Seelenpartner oder den perfekten Partner, der für einen vom Schicksal bestimmt war, war für mich völliger Unsinn - bis heute, denn genau dieser Mensch war mir begegnet.«

 

Prolog

 

Winter 2005

Dominik wachte auf und sah sie an. Sie schlief noch. Neben ihr, auf dem Nachttisch, lag das Handy. Es piepte bereits das fünfte Mal. Er wollte nachsehen, bestätigt wissen, was ihm schon lange Bauchschmerzen bereitete. Aber er konnte nicht.

»Kia?« Er flüsterte ihren Namen. Die Angst, dass sie davon wach werden würde, war zu groß. Saskia schlief und bewegte sich nicht. Sie lächelte und er wusste, sie träumt nicht von ihm. »Kia? Wer ist es? Mit wem betrügst du mich?« Dominik hatte sich längst damit abgefunden, dass sie einen anderen hatte. Seit Wochen versuchte er sich emotional von ihr zu lösen, damit er die Beziehung beenden konnte. Fünf Jahre waren sie zusammen. Vier Jahre davon in einer gemeinsamen Wohnung. Erst im letzten Jahr sprachen sie über Hochzeit und Kinder, fanden aber, dass sie mit 25 Jahren noch etwas warten sollten. Dann, eines Abends, klingelte ihr Telefon. Ehe Kia, wie er sie nannte, es wegnehmen konnte, sah er seinen Namen auf dem Display. Alex ruft an. Sie kannten nur einen Alex, Alexander, Dominiks besten Freund seit Kindertagen.

In den darauffolgenden Wochen versuchte er sich einzureden, dass es ein Arbeitskollege seiner Freundin sei. Aber es half nichts. Jedes noch so kleine Detail wertete er als Bestätigung dafür, dass sein bester Freund ihm in den Rücken gefallen war. Es reichte aus, wenn Alex Saskia zur Begrüßung umarmte. Dominik empfand die Umarmung intensiver als früher, emotionaler und mehr sagend, als ein Kuss vor seinen Augen. In diesen Momenten fühlte er sich zur Seite geschubst, außen vor. Das fünfte Rad am Wagen hätte eine wichtigere Rolle gespielt, als er.

»Hey. Wie spät ist es?« Kia wurde wach, war aber noch nicht ganz da.

»Dein Telefon piept dauernd, soll ich nachsehen?«

»Nein!«

Und da war es wieder. So schnell greift jemand nur zum Telefon, wenn er etwas verbergen wollte. Sie ging ins Bad, um sich fertig zu machen. Nach einer halben Stunde und einigem Piepen kam sie in die Küche. Dominik hatte den Tisch gedeckt, Kaffee gekocht und lächelte sie an. Für ihn war es die Henkersmahlzeit. Sie tat so, als sei nichts.

»Warum nicht genau jetzt?«, fragte er sie, als sie sich setzte.

»Was … jetzt?«

»Die Wahrheit.«

»Ich habe Hunger, will einen Kaffee und muss zur Arbeit. Reicht das?«

»Nein, das reicht nicht, Saskia.«

»Meine Güte, ich bin noch halb am Schlafen. Geh mir nicht auf den Sack damit.«

»Um deine Nachrichten im Bad zu schreiben warst du aber wach genug. Wem hast du denn geschrieben?«

»Einer Freundin!«

»Ah, ja. Der sagenumwobenen Freundin Alexandra, die niemand kennt, außer dir.«

»Genau!« Saskias Wangenknochen bebten. Sie rieb sich die Nase und die Ohren und schaute Dominik nicht an. Sie stand wütend auf und bewegte sich zur Wohnungstür.

»Du wachst auf und schenkst mir nicht mal ein Lächeln. Ich verlange ja schon gar keinen Guten-Morgen-Kuss mehr. Jetzt gehst du zur Arbeit und das Thema ist für dich erledigt.«

»Ja, genau!« Und damit verschwand sie. Das letzte Wort unterstrich sie mit einem lauten Knall der Tür. Dominik ging in die Küche, um aufzuräumen. Da sah er auf dem Fußboden ihre Schlüsselkarte für die Firma. Ohne die kam sie nicht rein. So schnell er konnte, machte er sich auf den Weg.

 

»Es tut mir leid, eine Frau Sander steht nicht auf meiner Liste.« Der Pförtner am großen Tor sah sich die Schlüsselkarte an, auf der ihr Name stand. Dann führte er ein Telefonat. »Frau Sander hat Urlaub. Sie ist erst am kommenden Montag wieder im Büro. Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?«

Natürlich wollte er das nicht. Er wusste nicht mal, dass sie Urlaub hatte. Dominik konnte sich denken, wo er sie finden würde, und machte sich auf den Weg zu Alex Wohnung.

Eine halbe Stunde stand er vor der Tür. Wenn sie wirklich bei ihm war, bedeutete das, dass der Moment gekommen war. Der Moment, in dem er fünf Jahre Beziehung beenden würde, aber vor allem der Moment, der ihm besondere Bauchschmerzen bereitete. Alex war sein bester Freund. Bereits im Kindergarten spielten sie zusammen. Sie haben immer zusammengehalten, alles geteilt, sich alles erzählt und vor allem haben sie sich vertraut. Nun aber musste er ihm die Freundschaft kündigen. Es war, als ob er das Messer im Rücken spürte, als er auf den Klingelknopf drückte.

»Ja?« Alex klang gut gelaunt.

»Ich bin es, Nik.«

»Oh … hey … ähm … du das ist gerade ganz schlecht.«

»Ich will nur kurz hoch. Ich bleibe nicht lange.«

»Du, das ist echt schlecht gerade. Können wir uns nicht nachher treffen? Was ist denn los?«

Das war nicht der Alex, den er kannte. Selbst wenn Dominik bei ihm geklingelt hätte, während er beim flotten Dreier war, hätte er ihm die Tür geöffnet und auf den Spaß mit den Frauen verzichtet … Weil sie beste Freunde waren. Dass er ihn nun an der Tür versuchte abzuwimmeln, bestätigte die schlimmsten Befürchtungen.

»Komm Alex, mach die Tür auf. Ich weiß, dass Kia bei dir ist.«

Schweigen. Dann das Summen der Tür. Alex Wohnung lag im dritten Stock und mit jeder Stufe wurde der Druck in seinem Magen stärker und sein Herz schien einen Marathon gelaufen zu sein. Die Wohnungstür stand einen Spalt offen.

Alex und Kia saßen auf dem Sofa. Alex blickte auf seine Füße. Vielleicht schämte er sich zu sehr, als dass er ihm hätte in die Augen sehen können. Kia hingegen machte keine Versuche, Scham zu zeigen.

»Ich bin nicht hier, um euch eine Szene zu machen.« Dominiks Gefühle spielten verrückt. Er zitterte. Seine Knie gaben nach. Er kämpfte mit den Tränen. »Saskia …« Sie sah ihn an. »Vielleicht ist ja jetzt der Zeitpunkt günstig. Ich wollte schon längst mit dir Schluss machen. Das hat sich aber wohl in diesem Moment erledigt.«

Sie nickte. Es schien, als ob ihre Augen ein bisschen feucht wurden. Vielleicht war das aber auch nur Dominiks Hoffnung darauf, dass ihr die fünf Jahre nicht gänzlich egal waren.

»Was mich echt wütend macht, ist, dass du mich betrogen hast, Alex. Nicht Saskia, sondern du. Besten Freunden stößt man kein Messer in den Rücken. Nie wieder! Nie wieder will ich dich in meinem Leben sehen. Lösche mich aus deinen Kontakten und am besten aus deiner Erinnerung.« Dominiks Körper verkrampfte. Er konnte nicht mehr. Er brach innerlich zusammen. Aber er wollte den beiden nicht die Genugtuung geben, ihn weinen zu sehen. Ohne ein weiteres Wort verließ er das Haus.

 

Zu Hause angekommen setzte er sich an den noch immer für das Frühstück gedeckten Tisch. Stille. Er wartete darauf, endlich zu weinen, aber es … kam nichts. Stattdessen musste er lachen. Er fühlte sich befreit. Befreit von der Last der Beziehung, befreit von der Hinterlist seines einst besten Freundes. Sein Handy piepte. Saskia schrieb eine SMS.

 

>komme morgen, um meine Sachen zu holen.

 

<Ok. Wirf den Schlüssel in den Briefkasten, wenn du gehst.

 

Am nächsten Morgen erwachte Dominik durch ein Klirren, welches aus der Küche zu kommen schien. Er stand auf und entdeckte Saskia. Als sie ihn sah, wandte sie den Blick ab.

»Wie wäre es, wenn du dir mal was anziehst?«

»Wozu? Als ob du mich noch nie in Shorts gesehen hast. Deine …«

»Bock auf Abschiedssex?«

Dominik traute seinen Ohren nicht. Er merkte, dass sein Blick Entsetzen ausgestrahlt haben muss. »Deine Sachen habe ich schon gepackt, wollte ich sagen. Nimm alles und dann geh bitte.« Und er wusste, dass sie es nicht duldete, abgewiesen zu werden. Was genau ihn erwartete, stand in den Sternen. Aber er war auf alles vorbereitet.

»Wichser!«

»Hast du mich gerade einen Wichser genannt?«

»Ja! Wichser. Du bist ein Arschloch, ein Versager. Ficken, das kannst du, mehr aber nicht!«

Also vorbereitet war er demnach nur auf fast alles. Darauf nicht. »Das lässt mich ja durchaus hoffen.« Und als er das sagte, grinste er hämisch.

»Was?«

»Na ja. Immerhin sagst du damit, dass du nicht nur jemanden suchst, der gut im Bett ist. Es zählen für dich sogar noch andere Werte.«

»Verpiss dich.«

»Ich soll mich verpissen? Mein Scha… Entschuldige, Ex-Schatz, das ist meine Wohnung. Wenn sich hier jemand verpisst, dann bist du das.«

Saskias Art, so zu tun, als wäre nichts gewesen und dabei noch so auszusehen, als wäre sie bei dem, was nicht gewesen ist, das Opfer, ließ in Dominik einen bitteren Hauch von Wut aufsteigen. Aber Wut wollte er ihr nicht zeigen. Das wäre ihr Sieg.

»Weißt du … Dass du mich betrogen hast, scheiß drauf. So eine bist du halt.« Er versuchte es mit einem verbalen Krieg. Er wusste, diese Worte brachten sie zum Platzen. »Ich war nicht überrascht. Wollte die Beziehung eh beenden.«

Sie lief rot an wie eine Peperoni. Und egal, was sie sagen würde, es war wahrscheinlich auch genauso scharf.

»Aber dass Alex mir in den Rücken gefallen ist, das werde ich ihm nie verzeihen. Nur für euch beide, aber besonders für ihn, wünsche ich mir sehnlichst, dass es Karma wirklich gibt.« Dominiks Worte waren fest und stark wie die eines brachialen Vorgesetzten.

Sie kam nicht zu Wort, während er sprach. Und die nicht gesprochenen Worte ließen ihr die Tränen in die Augen schießen. Und genau das war sein Sieg. Lieber hätte sie sich ihre fein manikürten und künstlerisch bemalten (Kunst liegt bekanntlich immer im Auge des Betrachters) Fingernägel abgekaut, als jetzt vor ihm zu weinen. Aber sie konnte ihre Tränen nicht verstecken. Mit einer enormen Kraft warf sie ihm die Schlüssel entgegen, welche nur knapp sein linkes Auge verfehlten, dafür aber eine blutende Wunde auf seinem Nasenrücken hinterließen. Sie fluchte, sie schrie ihn an und packte wutentbrannt alle ihre Sachen vor die Wohnungstür, die sie am Ende mit einem lauten Knall zu zog. Das war’s. Er fühlte sich gut. So hatte er noch nie mit jemandem geredet. Es war sieben Uhr am Morgen und das erste Mal in seinem Leben trank er – erstens – um diese Zeit ein Bier und – zweitens – trank er es alleine. Frohe Weihnachten.

Die Wunde auf seiner Nase blutete und er spürte den warmen Fluss des Blutes, welches über den Mund Richtung Hals wanderte. Nach einer Dusche und einem Pflaster begann er, seine Wohnung umzuräumen und neu zu gestalten. Und am Ende erschien sie tatsächlich so, als würde er hier wohnen. Die vier Jahre davor wohnte – rein optisch betrachtet – nur Saskia hier.

Um Abstand zu gewinnen, entschied sich Dominik für den Rest der Woche zu verreisen. Er packte seine Sachen und rief seine Eltern an, um ihnen mitzuteilen, dass er früher kommen würde, als wie geplant erst am Wochenende mit Saskia. Er fuhr los und unterwegs, je weiter er sich von allem entfernte, wurden die Gedanken lauter und die Emotionen überkamen ihn. Auf einem Rastplatz hielt er an und ließ seinen Gefühlen und den Tränen freien Lauf. Fünf Jahre Beziehung und über 20 Jahre Freundschaft waren eben doch nicht so einfach herunterzuschlucken.

Eine Stunde lang saß er wie hypnotisiert hinter dem Lenkrad. Weinte, schniefte, schluchzte. Die Augen waren geschwollen, er hatte Kopfschmerzen und flüsternd schrie er Flüche und vorwurfsvolle Fragen zu sich selbst oder zu Gott – das wusste er selbst nicht. Dann sah er sich im Rückspiegel an. Direkt in die Augen. Und er musste lachen, als er das Häufchen Elend sah. Er stieg aus, stieß die Hände in die Luft und brüllte einen lauten Urschrei in die Welt, den nicht mal jemand auf dem Rastplatz wahrzunehmen schien. Aber es ging ihm nun wesentlich besser. Die Fahrt ging weiter und Dominik verlor sein Grinsen nicht mehr. Auch als er zu Hause ankam und seine Mutter ihre ich-habe-Mitleid-Miene zeigte, die in etwa dem entsprach, was man in den Gesichtern derjenigen sah, die einen Korb voller drei Tage alter Hundewelpen sahen, verging ihm das Lachen nicht.

Bei Kaffee und Kuchen saß er mit seinen Eltern im Esszimmer, wo es nach frisch gebackenen Weihnachtsplätzchen roch, die für Besucher geometrisch korrekt angerichtet in einer silbernen Schale auf dem großen Tisch standen.

»Jetzt erzähl doch mal, was ist passiert?«

Seine Mutter sah ihn an und erwartete eine ausführliche Erklärung. Sein Vater, der genauso neugierig war, setzte vorerst noch seinen zwar mitleidigen aber desinteressierten Blick auf.

»Also, warum habt ihr euch getrennt?«


Kapitel 1

 

Ich konnte die Nutte einfach nicht mehr bezahlen!

 

Ich erzählte meinen Eltern alles. Um ihr Mitleid noch ein bisschen zu fördern, ließ ich auch die Tatsache nicht aus, dass Saskia und ich noch ein Jahr zuvor über Hochzeit und Familienplanung sprachen.

»Ich mochte sie nie.« Mein Vater sah mich an. Er setzte sich gerade hin. Sein magnetischer Blick fesselte mich. »Sie war doch nur ein Püppchen. Hat sich nur dafür interessiert, ob ihr Haar sitzt, die Nägel schick sind und ihre Schminke nicht verschmiert ist. Reden konnte man mit der doch gar nicht. Du verdienst etwas Besseres.«

»Papa hat recht, mein Schatz.« Ihre feuchten Augen brachten mich nahe ans Wasser. Es war kein Mitleid mehr, was meine Mutter ausdrückte, sondern Traurigkeit. Und ich wusste, es ging darum, dass ihr kleiner Sohn verletzt wurde. »Sie hat dich nicht verdient. Da draußen gibt es ein Mädchen, mit dem du glücklich werden wirst.«

»Die hat dich doch nur ausgebeutet, Junge. Immer die neuesten Klamotten. Alles vom Feinsten.« Mein Vater hatte recht.

Dennoch spürte ich den Drang, ihm zu widersprechen. Ich wollte Saskia in Schutz nehmen, merkte aber rechtzeitig, dass das nun unnötig war.

»Und deine Schwester hat dich von Anfang an vor ihr gewarnt. Wie nannte sie sie noch Carmen?«

Meine Mutter blickte ihn an. Sie wurde leicht rot. Sie prustete und deutete uns damit an, dass sie etwas Derartiges nicht aussprechen würde.

»Ah … ich hab’s wieder. Die teuerste Nutte der Welt. So nannte sie sie.«

Mein Mund stand offen. Ich muss einen Ausdruck an mir gehabt haben, als würde ein fliegender mit bunten Zuckerstreusel verzierter Riesen-Donut im Garten landen, aus dem grüne Marsmännchen stiegen, die ein Musical aufführten. »Nutte?« Mein Entsetzen war eigentlich mehr gespielt, als echt, aber das musste ich nun durchziehen. Es ging schließlich um meine große Schwester Claudia, die ich liebevoll Cinderella nannte, weil sie wie eine Prinzessin auftrat und zu strahlen begann, wenn sie sich im Ansehen und Ruhm ihrer Großeltern und Eltern sonnen konnte.

»Nein Dominik. Ich glaube, sie sagte Prostituierte.« Damit versuchte meine Mutter mein Entsetzen zu dämpfen. Aber ihr Blick verriet, dass sie in dem Moment, als sie es aussprach, bereits merkte, dass es keinen Unterschied machte, ob meine Ex nun eine Nutte oder eine Prostituierte war. »Aber nun ist gut damit. Ruf doch deine alten Freunde an und triff dich mit ihnen.«

»Mutti … welche Freunde? Ich hatte hier nur einen Freund und das war Alexander. Erinnerst du dich, dass Alex mir in den Rücken gefallen ist? Dass er meine Freundin flachgelegt hat?«

Mein Vater schmunzelte. Meine Mutter war sprachlos.

»Alex ist Alexander? Der Alexander von hier?« Sie schien es jetzt erst begriffen zu haben, warum ich deswegen so fertig bin. Ich nickte ihr zu. »Und was ist mit deiner kleinen Freundin aus der Schule?«

»Och bitte, Mutter. Sindy ist verheiratet mit einem Amerikaner. Wir waren sogar auf ihrer Hochzeit. Aber egal. Spendiert ihr noch eine Flasche Wein? Sonst ziehe ich mich zurück und gehe ins Bett.« Die letzten Tage und die Autofahrt forderten mich auf, schlafen zu gehen.

»Steht schon bereit. Darf ich bitten gnädige Frau.« Mein Vater dachte an alles. Er wusste, dass ein Abend im Wohnzimmer bei einem Glas Wein genau das war, was mir fehlte.

Er nahm mit einer Verbeugung und einem Handkuss die Hand meiner Mutter und führte sie hinaus. Ich glaube, sie lief ein bisschen rot an. Und dann sah ich den beiden hinterher, wie sie Hand in Hand rüber ins Wohnzimmer gingen. Sie lächelten sich an und hielten sich fest. Verliebt sein ist schön. Und die beiden so zu sehen machte mich irgendwie glücklich und ließ mich für einen Moment vergessen, was passiert war.

 

Am nächsten Morgen brummte mir der Schädel. Papa hatte den Wein dekantiert. Aber statt einer Flasche füllte er eine zweite immer wieder nach und der Dekanter war am Ende leer.

Als ich die Treppe zur Halle hinunterging hörte ich, dass meine Schwester scheinbar gerade zur Tür reinkam.

»Seit wann ist denn mein kleiner Scheißer da? Draußen steht sein Auto.«

»Komm mal her …«, flüsterte meine Mutter ihr zu. Sie nahm ihre Tochter an der Hand und ging mit ihr ins Esszimmer.

Das beruhigte mich, denn so wurde mir die Arbeit abgenommen, die Geschichte noch ein weiteres Mal zu erzählen. Ich wartete auf der Treppe, bis die Tür aufging. Als ich meine Schwester sah, ging ich runter.

»Ach, da ist er ja. Sag mal, schämst du dich nicht?« Oh, sie war so gut. Claudia verzog keine Miene. Sie hätte jedes Pokerspiel gewonnen. »Kia hat bei mir angerufen und gesagt, dass sie mit dir Schluss gemacht hat, weil du sie betrogen hast … mit einem Mann!«

Ich bog mich innerlich vor Lachen, ich hielt es kaum aus. »Meine Güte Cinderella! Müsst ihr Weiber eigentlich aus allem ein Drama machen? Der Typ wusste halt, was ich will. Ich bin ein Mann.«

Wir standen in der Tür zwischen Eingangsbereich und Esszimmer. Neben uns wurde unsere Mutter immer blasser und vom Tisch lachte unser Vater lauthals. Er kannte uns beide schließlich. Mutter echauffierte sich zu gerne, obwohl auch sie genau wusste, wie ihre Kinder waren.

»Frauen sind doch immer am Motzen, dass es ihre Kerle nicht draufhaben. Glaubst du, dass ihr Frauen das so gut drauf habt? Und übrigens hat nicht sie sich getrennt, sondern ich. Ich konnte die Nutte einfach nicht mehr bezahlen!«

Wumm … da traf mich die Hand meiner Mutter an der Schulter. Aber sie grinste. Mein Vater lag vor Lachen fast unter dem Tisch und Cinderella und ich konnten uns auch nicht mehr zurückhalten. Der Tag begann sehr gut.

»Was hast du jetzt vor?«, fragte mich meine Schwester, angesichts der Tatsache, dass sie immer etwas dagegen gehabt hatte, dass ich wegziehe. Für sie stand fest, dass ich wieder zurück nach Hause komme.

»Vielleicht gehe ich ins Ausland«, neckte ich sie, »Amerika vielleicht.«

»Das ist nicht dein Ernst!?«

»Quatsch. Bei meinem Glück würde ich da schon am ersten Tag Sindy über den Weg laufen. Ich weiß nicht, was ich vorhabe. Ich liebe meine Wohnung. Vielleicht bleibe ich da.«

»Ja ja, das hast du über Saskia auch gesagt. Und was hat dir das gebracht? Nichts, genau. Also beweg deinen Arsch zurück nach Hause. Oder hast du was zu verlieren?«

»Meine Arbeit?«

»Das ist nicht dein Ernst, oder? Du merkst schon, dass das eine faule Ausrede ist? Deine Arbeit?«

»Claudia, ich kann nicht den ganzen Tag nichts tun. Ich möchte arbeiten, Geld verdienen und wissen, warum ich am Abend erschöpft bin. Wenn du das kannst, bitte. Ich kann es nicht.«

»Jetzt aber mal halblang, Scheißerchen. Ich habe einen Ganztagsjob. Drei Kinder zu versorgen ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst.«

»Okay, Cinderella, du magst ja ein williges Weib sein aber drei Kinder? Wo kommt denn plötzlich das dritte Kind her? Wie lange war ich weg?«

»Das dritte Kind heißt Olaf und ich habe ihn vor zwei Jahren geheiratet. Männer eben. Ewige Kinder.«

»Behalt deine Wohnung als Wertanlage. Komm zurück zu uns und dann sehen wir weiter«, mischte sich plötzlich mein Vater ins Gespräch ein, der die ganze Zeit gespannt zuhörte.

»Man, ihr tut ja so, als wäre ich in eine tiefe Depression gefallen und brauche nun rund-um-die-Uhr-Beschattung, damit ich mir nichts antue. Ich habe mich von meiner Freundin getrennt, worüber ich froh bin! Mehr nicht. Das kommt in den besten Familien vor.«

»Nein, das ist nicht wahr, Dominik.« Meine Mutter, die scheinbar die ganze Zeit in der Tür stand, kam zu uns rüber und legte eine Hand auf meine Schulter. »Ja, du hast dich von deiner Freundin getrennt, und auch, wenn es nur fünf Jahre waren, schmeißt man das nicht ohne weiteres weg. Aber da ist noch mehr. Was viel schlimmer ist, ist der Umstand, dass du eine lebenslange Freundschaft verloren hast.«

Ich wollte etwas sagen, aber sie redete einfach weiter. »Das wird wehtun mein Schatz. Das schluckt niemand runter. Auch wenn du heute glaubst, dass du schon wieder darüber scherzen kannst, glaube mir, es dauert … aber dann … dann wird der Schmerz kommen. Willst du dann in deiner Wohnung sitzen und niemanden haben, mit dem du reden kannst?«

»Dann kann ich doch anrufen.«

»Du bist ein junger Mann. Du umarmst die Mädchen und deine Freunde. Aber du hast noch keine Vorstellung davon, wie heilend eine Umarmung ist, wenn du sie so dringend brauchst.« Dann ging sie raus. Mein Blick folgte ihr.

 

Als meine Schwester sich verabschiedete, weil sie das Mittagessen für ihre drei Kinder zubereiten musste, bat mich mein Vater zu einem Gespräch in sein Arbeitszimmer. Das war der Raum des Hauses, in dem die ernsteren Gespräche geführt wurden. Ich verstand noch immer nicht, warum meine Familie solch einen Wirbel machte. Es hatte sich doch eigentlich nichts geändert. Statt mit Saskia übers Wochenende zu meinen Eltern zu fahren, hatte ich mich nach der Trennung dafür entschieden, meine beiden Urlaubswochen hier zu verbringen. Ich war also nun Single. Und mein bester Freund war nicht mehr mein bester Freund. Was ging hier vor? Ich setzte mich in den alten Sessel im Arbeitszimmer und wartete geduldig darauf, dass er das Gespräch beginnt. Eine ganze Weile starrte er mich nur an.

»Wo willst du hin?«

Ich zuckte ein wenig vor Schreck, weil er ohne Vorwarnung die Stille unterbrach. »Paps, warum können wir uns alle nicht die zwei Wochen hier eine schöne Zeit machen. Die Weihnachtstage verbringen, lachen, reden und einfach alles genießen? Warum seid ihr so erpicht darauf, mich irgendwo hinzuschieben? Egal ob es meine Wohnung ist oder …« Ich stockte, denn als mein Zuhause konnte ich nur dieses Haus bezeichnen. Noch nie habe ich mich irgendwo so gefühlt wie hier. »… oder hier zu Hause?«

»Ich habe dich nicht gefragt, wo du wohnen möchtest, Junge. Wo willst du hin? Was hast du mit deinem Leben vor?«

»Du brauchst keine Angst haben, Paps. Ich werde in das Familiengeschäft einsteigen. Aber was soll ich jetzt da? Opa ist voll dabei und du bist mittendrin, noch viel zu jung, um an eine Nachfolge zu denken.«

»Dein Opa ist 68 und ›voll dabei‹ ist etwas anderes. Er will mir die Führung übergeben und kürzertreten.«

1931 übernahm mein Urgroßvater die Kunst- und Musikalienhandlung, in der er gelernt hatte. 20 Jahre war er damals alt, viel zu jung für eine solche Verantwortung. Aber er versprach seinem Lehrmeister auf dem Sterbebett, dass er seine Arbeit fortführen würde – und das tat er, mit all seiner Kraft. Als mein Großvater 1937 geboren wurde, war der Name Goldberg, unser Familienname, bereits ein Synonym für erstklassige Arbeit und hochwertige Qualität. Innerhalb von sechs Jahren schaffte es mein Urgroßvater zusammen mit seiner Frau sich in die bessere Gesellschaft hochzuarbeiten. Während des Krieges haben sie viel verloren. Nicht nur einen großen Teil des Vermögens, sondern auch wertvolle Gemälde und andere Kunst- und Musikobjekte. Sie gingen nach England. Nach dem Krieg kamen sie zurück und konnten irgendwann wieder da anfangen, wo sie aufgehört hatten. Zum einen verdankten sie das meiner Urgroßmutter, die rechtzeitig wertvollen Schmuck und einige Gemälde versteckte und zum anderen verdankten sie das einigen Geschäften in London. Bereits 1971, als mein Großvater das Geschäft übernahm, war die Familie Goldberg ein Teil der besten Gesellschaft. Inzwischen ist es ein weltweiter Handel geworden. Und genau das stört mich. Ich befürchte, dass die Kunst zu kurz kommt und das Geld in den Vordergrund rückt. In unseren Auktionshäusern werden Gemälde versteigert, die nie ein Goldberg gesehen oder angefasst hat. Meinem Großvater und meinem Vater ist dieses Unternehmen heilig. Und auch ich empfinde Hochachtung und Stolz davor, denn es ist die Geschichte meiner Familie. Doch ehe ich nicht verstehe, wie die beiden denken, traue ich mir keine derartige Verantwortung zu. Und das werde ich ihnen auch mitteilen. Aber nicht heute.

»Es wird Zeit, dass du dich entscheidest. Die Trennung von deiner Freundin kam – bitte nimm mir das nicht übel – zur rechten Zeit. Jetzt kannst du dich auf die wichtigen Dinge konzentrieren. Ich frage dich also noch einmal: Wo willst du hin?«

»Ich nehme dir das nicht übel. Und ich versteh deine Frage. Aber bitte dränge mich nicht auf eine Antwort. Lass mich darüber nachdenken. Einverstanden?«

»Wichtig ist, dass du es auch wirklich machst. Darüber nachdenken. Ach und noch was … Auch ich wäre froh darüber, wenn du wieder zu uns zurückkommst.«


Kapitel 2

 

Ich sehe aus wie das Werbegesicht für eine billige Hämorriden-Salbe im Ausverkauf.

 

Als meine Großeltern ein paar Tage später von einer Geschäftsreise zurückkamen, saß ich bei Minusgraden im Garten und spürte bereits meine Finger nicht mehr. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als an den ›Versager‹, den Saskia mir an den Kopf warf, als sie ihre Sachen bei mir abholte. Vielleicht hatte sie recht damit. Was hatte ich denn schon erreicht im Leben? Ich hatte eine gut bezahlte Arbeit aber eine von Mami und Papi finanzierte Eigentumswohnung sorgte nicht gerade für Stolz und Übermut. Ich hatte nicht mal Freunde. Das deprimierte mich. Meine Mutter hatte recht. Jetzt, wo ich jemanden bräuchte, mit dem ich reden konnte, war niemand da. In solchen Momenten rief ich immer Alex an oder fuhr zu ihm. Dass ich das nun nicht mehr konnte, steigerte meine Wut auf ihn.

Ich stand auf, um meine Großeltern zu begrüßen, und mein Gesicht landete unerwartet in einem großen Ausdruck eines Bildes.

»Sag mir deine Meinung.« Mein Großvater hielt das Bild vor meine Nase.

Ich trat einen Schritt zurück, um es besser sehen zu können. Es war ein Foto von einem Öl- oder Acrylbild. Mir fehlten die Worte. Noch nie zuvor habe ich etwas so hässliches gesehen. Kunst liegt immer im Auge des Betrachters, aber in diesem Fall musste der Betrachter, der dieses Bild als Kunst bezeichnete, entweder eine Sehschwäche haben oder bereits erblindet sein. Nein, selbst ein Blinder hätte an der Strichführung ertastet, dass es Müll war.

»Opa, verzeih mir, aber wenn ich mir das Bild ansehe, kann ich mich nur nach dem Befinden aller Beteiligten erkundigen. Es scheint ein schwerer Unfall gewesen zu sein. Bitte sag mir, dass du das nicht ge- oder verkauft hast. Sag mir, dass der Name Goldberg nicht in dieses Verbrechen involviert ist.«

»Acht Millionen Euro und unter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, dass es bis zum Zehnfachen bringen kann. Der Käufer hat ein wahres Schnäppchen gemacht.«

»Meine Güte, da hat doch nur ein Maler seine Pinsel sauber gemacht. Einfach gegen die Leinwand geschleudert, bis die Farbe raus war. Das schaffen Claudias Zwillinge auch.«

Opa musste lachen. Scheinbar waren wir wieder mal einer Meinung.

»Komm rein, Junge, du erfrierst hier draußen noch. Es gibt Kaffee und Kuchen. Wir reden nachher weiter.«

»Opa?«

»Ja mein Kleiner?« Er drehte sich um und kam dichter zu mir.

Ich sah ihn an und wollte etwas sagen. Aber ich konnte nicht und umarmte ihn einfach nur ganz fest. »Ach nichts. Schön, dass ihr wieder da seid.«

 

Nachdem ich ein wenig mit den 14 Monate alten Zwillingen Julia und Felix gespielt hatte, setzte ich mich an den Tisch. Ich war so vernarrt in die beiden Kleinen, als wären es meine eigenen Kinder. Ich sah mich um. Meine Eltern, meine Großeltern, meine Schwester mit ihrem Mann und den Kindern und ich. Wir redeten und lachten. Es war schön, wie in alten Zeiten. Dann stand ich auf, entschuldigte mich und ging die Treppe nach oben. Hier in der ersten Etage des Hauses hatten Claudia und ich unser Reich, ehe wir flügge wurden. Inzwischen ist es eine große leere Wohnung. Ich ging in mein altes Schlafzimmer, in dem ich auch die letzten Tage geschlafen hatte. Ich sah durch den langen Flur und erinnerte mich an die Zeit, die wir hier verbrachten. Von unten klang das Lachen meiner Familie durchs Haus, das aus einer anderen Welt zu kommen schien. Mir wurde klar, warum ich damals weggezogen bin. Dieses große Haus, das ganze Anwesen und die Urteile, die man über mich fällte. Der Junge, der mit dem goldenen Löffel im Hintern geboren wurde. Ja, das stimmte wirklich, aber auslöffeln musste ich die Suppe immer alleine und ich wollte mit eigener Kraft und Energie zeigen, dass ich in der Lage war, dafür zu sorgen, dass ich überhaupt Suppe auf dem Teller hatte. Ich fühlte mich falsch in dieser Welt. Als ich den Führerschein machte, gab es eine hitzige Diskussion mit meinen Eltern, weil ich mich weigerte, dass sie ihn finanzierten. Wir haben uns in einer Win-win-Situation geeinigt. Sie haben den Schein und mein erstes Auto vorfinanziert und ich habe das Geld in Raten zurückbezahlt. Als ich wegging, wollte ich eine kleine Altbauwohnung mieten. Aber als ich den beiden ein paar Wohnungen zeigen wollte, überreichten sie mir den Schlüssel für eine große und moderne Wohnung, die sie mir schenkten. Ich fing keine neue Diskussion mit ihnen an. Stattdessen legte ich jeden Monat Geld zur Seite, damit ich wenigstens das Gefühl hatte, sie abzubezahlen. Ich musste mir aber eingestehen, dass ich mich hier im Haus wohlfühlte. Mir ging es in den vergangenen Tagen – trotz der Depris – besser, als in den vergangenen vier Jahren. Ich hatte mich entschieden. Ich rannte die Treppe runter und stürmte ins Esszimmer.

»Okay Leute, passt auf. Entweder stimmt ihr zu, oder nicht. Es gibt keine Diskussionen. Es gibt nur ja oder nein.«

Alle starrten mich an und warteten darauf, was ich ihnen zu sagen hatte.

»Wenn ihr die Wohnung oben nicht braucht, dann würde ich sie gerne haben. Ich werde aber Miete dafür bezahlen. Außerdem möchte ich mich mit einer Art Kostgeld daran beteiligen, dass ich bei euch mitessen kann, dass ich waschen kann und das alles. Ich werde mir eine Arbeit suchen und ich werde versuchen, nebenbei Opa und Papa bei ihren Geschäften über die Schulter zu schauen. Ich bin jetzt 25. Ich verlange von euch ein Versprechen, dass ihr mir noch zehn Jahre Zeit gebt, ehe ich aktiv in das Familienunternehmen einsteige. Wenn ich mir selbst nicht beweise, dass ich es alleine, ohne Papas Kreditkarte und Uropas Namen kann, dann schaffe ich es einfach nicht.« Als ich in ihre Gesichter sah, musste ich sofort wieder an das Donut-UFO denken. »Denkt darüber nach. Ich bin mal für ein paar Stunden weg.«

 

Ich schlenderte durch die Straßen, als eine SMS von Cinderella kam.

 

>Wenn du das durchziehst, nenne ich dich nie wieder Scheißerchen, mein Scheißerchen.

 

<Findest du, dass ich ein Versager bin?

 

>Schwachsinn, wer sagt das?

 

<Saskia

 

>Wo bist du?

 

<Quak

 

Inzwischen war ich im Park und stand auf der kleinen Brücke, die über den See führte. Als Jugendliche waren wir hier, wenn wir bockig waren oder uns ärgerten. Wir scherzten, dass uns die Enten zuhörten, mit uns sprachen und uns mit ihrem Quaken Lebensratschläge gaben. ›Quak‹ in einer SMS bedeutete nun, wo wir erwachsen waren, Alarmstufe Rot. Und es dauerte auch nicht lange, bis Claudia zu mir kam.

»Dieses Miststück, diese elendige Hure streichst du jetzt sofort aus deinem Kopf.«

»Darum geht es doch gar nicht Claudia. Ich bin wirklich ein Versager. Was habe ich denn erreicht? Du bist verheiratet mit ‘nem Kerl, der dich vergöttert, hast zwei süße Kinder und lebst dein Leben. Ich habe nicht mal mehr eine Freundin.«

Wir schwiegen uns eine Weile an. Und es schien, als ob Claudia sich überwinden musste, weiterzureden.

Sie kämpfte mit etwas. »Was du vorhin gesagt hast, dass du es ohne Papas Geld und den Familiennamen schaffen willst, hat mich schwer beeindruckt. Diesen Mut hätte ich dir nicht zugetraut. Wenn du wirklich ein Versager wärst, wärst du auch nicht so mutig. Und die Freundin kommt von alleine. Du bist ein gutaussehender Kerl. Das einzige, was du brauchst, ist mehr Selbstbewusstsein.«

»Ich sehe aus wie das Werbegesicht für eine billige Hämorriden-Salbe im Ausverkauf.«

»Jetzt hör doch mal auf mit diesem Selbstmitleid. Du siehst sehr gut aus. Außerdem bist du mein Bruder, wir haben dieselben Gene. Und ich bin ja wohl ein heißes Eisen … oder willst du mir widersprechen? Meine Güte, war ich mit 25 auch so anstrengend?«

»Du bist gerade mal zwei Jahre älter, du Nuss! Deine Aussichten auf eine schmeichelhafte Antwort sind sehr gering. Aber ein heißes Eisen, ja doch, das bist du, soweit ich das als dein Bruder beurteilen kann, ohne inzestuös zu klingen.«

Wir lachten und unterhielten uns noch eine Weile. Meine Schwester war seltsam erwachsen. Sie meinte, ich solle mich erst mal austoben, ehe ich an die Familiengründung denke und zusehen, dass ich weiß, was ich wirklich möchte. Aber was ich wirklich wollte, das wusste ich bereits. Wir schlenderten zurück nach Hause.

 

Als wir im Windfang unsere Jacken auszogen, sah ich durch die Scheiben bereits meine Großmutter, die auf uns zu warten schien.

»Weiter nach rechts, Carmen. Nur ein paar Zentimeter.« Sie blickte nach oben, als ich die Tür öffnete und wir gerade eintreten wollten.

Da sah ich die Leiter, auf der meine Mutter versuchte, eine Weihnachtsgirlande anzubringen.

»Mama, kommt da sofort runter!« Ich konnte es nicht fassen, dass sie mit einem Bein, auf Zehenspitzen auf einer wackeligen Leiter in ungefähr drei Metern Höhe rumwerkelte. »Willst du dir das Genick brechen? Lass mich das bitte machen.«

»Danke Schatz«, lächelte sie mir entgegen, »Aber pass bitte auf.«

»So wie du?« Ich stieg die Leiter rauf und brachte die Girlande exakt in der Mitte an.

Den Trick (es gab für solche Anlässe einen Holzhaken, den man ausklappen konnte) kannten nämlich nur die Goldberg-Männer. Jene, die schon einmal auf einer Leiter mit der Anleitung eines Älteren da oben waren.

»Perfekt!«, strahlte meine Großmutter und meine Mutter küsste mich auf die Wange.

Dann waren beide auch schon verschwunden. Claudia und ich sahen uns an. In diesem Haus lief alles, als wäre nichts passiert.

»Siehst du, keiner sagt was. Nicht einmal hier nehmen sie mich ernst. Oder hörte sich das vorhin so an, als würde ich scherzen?«

»Nein, im Gegenteil. Sie waren sogar begeistert davon. Irgendwas stimmt hier nicht. Ich glaube, die haben gar nicht mitbekommen, dass wir wieder hier sind.«

Wir folgten Oma und Mama in die Küche und erkundigten uns, wo ihre beiden Männer sind.

»Besorgungen machen. Schließlich ist in ein paar Tagen Heiligabend.« Meine Großmutter lächelte dabei ein bisschen hinterlistig.

»Und verratet ihr mir, ob ihr euch über meinen Vorschlag unterhalten habt und wie das Urteil des hohen Gerichts ausgefallen ist?«

»Ich möchte dich nicht enttäuschen, Dominik, aber wir haben uns nicht über deinen Vorschlag unterhalten.«

Ich war erstaunt und innerhalb weniger Sekunden durchströmten Bilder verschiedenster Szenarien meine Gedanken. Zugegebener Maßen war ich aber auch darüber enttäuscht und wusste im Moment nicht, wie ich anders darauf hätte reagieren können, als ›in Ordnung‹ zu sagen und mich auf mein Zimmer zu verabschieden. Doch als ich mich umdrehte, übernahm meine Mutter das Wort.

»Aber über dich haben wir uns unterhalten, Schatz.«

Ich sah sie fragend an. Sie sah die Fragezeichen auf meiner Stirn.

»Wir waren alle sehr beeindruckt von dir. Über deinen Vorschlag gibt es nichts zu sagen. Du hast gesagt, was du möchtest, und wir sind damit einverstanden. Du hast deinen Standpunkt klargemacht und glaubst gar nicht, wie stolz du deinen Großvater in dem Moment gemacht hast.«

»Also bekomme ich die Wohnung?«

Claudia fiel mir um den Hals und kreischte vor Freude.

»Dein Scheißerchen ist wieder zu Hause!« Ich sah sie dabei erstaunt an.

»Jaaa!«, jubelte sie, »Und Cinderella macht sich gleich nass vor Freude!«

 

Als alle wieder eintrudelten und Claudia mit Olaf und den Kindern sich verabschiedeten, setzte ich mich mit meinen Großeltern und meinen Eltern ins Wohnzimmer und wir redeten. Es gab keine Diskussionen – wir redeten auf Augenhöhe miteinander und ich versuchte ihnen noch ein wenig genauer zu erklären, wie ich mir meinen weiteren Weg vorstellte. Auch meine zehn geforderten Jahre wurden anstandslos angenommen. Es war ein schöner Abend und der Mond brachte heute ein ganzes Stück Licht in mein Dunkel.


Kapitel 3

 

Prost Schicksal, du kaltherziges Arschloch!

 

»Guten Morgen, du Schlafmütze!«, rief Claudia quer durch mein Schlafzimmer, während sie erst die Gardinen und danach die Fenster öffnete.

Eisige Luft kam herein und ich hätte ihr am liebsten meinen Wecker an den Kopf geworfen. Stattdessen verkroch ich mich noch weiter unter meiner Decke. »Bist du bescheuert? Ich bin gerade erst eingeschlafen!« Ich hasste es, wenn man morgens so einen Stress verbreitete. Auch diese notorisch gut gelaunten Menschen, die bereits um sechs Uhr morgens versuchten, ihre Gute Laune wie einen Virus zu verbreiten, konnte ich frühestens nach dem ersten Kaffee dulden. Um sie auch ertragen zu können brauchte ich mindestens zwei große Becher.

»Heute haben wir viel vor. Komm, ab unter die Dusche, anziehen und frühstücken. In einer Stunde fahren wir los.«

»Man, was willst du von mir? Ich fahre nirgends hin! Du pisst mich gerade voll an mit deiner scheiß guten Laune.«

»Lass das bloß Oma nicht hören, dass du Pisse und Scheiße in den Mund nimmst!«

Ich musste lachen.

»Ich würde dir ja jetzt gerne die Decke wegziehen, damit du endlich aufstehst, aber da ich nicht weiß, ob du was an hast, lasse ich das lieber. Es ist halb Sieben. Ich gebe dir eine halbe Stunde, dann bist du unten. Ach … und pack bitte ein paar Sachen ein, wir kommen erst morgen wieder zurück, oder Sonntag.«

Mir war kalt und einzig meine Sucht nach einem Kaffee zwang mich dazu, aufzustehen. Ich ging duschen, zog mich an und verzichtete auf die Rasur. Meine Tasche war schnell gepackt. Ich brauchte ja nicht viel. Außerdem wollte ich eh nicht wegfahren. Mit meinem ich-schmolle-Gesicht ging ich runter. Alle saßen am Tisch und starrten mich an.

»Morgen!« Mehr war vor dem Kaffee nicht drin. Nach einem Brötchen und zwei Bechern dampfenden braunen Genusses wusste ich noch immer nicht viel mehr, als vorher. Ich fand nur heraus, dass ich mit meiner Schwester und ihrem Mann wegfahren würde. Das war’s. »Was soll das denn?« Vor dem Haus stand ein LKW, ein 7,5-Tonner.

»Eeelll … Kaaaha … Weehhh«, lispelte Claudia mir mit einer Grimasse direkt ins Gesicht, als hätte sie inzwischen komplett den Verstand verloren - und ich gleich mit.

»Wo wollt ihr denn hin?«

»Wirst du schon sehen.« Dass sie das singend trällerte, machte mich wahnsinnig.

»Sag es jetzt oder ich steige nicht ein.«

»Claudi, jetzt erzähl es ihm schon.« Olaf meldete sich zu Wort. Er saß zitternd hinter dem Lenkrad und hauchte sich immer wieder in die Hände, um sie aufzuwärmen. »Er muss schließlich die Schlüssel mitnehmen.«

»Welche Schlüssel?« Ich war völlig neben der Spur. Aber dann dämmerte es mir. »Ne, kommt, das ist nicht euer Ernst! Lasst uns das nach Weihnachten machen.«

»Damit du dich noch mal anders entscheiden kannst? Nein Brüderchen. Wir werden jetzt losfahren und deine Sachen holen. Die Zwillinge bleiben bei Oma und Opa. Dann kannst du nach Weihnachten gleich neu starten. Um die Vermietung der Wohnung kümmere ich mich. Ich habe schon einen Makler angerufen, den wir morgen treffen werden.« Sie packte mich am Arm und zog mich mit hoch in die Kabine.

Ich hatte gar keine Chance zu widersprechen und so fuhren wir zwei Stunden, von denen ich nur knapp eine mitbekommen habe, weil ich eingenickt war.

 

Als wir vor dem Haus hielten, wurde mir flau im Magen. Es gab keinen Grund, denn Saskia hatte hier nichts mehr zu suchen und sie hatte auch keinen Schlüssel. Dennoch war es ein komisches Gefühl.

»Der LKW erscheint ein bisschen deplatziert hier in dieser Gegend.« Olaf sah sich um und er hatte absolut recht. Die Gegend war vornehm. Einen LKW sah man hier in der Regel nur, wenn jemand ein- oder auszog. Meine Wohnung lag in einem Apartmenthaus ganz oben. Wunderschön mit großzügiger Dachterrasse.

Als wir hochfuhren, sah ich die Post durch, die ich aus dem Briefkasten geholt hatte. Mir wurde klar, dass da noch einiges auf mich zukommen würde. Ich musste mich ummelden, die Post nachsenden und bei einigen Unternehmen meine Adresse ändern lassen. Ich machte erst mal einen Kaffee. Wir saßen im Wohnzimmer und überlegten, welche Möbel ich mitnehmen kann. Heute ging es aber erst einmal darum, meine Klamotten zu packen und den ganzen Kleinkram wie CDs, DVDs, Bücher, Unterlagen, Laptop und Geschirr. Aber als wir sahen, wie viel das war, wurde uns bewusst, dass es ein langes Wochenende werden würde.

Claudia machte sich im Schlafzimmer zu schaffen und packte meine Klamotten in Kartons und Tüten, während sie ununterbrochen mit uns über den Flur hinweg sprach. Olaf und ich waren im Wohnzimmer und kümmerten uns um die Entkabelung der Stereoanlage und des Fernsehers. Irgendwann fiel mir aber diese Ruhe auf. Claudia sagte nichts mehr und es war für mich in diesem Moment wie bei den Zwillingen. Wenn man sie nicht mehr hörte, dann machten sie Unfug. Ich schlich Richtung Schlafzimmer. Sie saß auf dem Bett und blätterte in einer Mappe. Als ich das sah, stürmte ich zu ihr und riss ihr die Unterlagen aus der Hand.

»Was ist das?«, fragte sie mich.

»Ach, unwichtig. Das ist Müll. Vergiss es.« Ich schleuderte die Mappe in den Karton mit dem Papiermüll.

»Und was mache ich hiermit?« Sie hielt mir eine kleine Schatulle hin und ich sah ihr an, dass sie reingesehen hatte. »Du wolltest dich mit ihr verloben?«

Es war ein Ring darin. Weißgold, besetzt mit Saphiren und Brillanten. Ich musste schlucken. Ich hasste diese Erinnerung an letztes Jahr. Dieser Tag, an dem Saskia und ich so glücklich waren und über unsere Hochzeit sprachen und unsere Kinder. Ich ertrug die Bilder nicht in meinem Kopf, sie machten mich fertig. Ja, ich wollte ihr einen Antrag machen. Es sollte ganz romantisch werden und ich habe tagelang alles bis ins Detail geplant. Und dann häuften sich die Hinweise darauf, dass sie einen anderen hatte. Ich war so verliebt, dass die rosarote Brille, vor der mich schon meine Mutter warnte, an den Seiten einen Blickschutz hatte und ich alle Warnungen ignorierte, die ich von anderen zu hören bekam. Die Verlobung sollte der Tag werden, an dem sich unser Leben ganz neu ausrichtete. Danach sollte unser Weg fortan nur noch vom Glück gesäumt sein. Als ich feststellte, dass die Realität anders aussah und ich eigentlich an einem hohen Abgrund stand, von dem Saskia mich mit einem breiten Grinsen runterschubsen wollte, zerbrach in mir ein Teil Hoffnung und Vertrauen. Ich versank in unausgesprochenes Selbstmitleid und auch mein Selbstbewusstsein litt darunter. Alex war der einzige, mit dem ich in dieser Zeit reden konnte. Ich heulte mich bei ihm aus und teilte ihm mit, was in mir für Ängste aufstiegen. Als mir klar wurde, dass er derjenige war, mit dem sie mich betrog und die beiden wahrscheinlich über mich lachten, wenn sie sich für ihr Schäferstündchen trafen, zerschmetterte das den letzten Rest in mir. Ich war ein Häufchen Elend und musste damit alleine klarkommen – das schwächte mich und nahm mir jeden Elan.

»Ich … ja … wir … du, das ist nicht mehr wichtig. Gib ihn mir, ich werde ihn verkaufen.« Ich nahm ihn an mich und steckte ihn in meine Jacke an der Garderobe. Dann schnappte ich mir ein Bier und ging Richtung Terrasse. Im Vorbeigehen hörte ich Olaf etwas sagen, verstand ihn aber nicht. Die kalte Luft tat mir gut. Hinter mir hörte ich Claudia flüstern, er solle mich ein paar Minuten in Ruhe lassen.

Das Kuriose an der Sache war – andere würden es kindisch nennen –, dass dieses Weibsstück, Saskia, es in keiner Weise wert war, ihretwegen traurig oder nur niedergeschlagen zu sein. Auch Alexander hatte es nicht verdient, ihm nachzutrauern. Logisch betrachtet war ich selbst schuld. Ich war naiv genug, zu glauben, dass ausgerechnet in meinem Leben alles perfekt war und es nur noch besser werden würde. Und als ich so auf mich zurückblickte, empfand ich mich sogar selbst ein wenig zu selbstsicher, fast schon arrogant. Das Schicksal hatte im Prinzip ja gar keine andere Chance, als mich darauf hinzuweisen, dass der Weg, auf dem ich ging, nicht unbedingt so weich war, weil ich – wie ich glaubte – auf Watte ging, sondern dass es stattdessen auch tiefes Wasser sein konnte, welches mich jeden Moment in die dunklen Tiefen verschlucken konnte. Das hat es geschafft. Prost Schicksal, du kaltherziges Arschloch!

Ich raffte mich auf und ging zurück zu den beiden. »Leute, ich habe Hunger! Kommt, wir gehen essen. Ich lade euch ein und Cinderella bezahlt.«

Sie sahen sich an und lächelten etwas angestrengt. Offensichtlich hatte Claudia ihm alles erzählt.

»Alles okay, Kumpel?«

»Alles bestens!« Ich mochte es nicht, wenn man mich geknickt sah. Ich setzte mein alles-ist-super-und-das-Leben-ist-ein-buntes-Zirkuszelt-Gesicht auf.

 

Als wir vom Essen zurückkamen stand eine wunderschöne und elegante junge Frau vor dem Haus, die uns entgegenlächelte, als sie uns kommen sah. Claudia und sie umarmten und begrüßten sich. Ich nahm eine Hand wahr, die in mein Blickfeld kam. Ein älterer Herr begrüßte mich. Ich hatte ihn gar nicht wahrgenommen. Ich war gefangen vom Anblick der hübschen Frau.

»Dominik … Nik …« Claudia riss mich aus meiner Starre. »Darf ich vorstellen, meine Freundin Mia und ihr Vater, der Herr Berghaus vom Maklerbüro Berghaus und Partner.«

»Ich … ich …« Ich stotterte. »Mia … Dominik. Hallo. Entschuldigung, Dominik Goldberg.« Ich reichte ihr die Hand und sie lächelte. Ich spürte das Blut in meinen Kopf steigen. Wie peinlich. Es kribbelte in meinem Bauch und mein Herz raste. Ich war nervös.

Mia und ihr Vater wollten heute ein paar Außenaufnahmen machen. Da wir uns aber trafen, nutzten wir die Gelegenheit, um schon mal ein paar Dinge zu besprechen und die beiden Berghauser konnten sich einen Überblick über die aktuell im Chaos versinkende Wohnung verschaffen. Wir gingen ins Haus.

Olaf packte mich am Arm und als die anderen ein Stück voraus waren, zwinkerte er mir zu: »Na Sportsfreund … scheiß auf Saskia, ein Hoch auf Mia, was!?«

Ich grinste verlegen.

In den folgenden knapp zwei Stunden zeigte ich Mia und ihrem Vater die Wohnung und wir beredeten einige Details. Vor allem empfahlen sie mir, die Möbel stehenzulassen und die Wohnung möbliert anzubieten. Ich sollte darüber schlafen und ihnen am nächsten Tag meine Entscheidung mitteilen. Dann verabschiedeten sie sich und ich brachte sie natürlich noch bis zu ihrem Wagen. Als sie fort waren, ließ ich mich mit dem Rücken gegen den LKW fallen und atmete schwer aus, als ob ich die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Ich schaute nach oben in den Himmel und da sah ich sie. Die beiden neugierigen Nasen standen oben auf der Dachterrasse und grinsten wie blöde zu mir runter. Ich grinste zurück und war noch immer verzaubert von der hübschen Mia.