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Die Kunst und die Zukunft der Barkultur aufzuzeigen, das war das Ziel unserer »Bar Bibel«, die 2017 erschienen ist. Es hat mir große Freude bereitet, Recherchen, Rezepturen und Kunst in diese Veröffentlichung einfließen zu lassen und Ihnen einen Überblick über klassische Cocktails ebenso wie über meine Kreationen zu geben, die einige neue Trends der Barkultur aufgegriffen haben.
Lag der Schwerpunkt der »Bar Bibel« noch auf den Eigenkreationen, so beleuchtet dieses Buch nun speziell die klassischen Cocktails, die jeder Bartender beherrschen muss, und zwar jederzeit. Cocktails, an denen niemand vorbeikommt und die als Basis aller weiteren Erfindungen gelten. Daher machte ich mich daran, die wichtigsten auszusuchen und mit dem Fotografen Daniel Esswein gemeinsam zu shooten.
Dass der Gin nicht nur ein Trend ist, wissen wir mittlerweile – er hat sich in die Seele der Gäste eingebrannt, ist weiterhin in jeder Bar die meistverkaufte Spirituose und wird auch immer gern zu Hause getrunken. Nicht umsonst ist eines meiner Lieblingsgetränke der Gin & Tonic. Aber auch dieser Drink kann variiert werden, weshalb ich ein etwas umfassenderes Kapitel über Gin geschrieben habe. Ja, ich mag alle anderen Spirituosen genauso gerne … Cognac zum Beispiel zählt zu meinen Favoriten – für mich die am meisten unterschätzte Spirituose überhaupt.
Ich liebe den Beruf des Bartenders nicht nur deshalb, weil ich jeden Abend Gäste bewirte und glücklich nach Hause oder in eine andere Bar schicke. Nein, es fasziniert mich ebenso, was alles dahintersteckt und wie lange schon: Alkohol, Destillation, Cocktails aus dem 19. Jahrhundert, wie und warum sie so gemixt wurden und werden; oder die Frage, wie der Beruf des Bartenders früher war und heutzutage ist. Ich finde es schade, dass viele gute Bartender die klassischen Cocktails vergessen (haben). Das ist so, als ob ein exzellenter Koch keine anständige Sauce béarnaise oder keine klassischen Gerichte zubereiten kann, die doch jeder Koch beherrschen sollte. Gleiches gilt für uns Bartender: Wer die Cocktail-Klassiker nicht kennt oder nicht zubereiten kann, wird die Kunst des Bartendings niemals vollständig erlernen oder verstehen.
Wer gerne den einen oder anderen Cocktail zu Hause zubereiten möchte, kann auf den kunstvollen Bildern sehr schön erkennen, wie die Cocktails auszusehen haben bzw. in welche Richtung es gehen sollte.
Ich freue mich auf dieses zweite Bar-Buch mit dem Callwey Verlag und wünsche Ihnen allen viel Spaß beim Lesen und Zubereiten.
MUCH LOVE
Cihan Anadologlu
1803 kam das Wort »Cocktail« zum ersten Mal in der Zeitung Farmer's Cabinet vor. Drei Jahre später wurde im Balance & Columbian Repository beschrieben, dass der sogenannte »Bittered Sling« der Name eines Cocktails sei. Als Antwort auf einen Leserbrief schrieb Harry Croswell die Definition des Wortes nieder: »Cock Tail then, is a stimulating liquor, composed of spirits of any kind, sugar, water and bitters, it is vulgary called a bittered sling.«
Nun, es gibt viele weitere Geschichten, die sich um das Wort »Cocktail« und den Ort seiner Entsteh ung ranken …
Sie kennen sicher die Hahnenkampf-Variante? Einwanderer aus Mexiko und Südamerika haben ihre Hähne kämpfen lassen, den Hahnenschwanz des unterlegenen Hahnes dem Gewinner gewidmet und dabei den Sieger mit »on the Cock’s Tail« gerühmt und dabei getrunken. Könnte gut möglich sein, dass auch das Wort »Cocktail« hierbei eine Rolle gespielt haben kann – ist aber eher unwahrscheinlich.
Auch das französische Wort »coquetier« soll in die Geschichte des Cocktails involviert sein: Aus einem »coquetier« (dt. »Eierbecher«) hat man früher seinen Drink getrunken.
Um es kurz zu halten: Keiner kann wirklich behaupten zu wissen, wo der Cocktail seinen Ursprung hat. Doch steht seit den neuesten Recherchen und Gesprächen mit Historikern fest: Cocktails haben ursprünglich etwas mit Pferden zu tun.
Um die Gesundheit eines Pferdes festzustellen, steckte man früher dem Pferd einen mit Ingwer eingeriebenen Stock in den After. Sofort öffnete der Gaul das Maul und die Zähne traten hervor, sodass er vor einem Verkauf begutachtet werden konnte. »On the Cock’s Tail« wurde darauf getrunken, wenn der Handel zustande kam und gebührend gefeiert wurde. Dies ist die letzte, wichtigste und wahrscheinlich eheste Version des Ursprungs des Begriffs »Cocktail«, den Historiker noch vor allen anderen Theorien bewiesen haben.
Der Cocktail ist per definitionem eigentlich eine Untergruppe der Misch- und Mixgetränke – so wie Juleps, Slings und Toddies. Leider verbindet man damit bis heute einen Oberbegriff für alle Mischgetränke.
Als der Cocktail Mitte des 19. Jahrhunderts weltweit bekannt wurde, bekam der Beruf des Bartenders immer mehr Beachtung und wurde durch geschicktes Entertainment auch lukrativ. Immer mehr Leute fingen an, »Cocktails« zu trinken, die ursprünglich als morgendliche Medizin vorgesehen waren.
In den letzten 15 Jahren des 19. Jahrhunderts wurde die Bar ein Treffpunkt für alle. Das Wort »Bar« leitet sich übrigens von »Barriere« ab, die den Bartender vom Gast trennen sollte. Ein Mindestalter für das Trinken gab es damals nicht, wer über die Barriere schauen konnte, durfte trinken. Frauen war es nicht erlaubt, die »Bar« zu betreten – sie wurden nur zum Zweck der »Unterhaltung« zugelassen.
Einer der bekanntesten Bartender zu seiner Zeit und Autor des ersten Cocktail-Buches war Jerry Thomas. Sein Klassiker How to Mix Drinks – The Bonvivant’s Companion erschien im Jahre 1862. Er verdeutlichte hier die verschiedenen Getränkekategorien und ebenso die Gruppe des Cocktails. Nun fingen immer mehr Bartender an, Cocktail-Bücher zu schreiben, die in der heutigen Zeit sehr schwer auffindbar sind, aber die Grundlage unseres Berufes darlegen. Dies war der Grundstein der Cocktail-Geschichte.
Der erste bekannte Cocktail war ein Gemisch aus Gerste, Weinsäure, Honig und Apfelsaft, das in einem ca. 5000 Jahre alten Tongefäß am Ufer des Tigris zwischen Iran und Irak gefunden wurde.
Mit der Destillierung mehrerer Spirituosen und Exporten von Alkoholika in alle Welt wurden die Klassiker erfunden und gemixt. Die Rezepturen von damals sind nicht wirklich genießbar, und die Mengenangaben mussten erst recherchiert werden, um den Cocktail an sich zu verstehen. Nun, ab Beginn des 20. Jahrhunderts, wurde der Cocktail immer populärer, und immer mehr Menschen tranken ihn.
Dies führte von 1919 bis 1933 zur Prohibition. Das 14 Jahre währende Alkoholverbot veränderte die Cocktail- und Barkultur grundlegend. Sogenannte Speakeasy Bars etablierten sich überall in den USA, genossen sie doch den Ruf, geheim zu sein und nicht jedem Eintritt zu gewähren. Die bekanntesten waren der 21 Club in Manhattan sowie der Green Mile Club in Chicago. Ebenso kamen die sogenannten Bootlegged Cocktails auf, die in Flachmännern unter der Kleidung getragen wurden. Geheime Destillerien verdienten sich eine goldene Nase damit, Alkohol herzustellen, wurden immer wieder von der Polizei »ausgehoben«, und der Alkohol wurde vernichtet. Eine Legende in der damaligen Szene war Al Capone, der durch den Schmuggel von Alkohol reich wurde. 1933 endete die Prohibition, und Franklin D. Roosevelt – der damalige Präsident der USA – war der Erste, der mit einem Cocktail darauf anstieß.
In dieser Zeit wurde in Europa natürlich weiterhin Alkohol konsumiert, und viele bekannte Bartender erfanden weitere Klassiker. Einer der renommiertesten Barmänner war Frank Meier aus dem Ritz Hotel in Paris mit seinem Buchklassiker The Artistry of Mixing Drinks.
Nun war auch die Geburtsstunde der Tiki-Cocktails gekommen. Gerade wie Zombi oder Mai Tai hielten den Siegeszug in die Bars, und alte Klassiker gerieten in Vergessenheit. Diese Zeit war bekannt als die Zeit der bunten Säfte und likörhaltigen Cocktails. Es wurden nicht mehr Cocktails und Drinks getrunken, die einen Mengeninhalt von 6 bis 8 cl hatten und aus Spirituosen bestanden. Stattdessen hielten verrückte Namen wie Ladykiller, Blue Lagoon usw. Einzug in die Cocktail- und Barkarten der damaligen Zeit.
Erst im 21. Jahrhundert fand die Renaissance der Cocktails statt, und Bartender aus New York und London gruben die »verlorenen« Rezepte wieder aus. Auch in Deutschland trug man einen großen Teil dazu bei, die Barkultur zu fördern und eine andere Richtung einzuschlagen.
Das Ergebnis ist bekannt, nicht nur Spirituosenunternehmen haben den Trend erkannt und vergessene Alkoholika wieder auf den Markt gebracht, auch Bartender haben die Rezepte aus den alten Büchern neu aufgesetzt und teilweise weiterentwickelt.
»Viele Cocktails und deren geschichtliche Hintergünde zu kennen ist unglaublich wichtig und für einen Bartender nur von Vorteil.«
Cihan Anadologlu
Immer mehr Küchengeräte sind mittlerweile Teil der Barkultur, und selbst die Medizintechnik bleibt nicht verschont. Infusionen, Essenzen, sogar destillierte Spirituosen sowie Bitters und hochwertige Liköre sind nur einige der Materialien, mit denen Bartender heutzutage arbeiten.
Sous-vide-Geräte, die vorwiegend in der Küche benutzt werden, gehören mittlerweile zur Grundausstattung jeder professionellen Cocktailbar. Auch frische Säfte, hochwertige Spirituosen und Liköre sind Teil der Grundausstattung. Diese und viele andere Stoffe mixen die Bartender bis zur Perfektion; und damit sind Eigenkreationen ebenso wie die klassischen Rezepte in aller Munde – und mit ihnen auch ihre Erfinder.
»Ein guter Bartender sollte sich in erster Linie immer darum bemühen, seine Gäste zufriedenzustellen, indem er auf ihre Wünsche eingeht. Wenn er bisher noch nicht ausreichend viel gelernt hat, sollte er höflichst und zuvorkommend fragen, wie die Gäste gern ihre Getränke serviert bekommen möchten. Auf diese Weise wird er beliebt werden und zu Erfolg kommen.«
Jerry Thomas
Die Wahl der passenden Gläser zu den Getränken ist essenziell. Man muss nun aber nicht gleich losziehen und Unmengen an Gläsern in allen möglichen Formen für die verschiedensten Cocktails kaufen und horten.
Das, was heutzutage in einer modernen Cocktailbar an Gläsern verwendet wird, hat jeder Glashandel oder Haushaltswarenladen im Sortiment – auch Marmeladengläser, Teetassen, sogar Untertassen und andere coole Utensilien. Womöglich findet sich ja direkt zu Hause etwas Passendes? Vielleicht auch bei den Großeltern? Dort gibt es sicherlich ein paar tolle Schätze zu entdecken, wenn man lange genug sucht und nachfragt.
Mein Lieblingsladen für Gläser ist das Sokichi in Tokio. Wer mal nach Tokio kommt, sollte unbedingt einen Abstecher in diesen etwas abgelegenen Shop oder in die Kappabashi Street machen, wo man Unmengen an Gläsern und anderen Haushaltswaren für den persönlichen wie professionellen Bedarf findet. Mit Verhandeln schaut es aber schlecht aus: Wir sind dort nicht auf dem Basar. Alle Preise sind Fixpreise – egal, wie viel man kaufen will.
Auch wenn die Auswahl an Gläsern unüberschaubar wirkt: Mit den nachfolgend dargestellten Ausführungen ist der Haushalt schon bestens eingedeckt, um eine professionelle Hausbar zu betreiben und einen Großteil aller Cocktails servieren zu können.
LONGDRINKGLÄSER sind geeignet, um Highballs, Cocktails und ähnliche Getränke zu servieren. Unterschiedlichste Arten von Drinks werden darin meist mit einem Filler oder mit Saft aufgefüllt. Hinzu kommen häufig auch Eiswürfel.
Highball- oder Collins-Glas
Sling-Glas
Pint-Glas
Marmeladenglas
Weinglas
Diese GLÄSER MIT STIEL werden niemals mit Eis befüllt und sollten stattdessen eiskalt aus der Tiefkühltruhe kommen. Sti(e)l hat, wenn man so will, in dem Zusammenhang auch die Bedeutung, dass die Damen und Herren wissen sollten, wie das Glas zu halten ist, um genüsslich daraus trinken zu können. Diese Kategorie Gläser ist mein absoluter Favorit, doch sie müssen behutsam behandelt werden, da die Bruchgefahr hier eindeutig höher als bei anderen Glasvarianten liegt.
Martini-Cocktail-Glas
Coupette
Champagnerglas
Sour-Glas
Diese „ALTMODISCHEN“ GLÄSER eignen sich vor allem für Cocktails mit wenigen oder gar keinen Säften sowie wenigen Inhaltsstoffen. Auch gemeinsam mit Eiswürfeln ergibt sich die genaue Menge an Zutaten, um einen Short-Cocktail aus diesen Gläsern genießen zu können. Selbstverständlich kann man darin auch Spirituosen pur verkosten.
Old-Fashioned-Glas
Rocks-Glas
Absinth-Glas
Tumbler
GLÄSER MIT HENKEL sind speziell für heiße Getränke zu empfehlen. Besonders in den kalten Monaten hilft der angebrachte Griff, um sich beim Halten nicht die Hände zu verbrennen. Populär sind momentan Kaffee- und Tee-Cocktails, aber auch andere Heißgetränke kann man in diesen Gläsern zu sich nehmen.
Toddy-Glas
Irish-Coffee-Glas
Etwas teurer in der Anschaffung, aber definitiv ihr Geld wert sind diese Gefäße. Früher aus den USA importiert, sind sie mittlerweile überall erhältlich und zudem eine Augenweide. Verschiedene Verzierungen machen die BECHER manchmal sogar zu kleinen Kunstwerken.
Mint-Julep-Becher
Moscow-Mule-Becher
Das TYPISCHE SHOT-GLAS, am besten aus der Tiefkühltruhe. Damit kann man leckere Shooter-Cocktails und auch andere Arten von Alkohol servieren.
Shot-Glas
Ein PUNSCHGEFÄSS eignet sich wunderbar, um größere Getränkemengen zuzubereiten – alkoholfreie oder alkoholische Cocktails, Punsche und Bowlen. Ein Eisblock, in der Mitte der Punch Bowl platziert, hält den Inhalt über lange Zeit kühl.
Punch Bowl