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Daniel Meurois

& Anne Givaudan

Eine Reise in die
geistige Welt
der Tiere

Grenzenlose Erfahrungen,
die dein Leben verändern

Aus dem Französischen von Monika Gödecke

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Alle Rechte vorbehalten.

Außer zum Zwecke kurzer Zitate für Buchrezensionen darf kein Teil dieses Buches ohne schriftliche Genehmigung durch den Verlag nachproduziert, als Daten gespeichert oder in irgendeiner Form oder durch irgendein anderes Medium verwendet bzw. in einer anderen Form der Bindung oder mit einem anderen Titelblatt als dem der Erstveröffentlichung in Umlauf gebracht werden. Auch Wiederverkäufern darf es nicht zu anderen Bedingungen als diesen weitergegeben werden.

Copyright der Originalausgabe © by Daniel Meurois; Titel der Originalausgabe: »Le Peuple Animal«, © Éditions le Passe-Monde zweites Quartal 2010

Veröffentlicht in Partnerschaft mit Maurice Baldensperger und Francis Hoffmann GbR »Publish Vision«; info@publishvision.de, www.publishvision.de

Copyright der deutschen Ausgabe © 2021 Verlag »Die Silberschnur« GmbH

ISBN: 978-3-89845-655-5

eISBN: 978-3-96933-994-7

1. Auflage 2021

Übersetzung: Monika Gödecke
Umschlaggestaltung & Satz: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung verschiedener Motive von © Harry Collins Photography; © Africa Studio; © Roxana Bashyrova; © Dvorakova Veronika; www.shutterstock.com

Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstraße 1 · D-56593 Güllesheim www.silberschnur.de · E-Mail: info@silberschnur.de

In Freude, Dankbarkeit und Liebe widmen wir
diese Seiten unseren Geschwistern im Volk der Tiere,
denn die Autorinnen und Autoren sind in erster Linie sie
.

Für Ellen und Franz, die der Welt der Tiere
immer wieder so vieles geschenkt haben und die uns
einmal mehr mit offenen Armen aufgenommen
haben, damit wir dieses Buch schreiben konnten
.

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Kapitel 1

Tomy

Kapitel 2

In den Mauern einer Scheune

Kapitel 3

Der Meister der Hasen

Kapitel 4

“Eine ebenso durchorganisierte Welt wie die eure …”

Kapitel 5

Von Herz zu Herz

Kapitel 6

Worte eines Esels

Kapitel 7

In der Schatzkammer des Wassers

Kapitel 8

Die Rattenkolonie

Einige Fragen und Antworten

Anhang

Über die Autoren

“Solange die Menschen die Tiere umbringen,
werden sie auch einander töten.
Wer Mord und Leid sät,
kann nicht Freude und Liebe ernten.”

PYTHAGORAS

Vorwort

Soweit wir wissen, behandeln bis heute nur sehr wenige Bücher das Thema der Tierseele. Die Menschheit stellt sich seit jeher die Frage nach dem Ursprung, dem Sinn und dem Ziel des Lebens, sie hat dabei jedoch, wie wir einschränken müssen, im Allgemeinen eher Nabelschau betrieben. Die Menschen interessierten sich nur für sich selbst und stellten sich damit an den Rand eines ganzen Schöpfungsbereichs.

Allerdings haben wir uns nicht zu diesem Buch entschlossen, weil wir aus einer freien und ganz persönlichen Entscheidung heraus diesem Zustand abhelfen wollten. Vielmehr drängte sich uns dieses Buch ebenso auf wie schon seine Vorgänger. Das Buch ist der minutiöse und ungeschönte Bericht eines Abenteuers, das wir über mehr als sechs Monate hinweg “Im Reich der Tiere” erlebt haben.

Wir hatten schon lange den Wunsch, einmal ein solches Zeugnis ablegen zu können, denn wir hatten uns im Herzen den Tieren schon immer sehr nahe gefühlt. Dennoch hatten wir nie auf eine solche Einladung zu hoffen gewagt, nie hatten wir geglaubt, uns so intensiv mit unseren “jüngeren Geschwistern” verständigen zu können.

Die Bezeichnung “Geschwister” ist ganz eindeutig nicht aus einem “spirituellen Konsens” heraus in unsere Feder geflossen, sondern fand sich ganz spontan. Beim Lesen dieser Seiten werden Sie uns darin zustimmen, dass uns die Art unserer Erfahrung den Geschwisterbegriff geradezu aufzwang.

Außerhalb unseres physischen Körpers traten wir also in engen Kontakt mit der Welt der Tiere, von der ständigen Sorge beseelt, nichts von dieser beunruhigenden und bewegenden Erfahrung durch Verrat preiszugeben. Auf keinen Fall Verrat begehen! Denn dies ist ein Appell aus einer Welt, die der Mensch faktisch ignoriert.

Natürlich können wir uns ohne Weiteres vorstellen, welche berechtigten Fragen sich den Leserinnen und Lesern stellen werden. Wir können gut nachvollziehen, dass diese die Herkunft, die Art und die Berechtigung der Begriffe hinterfragen werden, deren wir uns bedient haben, um die Informationen, die uns in der Begegnung mit den Devas1 oder Kollektivseelen erreichten, in unsere Sprache zu übertragen. Tatsächlich gibt es eine universelle Sprache, die jedem Bewusstsein zugänglich ist, und das Problem, das sich hier stellt, ist nicht die Frage der Verständigung, sondern die Frage der Begriffe und Vorstellungen. Ganz offensichtlich lässt sich ein Begriff nicht einfach durch ein Wort übersetzen, wenn er in der Welt, in die man ihn einführen möchte, nicht schon als solcher bekannt ist.

Unsere Schwierigkeit bestand darin, eine “andere” Sensibilität zu entwickeln. Wir möchten daher betonen, dass alle in diesem Buch wiedergegebenen Lehren Wort für Wort identisch sind mit dem, was zu hören wir befähigt wurden. Wir haben uns höchstens das eine oder andere Mal entschieden, Wiederholungen zu vermeiden und die Syntax zu überarbeiten, um die Lektüre und damit das Verständnis zu erleichtern.

Möglicherweise wird man uns entgegenhalten, die von uns empfangenen Informationen zeugten von einem Anthropomorphismus, der allein schon hinreiche, sie als unrichtig auszuweisen. Diesem Vorwurf können wir nur entgegenhalten: Die Leitwesen der Tierwelt zeigen unendlich größere Intelligenz — im vollen Wortsinne — und Klugheit, als wir vermuten würden, und indem sie sich uns vorstellten, spiegelten sie eine Weisheit und ein Wissen, die zu unserem Erstaunen den menschlichen Durchschnitt weit übertrafen. Natürlich sind diese Eigenschaften nicht in diesem Maße in einem physisch existenten Tier vertreten, aber es zeigte sich, dass sie latent in ihm, in seiner Gattung, vorhanden sind.

Wir können heute für uns selbst, nach Monaten des Eintauchens in die “Tierseele”, bekräftigen, dass die auf den folgenden Seiten berichtete Erfahrung uns in höchstes Staunen und größtes Entzücken versetzt hat.

Einmal mehr zeigte sie uns, falls das noch erforderlich war, die Schönheit und Unermesslichkeit des Lebens … und ebenso die Allgegenwärtigkeit des intelligenten Geistes.

Unter Intelligenz verstehen wir nicht nur eine Gesamtheit mentaler oder intellektueller Fähigkeiten, sondern auch eine tiefe Weisheit und einen grenzenlosen Reichtum des Herzens.

Diese unsere Erfahrung erfüllt uns mit unendlicher Dankbarkeit gegenüber den Wesen, die uns “die Arme öffnen” und die uns ebenso brauchen wie wir sie.

Was unser Privileg war, ist nun das unserer Leserinnen und Leser. Unsere Hoffnung gründet sich darauf, dass die Liebe, die wir selbst empfangen haben, von einigen unter ihnen aufgenommen und weitergegeben wird.

Von heute an müssen wir endlich die Größe und den Edelmut der Tierwelt mit lauter Stimme verkünden. Ihr Licht muss endlich zu uns dringen. Wir sind überzeugt, dass dies ein Weg ist, auf dem auch wir wachsen können. Die Schöpfung ist ein All, ein einziges Sein, und wir vermögen nicht aufzusteigen, wenn wir unsere jüngeren Geschwister vergessen.

In ihnen wohnt das Göttliche ebenso wie in uns!

Mit diesem Bericht, diesem Buch appellieren wir daran, dass sich die Herzen wirklich weit öffnen mögen … denn dieses Öffnen muss unverzüglich zu konkretem Handeln führen.

Daniel Meurois und Anne Givaudan

1) Deva: Leitwesen, “Gruppenseele”, zuständig für die Evolution eines Teilbereichs in der Welt der Minerale, der Pflanzen oder der Tiere. Man spricht beispielsweise von der “Deva des Gebirges”, der “Deva des Waldes”, der “Deva der Katzen”.

Einleitung

Irgendwo auf dieser Erde, eines Abends im Herbst … Es ist beinahe elf Uhr abends, und die Silberscheibe des Mondes spielt hinter den gezackten Blättern eines Flamboyant-Baumes Verstecken. Seit einer Weile machen wir auf einer Hügelkuppe Rast. Gefesselt von den Lichtern der Bucht, die zwischen den Villendächern und den dunklen Silhouetten der Hibiskus-Stauden glitzern, lauschen wir dem faszinierenden Gesang der Natur und der Nachttiere. Wie ein endloser Singsang scheint er vom Boden aufzusteigen. Mit seiner selbstgewissen Macht, ohne klare Konturen, seltsam aber schutzverheißend, hat er uns genötigt, uns zu setzen. Es sind die Stimmen von Tausenden und Abertausenden kleiner Lebewesen, deren Herzschlag wir in der feuchten Dunkelheit des Grases fast spüren können. Wo stecken sie eigentlich? Zwischen den Blätterbüscheln … oder unter der Rinde der Bäume?

Ein Gewimmel verborgenen Lebens an den Wurzeln des winzigsten Strauches verkündet seine Anwesenheit allen, die es hören wollen. Aber gibt es denn überhaupt viele, die zuhören wollen? Vielleicht ist die Sinfonie dieses Lebens dem menschlichen Ohr so fremd geworden, dass es sie schon lange nicht mehr vernimmt …

Was ist das überhaupt: ein Frosch? Eine Grille? Und was dieses Ich-weiß-nicht-was, das man kaum sieht, das an einem Grashalm sitzt und zirpt?

Und wenn es nun mehr wäre als nur ein schmückendes Beiwerk? Mehr als eine kleine stimmungsvolle Melodie vor dem Hintergrund eines schönen grünen Plüschdekors?

Solchen Gedanken hängen wir noch nach, da nimmt langsam eine andere Ordnung der Dinge in uns Gestalt an. Etwas wie eine Stille hinter dem Froschkonzert … vielleicht der Widerhall unseres eigenen inneren Schweigens, vielleicht aber auch mehr. Dies hier ist wie ein See in tiefer Nacht, wellenlos glatt. Einen Augenblick hält unser Bewusstsein inne und verweilt wie beim Betreten eines unerforschten Gestades. In diesem Augenblick streift es ein Hauch, eine tiefe, machtvolle Stimme erhebt sich langsam in unserem Innern. Es ist, als befinde sich ein winziger Lautsprecher mitten in unserem Schädel, und “jemand” habe ihn eingeschaltet. Ein Wesen artikuliert sich:

“Ach, da seid ihr ja endlich …”, sagt die Stimme mit freundlichem Vorwurf, “so lange hat es gedauert, bis ich mir einen Weg zu euch bahnen konnte! Macht euren Geist noch freier von allem, was ihn blockiert. Verlangt nichts weiter, habt vor allem keine Wünsche! Seid da, das ist alles … so kann ich zu euch sprechen.

Habt ihr nicht seit Jahren den Wunsch, eine tiefe Beziehung zu euren Tiergeschwistern herzustellen? Jetzt ist die Zeit dafür gekommen.

Wer ich bin, dass ich mich so mitteile und mich in die Stille eurer Seele dränge? Ein Tier? Nein … Also mehr als das? Auch nicht. Sicher wisst ihr, dass im Zentrum des Lebens Mehr oder Weniger nichts bedeuten … Der Mensch ist nicht mehr als das Tier und nicht weniger als der Engel. Könnt Ihr mir folgen? In dieser Geisteshaltung werden wir miteinander ans Werk gehen, wenn ihr wollt, wenn ihr einverstanden seid, die verschlungenen Wege in der Welt einiger eurer Geschwister zu beschreiten.

Wer also bin ich? In Wahrheit habe ich kein eigenes Selbst. Ich bin keine Deva der Tierwelt, wie ihr vielleicht gedacht habt, denn ich bin an keine bestimmte Gruppe aus dieser Welt gebunden.

Nehmt mich vielmehr als ein kollektives Bewusstsein, kollektiv, zugleich aber auch einzeln. Auf diese Weise wirke ich, zusammen mit anderen geistigen Wesenheiten, an der Evolution des Tierreiches auf diesem Planeten.

Wundert euch nicht, dass ich mich so einfach und unmittelbar mit euch unterhalte, wie es auch euresgleichen tun würden. Muss ich euch sagen, dass der Verstand keine Grenzen errichtet? Er verfügt nur über viele verschiedene Sprachen, die einer Vielzahl von Facetten entsprechen, bis zu dem Tag, an dem er in der Lage sein wird, sich unverhüllt zu zeigen. Sein Vokabular ist universell. Versteht mich also recht: Nicht ihr seid es, die ihr mich in eurer Sprache reden hört, sondern euer Ohr hat sich mit meinem Herzen gleichgestimmt. Euer Ohr vermag die Worte zu vernehmen und zu übersetzen, die hinter den Worten stehen. Auf diese Weise werden wir ein Zwiegespräch führen … und wir werden dazu in der Lage sein, solange eure Seele sich neben der meinen behaupten kann, und zwar in der Bereitschaft, zu dienen und zu akzeptieren, dass ihr nicht immer die Zügel in der Hand haben werdet, auch wenn die Situationen seltsam sein mögen.

Ach, meine Freunde, wie lange konnte die Tierwelt sich nicht an die Menschenwelt wenden! Tausende und Abertausende von Jahren nicht! Und wenn dies heute ganz allmählich wieder möglich wird, wenn einige Türen sich einen Spalt breit öffnen, dann deshalb, weil sich in den Menschen etwas wandelt, das wir uns nicht entgleiten lassen dürfen. Sie öffnen sich, weil auch das Tier deutlich erkennt, dass die Hoffnung und Verheißung, die es in sich trägt, seit jeher mit der Hoffnung und Verheißung verbunden war, die der Mensch repräsentiert.

Das Zeugnis, das abzulegen wir euch bitten, ist ein Lobpreis dieser geschwisterlichen Verbindung.

Glaubt nicht, ich wolle euch auf einen naiv anthropomorphischen Weg führen. Eine Pfote ist keine Hand, und eine Schnauze wird nie dasselbe sein wie eine Nase. Es ist … etwas anderes … eine andere Art und Weise, das Leben zu lernen, es zu erfahren und zu durchschreiten, es sich entfalten und wachsen zu lassen und ihm Ehre zu erweisen. Über all dies werden wir sprechen, über dieses ‘Andere’, das dazu führt, dass Tiere und Menschen heutzutage nur allzu oft in zwei verschiedenen Welten leben, obwohl sie doch denselben Planeten bewohnen.

Habt ihr jemals die Reise in den Blick eines Tieres unternommen? Antwortet nicht vorschnell …

Ich habe euch nicht gefragt: ‘Habt ihr schon einmal den Blick eures Hundes erforscht?’, denn ihr würdet sofort antworten: ‘Ja, und er hat den Kopf weggedreht und betreten und unterwürfig die Schnauze gesenkt.’ Nein, ich möchte gerade über das ‘ganz Andere’ mit euch sprechen. Habt ihr tatsächlich schon einmal gewagt, bis ins Herz eines Tieres vorzudringen, indem ihr in den Ozean seines Blickes eingetaucht seid? Ihr könnt sicher sein, dass es dann nicht die Augen niederschlagen wird, denn ihr betretet seine Welt, und es wird sich in die eure eingeladen fühlen.

Ich möchte, dass ihr mir eine Zeit lang auf diesem Weg des Verstehens folgt. Ist es denn nicht höchste Zeit, dass Tier und Mensch lernen oder wieder lernen, einander zu begegnen, anstatt sich gegenseitig zu ignorieren, nur flüchtig zusammenzutreffen oder gar einander zu besitzen? Wenn ich heute in Verbindung mit euch treten kann, so eben deshalb, weil all dies nicht bloß ein frommer Wunsch ist.

In der Geschichte der Evolution von Völkern und Arten gibt es Augenblicke, in denen alles plötzlich eine andere Wendung nehmen kann, weil man auf einen bestimmten Grund gelangt ist und wieder an die Oberfläche seiner selbst aufsteigen muss, weil das Bewusstsein schließlich erstickt und von einem ungeheuren Drang besessen ist, einen anderen Kontinent seines Selbst zu entdecken. Die gegenwärtige Stunde ist ein solcher Augenblick, was wir auch daraus machen mögen.

Einen Uhrzeiger können wir bremsen oder gar anhalten, nicht aber die Zeit selbst.

Ich sage euch also, die Menschheit könnte nicht den Zugang zu einer neuen Dimension beanspruchen oder darauf hoffen, ein echtes und dauerhaftes Glück zu erlangen, wenn sie ganz allein in ihrem kleinen Universum voranschreiten wollte.

Das Volk der Tiere beobachtet die Menschheit und wartet auf ein Zeichen wahrer Liebe, das ein gemeinsames Wachstum in Gang setzen könnte. So ist alles, was ihr in meiner Begleitung erleben werdet, beabsichtigt, damit das Blatt der Geschichte sich schneller wenden möge. Beabsichtigt von wem? Ganz einfach: vom Leben selbst! Denn auf diesem Planeten von Liebe lediglich zu reden, reicht nicht mehr aus, sondern wir müssen der Menschheit helfen, sich voll zu entfalten, indem wir lernen, die Erde mit allen zu teilen. Begreift ihr, was das bedeutet: mit allen? Die Ameise auf der Tischkante ist ebenso damit gemeint wie der Hai in seinen Meerestiefen.

Ihr denkt, das sei alles nur Kinderei? Gefühlsduselei? Meine Worte werden euch in einem ganz anderen Licht erscheinen, sobald ihr mir erst einmal ein Stück weit an Gestade gefolgt seid, die ihr jetzt noch kaum erahnt.

Hört mir gut zu, meine Freunde. Hier wird nicht dem Menschen der Prozess gemacht, der ungestraft hochmütig und egoistisch auf dieser Erde lebt, angesichts des armen Tiers, des ewig ausgebeuteten Opfers. Ich will euch über das Gut und Böse, über das Urteilen selbst hinausführen.

Ich will euch mit zu uns nehmen, sodass ihr die Welt mit unseren Augen seht und jenseits der Sterne, die der Schöpfer dort angesiedelt hat, eine andere Facette der Welt entdeckt.

Außerhalb eures physischen Körpers werdet ihr bald täglich die Wechselfälle im Leben eines kleinen Hundes beobachten. Ohne es zu wissen, erwartet er euch schon irgendwo auf einer Straße in der Provence. Auf diese Weise werdet ihr lernen, wie ihr durch seine Wahrnehmungen hindurch die Welt der Tiere und schließlich auch der Menschen lesen könnt, ohne einzugreifen, damit einfach nur besser bekannt wird, was in manchen Herzen vorgeht.

Vielleicht werdet ihr Worte brauchen, die es in der Sprache der Menschen nicht gibt … Vielleicht.

Es ist so etwas wie eine Herausforderung! Aber ist die Aufgabe, Liebe und Vertrauen zu lernen, das nicht auch? Also lasst es einfach geschehen, lasst euch bis dahin führen, wohin sonst nur Pfoten gesetzt werden. Das ist alles.

Denkt an die Geschöpfe, die mit einem einzigen Satz ins Auto springen, sobald ihr sogenanntes ‘Herrchen’ die Tür aufgeschlossen hat. Wohin werden sie fahren? Sie wissen es nicht, aber sie fahren mit. Das ist nicht Dummheit, sondern Hingabe und Vertrauen — Tugenden, die der Menschheit als solcher noch völlig abgehen.

Ich werde zwar während dieser Reise in die Welt der Tiere nicht ständig als ‘Meister’ an eurer Seite sein, aber ich fordere von euch als den Schreibenden dieselbe innere Bereitschaft zum Loslassen und zur Anpassung wie von all denen, die euren Bericht lesen werden.

Müssen wir nicht erst etwas geben, bevor wir etwas bekommen können? Wenn wir unser Vertrauen schenken, dann ist das so, als würde ein von sich selbst übervoller Krug ein wenig geleert, damit er die Liebe des anderen aufnehmen kann. Also, seid ihr bereit für die Überfahrt?”

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Kapitel 1

Tomy

Seit der “Geist der Tiere” (aber sollen wir ihn überhaupt so nennen?) uns offenbart hat, was wir inzwischen unseren “Tourenplan” nennen, sind zwei oder drei ruhige Tage vergangen. Zwei oder drei Tage voller Fragen und Überlegungen, aber auch voller Begeisterung für die verwirrende Aufgabe, der wir etwas hilflos gegenüberstehen. Einen Moment lang hatten wir im herbstlichen Nachtkonzert der Frösche und Insekten noch eine weitere Kontaktaufnahme, ein paar zusätzliche Informationen erwartet. Aber nichts ereignete sich, das die an uns gerichtete Aufforderung aufgegriffen oder ergänzt hätte. Es muss also jetzt schon geschehen, dieses innere Lockerlassen … Wir müssen diese Erfahrung noch einmal machen.

Sie durchdrang uns mit ihrer ganzen Bedeutung, als heute mit den ersten Sonnenstrahlen eine Kraft unsere Seelen tief in ihrem vom Schlaf noch steifen Körper aufsuchte. Um nichts in der Welt könnten wir uns ihr widersetzen. Ein machtvoller Ruf treibt uns mit einem süßen Gefühl der Frische über unsere physische Realität hinaus … Diese Wahrnehmung ist uns vertraut, erfüllt uns aber jedes Mal von neuem mit Freude …

Und schon ist unser fleischlicher Körper nur noch ein Andenken, das wir irgendwo zurückgelassen haben …

Bald gleiten, von einem klaren Weiß durchdrungen, Asphaltbänder, Felder und Städte in atemberaubendem Tempo unter uns dahin, waldbewachsene Hügel, eine Gruppe kahler Gipfel, rötlichbraune Weinberge. All dies verdichtet sich in wenigen Sekunden, wie ein in wahnwitziger Geschwindigkeit ablaufender Film. Dann hält unser rasender Lauf plötzlich inne, lautlos und ohne den geringsten Hauch, beinahe jenseits der Zeit.

Ganz ohne Zweifel befinden wir uns in der Provence und es ist früher Morgen. Kühle Feuchtigkeit steigt aus dem kleinen Tal unterhalb unseres Standortes auf. Hie und da leuchten bläuliche Rosmarinsträucher, und der aufkommende Wind spielt in ein paar Dornenbüschen.

Inmitten dieser schlichten Umgebung, hinter einem Wäldchen von Strandkiefern, wird in diesem Augenblick ein dumpfes Geräusch vernehmbar, ein ungleichmäßiges Brummen, das bis zu uns dringt. Es kommt aus der Richtung einer Straße, auf der ein paar Autos mit hoher Geschwindigkeit vorbeifahren. Aber nein, wir sollen nicht hier bleiben. Wie ein Magnet zieht uns etwas ein Stückchen weiter. Wir sollen zwar tatsächlich zu diesem grauen, gewundenen Asphaltband gehen, aber dorthin, hinter diese spärlich belaubte Baumgruppe.

An dieser Stelle leuchtet schwach ein silbriger Halo, den wir mit den Augen der Seele ohne Schwierigkeiten wahrnehmen können. Neben der Straße, auf einem kleinen Rastplatz, den ein dünner Saum von Kiefern von der Straße abschirmt, erblicken wir einen metallisch-blauen Fleck, ein Auto, dessen Türen offen stehen. Der Fahrer, ein Mann in den Dreißigern, steht ein paar Schritte entfernt und reckt sich gähnend. “Gebt doch mal Ruhe!”, sagt er barsch, zum Heck des Wagens gewandt.

In einem Sekundenbruchteil wird unser Bewusstsein in den Innenraum des Autos gezogen, und wir sehen eine junge Frau, die ein Baby im Arm hält und es zu beruhigen versucht, dann, auf den Rücksitzen, zwei kleine Mädchen mit schalkhaft blitzenden Augen, die sich herumbalgen. Sie sind so mit Albern und Lärmen beschäftigt, dass sie nicht auf die Ermahnung ihres Vaters reagieren, der jetzt die Augen verdreht und sich seiner Frau auf dem Beifahrersitz zuwendet. “Ich habe es dir ja gleich gesagt … das ist das letzte Mal, dass ich um diese Zeit losfahre. Lieber fahre ich nachts mit diesen dreien! Der Hund ist der Einzige, der hier noch normal ist!”

Der Hund? Unsere Blicke suchen das Fahrzeug ab … da ist tatsächlich ein Hund, er scheint noch jung zu sein. In ein Eckchen unter der hinteren Sitzbank gedrückt, versucht er, den heftig strampelnden Beinen eines der Mädchen auszuweichen.

“Ist er es?”, fragen wir uns sofort. “Ist er es, in dessen Leben wir eintreten sollen?”

Unsere Frage bleibt unbeantwortet, zu heftig überflutet uns der Krawall der beiden Mädchen, die sich um einen roten Luftballon streiten.

“Er ist jung”, bemerken wir zueinander, “wie könnte er uns lehren …”

Plötzlich ein Knall im Wagen. Mit offenem Mund hält eines der Mädchen die kläglichen Überreste des geplatzten Luftballons in der Hand. Der kleine Hund gerät in Panik. Zu Tode erschrocken springt er über die Mädchen hinweg aus dem Auto. Außer den Kindern, die ein Heulkonzert anstimmen, hat niemand etwas bemerkt. Es ging ja alles so schnell!

“Tomy, Tomy!”, schreit jetzt eines der Mädchen und macht Anstalten, zwischen zwei Schluchzern aus dem Auto zu klettern. “Was ist los, was hat Tomy?”, seufzt die junge Frau entnervt, die das Baby gerade auf den Fahrersitz gelegt hat.

Der Mann hat jedoch verstanden, denn schon hat er zwischen zwei Autos die Straße überquert.

“Nein, da lang, da lang!”, ruft ihm erst die eine, dann die andere Tochter zu. Leider widersprechen sich die beiden Mädchen in ihrer Aufregung: Ist Tomy in die Heidesträucher gelaufen oder in das Fichtenwäldchen gleich daneben?

“Steigt sofort wieder ins Auto und rührt euch nicht vom Fleck”, befiehlt die junge Frau und kaut an ihren Fingernägeln, während sie ihren Mann beobachtet, der jetzt die Straße wieder überquert. “Regt euch nicht auf, wir werden ihn wiederfinden …”

“Ihn wiederfinden … ihn wiederfinden … da möchte ich dich erst mal sehen!” Aufgeregt läuft der Mann auf das Wäldchen zu und ruft nach seinem Hund.

Unfähig einzugreifen, schweben unsere Seelen jetzt über dem Fahrzeug und können die Szene nur beobachten.

“Könnten wir doch nur …” Wie oft haben wir diesen Satz ausgesprochen! Wie schwer fällt doch manchmal die Einsicht, dass wir nicht gegen den Strom schwimmen können! Vielleicht ist es ja wirklich nötig, dass Tomy weggeht?

“Ja, er muss weggehen …”

Da ist die Stimme, auf die wir seit drei Tagen so sehnsüchtig gewartet haben. Wieder ist sie mit heiterer Gewissheit in uns hineingeschlüpft.

“Folgt mir, steigt einfach etwas höher auf – in jedem Sinn des Wortes.”

Ihr folgen? Wie könnten wir das? Im Augenblick ist sie nur klar und deutlich anwesend und spricht in unserem Innern. “Also, steigt auf … erhebt euch über dieses Wäldchen. Lasst euch nicht von den Problemen dieser Familie ablenken, die so ist wie viele andere. Dies hier ist nur eine kleine Episode in ihrem Leben, nichts von großer Bedeutung, ein banales Ereignis … sie werden es rasch vergessen haben. Nein, ihr sollt Tomy folgen. Ihr müsst schon jetzt lernen, ihn aufzuspüren … fangt an, die Gegend mit eurem Herzen abzusuchen!”

Mit leerem, beinahe transparentem Bewusstsein, bereit, ein anderes Gesicht des Universums zu entdecken, folgen wir jetzt friedvoll den Ratschlägen, die uns die Stimme so bereitwillig erteilt. Und noch bevor wir Tomy erblicken, scheint es uns, als hörten wir ihn hecheln, denn für das Ohr der Seele existiert keine Mauer und keine Entfernung. Schon taucht der kleine Hund vor uns auf. Ein Fellknäuel, das reglos im dornigen Gesträuch liegt, zieht unsere Blicke auf sich.

In einem Heidefleckchen, gegenüber der Stelle, an der der Mann jetzt nach ihm sucht, hat sich Tomy, starr vor Schreck und noch immer zitternd, verkrochen. Er hört auf nichts … Erreicht ihn die Stimme seines Herrchens überhaupt? Er ist so schnell gerannt! Für ihn gibt es in diesem Augenblick nichts als den Wind, der in den Büschen raschelt. Furchtsam hebt er schließlich die Schnauze, vielleicht um irgendjemandes Anwesenheit zu erschnuppern.

Während sich aber unser Bewusstsein noch in einem Zustand der bedingungslosen Verfügbarkeit, ja, der Leere befindet, scheint es uns schon, als versuchten farbige kleine Fünkchen, die Ahnung eines Bildes, mit Macht in es einzudringen, und ganz plötzlich bricht in uns buchstäblich ein Satz, eine Frage hervor.

“Warum haben sie das mit mir gemacht? Warum?”

Sollte das etwa der Welpe von sich gegeben haben? Indem wir uns diese Frage stellen, geben wir uns beinahe im selben Augenblick auch die – negative – Antwort.

“Nein – wie könnte er?”

Nicht als ob wir die Denkfähigkeit eines Tieres in Zweifel ziehen wollten, aber eine so klar formulierte Frage! Außerdem hat es die Stimme bei unserer ersten Begegnung ganz deutlich gemacht … Keine anthropomorphischen Vergleiche! Dennoch wiederholt sich das Phänomen. Inmitten eines farbigen Blitzes, in dem tausend Dinge zugleich in Bewegung zu sein scheinen, formuliert sich in uns eine weitere Frage, prägt sich eine neue Sorge ein:

“Warum? Wollen sie mich nicht mehr?”

Unterdessen sehen wir Tomys kleine Gestalt, einige Meter unter unseren feinstofflichen Körpern unter das Dornengestrüpp geduckt. Hin und wieder durchzuckt ihn noch ein unkontrolliertes Zittern. Schließlich versucht er, mit trocken gewordener Kehle zu schlucken. Wie alt mag das Kerlchen sein? Sicher nicht älter als acht oder zehn Monate. Mit seinem glatten, sandgelb glänzenden Fell, das ein einigen Stellen noch ganz flauschig ist, seinem kräftigen Knochenbau und seinen fleischigen Ohren könnte er ein Labrador sein, aber eher ein Mischling, kein reinrassiges Tier.

“Und warum sollte er sich solche Fragen nicht stellen?” Wieder hat unser Leitwesen aus der Tierwelt seine Stimme in unserem Inneren erhoben.

“Ein für alle Mal: Die Menschen sind nicht als einzige im Besitz der Sprache! Ihr müsst nur einsehen, dass es verschiedene Arten der Sprache gibt. Die eure besteht aus Worten, die einer bestimmten Logik gehorchen. Aber trotzdem gibt sie immer nur eine einzige Art der Wahrnehmung wieder und dementsprechend auch nur eine einzige Art, die Wirklichkeit des Seins zu umschreiben. Wenn ihr mich also begleiten wollt, müsst ihr euch von euren geistigen Gewohnheiten frei machen und sehr viel weiter gehen …”

“Aber was wir gehört haben, waren doch tatsächlich Worte!”

“Hört zu … ihr habt Worte und eine Frage vernommen. Aber ohne dass ihr euch darüber klar wart, hat euer Bewusstsein oder besser das, was an Überbewusstem in euch ist, den Dolmetscher gespielt. Dieses Überbewusste hat Bilder aufgefangen, die von Tomy ausgesendet wurden, Bilder, die so lebendig und so scharf umrissen sind wie ein Blitz und in denen Fragen, Angst und Nichtbegreifen mitschwingen. Diese Bilder hat das Überbewusste sogleich in Worte übersetzt, die ebenso farbig und wahrhaftig sind wie die Gedanken, die sie hervorgebracht haben. Auf dieser Grundlage wird die gesamte Kommunikation zwischen euch und der Welt der Tiere stattfinden. Daran ist nichts Außergewöhnliches. Es ist einfach das universelle Prinzip jeder Verständigung, die nicht von einer gemeinsamen Sprache getragen ist. Ihr könntet diese Erfahrung, ähnlich und in anderem Maße, nicht nur in allen anderen Schöpfungsbereichen, sondern auch mit anderen, sich in den verschiedenen Bewusstseinsebenen entwickelnden Menschenwesen machen. Dazu müsst ihr nur euer Herz öffnen und darin für die Liebe und die Bereitschaft zu teilen möglichst großen Raum schaffen. Ich habe gesagt ‘für die Liebe’, aber auch für eine bestimmte Art der Stille oder, wenn ihr diese Bezeichnung vorzieht, der geistigen Ruhe.”

Ein leises dumpfes Klappen wie von zuschlagenden Autotüren durchbricht plötzlich die Stille unseres Lauschens. Ein unwillkürlicher Reflex lässt unsere feinstofflichen Körper blitzschnell über die Sträucher und die Heide aufsteigen. Hinter den Kiefern erkennen wir sogleich einen kleinen blauen Fleck, der von einem gräulichen Schein umgeben ist, ein Auto, das langsam losfährt. Keines Gedankens fähig, sehen wir, wie es sich jetzt auf dem grauen Asphaltband in die Reihe der anderen Wagen einfädelt und hinter dem Kiefernwäldchen verschwindet.

“Da also doch …”, hören wir uns in unserem Innersten murmeln.

Alles geschieht, als ob Tomys plötzliches Alleinsein uns wie ein Schlag in die Magengrube träfe, als ob auch wir uns für etwas verantwortlich fühlten … vielleicht als müssten wir uns ein bisschen seiner Zukunft annehmen.

“Werden wir ihn führen können? Haben wir denn überhaupt die Möglichkeit und das Recht dazu?”

Mit diesen Gedanken als Leitfaden gesellen wir uns wieder zu dem kleinen Hund in seiner unwirtlichen Kuhle im Gestrüpp. Mit immer noch verstörtem Blick, aber doch schon ruhigerem Atem sieht er aus, als hätte er noch immer nicht ganz begriffen, was passiert ist.

Die Ratschläge, die wir erhalten haben, befolgend und nun auch getrieben von unserem aufkeimenden Mitgefühl, versuchen wir, uns von der ureigenen Stimmung des Tieres durchdringen zu lassen, nicht aus seinem Bewusstsein oder den geheimsten Winkeln seiner Aura zu schöpfen, sondern darin aufzugehen und uns gleichsam einladen zu lassen.

Wenige Augenblicke später, während Tomy lebhafter atmet und blinzelt, als wolle er auf diese Weise Sicherheit gewinnen, erschüttert plötzlich aus weiter Ferne und wie aus einem anderen Raum, aber dennoch ganz gegenwärtig, ein dumpfer Knall unser Inneres. Wir denken an den roten Luftballon des ausgelassenen kleinen Mädchens. Es scheint uns, als sei das Geräusch des Platzens immer noch gegenwärtig, irgendwo im Äther dieser Heidelandschaft. Wir haben den Eindruck, der bald schon zur Gewissheit wird, dass es sich wie ein Donnerschlag als Bild der Bedrohung in Tomys Denken eingeprägt hat.

“Genau so ist es”, meldet sich die Stimme unseres Leitwesens wieder zu Wort. “Das Bewusstsein der Tiere existiert zwar im Wesentlichen in der Gegenwart, aber manchmal unterliegt es auch dem Einfluss eines Erlebnisses, das sein Fassungsvermögen übersteigt. Dann hält es inne und konzentriert sich für eine Weile auf dieses Erlebnis, das es in seinem Herzen immer wieder neu und real aufleben lässt.

In eurer Sprache würdet ihr vermutlich das Bild einer hängen gebliebenen Schallplatte heranziehen, die denselben Ton ständig wiederholt.

Den fernen Knall, den ihr gerade gehört habt, hat Tomy ebenso wahrgenommen. Das ätherische Element, das uns alle umgibt, ist ihm leicht zugänglich. Unter Umständen wie diesen öffnen sich dem jungen Tier aufgrund seiner emotionalen Zerbrechlichkeit ganz weit die Türen zu dieser Welt, die alles aufzeichnet wie eine fotografische Platte. Es wird ein paar Tage dauern, bis sich der Knall des Luftballons aus seiner akustischen Erinnerung zu lösen beginnt.

Seht ihr, diese Fähigkeit, ein Ereignis von neuem zu durchleben, zeichnet die dem Menschen nahestehende Sphäre im Reich der Tiere aus. Das Tier erwirbt sie, indem es sich die emotionale Welt – im umfassendsten Sinn des Wortes – erschließt.

In dieser Wiederholung eines erschütternden Erlebnisses aus der Vergangenheit in die Gegenwart liegt für das Tier ein Handicap und zugleich eine Chance. Versteht das recht … Ein Handicap deswegen, weil es Ängste nährt, aber auch eine Chance, denn das Erlernen der Welt des Emotionalen ist ein wichtiger Schritt in der aufkeimenden Entwicklung des individuellen Bewusstseins.

So wird Tomy sich in diesem Augenblick, in dem er mechanisch in seinem Innern das wiederholt, was seine Angst ausgelöst hat, tiefer seiner selbst als eines eigenständigen Wesens bewusst. Ohne dass er es weiß, lernt er, sich inmitten der Welt stärker als ein Individuum zu fühlen. Ich würde sagen, er lernt, sich selbst als ein von den anderen getrenntes, vollständiges Wesen zu begreifen. Das ist im Prozess der Bewusstwerdung immer eine schmerzliche, aber auch unbedingt notwendige Phase.

Auch die meisten Menschen haben diese Phase nicht vollständig durchlaufen. Werden sie denn nicht allzu leicht zum Spielball kollektiver Strömungen, die sie hindern, als eigenverantwortliche Individuen zu handeln? Und kennt ihr nicht auch auf eure Art dieses Gefühl widerhallender, sich einprägender Erlebnisse, unter dessen Eindruck Tomy jetzt noch immer wie gelähmt ist? Sagt mir doch, wie viele Männer und Frauen nicht immer noch auf geradezu besessene Weise gefangen sind in den Ereignissen oder Mustern der Vergangenheit? Mentale und emotionale Zysten sind Spuren, die sich in jeder Seele finden, die den Weg zu ihrer eigenen Identität noch nicht vollständig zurückgelegt hat.

Aber kommen wir wieder auf Tomys Seele zurück, meine Freunde … Ja, ich benutze jetzt zum ersten Mal diesen Ausdruck, wenn ich von ihm spreche …