

Staffel I
In die Wildnis (Bd. 1)
Feuer und Eis (Bd. 2)
Geheimnis des Waldes (Bd. 3)
Vor dem Sturm (Bd. 4)
Gefährliche Spuren (Bd. 5)
Stunde der Finsternis (Bd. 6)
Staffel II – Die neue Prophezeiung
Mitternacht (Bd. 1)
Mondschein (Bd. 2)
Morgenröte (Bd. 3)
Sternenglanz (Bd. 4)
Dämmerung (Bd. 5)
Sonnenuntergang (Bd. 6)
Staffel III – Die Macht der drei
Der geheime Blick (Bd. 1)
Fluss der Finsternis (Bd. 2)
Verbannt (Bd. 3)
Zeit der Dunkelheit (Bd. 4)
Lange Schatten (Bd. 5)
Sonnenaufgang (Bd. 6)
Staffel IV – Zeichen der Sterne
Der vierte Schüler (Bd. 1)
Fernes Echo (Bd. 2)
Stimmen der Nacht (Bd. 3)
Spur des Mondes (Bd. 4)
Der verschollene Krieger (Bd. 5)
Die letzte Hoffnung (Bd. 6)
Staffel V – Der Ursprung der Clans
Der Sonnenpfad (Bd. 1)
Donnerschlag (Bd. 2)
Der erste Kampf (Bd. 3)
Der Leuchtende Stern (Bd. 4)
Der geteilte Wald (Bd. 5)
Der Sternenpfad (Bd. 6)
Staffel VI – Vision von Schatten
Die Mission des Schülers (Bd. 1)
Donner und Schatten (Bd. 2)
Zerrissene Wolken (Bd. 3)
Dunkelste Nacht (Bd. 4)
Fluss aus Feuer (Bd. 5)
Wütender Sturm (Bd. 6)
Staffel VII – Das gebrochene Gesetz
Verlorene Sterne (Bd. 1)
Eisiges Schweigen (Bd. 2)
Schleier aus Schatten (Bd. 3)
Finsternis im Inneren (Bd. 4)
Special Adventure
Feuersterns Mission
Das Schicksal des WolkenClans
Blausterns Prophezeiung
Streifensterns Bestimmung
Gelbzahns Geheimnis
Riesensterns Rache
Brombeersterns Aufstieg
Mottenflugs Vision
Habichtschwinges Reise
Tigerherz’ Schatten
Krähenfeders Prüfung
Eichhornschweifs Hoffnung
Short Adventure
Wolkensterns Reise
Distelblatts Geschichte
Nebelsterns Omen
Taubenflugs Schicksal
Ahornschattens Vergeltung
Tigerkralles Zorn
Blattsees Wunsch
Die unerzählten Geschichten
Tüpfelblatts Herz
Wege zum SchattenClan
Rabenpfotes Abschied
Die Welt der Clans
Das Gesetz der Krieger
Die letzten Geheimnisse
Von Helden und Verrätern
Legendäre Kämpfe
DEINE Welt der Clans
Alle Abenteuer auch als E-Books bei Beltz & Gelberg
www.warriorcats.de
Hinter dem Namen Erin Hunter verbirgt sich ein ganzes Team von Autorinnen. Gemeinsam konzipieren und schreiben sie die erfolgreichen Tierfantasy-Reihen WARRIOR CATS, SEEKERS, SURVIVOR DOGS und BRAVELANDS.

Besonderen Dank an Clarissa Hutton
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Anführer |
ABENDSTERN – leuchtend orangefarbener Kater mit gelben Augen |
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Zweiter Anführer |
BERNSTEINFLECK – hellgrau gestreifter Kater mit bernsteinfarbenen Augen |
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Heiler |
FEDERBART – heller, silbergrauer Kater mit leuchtenden, hellen, bernsteinfarbenen Augen, Mentor von TÜPFELPFOTE |
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Krieger |
(Kater und Kätzinnen ohne Junge) |
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STURMSCHWEIF – großer, blaugrauer Kater mit blauen Augen, Mentor von BUNTPFOTE |
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VIPERZAHN – braun gefleckter und gestreifter Kater mit gelben Augen |
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SPATZENPELZ – großer, dunkelbraun getigerter Kater mit gelben Augen, Mentor von ROTPFOTE |
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KLEINOHR – grauer Kater mit sehr kleinen Ohren und bernsteinfarbenen Augen |
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MOHNRÖTE – dunkelrot gestreifte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen, Mentorin von GLANZPFOTE |
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DROSSELPELZ – Kater mit sandig-grauem Fell mit einem weißen Brustfleck und hellgrünen Augen |
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FLICKENPELZ – kleiner, schwarz-weißer Kater mit bernsteinfarbenen Augen |
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TUPFENSCHWEIF – schildpattfarbene Kätzin mit weißen Flecken und bernsteinfarbenen Augen |
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FLECKENSCHWEIF – hellgolden gestreifte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen |
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BLAUPELZ – blau-graue Kätzin mit dichtem Fell und eisblauen Augen, Mentorin von FROSTPFOTE |
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FRISCHBRISE – weiße, gefleckte Kätzin mit gelben Augen |
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STACHELKRALLE – grau-weißer Kater mit bernsteinfarbenen Augen |
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LÖWENHERZ – golden gestreifter Kater mit dichtem Fell und grünen Augen |
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GOLDBLÜTE – Kätzin mit orangefarben getigertem Fell und gelben Augen |
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TIGERKRALLE – riesiger, dunkelbraun getigerter Kater mit gelben Augen |
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WEISSPELZ – große, weiße Katze mit gelben Augen |
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ROSENSCHWEIF – grau getigerte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen |
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Königin |
(Kätzinnen, die Junge erwarten oder aufziehen) |
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WEISSAUGE – Kätzin mit hellgrauem Fell und gelben Augen, Mutter von RENNJUNGES und MAUSEJUNGES |
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Älteste |
(ehemalige Krieger und Königinnen, jetzt im Ruhestand) |
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LERCHENLIED – schildpattfarbene Kätzin mit hellgrünen Augen |
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Anführer |
JUBELSTERN – grauer Kater mit dichtem Fell, Mentor von SCHWARZPFOTE |
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Zweiter Anführer |
SCHIEFMAUL – hellbraun gestreifter Kater mit grünen Augen, Mentor von WIESENPFOTE |
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Heilerin |
BROMBEERBLÜTE – hübsche, weiße Kätzin mit schwarzen Tupfen und blauen Augen |
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Krieger |
EULENPELZ – braun-weißer Kater mit grünen Augen OTTERSPRUNG – rotbraune Kätzin mit weißen Flecken WEICHFLÜGEL – kleine, weiße Kätzin, Mentorin von HIMMELPFOTE EICHENHERZ – rotbrauner Kater, Mentor von RUMPELPFOTE STEINFELL – blau-grauer Kater |
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Anführer |
ZEDERNSTERN – dunkelgrauer Kater mit weißem Bauch |
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Krieger |
REHSPRUNG – grau gestreifte Kätzin mit weißen Beinen |
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HOLUNDERBLÜTE – dunkelgrau-weiße Kätzin |
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Anführerin |
Heidestern – hellgraue Kätzin mit blauen Augen |
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Zweiter Anführer |
Riesenschweif – schwarz-weißer Kater mit bernsteinfarbenen Augen |
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Heiler |
Rindengesicht – dunkelbrauner Kater mit gelben Augen |
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Krieger |
HIRSCHSPRUNG – dunkelbrauner Kater mit bernsteinfarbenen Augen, Mentor von AMPFERPFOTE NUSSNASE – brauner Kater REHSPRUNG – hellbraune Kätzin, Mentorin von TAUBENPFOTE ESPENFALL – schlanker, grau-weißer Kater PFLAUMENKRALLE – kleine, dunkelgraue Kätzin |
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Königinnen |
Roggenpirsch – grau getigerte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen, Mutter von Moorjunges und Fetzenjunges |
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Älteste |
WEISSBEERE – kleiner, schneeweißer Kater LILIENBART – hellbraune Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen und einem zertrümmerten Hinterbein FLATTERFUSS – schwarzer Kater mit gelben Augen |


Vorsichtig drückte Rotpfote das frische Moos in die Ecke eines Nests im Kriegerbau des DonnerClans, dann seufzte er. »Das ist so langweilig! Ich will lieber jagen gehen.«
Seine Schwester Glanzpfote schleppte mehr Moos in den Bau, kräuselte die Nase über den Geruch, als sie es neben ihm fallen ließ. »Wenigstens müssen wir nicht die Zecken bei den Ältesten entfernen wie Frostpfote oder Buntpfote.«
Rotpfote klopfte das Moos fest. »Aber sie werden schon bald ihre Kriegerzeremonie haben und dann sind wir die einzigen Schüler im DonnerClan und werden über Sonnenaufgänge hinweg die schlimmsten Aufgaben im Lager übernehmen müssen«, beschwerte er sich. »Weißpelz und Tigerkralle sind bereits Krieger geworden. Außerdem hilft uns nicht einmal mehr Tüpfelpfote.«
Glanzpfote spähte aus dem Eingang des Kriegerbaus zu ihrer Wurfgefährtin Tüpfelpfote, die Kräuter zum Trocknen auslegte. »Schüler von Heilerkatzen arbeiten auch ganz schön hart«, maunzte sie und ihre blauen Augen schimmerten amüsiert. »Nicht nur du, Rotpfote.«
Rotpfotes Schnurrhaare zuckten. »Ich weiß, dass das dumm von mir ist«, gab er zu. »Ich wäre einfach nur gerne mit Spatzenpelz, Tigerkralle und den anderen zur Jagd gegangen.«
Und er wäre auch mit ihnen jagen gegangen, wäre es eine normale Jagdpatrouille gewesen. Spatzenpelz war sein Mentor; manchmal war der getigerte Kater etwas mürrisch, aber er hätte Rotpfote nicht von einer Jagd ausgeschlossen. Dieses Mal hatte sich die Jagdpatrouille jedoch zu den Sonnenfelsen aufgemacht und der Anführer des DonnerClans, Abendstern, hatte die Felsen als zu gefährlich für Schüler erachtet.
»Wir streiten nun schon seit Ewigkeiten mit dem FlussClan um die Sonnenfelsen«, hatte Spatzenpelz Rotpfote mit zuckendem Schweif erklärt. »Manche Katzen behaupten, die Felsen wären einst im Fluss gewesen, weshalb der FlussClan der Meinung ist, sie würden zu ihm gehören. Davon weiß ich nichts – die Felsen waren auf dem Territorium des DonnerClans, solange sich jede Katze, egal welchen Clans, erinnern kann. Aber der FlussClan will nicht zugeben, dass sie zu uns gehören. Wir haben den FlussClan gewarnt, kurz bevor du Schüler wurdest, aber Abendstern befürchtet, sie könnten auf Zeit spielen und einen Hinterhalt vorbereiten.«
Und deshalb, dachte Rotpfote mit einem weiteren Seufzen, muss ich nun die Nester im Lager auffrischen, statt Beute zu fangen.
Natürlich war das eine sinnvolle Aufgabe. Das wusste Rotpfote auch, und er wollte alles tun, was er tun konnte, um seinem Clan zu helfen. Aber Schüleraufgaben im Lager machten nun einmal nicht so viel Spaß wie Jagen.
Rotpfote mochte nichts lieber als die Jagd: durch das Gebiet des DonnerClans streifen, eine Beutespur erschnuppern, mit gespitzten Ohren, um auch noch das leiseste Geräusch wahrzunehmen. Er liebte dieses Gefühl, wie seine Muskeln sich anspannten, nachdem er seine Beute erspäht hatte, wie sein Herz pochte, während er ihr vorsichtig auflauerte. Und es gab einfach nichts Berauschenderes als diesen letzten Satz.
Rotpfote fuhr die Krallen aus und stellte sich vor, wie sich eine Maus zwischen seinen Pfoten wand. Wann immer er sah, wie sein Clan Beute verspeiste, die er gefangen hatte, meinte er, vor Stolz platzen zu müssen. Erst neulich hatte Spatzenpelz gesagt, Rotpfotes Jagdfertigkeiten würden immer besser, und bei diesem Gedanken wurde Rotpfote von einem angenehmen Gefühl der Freude erfüllt.
»Ich werde der beste Jäger im DonnerClan werden«, verkündete er.
Glanzpfote zuckte mit ihrem silbergrauen Schweif. »Noch besser als Tigerkralle?«, maunzte sie spöttisch. »Keine Katze ist besser als Tigerkralle. Das denkt zumindest er selbst.«
Ein Schatten fiel über den Eingang des Baus und Mohnröte, Glanzpfotes Mentorin, streckte ihr breites Gesicht zum Eingang herein.
»Es klingt ganz so, als würde hier mehr geplaudert werden als gearbeitet«, maunzte sie forsch. »Glanzpfote, bring etwas mehr Moos in diese Ecke. Ich will nicht direkt auf den Felsen schlafen.«
»Ja, Mohnröte«, maunzte Glanzpfote und verneigte respektvoll den Kopf.
»Und du, Rotpfote, warum holst du nicht noch ein paar Federn?«, fuhr Mohnröte fort. »Dann werden die Nester richtig schön weich.«
»Wir haben keine brauchbaren Federn auf dem Frischbeutehaufen«, antwortete Rotpfote etwas weniger respektvoll. Mohnröte war nicht seine Mentorin.
»Jetzt schon«, erwiderte Mohnröte. »Spatzenpelz’ Patrouille kommt gerade zurück, und es sieht ganz so aus, als hätten sie ein paar prächtige Stare gefangen.«
»Sie sind zurück?« Rotpfote hastete an Mohnröte vorbei aus dem Kriegerbau, dicht gefolgt von Glanzpfote.
»Vergesst nicht, eure Aufgabe hier zu erledigen«, rief Mohnröte ihnen streng hinterher.
Außerhalb der angenehmen Wärme des Kriegerbaus erzitterte Rotpfote, als die Kälte des Blattfalls in sein Fell vordrang. Doch noch immer schien die Sonne strahlend vom Himmel herunter: Es blieb noch etwas Zeit vor der bitteren Kälte der Blattleere. Auf einem warmen, sonnigen Fleck in der Mitte des Lagers hielten die beiden älteren Schülerinnen, Frostpfote und Buntpfote, bei der Fellpflege der Ältesten neben ihnen inne.
»Sieht aus, als wäre es eine gute Jagd gewesen«, maunzte Frostpfote fröhlich. Neben ihr drückte Lerchenlied verärgert den Rücken durch.
»Wird hier getratscht oder entfernst du meine Zecken?«, fragte sie mürrisch. Frostpfote rollte die Augen und konzentrierte sich wieder auf den Rücken der alten Kätzin. Rotpfote unterdrückte ein amüsiertes Schnurren und sah zu den zurückkehrenden Jägern.
Spatzenpelz stand bereits neben dem Frischbeutehaufen; die Stare, die Mohnröte erwähnt hatte, lagen zu seinen Pfoten. Trotz des guten Fangs war Spatzenpelz’ Gesicht vor Ärger ganz verkniffen. Rotpfote zögerte, warf einen Blick zum Eingang des Lagers, wo die restliche Jagdpatrouille hereinkam.
Fleckenschweif schritt über die Lichtung zum Frischbeutehaufen, ein Eichhörnchen hing zwischen ihren Zähnen und in ihren bernsteinfarbenen Augen lag ein wilder Ausdruck. Rotpfote reckte den Hals, um an ihr vorbeizusehen. Tigerkralle schob seine breiten Schultern durch das Ginsterdickicht. Auch er sah wütend aus, aber Rotpfote war viel zu abgelenkt von der Beute, die er im Maul hatte. Ein dicker Hase und zwei saftige Wühlmäuse! So viel Beute, dass Rotpfote sich wunderte, wie der große Krieger das alles überhaupt tragen konnte.
»Wow«, keuchte Rotpfote seiner Wurfgefährtin zu. »Du hast recht. Tigerkralle ist der beste Jäger im Lager.«
Glanzpfotes Schweif zuckte. »Trotzdem ist er immer noch ein arrogantes Fellknäuel«, maunzte sie leise. »Wir wissen das.«
»Ja … schon möglich«, pflichtete Rotpfote ihr bei, während sein Blick Tigerkralle verfolgte, der die Lichtung hinter Fleckenschweif durchquerte. »Aber seit er ein Krieger ist, hat er sich ziemlich verändert.«
Als Tigerkralle einer der ältesten Schüler war, hatte er jede Gelegenheit genutzt, um klarzustellen, dass er der beste Kämpfer und der beste Jäger unter den Schülern war und dass Rotpfote, Glanzpfote und Tüpfelpfote, als jüngste Schüler, erst sehr, sehr weit unter ihm kamen. Das hatte Rotpfote nicht vergessen.
Doch seitdem Tigerkralle seinen Kriegernamen bekommen hatte, schikanierte er die Schüler nicht mehr. Stattdessen schien er sich voll und ganz darauf zu konzentrieren, zum besten Krieger des Clans zu werden. Vielleicht wird er eines Tages sogar Anführer sein, dachte Rotpfote und sah bewundernd die breiten Schultern und die großen Tatzen des getigerten Katers an.
Alle drei Katzen, die auf Patrouille gewesen waren, ließen ihre Beute auf den Frischbeutehaufen fallen und versammelten sich mit vor Wut verdüsterten Gesichtern auf der Lichtung. »Ich frage mich, was passiert ist«, miaute Glanzpfote leise.
Neugierig trat Rotpfote näher zu Spatzenpelz. »Und, wie war die Jagd?«, fragte er seinen Mentor, kam sich dabei aber etwas unbeholfen vor. »Hast du dich an die Stare herangeschlichen oder bist du auf sie gesprungen …«
»Nicht jetzt, Rotpfote«, unterbrach Spatzenpelz ihn und wandte sich von ihm ab. »Wir müssen Abendstern berichten.« Er hastete weiter zum Bau des Anführers, Fleckenschweif und Tigerkralle folgten ihm dichtauf.
»Wir machen besser mit unserer Aufgabe weiter«, maunzte Glanzpfote und warf nervös einen Blick über die Lichtung zu Mohnröte. »Ich will keinen Ärger bekommen.«
Rotpfote zögerte und beobachtete, wie Tigerkralle im Bau von Abendstern unten am Hochstein verschwand. Kurz darauf schob sich Abendsterns Gesicht mit dem langen orangen Fell zwischen den Flechten hervor, die über den Eingang hingen. »Bernsteinfleck!«, rief er und der Zweite Anführer hastete zu den anderen in den Bau des Anführers.
Etwas Schlimmes muss passiert sein, dachte Rotpfote und sein Fell stellte sich auf dem Rücken auf. Er sah sich um. Vielleicht hatten sie ja etwas Erschreckendes im Wald gesehen, wie Dachse oder Füchse. Vielleicht waren auch Zweibeiner mit ihren Hunden in der Nähe. Rotpfote schauderte.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung hatten Blaupelz und Stachelkralle die Köpfe gehoben und blickten nachdenklich zum Bau des Anführers. Jede Katze ging davon aus, dass Abendstern einen der beiden zum nächsten Zweiten Anführer ernennen würde, wenn Bernsteinfleck sich in den Ältestenbau zurückzog, somit achteten beide sehr darauf, was zwischen dem DonnerClan und den anderen Clans passierte, als würden sie sich bereits darauf vorbereiten.
Ein paar andere Gesichter hatten sich ebenfalls interessiert dem Hochstein zugewandt, somit interessierte sich keine Katze für Rotpfote. Glanzpfote hatte sich pflichtbewusst wieder zum Kriegerbau aufgemacht, während Frostpfote und Buntpfote damit beschäftigt waren, die Ältesten zu putzen. Mohnröte teilte sich eine Wühlmaus mit Rosenschweif und sie unterhielten sich mit zusammengesteckten Köpfen. Es wird ihr nicht auffallen, wenn ich nicht sofort zurückgehe, um die Nester auszuwechseln, entschied er.
Er versuchte, so zu tun, als würde er nicht lauschen, und bummelte mit gespitzten Ohren in Richtung von Abendsterns Bau.
»Das ist schon das dritte Mal, Abendstern!«, jaulte Spatzenpelz.
»Ihr habt den FlussClan dabei überrascht, wie er die Sonnenfelsen markierte?«, fragte Abendstern, dessen Stimme ein tiefes Knurren war.
»Es waren Eulenpelz, Weichflügel und Ottersprung«, bestätigte Fleckenschweif. »Wir haben versucht, sie zu verjagen, wollten unsere Beute aber nicht dort liegen lassen.«
»Wir hätten ihnen eine Lektion erteilen sollen, die sie nicht vergessen«, zischte Tigerkralle wütend. »Es hätte sich gelohnt, dafür etwas Beute zu verlieren.«
»Wir dachten, Jubelstern hätte zugehört, als wir ihn wegen der Sonnenfelsen warnten«, maunzte Bernsteinfleck. Sein Maunzen klang müde und Rotpfote verlagerte unbehaglich sein Gewicht. Der Zweite Anführer sah jeden Tag kränklicher aus, die Rippen zeichneten sich durch sein dünnes, struppiges Fell ab. »Vielleicht sollten wir erneut mit ihm reden. Seine Krieger könnten ohne seine Erlaubnis gehandelt haben.«
»Das Maß ist voll!«, knurrte Tigerkralle. »Wir dürfen nicht länger nur darüber reden, wir müssen dem FlussClan zeigen, dass er damit nicht durchkommt.«
»Was schlägst du vor, Tigerkralle?«, fragte Abendstern ruhig. Rotpfote hatte fast vor Augen, wie der Blick seines Anführers sich senkte, während er umsichtig alles erwog, was die Katzen vorbrachten.
»Wir müssen kämpfen«, raunte Tigerkralle. Im Bau war ein Kratzen zu hören, und Rotpfote stellte sich vor, wie Tigerkralle seine langen, spitzen Krallen voller Wut ausfuhr und wieder einzog. »Wir sollten das Lager des FlussClans angreifen. Ihnen zeigen, was passiert, wenn sie sich mit dem DonnerClan anlegen.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob Kämpfen die beste Wahl ist«, widersprach Bernsteinfleck. »Der FlussClan hat momentan mehr Krieger als wir. Wollen wir da wirklich einen Streit auf ihrem Gebiet anfangen, obwohl wir wissen, dass sie uns zahlenmäßig überlegen sind?«
»Dann bringen wir eben die Schüler mit«, antwortete Tigerkralle gelassen. »Sie sollten ohnehin Erfahrung sammeln, was es heißt, an einem richtigen Kampf teilzunehmen.«
Überrascht stellten sich Rotpfotes Schnurrharre auf. Die Schüler? Tigerkralle denkt, wir sollten gegen den FlussClan kämpfen?
Seine Gedanken überschlugen sich und einen Moment lang verfolgte er die Unterhaltung im Bau des Anführers nicht mehr. Als er die wütende Stimme seines Mentors hörte, kehrte seine Aufmerksamkeit wieder dorthin zurück.
»Wir dürfen die Schüler nicht in einen Kampf verwickeln!«, verkündete Spatzenpelz lauthals. »Sie haben noch gar keine richtige Kampferfahrung!«
»Sie sind nicht bereit«, stimmte Fleckenschweif ihm zu.
»Und das werden sie auch nie, wenn sie niemals kämpfen dürfen«, maunzte Tigerkralle. »Sie müssen richtig trainiert werden und nur in einem Kampf gegen einen anderen Clan können sie das tun.«
Es folgte ein langes Schweigen, und Rotpfote stellte sich vor, wie die Krieger Abendstern erwartungsvoll ansahen und seine Entscheidung abwarteten. Er könnte Frostpfote und Buntpfote mitnehmen, aber niemals würde Abendstern es Glanzpfote und mir erlauben, mitzukämpfen, dachte Rotpfote. Er denkt, dass wir zu jung sind, um zu kämpfen. Er schluckte heftig. Aber will ich überhaupt kämpfen?
Wenn er davon träumte, ein richtiger Krieger zu werden, hatte sich Rotpfote niemals einen Kampf vorgestellt. Er wollte jagen und für seinen Clan patrouillieren. Er wusste, dass er irgendwann kämpfen müsste. Aber doch noch nicht jetzt.
»Wir werden zum FlussClan gehen«, maunzte Abendstern schließlich. »Und wir werden alle vier Kriegerschüler mitnehmen.« Vor Schreck erstarrte Rotpfote.
»Aber Abendstern …«, wollte Spatzenpelz widersprechen.
»Wir werden keinen Kampf anfangen«, unterbrach Abendstern streng. »Wir werden mit der ganzen Kriegerstärke auf ihrem Gebiet auflaufen. Wir werden ihnen unsere Macht zeigen und Jubelstern daran erinnern, dass er sich besser von den Sonnenfelsen fernhält. Mehr nicht.«
»Das haben wir doch früher schon getan«, warf Tigerkralle ein. »Und das hat den FlussClan immer nur für kurze Zeit von dort ferngehalten.«
»Dieses Mal muss Jubelstern uns ein Versprechen geben«, betonte Abendstern. »Bestimmt wird er einsehen, dass wir nicht ewig um die Sonnenfelsen streiten können. Wenn er uns verspricht, dafür zu sorgen, dass seine Katzen dieses Versprechen auch halten, dann können wir darauf vertrauen.«
»Ich finde nicht, dass wir Rotpfote und Glanzpfote mitnehmen sollten«, maunzte Spatzenpelz abermals. »Sie sind noch nicht ausgewachsen und könnten dabei verletzt werden.«
»Frostpfote und Buntpfote sind schon fast Krieger«, stimmte Fleckenschweif ihm zu. »Aber Rotpfote und Glanzpfote hatten noch nicht viel Kampftraining. Sie haben die Kinderstube quasi gerade erst verlassen.«
An Rotpfotes Schulter stellte sich das Fell auf. Er hatte vielleicht noch nicht gelernt, wie man kämpfte, aber er war doch kein Junges mehr!
»Tigerkralle hat recht, was das Training der Schüler betrifft«, maunzte Abendstern. »Aber Spatzenpelz und Fleckenschweif haben ebenfalls recht. Wenn uns die Schüler auf das Gebiet des FlussClans begleiten, brauchen wir einen Plan, wie wir sie schützen können.«
»Wir könnten unsere Kräfte aufteilen«, schlug Bernsteinfleck vor. »Die meisten unserer Krieger können sich dem FlussClan über den Fluss nähern, doch eine weitere Gruppe könnte über die Brücke vom Baumgeviert kommen. Sollte es zum Kampf kommen, können sie von hinten angreifen, wenn die FlussClan-Katzen bereits abgelenkt sind.«
»Und wir könnten die Schüler im hinteren Bereich dieser Gruppe einteilen«, maunzte Abendstern nachdenklich. »Zusammen mit dir, Tigerkralle.«
»Ich bin der beste Krieger, den der DonnerClan hat!«, jaulte Tigerkralle wütend auf.
»Und ich hoffe, dass wir den FlussClan einschüchtern werden, ohne einen Kampf anzetteln zu müssen«, antwortete Abendstern ruhig. »Du warst derjenige, der vorgeschlagen hat, die Schüler mit dorthin zu nehmen, deshalb denke ich, dass du derjenige sein solltest, der sicherstellt, dass sie alle wieder heil zurück ins Lager kommen.«
»Ich bin aber nicht ihr Mentor«, knurrte Tigerkralle schmollend.
»Aber der beste Kämpfer des Clans ist doch derjenige, der unsere Schüler beschützen sollte«, maunzte Abendstern.
Es folgte eine weitere lange Pause, dann murmelte Tigerkralle: »Ja, Abendstern.« Rotpfote stellte sich vor, wie er den Kopf hängen ließ und seine gelben Augen vor stummer Wut blitzten.
»Wir sollten dem Clan unseren Plan unterbreiten«, maunzte Abendstern forsch, und Rotpfote sprang vom Hochstein weg, ehe Abendstern aus seinem Bau kam und ihn beim Lauschen erwischte.
Ich werde in einen Kampf ziehen!, dachte er und sein Herz klopfte vor Aufregung.
Dann rann ihm ein eisiger Schauer über den Rücken, und er spürte, wie er den Schwanz hängen ließ. Rotpfote musste heftig schlucken.
Ich werde in einen Kampf ziehen.
»Siehst du das?«, fragte Weißauge und drehte ihren Kopf so, dass Rotpfote direkt in ihr trübes, blindes Auge sah, das sich so sehr von dem scharfen, gelben Auge daneben unterschied. Eine alte, wulstige Narbe zierte ihr Lid. »Ein Dachs ist mir mit seinen Klauen übers Gesicht gefahren, als ich eine Schülerin war. Eine falsche Bewegung in einem Kampf kann dich für immer zeichnen. Sei heute sehr vorsichtig, Rotpfote.«
Rotpfote wurde ganz schlecht. »Glaubst du wirklich, dass wir kämpfen werden?«, fragte er und sein Maunzen klang selbst in seinen Ohren kläglich.
Die hellgraue Kätzin zuckte nachdenklich die Schnurrhaare. »Ich wüsste nicht, wie wir das vermeiden sollen«, antwortete sie. »Abendstern hat Jubelstern gesagt, die FlussClan-Katzen sollten sich besser vom Sonnenfelsen fernhalten. Jetzt, wo sie wieder dorthin zurückkommen, muss der DonnerClan wohl kämpfen, würde ich meinen.« Sie seufzte. »Ich wünschte, ich könnte helfen. Ich hasse es, so nutzlos zu sein.«
»Na ja, Junge zu bekommen ist auch wirklich … ähm … wichtig«, maunzte Rotpfote ungeschickt und warf einen Blick auf die gewölbten Flanken der Kätzin.
»Danke, Rotpfote.« Weißauge senkte den Kopf, sie klang schon deutlich fröhlicher. »Aber begib dich bitte nicht Schweif über Kopf in einen Kampf, hast du verstanden? Lass das die Krieger lösen.«
»Versuchst du, meinem Schüler Angst einzujagen?« Ein amüsiertes Maunzen ertönte hinter ihnen und Rotpfote zuckte zusammen, dann leckte er sich verlegen über das Brustfell. Ich habe keine Angst.
Weißauge hob ihre Schnauze zu Spatzenpelz und schnurrte. »Ich will nur, dass ihr beide vorsichtig seid«, sagte sie. »Meine Jungen werden ihren Vater brauchen.«
Spatzenpelz rieb seine Wange an ihrer, schloss die Augen und Rotpfote wandte den Blick ab.
»Ich bin dann … einfach mal da drüben …«, sagte er verschämt. Rotpfote machte kehrt und hastete weg, blieb erst wieder stehen, als er fast beim Frischbeutehaufen war.
Er atmete tief durch. Jetzt, wo er nicht mehr bei Spatzenpelz und Weißauge war, fühlte er sich nicht mehr verlegen, und sein Fell schauderte nervös, als er an das dachte, was Weißauge gesagt hatte. Eine falsche Bewegung in einem Kampf kann dich für immer zeichnen.
Sturmschweif gab Buntpfote gerade noch ein paar allerletzte Tipps. »Denk daran«, sagte der Kater, »wenn sie sich von hinten auf dich stürzen, dann greifst du den Bauch deines Gegners mit den Hinterfüßen an, wie ich es dir gezeigt habe. Hab keine Angst davor, die Krallen einzusetzen.«
Rotpfote musste heftig schlucken, die Panik um ihn herum nahm zu. Ich habe diese Verteidigungsstrategie noch nicht einmal gelernt!
Abendstern schlenderte in die Mitte der Lichtung und bat um Aufmerksamkeit. »Es ist an der Zeit, dass wir uns dem FlussClan stellen«, verkündete er. »Blaupelz wird die Schüler und ihre Mentoren anführen, zusammen mit Tigerkralle, um sich dem FlussClan-Lager über die Zweibeinerbrücke zu nähern. Löwenherz und Goldblüte bleiben hier, um unser Lager zu verteidigen.« Der große, golden gestreifte Kater und seine kleinere, orangefarben getigerte Schwester wechselten enttäuschte Blicke, senkten jedoch zustimmend die Köpfe.
»Alle anderen Krieger, nehmt die Kräuter, die unsere Heilerkatzen für euch bereitgelegt haben; dann zieht ihr los. Denkt daran, es geht dieses Mal nur darum, sie zu warnen. Keine Katze wird angreifen, ehe ich den Befehl dazu erteile, es sei denn, eine FlussClan-Katze greift als Erste an.«
Federbart und Tüpfelpfote gingen zwischen den Kriegern hindurch und verteilten die Kräuter. Tüpfelpfote kam zu Rotpfote und ließ ein kleines Päckchen zu seinen Pfoten fallen. »Damit du stark bist«, erklärte sie, und Rotpfote senkte den Kopf, um sie aufzulecken, verzog angesichts des bitteren Geschmacks jedoch das Gesicht.
Sobald alle Krieger und Schüler die Kräuter gegessen hatten, trat Abendstern zum Eingang. »Folgt mir!«, rief er.
Die Krieger strömten hinter ihrem Anführer aus dem Lager. Sie hielten ihre Schwänze erhoben und ihr Blick war leuchtend und begierig. Rotpfote sah ihnen nach, ihm war ganz schlecht vor Aufregung. Was stimmt mit mir nicht? Ich will doch ein Krieger sein. Das wollte ich schon immer. Warum habe ich jetzt Angst zu kämpfen?
»Was ist dir heute über den Schweif gelaufen?« Tigerkralle war neben ihm stehen geblieben und sah Rotpfote neugierig an.
»Weißauge hat mir erzählt, wie sie ihr Auge verloren hat«, erklärte Rotpfote zögerlich. »Sie sagte, eine falsche Bewegung in einem Kampf könne einen für immer zeichnen, und sie riet mir, mich im Hintergrund zu halten und den Kriegern das Kämpfen zu überlassen.«
Wegwerfend zuckte Tigerkralles Schwanz. »Weißauge ist einfach nur eifersüchtig, weil sie sich dazu entschlossen hat, Junge zu bekommen, statt für ihren Clan zu kämpfen«, maunzte er abschätzig. »Lass dich von ihr nicht entmutigen. Sie kann gerade nicht kämpfen, aber deine besten Kriegerzeiten kommen erst noch.«
Tun sie das? Rotpfotes Pelz kribbelte. Die Vorstellung, ein starker Krieger zu werden, gefiel ihm besser, als die Vorstellung, beschützt werden zu müssen.
Tigerkralle war so selbstbewusst. Wenn er dachte, dass Rotpfote dabei sei, ein starker Krieger zu werden, dann hatte er vermutlich recht. Ein wohliges Gefühl breitete sich in Rotpfotes Brust aus.
»Die besten Krieger versuchen nicht, einen Kampf zu vermeiden«, fuhr Tigerkralle fort. Mit ausgefahrenen spitzen Krallen zog er eine Pfote über den Boden und hinterließ tiefe Rillen im Dreck. »Wenn der FlussClan mit uns handeln will, dann werde ich angreifen. Wir dürfen nicht zögern, wenn wir wollen, dass sie uns respektieren.«
Rotpfote wusste, dass das, was Tigerkralle sagte, unverantwortlich war: Sie sollten auf den Befehl von Abendstern warten. Dennoch wurde er von einem warmen Gefühl der Bewunderung durchflutet. Er ist so mutig.
Rotpfote beobachtete, wie sein Vater Vipernzahn im Ginstertunnel verschwand, der letzte der Krieger, die Abendstern folgten.
»Schüler und Mentoren! Tigerkralle! Mir nach!«, rief Blaupelz. Ihre Schülerin, Frostpfote, stand mit großen Augen neben ihr.
Spatzenpelz rieb seine Nase ein letztes Mal an Weißauges, dann wandte er sich ab. »Komm mit, Rotpfote«, maunzte er, als er sich zu Blaupelz gesellte.
Wieder traf Rotpfotes Blick den seiner Schwester Tüpfelpfote. Sie stand zusammen mit Federbart neben dem Bau der Heilerkatze und ihr Schwanz zuckte aufgeregt hin und her. »Viel Glück, Rotpfote!«, rief sie. »Viel Glück, Glanzpfote!« Rotpfote winkte ihr zum Abschied mit dem Schwanz zu, dann folgte er Spatzenpelz aus dem Lager.
Blaupelz übernahm die Führung, Spatzenpelz und Mohnröte folgten nebeneinander hinter ihr. Dann kam Sturmschweif, neben dem seine Schülerin Buntpfote lief, deren Schwester Frostpfote sich aufgeregt mit beiden unterhielt. Rotpfote hörte, wie sie fragte: »Glaubt ihr, dass wir eine der FlussClan-Katzen tatsächlich beim Schwimmen sehen werden?«
Glanzpfote schloss zu Rotpfote auf, als sie durch den Wald liefen, und Tigerkralle bildete das Schlusslicht der Patrouille. Trockenes Laub knirschte unter ihren Pfotenschritten und die Sonnenstrahlen fielen durch die Äste der Bäume, bildeten helle Tupfen auf dem Waldboden. Mit einem Mal erzitterte Rotpfote und das war nur zum Teil der Kälte des Blattfalls zuzuschreiben.
Glanzpfote warf ihm einen eindringlichen Blick zu. »Hast du Angst?«, flüsterte sie.
»Ein kleines bisschen«, gab Rotpfote zu und sprach so leise, dass Tigerkralle ihn nicht hören konnte.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte Glanzpfote. »Denk daran, das soll nur eine Warnung für den FlussClan sein. Und wenn etwas passiert, dann sind wir nicht allein. Wir haben den ganzen Clan dabei und Spatzenpelz und Mohnröte, die auf uns aufpassen …« Sie trat etwas näher, sodass ihr Fell seines berührte, und flüsterte noch leiser: »Und Tigerkralle denkt, er wäre der beste Krieger im ganzen Wald. Er wird nicht zulassen, dass uns etwas zustößt. Das wäre nicht gut für seinen Ruf.«
Während sich die anderen Krieger direkt zum FlussClan-Lager aufmachten, führte Blaupelz ihre Patrouille am Eulenbaum vorbei bis fast zum Baumgeviert, ehe sie abbog und dem Fluss bis zur Zweibeinerbrücke folgte.
»Das ist reine Zeitverschwendung«, murmelte Tigerkralle. »Wir sollten das Lager angreifen und nicht am Rand des FlussClan-Reviers entlanglaufen.«
»Abendstern möchte, dass wir von dieser Richtung kommen«, maunzte Blaupelz scharf. »Und wir haben nicht vor zu kämpfen, wenn es nicht unbedingt nötig ist.« Die blaugraue Kätzin wirkte besorgt, ihr Blick suchte die weiten Ebenen des FlussClan-Gebietes ab, als erwartete oder hoffte sie, dort etwas zu sehen. Tigerkralle kniff seine gelben Augen unheilvoll zusammen, sagte aber nichts.
Als Rotpfote Frostpfote über die Brücke folgte, kräuselte er die Nase angesichts des beißenden, unnatürlichen Zweibeinergeruchs. Ein ganz eigenartiger Geruch.
Sie hatten erst wenige Schritte auf der Brücke gemacht, als ein Schrei in der Ferne zu hören war. Sturmschweifs Kopf schoss nach oben. »Das ist Kleinohr«, maunzte er. »Sie kämpfen.«
Ein weiterer Schmerzensschrei ließ alle Katzen zusammenzucken. »Tupfenschweif«, meinte Blaupelz angespannt. »Es klingt, als steckte sie in Schwierigkeiten.«
»Kommt schon!«, rief Tigerkralle. Er rannte los, ließ die Schüler rasch hinter sich. Rotpfote verkrampfte sich, rannte ihm nach, die Oberfläche der Zweibeinerbrücke fühlte sich hart unter seinen Pfoten an.
Tigerkralle war jetzt Seite an Seite mit Blaupelz am Kopf der Patrouille, als urplötzlich ein rauer Schrei von oben ertönte. Ein riesiger, brauner Umriss schob sich vor die Sonne und stürzte auf sie herunter. Panisch sprang Rotpfote nach hinten, aber Blaupelz und Tigerkralle standen schon mit ausgefahrenen Krallen auf den Hinterbeinen und schlugen nach dem braunen Ding über ihnen, das, wie Rotpfote jetzt feststellte, gefiedert war – ein Vogel!
»Schützt die Schüler!«, brüllte Sturmschweif, woraufhin auch die anderen Krieger mit spitzen Krallen nach dem Vogel schlugen.
Wieder stieß der Vogel einen gellenden Schrei aus und stieg auf, außerhalb ihrer Reichweite. Seine gelben Augen blickten gierig auf sie herunter und er hatte seine gelb-braunen Schwingen ausgebreitet. Ein Habicht!, wurde Rotpfote klar. Spatzenpelz hatte ihm erzählt, wie gefährlich diese Vögel sein konnten. »Wenn es ihnen gelingt, dann schnappen sie sich ein Junges und fliegen damit fort«, hatte sein Mentor gesagt. »Oder auch eine einzelne ausgewachsene Katze, aber mit einer ganzen Patrouille können sie es nicht aufnehmen.« Sie würden kleinere Katzen angreifen, fiel Rotpfote wieder ein, solche, die sie in ihren Klauen davontragen konnten. Er schluckte, zuckte zusammen. Er und Glanzpfote waren hier die kleinsten Katzen.
»Kommt zusammen«, befahl Mohnröte ihnen. Spatzenpelz und Sturmschweif hasteten zurück zu den Schülern, sodass sie eine kleinere, dicht gedrängte Gruppe bildeten.
Rotpfote konnte den Blick nicht von dem Habicht lösen, der über ihnen kreiste. Seine langen, scharfen Krallen und der schrecklich gebogene Schnabel sahen unglaublich gefährlich aus. Ihm wurde bewusst, wie exponiert sie auf der Brücke waren, wo sie nichts von diesem grausamen Vogel trennte, wo es keine Bäume oder Büsche gab, unter denen sie Schutz suchen könnten.
»Lauft!«, rief Blaupelz. Sie zeigte mit dem Schweif auf ein kleines Birkenwäldchen auf der anderen Seite der Brücke. »Verbergt euch unter den Bäumen!«
Warmes Fell streifte Rotpfote, als die restliche Patrouille losrannte. Rotpfote wollte mit ihnen losrennen, hatte aber das Gefühl, als würden seine Pfoten auf der Zweibeinerbrücke festkleben. Keuchend kauerte er sich flach hin. Ich muss rennen.
Er konnte nicht rennen.
Er sah genau dann nach oben, als der Habicht mit seinen großen, weit ausgebreiteten Flügeln herabstieß. Rasch setzte Rotpfote zurück, seine Pfoten kratzten über die harte Oberfläche der Brücke. Der Abstand zwischen ihm und der restlichen Patrouille wurde immer größer.
Ich laufe in die falsche Richtung!