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© 2021 Fachverlag Hans Carl GmbH, Nürnberg
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Titelbild: Christina Schönberger
Layout und Satz: Komhus Agentur für Kommunikation, Essen
ISBN 978-3-418-00930-8
eISBN 978-3-418-00929-2
Der Brauprozess bzw. die Bierbereitung setzt sich aus einer Aneinanderreihung von verfahrenstechnischen Grundoperationen unter Einbeziehung von langjähriger brautechnologischer Wissenschaft zusammen. Mein erstes Buch „Verfahrenstechnik im Brauprozess“ hatte die Zielsetzung, diesen Zusammenhang aufzuarbeiten. Im folgenden Buch „Prozesstechnik und Technologie in der Brauerei“ bleibt dieser Leitgedanke erhalten. Allerdings ergibt sich aufgrund von Entwicklungsarbeiten im Bereich der Sudhaustechnik der letzten 6 Jahre eine Schwerpunktverschiebung hin zur Technologie.
Desweiteren werden die Kapitel zur Filtrations- und Stabilisierungstechnik aktualisiert.
Das Buch wendet sich gleichermaßen an die Studierenden des Brauwesens wie an die Praktiker in Brauereien und Zulieferindustrie und soll als kompaktes Nachschlagewerk dienen. Neben der verfahrenstechnischen Betrachtung werden auch grundlegende hydrodynamische, thermodynamische, physikalisch-chemische und technologische Zusammenhänge aufgegriffen. Die Optimierung der Qualität des Endprodukts Bier steht dabei stets im Vordergrund.
Herrn Dipl.- Ing. Josef Englmann und Herrn Prof. Dr.-Ing. Heinz Miedaner danke ich für die Diskussionsbereitschaft im technisch-technologischen Bereich.
Folgenden Personen und Firmen möchte ich für den regen Informationsaustausch und für die Bereitstellung von Bildmaterial danken:
Dipl.-Ing. Friedrich Banke, Banke process solutions
Dipl.-Ing. Tobias Becher, Ziemann Holvrieka GmbH
Dipl.-Ing. Christoph Föhr, Filtrox AG
Dipl.-Brmstr. Christian Galaske, Lehmann&Voss&Co. KG
Dipl.-Brmstr., Dipl.-Ing. Reiner Gaub, Pall GmbH
Dr.-Ing. Frank Hebmüller, Ingenieurbüro Hebmüller GmbH
Dipl.-Ing. Wolf-Dietrich Herberg, GEA Westfalia Separator Group GmbH
Dipl.-Ing. FH Michael Kurzweil, Ziemann Holvrieka GmbH
Dipl.-Ing. Matthias Lustnauer, Eaton Technologies GmbH
Dr.-Ing. Rudolf Michel, GEA Brewery Systems GmbH
Dipl.-Ing. Michael Rittenauer, Bühler GmbH
Dr.-Ing. Ralph Schneid, Krones AG
Norbert Scholten, SF-Soepenberg GmbH
Dipl.-Ing. Clemens Thüsing, Künzel Maschinenbau GmbH
M. Eng. Isabel Wasmuht, Ziemann Holvrieka GmbH
Brmstr. Klaus Wasmuht
Pentair Flow and Filtration Solutions
Albert Handtmann Armaturenfabrik GmbH & Co.KG
Sonthofen, im Juli 2021
1Zerkleinern – Schroten
1.1Allgemeines
1.2Bruchmechanische Grundlagen
1.3Einteilung der Zerkleinerungsprozesse und Beanspruchungsarten
1.4Zerkleinerungsmaschinen
1.4.1Trockenzerkleinerung
1.4.1.1Walzenmühlen
1.4.1.2Prallmühlen
1.4.2Nasszerkleinerung
1.4.2.1Dispergiermaschinen
1.4.2.2Rührwerkskugelmühle
1.4.2.3Nassschrotung
1.5Charakterisierung des zerkleinerten Produkts
1.5.1Partikelgrößenverteilung
1.5.2Kontrolle der Zerkleinerung (Analysenmethoden)
1.5.2.1Siebturm
1.5.2.2Luftstrahlsieb
1.5.2.3Laserbeugungsspektrometer (Streulichtmessung)
1.5.2.4Bildanalyse
1.6Zerkleinerung des Malzes
1.6.1Aufgaben
1.6.2Malzlösung
1.7Praktische Anwendung von selektiven Zerkleinerungstechniken
1.7.1Einfluss des Spelzeneintrags auf den Brauprozess
1.7.2Einfluss des Blattkeims auf den Brauprozess
Literatur
2Maischen
2.1Kennzeichnung der Stoffsysteme
2.2Verfahrenstechnische Ziele des Maischens
2.2.1Wärmeübertragung
2.2.2Stoffübertragung
2.3Ausführung von Maischgefäßen
2.4Prozessparameter - Bierqualität
2.5Reaktionskinetik
2.5.1Grundlagen
2.5.2Untersuchungen zur Zeitoptimierung von Maischverfahren
2.5.2.1Stärkeabbau
2.5.2.2Eiweißabbau
2.5.2.3ß-Glucanabbau
2.5.2.4Schlussfolgerung zur Zeitoptimierung von Maischverfahren
Literatur
3Rühren
3.1Sedimentation im Schwerefeld
3.2Rührertypen
3.3Rührerleistung
3.4Turbulenz und mechanische Beanspruchung
3.4.1Theorie
3.4.2Betrachtungen zur mechanischen Belastung der Maische
3.5Rheologie
3.5.1Theorie
3.5.2Viskositätsbestimmung in der Maische
Literatur
4Kontinuierliches Maischen
4.1Theoretische Grundlagen
4.2Ermittlung der Verweilzeitspektren einer 2-stufigen Rührkesselkaskade
4.3Kontinuierlicher Maischversuch
Literatur
5Abläutern
5.1Theoretische Grundlagen
5.1.1.Sedimentation im Schwerefeld
5.1.2Filtration
5.1.3Stofftransport
5.2Der Läuterbottich
5.3Untersuchungen zur Durchlässigkeit von Treberschichten in Läuterbottichen
5.4Der Maischefilter
5.5Alternative Trennsysteme
5.5.1Kontinuierliches Abläutern mit Dekanter
5.5.2Dynamische Membranfiltration
5.5.2.1Trennsystem mit oszillierenden Membranen
5.5.2.2Trennsystem mit Drehscheibenfiltern
Literatur
6Würzekochung
6.1Ausdampfverhalten von Aromastoffen bei der Würzekochung
6.1.1Atmosphärische Kochung
6.1.2.Entspannungsverdampfung
6.1.3Verdunstung
6.2Wärmeübertragung
6.2.1Dampfseitiger Wärmeübergang
6.2.2Produktseitiger Wärmeübergang
6.3Heißhalten der Würze
6.3.1Thermische Belastung – Thiobarbitursäurezahl (TBZ)
6.3.2Eiweißauscheidung – Koagulierbarer Stickstoff
6.3.3Isomerisierung – Bitterstoffe
6.3.4Entfernung flüchtiger Würzeinhaltsstoffe – Dimethylsulfid (DMS)
6.4Kochsysteme
6.4.1Außenkocher
6.4.2Innenkocher (Robertverdampfer, Naturumlaufverdampfer)
6.4.2.1Jet-Star® (submerged jet)
6.4.2.2Stromboli®
6.4.2.3Shark®
6.4.3Niederdruckkochung
6.4.3.1Dynamische Niederdruckkochung (NDK)
6.4.4Hochtemperaturwürzekochung (HTWK)
6.4.5Dünnfilmverdampfer (Merlin®)
6.4.6Externe Hopfenisomerisierung
6.5Beurteilung von Würzekochsystemen
6.6Maßnahmen zur Wärmerückgewinnung
6.6.1Energiespeicher
6.6.2Würzekochung und Brüdenverdichtung
6.7Korrektur der Würzearomastoffe
6.7.1Verdampfung im Vakuum
6.7.1.1Entspannungskühler
6.7.1.2Vakuumnachverdampfung
6.7.1.3Schonkochverfahren
6.7.2Volatile Stripping mittels Gas
6.7.2.1Stripping mittels Dampf
6.7.2.2Stripping System Boreas®
6.7.3Dünnfilmverdampfung
6.7.4Schaffung großer Oberflächen
6.7.5Unterdrückung der Nachbildung von Aromastoffen
6.8Das Sudhauskonzept OMNIUM®
Literatur
7Heißtrubentfernung
7.1Whirlpool
7.2Alternative Trennapparate
Literatur
8Würzekühlung
Literatur
9Belüftung
Literatur
10Kühltrubentfernung
Literatur
11Gärung und Reifung
11.1Allgemein
11.2Kontinuierliche Verfahren
11.2.1Coutts-Verfahren (Zulaufverfahren)
11.2.2APV-Gärturm (Durchlaufverfahren)
11.2.3Bio-Brew-Verfahren (Durchlaufverfahren)
11.2.4Optimiertes Bio-Brew-Verfahren
11.2.5Immobilisierung
11.2.6Reaktortypen
11.3Regelung und Optimierung von Gärung und Reifung
11.4Kalthopfung
Literatur
12Filtration
12.1Prinzip
12.2Filtrationsarten
12.3Theoretische Modellbeziehungen
12.4Kuchenfiltration
12.4.1Konstanter Volumenstrom (dV/dt = konst.)
12.4.2Konstanter Druck (Δp = konst., V2 ~ t)
12.4.3Filtration mit veränderlichem Druck und veränderlicher Leistung
12.5Filtration in der Praxis
12.5.1Vorfiltration
12.5.2Filterbauarten
12.5.2.1Kieselgurschichtenfilter
12.5.2.2Horizontalfilter (Drahtgewebefilter)
12.5.2.3Kerzenfilter
12.5.2.3.1Spaltfilter
12.5.2.3.2Kerzenfilter mit Drahtspirale
12.5.2.3.3Kerzenfilter System Twin-Flow®
12.5.3Membranfiltration
12.5.3.1Cross-Flow-Filtration
12.5.3.2Scherspaltfilter
12.5.3.3Filter mit oszillierenden Membranen (VMF-Verfahren)
12.5.4Nachfiltration
Literatur
13Stabilisierung
Literatur
14Probennahme
14.1Die Bedeutung der Probennahme im Brauprozess
14.2Probennahme und Probenteilung
14.3Eingangskontrolle am Beispiel Malz
14.4Zwischenproduktkontrolle
14.4.1Schrotprobe
14.4.2Treberprobe
14.4.3Pfanne-Voll-Würze
14.4.4Ausschlagwürze
14.4.5.Heißwürze nach dem Whirlpool
14.4.6Kühlmittewürze
14.4.7Kaltwürze
14.4.8Reifungsprobe
Literatur
15Anhang
15.1Formelzeichen und Abkürzungen
15.2Gebrauchsformeln für den Wärmeübergang
(Quelle: Lehrstuhl V.d.S., Weihenstephan)
15.2.1Strömung in Rohren
15.2.2Strömung längs einer ebenen Wand
15.2.3Umströmter Einzelkörper (Kugel)
15.3Stoffwerte
15.4Wasserdampftafel
15.5AR-Ω-Diagramm
Register
Zerkleinerungsprozesse spielen bei der Verarbeitung von festen Stoffen in zahlreichen Industriebereichen (Baustoffindustrie, Bergbau, chemische und pharmazeutische Industrie, Lebensmittelindustrie usw.) eine maßgebliche Rolle. Der Vorgang des Zerkleinerns ist Bestandteil des Produktionsablaufs. Er liefert die Basis für weitere verfahrenstechnische Schritte (z. B. Sortieren, Mischen, Agglomerieren) und thermische und/oder chemische Umsetzungen. Man definiert die Zerkleinerung als das Zerteilen eines Feststoffgefüges in Teilstücke unter der Wirkung mechanischer Kräfte [1.1]. Damit ist eine Vergrößerung der spezifischen Oberfläche des zu zerkleinernden Guts, eine Verringerung der Korngrößen bzw. eine Veränderung der Korngrößenverteilung verbunden. Der neue Dispersitätszustand beeinflusst die nachfolgenden Prozesse (z. B. Maischen, Läutern). Infolge der vergrößerten Oberfläche können physikalische und chemische Reaktionen schneller ablaufen. Ob dies bei der Würzebereitung zutrifft, wird an späterer Stelle brautechnologisch diskutiert. Weiterhin tritt durch die Zerkleinerung u. a. eine Veränderung der Fließfähigkeit und Mischbarkeit sowie bestimmter Austauschvorgänge ein.
Als Bruch wird die zum Verlust der Tragfähigkeit eines Festköpers führende Stofftrennung im makroskopischen Bereich definiert, bei dem durch äußere oder innere mechanische Spannungen die atomaren bzw. molekularen Bindungen aufgehoben werden [1.2]. Jedem Bruch geht eine Deformation in der beanspruchten Zone voraus. Damit ist die zur Zerkleinerung erforderliche Energie von der Größe des deformierten Bereichs, von den elastischen Eigenschaften des beanspruchten Festkörpers und von der Beanspruchungsart abhängig. Der Bruchvorgang basiert unter Annahme idealer Bedingungen auf folgender Vorstellung [1.2, 1.3]:
Ein fester Körper setzt sich aus einer Vielzahl kleinster Elementarteile zusammen z. B. Ionen, Atome, Moleküle, Kristalle. Seine Elastizität wird durch die Kraftwirkungen zwischen den Elementarteilen, den inneren Kräften (Gitterkräfte) bestimmt. Als mögliche Bindungsart unterscheidet man kovalente Bindungen, Ionenbindungen, metallische Bindungen und Van-der-Waals-Bindungen. Die aus der Deformation der inneren Elektronenschalen resultierenden abstoßenden Kräfte FS und die aus der Massewirkung resultierenden anziehenden Kräfte FZ wirken als innere Kräfte. Wenn auf den Feststoffkörper keine äußeren Kräfte einwirken, stehen die inneren Kräfte im Gleichgewicht. Die Elementarteilchen nehmen dann einen bestimmten Abstand r0 zueinander ein (Abb. 1.1).
Der Bruch tritt ein, wenn die Wechselwirkungskraft Fmax bei rmax überwunden wird. Die inneren Kräfte stehen nun nicht mehr im Gleichgewicht zueinander. Die Einwirkung von äußeren Kräften in Form von Zug- oder Schubspannungen (Abb. 1.2) führt zwischen den Elementarteilchen zu einer Abstandsvergrößerung r > rmax. Zur Einleitung des Bruchs muss einem Feststoffteilchen die nach Gleichung (1.1) ermittelte Bruchenergie zugeführt werden.
WBr = |
Bruchenergie |
r = |
Abstand zwischen den Elementarteilchen |
r0 = |
Abstand zwischen den Elementarteilchen im Ruhezustand |
rmax = |
Abstand zwischen den Elementarteilchen beim Einsetzen der Rissbildung |
F = |
Kraft |
Der Zerkleinerungsvorgang kann in zwei Abschnitte unterteilt werden. Zuerst erfolgt die elastische Deformation in der Bruchzone, wodurch die zum Bruch erforderlichen Spannungen aufgebaut werden. Darauf folgt der eigentliche Bruchvorgang, der neue Grenzflächen schafft.
Man unterscheidet drei verschiedene Arten des Materialverhaltens von festen Stoffen: linear-elastisches, elastisch-plastisches und visko-elastisches Verhalten. Beim linear-elastischen Materialverhalten (Abb. 1.3) besteht eine Proportionalität zwischen der Dehnung ε und der Spannung σ.
σ = |
Bruchspannung |
E = |
Elastizitätsmodul |
Δx = |
Längenänderung unter Krafteinwirkung |
x = |
charakteristische Abmessung |
Spröde Stoffe haben ein hohes Elastizitätsmodul E (Stoffwert). Dem Sprödbruch geht nur eine geringe Verformung voraus. Nach einem kurzen Verformungsweg (Dehnung εB) baut sich eine hohe Spannung auf, was beim Erreichen der Bruchspannung σB einen Materialbruch zur Folge hat. Gummielastische Stoffe dagegen erfahren bereits durch kleine Spannungen eine deutliche Verformung, die Rissausbreitung schreitet langsam voran [1.4]. Die jeweils eingezeichnete Fläche unter σ-ε stellt die auf die Volumeneinheit bezogene eingebrachte Energie (erforderliche Zerkleinerungsarbeit bis zum Erreichen des Bruchs) dar.
Malz erfordert, bedingt durch seine spröden Eigenschaften, infolgedessen einen geringeren Energieaufwand zur Zerkleinerung als z. B. unvermälzte Gerste [1.5]. Der aus energetischen Gründen günstigere Sprödbruch (Gegensatz Zähbruch, besteht beim Gleitbruch) hängt, neben dem Material, von der Temperatur, der Beanspruchungsgeschwindigkeit und der Ausgangskorngröße ab.
Visko-elastische Stoffe zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich bei langsamer und lang andauernder Beanspruchung (Zeitabhängigkeit) ausdehnen und im Inneren gleichzeitig Spannungen abbauen (Relaxation), was entsprechende spezifische Arbeit erfordert (Abb. 1.4, Kurve a). Bei hoher Beanspruchungsgeschwindigkeit und kurzer Dauer tritt die energietechnisch günstigere Versprödung ein (Kurve b). Den gleichen Effekt hat eine Temperaturerniedrigung.
Abb. 1.5 zeigt Bruchbilder bei Einzelkornbeanspruchung durch Druck oder Prall bei elastisch-sprödem Materialverhalten. Während beim Druck Risse von einer Kontaktstelle zur anderen verlaufen, wandern beim Prall die Risse divergent von der Kontaktstelle in die Partikel. Der Bruch beginnt mit einem Riss (Primärbruch), der sich mehrmals verzweigt (Sekundärbrüche). Dann entsteht in den Kontaktbereichen ein Bruchfeld mit großer Rissdichte (blaue Fläche), wodurch Feingut erzeugt wird. Bei großen Kugeln hoher Festigkeit bilden sich zwei berührende Feingutkegel aus.
Die theoretischen zum Bruch erforderlichen Spannungen lassen sich bei Zugbelastung des Materials mit und bei Scherbeanspruchungen mit (G Schubmodul) abschätzen [1.2].
Die in der Praxis erforderlichen Bruchspannungen liegen um zwei bis drei Zehnerpotenzen niedriger als die theoretische Bruchspannung, da reale Körper im Gitteraufbau Inhomogenitäten aufweisen. Diese können aus Gitterfehlern, Korngrenzen oder Anrissen bestehen. Infolge der Störungen im Kristallgitter liegt im beanspruchten Körper eine inhomogene Spannungsverteilung vor. Die Kraftlinien weichen den Störstellen aus und konzentrieren sich vermehrt an den Spitzen der Risse. An diesen Stellen treten dadurch Spannungsspitzen auf, die ein Mehrfaches des theoretischen Mittelwerts der Bruchspannung betragen. Hier ist die Bruchgrenze bereits bei geringer äußerer Beanspruchung überschritten. Der Bruch beginnt an diesen hoch belasteten Stellen (Kerbwirkung) und breitet sich von dort aus. Abb. 1.6 verdeutlicht die Gegebenheiten für einen Anriss in einer ebenen Platte, die von außen mit der zum Bruch erforderlichen Zugspannung σ0 beaufschlagt ist. Demnach verläuft die Ausbreitung eines bereits vorliegenden Primärrisses schon bei Spannungen, die deutlich unter der theoretischen Bruchspannung liegen. Die Spannungsüberhöhung an der Rissspitze wird umso größer, je länger der Anriss l und je kleiner der Krümmungsradius rK der Rissspitze ist [1.4, 1.7].
l |
= |
Länge des ganzen Anrisses |
rK |
= |
Kerbradius |
σm |
= |
Maximalspannung an der Rissspitze |
σ0 |
= |
homogene Belastung der Probe |
Mit abnehmender Korngröße infolge weiterer Zerkleinerung ist eine geringere Zahl an Fehlstellen verbunden, wodurch die Festigkeit des Mahlguts zunimmt und zur weiteren Zerkleinerung eine höhere spezifische Arbeit erforderlich ist. Schließlich wird die Mahlbarkeitsgrenze erreicht, die für viele Materialien bei 1 bis 5 μm liegt. In diesem Bereich treten plastische Verformungen, aber keine Brüche mehr auf. Die Zerkleinerung stellt einen sehr energieintensiven Vorgang dar. Nur ein geringer Teil der einer Zerkleinerungsapparatur zugeführten Energie wird als Nutzarbeit verbraucht. Die technische Zerkleinerungsarbeit Wges setzt sich zusammen aus:
WA = |
Grenzflächenenergie zum Trennen der Elementarteilchen |
WVZ = |
zerkleinerungstechnische Verlustarbeit (z. B. plastische Deformation der Körner ohne Bruch, Reibung der Körner untereinander) |
WVM = |
maschinentechnische Arbeitsverluste (z. B. Reibungsverluste der Antriebselemente) |
Erste Ansätze zur Berechnung der Zusammenhänge zwischen der Zerkleinerungsarbeit und der neu geschaffenen Oberfläche bzw. Partikelgröße erarbeiteten Rittinger, Kick und später Bond [1.6] (Abb. 1.7). Die komplette mathematische Erfassung der Zerkleinerungsvorgänge für ein Körnerkollektiv ist, im Gegensatz zur Betrachtung des Einzelkorns [1.8], bis heute nicht möglich, sodass man sich nach wie vor auf Versuchsreihen und die Empirie der Mühlenbauer stützt.
Die Einteilung der Zerkleinerungsprozesse kann nach der Festigkeit der zu zerkleinernden Produkte, der Beanspruchungsart und der Korngröße der zerkleinerten Produkte erfolgen. Je nach der stofflichen Widerstandskraft gegenüber mechanischer Beanspruchung wird in Hart-, Mittel- und Weichzerkleinerung unterschieden (Tab. 1.1). Demnach unterliegt das Produkt Malz der Weichzerkleinerung.
Den einzelnen Zerkleinerungsverfahren können Beanspruchungsmechanismen zugeordnet werden, die sich in Art, Größe und Geschwindigkeit des mechanischen Angriffs unterscheiden (Abb. 1.8). Die Beanspruchung des zu zerkleinernden Materials ist je nach seinen physikalischen Eigenschaften durch Druck, Druck-Schub, Schlagen, Schneiden, Stoß (Prall), Scherung oder durch die Kombination verschiedener Beanspruchungsarten gegeben.
IBeanspruchung zwischen (zwei) Zerkleinerungswerkzeugen
IIBeanspruchung an einem Zerkleinerungswerkzeug (Prall)
IIIBeanspruchung durch das umgebende Medium
IVBeanspruchung durch nichtmechanische Energiezufuhr
thermisch, elektromagnetisch, chemisch induzierte mechanische Spannungen
Bei der Beanspruchung zwischen zwei Zerkleinerungswerkzeugen wird die Partikel einer Druckbelastung oder einer kombinierten Druck-Schub-Belastung (Kategorie I) ausgesetzt (Abb. 1.8). Die Zerkleinerung erfolgt bei Druckbelastung durch das Überschreiten der Druckfestigkeit des Korns. Die Beanspruchungsintensität wird maßgeblich durch die Form der Partikeln beeinflusst und weniger durch die Geschwindigkeit.
Bei der Prallzerkleinerung geschieht die Beanspruchung der Partikeln über Stoßvorgänge (Kategorie II). Die Zerkleinerung erfolgt durch ein bewegtes Werkzeug (z. B. Hammermühle), Stoß gegen eine Prallfläche oder gegenseitigen Partikelstoß. Die Beanspruchungsintensität ist von der Geschwindigkeit abhängig.
Die Kräfte bei der Zerkleinerung durch das umgebende Fluid (Kategorie III) sind im Vergleich zur Zerkleinerung der Kategorie I und II geringer. Das Zerkleinerungsergebnis beruht hierbei auf unsymmetrischen Druck- und Zugbelastungen, die durch eine Scherströmung erzeugt werden. Bei turbulenten Strömungen treten zeitlich und örtlich stark schwankende Belastungen auf.
Die Zerkleinerung kann auch durch Stoßwellen in Fluiden z. B. durch Druckstöße oder infolge von Kavitation hervorgerufen werden.
Weiter kann bei Beanspruchungsarten zwischen Einzel-, Mehrkorn- und Gutbettbeanspruchung unterschieden werden (Abb. 1.9). Bezüglich der Energieausnutzung ist eine Einzelkornbeanspruchung anzustreben. Diese ist jedoch nur bei Brechern und bei der Prallzerkleinerung gegeben. Bei der Mehrkornbeanspruchung wird die einwirkende Kraft über zahlreiche Kontaktstellen übertragen, was bei Walzenmühlen der Fall ist. Es liegt eine gegenseitige Beeinflussung der Körner (Abstützung, Reibung) und eine scheinbare Festigkeitserhöhung vor. Dieser Effekt wird bei der Gutbettbeanspruchung durch übereinanderliegende Partikelschichten noch verstärkt.
Die Zerkleinerung kann nach der Korngröße des zerkleinerten Guts (Endfeinheit) in mehrere Bereiche unterteilt werden. Folgende Einteilung ist möglich [1.1, 1.9]:
Grobbrechen |
> 50 mm |
Feinbrechen |
5…50 mm |
Grobmahlen (Schroten) |
0,5…5 mm |
Feinmahlen |
50…500 μm |
Feinstmahlen |
5…50 μm |
Kolloidmahlen |
< 5 μm |
Die Zerkleinerungsmaschinen können nach Dispersitätsbereich, Beanspruchungsart und konstruktiven Merkmalen unterschieden werden. Demnach werden Brecher der Grobzerkleinerung und Mühlen der Feinzerkleinerung zugeordnet, wobei die Grenze fließend ist (Abb.1.10, Tab. 1.2). Zu den konstruktiven Merkmalen zählt, dass Brecher große Kontaktkräfte haben, die spezifische Zerkleinerungsarbeit jedoch klein ist. Mühlen verfügen über kleine Kontaktkräfte. Allerdings ist die spezifische Zerkleinerungsarbeit beträchtlich [1.11].
Brecher |
Mühlen |
Backenbrecher Kegelbrecher Walzenbrecher Hammer- und Prallbrecher |
Mahlkörpermühlen Walzenmühlen Prallmühlen Schneidmühlen |
Die Zerkleinerung des Produkts erfolgt im Spalt zwischen zwei achsparallelen, zylindrischen, gegenläufig rotierenden Walzen (D = 250 mm, l = 300–1500 mm). Das Mahlgut passiert einen Spalt nach dem anderen, wobei sich die Spaltweiten zunehmend verringern. In der Brauindustrie werden 2-bis 6-Walzenmühlen eingesetzt. Die Malzkörner werden angebrochen, der Mehlkörper herausgewalzt und weiter auf die angestrebte Feinheit zerkleinert. Im einfachsten Fall (z. B. bei kleinen Sud- bzw. Pilotanlagen) kommt eine 2-Walzenmühle zum Einsatz. Der eingestellte Mahlspalt von ca. 0,8 mm liefert ein relativ grobes Schrot und ist ein Mittelweg für die anschließende Läuterarbeit und Sudhausausbeute. Wichtig ist hier das Vermahlen von gutgelösten Malzen (s. Pkt. 2.5.2.4). Die 4-6-Walzenmühlen ermöglichen eine differenziertere Zerkleinerung des Malzes mit zwei bzw. drei Mahlgängen. Die zwischengeschalteten Siebe sorgen für eine Klassierung. Bei Bauart 1 der 6-Walzenmühle werden nach dem Vorbruch die fertigen Grieße ausgesiebt. Dementsprechend werden nur die Fraktionen (angebrochene Körner und Spelzen), die weiter zerkleinert werden müssen, nach dem Vorbruch der zweiten Mahlpassage, dem Spelzenwalzenpaar zugeführt. Nach dem zweiten Mahlgang wird eine größere Siebfläche eingesetzt (Abb. 1.11) und damit eine geringere Belastung des Siebsatzes erzielt [1.12]. Die ausgemahlenen Spelzen und die fertigen Grieße werden dem Schrotbehälter zugeführt, die Grobgrieße werden auf dem folgenden Grießwalzenpaar fertig vermahlen.
A |
Einlauf |
B |
Flugmehl |
C |
Grieß von der Spelzenwalze |
D |
Grieß von der Grießwalze |
E |
Spelzen |
F |
Grieß von der Vorbruchwalze |
Eine zweite Bauart verzichtet auf die Zwischensichtung nach der ersten Mahlpassage und setzt auf das Prinzip „Vermahlen-Vermahlen-Sichten-Vermahlen“ mit dem Ziel einer schonenden Spelzenabtrennung (Abb. 1.12).
Durch die rechtzeitige Entfernung des Feingutanteils (Feingrieße, Mehl) wird eine verstärkte Leistungsaufnahme durch Reibung und ein zusätzlicher Walzenverschleiß bei den heutigen Bauarten eingeschränkt.
Parameter wie Anzahl der Walzenpaare, Abstand der Walzenpaare zueinander, Drehzahl oder Drehzahldifferenz der Walzenpaare, Gestaltung der Walzenoberfläche, Stellung der Riffel, Anzahl und Anordnung der Siebe sowie Siebbespannung beeinflussen die Schrotzusammensetzung. Bei gleicher Umfangsgeschwindigkeit der Walzen erfährt das Mahlgut eine reine Druckbeanspruchung. Bei unterschiedlichen Umfangsgeschwindigkeiten der Walzen kommt es zusätzlich zu einer Schubbeanspruchung. Man spricht von Friktion. Die Walzendrehzahlen betragen 160–180 U/min für 2-Walzenmühlen und 200–550 U/min bei 6-Walzenmühlen. Hohe Drehzahlen führen zu einer zusätzlichen Schlagbeanspruchung. Sehr hartes Gut wird zwischen Glattwalzen und ohne Friktion zerkleinert. Bei der Weichzerkleinerung, z. B. von Getreide, werden geriffelte Walzen bevorzugt, da diese einen geringeren Verschleiß aufweisen. Die Walzenriffelung begünstigt den Korneinzug und öffnet das Malzkorn durch Einschneiden. Für einen vollständigen Einzug des Aufgabeguts müssen Walzendurchmesser und Spaltbreite auf die maximale Korngröße xmax abgestimmt sein (Abb. 1.13).
Der Kraftbedarf der 6-Walzenmühle wird mit 1.4–2.5 kWh/t angegeben [1.15]
Aus einer weiteren Entwicklung des Mühlensystems für Brauereien ist die Keilscheibenmühle entstanden, eine Lösung mit der Zielstellung, moderne technologische Anforderungen mit Blick auf nachgelagerte Maisch- und Läuterarbeit zu erfüllen. Das kompakte und vereinfachte System ermöglicht eine Entkopplung von der Rohstoffbeschaffenheit und der Art des Läutersystems [1.16]. Die Läuter- und Würzequalität ist trotz abweichender Schrotzusammensetzung von einschlägigen Normwerten zu oben beschriebenen Schrotsystemen äquivalent.
Statt herkömmlicher Walzen besteht das Mahlwerk aus mehreren Keilscheiben in harter Edelstahllegierung mit radialer Riffelung (kompakte Mahlfläche) (Abb.1.14). Diese befinden sich auf zwei gegenüberliegenden Wellen. Die Beanspruchung erfolgt durch Scher-, Druck- und Schneidkräfte. Durch die besondere Geometrie der Mahlwerkzeuge ergibt sich selbst bei kompakten Wellenabmessungen ein sehr günstiger Einzugswinkel, welcher es ermöglicht, in nur einer Passage die gesamte, notwendige Zerkleinerungsenergie einzubringen, um die Spelze ausreichend auszumahlen. Durch den Wegfall weiterer Passagen kann so der feindisperse Anteil (Pudermehl) im Mahlgut reduziert werden, was sich positiv auf die Läutereigenschaften auswirkt. Die elektrische Leistungsaufnahme (70 % im Vergleich zur 6-Walzenmühle) und Lärmentwicklung fallen bei niedriger Erwärmung des Mahlguts geringer aus. Die Mühle, welche mit einer Weichkonditionierung ausgestattet sein kann, erzeugt Schrot für Läuterbottich- und Siebscheibenfiltersysteme. Die Zerkleinerung von Rohgerste erfordert je nach Anforderung zwei Mahlgänge, darstellbar in zwei Durchläufen oder in Verwendung von zwei übereinander gesetzten Modulen.
Meist geht der Trockenschrotung eine Konditionierung des Malzes durch Dampf (0,5 barÜ) oder bevorzugt durch Wasser (T < 40 °C) voraus. Die geringfügige Befeuchtung (im Malz max. 1,5 %, in den Spelzen ≥ 3 %) führt zu einer höheren Elastizität der Spelzen, einem höheren Spelzenvolumen und einer besseren Durchlässigkeit der Treberschicht im Läuterbottich. Der Trend geht inzwischen zu einer höheren Befeuchtung der Spelzen auf ≥ 6 %.
Mit den beschriebenen Mühlen wird das Schrot für den Betrieb von Läuterbottich, klassischen Maischefilter (6–8 cm) und Siebscheibenfilter hergestellt. Sollen die elastischen Spelzen eine weiter gehende Zerkleinerung erfahren, müssen beispielsweise Prallmühlen zum Einsatz kommen.
Die Prallmühlen dienen der Feinzerkleinerung. Der Energieeintrag erfolgt entweder durch einen schnell laufenden Rotor oder durch Gas- bzw. Dampfstrahlen. Demzufolge wird zwischen Rotorprallmühlen (Hammer-, Stift-, Pralltellermühlen) und Strahlprallmühlen unterschieden. In Ersteren werden Partikel-Werkzeug-Stöße, in Letzteren Partikel-Partikel-Stöße erzeugt.
Das Mahlergebnis von Prallzerkleinerungsmaschinen kann durch Umfangsgeschwindigkeit, Mahlspalte zwischen Rotor und Stator, Form, Größe und Anzahl der Zerkleinerungswerkzeuge, Mahlgutkonzentration im Mahlraum, Temperatur und Feuchtigkeit des Trägergases, Verweilzeit und Lochweite der Siebeinrichtung gesteuert werden. Da die Partikeln, je kleiner sie sind, eine umso höhere Festigkeit besitzen, müssen die Umfangsgeschwindigkeiten der Rotoren entsprechend größer sein, je feiner das Produkt vermahlen werden soll. [1.4, 1.18]. Der Einsatz zur Hartzerkleinerung ist aufgrund der starken Verschleißwirkung nachteilig.
Hammermühlen weisen im Prozessraum schnell umlaufende Rotoren auf. Ein Schlägerwerk zerkleinert das Malz zu Pulverschrot (> 70 % < 150 μm). An den Rotoren befinden sich gelenkig angeordnete hammerförmige Schläger (Flachstähle), die im Betriebszustand infolge der entstehenden Zentrifugalkräfte eine radiale Schlagstellung einnehmen (Abb. 1.16).
Das Aufgabegut wird hauptsächlich durch Prall und Schlag beansprucht. Die Umfangsgeschwindigkeiten betragen zwischen 20 und 70 m/s [1.4]. Infolgedessen unterliegen die Zerkleinerungswerkzeuge einem nicht zu vernachlässigenden Verschleiß. Der hohen Vermahlungstemperatur muss durch eine ausreichende Ventilation entgegengewirkt werden. In der unteren Hälfte des Mahlraums befindet sich ein Siebmantel (0,5–1 mm), wodurch eine Feinheitseinstellung (Klassierung) der Partikeln erfolgt. Die Einstellung einer Inertgasatmosphäre schützt vor Explosionen. Ein hoher Energieeintrag ist erforderlich. Als spezifischer Kraftbedarf werden 7 bis 12 kWh/t [1.5, 1.15] bei bis zu 20 t/h genannt. Der Trend zu größeren Sieblochungen (≥ 2 bis 3 mm) führt zu einem geringeren Energieverbrauch sowie einer Verschleißminderung der Siebe und Hämmer. Die vertikale Ausführung der Hammermühle hat zudem einen um 30 % geringeren Energieverbrauch und benötigt keine Aspiration (Abb. 1.18) [1.19]. Außerdem ist die Beaufschlagung der Flachstähle (Flächenstoß) günstiger (Abb. 1.17).
Mit den oben beschriebenen Hammermühlen wird Schrot für Dünnschichtfilter hergestellt.
Stiftmühlen sind sieblos arbeitende Zerkleinerungsmaschinen (Abb. 1.19). Die Zerkleinerung erfolgt zwischen zwei mit konzentrischen Schlägerkreisen versehenen, ineinandergreifenden Schlägerscheiben. Es gibt zwei Ausführungen von Stiftmühlen: mit feststehender und umlaufender Stiftscheibe oder mit zwei gegenläufig rotierenden Scheiben. Das Mahlgut wird axial in den Prozessraum aufgegeben und durch die Zentrifugalbeschleunigung nach außen geschleudert. Dabei wird es durch die Schlägerkreise erfasst und überwiegend durch Prall, aber auch durch gegenseitigen Abrieb zerkleinert. Stiftmühlen werden für die Fein- und Feinstmahlung verwendet. Dazu sind Umfangsgeschwindigkeiten von bis zu 200 m/s notwendig. Eine Klassierung ist aufgrund der fehlenden Siebe nicht möglich.
Zur Feinstzerkleinerung und Desagglomeration werden Strahlmühlen eingesetzt, die ohne bewegte Maschinenteile arbeiten (Abb. 1.19). Es werden größere Stoßgeschwindigkeiten als in Rotorprallmühlen und infolgedessen höhere Feinheitsgrade erzielt. Das Mahlgut wird mithilfe eines sehr schnellen Gasstrahls auf 500 bis 1200 m/s beschleunigt und entweder gegen einen weiteren Gutstrahl aus einer anderen Richtung oder gegen relativ ruhendes Gut gelenkt, in seltenen Fällen auch gegen eine Prallplatte. Die Beschleunigung des Mahlguts erfolgt durch Druckluft oder überhitzten Dampf. Die Zerkleinerungswirkung beruht hauptsächlich auf gegenseitigem Partikelstoß, aber auch auf Reibung und Prall. Die Partikelgrößenverteilung wird über einen Sichter im Auslass der Strahlmühle reguliert [1.4, 1.18]. Es können Korngrößen < 2 μm erzielt werden. Der Nachteil liegt im geringen Durchsatz mit < 1t/h und dem hohen spezifischen Energiebedarf bis > 1000 kWh/t.
Das Dispergieren ist als Feinverteilen einer oder mehrerer Komponenten in einer kontinuierlichen Phase definiert. Mittels Dispergiermaschinen werden Scherspannungen erzeugt (Beanspruchung durch das umgebende Medium), die zur Zerkleinerung der Teilchen führen. Derartige Zerkleinerungsapparaturen werden in der chemisch-pharmazeutischen Industrie, der Lebensmittelindustrie und der Papierindustrie für die Zerkleinerung und Feinverteilung von Gasblasen, Flüssigkeitstropfen und Feststoffpartikeln in Flüssigkeiten, für den Aufschluss von Zellstoffen sowie zur Lösungs-, Reaktions- oder Extraktionsbeschleunigung eingesetzt. Hauptbestandteile der Maschine sind die Generatoren, bestehend aus einer rotierenden (Rotor) und einer feststehenden Scheibe (Stator), ähnlich einer Stiftmühle. Die Scheiben sind jeweils mit konzentrisch angeordneten Stiftreihen versehen, die ineinander greifen. Die Spaltweiten zwischen den Stift-reihen bleiben je Generatoreinheit konstant. Je nach Prozessbedingungen können bis zu drei Generatoren, die in der Verzahnung variieren, hintereinander gesetzt werden (Abb. 1.20). Beim Durchlaufen wird das Produkt wechselnd tangential beschleunigt, abgebremst und zerkleinert. Die Feinheit des zu zerkleinernden Guts kann durch die Anzahl der eingesetzten Rotor-Stator-Einheiten, die Art der Bestiftung, die Anzahl der Stiftreihen, die Rotordrehzahl und den Volumendurchsatz beeinflusst werden. Neben der Zerkleinerungsarbeit wird aufgrund der Zentrifugalbeschleunigung der Flüssigkeit eine Pumpleistung von wenigen bar erzeugt, die zum Transportieren des zerkleinerten Produkts genutzt werden kann [1.20]. Gebräuchlich sind Inlinegeräte, die einen gleichmäßigen Durchfluss und eine definierte Passagenfolge gewährleisten.
Der Stoffstrom in Dispergiermaschinen und die Wirkung auf das Zerkleinerungsgut wird wie folgt beschrieben [1.5, 1.10]
1.Axiale Zufuhr des Produkts
2.Eintritt der Ausgangsprodukte in den ersten Generator der Dispergierkammer
3.Beschleunigung der Flüssigkeits- und Feststoffteilchen auf die Rotor-Umfangsgeschwindigkeit
4.Eintritt der Teilchen in den ersten Scherspalt zwischen Rotor und Stator
5.Zerkleinerung der Teilchen infolge von Scherspannungen
6.Austritt aus dem ersten Scherspalt und Eintritt in den nächsten Scherspalt
7.Eintritt in einen weiteren Generator
8.Radialer Austritt aus der Dispergierkammer
Sind die zu zerkleinernden Stoffe größer als der Tangentialspalt zwischen Rotor und Stator, so werden sie zwischen den Umfangsflächen zerschlagen, zerdrückt, zerquetscht oder zerrissen. Dies entspricht einer Vorzerkleinerung, die vom eigentlichen Dispergiervorgang zum Feinzerkleinern und Feinverteilen unabhängig ist [1.21]. In der ersten und der zweiten Einheit erfolgt also die primäre Zerkleinerung und in der dritten die Homogenisierung und Desagglomerierung des zerkleinerten Mahlguts im Medium, unterstützt durch die Turbulenzfelder im Scherspalt. Die Schrotpartikeln sind unsymmetrisch Druck- und Zugbelastungen ausgesetzt. Bedingt durch die Turbulenz, schwanken diese Belastungen örtlich und zeitlich.
Rotor-Stator-Dispergiermaschinen erzeugen infolge der Rotorumfangsgeschwindigkeit von bis zu 30 m/s ein Geschwindigkeitsgefälle zwischen Rotor und Stator (Abb. 1.21). Das Medium im Scherspalt unterliegt hierdurch einer hohen Scherrate. In Kombination mit der hemmenden Viskosität des Trägermediums wird eine auf das zu zerkleinernde Produkt wirkende Schubspannung initiiert. Kennzeichnende Größen sind die Rotorumfangsgeschwindigkeit vu, die Scherrate und die Scherfrequenz fs. Die Scherrate ist als Quotient aus der Umfangsgeschwindigkeit und der Scherspaltweite ds beschrieben.
= |
Scherrate |
|
vu |
= |
Umfangsgeschwindigkeit |
ds |
= |
Abstand zwischen Rotor und Stator |
Der Abstand zwischen Rotor und Stator ist aufgrund technischer Gegebenheiten auf 400–1000 μm festgelegt. Die Scherrate ist der Umfangsgeschwindigkeit direkt proportional.
n |
= |
Rotordrehzahl |
dr |
= |
Rotoraußendurchmesser |
Die Scherfrequenz ist mathematisch das Produkt aus Rotordrehzahl und der Anzahl der Rotorzähne.
fs |
= |
Scherfrequenz |
z |
= |
Zähnezahl des Rotors |
Anfänglich zeigten sich für die Dispergiertechnik zur Malzzerkleinerung Vorteile, wenn eine Alternative zur Hammermühle gesucht und/oder Rohfrucht verwendet wird. Die dispergierte Rohfrucht wird auf die erforderliche Verkleisterungstemperatur gebracht; das aufwendige Kochen entfällt, da die Dispergiertechnik eine vollständige Freilegung der nativen Stärkekörner ermöglicht. In der Praxis sind Infusionsverfahren bis zu 50 % Rohfruchtschüttung ohne Enzymdosage bzw. 100 % Rohfrucht mit Enzymzusatz anzutreffen. Die Enzymgaben können um 10–15 % reduziert werden. Der Vorteil der Dispergiermaschine ist unter dem bautechnischen Aspekt zu sehen. Aufwendige Förderanlagen inklusive der Schrotereiabteilung mit dem Schrotbunker und Exschutz entfallen. Der Dispax-Reaktor kann neben oder unterhalb des Maischbottichs aufgestellt werden. Zur Maischeförderung ist keine Pumpe erforderlich. Technologisch ist das sauerstoffarme Einmaischen, die Zerkleinerung erfolgt komplett im Wasser, von Vorteil. Es kann zusätzlich CO2-Atmosphäre eingestellt werden. Als Nachteil ist der hohe Materialverschleiß in den Generatoren durch die abrasive Wirkung der Spelzen anzuführen.
Rührwerkskugelmühlen werden im Bereich der Feinst- und Kolloidmahlung eingesetzt. Die Mühle besteht aus einem Gehäuse (1) und einem Mahlbehälter (2). Dazwischen befindet sich ein Kühlkreislauf (KW), welcher der Suspensionserwärmung entgegenwirkt (Abb. 1.22). Das zu zerkleinernde Produkt (Suspension mit einer Feststoffbeladung von 10 bis 50 Vol.-%) wird mit Mahlkörpern von 0,2–6 mm (z. B. Glas-, Keramik-, Stahlkugeln) versetzt (70–85 % Kugelfüllgrad). Durchmesser und Dichte derselbigen sind der jeweiligen Mahlaufgabe anzupassen. Der Mahlbehälter hat einen mehrstufigen Scheibenrührer (3) zur Bewegung des Inhalts. Die Suspension wird dem Behälter bei vertikaler Ausrichtung unten zugeführt und fließt oben über, wobei die Mahlkörper durch ein Sieb bzw. einen Deckel (5) zurückgehalten werden.
Die Nassschrotung erfolgt mittels einer 2- bzw. 4-Walzenmühle mit vorhergehender Weichkonditionierung. Üblicherweise haben die geriffelten Walzen einen Durchmesser von 300–400 mm. Bei einer 2-Walzenmühle mit einer Leistung von bis zu 40 t/h weisen die Walzen einen Durchmesser von 500 mm und eine Länge von 2000 mm auf und laufen mit der gleichen Drehzahl von bis zu 480 U/min. Die Spelzen werden beim Durchlauf eines Konditionierungsschachts durchfeuchtet (18–22 %). Ihre Elastizität wird erhöht und sie bleiben weitgehend intakt, was eine höhere spezifische Senkbodenbelastung des Läuterbottichs erlaubt (Punkt 5.2). Der Mehlkörper nimmt nahezu keine Feuchtigkeit auf und kann daher gut zerkleinert werden. Der Schrotvorgang verursacht einen Widerstand auf den Walzen und macht eine regelmäßige Nachriffelung notwendig. Im Vergleich zum Dispax-Reactor® entsteht in Nassschrotmühlen aufgrund ihrer Konstruktion und viel geringeren Walzenumfangsgeschwindigkeit keine Beanspruchung durch Scherströmungen. Damit kann dieser Prozess im verfahrenstechnischen Sinn nicht eindeutig der Nasszerkleinerung zugeordnet werden. Bei der Nassschrotmühle wird der Füllstand des Weichschachts (Verweilzeit, Weichgrad) über die obere Speisewalze und Niveausonde geregelt (Abb. 1.23Abb. 1.25Punkt 1.7.222Abb. 1.24Abb. 1.23Abb. 1.24