Titelbild:

Gabriela Strupler: »Verklärtes Orchester«, 2017

 

 

Autorenfoto: © Bernhard Jörg

 

 

Verklärtes Orchester

Martin Geiser

Copyright: © 2017 Martin Geiser

Lektorat: SID Sprachen GmbH Solothurn,

Jacqueline Joss

 

Druck: epubli ein Service der neopubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN 978-3-7418-8994-3

 

Printed in Germany

 

Bibliografische Information der

Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

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In Gedenken

an meine geliebte Mutter Ursula

Es fühlte sich an, als ob sich ein Schmetterling auf ihrer Wange niedergelassen hätte und ihr mit seinen zarten, dünnen Flügeln einen feinen Hauch frische Luft zufächelte, dessen angenehme Kühle sich von diesem Punkt aus in ihrem ganzen Körper verbreitete und die Hitze, die sich in ihrem Kopf gestaut hatte, zu lindern vermochte.

Die Klänge, die sich in ihr festgesetzt hatten, waren plötzlich in den Hintergrund gerückt und tönten dumpf und leise, als ob sie von weit her durch eine dünne Wand vernehmbar wären. Dafür brummte ein regelmäßiges Summen in ihren Ohren, welches sich über die Klänge schob und das sie nicht einmal so sehr als unangenehm empfand.

Sie schaute zur stuckverzierten Decke hoch und wurde augenblicklich von einem starken Glücksgefühl überwältigt, welches ihr endlich die notwendige Sicherheit gab, die ihr bisher gefehlt hatte.

Gleichzeitig aber begannen ihre Hände zu zittern; die Aufregung machte sich bemerkbar, und sie blickte in aufgewühlter Erregung nach links und rechts, musterte die aufmerksamen Gesichter in ihrer Reihe, die natürlich nicht mitbekommen hatten, welch enorme Wandlung sich in diesem Moment in ihr abgespielt hatte.

Sie war sich nun sicher, was sie zu tun hatte. Es war wie eine Befreiung, als ob die Ketten, die sie eingeengt hatten, plötzlich gesprengt waren und ihr damit wieder Luft zum Atmen verschafft wurde.

Und gleichzeitig stellte sie tief in sich drinnen eine Leichtigkeit fest, welche sie beinahe erschreckte. Wie klar sie doch von einem Moment auf den anderen plötzlich alles sah! Wie deutlich ihr doch alles erschien, als ob ihr Schuppen von den Augen gefallen wären. Wie hatte sie nur so blind sein können!

Wie von magischer Hand geführt erhob sie sich mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit ganz langsam und spürte augenblicklich die erstaunten und ärgerlichen Blicke rund um sie herum, die ihr zugeworfen wurden und die sie jedoch in keiner Art und Weise an ihrer Absicht hindern konnten.

Lächelnd drängte sie sich, die zischenden Beleidigungen ignorierend, Schritt für Schritt an den angezogenen Knien vorbei. Einem älteren Herrn trat sie mit ihrem Absatz auf die Zehen, worauf dieser kurz aufschrie; sie warf ihm für das Missgeschick einen entschuldigenden Blick zu und formte mit ihren Lippen ein Sorry, das allerdings seine Wirkung verfehlte, wenn sie das zornige Funkeln in seinen Augen richtig deuten konnte.

Als sie den Mittelgang erreicht hatte, blieb sie einen Augenblick stehen und blickte nach vorne, von wo die traurigen und berührenden Klänge herkamen, die sich jetzt wieder mit voller Wucht in ihr Bewusstsein geschoben hatten. Sie spürte ein Kribbeln in ihren Fingerspitzen und fragte sich für einen kurzen Moment, ob es nicht doch das Beste wäre, umzudrehen und den Saal zu verlassen.

War das wirklich ein ernsthaftes Zögern?

Da vorne stand er; mit seinen eleganten und bestimmten Bewegungen zog er sie und die anderen Anwesenden in seinen Bann, und mit den Klängen, die er hervorzauberte, gelang es ihm, sie in eine andere Welt zu versetzen, in der Zeit und Raum keine Rolle mehr spielten.

Als ob er magnetische Eigenschaften hätte, wurde sie von ihm unweigerlich angezogen, und die Gedanken an einen Abgang waren augenblicklich weggewischt.

Sie hob den Kopf und setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, so als wolle sie jeglichen Lärm vermeiden. Langsam, aber zielstrebig, näherte sie sich der Bühne, während die Zuschauer erstaunt ihre Köpfe drehten und sie mit offenem Mund anstarrten.

Ihr weißes Sommerkleid aus reiner Seide verlieh ihr etwas Engelhaftes, und im Nachhinein sollte sich der eine oder andere Anwesende nicht mehr so ganz sicher sein, ob ihre Füße überhaupt den Boden berührt hätten. Es entstand beinahe der Eindruck, als ob sie schwebend nach vorne gleiten würde.

Der erste Zuschauer stand auf, als sie etwa die Mitte des Saales erreicht hatte, und es sollte fürwahr nicht der einzige bleiben. Einer nach dem anderen erhob sich von seinem Sitz und blickte staunend auf die Gestalt, die nach vorne zur Bühne schritt, und es war – durch die helle Kleidung bedingt –, wie wenn sich eine Lichtquelle im Raum vorwärts bewegen würde.

Als ob es abgesprochen wäre, erhob sich von hinten nach vorne Sitzreihe um Sitzreihe, und irgendwann wurde es den Cellisten am vordersten Pult zu unheimlich und sie hörten auf zu spielen, was sich innerhalb weniger Momente auf das gesamte Orchester übertrug. Die Musiker, die zuhinterst saßen, standen auf, damit sie sehen konnten, was im Saal unten vor sich ging, und der Dirigent ließ seine Arme fallen und drehte sich um.

Inzwischen war sie ganz vorne angekommen und blieb vor der Bühne stehen. Sie strahlte ihn an, während rund um sie herum komplette Stille herrschte.

Sie sah hoch, ein zurückhaltendes und geheimnisvolles Lächeln auf ihrem Gesicht, und öffnete ganz leicht ihren Mund.

Er sollte sich im Nachhinein nicht mehr so sicher sein, ob er die Worte tatsächlich gehört oder ob er sie bloß von ihren Lippen abgelesen hatte.

 

 

 

D A V O R

 

 

 

H A N N A H

 

 

 

1

 

Wenn man Menschen, die im Sternzeichen der Waage geboren sind, nachsagt, dass sie zu Unentschlossenheit neigen, so traf dies auf Hannah zumindest in ihren frühen Lebensjahren überhaupt nicht zu. Für das kleine Mädchen war nämlich von Kindesbeinen an völlig klar, dass es einmal Tierärztin werden wollte. Es liebte Tiere über alles, trug ihre zwei Meerschweinchen durch das ganze Haus, zeigte ihnen immer wieder die verschiedenen Räume und erklärte, wofür die unterschiedlichen Einrichtungsgegenstände benötigt wurden. Wenn es aus dem Käfig der beiden Nager ein forderndes Pfeifen vernahm, so war es augenblicklich an Ort und Stelle und kontrollierte, ob noch genug Wasser und Futter vorhanden waren. Mit einer Engelsgeduld erklärte es ihnen dann, dass die nächste Fütterung mit Salat oder Karotten erst in ein paar Stunden fällig sei und dass bis dahin mit dem vorhandenen Heu vorlieb genommen werden müsse.

Auch dem Familienhund Hugo, einem etwas tollpatschigen Cocker-Spaniel, war Hannah völlig verfallen. Stundenlang saß sie neben seinem Korb und erzählte ihm die Märchen, die sie sich auf den Tonbandkassetten rauf und runter anhörte und mittlerweile in- und auswendig kannte. Hugo war geduldig und ließ die Erzählungen über sich ergehen. Wenn er von Hannahs Präsenz genug hatte, legte er sich eine Pfote über das Auge – ein sicheres Zeichen dafür, dass er nun endlich seine Ruhe haben wollte, worauf Hannah von ihrer Mutter regelmäßig tadelnd hingewiesen werden musste.

»Hugo hat genug von deinen Geschichten, Hannah.«

»Aber ich bin doch noch gar nicht fertig.«

»Ich glaube, er möchte sich das Ende erst morgen anhören. Er ist müde.«

»Bist du müde, Hugo?« Hannah hob die Pfote des Hundes etwas an und musterte darunter sein halb geschlossenes Augenlid. Mit einem leichten Knurren gab dieser ihr zu verstehen, dass nun tatsächlich Ruhezeit angesagt sei. »Da kann man nichts machen. Aber morgen erzähle ich dir weiter, sonst weißt du ja gar nicht, wie die Geschichte mit der Prinzessin ausgeht.« Ein weiteres Knurren folgte, welches Hannah als Zustimmung auffasste – am nächsten Tag würde sie ohnehin wieder von vorne beginnen, da sie nicht mehr wusste, an welcher Stelle genau sie verblieben war.

Und dann war da noch das Pferd ihrer Patentante Angelika – Apollo. Hannah liebte es, mit ihr ins Gestüt zu fahren, bei der Pflege des Tieres mitzuhelfen und Angelika beim Reiten zuzuschauen. Sie mochte den Stallgeruch, der Duft von frischem Heu und die zahlreichen Pferdeköpfe, die ihr aus den Koppeln neugierig entgegenblickten.

»Wenn ich groß bin, dann will ich auch Pferde haben«, erklärte die kleine Hannah ihrer Patentante. Doch die Freude währte nicht so lange. Finanzielle Engpässe zwangen Angelika, Apollo zu verkaufen und ihre Enttäuschung darüber war so groß, dass sie sich ihr ganzes Leben lang nie mehr in einen Sattel setzen würde. So verlor Hannah den Kontakt zum Reitstall, ihre Liebe zu den Tieren allerdings war immer noch ungebrochen.

Als sie eines Morgens eines der beiden Meerschweinchen leblos im Käfig vorfand, brach für sie eine Welt zusammen. Es war ihr erster Kontakt mit dem Tod, und es brauchte viele Erklärungen und tröstenden Zuspruch ihrer Mutter, bis Hannah sich wieder einigermaßen festen Boden unter den Füßen spürte. Von da an fürchtete sie sich jeden Morgen vor dem Gang zum Käfig und war jeweils erleichtert, wenn sie vom aufgeregten Pfeifen des übrig gebliebenen Meerschweinchens begrüßt wurde.

Zwei Jahre später musste der Hund Hugo eingeschläfert werden, und Hannah bestand darauf, gegen den Willen ihres Vaters, bei der tödlichen Injektion dabei zu sein. Als Hugo das Beruhigungsmittel erhielt und seine großen, braunen Augen langsam zufielen, nachdem sie Hannah mit einem letzten warmen und herzzerreißenden Blick bedacht hatten, brach das Mädchen zusammen, hatte Weinkrämpfe und konnte sich während der Heimfahrt überhaupt nicht mehr beruhigen.

Von da an war ihr klar, dass sie ihre Berufswahl nochmals gründlich überdenken musste; die Konfrontation mit dem Tod sollte ihr auch in Zukunft ständig Probleme bereiten – keine wirklich guten Voraussetzungen für eine Tierärztin.

Vorerst musste sie sich allerdings mit der für sie traurigen Tatsache auseinandersetzen, dass ihre Eltern keinen weiteren Hund anschaffen wollten. Und so kümmerte sie sich rührselig um ihre beiden Meerschweinchen – Hannah hatte nach dem Tod des ersten Tieres darauf bestanden, dass der verbliebene Nager unbedingt Gesellschaft benötige.

»Meerschweinchen dürfen nie alleine sein. Das habe ich im Fernsehen gesehen«, erklärte sie ihren Eltern, und diesen Wunsch konnten sie der kleinen Hannah nicht abschlagen.

 

 

2

 

Hannah fragte sich oft, was ihr schlimmer erschien: Waren es die blauen Flecken auf den Armen ihrer Mutter oder eher die verletzenden Worte, welche diese dem Vater hinter geschlossenen Türen an den Kopf warf?

Es war der höhnische Ton, der Hannah den Kopf einziehen ließ und den die Mutter bloß dann benutzte, wenn sie glaubte, dass die Kinder nichts davon mitbekommen würden. Die Vorwürfe, die dem Vater entgegen gebracht wurden, verstand das kleine Mädchen noch nicht, und als es älter wurde, wollte es nichts davon wissen, zog sich die Kopfhörer über und drehte die Musik auf eine Lautstärke, welche für die Ohren bedrohliche Dimensionen erreichte.

Hauptsache, sie musste sich die Auseinandersetzungen nicht mit anhören.

Wobei dies wohl nicht ganz die richtige Bezeichnung für die Streitereien ihrer Eltern traf. Denn Hannahs Vater war unfähig, sich verbal zur Wehr zu setzen. So eloquent und offen er sich in einer gemütlichen Runde gab, so hilflos sah er sich den Vorwürfen seiner Ehefrau ausgesetzt. Wenn er nach den richtigen Worten suchte, mit denen er die Angriffe parieren könnte, hatte die Gegenseite bereits die nächsten Pfeilspitzen ausgefahren. Der Streit endete meistens damit, dass er die Mutter an den Armen packte und so fest zudrückte, bis ihr vor Schmerz die Tränen in die Augen traten, was sie endlich verstummen ließ.

Ein paar wenige Male schlug er sie auch ins Gesicht, dann nämlich, wenn die blinde Wut komplett überhandnahm, was dazu führte, dass er die Beherrschung komplett verlor und sein ganzer Körper zu zittern begann.

Wenn der kleine David, Hannahs jüngerer Bruder, die Auseinandersetzungen mitbekam, so flüchtete er meistens ins Zimmer seiner Schwester und ließ sich, in ihren Armen weinend, von ihr trösten.

»Warum sind sie so böse zueinander?«, fragte er, und Hannah strich ihm durch die Haare und flüsterte ihm ins Ohr, dass alles wieder gut werden würde. Zunächst glaubte sie selbst noch an ihre Worte, später wurde ihr klar, dass diese nur dazu dienten, ihren Bruder wieder zu beruhigen.

Am nächsten Tag jeweils schienen die Streitereien nur noch ein verschwommenes Märchen zu sein, und der vordergründig respektvolle Umgang zwischen den beiden Eheleuten erweckte bei Hannah oft die Frage, ob sie die unschönen Szenen am Abend zuvor nicht bloß geträumt hatte.

Als David älter war, reagierte er ähnlich wie seine Schwester, wenn es im Haus lauter wurde. Er flüchtete aber nicht in die Welt der Musik, sondern verzog sich in den Keller, wo er wie ein Verrückter auf einen Sandsack eindrosch. Manchmal, wenn die Wut und die Verzweiflung nicht abklingen wollten, tat er dies so lange, bis seine Fäuste blutig geschlagen waren.

Als Hannah noch ein kleines Mädchen war, fragte sie ihre Eltern in naiver Gutgläubigkeit einige Male nach dem Grund ihrer Auseinandersetzungen.

»Aber Kind, was hast du da bloß gehört?« Die Mutter.

»Wir streiten uns doch nicht. Manchmal ist man halt nicht der gleichen Meinung.« Der Vater.

»Du verstehst das völlig falsch.«

»Es ist nicht immer ein Streit, wenn man laut ist.«

»Wir verstehen uns sehr gut.«

»Gestern haben wir doch nicht gestritten.«

Also unterließ es Hannah mit der Zeit, die Eltern auf ihre Streitereien anzusprechen, stopfte sich die Ohren zu und hielt David tröstend in den Armen.

Mutter und Vater gaben nach außen das perfekte Ehepaar, besonders wenn sie Besuch empfingen. Die vorgespielte harmonische Stimmung schlug Hannah auf den Magen, und sie litt häufig unter starken Bauchschmerzen.

Ihren beiden Kindern gegenüber verhielten sich die Eltern sehr verständnisvoll. Gewalt – verbal oder physisch – gehörte nicht zu ihrem Erziehungsmuster, aber man konnte auch nicht behaupten, dass das Verhältnis von großer Liebe und Zuneigung geprägt war.

Auch bei der Mittagstafel, wenn Davids Schulkollege Manuel daran teilnahm, herrschte eine fröhliche und joviale Stimmung. Es wurde viel geplaudert, gelacht, und man ließ das aktuelle Weltgeschehen Revue passieren. Als Hannah und David von ihren Eltern erfuhren, dass Manuels Mutter die Familie Knall auf Fall verlassen hatte, reagierten die beiden Kinder mit Gleichgültigkeit.

Heimlich dachte Hannah, dass es ihr eigentlich egal wäre, wenn ihre Mutter wegliefe. Sie würden auch ohne sie bestens zurecht kommen.

 

 

3

 

»Das kenne ich, das ist von Billy Joel.«

Manuel blickte erstaunt von den Tasten hoch und musterte Hannah mit fragendem Blick. Das Mädchen schaute sich um, fühlte den unausgesprochenen Vorwurf seiner Eltern im Raum stehen und sah sich hilfesuchend nach ihrem Bruder David um. Dieser hob verwundert und verschlafen den Kopf – er hatte sich auf ein paar Minuten Ruhe und ein damit verbundenes kurzes Mittagsnickerchen gefreut.

So stand Hannah unfreiwillig im Mittelpunkt, den eigentlich Manuel mit seinem Klaviervortrag hätte einnehmen sollen. Es war Tradition, dass Davids Schulkollege nach dem Mittagessen ein kleines musikalisches Dankeschön zum Besten gab, bevor die Kinder den Weg zur Schule für den Nachmittagsunterricht wieder unter die Füße nahmen.

Manuel lächelte nachsichtig.

»Das ist Beethoven. Grande Sonate Pathétique

Verärgert schüttelte Hannah den Kopf und begann leise zu singen:

»This night is mine

It’s only you and I.

Tomorrow is a long time away.

This night can last forever.«

Die Eltern blickten Hannah entgeistert an, und Manuel nickte ihr aufmunternd zu.

»Warum nicht? Wollen wir es mal zusammen probieren?«

Er spielte erneut das gesangliche Thema aus Beethovens Klaviersonate und hielt mit Hannah festen Blickkontakt, während sie den Refrain des Popsongs wiederholte. Sie mochte die Musik der Achtzigerjahre, vor allem wenn das Klavier so im Mittelpunkt stand, wie dies bei Billy Joel, Elton John oder Supertramp der Fall war.

So hatte sie Manuels Klavierspiel eigentlich immer genossen und sich darauf gefreut, auch wenn sie für klassische Musik nicht viel übrig hatte. Sie bewunderte seine Fähigkeit, mit viel Hingabe und Leidenschaft dem Instrument Klänge zu entlocken. Wenn ihre Mutter sich von Zeit zu Zeit ans Klavier setzte, so klang das immer fehlerhaft, abgehackt und ohne wirkliche Begeisterung. Bei Manuel war das anders. Meistens hatte er die Augen beim Vorspielen geschlossen, wiegte den Kopf sanft hin und her oder unterstrich energisch mit seiner Körpersprache den musikalischen Ausdruck.

Hannah gefiel nicht alles, was er vorspielte. Viele Stücke schienen ihr aus einer fremden Welt zu kommen und sich einer Sprache zu bedienen, die ihr unverständlich war. Doch bei Manuel kam alles direkt aus dem Herzen, so empfand es Hannah auf jeden Fall. Sie war fasziniert von ihm. Schade, dass er ein Jahr jünger war als sie selber.

 

 

4

 

Hannah lag auf ihrem Bett, die Kopfhörer übergezogen, und hörte Musik. Sie hatte Elton Johns Love Songs aufgelegt, und es lief gerade Song for Guy, dieses wundervolle Stück mit der traurigen und sehnsuchtsvollen Klaviermelodie. Hannah liebte dieses Lied und konnte, wenn sie es hörte, in Traumlandschaften versinken und alles und sich herum vergessen.

Normalerweise.

Heute klappte das nicht; die Musik vermochte sie nicht zu beruhigen. Ihre Gedanken schwirrten herum wie aufgescheuchte Rehe, und sie vermochte nicht, sich auf die sanften Klänge zu fokussieren.

Sie hatte Manuel geküsst. Heute. Einfach so.

Zufälligerweise hatten sie sich nach der Schule getroffen. Er hatte sie überredet, mit ihm etwas trinken zu gehen.

»Meine Klavierstunde ist ausgefallen. Zu Hause wartet niemand auf mich. Willst du mir nicht ein wenig Gesellschaft leisten?«

Diesem Hundeblick hätte sie nichts abschlagen können, und so saßen sie kurze Zeit später vor einem leckeren Milchshake und unterhielten sich.

Manuel war witzig, und es gelang ihm, Hannah ständig zum Lachen zu bringen. Die Zeit flog nur so dahin, und als sie auf die Uhr schaute, stellte sie mit Schrecken fest, dass sie schon lange zu Hause sein müsste. Nervös erhob sie sich und murmelte ein paar entschuldigende Worte, doch Manuel bestand darauf, sie heimzufahren. So setzte sie sich auf den Gepäckträger, und er trat in die Pedale, was das Zeug hielt, damit er sie so rasch wie möglich nach Hause bringen konnte.

Als sie sich von ihm verabschieden wollte, zögerte sie einen kurzen Moment, um zu überlegen, ob sie ihm sagen sollte, wie gut ihr der Nachmittag gefallen hatte. Diesen Augenblick des Innehaltens nützte Manuel, hob mit seiner Hand ihr Kinn und drückte seine Lippen auf die ihren. Es war eine unbeholfene Bewegung, mit welcher er Hannah völlig überraschte. Sie wehrte sich aber nicht und öffnete leicht ihre Lippen, was er natürlich als Einladung verstand und sofort seine Zunge in ihren Mund schob.

Sein Pfefferminzatem roch nicht unangenehm, und Hannah reagierte auf seine Avancen, erwiderte den Kuss, ohne allerdings Manuel zu umarmen. Es gefiel ihr, den stürmischen Jüngling etwas zu bremsen und ihm zu zeigen, wie man, ihrer Meinung nach, richtig küsste.

So standen sie gewiss fünf Minuten da, sie hielt die Hände auf seine Brust, während er sie heftig umarmte und an sich zog. Dann war es für Hannah genug. Sie stieß sich von ihm weg, küsste ihn zum Abschied auf den Mund, und bevor er reagieren konnte, war sie schon im Haus verschwunden.

Und nun lag sie auf ihrem Bett und schüttelte immer wieder den Kopf.

Was hatte sie bloß getan?

Hoffentlich hatte sie niemand gesehen!

Nicht auszudenken, was passierte, wenn Chris davon erfahren würde. Hannahs Freund, mit dem sie bereits ein halbes Jahr zusammen war, konnte sich manchmal vor Eifersucht kaum beherrschen. Ein riesen Theater wäre die unvermeidbare Konsequenz, und wahrscheinlich würde er ihr sofort den Laufpass geben.

Chris hieß eigentlich Elvis. Doch da er sich für seinen Namen schämte und den King of Rock’n Roll nicht ausstehen konnte, ließ er sich bei seinem zweiten Vornamen nennen. Er war deutlich älter als Hannah und hatte bereits den Führerschein. Ihre Schulkolleginnen wurden jeweils grün vor Neid, wenn er sie nach der Schule mit seinem Wagen abholte und zu einem kleinen Ausflug einlud. Eigentlich hatte sie ihm verboten, nach dem Unterricht auf sie zu warten, da ihre Eltern auf gar keinen Fall von dieser Beziehung erfahren durften – sie würden Hannah den Umgang mit Chris bestimmt verbieten und ihr Hausarrest erteilen.

Letzte Woche hatte sie mit ihm geschlafen. Es war ihr erstes Mal gewesen und nicht unbedingt in positiver Erinnerung geblieben. Obwohl Chris vorsichtig gewesen war, hatte sie beim Verkehr Schmerzen verspürt und war froh gewesen, als das Ganze endlich vorbei war. Er hatte sie immer wieder dazu gedrängt, und schließlich hatte Hannah sich dazu überreden lassen, obschon sie sich eigentlich noch nicht bereit gefühlt hatte.

Doch sie liebte ihn und wollte ihn auf gar keinen Fall verlieren.

Weshalb hatte sie sich denn von Manuel küssen lassen? Was würden ihre Freundinnen dazu sagen, wenn das rauskam? Hannah lässt Chris für einen Jüngeren fallen. Die Schande wäre ihr gewiss.

Unvorstellbar. Sie könnte sich nicht mehr blicken lassen. Niemand durfte davon erfahren.

Auf der anderen Seite war es nicht so, dass Manuel sie völlig kalt ließ. Sein verträumtes Wesen und seine künstlerische Ader beeindruckten Hannah schwer, und sie musste sich eingestehen, dass eine unbeschreibliche Faszination von ihm ausging. Hatte sie vielleicht deshalb seinen Kuss erwidert?

Mit Schrecken kam Hannah plötzlich in den Sinn, dass Manuel bereits morgen wieder am Mittagstisch ihrer Familie sitzen würde. Was erwartete er von ihr? Würde er über ihren Kuss schweigen können?

Sie beschloss, keinerlei Hoffnungen zu schüren und ihm die kalte Schulter zu zeigen. Es tat ihr schon nur in Gedanken weh, ihn so zu verletzten, aber es gab keine andere Möglichkeit.

Chris war ihr wichtig, und ihr Ansehen wollte sie auf gar keinen Fall verlieren. Es war ihr klar, dass sie mit ihrem Verhalten bei Manuel Verwirrung stiftete, denn er würde sie bestimmt auf den Kuss ansprechen wollen. Aber es durfte keine Möglichkeit zum Reden geben. Sie musste ihm ausweichen, ihm konsequent aus dem Weg gehen.

Irgendwann einmal würde er aufgeben.

Hoffentlich dauerte dies nicht allzu lange!

Hannah atmete tief durch. Die Musik war verklungen, und so startete sie Elton Johns Album erneut. Sie schloss die Augen.

Blue eyes

Baby’s got blue eyes ...

 

 

5

 

Von Davids Sucht erfuhr sie zufälligerweise.

Sie war mittlerweile im Gymnasium, und ihr damaliger Freund hatte sie versetzt. Die Geschichte mit Chris hatte nach Manuels Kuss nicht mehr lange gehalten, und Hannah hatte sich inzwischen den Ruf einer Femme fatale erworben. Sie hatte beinahe keine Freundinnen; die Mädchen rümpften über ihren Männerverschleiß die Nase und beschimpften sie hinter vorgehaltener Hand als kleine Hure.

In rasantem Tempo wechselte sie die Männer wie andere ihre Unterwäsche, blieb an keinem lange hängen, und es war immer sie, welche die Beziehung mit ihren Bekanntschaften beendete. Das gelang ihr immer problemlos; Trennungsschmerz kannte sie nicht.

Die Männer waren meistens deutlich älter als sie. Sie ließ sich von ihnen in schicke Restaurants ausführen und mit Geschenken überhäufen. Ein verheirateter Mann, der fünfzehn Jahre älter war, lud sie sogar zu einem Trip nach London ein, den er seiner Frau als Geschäftsreise vorlog. Als sie aus England zurückkamen, machte Hannah Schluss mit ihm, und als er sich damit nicht abfinden wollte, sorgte sie mit einem Anruf bei ihm zu Hause für klare Verhältnisse.

Im Moment ärgerte sie sich beim Verlassen des Schulgeländes tatsächlich über die Abfuhr ihres momentanen Freundes; normalerweise war nämlich sie es, welche die Männer versetzte. Es war das erste Mal, dass sie eine solche Situation am eigenen Leibe erfahren musste. Dabei regte sie sich weniger über Tom auf – so hieß der aktuelle Lover –, sondern über die Tatsache, dass die wegen ihm die Einladung eines interessanten Mannes abgelehnt hatte. Dieser war Berater eines bekannten Politikers, was Hannah extrem anziehend fand, und sie war erpicht darauf, schmutzige Geschichten aus der Promiszene aus erster Hand zu erfahren. Und außerdem sah der Kerl umwerfend aus!

Auf dem Weg nach Hause beschloss sie, Tom umgehend auf den Mond zu schießen und sich danach sofort bei dem nächsten potentiellen Kandidaten zu melden. Wenn der Berater keine Zeit hätte, würde sie jemand anders pflücken. Die Männer standen schließlich Schlange bei ihr.

So würde sie es machen!

Sie nahm die Abkürzung durch den kleinen Park, und die kleine Gruppe, die sich unter einem Baum versammelt hatte, stach ihr sofort ins Auge. Zwielichtige Typen, die sie vom Gymnasium kannte und um die sie immer einen weiten Bogen machte. Sie wollte den Kopf demonstrativ abdrehen, als sie stockte und einen zweiten Blick zu den Jungs warf. War das dort tatsächlich ihr Bruder?

Sie änderte ihre Richtung und steuerte energisch auf die Gruppe zu.

»David!«

»Sieh mal an, das kleine Flittchen«, hörte sie einen großgewachsenen Kerl mit langem fettigen Haar sagen, doch sie reagierte nicht auf die Provokation.

»Was tust du denn hier?«

»Nach was sieht es denn aus?« Der lange Lulatsch stellte sich ihr in den Weg und ließ sie nicht aus den Augen.

David saß mit einem seligen Lächeln auf dem Boden und schien durch Hannah hindurch zu blicken.

»She don’t lie, she don’t lie, she don’t lie ...«

Seine Stimme war krächzend. Sie drängte sich an dem Typen vorbei und kniete sich vor David hin.

»Mein Gott, was hast du eingeworfen?«

»Hey, sister!« Er grinste sie an und wiegte den Kopf hin und her. »Es ist so crazy. Das solltest du auch mal ausprobieren.«

Sie packte ihn unter den Schultern und wollte ihn hochziehen.

»Ey, lass das!« Der Lulatsch packte sie am Arm und riss sie wieder hoch. Sie achtete nicht auf ihn und redete auf ihren Bruder ein.

»David, was soll das? Bist du jetzt völlig bescheuert? Komm mit. Lass uns nach Hause gehen.« Ihr Bruder starrte sie fragend an, als rede sie in einer fremden Sprache.

»Bist du seine Mama? Ausgerechnet du?« Der Große hatte sich vor ihr aufgebaut. Sie konnte seinen fauligen Atem riechen und wandte ihr Gesicht von ihm ab. »Mach mal ’nen Abgang, du kleines Luder. Deine Kundschaft wartet bereits.« Lautes und zustimmendes Lachen der anderen.

Sie holte aus und wollte ihm mit der Hand ins Gesicht schlagen. Er parierte die Bewegung und hielt sie jetzt an beiden Armen fest. Hannah fühlte sich wie in einem Schraubstock.

»Jetzt hör mir mal gut zu, du kleine Nuttensau.« Es war bloß ein Zischen, allerdings mit einer bedrohlichen Schärfe. Hannah zuckte erschrocken zusammen, und es wurde ihr erst jetzt so richtig bewusst, in welche Gesellschaft sie hineingeraten war. »Du bewegst jetzt deinen süßen Arsch ganz rasch weg von hier. Sonst werde ich ihn höchstpersönlich bearbeiten.« Er blickte in die Runde. »Und ich denke, ich wäre nicht der Einzige, dem das Spaß bereiten würde. Was meint ihr dazu, Jungs?«

Hannah blickte in lüsterne Gesichter, die eifrig nickend die Aussage ihres Anführers unterstrichen. Sie schluckte ihren Ärger runter und versuchte, dem Blick des Langen standzuhalten. Es gelang ihr nicht, sie drehte den Kopf erneut zu David, der von alldem nichts mitbekommen hatte und in seiner eigenen Welt zu schweben schien.

»Hast du mich verstanden, Kleine?« Die Stimme war lauter geworden, und als Hannah nicht sofort reagierte, brüllte er sie an. »Hau jetzt ab, aber subito!«

Er ließ ihre Arme los, machte einen Schritt zur Seite und raubte ihr damit den Blickkontakt mit David.

Hasserfüllt schaute sie den langen Typen an, auf welchen die Bezeichnung Lulatsch mittlerweile überhaupt nicht mehr zutraf. Zu bedrohlich wirkte er auf sie. Sie zupfte sich ihre Jacke zurecht und drehte sich um. Im Stechschritt durchquerte sie den Park und drehte sich kein einziges Mal um.

Zu Hause würde sie sich David vorknöpfen. Sie musste ihm helfen. Er durfte sich nicht von Drogen kaputtmachen lassen.

Tom und den attraktiven Berater hatte sie inzwischen völlig vergessen.

 

 

6

 

Als David das Gymnasium schmiss, hatte sich Hannah gerade entschieden, nach dem Abitur mit einem Jurastudium zu beginnen. Er war dem Unterricht in den letzten Monaten mehr ferngeblieben, als dass er ihn besucht hatte. Als der Rektor sich bei den Eltern meldete und die Situation schilderte, war es bereits zu spät, um das Ruder noch herumzureißen.

David verkündete, dass er nicht im Entferntesten bereit sei, diese Scheißschule noch weiter zu besuchen, und als sein Vater fragte, was er denn anstelle zu tun gedenke, lachte er ihm ins Gesicht.

»Ich brauch ’ne kleine Auszeit. Vielleicht werd ich ein wenig schreiben. Habe so viele Gedanken, die es wert sind, mitgeteilt zu werden. Schriftsteller – das wär was für mich. Aber davon verstehst du nichts. Du hast ja keine Ahnung von Kunst.«

Er winkte verärgert ab und ließ Hannah und ihre Eltern verdutzt stehen. Die Nacht verbrachte er nicht zu Hause, und auch in den folgenden paar Tagen bekamen sie ihn nicht zu Gesicht.

Die Streitereien zwischen Vater und Mutter hatten inzwischen neue Dimensionen angenommen. Sie fanden nicht mehr hinter verschlossenen Türen statt, und es war den Eltern egal, ob Hannah mithörte oder nicht.

»Du schaffst es nicht mal, auf deinen Sohn Einfluss zu nehmen und ihm die Grenzen aufzuzeigen. Weißt du eigentlich, was für ein Waschlappen du bist?«, schrie die Mutter, und Vater beließ es mittlerweile nicht mehr dabei, sie an den Armen zu packen, sondern schlug ihr immer häufiger ins Gesicht.

Hannah war froh, dass sie der hitzigen Stimmung zu Hause fernbleiben konnte. Sie hatte ihren flatterhaften Lebensstil aufgegeben und war seit drei Monaten mit Fabio zusammen, der in einem Musikstudio arbeitete und dort Songs abmischte. Er war vier Jahre älter als sie, und sie hatte schon häufig bei ihm übernachtet, sehr zum Missfallen ihrer Eltern. Hannah kümmerte sich einen Deut darum und verbrachte so viel Zeit bei Fabio, wie sie nur konnte.

Es tat ihr gut, nach ihren sprunghaften Jahren etwas zur Ruhe zu kommen, sich jemandem bedingungslos anvertrauen zu können und in Fabio eine sichere Stütze zu wissen. Er war ein stiller und ruhiger Mann; das aufbrausende Temperament seiner sizilianischen Mutter hatte er nicht geerbt. Er konnte gut zuhören und überlegte bedächtig, bevor er etwas sagte. Sein unaufgeregtes Wesen färbte sich stark auf Hannah ab, und sie hatte das Gefühl, nach fieberhaften Zeiten der Orientierungslosigkeit endlich einen Halt gefunden zu haben, der ihr Sicherheit gab und mit dessen Hilfe sie ihr Gleichgewicht im Leben wieder finden konnte.

Dank seiner Kontakte zur Musikwelt konnte er mit zahlreichen Anekdoten aufwarten. Hannah saugte seine Erzählungen wie ein Schwamm auf und freute sich auf die Abende, an denen sie sich wieder mit Fabio treffen konnte. Sie hatte bereits ein paar Toilettenartikel und Kleider bei ihm zu Hause aufbewahrt und bereitete sich darauf vor, ihr Elternhaus so rasch wie möglich zu verlassen.

Von David hörte sie nicht mehr viel. Als er noch in der Schule gewesen war, hatte sie ihn vereinzelt noch in den Pausen gesehen und mit ihm sprechen können. Doch seit er das Gymnasium geschmissen hatte, wusste niemand genau, wo er sich aufhielt. Hannahs Versuche, mit ihm Kontakt aufzunehmen, blieben unbeantwortet, und nach zahlreichen erfolglosen Vorstößen platzte bei ihr der Geduldsfaden. Sie musste sich eingestehen, dass ihr momentan die Kraft fehlte, um sich um David zu kümmern, und mit einem unguten Gefühl und einem schlechten Gewissen überließ sie ihren Bruder vorerst seinem Schicksal.

In der Schule war es nicht zu vermeiden, dass ihre und Manuels Wege sich kreuzten, und Hannah schaffte es nicht, ihm in die Augen zu schauen. Sie fühlte seine fragenden und flehenden Blicke – immer noch, nach dieser langen Zeit – und versuchte, so gut es ging, ihm auszuweichen. Sie konnte sich nicht erklären, weshalb dieser eine Kuss immer noch so stark zwischen ihnen beiden stand und warum ihr die Begegnungen mit ihm solch ein flaues Gefühl im Magen erzeugten.

Über ihre berufliche Zukunft machte sie sich ausgiebig Gedanken, und sie besprach sich fast jeden Abend mit Fabio, was sie nach dem Gymnasium machen sollte. Hannah war sich nicht sicher, ob sie nach dem Abitur studieren gehen sollte, doch ihr Freund fand, dass der Weg an die Universität für sie unumgänglich sei.

»Du wirst es dein ganzes Leben lang bereuen, wenn du den eingeschlagenen Weg jetzt abbrichst«, mahnte er sie eindringlich, und sie entgegnete ihm, sie habe keine Ahnung, welches Studium für sie das richtige sei.

Fabio empfahl ihr, eine Berufsberatung aufzusuchen, doch Hannah war eher zurückhaltend und konnte vom Sinn einer solchen Orientierung nicht überzeugt werden. Das Problem löste sich schließlich von selber, als ihr die Anwaltsthriller von John Grisham in die Hände fielen. Fasziniert verschlang sie all seine Romane und verkündete schon bald, dass ihre Zukunft in den Fußstapfen von Grishams Helden stünde.

»Ich will den Menschen helfen und die Ungerechtigkeit auf dieser Welt bekämpfen«, begründete sie ihren Entschluss.

»Du willst eine Menge Kohle verdienen«, meinte Fabio mit einem Lächeln auf den Stockzähnen und erhielt dafür einen heftigen Stupser in die Rippen, sodass er theatralisch aufschrie und anschließend mit einem breiten Grinsen ankündete: »Ich werde dich verklagen! Kennst du einen guten Anwalt?«

»Blödmann«, kommentierte Hannah und warf ihm ein Kissen an den Kopf. Mit spielerischer Leichtigkeit balgten sie sich auf dem Bett, bis seine Hände den Weg unter ihre Bluse fanden und damit das Vorspiel zu ihrem Liebesakt einleiteten.

Sie war definitiv im Leben angekommen.

 

 

7

 

Als Hannah nach fünf gemeinsamen Jahren von Fabio verlassen wurde, brach für sie eine Welt zusammen.

Nach Abschluss des Gymnasiums und einem glänzenden Abitur war sie endlich aus ihrem Elternhaus ausgezogen und hatte begonnen, mit Fabio eine gemeinsame Zukunft aufzubauen.

Der Kontakt mit Vater und Mutter hatte sich auf ein Minimum reduziert; wenn, dann rief sie bei ihnen an, um nachzufragen, ob sie etwas von David gehört hätten. Meistens erfolglos. Ein paar Mal wurde ihr berichtet, dass er zu Hause aufgetaucht sei und um Geld gebettelt habe. Sein Aufenthaltsort war allerdings völlig unbekannt. Niemand wusste, wie er seinen Lebensunterhalt bestritt, und Hannah befürchtete, dass er seinen Körper für Drogen verkaufte. Wenn sie es vor lauter Sorge um ihn nicht mehr aushielt, begab sie sich in die zwielichtigen Viertel, suchte nach ihm und zeigte sein Foto herum. Doch niemand wollte ihren Bruder kennen; sie war sich mittlerweile ziemlich sicher, dass er sich nicht mehr in der Stadt aufhielt. Und trotzdem zwang sie sich regelmäßig zu ihrem Rundgang durch den Rotlichtbezirk und die Drogenszene, immer mit der Hoffnung, David über den Weg zu laufen.

»Du jagst einem Phantom hinterher«, sagte Fabio. Obschon er sie bei ihren Suchaktionen unterstützte und sie auch das eine oder andere Mal begleitet hatte, bildete sich schließlich bei ihm die feste Meinung, dass Hannah ihre Energie verschwendete. »Wie groß ist die Chance, ihn in dieser Stadt irgendwo anzutreffen? Und selbst wenn das Unvorstellbare eintreffen würde, was könntest du tun? Hast du das Gefühl, er würde sich von dir helfen lassen und brav wieder den Weg nach Hause finden?«

»Das verstehst du nicht«, entgegnete Hannah wütend. »Du hast keine Geschwister. Du kannst dir nicht vorstellen, wie du mitleidest, wenn dein eigener Bruder sein Leben einfach so wegwirft. Aufgeben darf keine Option sein! Ich muss es zumindest versuchen – immer und immer wieder. Es lässt mir keine Ruhe.«

»Du hast ein anstrengendes Studium zu bewältigen und du hast eine Arbeit, die dir gutes Geld einbringt.« Hannah jobbte in einer Kanzlei eines mit Fabio befreundeten Anwalts und erledigte einfache administrative Verrichtungen. »Und den Rest deines Lebens willst du für die Suche nach deinem Bruder opfern, der sich irgendwo in diesem Land oder gar auf dieser Welt aufhalten könnte? Wach auf. Du kannst nichts für ihn tun.«

»Und ob ich das kann. Er ist mein Bruder. Ich werde ihn niemals aufgeben!«

So harmonisch wie ihre Beziehung ansonsten verlief, so uneinig waren sie sich in dieser Frage, und häufig endete eine Diskussion um David in heftigem Streit.

Das damals aufkommende Internet eröffnete Hannah ganz neue Möglichkeiten, und sie saß manchmal stundenlang am Rechner und suchte nach virtuellen Wegen, um auf der Suche nach ihrem Bruder einen Schritt vorwärts zu kommen. Vergeblich. David blieb wie vom Erdboden verschluckt.

Als Fabio ihr eröffnete, dass er die Beziehung beenden wolle, fiel sie aus allen Wolken. Sie hatte sich so ins Studium und in ihren Nebenjob verbissen und nebendran jede freie Minute mit den Gedanken an David verbracht, dass ihr gar nicht aufgefallen war, wie sehr sie sich von Fabio entfernt hatte. Sie hatte ihn immer als wichtige Stütze empfunden, auch wenn sie in der Frage um ihren Bruder nicht der gleichen Meinung waren. Sie hatte nicht gemerkt, wie Fabio immer mehr alleine oder mit Freunden unternahm und war so in ihre Probleme vertieft gewesen, dass sie seine zunehmend schlechte Stimmung nicht bemerkt hatte. Die immer häufiger auftretenden deutlichen Zeichen einer Krise hatte sie ignoriert und sich eingeredet, dass alles besser werde, wenn sie David einmal gefunden habe.

»Ich habe in deinem Leben keinen Platz mehr«, sagte Fabio in nüchternem Tonfall zu ihr. Es klang wie eine Feststellung, sie konnte keinen wirklichen Vorwurf darin hören und stellte jäh fest, dass es keinen Raum mehr für Diskussionen gab. Sein Entschluss war bereits gefallen; es gab kein Zurück mehr. »Ich möchte, dass du dir eine andere Bleibe suchst. So rasch wie möglich. Ich werde übermorgen mit einem neuen, aufwendigen Projekt beginnen und fast Tag und Nacht im Studio verbringen, arbeiten und auch dort übernachten. Du hast also genug Zeit, um dich mit deinem Neustart auseinanderzusetzen.«

Die Sachlichkeit, mit der er sie von der Trennung in Kenntnis setzte, war für Hannah fast schlimmer als die Botschaft selber.

»Warum, Fabio, warum«, flüsterte sie mit Tränen in den Augen.

»Es tut mir leid, Hannah.« Er sah zu Boden. »Du hattest schon seit längerem keine Antenne mehr für mich, für uns. Ich habe dich lange unterstützt, aber du wirst in deinem Wahn auf der Suche nach David einmal untergehen. Ich kann so nicht mehr weiterleben. Es ist der Punkt gekommen, an dem sich unsere Wege trennen müssen.«

»Ach ja?« Hannahs erhob ihre Stimme. »Hast du mich in deinen verdammten Entscheidungsprozess auch nur einmal mit einbezogen? Hast du mal daran gedacht, mit mir darüber zu reden? Bereitet es dir Freude, mich vor vollendete Tatsachen zu stellen.«

»Hannah.« Fabio blieb ruhig, was sie noch wütender machte. »Die Antwort ist Ja; ich habe versucht, mit dir über unsere Beziehung zu sprechen. Mehr als einmal. Du wolltest dir nie die Zeit nehmen, um über uns nachzudenken. Alles andere war dir wichtiger. Du hast dich in eine Sache verbissen und willst nicht mehr davon loslassen. Du nimmst keine Hilfe von außen an. Dein Tunnelblick ist beängstigend. Es tut mir leid.«

»Das sagtest du bereits!«, schrie sie ihn an.

Er drehte sich um, griff nach seiner Tasche, die gepackt in der Ecke stand. Nicht einmal das war ihr aufgefallen. Unter der Tür wandte er sich nochmals um und blickte sie an.

»Es geht nicht mehr.«

Dann war er weg.

Zwei Monate später, Hannah war inzwischen bei einer Kommilitonin untergekommen, erhielt sie einen Anruf ihrer Eltern. David war in die Notaufnahme eingeliefert worden, nachdem man ihn zusammengeschlagen auf der Straße gefunden hatte. Sie eilte sofort ins Krankenhaus, und als sie ins Zimmer trat, wo ihre Eltern bereits an Davids Bett standen, erkannte sie den Menschen, der völlig ausgemagert und mit zahlreichen Prellungen im Gesicht vor ihr lag, zunächst gar nicht.

Mit bebenden Lippen strich sie ihm über die Wange, und als er ihr mit einem kurzen Lächeln signalisierte, sie erkannt zu haben, fiel sie laut schluchzend in die Arme ihrer Mutter.

Die zerstrittene Familie hatte angesichts des Schicksalsschlages wieder zusammengefunden, und am liebsten hätte Hannah Fabio angerufen und ihm triumphierend unter die Nase gerieben, dass ihr Bruder wieder aufgetaucht sei und wie unrecht er doch gehabt habe. Sie unterließ es jedoch; die Freude über das Wiedersehen mit David überwog den Schmerz, welcher ihr die Trennung von Fabio immer noch bereitete. Jede freie Minute verbrachte sie nun im Krankenhaus.

Davids Verletzungen verheilten relativ rasch, doch sein ausgemergelter Körper verlangte ständig und unnachgiebig nach Rauschmitteln, was ihm unvorstellbare Schmerzen bereitete. Die Ärzte waren äußerst besorgt.

»Reden Sie doch bitte mit ihm«, bat sie ein Mediziner während einer Unterredung, um die Hannah gebeten hatte. »Ein Entzug ist unumgänglich, das Einzige, was ihrem Bruder helfen könnte, wieder ein normales Leben zu führen. Aber er fürchtet sich vor den Schmerzen, denen er zweifellos ausgesetzt sein wird, und glaubt nicht, dass er die nötige Disziplin dafür aufbringen wird.«

»Was willst du denn, David?«, fragte sie ihren Bruder, nach dem Gespräch mit dem Arzt. Sie konfrontierte ihn mit seiner einzig möglichen Chance, die er vorerst laut und energisch ablehnte. »Willst du wieder auf die Straße zurück, jeden Tag die verzweifelte Suche nach Geld und Drogen? Mensch, du bist dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen, du hast die Möglichkeit auf einen Neustart. Bitte, David. Wirf dein Leben nicht nochmals weg.«

Sie legte den Kopf an seine Brust und schluchzte in die weiche Bettdecke hinein. Ihr Bruder hatte sich standhaft geweigert, ihr und den Eltern zu erzählen, wo er sich seit dem Zerwürfnis herumgetrieben und was er alles erlebt hatte – Hannah vermutete, dass es schlimme Dinge waren. Sie fühlte Davids Hand in ihrem Haar, die ihr zärtlich über den Kopf strich.

Als sie aufsah und ihm in die Augen blickte, stellte sie eine Veränderung fest, zwar schwach, aber für sie deutlich bemerkbar.

Er nickte und öffnete ganz leicht den Mund. Sie konnte die leisen Worte erst verstehen, als sie ihre Ohren auf seine Lippen legte.

»Ich tue es für dich, meine große Schwester. Nur für dich.«

Hannah wurde von einem solch starken Glücksgefühl durchflutet, dass ihr Körper zu zittern begann.

»Danke, mein kleiner Bruder«, flüsterte sie zurück. »Du hast dich richtig entschieden, glaub mir.«

 

 

8

 

Davids Zugeständnis, sich in eine Entzugsklinik zu begeben, verlieh Hannah wieder diejenige Kraft, die ihr nach der Trennung von Fabio abhanden gekommen war.

Trotzdem machte sie sich ununterbrochen Vorwürfe, weshalb sie die Zeichen, die zum Bruch mit ihm geführt hatten, nicht rechtzeitig selber erkannt hatte und sehnte sich nach Wärme und Geborgenheit. Sie empfand ihr Leben als einsam und war deshalb sehr empfänglich für die Avancen, die ihr ein Mitarbeiter der Anwaltskanzlei, in der sie arbeitete, entgegen brachte.

Sie ging ein paar Mal mit ihm aus und schlief auch mit ihm. Eine feste Beziehung konnte sie sich allerdings nicht vorstellen, was sie in aller Deutlichkeit klarstellte, als er von einer gemeinsamen Wohnung zu sprechen begann. Das Arbeitsklima wurde dadurch für eine Weile sehr frostig.

So häufig wie es nur ging besuchte sie David in der herrlich gelegenen Klinik. Die Anlage und die Landschaft rundherum waren wunderschön, und die Spaziergänge, die sie gemeinsam unternahmen, waren für beide bereichernd und von großer Intensität. Sie glaubte, diese Verbindung zwischen ihnen, die sie schon als kleine Kinder zusammengeschweißt hatte, wieder aufkeimen zu spüren. Er erzielte bemerkenswerte Fortschritte, und Hannahs Freude darüber war immens. Als er ihr allerdings verkündete, für einen Neustart benötige er eine völlig neue Umgebung, wurde sie von der Wirklichkeit wieder eingeholt. In ihren Träumen war ihre Familie nach langer Zeit des Zwists wieder vereint gewesen, und sie hatte sich in den schillerndsten Farben ein harmonisches Leben mit David und ihren Eltern ausgemalt.

»Ich habe mit Mama und Papa bereits über meine Pläne gesprochen«, erklärte er ihr.

Schön, als Letzte darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, dachte sie sich ärgerlich.

»Sie haben sich bereit erklärt«, fuhr er fort, »mich zu unterstützen und mir einen Aufenthalt in Australien zu finanzieren. Ich werde mich nach Arbeit umsehen und wenn möglich dort bleiben.«

»Aber das kannst du doch nicht machen, kleiner Bruder.« Die Wut war einer tiefen Enttäuschung gewichen, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Jetzt, wo alles wieder gut kommt. Wir schaffen das doch gemeinsam, wir helfen alle einander.«

»Meinst du wirklich, dass ich mein altes Leben hier in diesem Umfeld hinter mich lassen kann?« Davids Stimme war fest, und er strich seiner Schwester über die Wange. »Du willst gar nicht wissen, was ich alles für Leute kennengelernt habe, die nur darauf warten, mich wieder zwischen die Finger zu kriegen. Ich habe hier keine Zukunft, kann hier nicht ohne Angst ein neues Leben beginnen. Ich brauche Abstand und muss irgendwo hin, wo mich keiner kennt und wo niemand etwas über meine Vergangenheit weiß. Ich werde zunächst viel reisen und mir dann eine Arbeit suchen. Ein Job auf einer Farm, warum nicht? Etwas, wo man draußen arbeitet und am Abend sehen kann, was man tagsüber alles erledigt hat. Außerdem wäre es schön, wenn ich Tiere um mich herum haben könnte. Erinnerst du dich, wie viel dir Tiere bedeutet haben, als du noch klein warst?«

»Ich wollte Tierärztin werden, um jeden Preis. Bis zu dem Zeitpunkt, als wir Hugo verloren haben.« Sie zog die Nase hoch, und David reichte ihr ein Taschentuch.

»Es wird alles gut, große Schwester. Ich weiß, wie sehr du dir ein harmonisches Familienleben wünschst, und ich danke dir für alles, was du für mich getan hast. Australien ist ja nicht fernab der Welt. Du kannst mich besuchen kommen, wann immer du willst.«

»Ich weiß.« Hannah nickte und putzte sich die Nase. »Ich habe nur so gehofft ...«

Sie brachte es nicht über sich, David zum Flughafen zu begleiten, als er nach beendeter Therapie nach Queensland abflog. In der Nacht zuvor schrieb sie ihm aber einen langen Brief, den sie ihren Eltern mitgab. Sie wünschte ihm alles Gute für sein neues Leben und bat ihn, sie ständig über seine Reisen und Pläne auf dem Laufenden zu halten. Außerdem versprach sie, ihn regelmäßig zu besuchen.

Sie sollte nie mehr etwas von ihm hören und musste mit der Ungewissheit leben, ob es ihm gelungen war, in Australien Fuß zu fassen oder ob er sich wieder der Versuchung der Drogen hingegeben hatte. Verzweifelt musste sie feststellen, dass David wahrscheinlich von Beginn an geplant hatte, sämtliche Verbindungen abzubrechen und sie mit seinen Versprechungen angelogen hatte.

Es war eine Erfahrung, aufgrund derer Hannah eine dicke Mauer des Misstrauens um sich herum errichtete. Sie konnte sich keinem Menschen mehr richtig öffnen, vermutete überall Lügen und Betrug und ließ niemanden mehr nahe an sich heran. Auch ihren Eltern begegnete sie mit Distanz; sie fragte sich, ob sie von Davids wahren Absichten gewusst und sie damit im Ungewissen gelassen hatten. Obschon ihre Mutter und ihr Vater ihre Unschuld beteuerten und sich genauso traurig über das erneute Verschwinden ihres Sohn zeigten, schaffte es Hannah nicht, ihnen Glauben zu schenken.

Als sie Alexander kennenlernte, verliebte sie sich nicht sofort in ihn. Er wurde ihr während eines Firmenessens der Kanzlei als guter Freund von einem der Juniorpartner vorgestellt, und sie fragte sich, ob dieses scheinbar zufällige Zusammentreffen nicht ein abgekartetes Spiel der beiden gewesen war. Alexander zeigte von Beginn an starkes Interesse an Hannah, und seine Avancen waren beharrlich und äußerst fantasievoll.

Er war rund zwanzig Jahre älter als sie, Inhaber eines bekannten Notariats, geschieden und hatte zwei erwachsene Kinder. Als er um ihre Hand anhielt, glaubte sie zunächst, sich verhört zu haben und fühlte sich dann aber geschmeichelt.

Im Nachhinein war ihr klar, dass sie ihn niemals geliebt hatte. Aber sie war zu diesem Zeitpunkt auf der Suche nach Sicherheit, Vertrauen und Harmonie. Er versprach, ihr alles davon zu geben und wollte sie zudem auf Händen tragen.