C.H.BeckDIe FALE
Yuval Noah
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Danil CasanavDavid Vandrmuln
David Vandermeulen •DanielCasanaveDiE F
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C.H.BckYuvalNoah
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INHALTSVERZEICHNISCoverTitelWidmungZeittafel der GeschichteDie Ähre des SchreckensVon Mythen und MenschenDie Akte K.Das Kabinett von Doctor FictionEpilogDemnächst bei SapiensDanksagungNachwortZum BuchÜber die AutorenImpressum
Für die Ahnen, die die Grundsteine legten, und für die besseren Ahnen, die wir werden müssen.— YUVAL NOAH HARARI
Vor … Jahren13,8Mrd.4,5 Mrd.3,8 Mrd.6 Mio.2,5 Mio.2 Mio.400 000300 00070 00050 00030 00015 000Materie und Energie tauchen auf. Beginn der Physik. Entstehung von Atomen und Molekülen. Beginn der Chemie.Entstehung des PlanetenErde.Entstehung vonOrganismen. Beginn der Biologie.Letzter gemeinsamer Vorfahre von Menschen und Schimpansen.Menschen entstehen inAfrika. Erste Steinwerkzeuge.Menschen breiten sich von Afrika nach Eurasien aus. Entwicklung unterschiedlicher Menschenarten.Neandertaler entwickeln sich in Europa und im Nahen Osten. Gebrauch von Feuer im Alltag.Homo sapiens entwickelt sich in Afrika.KognitiveRevolution. Entstehungdes Geschichtenerzählens. Beginn der Geschichte. Sapiens breiten sich jenseits von Afrika aus.Sapiens besiedeln Australien. Aussterben der australischen Megafauna.Aussterben der Neandertaler. Homo sapiens ist einzige verbliebene Menschenart.Sapiens besiedeln Amerika. Aussterben der amerikanischen Megafauna.Zeittafel der Geschichte
Landwirtschaliche Revolution. Domestizierungvon Pflanzen und Tieren. Dauerhae Siedlungen.Erste Königreiche, Schri und Geld. Polytheistische Religionen. Erstes Großreich: Reich von Akkad des Sargon. Erfindung von Münzen – ein universelles Geld.Persisches Reich – eine universelle politische Ordnung.Buddhismus in Indien – eine universelle Lehre.Han-Reich in China. Römisches Reich im Mittelmeerraum. Christentum.Islam.Wissenschaliche Revolution. Die Menschheit gesteht sich ihr Nichtwissen ein und erlangt allmählich nie dagewesene Macht. Europäer beginnen mit der Eroberung Amerikas und der Weltmeere. Der gesamte Planet wird zu einer einzigen historischen Arena. Aufstieg des Kapitalismus.Industrielle Revolution. Familie und Gemeinscha werden ersetzt durch Staat und Markt. Massenhaes Aussterben von Pflanzen und Tieren.Menschen überschreiten die Grenzen des Planeten Erde.Atomwaffen bedrohen das Überleben der Menschheit.Organismen werden zunehmend durch intelligent Design und nicht mehr durch natürliche Auslese geformt.Intelligent Design wird zum Grundprinzip des Lebens?Erste nicht-organische Lebensformen?Menschen werden zu Göttern?12 00050004250250020001400500200Die GegenwartDie Zukun
Ich glaub’,ich weiss, wo du mich hin-schleppst,OnkelYuval. Wir geh’nins Theater, stimmt’s?9
Ha ha …Ok, erraten…Das wardie Idee vonProfessorin Saraswati. Wirklich, Professorin? Hehe. Ja.Ich hab’gehört,dass sie dieses Stück hier spielen, während ich in TelAviv bin, und da dachteich, das wär’ dochwas für uns drei.Es istgenau das, was wir brauchen, um un-sere Neugierde zu stillen – es gehtnämlichum das, was in der Geschichte von Sapiens als Nächstespassiert ist.Das klingt gut!10
Nachdem sie sich überdie ganze Weltausgebreitethatten, führten die …… MenscheneineechteTragödieauf. Sie woll-ten noch mehr Macht haben …Sagen wir mal so: Sie hatten sich was Bessereserhofft …Und was siefürbesser hielten, erwies sichschon bald als schlechter… Als hätten sie einen Teufelspakt geschlossen.Es fängt an!Und das hatnichtfunk-tioniert?11
Ups, seid ihr schon länger da? Das hier istmein Lieb-lingslied, «Little Crop of Horrors». Kenntihr das? twingtwing12
Wie diese öden Neandertaler, die einem wilden Schaf hin-terherhecheln … Ich meine, all diese verschiedenen Menschenarten verbrachten mehr als 2MillionenJahre damit,Tiere zu jagen und Pflanzen zu sammeln, aber sie DACHTEN NiE DRAN, SiE ZU BEHERRSCHEN!!!Uuh-aaah!Das Ganze war UNER-TRÄGLiCH!13
Als die Sapiens eifrig ihre Feuer anzündeten und ihre Werkzeugeherstellten …da glaubte ich, sie würdendanachgieren, immer mächtiger zu werden!! Vielleicht,so dachteich, würdensie eine Ziege besitzen wollen?Bäääää?Ich wollte ein bisschenSchwung in die Sache bringen, aber sie ignorierten mich.Ich schaute mir an, wie sie systematisch grosse Tiere undandere Menschenarten ausrotteten.Bäääää?Doch selbst nach allem,was siean-deren Menschenundalldiesen Tieren angetanhatten, warensie nichtanechter Macht interessiert.Bäääää?Oh nein!, dachte ich, nichtnoch mal Tyrannosaurus Rex!Sie sind Mörder, ja,abersie wollen partoutniemanden versklaven …Bäääää!!!Schliesslich– endlich! – gelang mir vor 12 000 Jahren im Nahen Osten ein unerwarteterDurchbruch … In Gestalteinerkleinen Weizenähre führte ich einen armenSapiensnamens Faustus in Versuchung … Bäääää?14
Sei gegrüsst,Faustus, du scheinst bedrückt.Oh! Bist du das, die da spricht,kleine Ähre?!?KeineAngst,ichbin eine guteFreundin …Du hast recht,ich bin bedrückt…Ichdenk’ schon seitlangem über mein Leben nach, weissaber nicht,wie ich’sverbes-sern soll! Wie könnteein zartes Pflänz-lein wie du mir dabei helfen?Sag' mir, was duverändernmöchtest.Man weissnie, ich mag klein sein, könnte mich aber als nützlicherweisen …Ich bin’s leid,stundenlang zu jagen, auf Bäume zu klet-tern und alle paarWochenein neues Lager auf-zuschlagen …Und nie zu wissen, ob ich im Wald genug zu essen finde. Meine Freunde lachen mich aus und sagen, ich sollmirnicht so viele Gedan-ken machen.«Nurdie Ruhe,Faustus!», sagensie. «Nimm’s leicht,das Leben ist’ne Party!»Aber ich bin ein Grüb-ler. Ich würd’ wirklich gern ein paar Vor-räte haben!Ich glaube, ich hab’die Lösung für dei-nen Wunsch …Nicht so schüch-tern,komm näher.Domestiziere mich! 15
Domestizieren?Was ist das? Nie davon gehört …Sagstdu die Wahrheit,kleineÄhre? Du tust,was man dir sagt?Undver-mehrstdich,so dass wir alle sorglos essenkönnen? Aber washastdu davon?Reichlich EssenundwenigerArbeit –die Erlösung!Und meine Kinder werden keine Ah-nung haben, wie sich Hunger anfühlt!Ok, abge-macht,kleineÄhre! 16
Es war die grösste Umwälzung in der Lebensweiseder Menschen, die es je gab.Undsie trägtden Namen …
Von den Tausenden von Arten, die dieUrmenschenjagtenundsammelten,eignetesich nur eineHandvoll fürdas Domesti-zierungsspiel.Diese seltenen Arten lebten anein paar wenigen Orten, undan diesen Orten kam es zu landwirt-schaftlichen Revolutionen. Bis heutestammtdie Hälfteder Kalorien, die euch gefrässige Menschen ernähren, vonnurdrei Pflanzen – Weizen, Reis, Mais – und zwei Tieren –Kühen und Schweinen …… sie alle wurdenvorüber 9000 Jahren domes-tiziert!Brom-beerenWeizen (– 12 000) Ziege (– 10 000) ErbsenundLinsen (– 10 000)Olivenbaum (– 6500)Pferd (- 5500)Weinreben (– 8000) Kamel (– 5000)Pistazien (– 8000) Buckelrind (- 8500)Schwein (- 10 500)Huhn (- 8000)Katze (- 8000)Schaf(- 10 500)Lama (- 5000)Kuh (- 10 500)18
Was für eine Geschichte! Vom Tellerwäscher zum Millionär! Vor 12 000 Jahren war ich nur ein unbedeutendes Grasge-wächs.Selbst in meinerHeimat trampelte mich Armen jeder achtlos nieder …Es war schon mühsam, einen stillen Winkelzu finden, in dem ich wachsenkonnte. Damalsgab esin den Great Plains Nordameri-kas nichteinen einzigen Weizenhalm. Heute aber, nurein paar tausend Jahre später, findetman überall nurmich, mich, mich –über Hunderte von Kilometern gibtes keine andere Pflanze!Das Ackerland,auf dem ich gedeihe, bedecktheutemehrals 2 Millionen km²! Das entsprichtder Grösse fastganz Westeuropas!Das stimmt!Ich bin die erfolgreichste Pflanze der Geschichte!Fake News!Der Mais istKönig, Schätz-chen!Mach' Platz, Hochstapler! Der Zucker regiert!19
Bevor sie mir indie Falle gingen, führten diese unbedeutendenAffen ein rechtan-genehmes Leben alsJäger und Sammler …Ein paar tausend Jahre später…Hiergibt’s nichts zu grinsen, kleine Ähre! DerPakt,den du mit meinem Vor-fahrgeschlossen hast,war totaler Betrug!Du hinterhältiger Dämon! Ok,das Wildbeuter-leben des alten Faustuswar manchmal hart,anstrengendundgefährlich …… Abermein Leben als Bäuerin istdefinitivschlimmer!!!Hi! Hi!Da hatsie nichtun-recht!20
Ich muss gestehen, ich schätze es,wenn sichjemand um mich küm- mert …GanzeGenerationen netter Sapiens haben sichfürmich den Rücken ruiniert…Ich brauch’einenZaun!!!Wie liebenswürdig,danke für den Eimer, aber wäre ein Be-wässerungsgraben nicht angemessener?Es ist zu feeeuuucht!!! 21
Arme Sapiens …Manchmal empfindeich fastso etwas wieReue…Sie schuften soschwer …Sie glauben, mein Teil des Dealswäre es, sie vor Hunger undKrankheit zu bewahren …Ha! Ha!Dumme Affen! Alles,was siebekommenhaben, sind Hunger undSeuchen!Gut,Landwirtschaft verschaffteihnen mehrEssen …Aber sie hatten auch mehrKinder! Mussten also mehr Münder sattbekommen. Statt zueinem besseren Leben führte ihre landwirtschaftliche Revolution zu einer Bevöl-kerungsexplosion!Kommt,Kinder, an die Arbeit!… Undzu den ersten verwöhnten Eliten.Ausserdemwarenihre Körper nichtdazu geschaffen, mich so sorgfältigzu hegen…Die Menschen warenes gewohnt,auf Feigenbäume zu klettern und Gazellen nachzujagen …Ihre Knie, Ellbogen, Rücken undNacken zahlteneinen hohenPreis. Schautman sich fossile Skelette genau an,lässtsich die landwirtschaftliche Revolution an kaputten Gelenken und Wirbeln erkennen. Bandscheiben-vorfallArthritisLeisten-bruch22
Und wer war für all das ver-antwortlich?Nun …Reis,Kartof-feln und …iiiiiiich!Mwa-ha-ha!Doch kommenwir zur Moral unserer Ge-schichte …twingtwingWer wohnt in einem Haus?Ich oder du? Ihr wolltetmehr …Ihr habt mehrbekommen!Bitte, Herr, ich will nochmehr …23
Was für eine schrecklicheGeschichte!Scheint dirgefal-len zu haben.Natürlich! Aber es war nurein Theaterstück. Ich kann mir kaum erklären, wie das in der echten Welt passieren konnte…Warum hatHomo sapiens einLeben, das eigentlich ganz okwar,gegen ein soschreckliches eingetauscht?Was hatte er davon?Im Grunde recht wenig…Und dieses Stück zeigt noch nicht einmaldas volle Aus-mass der Tragödie …Wollen wir bei einem Getränk im Park drü-ber reden?GuteIdee, Yuval. Meine Güte, istdas um diese Jahreszeit noch warm …Das,wovon im Stück die Rede war, stimmtalso?Ja.Na ja, zumin-destder Kern des Ganzen.klatschklatschklatschklatsch24
TürkeiIRANNatürlichwar es nicht soeinfach wie in dem Stück. Künstlerische Freiheit steht im Theaterimmer an ersterStelle! Das echteLeben ist komplizierter. Die landwirtschaft-licheRevolution war kein einzelnes plötz-liches Ereignis,undsie umfasstemehr als nur einePerson und einePflanze. Es war ein langer Prozess,der Jahrtausendedauerte. Es gab nichtnur einen Teufelspakt oder eine einzigeAgrarRevolution, die sich dannüber den ganzen Planeten ausbreitete …Tatsächlich entstand die Landwirt-schaftunabhängig voneinander inverschiedenen Teilender Welt. Aber nichtüberall.In Australien,Süd-afrika und Alaskaz.B. gab eskeine Pflanzen oderTiere,die sich zur Domes-tizierung eig-neten …Hey,schaut!Das neueste Bill& Cindy-Heft! boing!boing!boing!Jordanien25
In Alaska …Cindy,ich habe die Idee des Jahrhun-derts!Puh, nichtschonwieder!Noch eine Idee … Wir eröffnen das ersteRestaurant in Alaska!Und auf der Speisekarte gibt’s nur ein Gericht:Mammutsteak für alle!!Wir nennen es Mammut Steakhouse!Mmjjaa …äh, fantastisch, Bill. Aber woher kriegstdu genügend Mammuts?Wir züchten sie, Cindy!Aber na-türlich …Warum bin ich bloss nichtdrauf ge-kommen…Ein wenig später…Fürwen ist dieses feineLeckerli?Neiiin …Du mussterst Pfötchen geben…Das hat weh ge-tan.Würdestdu das Wollhaarmammutbitte von der Listeder möglichen Nutztiere strei-chen, Kurt?26
Ha ha!Aus-gezeichnet!Apropos Res-taurant,wiewär’smiteinem Abendessen? Vor der landwirtschaftlichen Revolution ernährten sich die Sapiens nur zu einem kleinen Teilvon Getreide. Menschen sind Allesfresser, sie essen die verschiedenstenDinge.Weizen verschaffteSapiens keine bessere Er-nährung.Danke.Und er verschaffteihnen bestimmtkeinewirtschaftlicheSicherheit.Das Leben als Bauer war weniger sicher als das Dasein als Jäger und Sammler. Ich glaube, die wollen michtesten.Das müs-sen Restaurant-kritiker sein. EineErnährung auf Getreidebasis liefert wenig Vita-mineundMineralstoffe. Sie istschwer zu verdauenund ruiniertZähne und Zahnfleisch.BEI TONIOVOLLKORNPASTA27
Bei TonioBei TonioSpaghettiGnocchiRisottoWildbeuterassen Dutzende verschiedene Arten, und das bedeutete, dass sieharte Jahre auchohne Lebensmittelvorräte überstehen konnten – wenn das Angebotbei einer Artknapp war,konnteman immer eineandere pflücken oder jagen.Mmmm … Kann mich nichtrecht entscheiden …Bis vorkurzem bekamen die meistenBauern fast ihre gesamte Kalorienzufuhrvon ein paar Nutzpflanzen. Vielerorts gab esnureineHaupt-nahrung: Weizen, Kartoffeln oderReis. Wenn der Regen ausblieb oder die Heuschreckeneinfielen oderein Pilzdie Pflanzen befiel,konntees sein, dass die Bauern zu Tausenden oder gar Millionen starben. 1847 zerstörteein winziger Pilzdie Kartoffelernte inIrland.EineMillionIren verhungerte, eine wei-tere Million wanderte nach Amerika aus.Überdies lebtendie Bauern in beengten Dörfern in engem Kontakt mit vielenTie-ren und Abfällen, so dass ein Virus nur von einem Huhnaufeinen Menschen übersprin-gen mussteunddas ganze Dorf daran sterben konnte.Landwirtschaftführte nichtnur zu mehr Epidemien,sondern auchzu mehr Gewalt! Mit dem Aufkommen des Ackerbaus gab esplötzlichviel mehr GründefürKonflikte. Wenn Nachbarnkamen, um den Getreidespeicher zu plündern,konnteman ihnen den nichteinfach überlassen undwoanders hingehen. Man musstedarum kämpfenoder an Hunger sterben …Bei Tonio28
Folge 1: SchwierigeAnfängeHey,du! Wildbeuter!Kannstdu nichtlesen?!?Hier wohntKurt.Privatgrundstück.Lesen? Äh, nein … Kurts neueLebensweise scheint nettzu sein. Vielleicht solltenwir’sauch mal versuchen …Was meinst du?Nein,mit der Landwirtschaft,du Idiot! Wir sollen mit dem Schreiben anfangen?Ein bisschenspäter…Hast du das gesehen, Cindy?Unser Kapital ist um 1000 % gewachsen! Hmm … Noch etwas später…Howdy. Mir gefällt deine Ranch. Sie ge-hörtjetztmir. Ww …was? Was zum Henker! Er ist stärker als du.Komm, Bill … Hau’n wir hier ab! Prosper vom Nachbarfeld nimmtuns sicher bei sichauf! Im Ernst,Cindy?Ichbin grade mit der Garage fertiggeworden …Wir kön-nen ihm das nichteinfach so überlas-sen!Noch später… Howdy … Oh nein! Nichtschonwieder! Komm,Bill, es sind zu viele!Niemals! Diesmalver-teidige ich mein Land bis zumLetzten! 29
Dein Hefthatvöllig recht,zahlreiche Studien belegen das.Archäologische und anthropologische Erkenntnisse legen nahe, dass in vielen Agrargesellschaften rund ein Viertel aller Todesfälle gewaltsam war. Zuerstgab es friedfertige und gewalttätige Bauern. Das haben Grabungen in der südlichenLevanteergeben:Sie zeigen, dass die StädteundDörfer indieser Gegendjahrtausendelang keine Mauern hatten unddie Menschen fastnie in den Krieg zogen.Allmählich aber dehnten gewalttätige Bauern ihr Ter-ritorium aus, und die Menschen mussten deren schlechteAngewohnheit übernehmen oder ihnen aus dem Weggehen.Das Kriegführen istkein universellesMerkmaldes Menschen. Es wurde in einerReihe primitiver Bauern-gesellschaften erfunden. Und breitetesich dann wieeineSeucheaus! Leider gibt es kein natürliches Gleichge-wichtzwischen Krieg undFrieden. Um Frieden zu schliessen, brauchtes zwei Stämme,um einen Krieg anzufangen, aber nur einen.Gewalt,Hunger, Krankheiten … Aber Onkel Yuval,hattedas Dorf-leben für dieseersten Farmer nicht wenigstens ein paarVorteile?Die waren doch jetztvor wildenTieren geschützt,und auch vor Kälte und Regen, oder? Das stimmt,aberfürnormale Menschenwie Bill und Cindy hattedas Ganze oftviel mehr Nachteile als Vorzüge …Ichbin auch ein ganz nor-maler Mensch, undichhab’nicht das Gefühl,dass Landwirtschaft was Schlechtes fürmich ist.Wie könnte ich ohnesie hier in diesem Restau-rantSpaghettiessen? Du scheinstdie Landwirtschaft sehr zu mögen, aber du musst das Landjaauch nichtbestellen! Du freustdich, ihre Produkte essen zu können. Für Menschen, die in wohlhabenden modernen Gesellschaften leben, wardie landwirtschaftliche Revolution eine wunderbareIdee. 30
Aber unsere Sichtweise istnichtrepräsentativ. Denk' nur an die Vorfahren dieserRestaurantbesitzer …Sie waren womöglich arme sizilianische Bauern. Wenn sie eine schlechteErntehatten oder der örtliche Adel die Abgaben erhöhte, verhungerten ihre Kinder.Aaah … Ichsterbe vor Hunger …Aberichopfere mich gern,denn in ein paarhundert Jahren wird …… die liebe Zoe leckere Spaghetti essen können … Ave, Zoe, morituri te salutant!Also gut,was hatder Weizen den frühenBauern im Nahen Os-ten oder diesem armen hunger-leidenden Mädchenin Siziliengebracht?Dem Einzelnen … garnichts!Haha!Aaargh!Ha! Ha! Kleiner ScherzfürSie,gehtauf’s Haus! Wirklich? Stimmtdie Rechnung? Si, si … 50 %Rabatt.Ein besonderes Geschenk vonuns für so wunderbare Gäste! Nun denn, vielen Dank… Grazie mille! Buona serata!Dieseitalienischen Wirtsleutewaren echtnett!Und lustig!Sie mochten uns offen-bar …31
DBN:Was sagen Sie zu Professor Goldmines Kritik? YNH:Sicher, dank der Landwirtschaft gab es mehr Menschen auf der Erde, aber es ging ihnen viel schlechter! Warum sollte irgendein vernünftiger Mensch seinen Lebensstandard senken, nur um die Zahl der Kopien der HomoSapiensDNA zu er höhen? Das wäre lächerlich. Nie mand hat diesem Deal zugestimmt! Es war eine Falle! Und sie schnappte so langsam zu, dass die Menschen hineintappten, noch ehe sie begriffen, was da vor sich ging! THE DAILY BUSINESS NEWS
Landwirtschaftliche Revolution wareine Falle!YUVAL NOAH HARARI LÄSST EINE BOMBE PLAT-ZEN, DIE DIE WELTMÄRKTE ERSCHÜTTERN KÖNNTE.BLITZINTERVIEW MIT YUVAL NOAH HARARI. Drei Fragen an Professor Harari:Milton Goldmine: Landwirtschaft noch immer größter Deal aller ZeitenDer berühmte Ökonom Milton Goldmine bezweifeltdie These von Professor Harari. Professor Goldmine exklusiv gegenüber DBN:MG: «Zugegeben, ausSichtjedes Ein zelnen wardie Landwirtschaftvielleicht keineso tolle Idee…Aber für die Homo Sapiens GmbH war es eine sagenhafte Erfolgs geschichte!Der Ge treide anbau garantierte viel mehr Nahrungpro Flächeneinheit.Und ge nau dadurch erlebteHomosapiens ein exponentielles Bevölkerungs wachstum!»Als die Menschen wilde Pflanzen und Tiere aßen, konnte die Gegend umJericho in Palästina eine Gruppe von rund 50 Nomaden ernähren. Als Weizenfelder die Wildpflanzen ersetzten, konnte die Oase ein großes, dicht bevölkertes Dorf mit rund 1000 Menschen versorgen. Vor circa 13 000 JahrenVor circa 9000 JahrenIHRE LIEBLINGSKOLUMNE: Geflunker, Lügen und StatistikenDBN:Sollten wir, wie Professor Harari behauptet, die Landwirtschaft als sehr schlechte Idee für Homo sapiens betrachten? Milton Goldmine:Professor Harari liegt falsch, er betrachtet das nicht von einem Managementstand punkt aus! Ich meine … ein biss chen gesunder Menschenverstand, bitte! Der Erfolg eines Unternehmens bemisst sich, soweit ich weiß, nicht daran, wie glücklich seine Beschäftigten sind! Wir schauen auf die Dividende! Und die Zahlen belegen, dass die Land wirtschaft für die Menschheit unterm Strich Wunder vollbrachte! Die Währung der Evolution sind nicht Hunger oder Leid, sondern Gene! DBN:Sie meinen, der evolutionäre Erfolg einer Art bemisst sich an der Zahl der Kopien seiner DNA?MG:Aber ja, genau! Jeder weiß das! Und Professor Harari sollte es auch wissen! Wenn keine Kopien ihrer DNA mehr übrig sind, ist die Art ausgestorben, so wie ein Unternehmen ohne Geld pleite ist. Verfügt eine Art über immer mehr Kopien ihrer DNA, dann ist das evolutionär ge sehen ein Riesenerfolg! DBN:Also sind 1000 Kopien in jedem Fall besser als 100?MG:Aber natürlich! Das ist die Grundprämisse der landwirtschaftlichen Re volution: Auf dem gleichen Gebiet können mehr Menschen leben. DASist Fortschritt! Fortsetzung des Interviews auf S. 12.
Auf der Zeitleisteder Evolu-tion erfolgte der Übergang zur Landwirtschaft extrem schnell.Doch gemessen am einzelnen Men-schenleben ging ersehrlangsamvorsich.Jäger und Sammler wurdennicht über Nacht zu Bauern. Klack!JedeGeneration nahm nur ein paar kleine Veränderungen vor …… ein Schritt nach dem anderen…Pff …Pff …Wuff!Wuff!Mit derZeit wurde aus vie-len kleinen Veränderungen eine grosse Revolution …33
Homo sapiens erreichtevor Zehntausenden von Jahren den Nahen Osten.VieleGenerationen lang ginges unseren Vorfahren dortrechtgut,auch ohne Landwirtschaft.Manchmal assen sie wilden Weizen, aber das war nur ein winziger Teil ihrer Ernährung. Sie hatten jede Mengeandere Dinge zu essen.Das stimmt,wir waren nichtviele,unddie Ressourcender Region reichten aus für uns. In Zeiten des Überflusses hatten unsere Vorfahren mehr Kinder. Wenn die Zeiten hart waren, hatten sieweniger.14 JahreWie viele Säugetiere verfügen Menschenüber hormonelle und genetische Mechanismen, die dieFortpflan-zung steuern. Wenn Es-sen knapp ist,verzö-gertsich die Puber-tätund dieFruchtbar-keitnimmt ab. 12 JahreWenn es reichlich Nahrung gibt,kommenMädchenfrüher in die Pubertätund werden eher schwanger.34
Neben diesen natürlichen Formender Geburtenkontrolle entwickeltensich auch einigekulturelle Praktiken. Nichtwahr, Faustus? Ja,so war’s wohl, Ma’am. Als wir noch umherziehende Wildbeuterwaren,konnten wir nichtviele BabysundKlein-kinderrumschleppen.Also versuchten wir, nur alle dreioder vier Jahre Kinder zu kriegen. EineMethode war,dass Frauendie Kinder stillten, bis siedrei oder vier waren. Ja,Stillen verringertdie Wahr-scheinlichkeit,wieder schwanger zu werden,undlässtdie Babys kräftigundgesundwerden.Es muss aber auch andere Methodengegebenhaben, oder?Vielleicht unterstützten kulturelle Tabus völlige oderteilweise Enthalt-samkeit …Oh! Aber sicher doch! Unddann gab esnoch die Abtreibung …Und unter beson-deren Umständenauch den Kinds-mord …35
Vor gut 18 000 Jahren wichdie letzte Eiszeit einerPeriode globaler Erwärmung. Vor 18 000 JahrenNichtnur die Temperaturen stiegen, auchdie Regenmen-gen – das ideale Klima für Weizen undandere Getreide-arten, die sich vermehrten und ausbreiteten.Faustus, weisst du noch, wann du begonnen hast,mehr Weizen zu essen? Ach, das ist lange her, Ma’am! Aberer warnoch nichtdie wichtigste Nah-rungsquelle …Mit dem Weizen war’s nichtso einfach wie mitden Feigen. Man kann nichteinfach rein-beissen, wenn man ihnfindet!Mussten ihn erst in unser Lager bringen, dann reinigen, mah-len und kochen.Vorsicht,schau', du verlierst ein paarKörner!Mit der Zeit wuchsendie Körner, die man un-terwegs als en, vorm in ähe Lageam Weandizen bezteschosicauszubrn.zum …!mir allen er