Hasen sind wunderschöne Tiere. Lange Ohren, große Augen, graues Fell, das ins Bräunliche spielt, kurzer Schwanz, und sie sind nicht nur sehr schnell, sondern dank ihrer langen Hinterläufe auch außergewöhnlich gute Springer.
Im Gegensatz zu Kaninchen verkriechen Hasen sich selten. Sie hocken lieber versteckt hinter dichten Sträuchern, Büscheln aus Besenkorn oder Steinhaufen. Wer sie entdecken und aufstöbern will, braucht abgerichtete Hunde, die die Hasen wittern.
Sobald die Jagdhunde einen Hasen aufspüren, verharren sie in der typischen Haltung des Vorstehens: die Schnauze vorgereckt, der Schwanz auf gleicher Höhe wie die Nasenspitze, das linke Bein leicht angehoben.
Der Jäger muss sehr gute Reflexe haben, denn kaum wittert der Hase die Gefahr, schießt er blitzschnell aus seinem Versteck und rennt mit unglaublicher Geschwindigkeit davon.
Ich muss noch eine wichtige Vorbemerkung machen. Wenn Hasen tödlich getroffen werden, fallen sie nicht sofort zur Seite wie die Kaninchen, sondern vollführen einen vollendeten Salto in der Luft. Der Luftsprung ist für Jäger und Hund das sichere Zeichen, dass der Hase tödlich getroffen wurde.
An diesem Morgen waren wir zu dritt, mein Vater, sein Freund, auch er ein Jäger, und ich gingen auf Lerchenjagd, darum hatten wie keine Hunde dabei.
Wir wanderten einer hinter dem anderen auf einem schmalen Pfad einen Hügel hinauf, jeder trug eine geladene, aber geöffnete Doppelflinte im Arm. Ich war der Letzte in der Reihe.
Plötzlich trat der Jäger, der in der Mitte ging, auf einen Stein und verlor das Gleichgewicht.
Er schwankte, der Stein hüpfte vom Weg und landete in einem Hirsestrauch wenige Meter weiter unten. Mein Vater, der gehört hatte, wie sein Freund fluchte, wandte den Kopf, um zu sehen, was hinter seinem Rücken geschah, und genau in diesem Moment sprang ein Hase aus dem Strauch.
Es war ein männliches Tier, das sah man an seiner ungewöhnlichen Größe und am grauweißen Fell.
In Windeseile schloss mein Vater die Doppelflinte, setzte sie an, zielte, schoss und verfehlte das Tier.
Der Hase, inzwischen in der Ebene angelangt, wurde schneller.
Mein Vater zielte wieder und schoss.
Diesmal hatte er ihn getroffen, denn das Tier sprang in die Luft, vollführte den Salto und fiel mit dem Bauch nach oben zu Boden, wo es reglos liegen blieb.
«Geh ihn holen», befahl mir mein Vater.
Ich war der Jüngste, darum musste ich den langen Fußmarsch machen.
Ich ging den Pfad wieder hinunter, doch als ich unten angelangt war, konnte ich den Hasen zwischen dem hohen Gras in der Ebene nicht mehr entdecken. Mein Vater und sein Freund stiegen unterdessen weiter den Hügel hinauf.
Ich rief ihnen laut zu:
«Ich sehe den Hasen nicht mehr!»
Mein Vater wies auf einen abgerindeten Baum, der wahrscheinlich vom Blitz getroffen worden war.
«Ich gehe hin, aber wartet auf mich!» Ich ging auf den Baum zu.
Endlich entdeckte ich den toten Hasen. Ich näherte mich und betrachtete das Tier.
Es war der größte Hase, den ich je gesehen hatte, er musste sehr alt sein. Er lag in Todesstarre auf dem Rücken, die Läufe verkrampft in der Luft, die Augen geschlossen.
Ich bückte mich, packte ihn an den Hinterläufen. In diesem Moment öffnete der Hase die Augen, krümmte sich, zappelte wild und glitt mir aus den Händen. Im Nu stand er wieder auf allen vier Beinen, dann rannte er wie ein geölter Blitz davon und ließ mich mit offenem Mund zurück.
Ich hatte deutlich sehen können, dass die Schüsse ihn nicht einmal gestreift hatten.
Wie viele seiner Gefährten hatte er in seinem langen Leben sterben sehen, um den Tod so gut schauspielern zu können?
Als ich zurückkehrte, sagte mein Vater:
«Ich hätte auch von hier oben auf ihn schießen können, aber das war nicht möglich, weil du neben ihm standst.»
Und auch das hatte der Hase genau gewusst, dachte ich mir.