Für Zylinderzicken und Viereck-Akrobaten
Der tägliche Wahnsinn zwischen Pferdekoppel und Reitplatz
Gefördert durch ein Künstlerstipendium
im Rahmen der NRW-Corona-Hilfen:
INHALT
1. Die Reithose
2. Der Mann im Stall
3. Barockpferde
4. Der Turnierservice
5. Allein unter Nichtreiterinnen
6. Alles Mist!
7. Besuch im Stall
8. Der Reitlehrer
9. Der Fahrsport
10. Der Ausritt
11. Das Freizeitpferd
12. Cellulite
13. Hilfe, mein Mann will reiten
14. Reitbahnregeln
15. Body Shaping für ReiterInnen
16. Was Pferde denken
Über dieses Buch
Hosen speziell zum Reiten gibt es schon recht lange. Ihre Existenz-berechtigung liegt einfach und ergreifend darin, dass ihr Material durch gewisse Rutsch- und Pressbewegungen auf dem Rücken eines Pferdes und der damit verbundenen Reibung einer erheblichen Mehrbelastung als im Alltag üblich ausgesetzt ist. Früher behalf man sich mit Hosen aus extra grobem Baumwollstoff, deren mangels Elastizität beutelartige Schnittführung höchste Bewegungsfreiheit versprach. Um die Haltbarkeit zu erhöhen, verstärkte man sie an den überstrapazierten Stellen mit Lederflicken – die Geburtsstunde des Vollbesatzes. Das war alles sehr praktisch und erfüllte seinen Zweck – sah aber entsetzlich aus.
Glücklicherweise machte eine bahnbrechende Erfindung aus den 60er Jahren eine völlig neue Schnittführung möglich und leitete damit eine Trendwende ein, die durch ihre optische Verbesserung sicherlich auch dazu beitrug, dass seitdem immer mehr Frauen Gefallen am Reitsport finden: das Elasthan!
Weitere Entwicklungen aus der Modeindustrie sowie der Luft- und Raumfahrttechnik folgten, so dass der moderne Reiter sowie sein weibliches Gegenstück heute beim Kauf einer Reithose ein super Hightech-Funktionstextil der Spitzenklasse erhalten, welches keine Wünsche offenlässt.
Und das ist auch gut so. Bei der Ausübung unseres anstrengenden und trotzdem entspannenden, teuer bezahlten und zum Teil vom Munde abgesparten Hobbies brauchen wir Reiterlein eine form-beständige, elastische, atmungsaktive und vor allem maschinen-waschbare Reithose, die Dank Größenauswahl von 32 bis 96 wie eine zweite Haut sitzt und uns in unserer Bewegungsfreiheit kein bisschen einengt. Das ist uns bis zu 200 Euro wert!
Die textile Funktionalität der modernen Reithose sucht ihresgleichen und gipfelt wohl in der Soft-Shell-Hose für den Winter:
Mehrere übereinandergelegte Membranen verschiedener Hightech-Textilien sorgen dafür, dass die Reiterbeine bei nasskalten Temperaturen warm, trocken und windgeschützt sind, dabei aber Dank Atmungsaktivität nicht schwitzig werden.
Doch die moderne Reithose kann noch mehr: Wie überall sonst im Leben strebt auch der Reiter nach Individualität, Anerkennung und Abgrenzung. Vor allem den Damen ist es besonders wichtig, ein persönliches Statement zu setzen: „Hoppla, hier komme ich“ scheint einem die fuchsiafarbene Reithose im 4-Pocket-Style mit mittlerer Leibeshöhe und Silikon Grip Kniebesatz geradezu entgegen zu schreien. Dazu gesellt sich dann gerne im Reiterstübchen die Reithose im dirty-used-Jeans-Style, mit niedriger Leibeshöhe, Kreuzgurtschlaufen und Strassbesatz. Nur die Jodpur-Schnittform in bi-color sitzt etwas abseits, denn die reitet ja nicht sportlich, sondern alternativ.
So ist sie, die moderne Reithose von heute: macht nicht nur auf dem Barhocker eine gute Figur und kann fast alles. Nur eines kann sie nicht: Egal, wie teuer, modisch oder funktionell sie auch ist, besser reiten kann man damit nicht!