Lilly Blank
Offen für alles
Roman
FISCHER E-Books
Lilly Blank wuchs in der beschaulichen Provinz auf, ehe es sie in den hohen Norden verschlug. Dort lernte sie nicht nur, dass man »Moin!« zu jeder Tageszeit sagt, sondern durchzechte auch einige Nächte auf der Reeperbahn. Mittlerweile lebt sie wieder auf dem Land und denkt manchmal mit Wehmut an die wilden Zeiten in der sündigen Hansestadt zurück. Sie schreibt seit vielen Jahren unter verschiedenen Pseudonymen für sich und für andere, meist humorvoll, aber immer mit Herz. Als Headautorin entwickelte sie zusammen mit Kollegen erotische Kurzgeschichten für die Hörbuch-Reihe Earotica.
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In Vivianes Leben ist eigentlich alles in bester Ordnung. Bis ihre beste Freundin Claudia gelassen erwähnt, dass sich ihr Mann regelmäßig mit anderen Frauen vergnügt – und Claudia das so gar nicht stört. Viviane ist entsetzt, und mit Schrecken wird ihr bewusst: In ihrem Ehebett wird auch nur noch geschlafen. Jeder auf seiner Seite, versteht sich.
Und obwohl Viviane ihren Mann Karl über alles liebt, spürt sie selten – ähm, wann eigentlich zuletzt? – das Bedürfnis, ihm die Kleider vom Leib zu reißen. Karl – und das tut richtig weh – geht es umgekehrt genauso. Gemeinsam beschließen sie, ihre Ehe zu öffnen, um ihre Liebe zu retten.
Erschienen bei FISCHER E-Books
© 2022 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Redaktion: Katrin Fillies
Covergestaltung: Favoritbüro, München
Coverabbildung: Shutterstock
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Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-491320-9
Ein Geräusch ließ sie erwachen. Viviane blinzelte gegen das hereinfallende Sonnenlicht und brauchte einen Moment, ehe sie sich orientiert hatte. Erneut erklang das Geräusch. Es war das Knistern von Papier, das ertönte, wenn eine großformatige, dünne Seite umgeschlagen wurde.
Karl las mal wieder seine Wochenendzeitung. Am Sonntagmorgen. Im Bett.
Viviane drehte sich so um, dass ihr Gesicht zur Mitte des Bettes zeigte, und zerknüllte das Kissen unter ihrem Arm, bevor sie den Kopf darauf ablegte. Merkel lässt tief blicken prangte ihr in großen Buchstaben entgegen, darunter war ein Foto des Kanzlerinnen-Dekolletés abgedruckt, das sie anlässlich der gerade eröffneten Bayreuther Festspiele mal wieder der Weltöffentlichkeit präsentiert hatte. Wie jedes Jahr.
»Guten Morgen«, murmelte Viviane und verschloss die Augen vor dem Elend.
Papier raschelte. »Morgen.«
Als Viviane wieder hinguckte, erblickte sie ihren Ehemann mit nacktem Oberkörper, verwuscheltem, graumeliertem Haar, das ihm wirr vom Kopf abstand, auf der Nase die dicke schwarze Hornbrille, die er in den vergangenen zwanzig Jahren zu seinem Markenzeichen gemacht hatte. Unabhängig von jedweden Trends hatte sich Karl mit schlafwandlerischer Sicherheit immer wieder genau dasselbe Modell bei genau demselben Optiker seines Vertrauens ausgesucht – alle Jahre wieder, so oft die Kasse bezahlte. Never change a winning team, pflegte Karl zu sagen, wenn er auf seine Modelltreue angesprochen wurde. Meistens von Viviane, die sich an den Anblick in den vergangenen siebzehn Jahren Ehe zwar hinreichend gewöhnt hatte, sich aber dennoch hin und wieder wünschte, ihre Augen bekämen etwas Abwechslung geboten.
»Hast du gut geschlafen?« Karl schob die großformatige Wochenzeitung ein Stück zur Seite, lehnte sich zu Viviane und wollte ihr einen Kuss auf den Mund geben.
Da sie noch nicht im Bad gewesen war und morgendliches Küssen ohne vorangegangenes Zähneputzen als Unsitte empfand, drehte sie im letzten Moment den Kopf zur Seite und hielt ihrem Mann die Wange hin.
»Tief und fest und traumlos.« Sie streckte sich, dehnte ihre Arme und gähnte ausgiebig, während Karl wieder hinter der Zeitung verschwand.
Viviane richtete sich auf, band sich mit einem Haargummi vom Nachttisch die hellbraunen schulterlangen Haare zum Zopf, schwang die Beine über die Bettkante und streckte sich erneut. Der Blick auf ihr Smartphone verriet, dass es Viertel nach acht war. In einer Dreiviertelstunde würde sie Claudia an der Ecke zum Englischen Garten für die wöchentliche Joggingrunde treffen. Vorher war noch Zeit für eine Tasse Kaffee und einen Moment für sich allein. Nach dem Sport begann dann die Fütterung der Raubtiere.
Nach vielen Jahren, in denen die Mädchen ihre Eltern immer schon Stunden vor dem Morgengrauen, gern auch mitten in der Nacht, geweckt hatten, kam es Viviane heute manchmal so vor, als ob ihre Töchter von einer seltenen Schlafkrankheit befallen wären. Vor allem Mathilda, die Fünfzehnjährige, die mittlerweile mit Karacho in die Pubertät geschlittert war, hatte als Baby und Kleinkind beinahe jede Nacht zum Tag gemacht und Viviane damit vermutlich einige Lebensjahre gekostet. Heute schlief sie vierzehn Stunden am Stück, besonders in den Sommerferien, die vor wenigen Tagen begonnen hatten, wohingegen Viviane von sich meinte, jedes Jahr eine Viertelstunde früher aufzuwachen und nicht mehr einschlafen zu können. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Nicht nur einmal hatte Viviane in den stillen Stunden vor dem Sonnenaufgang darüber nachgedacht, Töpfe schlagend und staubsaugend durchs Haus zu lärmen, um sich für eine halbe Dekade ohne Tiefschlafphase zu rächen.
Aber natürlich blieben derlei Überlegungen ein Gedankenspiel. Sie liebte ihre Große schließlich. Auch wenn es in letzter Zeit etwas herausfordernder war als damals, als Mathilda noch ein freches, neugieriges Mädchen und kein schlechtgelaunter, vorlauter Teenager gewesen war.
Sarah hingegen war mit ihren elf Jahren kilometerweit von der Geschlechtsreife entfernt. Sie spielte immer noch mit Barbies, wünschte sich seit sieben Jahren zu jedem Geburtstag ein Pony im Garten und träumte nachts unter einem fluoreszierenden Sternenhimmel, den ihr Karl fachgerecht im Sternbild der Fische an die Decke übers Bett geklebt hatte.
Viviane stand mit einem Seufzen von der Bettkante auf und öffnete die Tür des Kleiderschranks. Sie zog eine knappe Shorts aus Stretch und ein ärmelloses Top aus der Schublade mit den Trainingsklamotten, griff nach einem Sport-BH, den kurzen Sneaker-Söckchen und einem Slip. Sie legte alles aufs Bett und begann, sich aus dem Schlafanzug zu schälen.
Es war Ende Juli und außergewöhnlich heiß in Europa, wie schon in den letzten Jahren. Obwohl noch recht früh am Morgen, war das Thermometer bereits über die 25-Grad-Marke geklettert. Anstelle einer Bettdecke schliefen Viviane und Karl seit Wochen nur unter einem Laken – was sie immer an die Ferien denken ließ. In Ländern wie Italien, Spanien oder Portugal war es vollkommen normal, sich nachts nur mit einem dünnen Baumwolltuch zuzudecken. Und weil es diesen Sommer zum ersten Mal seit Jahren nicht in den Urlaub ging, da Viviane keine Praxisvertretung gefunden hatte, Sarah auf den Ponyhof fahren würde und Mathilda ohnehin keinen Bock darauf hatte, mit ihrer unfassbar uncoolen Familie zu verreisen, waren die Laken doch zumindest ein kleines Zugeständnis in Richtung Ferien im Süden.
Viviane liebte die Hitze. Wenn sie mit dem Fahrrad von Bogenhausen, wo sie mit ihrem Mann und den beiden Töchtern lebte, ins Glockenbachviertel in ihre Praxis fuhr, genoss sie das trockene Prickeln des Fahrtwindes auf ihrem Gesicht. Zugegeben nur bei der Hinfahrt, denn da ging es bergab. Auf dem Heimweg, wenn sie nach acht Stunden Uterusbegutachtung und Brustabtasten müde und ausgelaugt war, konnte sie der Schwüle, die sich wie ein dickes Tuch über München ausbreitete, nicht mehr ganz so viel abgewinnen. Trotzdem fand sie, dass sie mit 44 noch lange nicht in dem Alter war, sich ein E-Bike zuzulegen. Außerdem wollte sie nicht auf die 251 Kalorien verzichten, die sie sich durch den mühsamen Aufstieg nach Bogenhausen verdiente.
Während sie in die Trainingsklamotten schlüpfte, blieb ihr Blick wieder auf dem Foto der Kanzlerinnen-Brust hängen. »Was liest du da eigentlich?«
Karl sah nicht auf. »Einen ganz interessanten Artikel«, murmelte er.
»In dem es worum geht?«
Er blickte von der Zeitung auf und faltete die Seiten so zusammen, dass das Dekolleté der Kanzlerin an genau jener Stelle gestaucht wurde, wo die Natur die Spalte zwischen ihren Brüsten gesetzt hatte. »Um einen Mann, der eine Kontaktanzeige aufgibt.«
»Es lebe das Qualitätsmedium Wochenzeitung«, spottete Viviane und lief in Top und Unterhose ins angrenzende Badezimmer, um die Zahnbürste mit Zahnpasta zu bestreichen. »Eine Kontaktanzeige. Wenn das nicht mal Grund für eine seriöse Reportage ist.«
»Der Mann ist verheiratet.«
Viviane fing an, sich die Zähne zu putzen. »Aw wo. Iwt daw wo weine Gewiwte, win wer wer Wann weinen weuen Wann wür weine Wrau wucht, weil wer werben wird?« Sie erhielt keine Antwort. Deshalb lehnte sie sich so weit nach hinten, dass sie durch den Türrahmen aufs Ehebett gucken konnte. »Wallo?«
»Ich habe kein Wort verstanden, Liebling«, meinte Karl mit einem Seufzen, ohne aufzublicken.
Viviane putzte sich die Zähne zu Ende, rollte sich etwas Deo unter die Achseln und ging zurück ins Schlafzimmer. »Ich habe gefragt, ob das so eine Geschichte ist, in der jemand, der unheilbar erkrankt ist, per Kontaktanzeige einen neuen Mann für seine Frau sucht.« Sie ließ sich auf der Bettkante neben Karl nieder. »Das finde ich ja irgendwie romantisch.«
Er schlug die Zeitung zusammen. »Nein. Das ist die Geschichte eines Mannes, der eine außereheliche Affäre mittels Kontaktanzeige sucht.«
Viviane zog die Augenbrauen zusammen. »Und er stirbt nicht?«
»Sieht nicht so aus, nein.«
»Also sucht er nur Sex.«
»Das steht da.«
Viviane stand vom Bett auf. »Das ist ja echt das Allerletzte.«
Karl blinzelte hinter den dicken Brillengläsern. Sie sah ihm an, dass er keine Lust hatte, mit ihr zu diskutieren – aber er wusste, dass Widerstand zwecklos war. Sie würde ja doch keine Ruhe geben.
»Findest du?«, fragte er.
»Du etwa nicht?!«
»Na ja. Wenn es im Bett nicht mehr läuft …« Er hob die Zeitung wieder an und versteckte sich dahinter.
Viviane wurde lauter, als sie beabsichtigt hatte. »Das ist doch noch lange kein Grund, seine Frau zu betrügen!«
»Liebling, pscht«, machte Karl und nickte mit dem Kopf in Richtung der Schlafzimmertür. »Die Mädchen schlafen noch.«
»Für die ist es doch noch mitten in der Nacht«, wiegelte Viviane unwirsch ab. »Da ist ein Typ, der offenbar keinen Sex mehr mit seiner Frau hat, und jetzt sucht er sich eine Affäre. In der ZEIT!«
»Macht das einen Unterschied, ob er es in der ZEIT oder in der Bar um die Ecke tut?«, gab Karl zu bedenken.
»Sei nicht so spitzfindig«, knurrte Viviane.
»Und überhaupt, wir wissen ja auch gar nicht, warum dieses Paar keinen Sex mehr hat. Vielleicht ist sie krank«, meinte Karl schulterzuckend.
»Oder er.«
»Warum diskutieren wir über das Sexleben anderer Leute?«, wollte er plötzlich wissen.
»Weil es dabei ums Prinzip geht.«
»Prinzipien – ein anderes Wort für Vorurteile. Ich weiß ja nicht mal, warum der Mann … Warte mal, ich lese weiter.« Er tauchte wieder im Artikel ab, während Viviane die Socken anzog.
Ihre Meinung stand fest: Dieser Ehemann, über den da berichtet wurde, war ein Arsch. Er gab eine Kontaktanzeige auf, um eine Frau zu finden, mit der er seine Gattin betrügen konnte. Das ging ja wohl gar nicht! Wenn sie darüber nachdachte, wie viele Kontaktanzeigen wöchentlich in München erschienen, wurde ihr ganz schlecht. Wie viel Prozent davon waren wohl Ehemänner, die nur ein Betthäschen suchten?
Immerhin war sie sich sicher, dass Karl so etwas nie tun würde. Er war ein Mann mit Anstand und Moral. Das könnte er nicht, sie hintergehen. Natürlich, Viviane wusste, dass man für niemanden, nicht mal (oder gerade?) für seinen eigenen Ehemann, die Hand ins Feuer legen konnte. Wieso gab es sonst so viele Frauen, die total überrascht waren, wenn ihr feiner Gatte ihnen plötzlich eröffnete, die Trainerin aus dem Fitnessstudio geschwängert zu haben? Vor neun Monaten …
Aber Karl war nicht so einer. Viviane ließ den Blick über ihren Ehemann wandern, oder besser gesagt über das, was hinter der Zeitung zu sehen war. Er war einer von den Guten. Er interessierte sich nicht für so was. Eine schnelle Nummer. Nichtssagenden Sex. Anonyme Begegnungen. Und auch nicht für eine Affäre, schob Viviane hastig in Gedanken hinterher. Dafür war Karl doch viel zu … Sie suchte nach einem Wort. Umständlich! Und nicht raffiniert genug. Er wäre niemals in der Lage, Ehebruch zu begehen. Nein, das Format hatte Karl nicht, und eigentlich war Viviane auch ganz froh, dass sie sich dessen so sicher sein konnte. Oder?
Sie hatte sich darüber noch nie Gedanken gemacht, ob Karl sie betrog. Wieso auch? Und warum tat sie es jetzt?
Er ließ die Zeitung sinken. »Ist was?«
»Das frage ich dich. Was bringt dein Geschlechtsgenosse denn zu seiner Verteidigung vor?«
Karl verdrehte die Augen. »Steht er unter Anklage?«
Sie seufzte. »Du weißt genau, was ich meine. Wenn er mit einer anderen Frau schlafen will, warum trennt er sich nicht einfach von seiner eigenen?«
Er hob die Schultern. »Weil er sie liebt?«
»Dann sollte er nicht fremdgehen.«
»Sie schlafen aber nicht mehr miteinander.«
Viviane sagte kühl: »Das ist keine Entschuldigung.«
»Vielleicht weiß sie es ja und ist glücklich darüber.«
Sie schüttelte den Kopf. »So machen es sich Männer immer sehr einfach.«
Karl schlug die Zeitung zusammen. »Viviane, mein Schatz, vielleicht sollte ich dir noch einmal in Erinnerung rufen, dass nicht ich derjenige bin, der diese Kontaktanzeige in der Zeitung geschaltet hat. Und dass diese Diskussion nicht nur ohne Grundlage, sondern auch absolut sinnlos ist.«
»Warum verteidigst du den Typen dann?«
Er warf das Laken zur Seite und stand auf. »Das tue ich doch gar nicht!«
Vivianes Blick blieb an seiner Boxershorts hängen. Die Beule darin war nicht zu übersehen. »Was ist denn das?«
Karl sah nach unten. Dann blickte er mit ausdruckslosem Gesicht Viviane an. »Eine Morgenlatte. Gestatten: meine Frau.« Damit wandte er sich ab und marschierte in Richtung Badezimmer.
Die Haustür des dreistöckigen Jugendstilhauses fiel hinter ihr zu, und Viviane spurtete los. Sie überquerte die Straße, bog in die Maximiliansanlagen ein und trabte in lockerem Tempo in Richtung Friedensengel. Die sonntägliche Stunde mit Claudia war ihr heilig. Nicht nur, weil es sie in Form hielt. Es war schön, sich regelmäßig mit der Freundin zu treffen, ohne dass sie sich verabreden mussten.
Viviane und Claudia kannten sich aus dem VHS-Kurs Spanisch A1, den sie vor einigen Jahren belegt hatten. Claudia war mit Diego, einem Spanier aus Andalusien, verheiratet und hatte in der Vergangenheit immer wieder versucht, ihre alten Sprachkenntnisse zu reaktivieren – leider war sie dabei nie über den Einsteigerkurs der Volkshochschule hinausgekommen. Viviane und Karl indes hatten damals, vor mehr als zehn Jahren, mit dem Gedanken gespielt, sich ein Ferienhaus an der Costa Brava zuzulegen. Da Viviane nie lange fackelte, buchte sie sich in den Sprachkurs ein, noch bevor sie die erste Immobilie besichtigt hatten. Aus dem Ferienhaus wurde seinerzeit nichts – genauso wenig aus Vivianes Mehrsprachigkeit. Karl erfuhr von einem Kollegen, dass es in Spanien seit der Finanzkrise vermehrt zu Hausbesetzungen von Ferienimmobilien gekommen war. Verzweifelte, mittellose Bürger nutzten eine Gesetzeslücke, die Hausbesitzern nach dem Verstreichen von 72 Stunden verbot, ihr eigenes Haus von den illegalen »Okupas«, den Besetzern, zurückzufordern. Das war nur mit richterlichem Beschluss möglich, oft erst nach Jahren – in denen die rechtmäßigen Eigentümer ihr Domizil nicht nutzen konnten. Karl war das zu heiß geworden, und er hatte ihren Plan nach vielen langen Nächten, in denen sie die Argumente von links nach rechts und wieder zurückgeschoben hatten, verworfen. Selbst Viviane hatte nach einigen Diskussionen eingesehen, dass die Sache zu riskant war. Die Vorstellung, nach einem halben Jahr im Ferienhaus anzukommen und es von fremden Leuten bewohnt vorzufinden, die zu allem Überfluss per Gesetz auch nicht wieder ausziehen mussten, verdarb ihr die Lust auf ein Feriendomizil im Süden. Obwohl Viviane keine Freundin langer Überlegungen war, sondern viel häufiger aus dem Bauch heraus entschied, sagte in diesem Fall auch ihre Intuition: »¡No, gracias!« Es war eben doch etwas anderes, für einen Cappuccino von München an den Gardasee und am selben Nachmittag wieder zurückzufahren (eine Idee, die Karl am Anfang bescheuert gefunden hatte und am Ende aus dem Schwärmen nicht mehr herausgekommen war), als mindestens eine Viertelmillion Euro in ein Haus zu investieren, in dem am Ende andere lebten, leider ohne Miete dafür zu bezahlen.
Viviane wurde keine spanische Ferienhausbesitzerin. Dafür bekam sie etwas anderes: die Freundschaft zu Claudia. Nach zehn mühsamen Stunden VHS-Kurs beschlossen sie solidarisch, Spanisch lieber in einer der zahlreichen Münchner Tapasbars zu lernen und die Übungshefte in den Papiermüll zu befördern.
Viviane bog nach rechts ab und joggte auf die Isar zu. Der Weg war uneben und ging bergab, und sie musste sich konzentrieren, um nicht umzuknicken. Nachdem sie die kleine Anhöhe, auf der sich Bogenhausen und die angrenzenden Stadtviertel befanden, hinter sich gelassen hatte, konnte sie auf der Luitpoldbrücke wieder Fahrt aufnehmen. Um diese Uhrzeit waren sonntags nur wenig Menschen auf den Straßen unterwegs. Nach einer weiteren Minute erreichte sie das Rumford-Denkmal nahe der Eisbachwelle, wo Claudia schon auf sie wartete.
»Hallo!« Claudia winkte ihr mit großer Geste zu. So braungebrannt, wie sie war, wirkten ihre blonden Haare noch strahlender. »Mensch, das ist ja ewig her. Wie geht es dir?« Sie fiel Viviane in die Arme und hielt sie dann eine Armlänge von sich weg. »Toll schaust du aus. Geht’s gut?«
»Ja, aber wenn ich dich sehe, werde ich sofort neidisch. Wie bist du so verflucht braun geworden?«
Claudia lachte. »Wir hatten Bombenwetter in Norwegen.«
Sie hatten sich seit einer Weile nicht mehr gesehen, denn zuerst war Viviane mit ihrer Familie in den Pfingstferien in Griechenland gewesen (der letzte gemeinsame Urlaub, das mussten sie Mathilda hoch und heilig schwören), dann waren Claudia und ihr Mann fast drei Wochen auf den Hurtigruten in Richtung Nordnorwegen gefahren. Diego war, obwohl Südspanier, nämlich kein besonders großer Fan der sommerlichen Wärme und hatte deswegen eine Vorliebe für die skandinavischen Länder entwickelt. Außerdem liebte er das Angeln.
Während Claudia anfing, von Norwegen zu erzählen, trabten sie los. Sie hatten ihre feste Runde, 8,3 Kilometer, 10000 Schritte, jeden Sonntag, egal bei welchem Wetter.
»Und wie läuft es zu Hause?«, wollte Claudia keuchend wissen. Das war immer so nach dem Urlaub – die ersten drei Kilometer waren für sie die reine Folter.
»Ach, das Übliche. Mathilda pubertiert sich noch um den Verstand, und Sarah scheint im Vergleich dazu in der Entwicklung stehengeblieben zu sein. Es ist erstaunlich, wie sehr sich die beiden unterscheiden – dabei ist Mathilda nur dreieinhalb Jahre älter.«
»Ich bin auch nur dreieinhalb Jahre älter als du. Und so viel weiter«, foppte sie Claudia.
Viviane lachte. »Absolut.«
»Zumindest, was den Eintritt in die Menopause angeht.«
Sie liefen lachend weiter. Viviane spürte ein leichtes Seitenstechen, legte ihre Hand auf die Stelle und atmete dagegen an. Sie sollte sich wirklich angewöhnen, auch dann joggen zu gehen, wenn Claudia nicht dabei war. Ihre Fitness war miserabel.
»Ach, das hab ich noch gar nicht erzählt. Als ihr an Pfingsten im Urlaub wart, war ich bei einer Le-Chef-Party.«
Viviane schnaufte. »Wo?«
»Na, diese Küchenmaschine. Brigitte hat bei sich zu Hause eine Vorführung organisiert. Zehn Frauen, Prosecco und Häppchen. War das ein Spaß.«
»Du willst dir doch nicht etwa so ein teures Ding kaufen! Kostet das Teil nicht fast tausendfünfhundert Euro?« Viviane hatte schon von einigen Frauen aus ihrem Bekanntenkreis gehört, dass sie sich Le Chef zugelegt hatten, eine absurd kostspielige Küchenmaschine, die angeblich alles konnte außer Fenster zu putzen. »Du kannst doch noch nicht mal kochen«, schob sie in Claudias Richtung hinterher.
»Eben! Deswegen ja der Chef.« Dann fügte sie aber hinzu: »Ich gebe es zu, das Ding wird mich auch nicht zur Köchin machen. Aber alle haben einen bestellt, und da fühlte es sich komisch an, als Einzige nicht mitzumachen. Also dachte ich, ich kann mir das Teil ja mal anschauen. Und dann gebe ich es einfach wieder zurück.« Sie zuckte mit den Schultern und wechselte abrupt das Thema. »Wie geht es Karl?«
»Den kann ich nicht mehr zurückgeben. Und die Garantie ist auch abgelaufen«, antwortete Viviane trocken.
Claudia gluckste. »Das meine ich nicht.«
»Er hat viel zu tun. Nach dem Urlaub wurden Klausuren geschrieben, und auf seinem Schreibtisch stapeln sich jetzt die Hausarbeiten.«
»Der Arme.«
»Ja, er hat wirklich kaum Zeit …«
… für mich, vervollständigte Viviane in Gedanken den Satz und wunderte sich gleichzeitig darüber. Sie fand doch eigentlich gar nicht, dass Karl sich nicht genug um sie kümmerte – sie arbeitete doch selbst Vollzeit. Trotzdem verspürte sie eine leise Unzufriedenheit über die Tatsache, dass ihr Mann sich stundenlang mit seiner Zeitung beschäftigen konnte, Viviane aber nur selten seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte.
»Heute Morgen hatten wir vielleicht eine blöde Diskussion.« Viviane erzählte von dem Artikel und dem merkwürdige Gefühl, das das Thema bei ihr hinterlassen hatte. »Je länger ich darüber nachdenke, desto komischer finde ich Karls Reaktion.«
Claudia zuckte mit den Schultern. »Wieso? Ich kann ihn verstehen.«
Viviane drehte sich halb zu ihrer Freundin um. »Würdest du es etwa gut finden, wenn Diego mit einer anderen ins Bett ginge?«
»Was meinst du damit? Ich finde es gut.«
Ohne es zu merken, wurde Viviane langsamer. Dabei starrte sie die Freundin an. »Ich glaube, ich komm grad nicht mit.«
»Scheint so.« Claudia blieb stehen. »Stretchen?«
Viviane nickte, umfasste ihren Fuß und zog den Unterschenkel nach hinten. »Wie hast du das gerade gemeint? Du findest es gut … Geht Diego dir etwa fremd?«
Claudia sah sie einen Moment lang an, dann prustete sie los. Bevor sie antwortete, wechselte sie das Bein und dehnte die andere Seite. »Natürlich. Was glaubst du denn?«
Viviane klappte der Mund auf vor Verblüffung, Entrüstung und … ja, was war es noch? Mitleid? »Bist du dir da sicher?«
»So sicher wie das Amen in der Kirche. Er ist Spanier. Und wir hatten zum letzten Mal an Ostern Sex.«
»Das geht ja noch«, meinte Viviane.
»Ostern vor drei Jahren.«
Viviane stemmte ihre Hände in die Hüften. »Ich fasse es nicht. Wieso hast du nie was gesagt?«
Claudia lachte erneut. »Wie stellst du dir das vor? ›Guten Morgen, Vivi, stell dir vor, ich wurde seit drei Jahren nicht gevögelt.‹?«
»Wie du es mir gesagt hättest, wäre mir egal gewesen, aber du hättest ja trotzdem mal was erzählen können.«
»Ich hatte kein Bedürfnis, darüber zu reden – es stellt ja kein Problem für mich dar. Wollen wir weiter?«
Viviane kreiste ihre Arme zweimal wie die Blätter einer Windmühle, dann lief sie wieder neben Claudia her. »Ich weiß nicht. Ich finde das … Stört es dich nicht?«
»Nö.«
»Und der Sex mit Diego fehlt dir auch nicht?«
Claudia zuckte mit den Schultern. »Kann ich nicht sagen, nein.« Sie seufzte. »Neulich habe ich gelesen, dass Nirwana wortwörtlich ›Erlöschen des Feuers‹ bedeutet. Ich glaube, ich habe den buddhistischen Himmel erreicht.«
Viviane machte ein langes Gesicht. »Ach, Mensch. Das tut mir leid für dich.«
»Muss es nicht«, meinte Claudia gelassen. »Schlaft ihr denn noch regelmäßig miteinander?«
»Klar«, sagte Viviane im Brustton der Überzeugung.
Karl und sie hatten Sex. Regelmäßig. Okay, vielleicht nicht in letzter Zeit. Es war aber auch ein stressiges Frühjahr gewesen. Dass die Zärtlichkeiten da etwas zu kurz kamen, war ganz normal. Noch dazu nach mehr als zwanzig gemeinsamen Jahren. Aber Viviane hatte eine Regel: Solange sie sich noch an den letzten Beischlaf erinnern konnte, war alles gut. Wenn ihr der nicht mehr einfiel, war er eindeutig zu lange her. Und das letzte Mal im Bett mit Karl war sie gewesen …
Sie stutzte, während sie am Chinesischen Turm vorbeitrabten. War das in den letzten Ferien im Juni gewesen, als sie auf der griechischen Insel Syros in diesem hübschen Hotel mit den schneeweißen Wänden und den blauen Fensterläden und Türen gewesen waren? Oder an ihrem Geburtstag im Mai? Nein. Da war sie ja mit Claudia nach Paris gefahren. Hm. Sie verkniff den Mund und überlegte. Möglicherweise war es doch schon ein wenig länger her, als sie angenommen hatte. Es war kalt gewesen, daran erinnerte sie sich noch. Also im Winter. Hoppala, und nun war schon Ende Juli. Wie die Zeit verging.
Ach, jetzt fiel es ihr wieder ein! Kurz nach Weihnachten waren Viviane und Karl bei Freunden eingeladen. Der Abend war so lustig, dass beide ein wenig zu tief ins Glas geguckt und am Ende das Auto stehen gelassen hatten. Viviane lächelte, als sie an die Nacht zurückdachte. Karl war hungrig auf Sex gewesen, genau wie sie selbst, und gierig. Der Alkohol hatte sie enthemmt, aufgeheizt und scharf gemacht. Den ganzen Abend über hatte er ihr schon sehnsuchtsvolle Blicke zugeworfen, und als sie einen Moment lang allein in der Küche der Freunde standen, drückte sich Viviane an ihren Mann, küsste ihn leidenschaftlich und ließ ihre Hand in seine Hose wandern. Sie erschauderte, als sie seine Lust fühlte – und konnte es plötzlich gar nicht mehr abwarten, nach Hause zu kommen, dabei war sie eigentlich diejenige mit dem Sitzfleisch. Glücklicherweise nur im übertragenen Sinn.
Karl jedoch ließ sie zappeln. In der Gewissheit, seine Gattin am Haken zu haben, zog er den Abend in die Länge, indem er eine lustige Anekdote aus seinem Universitätsalltag nach der anderen erzählte. Die Freunde bogen sich vor Lachen, und Karl genoss es allem Anschein nach – was untypisch für ihn war. Denn obwohl er täglich vor Hunderten von Studenten lehrte, war es ihm doch stets mehr als unangenehm, im Mittelpunkt zu stehen.
Nicht an diesem Abend. Da nahm er nicht nur ein Vollbad in der Aufmerksamkeit der anderen, da ließ er heißes Wasser nachlaufen, baute Schaumburgen und tunkte die Gummiente mehrfach unter. Viviane indes konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Ihr Körper war wie elektrisiert, sie stand unter Strom. Die Energie, die von ihrem eigentlich eher schüchternen Mann ausströmte, fand den direkten Weg in jede einzelne von Vivianes erogenen Zonen und ließ sie ein ums andere Mal frösteln vor Zuneigung. Als Karl dann, gerade zurück vom Toilettengang, an ihrem Stuhl vorbeilief und seine Fingerspitzen zärtlich über ihren Nacken strichen, hätte Viviane beinahe mit einer ausladenden Handbewegung das Geschirr vom Tisch gefegt und sich auf selbigem drapiert. Stattdessen hatte sie gewartet, bis Karl der süßen Qual endlich ein Ende bereitete und sie nach Hause brachte.
Dort schafften sie es gerade noch bis in den Flur. Danach schliefen sie auf dem Sofa im Wohnzimmer ein und waren am nächsten Morgen froh, dass die beiden Töchter in der Snowboardfreizeit in Ischgl waren und sie nicht in flagranti bei irgendwas ertappten, wobei Kinder ihre Eltern niemals sehen sollten.
Es war nicht so gewesen, dass sie neue artistische Stellungen oder merkwürdiges Spielzeug ausprobiert hatten und der Sex deshalb so besonders gewesen war. Nein, es ging um das Verhältnis zwischen Vertrautheit und Leidenschaft, Intimität und Ekstase, das Viviane auch im Nachhinein als ideal empfand. Es war keine einfache Sache, seinen Partner nach über zwei gemeinsamen Dekaden noch erregend zu finden. Oder immer zur selben Zeit Lust aufeinander zu haben. Meistens war es doch so, dass der Impuls, sich näherzukommen, von einem ausging, und in vielen Fällen war es Karl, der diesen Impuls setzte. Vor allem nach langen, komplizierten Diskussionen, die sie miteinander führten.
Erst vor ein paar Monaten hatte Viviane in einem der Frauenmagazine, die im Wartezimmer ihrer Praxis herumlagen, den Begriff »sapiosexuell« kennengelernt, mit dem allem Anschein nach die erotische Anziehung zum Intellekt einer anderen Person bezeichnet wurde. Zuerst hatte sie den Kopf geschüttelt: was Menschen so alles geil machte. Großer Busen, kleiner Busen, an die Leine genommen werden, Füße – und jetzt also das Gehirn. Das war doch wieder so ein Modebegriff, den plötzlich alle benutzten, ähnlich wie glutenintolerant und hochsensibel.
Dann aber erinnerte sie sich an ihre Anfangszeit mit Karl. Er war der erste Mann in ihrem Leben gewesen, der ihr die Kleider vom Leib riss, wenn sie die Aminoketten der menschlichen DNA auswendig aufsagte oder mit ihm leidenschaftlich über einen Leitartikel in der ZEIT diskutierte. Oft ging das eine ins andere über: Sie trafen sich, um für Klausuren zu lernen, endeten jedoch schneller im Bett, als Viviane »Zitronensäurezyklus« sagen konnte, und liebten sich über Stunden.
Manchmal, in den Pausen, wenn sie gerade keinen Sex hatten, las Viviane weiter in ihren Vorlesungsmitschriften und Karl blätterte im »Zauberberg« oder irgendeinem anderen fürchterlich dicken Wälzer, den er für sein Studium verschlang. Sie aßen Butterbrote im Bett und tranken Rotwein aus Zahnputzbechern, blieben über Tage, wie es ihr im Nachhinein vorkam, unbekleidet und fielen mehrmals täglich übereinander her. Dafür hatten sie keine heißen Dessous, keine Pornos und keine anderen Reize gebraucht, sie waren einander genug gewesen, sie, ihre Körper und, wie Viviane seinerzeit feststellte, offenbar auch ihr Intellekt. War Karl sapiosexuell? Sie hatte die Schulter gezuckt und sich nicht weiter damit beschäftigt. Immerhin war ihr Gehirn der einzige Bestandteil ihres Körpers, der dem Alterungsprozess bislang erfolgreich entgangen war.
»Also, verstehe ich das richtig?«, griff Viviane das Thema wieder auf und wandte sich Claudia zu, die mittlerweile ruhiger atmete. »Du und Diego, ihr habt keinen Sex mehr miteinander. Dir macht das nichts aus – und du findest es gut, dass er mit einer anderen schläft.«
Claudia nickte. »Ich glaube eher, dass es mehrere sind. So ein Rassehengst besteigt doch nicht nur eine Stute.«
Viviane schauderte. »Bist du dir denn sicher, dass Diego sich … außerhäusig vergnügt?«
»Hast du dir meinen Mann mal angesehen? Natürlich bumst der woanders.«
Viviane schrak wegen der Wortwahl zusammen. Sie musste zugeben, dass Diego ein Spanier wie aus dem Bilderbuch war. Markante Gesichtszüge, männliche Figur, charmant bis in die Haarspitzen … Schwer vorstellbar, dass er sich in Abstinenz übte, nur weil Claudia ihn nicht mehr ranließ.
»Außerdem, weißt du was sein Name bedeutet?«
»Diego?«
»Der Lehrende. Der vor Gott Schützende. Und: der Betrüger.«
»Nicht dein Ernst!«
»Denkst du, ich wusste das nicht, als ich ihn geheiratet habe?«
»Na ja.« Viviane überlegte. »Stört dich das wirklich nicht? Also so ganz ehrlich? Dass Diego Sex mit anderen Frauen hat?« Irgendwie passte das gar nicht zu ihrer Freundin, fand sie. Claudia war zwar keine Spießerin im klassischen Sinn, aber bei dem konservativen Lebensstil, den sie pflegte, kam ihr die Lockerheit in Bezug auf das Sexleben ihres Mannes, nun ja … spanisch vor.
»I wo. Besser, als wenn er andauernd an mir herumgräbt.«
»Aber Claudia! Du hast doch auch eine Libido.«
Die Freundin lachte und lief schneller. »Das ist eine Stadt in Italien, oder?«
Auch Viviane gab Gas. »Bleib doch mal ernst. Ich finde es eben keine Selbstverständlichkeit, wenn ein Paar, das so lange zusammen ist, nicht mehr miteinander intim wird.«
»Und ich finde, dass das nur Diego und mich etwas angeht.«
»Das stimmt«, gab Viviane zähneknirschend zu. »Trotzdem bist du meine Freundin. Ich möchte nur sichergehen, dass es dir gutgeht.«
»Vivi, mach dir keine Sorgen.«
Wirklich überzeugt war Viviane nicht. Sie mochte Claudia sehr – nahm jedoch auch wahr, dass ihre Freundin ein wenig unterfordert schien von Zeit zu Zeit.
Noch während des Studiums war Claudia schwanger geworden und hatte ihre Tochter bekommen. Eigentlich wollte sie Kunstlehrerin werden. Claudia hatte Viviane einmal erzählt, dass sie in ihren jungen Jahren in jeder vorlesungsfreien Minute in eines der zahlreichen Museen Münchens gelaufen war, um sich die Werke der alten Meister und der Moderne anzuschauen. Sie selbst war nicht in der Lage, einen geraden Strich zu zeichnen, aber wann immer sie vor einem großformatigen Gemälde stand, erfüllte sie das wunderbare Gefühl, eine Reise durch die Zeit zu unternehmen. Vor allem die farbenfrohen, opulenten Werke Frida Kahlos hatten es ihr angetan. Wie selbstbewusst sie diese Frau trotz des nicht unerheblichen Damenbarts und der beeindruckenden Monobraue fand, die von den vielen Selbstporträts in die Welt hinunterschaute, mit beinahe überheblichem Blick. Alles hätte Claudia laut eigener Aussage dafür getan, sich auch nur einen Tag wie die mexikanische Malerin zu fühlen – unabhängig, frei, selbstbestimmt. Sie wollte unbedingt nach Südamerika reisen, um das Land kennenzulernen, in dem Frida Kahlo gelebt hatte. Leider kam sie seinerzeit nur bis Sevilla, und nur ein knappes Jahr nach ihrem Abflug hatte Claudia ihr Studium unterbrochen und nie wieder aufgenommen. Auch eine andere Berufsausbildung hatte sie nicht absolviert. Eigentlich kein Problem, solange Claudia damit glücklich war. Aber manchmal fragte Viviane sich schon, ob ihre Freundin sich nichts vormachte. Ihr Mann arbeitete Vollzeit in seinem Versicherungsbüro, ihre Tochter war längst aus dem Haus – womit schlug Claudia die Zeit tot? Die Museen in Deutschland und dem nahe gelegenen Ausland kannte sie durch ausgedehnte Wochenendtrips in die Kulturhauptstädte Europas mittlerweile auswendig. Eine echte Aufgabe im Leben schien Claudia nicht zu haben. Störte sie das nicht? Nicht mal im Geheimen? Und wieso kratzte es sie allem Anschein nach nicht die Bohne, wenn ihr Mann fremdvögelte?
»Wie macht Diego das denn? Das Fremdgehen, meine ich.«
»Was weiß denn ich?« Claudia schaute Viviane mit zusammengezogenen Augenbrauen an. »Es ist nicht so, dass wir uns einmal die Woche zusammensetzen und seine Seitensprünge besprechen. Er tut es, ich weiß es, und alle sind zufrieden.« Claudia legte einen Zahn zu und rannte noch schneller.
»Aber willst du nicht …«
»Vivi! Ich möchte es nicht wissen. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, okay?«
Das kann man wohl laut sagen, dachte Viviane und spurtete los, um den Anschluss nicht zu verpassen.
Als Elena in die Küche kam, drang ihr ein merkwürdiger Geruch in die Nase. Sie schnupperte – und musste würgen. Essigreiniger. Lars hatte gestern wieder einen seiner Putzanfälle gehabt und die Wohnung in Reinigungsmittel getunkt. Sie schüttelte sich, riss das Fenster in der Küche auf, um die antiseptisch duftende Luft entweichen und den Sommertag hineinkommen zu lassen, und ließ den Blick über den Esstisch schweifen, der in der kleinen WG-Küche stand.
Auf der Tischplatte befand sich ein Plastikschild: Wir haben desinfiziert für Sie. Kurz nach Elenas Einzug in die Kazmairstraße hatte sie das Schild bei einem Bahnhofsimbiss mitgehen lassen und ihrem Mitbewohner geschenkt. Der war zuerst beleidigt gewesen, hatte das Teil dann aber in sein Ultraschallgerät gesteckt und dreißig Minuten von allen Keimen befreit, die es so haben konnte. Seitdem stellte er es immer dann auf, wenn er mal wieder die Wohnung gewienert hatte. Also etwa alle drei bis vier Tage. Lars war nämlich besessen von der Idee, dass in der WG hochansteckende und todbringende Keime lauerten. »Ein Spülschwamm weist dieselbe Bakteriendichte wie eine Fäkalprobe auf«, dozierte Lars bei jeder sich bietenden Gelegenheit, »und einige dieser Bakterienstämme sind pathogen!«
Elena hatte keine Ahnung, was pathogen bedeutete, sie war sich aber ziemlich sicher, dass es das vor zwei Jahren, als sie in Giesing in einer »richtigen« WG gewohnt hatte, mit dreckigen Tellern in der Spüle, totem Basilikumtopf, den die Mitbewohner als Aschenbecher zweckentfremdeten, und Klingelschildern, die von den über die Jahre aufgeklebten, wechselnden Namen schon ganz unübersichtlich geworden waren, nicht gegeben hatte. Zumindest hatte sich niemand dafür interessiert.
Aber pathogene Bakterien hatten in dieser Wohnung ohnehin keine Chance. Denn Lars, der Hauptmieter, war in allem, was er tat, korrekt. Er arbeitete fürs Gesundheitsamt, trackte seine Schritte und achtete mit Hilfe einer App darauf, dass er drei Liter Wasser am Tag trank. Bevor Elena einziehen durfte, musste sie ihm einen Nachweis über eine Haftpflichtversicherung und die Bestätigung vom BaföG-Amt vorlegen. Sie war sich sicher gewesen, dass er auch gern ein polizeiliches Führungszeugnis gesehen hätte, aber weil Lars bei der Stadt arbeitete, hatte er garantiert hervorragende Verbindungen zu den relevanten Stellen und zog diskret Erkundigungen über die Wohnungsbewerber ein.
Während Elena den Wasserkocher befüllte, seufzte sie. Das Leben in der WG war kein bisschen so, wie sie es erwartet hatte: frei, ungebunden, locker. Es erinnerte sie viel mehr an ihre Kindheit. In der war ihre Mutter auch alle naslang um sie herumgeschwirrt und hatte Elena gesagt, was richtig war und was nicht.
Aber München war ein teures Pflaster, und Elena hatte vor zwei Jahren drei Monate lang nach einer Wohngemeinschaft gesucht, die sie sich leisten konnte und deren Mitbewohner einigermaßen erträglich waren. So war die Wahl auf Lars gefallen, der die WG gerade neu gründete. Nur wenige Wochen später kam Linnea dazu, die Schwedin, die als Ingenieurin für einen Automobilhersteller arbeitete und mehr Eier hatte als alle Typen, mit denen Elena jemals etwas gehabt hatte.
Sie wandte sich der Kaffeemaschine zu und angelte die Dose mit dem Espressopulver vom Regal. Als sie den Deckel öffnete und auf den silbernen Grund des Behälters schaute, stutzte sie. Gestern war doch noch Kaffee da gewesen. Wo war er hin?
»Das war Lars«, erklang eine Stimme von der Tür. »Er hat ihn vor dir versteckt, weil er sich sicher ist, dass Koffein schlecht fürs Kind ist.«
Elena sah Linnea an, die mit dem Kopf in Richtung ihres dicken Bauches nickte. »Er hat den Kaffee vor mir versteckt?«
Linnea stieß sich vom Türrahmen ab und lief in die Küche. »Ich an deiner Stelle würde ihm dafür den Arsch aufreißen«, meinte sie ruhig, öffnete einen Oberschrank und reichte Elena eine unscheinbare Tupperdose, in der sich allem Anschein nach Espressopulver befand. »Hier. Koffein- und garantiert spaßfrei.«
Elena nahm Linnea die Dose ab und hielt inne. »Ist das mein T-Shirt?«, wollte sie von der Schwedin wissen.
Die strich sich die kurzen, dunklen Haare zurück und zog prüfend am Stoff des Shirts. Dazu trug sie lediglich einen Slip. »Wahrscheinlich. Aber dir passt es ja eh nicht mehr.«
Elena überlegte einen Moment, dann nickte sie. Linnea gab ihr zumindest ein klein wenig das Gefühl, in einer richtigen WG und nicht in einem Maßregelvollzug für verhaltensauffällige Jugendliche zu leben. Immerhin bediente sie sich einfach an ihren Sachen – genau wie sich das in einer Wohngemeinschaft gehörte.
Ein gutaussehender blonder Adonis kam in diesem Moment in die Küche. Er trug nur eine Jogginghose und den verknitterten Abdruck eines Kissens im Gesicht. »Guten Morgen«, sagte er und gähnte. Dann lehnte er sich zu Linnea und wollte ihr einen Kuss auf die Wange geben, aber sie drehte den Kopf weg.
»Das ist Marwin«, stellte Linnea ihn vor.
Er hielt verdutzt inne. »Nein, ich heiße Malte.«
Die Schwedin zuckte mit den Schultern. »Von mir aus.«
Elena musste grinsen. Linnea gab überhaupt nichts auf bestehende Konventionen, es war ihr egal, wie Männer und Frauen zu sein hatten. Sie wechselte ihre Liebhaber häufiger als die Unterwäsche, hörte unheimliche, finnische Rockmusik und konnte jedes technische Gerät reparieren. Im Haushalt war sie eine Null, aber dafür war ja Lars da. Wenn Elena es nicht besser gewusst hätte, hätte sie meinen können, Linnea und er wären füreinander geschaffen, so gut, wie sie sich gegenseitig ergänzten, und so unterschiedlich, wie sie waren.
Elena mochte Linnea – und das war ein Glück. Mit Frauen hatte sie oft ihre Probleme, gleichaltrige Freundinnen gab es kaum, vermutlich auch deshalb, weil sich Elena aus ewig langen Gesprächen über Beziehungen und Liebe und gemeinsamen Abenden vor dem Fernseher, wo man sich kichernd und johlend den »Bachelor« oder eine andere mediale Zumutung ansah, nichts machte. Ausgedehnte Shoppingtouren lehnte sie aus Überzeugung ab, viel lieber schaute sie sich auf Flohmärkten um, und stundenlang im Café zu sitzen und über Gott und die Welt zu lästern, fand sie vergeudete Zeit. Elena war kein Mädchen, sie war eine Frau, zudem eine emanzipierte. Deswegen kamen ihr Lars und Linnea gerade recht. Endlich zwei Menschen, die sie nicht auf das reduzierten, was Frauen angeblich so gern machten, oder irgendwelche anders gearteten Erwartungen an sie stellten. Am Anfang hatte Elena Linnea sogar das Konzept der Hausfrau erklären müssen, weil es das in Schweden offenbar nicht gab.
»Aber wieso will eine Frau denn zu Hause bleiben und putzen?«, wollte Linnea damals fassungslos wissen. »Wenn sie stattdessen auch ihr eigenes Geld verdienen kann?«
Eine Frage, auf die Elena naturgemäß keine Antwort hatte.
Der blonde Adonis öffnete die Kühlschranktür. »Was gibt es zum Frühstück?«
Linnea sah ihn ausdruckslos an. »Was du uns machst.«
»Oh.« Der Typ richtete sich auf und schloss die Kühlschranktür. »Ich geh dann erst mal duschen.«
Als er an Linnea vorbeigehen wollte, streckte sie den Arm aus und hielt ihn auf. »Nichts da. Du kommst erst noch mal mit mir mit.« Sie grinste spitzbübisch und zog den Typen am Gummibund seiner Joggingshose aus der Küche. Er hob die Hände zum Zeichen, dass er sich nicht wehren würde, und dackelte brav hinterher.
Elena sah den beiden nach und nahm einen Anflug von Neid wahr. Sie wollte auch wieder Sex mit irgendwelchen Typen haben.
In diesem Moment spürte sie, dass das Kind in ihrem Inneren austrat. Sie zuckte zusammen, legte die Hand auf den Bauch und dachte: Alles klar, Nachricht ist angekommen. Mein Untermieter wünscht keine weiteren Besucher.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Den gesamten Rückweg über dachte Viviane an Claudias Offenbarung. Würde sie Karl einen Seitensprung verzeihen? Wäre er überhaupt in der Lage, sie zu betrügen? Und konnte man wirklich von Betrug sprechen, wenn die Ehefrau den Sex mit einer anderen billigend in Kauf nahm, um ihre Ruhe zu haben?
Sie verließ schwer atmend die Maximiliansanlagen, überquerte die Straße und lief auf das schmiedeeiserne Tor zur Einfahrt der Jugendstilvilla zu, in der Karl und sie seit beinahe fünfzehn Jahren eine Eigentumswohnung im Hochparterre besaßen. Die Scharniere quietschten erbärmlich, als sie das Tor aufdrückte. Viviane ging über die Steinplatten zur Haustür. Dabei blieb sie kurz am Briefkasten stehen und zog zwei Reklamen aus dem Schlitz. Die Muskulatur ihrer Oberschenkel zitterte – ein Gefühl, das Viviane liebte wie kaum ein anderes. Es war der sichere Beweis, dass sie etwas getan, sich bis an die Grenze getrieben hatte. Noch zufriedener machte sie eigentlich nur der Moment, wenn die Lasagneplatten so in die Auflaufform passten, dass sie keine zerbrechen musste.
Ihr fiel ein weißer Umschlag in die Hände, auf dessen Vorderseite handschriftlich ihre Adresse geschrieben war. Mit gerunzelter Stirn drehte Viviane das Kuvert um und suchte nach einem Absender. Oh nein. Heike Brügelmeier. Eine alte Klassenkameradin von Viviane, die sie zum wiederholten Mal zum fünfundzwanzigjährigen Abitreffen einlud. Gott bewahre, da würde sie nur hingehen, wenn alle Planeten in einer Reihe standen. Dort traf sie ganz sicher Jannes. Das konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen.
Viviane merkte, wie eine altbekannte Unruhe in ihr aufstieg. Sie hasste dieses Gefühl. Nervös warf sie einen Blick auf den Schrittzähler an ihrem Handgelenk. 10003 Schritte. Sie atmete tief aus und spürte, dass ihr Puls sich beruhigte. Sie hatte alles im Griff.
Viviane zog den Schlüssel aus dem kleinen Innentäschchen ihrer Laufshorts, schloss die Haustür auf und sprang die Stufen ins Hochparterre hinauf. Als sie die Wohnung betrat und den Brief auf der Anrichte im Flur ablegte, konnte sie schon den Duft frisch aufgebrühten Kaffees riechen. Sie streifte die Turnschuhe ab, lief auf Socken in die Küche und ließ die Reklame mit einem Klatschen auf den Tisch fallen.
Dort saß ihr Mann Karl in Boxershorts am Laptop. Vor ihm stand das Frühstück. Wie jeden Sonntag gab es Pancakes mit Blaubeeren, 6-Minuten-Eier und frischgepressten Orangensaft.
»Schon wieder da?«, wollte er wissen, ohne vom Monitor aufzusehen.
»War ich dir etwa nicht lang genug weg?«, fragte Viviane mit einem provozierenden Lächeln im Gesicht.
Karl sah auf. »Du hättest wenigstens warten können, bis meine Geliebte gegangen ist. Ich musste sie im Schrank verstecken.«
»Wie unoriginell.« Viviane lächelte und nickte in Richtung des Laptops. »Was machst du?«
»Ich recherchiere.«
»Neue Pancakes-Rezepte?«
Er lächelte schief. »Wie teuer eine Kontaktanzeige ist.«
»Oh. Suchst du eine Zweitfrau?«
»Himmel hilf, nein. Ich komm ja mit einer kaum klar. Von den beiden Drachen ganz zu schweigen, die außerdem in meinem Haushalt leben. Oder lebe ich in ihrem? Hm.«
Viviane trat an die Spüle, nahm sich ein Glas aus dem Oberschrank und befüllte es mit Leitungswasser. Gierig trank sie das Wasser und stemmte anschließend die freie Hand in die Hüfte. Ihr Blick fiel auf die benutzten Gläser auf der Arbeitsfläche. In einem befand sich noch ein Saftrest. Das war Mathildas Glas von gestern Abend. Viviane seufzte innerlich. Sie hasste es, wenn in Gläsern, Tassen oder Schüsseln Spuckreste überblieben. Warum konnte ihre Tochter nicht einfach austrinken, wie andere Menschen auch? Warum musste immer irgendwo ein Zeugnis ihrer Anwesenheit stehen bleiben? Sie schüttete den Saft in den Ausguss und stellte die benutzten Gläser in die Spülmaschine.
Dann wandte sie sich ihrem Mann zu. »Mal ehrlich, was machst du?«
»Ich habe entschieden, meine Skier zu verkaufen. Die benutze ich doch sowieso nicht mehr.«
Viviane befüllte ihr Glas noch einmal, trat an den Esstisch und mopste sich eine Blaubeere aus der Schüssel. Sie schob sie sich in den Mund und zerkaute sie. Das war ja allerhand. »Wann hast du das beschlossen?«
Karl sah sie an. »Äh … vor kurzem?«
Viviane nahm sich noch eine Blaubeere. Was beschloss Karl denn noch so alles ohne sie? Vielleicht, mit wem er Sex hatte, wenn nicht mit ihr? Sie schluckte die Beere hinunter. »Findest du nicht, dass wir so was gemeinsam entscheiden sollten?«
Er blinzelte überrascht. »Ob ich meine Skier verkaufe?«
»Ja. Wir haben sie auch gemeinsam gekauft.«
Karl wirkte ernsthaft verblüfft. »Und ich habe sie von meinem Geld bezahlt. Ich kann damit machen, was ich will.«
Sie schnaufte. »Da bin ich anderer Meinung. Wenn du nicht mehr Ski fahren willst, betrifft das ja auch mich. Ich finde, wir hätten das besprechen müssen.«
»Nein, Viviane. Ich denke nicht, dass es da Diskussionsbedarf gibt. Und dein Einverständnis brauche ich auch nicht. Es sind ja meine Skier.«
Sie nickte. »Und worauf möchtest du dann zukünftig fahren? Du willst dir doch nicht etwa ein neues Paar zulegen, oder?«
Karl zuckte unentschieden mit den Schultern. »Ich könnte mir welche leihen. Oder ich bleibe zu Hause, wenn du fahren gehen willst und ich keine Lust habe. Die Skier habe ich seit mindestens fünf Jahren nicht benutzt, Vivi. Und so lange waren wir auch nicht mehr im Skiurlaub.«
»Ich will nur nicht, dass du irgendetwas überstürzt.«
Er blinzelte noch heftiger, sagte aber nichts.